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- 302 Uber die Verbreitung von borsauren Salzen in den Kali- salzlagerstatten. Von WILHELM BILTZ und E. MARCUS. Wie bekannt, bildet der Boracit, in Knollen angereichert, einen akzessorischen Bestandteil der alteren Kalisalzlager. Es existierten aber bisher keine systematischen Untersucbungen dariiber, ob Bor- sLure fuhrende Mineralien auch in feiner Form, etwa einer bestimmten Regel folgend, in diesen Gebirgsschichten vorkommen und ob die Rorsaure in den jiingeren oder posthumen Schichten der Kali- lager vollig fehlt, mit anderen Worten, ob Bor a19 ein fur die alteren Schichten typisches ,,Leitelement" anzusprechen ist. Die vorliegende Frage bietet dem Analytiker keine Schwierigkeiten, da die erprobten Methoden der BorsLureanalyse fiir die qualitative Priifung mit jeder Empfindlichkeitsanforderung , wie auch fiir die quantitative Unter- suchung durchaus geniigten. Zur Untersuchung gelangten die typischen Proben aus dem Stafsfurter und Vienenburger Profil, die uns friiherl zur Analyse auf Stickstoffverbindungen und auf Kupfer gedient hatten. Was die Beschaffenheit dieser Proben betrifft, so sei auf das E'riihere ver- wiesen. Herr E. WILKE - DORFURTstellte uns ferner freundlichst einige Proben zur Verfiigung, die er in Aschersleben Schncht III aus 445 m Tiefe dem dort ca. 20 m machtigen Carnallitlager ent- nommen hatte. Der Carnallit erscheint dort in der normalen, alteren Schichtenfolge: Alteres Steinsalz, Kieseritregion, Carnallit, Salzton. Herr H. E. BOEEE hatte die Liebenswurdigkeit, uns zur Analyse eine Auswahl von 15 Salzproben zu ubersenden, die er friiher2 bei seiner Arbeit uber die Verbreitung des Broms aus den verschieden- sten Teilen des deutschen Kaligebietes gesammelt hatte. Zur Prii- fung der Allgemeingiiltigkeit unseres analytischen Befundes war uns diese Sammlung von entscheidendem Werte, da ihre Vielseitigkeit Zufiilligkeiten bei der Probenahme und Zufalligkeiten der ortlichen Z. anorg. Chem. 62 (1909), 183; 64 (1909), 215. 236. Z. f. Krystallographie 46 (1908), 346.

Über die Verbreitung von borsauren Salzen in den Kalisalzlagerstätten

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Uber die Verbreitung von borsauren Salzen in den Kali- salzlagerstatten.

Von

WILHELM BILTZ und E. MARCUS.

Wie bekannt, bildet der Boracit, in Knollen angereichert, einen akzessorischen Bestandteil der alteren Kalisalzlager. Es existierten aber bisher keine systematischen Untersucbungen dariiber, ob Bor- sLure fuhrende Mineralien auch in feiner Form, etwa einer bestimmten Regel folgend, in diesen Gebirgsschichten vorkommen und ob die Rorsaure in den jiingeren oder posthumen Schichten der Kali- lager vollig fehlt, mit anderen Worten, ob Bor a19 ein fur die alteren Schichten typisches ,,Leitelement" anzusprechen ist. Die vorliegende Frage bietet dem Analytiker keine Schwierigkeiten, da die erprobten Methoden der BorsLureanalyse fiir die qualitative Priifung mit jeder Empfindlichkeitsanforderung , wie auch fiir die quantitative Unter- suchung durchaus geniigten.

Zur Untersuchung gelangten die typischen Proben aus dem Stafsfurter und Vienenburger Profil, die uns friiherl zur Analyse auf Stickstoffverbindungen und auf Kupfer gedient hatten. Was die Beschaffenheit dieser Proben betrifft, so sei auf das E'riihere ver- wiesen. Herr E. WILKE - DORFURT stellte uns ferner freundlichst einige Proben zur Verfiigung, die er in Aschersleben Schncht III aus 445 m Tiefe dem dort ca. 20 m machtigen Carnallitlager ent- nommen hatte. Der Carnallit erscheint dort in der normalen, alteren Schichtenfolge: Alteres Steinsalz, Kieseritregion, Carnallit, Salzton. Herr H. E. BOEEE hatte die Liebenswurdigkeit, uns zur Analyse eine Auswahl von 15 Salzproben zu ubersenden, die er friiher2 bei seiner Arbeit uber die Verbreitung des Broms aus den verschieden- sten Teilen des deutschen Kaligebietes gesammelt hatte. Zur Prii- fung der Allgemeingiiltigkeit unseres analytischen Befundes war uns diese Sammlung von entscheidendem Werte, da ihre Vielseitigkeit Zufiilligkeiten bei der Probenahme und Zufalligkeiten der ortlichen

Z. anorg. Chem. 62 (1909), 183; 64 (1909), 215. 236. Z. f. Krystallographie 46 (1908), 346.

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Verhaltnisse ausschlols. Zur Untersuchung spezieller Fragen dienten uns schlielslich noch einige Proben aus Vienenburg, bei deren Ent- nahme uns die Konigl. Berginspektion Vienenburg mit gewohntem Entgegenkommen unterstiitzte.

Zur Analyse wurde ein Durchschnittsmuster der malsig fein gepulverten Proben fein verrieben. Auf Falle, in denen Stucke besonderer Art, wie Schnure usw., herausprapariert wurden , ist in den Tabellen hingewiesen. Eine besondere Aufbereitung der Proben erforderte die Frage, wje es sich mit dem Borsauregehalte der Salzschichten in unmittelbarer Umgebung der Boracitknollen verhalt: Die Probestucke mitsamt den Boracitknollen wurden hierzu 80 durchsagt, dafs der Schnitt durch die Mitte der Knolle lief, die Knollen sorgfaltig herausgelost und von dem Nachbarsalz von der Uitte aus konzentrische Ringe von j e 2 cm Dicke abgemeil'selt. Von dem Material eines jeden Ringes wurde dann fur sich eine Durch- schnittsprobe genommen.

Zur qualitativen Untersuchung diente die Flammenreaktion und die Curcumaprobe. Beide Proben wurden im Anschlusse an die Arbeiten Ton G. BERTRAND und H. AGULRON~ ausgefiihrt. Die Salz- probe wurde rnit warmem Wasser nusgezogen und der bei 100° ge- trocknete Riickstand verwendet. Zur Flammenreaktion ruhrte man den Riickstand mit reinem Calciumfluorid und konzentrierter Schwefel- saure an, so dafs ein dicker Brei entstand. Lag nur sehr wenig Riickstand vor, so brachte man einen aus Calciumfhorid und Schwefel- saure bestehenden Brei auf der Spitze eines Platindrahtes an die Probe. I n jedem Falle prufte man das Gemisch am Platindrahte in einer ca. 1 cm hohen Wasserstotffiamme, die einer Porzellan- spitze entstromte. Die Beobachtung erfolgte im abgeschatteten Raum. Zur Prufung der Empfindlichkeit verrieb man 0.1 g eines Boracits bekannten Gehaites mit 0.9 g Calciumfluorid, fuhrte die Prufung aus und verdiinnte durch weitere Dezimalverreibungen der- selben oder anderer Einwagen mit Calciumfluorid die Empfindlich- keitsgrenze. In 1 g Gemisch mit Calciumfluorid ergaben so 0.3 mg B,O, deutliche Reaktion; bei 0.1 mg wurde sie fraglich, besonders weil bei derartigen Verdunnungen die Calciumflamme stort.

Der Loseruckstand wurde mit 1 ccm konzentrierter Schwefelsaure und 10 ccm Methyl- alkohol zuerst aus dem Wasserbade, dann sehr vorsichtig mit freier

Vie1 empfindlicher ist die Curcumaprobe.

Bull. soc.cbim. [4 ] 7 (191@), 90; Centrbl. 1910 T, 1382.

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Flamrne destilliert und das Destillat in einem Platintiegel rnit weni- gen Tropfen n .NaOH aufgefangen. Der Eindampfruckstand des Destillates wurde in ca. 1 ccm Salzsaure gelost und in ein Por- zellanschiilchen ubergefiihrt, Brachte man nun einen nach BERTRAND und AGULHON praparierten schmalen Streifen Corcumapapier S O in die Losung, dafs etwa die Halfte nach aulsen hin iiber den Rand des Schalchens hing, so farbte sich, event. nach 1-2 Stunden War- tens, der kapillar vollgesogene, frei hangende Teil des Streifens besonders an seiner Spitze braunrot. Die Farbe schlagt beim Hinzu- bringen von Ammoniakfliissigkeit in blauechwarz um. Bei der Emp- findlichkeitsprobe gaben in 1 ccm LFsung 0.0005 mg B,O, noch deut- liche Reaktion, auch ohne Zuhilfenahme von Ammoniak. 0.00005 mg liefsen sich auf diesem Wege nicht mehr nachweisen. Dieser Befund stimmt durchaus rnit den Angaben von BERTRAND und AGULHON uberein und die Uberlegenheit der Curcurnaprobe gegen- iiber dem Nachweis mit Flammenfarbung korrespondiert auch im Zahlenverhaltnisse in groben Ziigen mit den Erfahrungen von EMICH, der den mikrochemisch verfeinerten Nachweis durch Curcurna rnit der spektroskopischen Probe verglich.

Zur quantitstiven Bestimmung der Borsaure bedienten wir uns der Arbeitsweise von WHERRY,~ die hicr bequem anwendbar war, da es sich zumeist um Materialien ohne erhebliche Mengen von Sesquioxyden handelte, die bei dem Verfahren storen k8nnten. Der Loseruckstand wurde mitsamt der Filterasche bei 100 O getrocknet und ausgewogen. Dann wurde e r mit der mindestens 6 fachen Menge Soda aufgeschlossen und die Schmelze in wenig verdunnter Salz- saure klar gelost. Event. vorhandenes Ferrosalz wurde oxydiert und die Losung mit einem kleinen Uberschufs reinsten IiAHLBauMschen Calciumkarbonats neutralisiert, wobei die Sesquioxyde gefallt werden. Zur Xntfernung geloster Kohlensaure wurde 15 Minuten unter Ruck- flufd gekocht; die Fllissigkeit wurde, noch heil8, in eine grofse Saug- flasche filtriert und in dieser nach Zugabe von einer kleinen Menge Calciumkarbonats rlurch Evakuieren der Flasche von den letzten Spuren Kohlensiiure befreit. Die SaugAssche stand dabei in heirsem Wasser. Die Losung wurde nach dem Erkalten unter Verwendung von Phenolphtalein nach Zusatz von Mannit mit l/,,-n.NaOH bis zur

Ann. 351 (1907), 429. E. T. WHERBY und W. H. CBAPIN, Journ. Amer. Chew. Soo. 30 (1908)

1687; Catrbl. 19091, 574.

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bleibenden Rotfarbung titriert. 1 ccm I/,,-n.NaOH = 0.0035 g B,O,. Die Einwage wurde so bemessen, dak im Hochstfalle etwa 1 7 ccm, im allgemeinen uber 1 ccm l/,,-n.NaOH verbraucht wurden. Bei einem etwaigen geringeren Verbrauch ist das Resultat mit ent- sprechend weniger Ziffern angegeben.

Zur Kontrolle der Methode priifte man den Borsaure reichsten der Stafsfurter Salztone nach dem Verfahren von CHAPIN, wonach die abdestillierte Borsaure in andersartiger sehr umstandlicher und infolgedessen wohl weniger genauen Weise titriert wird. Statt 0.40 O/, B,O, fand man 0.4350/,. Als zu dem nach WHERRY analysierten Tone bestimmte Mengen Borsaure zugegeben wurden, fand man sie nach eben dieser Methode von WHERRY ohne Verlust wieder.

Unser Verfahren erlaubte jeweils nur die unloslichen Borate der Saize und Tone zu ermitteln. Indessen ist unter den eingehal- tenen Bedingungen des Buslaugens mit 60-70 O warmem Wasser ein frischer Boracit vollig unloslich. Etwas anders liegt die Sache bei verwittertem Boracit. Ein wasseriger Extrakt von 6 g gelbem Boracit aus Vienenburg und 12 g reinem Kochsalz verbrauchte 2.5 ccm I/,,-n.NaOH, was 0.05 O/,, B,O, auf 18 g Einwage berechnet entspricht. Zur Vermeidung des Fehlers verwandten wir stets nach Moglichkeit frisches, den Grubenwettern nicht ausgesetzt gewesenes Material.

1. StaBfurter Profil.

Aus dem Gebiete des alteren Steinsalzes einschliefslich der Poly- halitregion stammen die Proben 1-6 zwischen den Meterzahlen 1-61 [vgl. iiber die Bezeichnungen 2. f. anorg. Chem. 62 (1909) 184 und Tabelle ebenda S. 1941. Von diesen Proben wurde ein Durch- schnittsmuster untersucht, und zwar verwendete man zu dessen Her- stellung moglichst die Schnure, in denen die schwer loslichen Be- standteile angereichert und somit am ehesten Borate zu vermuten waren. Der Loseruckstand erwies sich indessen auch nach der Cur- cumaprobe als borsaurefrei. Ebenfalls borshrefrei waren die Proben Nr, 25-31 von ca. 135 bis ca. 260 m, die aus dem Hauptanhydrit und dem jungeren Steinsalz genommen waren. Nur die Probe 26, typischer Anhydrit bei ca. 207 m, liefs eine aufserst schwache Re- aktion mit Curcuma erkennen. Das illtere Lager von der Kieserit- region bis zum Salzton einschlielslich ist dagegen borsihrehaltig, und zwar trat hier schon mit voller Scharfe zutage, dafs die Borate nicht nur in Form einzelner Knollen vorliegen - alle Proben

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waren von solchen makroskopisch sichtbaren Knollen frei -l sondern dals die borsauren Salze sich auch fein verteilt iiberall in alteren Kalisalzen vorfinden. In der Tabelle 1 sind neben den Bezeich- nungen der Proben die Meterzahlen RINNEsCher Zahlung [vgl. die zitierte Arbeit 2. f. anorg. Chem. 62 (1909) 1841, der Prozentgehalt an wasserunliislichem Ruckstand, die Farbe der Ruckstande und die Prozente B,O, aufgefiihrt, und zwar erstens berechnet auf das Ge- wicht der Einwage, also bezogen auf 100 g Salz bzw. Ton und zweitens berechnet auf 100 Teile des Loseriickstandes. In welcher Form die Borsaure jeweils vorliegt, mufste bei ihren doch immer- hin geringen Mengen fraglich bleiben ; ganz uberwiegend durfte das Bormineral der Boracit selbst sein, wiewohl auber diesem Haupt-

Tabelle 1.

Analysen aus dem Stafsfurter Profil.

Nr. - __

7 8 9

10 1 la 11b 12 13 14a 14b 15 16 17 18

19 20

21 22 23 24

32 33

-~ ~

Kieseritschnure

Erster Carnallit Dicke Kieseritschnure Dichter roter Carnallit

Kieserit a. demselben Stuck Dichter roter Carnallit

Steinsalzlinse mit Schniiren Schnure mSgl. gesondert

Hartsalz Reiner Sylviu

Carnallit dicht am Salzton Carnallit mit Kieserit

dicht am Salzton Salzton im Kontakt

lalzton im Kontakt etwas hGLer

Harter Salzton Salzton schiefrig

Weicher Salzton, lehmig Harter Salzton, dicht am

Anhydrid Dichter Polyhalit Dichter Kieserit

3 ,

11

wa ~- ~~ ~-

74 83 92

103 138 138 142 148 169 169 182

ca. 185 186

186-187

a. 186-187 a. 186-187

a. 186-187 ca. 187 ca. 190 ca. 192

aurserhalb d. Profils

O/O

Rackstand

0.6120 9.192 0.940

0.6513 0.1233 1.530 2.752 0.300 0.4125 1.151

ulserstwenig 0.9415 0.1920

- ~ _.-___

11.73

69.50 60.80

34.71 62.60 91.50 96.94

- 0.0810

Farbe des Ruckstandes

weirs grauweifs

weirs relblich we%

r6tlich u. } weirs weirs

grau u. weirs 7,

7 )

3 3

weirs rotlichu. grauw.

Clanz. ratlich und weil's

dunkelgrau 7 7

grau dunkelgrau

fast schwarz

weirs grauweifs

11

O/,, B,O, ber. auf Einwage

0.0182 0.049 0.0133 0.0470 0.010 0.010 0.116 0.0892 0.1022

~- tuckstand

2.97 0.533 1.42 0.401 1.5 8.1 7.56 3.24

34.07

_ ~ _

0.0578 14.0 0.158 ! 13.8 frei von B,O,

0.102 1 10.9

0.0350 1.82 0.21 1 0.30 0.30 (1.49

chw. Reakt. m. Curcuma

0.12 1 0.19 0.40 , 0.44 0.1s , 0.19

frei von B,O, 0.0189 23.3

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mineral eine ziemlich grobe Mannigfaltigkeit borfiihrender Kali- mineralien bekannt geworden sind.

Wenngleich schon aus diesem Profil zu schliefsen ist, dafs das Bor iiberall als typisches Element des alteren Kalilagers auftritt, so lafst sich doch keine bestimmte Regel in seiner Verteilung er- sehen, wie wir eine solche fur das Ammoniak und dzts Brom haben. Auffallig erscheint der hohe Borgehalt in den Schniiren der dem Carnallitlager eingefugten Steinsalzlinse. Offenbar bestehen die Qchniire dieser Lime aus einem wesentlich anderen Material, als die Schniire des typischen alteren Steinsalzes. Neben 34.07 B,O, bzw. der entsprechenden Menge Boracits liels sich i n dem unlos- lichen Teile der Schniire qualitativ noch SiO,, A1,0,, wenig Fe, CaSO, und organische Substanz nachweisen.

Die voll- standige Analyse der vier Tone2 Nr. 21-24 schlofs mit 100.22, 100.19, 99.57 und 100.30°/, ab. Es war schon damals bemerkt worden, die auffilllige Differenz gegen 100 bei Nr. 23 konne mog- licherweise durch die quantitative Bestimmung der Borsaure , auf deren Vorhandensein man erst durch das Auftreten eben dieser Differenz aufmerksam geworden war, behoben werden, wenngleich immerhin eine Analyse mit der Berucksichtigung von einigen 30 Be- standteilen einen Fehler von 0.4 als denkbar hatte erscheinen lassen. Beriicksichtigt man den Borsauregehalt, so fallt indessen der Fehler fort, was uns in dem Zutrauen zu der Verliifs'slichkeit der in Rede stehenden Gesamtanalysen bestarkte. Als Gesamtergebnis folgt nunmehr :

Bemerkenswert ist der Borshregehalt der Salztone.

Nr. 21 22 23 24 100.22 O / , 100.19 99.57 "I,, 100.30

0.12 0.40 0.18 ___ ~

+ B,O, 0.00 O/,,

m2 "lo 100.31 " i o 99.Y?-*/o m4q

Es erfullen damit diese Analysen die Forderung HILLEBRAND S, nach der das Resultat zwischen 99.75O/, und 100.50°/, liegen soll.

2. Vienenburger Profil.

Unter den Vienenburger Proben wurden von Nr. 9-19 [vgl. Z. f. anorg. Chem. 62 (1909) 1991, also von samtlichen Teilen des jiingeren Lagers je 10 g gemischt und zusammen gepruft. Es ergab

Vgl. BOEKE, Centrbl. f. Min. usw. 1910, 531. 2. anorg. Chem. 68 (1910), 91.

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i Carnallit, Handstuck, weirs, jung. Bildung aus d.

sich keine quantitativ bestimmbare Menge Borsaure, sondern nur eine schwache Reaktion mit Curcuma. Das steht durchaus in Uber- einstimmung mit einer Mitteilung, die wir der Gute Herrn Qeneral- direktor FEITR beziiglich dieser Schichten verdanken: ,,Ich habe nur wenige Male im Verlaufe von mehreren Jahren ganz schwache Ein- sprengungen von Boracit gefunden; von Knollen kann gar keine Rede sein." Die alteren Steinsalzlager Nr. 1 und 2 waren frei von Bor; die alteren Carnallite, der Bischoffit des alteren Lagers und die Salztone wiesen dagegen auch hier deutlich Bor auf.

TabeIle 2. Analysen aus dcm Vienenburger Profil.

1 Nr. 1 I m 3 I Camallitkonglomerat 6 4 dlteree Steinsalz i. Hangen- I den uber dem untcren

Carnallitlager 70 5 Bankiger Carnallit 90

Bischoffit 110 7 Salzton, biturnintis 148 8 Anhydrit , 156

I I 20 1 Sylvinit, sekundar aus

21 Salzton 22 , Dichter Salzton, unmittel-

I bar daneben 23 ~ Kainit, sekundilr

jungerem Carnallit

~~

"0

Riickstand

0.3100

- 0.5440 0.0048 '

75.66 -

- 70.18

~ .-.. -

Farbe des Riickstandes

otlich u.weX5

~ ____-.

weirs gauweil'a hellgelb

dunkelgrau grauweib

weirs dunkelgrau

o/o B,O, ber. auf Einwage :Ruckstand

0.0601 I 19.4 _ _ ~ ~ ~ -

frei von B,O,

0.2013 36.99 0.0011 23.5 0.16 I 0.21 kaum Reaktion mit Curcuma

frei von B,O, 0.19 1 0.27

frei von BpOg I Riickstandfrei und Bors%urefrei

3. Proben am Aschersleben.

Diese Proben sind nach Metern ausgehend von dem liegenden Kieserit gezahlt ; sie waren ziemlich gleichmafsig dunkelrot und mit grauen Teilen durchsetzt; nur die erste, reinrosa gefiirbte Probe ist far das dortige Lager nicht typisch, sondern ein gelegentliches Vor- kommen offenbar jiingerer Bildung; sie erwies sich demnach auch als borfrei. Auffallig ist die unglsichmabige Verteilung des Bors

Einwage 750 g.

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I o / o 1 Farbe des

Nr' 1 w' 1 Ruckstand 1 Riickstandes __ ~ _ _ _ I

1 : - wenig weirs 2 I 2.4 71 l rotlich u. grau-

in dem dunkelroten, typischen Gebiete. In der bei 8 m genomme- nen Probe war kein Bor nachweisbar, der einzige uns bekannt ge- wordene Fall dieser Art bei einem zweifellos alteren Carnallite. Hierdurch wird aufs neue die Regellosigkeit in der Verteilung des Bors auch in ausgesprochen borfuhrenden Schichten erwiesen. Zur Priifung in praktischen Fallen durfte sich also die jeweilige Probe- nahme uber einen mbglichst grolsen Durchschnitt einer Schicht empfehlen.

Tabelle 3. Analysen von Carnalliten aus Aschersleben.

o/o B,O, ber. auf Einwage Ruckstand

frei von B,O, denttiche Reaktion mit Curcuma

4. Proben am verschiedenen Teilen des deutschen Kaligebietes.

Die Proben 2-10 werden als ,,deszendentelL bezeichnet, d. h. sie sind bereits wahrend der Zechsteinzeit aus dem Muttermaterial hervorgegangen und stellen unmittelbare Abkommlinge von diesem dar; sie sind somit, zeitlich geeprochen, zu den ,,alteren" Gebilden zu rechnen. Die Proben 11-15 sind ,,posthum", d. h. sie ver- danken ihre Entstehung neueren Umbildungen, wie solche z. B. mit Hilfe der Sickerwasser vonstatten gehen. Die iilteren, deszendenten Proben sind borhaltig, die posthumen borfrei oder aufserst borarm. Eine Ausnahme scheint das Hartsalz Nr. 1 zu bilden, das zwat deszendent aber borfrei ist. Da andere Hartsalze Borsaure fuhren, so kann diese Abweichung nicht an dem Stoffe als solchem liegen, wohl aber vielleicht an seiner Entstehung, fiir die bekanntlich ver- schiedene Moglichkeiten vorliegen , zu deren Diskussion miiglicher- weise die hier obwaltende Verschiedenheit herangezogen werden kann.

Immerhin kann an der Hand des vorliegenden Materials die eingangs gestellte Frage dahin beantwortet werden, dals Borsaure ohne vorerst erkennbare Regelmalsigkeit in den alteren bzw. des- zendenten Kalisalzen auch dort vorkommt, wo eine Anreicherung in

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Hartsalz, rot. Hangendes Lager\ ebenda I

Tabelle 4. Analysen von Proben verschiedener Herkunft.

~ ~ ~ . _ _

1 1 Farbe "lo B,O, ber. auf

2.975

Kr.

- - 1

2

s

4

5

6

7

8

9

10

11

15

Ruck- d. Ruck- stand 1 standes

~ ~~ -

Hartsalz, obere Etage Abt. D. Schiclit 66. Alexandershall, we&

Berka an d. Werra

klterer Carnallit unter dem grauen Yalzton; Salzdetfurth ) le405

Camallit, Kieseritfrei, Versuchs-

3ewerkschaft Justus, Volprie- Bartsalz, grau. Liegendes Lager

hausen

Hartsalz, Handstucke; ebenda 1 2.755

Konglomeratischer Carnallit daurot, 680 m Sohle First 11 3.0. Gewerkschaft Hohenzollern

Freden a/Leine

Konglomeratischer Carnallit hochrot; ebenda ) I 0.7175

0.452

Konglomeratischer Carnallit Parallelstrecke 2 , Hauptquer-

schlag S. Kgl. Bergwerk Bleicherode

Kongl. Carnallit 690 m Sohle

2ewerksch. Uesdemona, Alfeld Westfeld; 500 m vom Scbacht

a/Leine J lartsalz; Mischprobe Gewerksch. leutschl. Weetzen b. Hannov.} liingerer Carnallit, Kieseritfrei

Salzdetfurth 12 Carnallit, Kieseritfrei,

Sohle. Streichende St::: 1 W.N.W. Gewerksch. Hildesia, ' Diekholzen b/Hildesheim 1

13 Sylvinit, wciL. Gewerkschaft , Ronnenberg b/Hannover 1 14 ~ Sylvinit, gelblich, ebenda

0.705

0.0403

grau

,I

rotgelb

gelbrot

grau

rotglanz.

braunrot

grau weirs

dunkel- grau

gelbrot glanzend

rtitlich u. weirs

weirs

Ein- j FLii::- wage +- ~

frei von B,O,

0.0560

0.157

0.142

0.166

0.0919

0.0035

0.0088

0.0796

0.0639

0.0002

3.99

2.18

4.76

6.03

7.12

0.49

1.94

10.3

9.06

0.4

' Vgl. bei BOEBE, %. f. Krystallographie 46 (1908), 374. ' Ebenda Nr. 11. Probe Nr. 7.

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-__ 1. Terwitt. Boracit im Kainit

Kainit bis 2 cm v. d. Knolle 17 4 > I ,, I , 6 1 % 7 1

Gestalt von Boracitknollen fehlt, wiihrend sie sich in jiingeren oder posthumen Gebilden kaum oder nicht findet. Auch in iirtlichen Neu- bildungen von Kalimineralien innerhalb einer geologisch alteren Um- gebung fehlt Bor, wie das die Beispiele Tabelle 1 Nr. 16, Tabelle 2, letzte Probe (ohne Nummer), und Tabelle 3 Nr. 1 zeigen. Das Bor diirfte also, soweit das Urteil des Chemikers hier zustandig sein kann, als Leitelement fur die Unterscheidung dieser Schichten mehrfach mit Vorteil herangezogen werden konnen, zumal sein Nachweis keinerlei Schwierigkeiten bietet.

In dem Graf Moltkeschacht zu Schiinebeck kommt aulser einem wenig machtigen alteren Carnallit normaler Lagerung ein zweiter Carnallit von ca. 7 m Machtigkeit vor, der seitlich von jiingerem Steinsalz begrenzt wird, uber dessen Zugehorigkeit also ein Zweifel moglich ist. Die Analyse auf Borsaure hatte folgendes Ergebnis:

“ 0 o/o B,O, ber. auf Ruckstand Einwage Riickstand

1. Alterer Carnallit aus der nordwestl.

2. Carnallit, begrenzt von jiingerem Ausrichtungsstrecke . . . . . . 3.015 0.4935 16.37

Steinsalz . . . . . . . . . . 0.7366 0.1190 16.15

In dem relativ hohen Borahregehalt des zweiten Carnallits diirfte somit ein Argument gegen die Annahme, es sei dieser Car- nallit eine jungere, posthume Rildung, gesehen werden.

Scfiliefslich priiften wir noch die Frage, wie es mit dem Bor- siiuregehalte der Salze in unmittelbarer Umgebung einer Boracit-

gelb 85.26 0.4600 gelbweirs 0.3040 91

0.2900 ?

Tabelle 5. Analysen yon Boracitknollen und ihrer Urn,

46.6 0.0525 0.0306 0.0298

54.7 11.4 10.1 10.3

?bung.

O/,, B,O, ber. auf Einwage IRiickstand

Die Proben wurden an Ort und Stelle mit gutiger Erlaubnis des Kgl. Salzamtes Schtinebeck genommen.

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knolle bestellt sei. Es wurde ein Kainitstiick mit einer eingespreng- ten Boracitknolle und ein ebensolches Carnallitstuck aus Vienenburg verwendet und beide in der eingangs geschilderten Art aufbereitet. Die Knollen selbst enthielten aufser Boracit noch eingeschlossenes Nebensalz, also Kainit bzw. Carnallit.

Von einer Anreicherung des Boracits in der Nahe der Knolle ist nichts zu merken. I m Gegenteil wird es bei dem zuverlkssigeren Beispiel 2 des unverwitterten Boracits in dem typischen alteren Car- nallit deutlich, wie vielmehr die AnhBufung des Borncits in der Knolle eine Verarmung in der Umgebung an diesem Salze zur Folge hatte, wie also das grofsere Kristallaggregat auf Kosten der kleineren ge- wachsen ist. Der knollenfreie Carnallit derselben Region enthielt in mehreren Proben ca. 0.06-0.1 2

Dem Verbande zur wissenschaftlichen Erforschung der deiitschen Kalisalzlagerstatten sind wir fur weitere Bewilligung von Geldmitteln fur diese Fortfuhrung unserer Arbeiten zu Danke verpflichtet.

B,O,.

Claustlial i. H., ligl. Betriebslaboratorium.

Bei der Redaktion eingegangen am 28. Juli 1911.