9
Uber die Reaktion zwischen Diphenylsulfoxyd und Silicium[lV)-halogeniden Von K. ISSLEIB und M. TZSCHACH &fit 1 Abbildung Inhaltsiibersieht Aus Diphenylsulfoxyd und Siliciumtetrabromid bzw. Siliciumtetrajodid resultieren Verbindungen der Formel Six, . [OS(C,H,),],. Diese Addukte sind relativ unbestiindig und zersetzen sich schon bei Zimmertemperatur unter Bildung von SiO, und Halogendi- phenylsulfiden. Bei der Wechselwirkung des Diphenylsulfoxyds mit Siliciumtetrachlorid wird bei jedem Verhiiltnis eine Substitutionsreaktion beobachtet. Es entstehen neben Diphenyl- sulfiddichlorid in den meisten Fallen auch Siliciumoxychloride. So werden in klarer Reaktion beim Verhiiltnis SiC14: (C,H,),SO = 2 : 1 Siliciumoxychloride der allgemeinen Formel Si,O,-,Cl, nS isoliert. Wiihrend eine Reaktion zwischen Siliciumtetrafluorid bzw. Alkylchlorsilanen und Di- phenylsulfoxyd nicht stattfindet, crfolgt eine Umsetzung mit Trichlorsilan (Silicochloro- form). Summary (C,H5),S0 reacts with SiBr, and Si J,, respectively, forming unstable coordination compounds of the formula Six,. [OS(C6H,),],, which decompose at rom temperature into SiO, and halogen diphenyl sulphides. During the reaction between (C,H,),SO and silicium tetrachloride, a substitution takes place, and besides (C,H,), SCl, silicium oxyclilorides of the general composition Si,,OnClZnS2 are formed. SiF, does not react with (C,H,),SO. Dem Xilicium ah Element der zweiten Achterperiode stehen 9 Bin- dungs-,,Orbitals" zur Verfiigung ; dennoch spielt die Tetravalenz in der Siliciumchemie eine grol3ere Rolle, da die 3s- und 3p-,,Orbitals" stabiler sind als die 3d-,,Orbitals". Die energetisch weniger begunstigten d-,,Or- bitals" werden nur dann beansprucht, wenn elektronegative Elemente wie F, 0 oder N gebunden sind. Obgleich das Silicium funf 3d-,,Orbitals" besitzt, bevorzugt es in seiiien Koordinationsverbindungen die Koordi- nationszahl 6. Dies tritt nicht nur in1 Hexafluorosilication, sondern auch in den bisher bekanntgewordenen Additionsverbindungen tier Silicium- (1V)-halogenide mit stickstoffhaltigen Substanzen (Mol-Verhdtnis =

Über die Reaktion zwischen Diphenylsulfoxyd und Silicium(IV)-halogeniden

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Über die Reaktion zwischen Diphenylsulfoxyd und Silicium(IV)-halogeniden

Uber die Reaktion zwischen Diphenylsulfoxyd und Silicium[lV)-halogeniden

Von K. ISSLEIB und M. TZSCHACH

&fit 1 Abbildung

Inhaltsiibersieht Aus Diphenylsulfoxyd und Siliciumtetrabromid bzw. Siliciumtetrajodid resultieren

Verbindungen der Formel Six, . [OS(C,H,),],. Diese Addukte sind relativ unbestiindig und zersetzen sich schon bei Zimmertemperatur unter Bildung von SiO, und Halogendi- phenylsulfiden.

Bei der Wechselwirkung des Diphenylsulfoxyds mit Siliciumtetrachlorid wird bei jedem Verhiiltnis eine Substitutionsreaktion beobachtet. Es entstehen neben Diphenyl- sulfiddichlorid in den meisten Fallen auch Siliciumoxychloride. So werden in klarer Reaktion beim Verhiiltnis SiC14: (C,H,),SO = 2 : 1 Siliciumoxychloride der allgemeinen Formel Si,O,-,Cl, nS isoliert.

Wiihrend eine Reaktion zwischen Siliciumtetrafluorid bzw. Alkylchlorsilanen und Di- phenylsulfoxyd nicht stattfindet, crfolgt eine Umsetzung mit Trichlorsilan (Silicochloro- form).

Summary (C,H5),S0 reacts with SiBr, and Si J,, respectively, forming unstable coordination

compounds of the formula Six,. [OS(C6H,),],, which decompose at rom temperature into SiO, and halogen diphenyl sulphides.

During the reaction between (C,H,),SO and silicium tetrachloride, a substitution takes place, and besides (C,H,), SCl, silicium oxyclilorides of the general composition Si,,OnClZnS2 are formed.

SiF, does not react with (C,H,),SO.

Dem Xilicium ah Element der zweiten Achterperiode stehen 9 Bin- dungs-, ,Orbitals" zur Verfiigung ; dennoch spielt die Tetravalenz in der Siliciumchemie eine grol3ere Rolle, da die 3s- und 3p-,,Orbitals" stabiler sind als die 3d-,,Orbitals". Die energetisch weniger begunstigten d-,,Or- bitals" werden nur dann beansprucht, wenn elektronegative Elemente wie F, 0 oder N gebunden sind. Obgleich das Silicium funf 3d-,,Orbitals" besitzt, bevorzugt es in seiiien Koordinationsverbindungen die Koordi- nationszahl 6 . Dies tritt nicht nur in1 Hexafluorosilication, sondern auch in den bisher bekanntgewordenen Additionsverbindungen tier Silicium- (1V)-halogenide mit stickstoffhaltigen Substanzen (Mol-Verhdtnis =

Page 2: Über die Reaktion zwischen Diphenylsulfoxyd und Silicium(IV)-halogeniden

ISSLEIB u. TZSCHACH, Heaktion zwischen Diphenylsulfoxyd u.Sicium(IV)-halogeniden 199

1 : 2) in Erscheinung. Auch Kombinationen, in denen ein Mol-Verhaltnis von 1 : 1 oder 1 : 4 vorliegt, werden beobachtet l). Diese Verbindungen sind entweder dimer 2, aufgebaut mit ebenf alls koordinativ Gzahligem Silicium oder als Einlagerungskomplexe3), in denen das Silicium die Koordinationszahl 4 betatigt aufzufassen.

Im Gegensatz zu den sehr zahlreichen Additionsverbindungen der Silicium(1V)-halogenide mit stickstoffhaltigen Verbindungen sind solche, in denen der Sauerstoff als Donor fungiert, seltener. Von diesen seien die Tri-1,3-diketon-siliciumhalogenide vom Typ des [Si(Acetylaceton),]- C1 . HCl4), das Diammonium-tribrenzkatechinsilicat 5), die Alkoxosalze von o-Kieselsaureestern6) und die instabilen Addukte der Silicium(1V)- halogenide mit Bthern, Estern und Alkoholen’) genannt.

DaB aber Silicium(1V)-halogenide sehr bestgndige Koordinations- verbindungen mit sauerstoffhaltigen Liganden bilden, konnte bei der Wechselwirkung mit tertiaren Phosphinoxyden und Aminoxyden bewiesen werden. Hierbei konnten unter anderem Verbindungen des Typs SiX,[OPR3], bzw. SiX,[Aminoxyd], dargestellt werdens).

In Fortsetzung dieser Arbeiten wurden Reaktionen der Sulfoxyde mit Silicium(1V)-halogeniden durchgefuhrt. Die vor kurzem von GUT- MANN und UTVARY 9, beschriebene Koordinationsverbindung von SiF4 mit (CH,),SO - SiF4[OS(CH,),], - veranlal3t uns, die Reaktionen mit Diphenylsulfoxyd mitzuteilen.

I. Umsetzungm des Silicium(1V) &lorids mit Diphcnylsulfoxyd Bei den Reaktionen des SiC1, mit (C6H5),S0 in verschiedenen Mol-

Verhaltnissen sowie in mehreren Losungsmitteln konnte in allen Fallen zuniichst das Entstehen eines gelben Niederschlages, der nur geringe

l) Eine Literaturzusammenstlung iiber die Additionsverbindungen der Silicium(1V)-

2) J. E. FERGUSSON, D. K. GRANT, R. H. HICKPORD u. C. J. WILKINS, J. chem. SOC.

3, R. SCHWARZ u. U. WANNAGAT, Z. anorg. allg. Chem. 277, 73 (1954). 4) N. DILTHEY, Ber. dtsch. chem. Ges. 36,932 u. 1595 (1909); Liebigs Ann. Chem. 344,

300 (1906); S. K. DHAR, V. DORON u. ST. KIRSCHNER, J. Amer. chem. SOC. 80,753 (1958). 5 ) A. R O S E ~ E I M u. 0. SORGE, Ber. dtsch. chem. Ges. 53, 932 (1920). 6) H. MEERWEIN u. TH. BERSIN, Liebigs Ann. Chem. 476, 127 (1929); Angew. Chem.

63, 489 (1951). 7) H. H. SISLER u. Mitarb., J. Amer. chem. Soc. 70, 3818 (1948); 73, 426 (1951); P.

&;I. HANILTOR u. Mitarb., J. Amer. chem. SOC. 75, 2881 (1953); W. R. TROST, Canad. J. Chem. 29,877 u. 1075 (1951); Nature [London] 169,289 (1952).

8 ) Die Ergebnisse iiber Koordinationsverbindungen tertilircr l’hosphine, Phosphin- oxgde sowie Aminoxyde mit Silicium(lV)-halogeniden werden spiiter mitgeteilt.

9 ) V. GUTMAW 11. K. UTVARY, Mh. Chem. 90, 706 (1959).

~~~

halogenide mit PI’-haltigen Liganden folgt spiiter.

[London] 99 (1959).

Page 3: Über die Reaktion zwischen Diphenylsulfoxyd und Silicium(IV)-halogeniden

200 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 305. 1460

Mengen Silicium enthielt und sich nach kurzer Zeit unter starker Er- warmung zersetzte, beobachtet werden. Dieser Reaktionsverlauf deutete darauf hin, daB die Wechselwirkung der Komponenten uber eine nicht fal3bare Koordinationsverbindung zu weiteren Reaktionsprodukten fiihrt. Es wurden daher die Mengenverhiiltnisse der Reaktionspartner systematisch variiert.

Am gunstigsten lieB sich der erwiihnte gelbe Niederschlag isolieren, als Sic& und (C,H,),SO im Mol-Verhaltnis = 2 : 1 in Benzol umgesetzt wurden. Hierbei entstand im Verlauf von 1 Minute eiiie intensiv gelbe Rcaktionslosung, aus der gleichzeitig KristallblSttchen von gleicher Farbe ausfielen. Es erwies sich nun als erforderlich, das Reaktionsge- inisch sofort auf -40 bis -50 "C abzukiihlen, anderenfalls zersetzte sich der Niederschlag unter HC1-Entwicklung. In N,-Atmosphiire wurde der Kristallbrei auf einer Spezialfritte gesammelt, mit Ather gewaschen und irn Vakuum schnell getrocknet. Die Kristalle wiesen ein Atomverhaltnis von S : C1 =: 1 : 1,9 auf und enthielten kein Silicium, wohl aber Kohlen- stoff uiid Wasserstoff. Ihrc Charakteristik zeigte Ubereinstimmung mit den in der Literatur angegebenen Reaktionen fur Diphenylsulfiddi- chlorid lo). So konnten bei wasserfreier Zersetzung der Kristalle neben WC1 Monochlordiphenylsulfid und 4,4'-Dichlordiphenylsulfid nachge- u iesen werden. An feuchter Luft entstanden HC1 und (C,H,),SO.

Die Entstehung des (C,H,),SCI, bei der Umsetzung des SiC1,mit (C,H,),SO IieG auf eine chlorierende TVirkung des SiC1, schlieBen. Da hei dieser Reakt,ion sich nicht reines SiO, bildete, muBten als Reaktions- produkte in Benzol losliche Siliciumoxychloride entstandeii sein. Zu ihrer Isolierung wurde nach Abtrennen des (C,H,),SCl, das Filtrat ein- geengt und der Ruckstand fraktioniert destilliert. Nach mehrmaligem Destillieren konnteii so Si,OCl,, Si,O,Cl, und Si,O,Cl,o analysenrein crhalten werden. Die gleichen Verbindungen resultieren auch aus SiCl, und H,O bei -78 O C l l ) . Aus Si,OCl, konnte ferner mit atlianol der Ester Xi0 z( C2H,) , dargestellt werden .

Auch in den hoher siedenden Fraktionen waren neben organischer Substanz noch hydrolysefahige Si-C1-Verbindungen enthalten, auf deren Reindarstellung verzichtet wurde. Nach allem ist es sehr wahr- scheinlich, daB bei der Umsetzung des SiCl, mit (C,H,),So neben (C,H,),SCl, Siliciumoxychloride der homologen Reihe Si,O, - lC12n , gebildet werden, deren Anfangsglieder infolge der gunstigen Lage ihrer Siedepunkte gut zu isolieren waren.

lo) K. &IES u. W. VOGT, Liebigs Ann. Chem. 381, 341 (1911). 11) W. C. SCHUMB, Chem. Reviews 31. 587 (1942); I&'. C. SCRUMB u. A. J. STE\-EXS,

J. Xmer. chem. SOC. 72, 3178 (1950).

Page 4: Über die Reaktion zwischen Diphenylsulfoxyd und Silicium(IV)-halogeniden

ISSLEIS u. TZSCHACH, Reaktion zwischen Diphenylsulfoxyd u.Silicium(IV)-halogeniden 201

Der Reaktionsverlauf 1aBt sich etwa wie folgt veranschaulichen :

2 SiCl, + (C,H,),SO + Si,OC& -!- (C,H,),SC1, (1) Si,OCI, + SiCl, + (C,H,),SO --f Si,O,Cl, + (C,H5),SC1, (2) Si,O,CI, + SiCl, + (C,&),SO + Si403Cll,,~ (C,H,),SCl, (3) Si,OC& 1 Si,0,C18 + (C,H5),S0 + Si,O,Cl,,' (C,H,),SCl, (4)

Auf Grund dieser Feststellung, daB ein UberschuB von SiCl, mit (C,H5),S0 u. a. zu Siliciumoxychloriden fiihrt, war zu folgern, dal3 bei einem fjberschul3 an (C,H5),S0 etwa nach der Gleichung

SiCI, + 2 (C,H,),SO -+ SiO, -t 2 (C6H,),SC1, (5)

samtliches Chlor des SiCl, eleminiert wird und neben (C,H,),SCl, reines SiO, entstehen konnte.

Wurden nun (C,H,),SO und SiCl, im 8101.-Verh. 2 : 1 in Benzol umge- setzt, so entstand wieder zuerst das gelbe Diphenylsulfiddichlorid, das sich im Laufe der Reaktion zersetzte. I n der farblos gewordenen Losung verblieb ein gelartiges Produkt, das sich nach Waschen rnit Benzol und Aceton als reines SiO, erwies. Die Ausbeute betrug 99,2% bezogen aiif das eingesetzte SiCI,.

J e nach den Mengenverhaltnissen von SiC1, ixnd (C,H,),SO wird also das Chlor des SiCl, teilweise oder vollstandig durch Sauerstoff ersetzt. Es war daher von Interesse, SiCl, und (C,H,),SO im No1.-Verh. 1:l umzusetzen, um auf diesem Wege eventuell SiOC1, herzustellen, zumal dieses in der Literatur nur wenig und unbefriedigend beschrieben ist und nach allem lediglich ein Tetrameres dieser Verbindung zu existieren scheint. Die Reaktionskomponenten wurden wie ublich im Mo1.-Verh. 1: 1 in Benzol und bei AuISenkuhlung umgesetzt.

Nach Abtrennen des (C,H5),SCl, und Einengen des Filtrates resul- tierte ein Ruckstand, der zwecks Entfernung der organischen Ver- bindungen im Vakuum bis auf 230 "C erhitzt wurde. Ein Si-haltiges Produkt ging hierbci nicht uber. Nachdem der grauschwarz gewordene Ruckstand in Benzol gelost, mehrmals uber Kieselgur filtriert und das Benzol wieder abdestilliert worden war, verblieb ein farbloses, zahes 61, das mit Wasser heftig reagierte. Die Analysenergebnisse lieferten ein Atomverhaltnis von Si:C1 = 1: 1,49. Hieraus ist zu schlieflen, da13 das erwartete SiOCl, nicht entstanden war. Das Reaktionsprodukt scheint aus einem Gemisch verschieden hochpolymerer Verbindungen zu be- stehen, deren Trennung wenig Erfolg versprach, zumal eine Verbindung der Formel Si,O,,Cl,, vom Sdp. (300 "C auch als Bestandteil eines ahnlichen Gemisches beschrieben wirdl,).

usw.

12) R. REINBOLDT u. w. VC'ISFELD, Liebigs Ann. Chem. 517, 205 (1935).

Z . anorg. a&. Chemie. Ed. 305. 14

Page 5: Über die Reaktion zwischen Diphenylsulfoxyd und Silicium(IV)-halogeniden

202 Zeitschrift fur anorganische und allgenieine Chemie. Band 305. 1960

11. Umsetzung des Silicium(1V) -bromids mit Diphenylsulfoxyd

Beim Zusammengeben von SiBr, und (C,H,),SO in Benzol entstand ein gelber Niederschlag, der sich aber im Vcrlauf einiger Minuten zer- setzte. Erst als die Umsetzung in Petrolather und Benzol vorgenommen und das Reaktionsgemisch auf -35 bis -40 "C abgekuhlt wurde, gelang es, das Reaktionsprodukt zu isolieren. Der Zusatz des Benzols war wegen der geringen Loslichkeit des (C,H,),SO notwendig, au13erdem mu13 te der Niederschlag wie zuvor beschrieben bei etwa -40 "C abfiltrjert werden. Die getrocknetcn Kristalle waren bei Feuchtigkeitsausschlufl und Zimmertemperatur etwa 10-20 Minuten bestandig, danach trat rasch Zersetzung unter Erwarmung ein. Die Aiialysenergebnisse lie- ferten ein Atomverlialtnis von Si : Br: 8 = 1 : 4,02 : 1,99, was fur das Entstehen einer Verbindung der Formel SiBq[OS(C,H,),], spricht. Bei der trockenen Zersetzung des SiBr, [OS(C,H,)2]2 wechselte die Farbe von Gelb nach Orange, was nach allem auf die Bildung von (C6H5),SBr2 hindeutet, da diese Verbindung als orangefarben beschrieben wird. Im weiteren Verlauf der Zersetzung entwickelte sich HBr und der Ruckstand enthielt organische Reaktionsprodukte und SiO,. Zur weiteren Stiitze der Auffassung des primar entstmdenen Additionsproduktes wurde eine Identifizierung der organischen Zersetzungsprodukte vorge- nominen. Durch Extraktion mit Petrolather wurde 4,4'-Dibromdi- phenylsulfid vom Smp. 108 "C isoliert. Des weiteren konnten geringe Mengen 4-Brom-diphenylsulfid und auch Diphenylsulfid durch Destilla- tion gewonnen werden. Diese Reaktionsprodukte sind die gleichen wie sie bei der Zersetzung von Diphenylsulf iddibromid auftreten lo), was ebenfalls die oben erwiihnte intermediiire Bildung von (C,H,),SBr, be- w-eist .

111. Umsetzung des Silicium(1V)-jodids mit Diphenylsulfoxyd

In Analogie zur Darstellung des SiBr, . [OS(C,H,),], wurden SiJ,l3) und (C,H,),SO in einem Gemisch von Ather und Petroliither bei etwa -50 "C umgesetzt. Es entstand sofort ein voluminoser, gelber, schwer filtrierbarer Niederschlag, der nach kurzem Absitzen wie ublich bei -40 "C isoliert wurde. Auf Grund der Analysenergebnisse, die ein Atomverhaltnis von Si: J: S = 1 : 4,06: 1,98 ergaben, ist auch hier ein Addukt der Formel SiJ, . [OS(C,H,),], entstanden. Es ist noch leichter zersetzlich als das SiBr, . [OS(C,H,),],. Als Zersetzungsprodukte

Das SiJ, wurde in einer geeigneten -4pparatur aus Si, Cu und J, nach den Angaben von Prof. Dr. U. WANNAGAT, TH Aachen, hergestellt, wofur -& ihm iinseren beson- deren Dank aussprwhen.

Page 6: Über die Reaktion zwischen Diphenylsulfoxyd und Silicium(IV)-halogeniden

ISSL EIB u. TZSCHACH, Reaktion zwischen Diphenylsulfoxyd u. Siicium(1V)-halogeniden 203

konnten Jod, SiO, und Diphenylsulfid nachgewiesen werden, deren Bil- dung die Reaktionsgleichung

SiJ, . [OS(C,H,),], + 2 J, + SiO, + 2 (C,H,),S (6 )

veranschaulicht.

Die bisherigen Ergebnisse gestatten einen Vergleich mit der Hydrolyse bzw. Solvolyse der Halogenide vom Xichtmetalltypus, fur deren Reak- tion man heute als Vorstufe eine intermediare koordinative Anlagerung des Solvens annimmt. 1st die maximale Koordinationszahl des Zentral- atoms erreicht und somit eine Anlagerung des Solvens ausgeschlossen, so sind diese Nichtmetallhalogenide hydrolysebestandjg. Solche Ver- bindungen sind z. B. SF6 und CCl,. In manchen Fallen ist bei hydrolyse- empfindlichen Nichtmetallhalogeniden wie SnCl, die Existenz eines primaren Additionsproduktes mit dem Solvens bewiesenI4). Nach GILMAN 15) wird auch bei der Hydrolyse bzw. Solvolyse der Silicium(1V)- halogenide die Existenz von intermediar koordinativ 5- bzw. Gbindigem Silicium vermutet. Dieser bisher selten bestatigte Reaktionsverlauf, demzufolge jeder Substitution eine primare Addition vorausgeht, konnte bei der Wechselwirkung des SiBr, und des SiJ, mit (C,H,),SO in seinen Einzelphasen erfal3t werden.

IV. Umsetzung des Trichlorsilans (Silieochloroforms) mit Diphenyl- sulfoxyd

Bei der Reaktion des SiHCl, mit (C,H,),SO sollte festgestellt werden, ob das Chlor sukressiv durch Sauerstoff zu substituieren ware und so die Moglichkeit bestand, eventuell zu Dioxo-disiloxan [SiH(O)],O l6) oder anderen Oxochlomilanen zu gelangen.

Es zeigte sich, da8 bei der sehr heftigen Reaktion des SiHCl, mit (C6Hs),SO, beide Komponenten zunachst im Mol.-T’erh. 2 : 3 in Benzol umgesetzt, ein gelartiger Niederschlag entstand, der nach Abfiltrieren und intensivem Waschen mit Benzol u n d k h e r nicht chlorid- frei zu erhalten war. Auch das Si-H-Verhaltnis von nur 1: 0,4 beweiet, da8 bei der Re&- tion die Si-H-Bindung angegriffen worden war. Auf eine nLhere Identifizierung der Reaktionsprodukte, die bei verschiedenen Umsetzungen unterschiedliche Analysener- gebnisse lieferten, wurde verzichtet.

,4uf Grund dieser Beobachtung wurde nun (C,H5),S0 im Uberschu8 - Mo1.-Verh. SiHCl,: (C,H5),S0 = 1 : 5 - eingesetzt. Zunachst entstand wiederum eine gelbe Lijsung, was die Bildung von Diphenylsulfiddichlorid anzeigte. Nach Entfhbung bildete sich dann ein gelartiger Niederschlag. Er erwies sich als durch geringe Mengen organischer Sub- stanz verunreinigtes SiO,. Bemerkenswert war nun, daB beim Versetzen mit 3Oproz. Natronlauge keine Wasserstoffentwicklung erfolgte. Dieses Ergebnis ist nur so zu ver-

I4) P. PFEIFFER u. 0. BNGERN, Z. anorg. allg. Chem. 183, 189 (1929). l5) H. GILMAN, Chem. Reviews 52, 77 (1953). IB) A. STOCK u. F. ZEIDLER, Ber. dtsch. chem. Ges. 66, 995 (1929).

14*

Page 7: Über die Reaktion zwischen Diphenylsulfoxyd und Silicium(IV)-halogeniden

204 Zeitschrift fur anorganische und allgeineine Chernie. Band 305. 1960

stehen, daB die Si-H-Bindung des SiHC1, oxydiert wurde, das entstchende Wasser sowie uberschiissiges (C,H,),SO die verbleibenden C1-dtome substituierten und sich so SiO, gebildet hatte.

V. Versuche zur Umsetzung des Silicium (IV) -fluorids sowie dcr Alkgl- chlorsilane mit Diphenylsulfoxyd

Im Gegensatz zu der positiven Reaktion des SiF, mit (CH,),SO, wobei die Koordina- tiomverbindung SiF, . [OS(CH,),], entstehtg), erfolgtc mit (C,H,),SO keine Umsetzung. Bei Tierwendung verschiedener Losungsmittel, wie Chloroform, Tetrahydrofuran, Benzol und Ather sowie bei Variation der Reaktionsbedingungen wurde nach Abdestillieren des SiF, und des jeweiligen Losungsmittels unveriindertes Diphenylsulfoxyd entsprechend der eingesetzten Menge zuriickerhalten. Gleiche Ergebnisse wurden auch bei den Reak- tionen des CH,SiCl,, (CH,),SiCl,, (CH,),SiCl und des (',H,SiCls mit (C,H,),SO erhalten.

Experimonteller Teil Die Reaktionen werden unter FeuchtigkeitsausschluB in Stickstoffatmosphike durch-

gefiihrt. Die verwendeten Losungsmittel werden iiber Benzophenon-natrium jeweils frisch destiiert. Die Siliciumtetrahalogenide werden nach den iiblichen Methoden sorgfiiltig gereinigt. In Abanderung der Darstellungsvorschrift fur das Diphenykulfoxydl7) wird das BUS Benzol, Thionylchlorid und Aluminiumchlorid erhaltene Reaktionsprodukt der Vakuumdestillation untemorfen. Das Diphenylsulfoxyd siedet bei 175-177 "C (3-4 Torr) und ist nach einmaligem Destillieren absolut rein - Smp. 70-71 "C.

1. Umsetzung des Sicla mit (CBH&&.I - Molverhaltnis 2: 1 a) Diphenylsulfiddichlorid: Unter Umschwenken werden zu 41 g SiC14 in 10 ml

Benzol24,4 g (C,H,),SO in 175 ml Benzol gegeben. Es entsteht sofort eine gelbe Losung,

Krt?izstuch

Abb. 1. Spezialfritte zum Filtrieren bei tiefen Tem-

peraturen

aus der sich gleichzeitig gelbe Kristallblattclien abscheiden. Das Reaktionsgemisch wird in einem Aceton-C0,-Kaltebad auf -40 bis -50 "C abgekiihlt und der Niederschlag bei etwa gleicher Temperatur abfiltricrt, wozu eine Fritte (s. Abb. 1) dient. Die Kristalle werden mit vorgekuhltem Ather gewaschen und im Vakuum getrocknet. Sie losen sich gut in Chloroform und schwer in Ather, Petrolfither, Benzol undTetracblorkohlenstoff. An feuchter Luft sowic mit Wasser erfolgt Hydrolyse unter Bildung von HC1 und (C,H,),SO.

(C,H,),SCl,: M = 257,l ber.: S = 12,5%; C1 = 27,6% gef.: S = 12,2%; C1 = 25,6y018)

12,3:/,; 25,9%.

Die zur Charakterisierung des Diphenylsulfiddichlorids durchgefiihrteii Reaktionen stimmen mit den in der Li teratdo) angegebenen iiberein. So werden die Kristalle unter FeuchtigkeitsausschluB bei Zimmertemperatur allmahlich unter HCI-Entwicklung flussig.

17) CH. E. COLBY u. C. S. MCLOUGHLIN, Ber. dtsch. chem. Ges. 20, 195 (1887). la) Die abweichenden Chloridwerte lassen sich dadurch erklaren, dai3 trotz raschen

Arbeitens cine Kernsubstitution nicht zu vermeiden ist.

Page 8: Über die Reaktion zwischen Diphenylsulfoxyd und Silicium(IV)-halogeniden

IYSLEIB u. TZSCHACH, Reaktion zwischen Diphcnylsulfoxyd u. Silicium(1V)-halogeniden 205

Diese Umwandlung erfolgt beim Erwimnen augenblicklich. Xach mehrmaligem Destillieren des Zersetzungsproduktes wurden neben Monochlordiphenylsdfid, Sdp. 305-310 "C, auch geringe Mengen Dichlordiphenylsulfid, Smp. 88-89 "C, erhalten.

b) Siliciumoxychloride: Das Filtrat von la ) wird eingeengt und der Riickstand im Olbad einer fraktionierten Destillation unterworfen. Zunachst werden im Vakuum bei 15 Torr die Destillate zwischen 30-60 "C, 60-90 "C und 90-115 "C aufgefangen, die jeweils fur sich nochmals destilliert werden. Man erhiilt so die 1. Fraktion, die unter Normaldruck bei 135-137 "C siedet. Die 2, Fraktion besitzt im Vakuum bei 15 Torr einen Siedepunkt von 75-77 "C und die 3. bei 15 Torr einen solchen yon 105-110 "C.

Die Oxychloride stellen farblose, olige Yliissigkeiten dar. Ausbeute an sauberem Oxyrhlorid: 1. Frtlktion - Si,OCl, = 1,3 g,

2. Fraktion - Si,O,Cl, = 1,9 g, 3. Fraktion - Si,O,Cl,, = 2,2 g.

Si,OC1,: M = 284,8 ber.: Si = 19,7%; C1 = 74,7%; gef.: Si = 19,5%; C1 = 74,5%.

ber.: Si = 21,1%; C1 = 70,9%; gef.: Si = 20,8%; C1 = 70,2%.

Si,O,Cl,,: M = 514,8 ber.: Si = 21,8%; C1 = 68,90/,; gef.: Si = 21,6%; C1 = 69,10/&

Si,O,CI,: M = 399,7

2. Umsetzung des S i c 4 mit (C6Hs)&30 - Molverhaltnis 1:2 Zu einer Losung von 3,l g (C,H,),SO in 25 ml Benzol gibt man unter Umschwenken

1,3 g SiCl,, gelost in 2-3 ml Benzol. Um die heftige Reaktion zu miiBigen, wird das GefM i n ein Kgltebad gestellt. Im Verlauf der Umsetzung bildet sich unter Gelbfilrbung der Liisung nach 1-2 Minuten ein Xiederschlag von Diphenylsulfiddichlorid, der jedoch bei weiterem Fortschreiten der Reaktion unter Ha-Entwicklung verschwindet. Gleich- zeitig entsteht ein gelartiger Niederschlag, der nach Filtrieren mehrmals mit Benzol, anschlieBend zweimal mit Aceton gewaschen und bei 1000 "C getrocknet wird. Die Ausbeute an SiO, betragt 0,45 g = 99,27/, der Theorie.

3. Umsetzung dcs Sic14 mit (C&,)zSO - Molverhaltnis 1: 1 Wie zuvor beschrieben, werden 18,7 g (C,H,),SO in 125 ml Benzol mit 15,7 g SiC14

in 15 ml Benzol umgesetzt. Das entstandene (C,H,),SCI, wird abfiltriert und das Piltrat eingeengt. Der bei einer Olbadtemperatur von 230 "C zuriickbleibende grauachwarze, olige Riickstand wird in Benzol gelost und mehrmals iiber Kieselgur filtriert. Das Reak- tionsprodukt enthiilt organische Substanz, die sich nicht entfernen 1iiBt. Da es sich ver- mutlich um ein kompliziertes Substanzgemisch handelt, das sich nicht trennen &fit, wird lediglich das Si-CI-Verh&ltnis ermittelt.

Gef.: Si = 21,60/; C1 = 40,00/, 21~3%; 40,676,.

Atomverhiiltnis von Si: C1 = 1 : 1,49.

4. SiBr4 - [OS(C,H,)& Zu einer auf 0 "C gekuhlten Losung yon 3,5 g (C,H,),SO in 250 ml Petrolgther (Sdp.

30-50 "C) und 70 ml Benzol laBt man 2,8 g SiBr,, gelost in 50 ml Petrolgther, tropfen.

Page 9: Über die Reaktion zwischen Diphenylsulfoxyd und Silicium(IV)-halogeniden

206 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 305. 1960

Es entsteht sofort ein gelber kristalliner Mederschlag. Um ein Zersetzen desselben zu verhindern, wird das Reaktionsgemisch auf -38" bis -40 "C in einem Aceton-C0,- KMtebad gekiihlt. Das Addukt wird, wie unter l a ) beschrieben, bei tiefer Temperatur abfiltriert, mit 50 ml Petrolither gewaschen und im Olpumpenvakuum getrocknet. Aus- beute 4 g = 66% der Theorie. Die trockene Substanz ist unter FeuchtigkeitsausschluB etwa 10-20 Minuten bestandig. Danach tritt jedoch spontanc Zersetzung ein.

SiBr, . [OS(C,H5),],: M = 752,2 ber.: Si = 3,776; S == 8,6%; Br = 42,5y0; gef.: Si = 3,T%; S = 8,40/,; Br = 42,4Oj,.

Bei trockener Zersetzung des SiBr, . [OS(CBHI)z]S entstehen neben HBr und SiO, 4,4'-Dibromdiphenylsulfid vom Smp. 108-109 "C, 4-Bromdiphenylsulfid vom Smp. 23-24 "C und Diphenylsulfid.

5. SiJ4 [OS(C&)& Eine Losung von 1 g (C,H,),SO in 20 ml Ather und 100 ml Petrolather (Sdp. 30-50 "C)

wird auf etwa -40 bis -50 "C abgekuhlt. Hierzu gibt man unter Ruhren eine gleichfalls stark gekiihlte Losung von 1,4 g SiJ, in 50 ml Ather und 20 ml Petroliither. Es entsteht sofort ein voluminoser, gelber Niederschlag, der wie unter la) beschrieben bei etwa -40 "C abfiltriert, gewaschen und getrocknet wird. Das Addukt zersetzt sich teilweise schon beim Trocknen im Vakuum. Als Zersetzungsprodukte konnen unter anderen SiO,, Diphenyl- sulfid un d Jod nachgewiesen werden.

SiJ, . [OS(C,H,),],: M = 940,Z; ber.: Si = 3,0%; S = 6,8%; J = 54,0%; gef.: Si = 2,9%; S = 6,7%; J = 543%.

Jerta, Institut far Anorganische Chemie der Friedrich-Xchiller- Univer- sitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 9. Januar 1960.