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445 VII. Ueber die unpolarisirbaren Elektroden ; von A. Oberbeck. (Vorgetragen in der phys. Ges. zu Berlin am 23. November 1874.) -l beit der Entdeckung Du Bois-Reymondsl), dds amal- gamirte Zinkplatten in Losungen von Zinksalzen keine Po- larisationserscheinungen zeigen , ist diese Eigenschaft der Zinkelektroden mehrfach mit Erfolg bei der Bestimmung der Leitungsf'ahigkeit von Fliissigkeiten benutzt worden. Bei diesen Untersuchungen und dann noch in einer be- sonderen Arbeit von Patry'') uber diesen Gegenstand ist die erwahnte Eigenschaft der amalgamirten Zinkelektroden von neuem bestatigt worden. Nur fugte Patry noch eine Bedingung hinzu, dafs namlich die Salzlosungen durch- aus frei von Saure seyn mussen. Eine Erklarung dieses eigenthumlichen Verhaltens der Zinkelektroden, welches von demjenigen aller iibrigen Metalle abweicht, ist bisher nicht gegeben; vielmehr sind dariiber nur einige Ver- muthungen aufgestellt worden. So hat besonders Wiede- m an n ') auf die Moglichkeit hingewiesen , dab amalga- mirtes Zink durch Beladung mit Wasserstoff wegen seines stark elektropositiven Verhaltens nur eine geringe Aende- rung seiner elektromotorischen Kraft erfahren mochte. Es schien mir daher von Interesse, diese merkwurdige Er- scheinung nochmals zu nntersuchen , um dabei vielleicht neue Gesichtspunkte fur ihre Erklarung zu finden. Zu dem Zwecke wurde nach Vorscbrift von P a t r y eine neutrale concentrirte Losung von Zinkvitriol herge- stellt. In dieselbe wurden die sorgfaltig amalgamirten Zinkplatten eingesetzt , nachdem sie zuvor einige Zeit in einer stark erwarmten Losung von Zinkvitriol gelegen hatten. Es war die Vorkehrung getroffen, dafs der pola- 1) Bed. Monatsber. 1859. 2 j Pogg. Ann. Bd. 136, S. 495. 3) W i e d e m a n n , Galv. und Elektrom. 1873, I, S. 737. Wiedemann, Galv. 1878, I, 734-737.

Ueber die unpolarisirbaren Elektroden

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VII. Ueber die unpolarisirbaren Elektroden ; von A. Oberbeck .

(Vorgetragen in der phys. Ges. zu Berlin am 23. November 1874.)

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b e i t der Entdeckung D u Bo i s -Reymonds l ) , d d s amal- gamirte Zinkplatten in Losungen von Zinksalzen keine Po- larisationserscheinungen zeigen , ist diese Eigenschaft der Zinkelektroden mehrfach mit Erfolg bei der Bestimmung der Leitungsf'ahigkeit von Fliissigkeiten benutzt worden. Bei diesen Untersuchungen und dann noch in einer be- sonderen Arbeit von Pa t ry ' ' ) uber diesen Gegenstand ist die erwahnte Eigenschaft der amalgamirten Zinkelektroden von neuem bestatigt worden. Nur fugte P a t r y noch eine Bedingung hinzu, dafs namlich die Salzlosungen durch- aus frei von Saure seyn mussen. Eine Erklarung dieses eigenthumlichen Verhaltens der Zinkelektroden, welches von demjenigen aller iibrigen Metalle abweicht, ist bisher nicht gegeben; vielmehr sind dariiber nur einige Ver- muthungen aufgestellt worden. So hat besonders W i e d e - m a n n ') auf die Moglichkeit hingewiesen , d a b amalga- mirtes Zink durch Beladung mit Wasserstoff wegen seines stark elektropositiven Verhaltens nur eine geringe Aende- rung seiner elektromotorischen Kraft erfahren mochte. Es schien mir daher von Interesse, diese merkwurdige Er- scheinung nochmals zu nntersuchen , um dabei vielleicht neue Gesichtspunkte fur ihre Erklarung zu finden.

Zu dem Zwecke wurde nach Vorscbrift von P a t r y eine neutrale concentrirte Losung von Zinkvitriol herge- stellt. In dieselbe wurden die sorgfaltig amalgamirten Zinkplatten eingesetzt , nachdem sie zuvor einige Zeit in einer stark erwarmten Losung von Zinkvitriol gelegen hatten. Es war die Vorkehrung getroffen, dafs der pola-

1 ) Bed. Monatsber. 1859. 2 j Pogg. Ann. Bd. 136, S. 495. 3) W i e d e m a n n , Galv. und Elektrom. 1873, I, S. 737.

W i e d e m a n n , Galv. 1878, I, 734-737.

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risirende Strom innerhalb weiter, Grenzen verandert wer- den konnte. Als Stromquelle dienten zwei G r ove'sohe Elemente, doch war ein erheblicher Widerstand einge- schaltet, der leicht verandert werden konnte. Mit Hulfe einer Vorrichtung zum Umschalten war es moglich den polarisirenden Strom au demselben Galvanometer zu mes- sen, wie nachher den Polarisationsstrom. Die Platten blie- ben wahrend jeder Versuchsreihe unberuhrt in der LB- sung; die polarisirenden Strome wnrden abwechselnd in der einen und anderen Richtung hindurchgeleitet und jedes- ma1 nachher die Platten fiir sich allein mit dem Galvano- meter verbunden. Zum Vergleich babe ich bei einer fol- genden Versuchsreihe in derselben Weise zwei blanke Zinkplatten untersucht. Dieselben zeigten indeh stets an- fangliche Ungleichheiten , von denen die amalgamirten Platten frei waren.

Als ich zuerst sehr schwache , polarisirende Striiine benutzte, zeigten die amalgamirten Platten keine Spur von Polarisation, auch wenn die primaren Strome langere Zeit hindurchgeleitet wurden. Bei Steigerung der Intensitat des polarisirenden Stromes zeigten aber auch die amalga- mirten Platten Polarisationserscheinungen von grofster Regelmakigkeit , welche bei starkeren primaren Stromen denjenigen des reinen Zinks nicht nachstanden. Von meh- reren ubereinstirnmenden Versuchsreihen will ich die fol- gende als Beispiel mittheilen.

I Amalgamirtes Zink.

No. J ~1 P No.

1" 1'1

2a 21,

3" 3. 4 b 4 a

Blankes Zink.

J

100

32'

+ 70 - 25' + 100 - 250

- 450 + 35" - 25' + 200

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Amalgamirtes Zink.

No. J

PY

450

P

+ 12,' - Y O

f - 91,

- 210 + 200 - 26" 4- 200

No.

Blankes Zink.

J P

+ 24" - 300 + 160 - 30"

Hier bedeutet J die constante (stets nor einmal zum Schluk gemessene) Ablenkung des polarisirenden Stromes, P den ersten Ausschlag der Nadel in Folge des Polari- sationsstromes. Die den Nummern des Versuchs beige- fiigten Buchstaben a und 0 deuten die Stroinrichtung in dem einen und anderen Sinne an.

Als Resultat geht hieraus hervor, dals arnalgamirte Platten bei nicht zu schwachen Stromen auch in neutralen Losungen polarisirbar sind.

Dafs diese Thatsache den Physikern entgangen ist, welche sich fruher mit dieser Frage beschaftigt haben, ist nicht zu verwundern, da dieselben nur mit sehr schwa- chen Stromen experimentirt haben.

Es kam nun darauf an zu prufen, ob die Polarisations- erscheinungen ihren Grund in der Beladnng der Platten mit Sauerstoff und Wasserstofl' hatten. Zu dem Zweck wurden die amalgamirten Zinkplatten abermals in der L6- sung von Zinkvitriol einander gegenubergestellt. Nachdem sich lierausgestellt hatte, dafs dieselben bei directer Ver- bindung rnit dem Galvanometer keinen Strom gaben, wurde durch eine Zwischenplatte der Strom so durch die Losung geleitet, dak stets nur die eine der beiden Platten a19 Elektrode diente. Nach Entfernung der Zwisohenplatte wurden dann wieder die beiden amalgamirten Platten mit dem Galvanometer verbunden. Hierbei zeigten sich wie- derum regelmafssige Polarisationserscheinungen, d. h. wenn

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la 29' 1 b 2" 2b

man annimmt, dafs neben dem Salz auch das Wasser zer- setzt wurde, so gingen die Striime:

* ZnlH-Losung-Zn

ZnIO-Losung- Zn. Dafs die hier gemachte Annahme (Zersetzung des

Wassers), menigstens bei nicht zu schwachen Stromen richtig ist, dafiir spricht der folgende Umstand. Nachdeni namlich die erwiihriten Versuche mit einer concentrirteii und niit einer massig verdiinnten LBsung angestellt waren, wnrden dieselben rnit destillirtem Wasser wiederholt, dem niir einige Tropfen Zink~~itr iol losui i~ zugesetzt waren, um die Leitungsfahigkeit zu erhohen. Der Erfolg war in allen drei Fallen derselbe, wie die folgende Versuchsreihe

tm

+ll"

+ Y o - 13'

-

zeigt.

Concentrirte L.

XI. Verdiinnte L.

~

No.

1" 1b 2a 2')

~

__ J

46" __

+ 70 - 5 0 + 10" - 100

Wnsser.

No. I J ' P

- 1 2 0 + 6' - 13" + 8' - 11° + 8'

Die ZusBtze a und b zu den Nummern der Versuche bedeuten hier eine Beladung der einen Platte rnit Sauer- stoff (a) oder rnit Wasserstoff ( b ) , wahrend die andere Platte stets unberuhrt von dem polarisirenden Strome blieb.

Hieraus geht hervor, dals auch bei amalgamirten Zink- platten die Polarisation von der Beladung rnit Sauerstoff und Wasserstoff abhangt. Annahernd scheinen auch hier, wie bei dem Platin, die elektromotorischen Krtifte, welche durch Sauerstoff- und Wasserstoff beladung entstehen, von gleicher Grofse zu seyn.

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Aus den erhaltenen Resultaten erklart sich auch, dafs jede Spur von Saure (P a t r y ) Polarisationserscheinungen hervorruft, da vermuthlich bei Anwesenheit derselben auch bei schwachen Stromen nicht Zink allein ausgeschieden wird, sondern nebenbei auch Wasserstoff.

Sind die polarisirenden Striime so schwach, dafs die Platten sich wirklich als unpolarisirbar erweisen , so darf man wohl annehmen, dais nur das Salz und nicht das Losungsmittel zersetzt werde. Dann bleibt freilich noch zu erklaren, warum zwei Platten, deren Oberflachen anfang- lich mit gleichen Amalgamen bedeckt waren, auch noch elektromotorisch unwirksam bleiben , nachdem die eine Platte an ihrer OLerflache Zink gewonnen, die andere verloren hat. Hieriiber giebt indefs das eigenthiimliche Verhalten der Amalgame genugenden Aufschlufs. Setzt man namlich mi reinem Quecksilber geringe Mengen eines stark elektropositiven Metalls, so verandert es betrachtlich seine Stellung in der Spannungsreihe. Diese schon lange bekannte Thatsache’) fand ich von neuem bestatigt, als ich reines Quecksilber mit einer geringen Menge von Zink amalgamirte. Nachdem dasselbe zuvor mit Zink in Zinkvitriol einen starken Strom in der Richtung:

Zn - Losiing - Hg gegeben hatte, verhielt es sich nachher dem Zink gegr-n- fiber neutral. Ein weiterer Zusatz von Zink zu dem Amaigarn wiirdc seine Stellung in der Spannungsreihe nicht andern, ebenso wenig wie ein nilfsiger Verlust an Zink bei einem, an diesem Metal1 nicht zu arrnen Amal- gam die Stellung desselben andert.

Die Unpoiarisirbarkeit der amalgamirten Zinkelektroden fiir schwache Strome beruht also wesentlich auf dem eigenthlimlichen Verhalten der Quecksilberamalgame, das wohl noch eine weitere Untersuchung verdient, nicht aber auf ihrer Indifferenz gegen ausgeschiedene Gase, welche vielmehr qualitativ dieselben Polarisationserscheinungen hervorrufen, wie bei andern Metallen. Der Regriff der

w

1) W i e d e m a n n , Gals. 1872, I, S. 375 Poggendorff’s Annal. Bd. CLIV. 29

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Unpolarisirbarkeit kommt hiernach den amalgamirten Zink- elektroden nnr in beschranktem Madse zu und unter- scheiden sich dieselben principiell nicht von den ubrigen Mctallen, wodurch naturlich ihre practische Anwendbar- keit bei schwachen Striimen nicht in Frage gestellt wer- den soll.

B e r l i n , den 3. Mara 1875.

V 111. Ueber die Elektricitatsleitung in Elektro- lyten; aon W. Beetxi.

(Aus d. Berichten der Miinchner Akad. mitgetheilt vom Verf.)

I n den Transactions der Royal Society of Edinburgh') hat Hr. T a i t eine in seinem Laboratorium von den HHrn. E w i n g und M a c G r e g o r ausgefuhrte Arbeit uber das elektrische Leitungsvermogen gewisser Salzlosungen mit- getheilt, in wclcher fruher von anderen Physikern iiber den gleichen Gegenstand bekannt gemachte Untersuchun- gen in einer so eigenthumlich naiven Weise behandelt werden, dafs ich nicht umhin kann, jene fruheren und die jetzt vorliegende Arbeit in Bezug auf den Werth der an- gewandten Methoden und der erhaltenen Resultate gegen einander abzuwagen.

Nachdem die HH. E w i n g und M a c G r e g o r die alteren Versuche von H a u k e l , E. B e c q u e r e l , Hors - f o r d , W i e d e m a n n und B e c k e r erwahnt haben, sagen sie weiter:

,,Die ausgedehntesten Versuche iiber die Leitungsfahig- keit von Zinksulphat waren die von Beetz2). Seine ein-

1 ) Transact. of the R. S. of Edinburgh. Vo2. XXVII, part. I . Session

2 ) Pogg. Ann. 117, S. 1. 1862. 1872-73, p . 51-70.