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v. Meyer: Ueber dimolekulare Nitrile u. ihreAbkilmm1. 81 Untersuchungen aus dem organischen Laboratorium der technischen Hochschule zn Dresden, 11. Ernst von Meyer: Ueber dimoleknlare Nitrile nnd ihre Abkgmmlinge. Diese Experimentaluntersuchung steht im Zusammenhang. mit meinen ersteri Arbeiten iiber diese Klasse von Korpern, sowie mit Untersuchungen verschiedener Schiiler (s. w. u. Citate). - Wie schon mehrfach erortert wurdel), aussert sich die eigenthumliche Wirknng des Natriunis auf Nitrile von Fett- sauren verschiedenartig je nach der dabei herrschenden Teni- peratur: Wirkt das Metall auf das unverdunnte Alkylcyanid ein, so wird der grijssere Theil des letzteren (etwa 2,3) in das (trimolekulare) Kyanathin verwandelt; yon dem Natrium findet sich in dem Produkte 1/3 als Cyannatrium; in welcher Form die ubrigen 2/3 vorkommen, ist noch nicht sicher ermittelt. Massigt man dagegen die Reactionstemperatur durch Anwen- dung eines indifferenten Verdunnungsmittels (Aether, Benzol), dann beschrankt sich die Polymerisation auf 2 Molekule des Nitrils; ein drittes Molekul liefert Cyan zur Bildung Ton Natriumcyanid und von Alkyl, das sich mit Wasserstoff zu Alkylwssserstoff vereinigt. Bus der gleichzeitig entstandenen Natriumverbindung des L)i - Nitrils wird das letztere durch Zerlegung mit Wasser in Freiheit gesetzt. Die Halfte des verbrauchten Natriums findet sich als Cyannatrium. Wahrend die Frage nach der chemischen Constitution der Kyanalkine erst nach jahrelangem Studium dieser Verbin- dungen gelost wurde a), ergab sich die rationelle Zusammen- setzung der Di-Nitrile schon aus dem Verhalten des zuerst dargestellten D i - P r o p i o n i t r i l ~ ~ ) : Die Bestimmung der Mole- kulargrosse, seine Urnwandlung in ein Keton, aus dem durch Ammoniak jenes Dinitril, sowie durch Erhitzen mit Salzsaure Diathylketon neben Kohlensaure und Ammoniak hervorgeht : schon diese wenigen Thatsachen genugten, um das Di-Propio- *) Vergl. dies. Journ. !2] 22, 262; 37, 411. $) Dies. Jouim. [2] 38, 336. Jonmd f. prakt. Chemie [a] Bd. 62. Vergl. meine Abhandlung, dies. Journ. [2] 39, 262ff. 6

Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

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Page 1: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

v. Meyer: Ueber dimolekulare Nitrile u. ihreAbkilmm1. 81

Untersuchungen aus dem organischen Laboratorium der technischen Hochschule zn Dresden,

11. Ernst von Meyer: Ueber dimoleknlare Nitrile nnd ihre Abkgmmlinge.

Diese Experimentaluntersuchung steht im Zusammenhang. mit meinen ersteri Arbeiten iiber diese Klasse von Korpern, sowie mit Untersuchungen verschiedener Schiiler (s. w. u. Citate). - Wie schon mehrfach erortert wurdel), aussert sich die eigenthumliche Wirknng des Natriunis auf Nitrile von Fett- sauren verschiedenartig je nach der dabei herrschenden Teni- peratur: Wirkt das Metall auf das unverdunnte Alkylcyanid ein, so wird der grijssere Theil des letzteren (etwa 2,3) in das (trimolekulare) K y a n a t h i n verwandelt; yon dem Natrium findet sich in dem Produkte 1/3 als Cyannatrium; in welcher Form die ubrigen 2/3 vorkommen, ist noch nicht sicher ermittelt. Massigt man dagegen die Reactionstemperatur durch Anwen- dung eines indifferenten Verdunnungsmittels (Aether, Benzol), dann beschrankt sich die Polymerisation auf 2 Molekule des Nitrils; ein drittes Molekul liefert Cyan zur Bildung Ton Natriumcyanid und von Alkyl, das sich mit Wasserstoff zu Alkylwssserstoff vereinigt. Bus der gleichzeitig entstandenen Natriumverbindung des L)i - Nitrils wird das letztere durch Zerlegung mit Wasser in Freiheit gesetzt. Die H a l f t e des verbrauchten Natriums findet sich als Cyannatrium.

Wahrend die Frage nach der chemischen Constitution der Kyana lk ine erst nach jahrelangem Studium dieser Verbin- dungen gelost wurde a ) , ergab sich die rationelle Zusammen- setzung der D i - N i t r i l e schon aus dem Verhalten des zuerst dargestellten D i - P r o p i o n i t r i l ~ ~ ) : Die Bestimmung der Mole- kulargrosse, seine Urnwandlung in ein Keton, aus dem durch Ammoniak jenes Dinitril, sowie durch Erhitzen mit Salzsaure Diathylketon neben Kohlensaure und Ammoniak hervorgeht : schon diese wenigen Thatsachen genugten, um das Di-Propio-

*) Vergl. dies. Journ. !2] 22, 262; 37, 411.

$) Dies. Jouim. [2] 38, 336. Jonmd f. prakt. Chemie [a] Bd. 62.

Vergl. meine Abhandlung, dies. Journ. [2] 39, 262ff.

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82 v. Me y er : Ueber dirnolekulare Nitrile u. ihre Abkrjmml.

C,H,C : NH CH(CH,)CN an-

nitril als I m i do p r o pion y 1 cyan a t h y 1:

zusprechen. Die seither dargestellten Dinitrile lassen sich dem ent- -

sprechend, wie folgt, formuliren: RC : nE wobeiR Wasser- 6H. R'. C N'

stoff oder ein Alkyl, also auch = R sein kann. - Zeigten gich die Dinitrile schon durch ihrc Reactionsfhigkeit werth, griindlich untersucbt zu werden, so regten sie noch lebhafter x u eingehender Bearbeitung an durch die TQahrnehmung, class die verschiedenen , analog zusammengesetzten Dini: rile den gleichen Agentien gegeniiber zuweilen ein ganz verschieden- artiges Verhalten aufwiesen.')

Die von mir a. a. 0. fur die dimolekularen Nitrile vor- geschlagene , vereinfachte Bezeichnung sol1 auch hier Anwen- dung finden.

Die bisher untersuchten Dinitrile z, sind einmal solche, die aus 2 Mol. von Fettsaurenitrilen hervorgehen; dazu gehijren das -

(syn. Imidoacetylcyan- CH,C : NH- CH, CN

I. D i a c e t o ni t r i l :

methyl).

11. D i pr o pi o n i t ri 1 :

111. A c e t o p r o p i o d in itr i l , wahrscheinlich:

C,H,. C : NH (syn. Imido- CHICHJCN

propionylcyanathyl).

CE3C : NH CH(CH,JCN.

Sodann zahlen zu den Dinitrilen die fettaromatischen, meist aus 1 Mol. Fettsaurenitril und 1 Mol. eines aromatischen Nitrils hervorgegangen:

C,H,C : NH IV. B enz oa c e t o d i n i t,ril:

V. B enz o p r op io d in i t r i l : CH,CN.

C,E15C : NH. CH(CH3)CN.

I) Auf einige derartige Beactionen habe ich schon in einer Abhand- lung in den Beriehten der math. phys. Classe der Konigl. Sachs. Ges. der Wissensch. 1892, S. 403 hingewiesen.

z, Literotur 8. unter den einzelnen Dinitrilen.

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v. Meyer : Ueber dimolekulare Nitrile u. ihre Abkoiiiml. 83

C,H,(CH,) . C : N E VI. p - To l u a c e t o d i n i t r i l : CH,CN.

C,H,(CH',) . C : KH VII. p - To 1 upr o p io din it ril:

VIII. D i p h e n a c e t o d i n i t ril (Di-Benzylcyanid): CH(CE,~CS.

C,H,CH, . C : N E C H( C,H,) CN. -~

C,H,C : N E 1X. B e 11 zo p h e n a c e t o d i n i t r i 1 : CH(C,H,)CN.

Zur Gewinnung der Dinitrile hat mit einer Ausnahme (1x1 die schon besprochene Reaction des Natriums auf die in Aetber ocler Benzol gelosten Nitrile, resp. Gemenge von solchen ge- dient. Eine zweite Darstellungsweise der Dinitrile: durch Einwirkung .ion Ammoniak auf u - Cyanketone ist in einigen Fallen mit Erfolg benutzt worden (11, VIII , IX).

Bei Ausfiihrung meiner Versuche haben mich zu verschie- denen Zeiten meine Assistenten, friiher Hr. Dr. G. Z u s c h l a g , Dr. R. W a l t h e r , in neuerer Zeit Hr. Dr. N e u m e i s t e r und Dr. C. U h l m a n n auf das Wirksamste unterstiitzt, wofiir ich denselben auch an dieser Stelle meinen aufrichtigsten Dank ausspreche.

I. D ia c e t on i t ri 1 : CH3q:IYH und A b k o m m l i n g e CH-CN

il e s se 1 b e n. R. H o l z w a r t l ) hat diese Verbiudung und ihr chemisches

Verhalten eingehend untersucht, P. S. B u r n s ?) ihre bemerkens- werthen Umwandlungen durch Benzoylchlorid, Hytlroxylamin, Phenylhjdrazin erforscht. Nach den bisherigen Angaben bildet das Diacetonitril, aus Benzol krystallisirt, Nadeln von 52 *-53 0

Schmelzpunkt. Nach meinen Beobachtungen besteht noch eine 1 a bi 1 e Verbindung gleicher Zusammensetzung. Die Moglich- keit , letztere von dem bestandigen Diacetonitril zu trennen, ist durch ihre verschiedene Laslichkeit in Benzol gegeben.

Zur Darstellung des Diacetonitrils wurde statt Aethers

*) Dies. Journ. [2] 39 ,. 230 ff. 2, Das. 47, 112, 120, 131. 6 *

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84 17. Meyer : Ueber dimolekixlare Nitrile u. ihre Abkbmml.

trocknes Benzol als Losungsmittel angewandt ; die Reaction liess sich, Dank der zu erzielenden hiiheren Temperatur, in kurzerer Zeit, als bei Anwendung von Aether, zu Ende fiihren. Das bei einem mit grosseren Mengen (75 Grm. Acetonitril und 24 Qrm. Natriurm) ausgefuhrten Versuche in bekannter Weise durch Wasser abgeschiedene Di-acetonitril schmolz nicht bei 52O, sondern zwischen 7 l 0 und 77O, die Hauptmenge bei 74O-76O. Die wieder erstarrte Masse zeigte beim er- neuten Schmelzen ein anderes Verhalten: war sie liingere Zeit auf etwa SOo erhitzt gewesen, so lag ihr Schmelzpunkt dann bei 52 O; demnach hatte Umwandlung in die bekannte Verbindung stattgefunden. Durch Umkrystallisiren aus lauwarmem Wasser, sowie aus Benzol (von etwa 50°) wurde der hohere Schmelz- punkt nicht erniedrigt, bei einigen Versuchen sogar erhoht.

Von welchen Bedinguugen die manchmal vorwiegende Bil- dung des labilen (Ec-)Di-acetonitrils abhangt , ist noch nicht ermittelt. Bei einem andern Versuche wurde ein Produkt erhalten, das schon bei 46O zu schmelzen begann, dessen Haupttheil aber hijher schmolz und das bei 75O viillig ver- flussigt war.

Beirn Digeriren von 20 Grm. dieses Praparates mit 70 Ccm. Benzol bei etwa 35O blieb ein Theil ungelost, der bei 79"- 84O schmolz (cc); aus dem Filtrat schied sich ein eberifalls gegen $Oo schmelzendes Produkt aus , bei weiterem Verdunsten der Losung (im Vacuum) das niedrig schmelzende Diacetonitril (50a-540 Schmelzp.).

Der Unterschied der Loslichkeit beider Modificationen in Benzol erwies sich ziemlich bedeutend: das labile a- Diaceto- nitril ist darin etwa 7 Ma1 schwerer loslich, als die stabile @-Verbindung. - Zur Bestimmung der Loslichkeit wurden die Substanzen mit Benzol bei etwa 50° einige Zeit geschiittelt, dann sich selbst 3 Tage lang bei Zimmertemperatur iiber- lassen; der Ruckstand abgewogener Mengen der Liisungen wurde, sorgsam getrocknet, gewogen. 100 Grm. Benzol losten bei 16,5O von dem a-Diacetonitril') (79°-840 Schmelzp.) 1,22 Grm., von dem p-Diacetonitril (52O Schmelzp.) 8.57 Grm.

l) Eine Stickstoffbestimmuug desselben ergab 34,6 o/o, berechnet 34,15O/, N.

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v. Me yer: Ueber diinolekulnre Nitrile u. ihre Abkbmml. 85

Dass H o l t z w a r t , sowie B u r n s das ol-Diacetonitril iiber- sehen haben, riihrt wohl daher, dass dasselbe beim Umkrystal- lisiren durch die kochende Benzollosung in die p-Verbindung nmgewandelt worden ist, was durch besondere Versuche be- sfatigt wurde. - Bei chemischen Reactionen scheinen die beiden Modificationen stets die gleichen Produkte zu liefern.

Bur Erklarung der Isomerie beider Diacetonitrile scheint die Annahme raumlicher Verschiedenheiten am ngchsten zu liegen; doch ist m. Er. nicht ausgeschlossen , die Zusammen- setzung beider durch verschiedene Struckturformeln (Tautomerie) auszudriicken. Die Frage ist jedenfalls noch nicht spruchreif

Bei den folgenden Versuchsreihen hat, wenn nichts erwahnt wird, das stabile (b-)Diacetonitril als Ausgangsmaterial gedient . 1. E i n w i r k u n g von C h l o r u n d B r o m auf Diace ton i t r i l .

Unter geeigneten Bedingungen tritt 1 Atom Halogen in das Diacetonitril an Stelle von Wasserstoff ein, wahrscheinlich von Imidwasserbtoff; jedoch haben die Versuche zur Fest- stellung der Constitution keine Entscheidung gebracht.

C hl o r d i ac e t o ni t r i l : C,H,ClN,

Fiigt man zu wassrigem Di - acetonitril Chlorkalklijsung, so entsteht ein reichlicher , kalkhaltiger Niederschlag , wesent- lich Chlordiacetonitril. Zur Gewinnung dieses verreibt man zweckmassig einen Brei iiberschiissigen Chlorkalks mit wass- riger Di-acetonitril-Losung und zieht den abgesaugten , dann getrockneten Niederschlag mit Aether oder Benzol aus j der Ruckstand dieser Losung liefert, aus verdiinntem Alkohol um- krystallisirt, das Chlor-Diacetonitril in schonen weissen Nadeln von 120 O Schmelzpunkt.

0,1234 Grm. gaben 0,1836 Grm. C02 und 0,0448 Grm. H,O. 0,1632 Grm. gaben 33,6 Ccm. N bei 19O und 751 Mm. Bar. 0,1422 Grm. lieferten 0,1754 Grm. AgCl.

C 41,20 40,9 Bereehnet fur C,H,N,Cl: Gefunden :

H 4,s 4,o 1,

x 34,03 2377 7,

ci 30,47 3075 3 1 .

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86 v. Meyer : Ueber dimolekulare Nitrile LL ihre Abkrjniml.

B r o m - Di a c e t o n i t ril: C,H,N,Br, wird durch Schutteln von Diacetonitril mit iiberschiissiger Bromkalilauge als weisse Fallung erhalten , die, auf Thontellern getrocknet, aus Benzol umkrystallisirt und so in farblosen , bei 123 O schmelzenden Nadeln erhalten wird.

0,1409 Grm. gabeu 22,O Ccm. N bei 22,5O und 755 Mm. Bar. 0,1726 Grm. lieferten (nach C a r i u s ' Illethode) 0,2016 Brm. AgBr.

Berechnet fiir C,H,N2Br: Gefunden : N 17,4 17,5 O'"

Br 49,6S 48,7 ) ) .

Das Halogen ist in beiden Verbindungen zieinlich fest gebunden. Versuche , niittelst Ammoniak , Natriumathylat, Siiuren zu brauchbaren Derivaten zu gelangen, sctilugen fehl. Mit Salpetersfure erwarmt, zersetzen sich die obigen Verbin- dungen unter Bildung eines ahnlidi dein Chlorpikrin riechen- den Oeles.

8, D a r s t e l l u r i g e i n e r B a s e C,E,N, a u s D i a c e t o n i t r i l m i t t e Is t C h l o r k o h l e 11 s a u r e a t ti e r , C h l o r k o h 1 e n o x yd u. a.

E o l t z w a r t l) hat durch Einwirkung von Acetylchlorid auf Diacetonitril ein unbestandiges Additionsprodukt dargestellt, das durch Wasser unter Bildung einer nicht &her untersuchten Base : C,J&N, zerlegt wird. - Dass Benzoylchlorid anders wirkt, hat B u r n s z ) gezeigt. - Meine mit anderen Qiiure- chloriden , Sauren u. a. angestellten Versuche haben ergeben, dass sich jene Base mit Vorliebe bildet; hHufig geht ihrer Entstehung die einer Zwischeriverbiridung vorauf.

D i a c e t o n i t r i l und C h l o r k o h l e n s a u r e a t h e r treten schon bei gewohnlicher Temperatur langsam in Wechsel- wirkung. Zur Beschleunigung dieser wurden die Korper (im Verhaltniss 3: 7) in Rohren einige Stunden auf looo erhitzt. Die fast erstarrte Masse gab an trocknen hether ausser Chlorkohlensaureather ein chlorfreies Produkt (a) ab. wahreiid ein weisses Salz (b) ungelost blieb.

Das erstere (a), aus Wasser und d a m aus Ligro'in um- krystallisirt , bildet weisse , bei 84 O schmelzende Blattchen. Die Erwartung , man habe es mit Carboxathyl -Diacet,onitril {C4H5N2. UOOC,H,) zu thun, wurde durch die Analyse nicht

I) Dies. Journ. [2] 39, 236. 2, Das. [2/ bi , 112.

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v. Meyer: Ueber dimolekulare Nitrile u. ihre Abkiimml. 87

bestiitigt; diese fiihrte auf eine Pormel: C,,H,N,O,, deren Zusammenhang mit der des Diacetonitrils nicht klar ist (Ge- funden: 55?0°/, C, 4,7*/, H , 19,3O/, N ; berechnet 54,S0/, C, 4,l o/o H, 19,2°/0 N).

Das chlorhaltige Produkt (b) ist offenbar nicht einheitlich (gefunden wurden 24,5O/, C1 und 27,5OiO N s. w. u.).

Mit verdiinnter Kalilauge erwarmt, entwickelt es reichlich Ammoniak; ungelost bleibt eine weisse, chlorfreie Verbindung, die aus Wasser, leichter aus Weingeist in schonen Nadeln von 221 O-222O Schmelztemperatur krystallisirt. Ihr Aus- sehen, Schmelzpunkt, Verhalten lassen keinen Zweifel ubrig, dass dieselbe mit Ho l t zwar t ' s Base identisch ist.

0,132 Grm. lieferten 0,3165 Grm. GO, nnd 0,071 Grm. H,O. 0,178 Grm. gaben 41,6 Ccm. N bei 7 O und 757 Mm. Bar.

Berechnet fur C,H,N, : Gefunden: C 65,31 65,4 a,'o

H 6,12 610 , Y

N 28,57 28,2 , I .

Die Entstehung dieser Verbindung beruht auf Austritt von 1 Mol. Ammonittk aus 2 Mol. Diacetonitril:

2 C4H,N2-H,N = C, H, N,. Dieselbe ist in Wasser sehr schwer, in Alkohol leichter,

in Aether und Benzol sehr wenig loslich. Sehr charakteristisch ist die Fallung ihrer, selbst verdiinnten salzsauren Lijsung mit Platinchlorid: es bildet sich ein in hellgelben, diinnen Prismen krystallisirendes Doppelsalz: (C,H,N, . HCl), . PtCl,. (Gefunden 27,65OlO; berechnet 27,72°/o Pt) Eiiernach ist die Base ein- saurig.

Mit E ssigs a u c e a n hy d r id gekocht, liefert dieselbe ein M on o a c e t y Id e r iva t : C,H,N,(COCH,), welches aus Alkohol, worin es schwer loslich ist, umkrgstallisirt, bei 250° schmolz und folgende Zahlen gab:

0,102 Grm. lieferten 0,2375 Grm. GO, (H-Bestimmung verungluckt). 0,1235 Grm. gaben 24 Ccm. N bei l o o und 748 Mm. Bar.

c 63,49 63,50 Berechnet fur C,,H,,N,O: Gefunden :

N 2292 22,50 ,,. Die Base C,H,N, bildet sich Uberhaupt leicht aus Diace-

tonitril, sobald die Bedingung zum Austritt von Ammoniak gegeben ist, ohne dass Wasser zugegen ist.

Page 8: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

88 v. Meyer: Ueber dimolekulare Nitrile u. ihre Abkomml.

Wird z. B. eine Losung des Diacetonitrils in Aethylen- bromid einige Zeit im Sieden erhalten, so bildet sich eine reichliche Pallung, zum Theil aus Bromammonium, zum Theil aus der Base bestehend, wie ihr Schmelzpunkt Aussehen ihres Platinsalzes erkennen liessen.

Durch Erhitzen yon Diacetonitril mit Benzylcyanid wird reichlich Ammoniak frei ; kalten abgeschiedene Produkt , aus Benzol schmolz bei 222O.

(222O) und das

iiberschussigem das beim Er- umkryst allisirt,

0,175 Grm. ihres Platindoppelsalzes gaben 0,0477 Grm. Pt = 27,f17O/~, berechnet 27,?2 ‘I,,.

Versuche, durch Erhitzen von Diacetonitril mit Anthranil- saure oder ihrem salzsauren Salz ein Condensationsprodukt zu gewinnen, fiihrten ebenfalls zur Bildung obiger Base. - Ebenso wurde durch Kochen einer Eisessiglosung des Dinitrils unter Zusatz von Salicylsaure die gleiche Base als Eauptprodukt gebildet. Die aus der erkalteten Losung abgeschiedenen Na- deln, mit wenig Ammoniakwasser gewaschen und aus Wasser umkrystallisirt, lieferten das charakteristische Platindoppelsalz :

0,1338 Grm. desselben gaben 0,037 Grrn. Pt = 27,65 V,,, ber. 27,72 o,’o.

Ein zu ganz anderem Zweck angestellter Versuch f&rte ebenfalls zu dieser Base; um nach P inne r ’ s Erfahrungen den salzsauren Imidoather, der dem Diacetonitril, als einem Cyanid, entspricht, darzustellen, wurden gleiche Molekule Diacetonitril (3 Grm.) und absoluter Alkohol (1,7 Grm.) in Benzol gelost, und Salzsauregas eingeleitet; das zuerst abgeschiedene Oel erstarrte bald und gab nach Erhitzen mit Wasser und Ammo- niak die Base O,H,N, von 223O Schmelzpunkt, deren salzsaure Losung das bekannte Platinsalz lieferte.

Ch lo rkoh len oxyd, auf in Benzol gelostes Di-acetonitiil wirkend, scheidet ein salzartiges Zwischenprodukt l) ab , das, mit Kalilauge (wie oben S. 87) zersetzt, Ammoniak abgab und die bekannte Base (Schmelzp. 222O-223 O) lieferte.

’) Dasselbe hatte fast den gleichen Chlor- und Stickstoff-Gehalt, wie das rnit Chlorkohlensaureather erhaltene (8. 87), narrilich 24,75 */,, C1 und 27,3 O/,, N. Nach seinem Verhalten zu Alkohol, welcher Chlorammo- nium zurucklasst und die Base C,H,N,, sowie deren salesaures Salz auf- nimmt, besteht die FLillung aus diesen 3 Verbindungen, etwa im Verhalt- niss ZNH,CI, C,HsN3. HCl, C,HsN3.

Page 9: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

v. Meyer: Ueber dimolekulare Nitrile u. ihre bbkomml. 89

Wurde der zuerst entstandene, chlorhaltige Niederschlag in Wasser suspendirt, mit Ammoniak bis zur schwach alkali- schen Reaction versetzt, dann filtrirt und aus heissem Wasser umkrystallisirt, so wurden Nadeln erhalten, die bei 157O zu schmelzen begannen , und deren Zusammensetzung der fur die Base C,H,N, gefundenen gleich ist.

0,1393 Grm. gaben 0,3352 Grm. CO, und 0,085 Grm. H,O. 0,1019 Grm. lieferten 25,3 Ccm. N bei 1 4 O und 748 Mm. Bar.

Berechnet: Gefunden : 65,31 65,62 O/,,

28,57 28,70 ,, . 6,12 6:75 ,,

die Ursache der Isomerie dieser Basen lassen sich Vermuthungen nicht aussprechen. Durch Erhitzen

C H N

Ueber gegriindete der niedriger schmelzenden mit Ealilauge wird die Verbindung von 222 a Schmelzpunkt gebildet.

Zur Ermittlung der Constitution dieser letzteren wurde ihr Verhalten zu s a l p e t r i g e r S a u r e erforscht. Fugt man zu der Losung der Base in verdiinnter Schwefelsaure, ohne zu erwiirmen, eine wassrige Natriumnitritliisung im Ueberschuss, so geht unter Entwicklung von Stickstoff folgende Umwand- lung vor sich:

C,H,N,-t-NOOH=H,O+N, +C,EI,N20. Die Verbindung C,H,N,O scheidet sich als weisse Pallung

ab, die aus Alkohol in Nadelaggregaten krystallisirt. Die hnalyse gab folgende Werthe :

0,094 Grm. gaben 0,223 Grm. CO, und 0,046 Grm. B,O. 0,117 Grm. gaben 19,4 Ccm. N bei 1 l 0 und 754 Mm. Bar.

Berechnet fur C,H,N,O: Gefunden : C 6486 6479 % H 5,41 5743 91

N 18,92 19,1 ,, . Eine Verbindung von gleicher Zusarnmensetzung und sehr

ahnlichen Eigenschaften ist von Ho l t z w a r t l) durch Zersetzung von Di-acetonitril mit siedendem Wasser dargestellt worden. An und fur sich war die Entstehung des g l e i chen Korpers aus der obigen Base mittelst salpetriger Saure wahrscheinlich. Jedoch hat der Vergleich beider bestimmte Verschiedenheiten ergeben. Da sie sich aber chemisch sehr ahnlich verhalten,

l j Dies. Journ. [ Z ] 39, 239.

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90 v. Meyer: Ueber dimolekulere Nitrile u. ihre Abkbminl.

so ist die Frage nach ihrer chemischen Constitution, somit auch nach der von der Base U,H,N,, noch schwieriger ge- worden und bisher ungelost geblieben.

Wahrend der aus der Base C,H,N, mit salpetriger Saure gewonnene Korper (=a) aus Wasser in kleinen Nadelchen krystallisirt, bildet der andere (=p) lange, glanzende Nadeln. Reide haben weder einen bestimmten Schmelz- noch Zersetzungs- punkt; bei CL liegt der letztere hoher: Iiber 260°, als der yon p , welche Verbindung sich schon nahe oberhalb 230° unter Schwarzung zu zersetzen beginnt.

Die Los l i chke i t beider in Wasser ist nahezu gleich, dagegen die in Alkohol betrachtlich verschieden:

100 Ccm. Alkohol losen bei 16O 0,09 100 ,, Wheser ,, ,, 16O 0042 0,05 ,,

f l B

0,54 Grm.

Beide Verbindiingen werden durch Erhitzen mit Losungen von salzsaurem Hydroxylamin , resp. Phenylhydrazin n ich t verbdert; daraus kiinnte man schliessen, dass Carbonylgruppen in ketonartiger Bindung darin wohl nicht vorhandcn sind.

Ohne einen bestimmten Beweis fur die Constitution der obigen Verbindungen beibringen zu konnen, lasst sich die Base: C,H,N, vielleicht mit H o l t z w a r t (a. a. 0. S. 237), wie folgt, formuliren:

CH3C = CHCN I

NH

CH, b =CHCN

Die Einsaurigkeit , die Bildung des Monoacetylderivates ist hiernach verstandlich. Die mit salpetriger Saure entstehende Verbindung ware dnnn :

CH, . C = CHCN

CH, . b = CHCN 6

Die dieser isomere lasst sich, dem Mesityloxyd analog, durch Condensation von 2 Mol. primiiren Cyanacetons ent- standen denken:

2CH3. CO CH,C = C . CN . COCR, - H 2 0 = CH,CN CH$X

Page 11: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

v. M ey er : Ueber dimolekulare Nitrile u. ihre BbkOmml. 9 1

Danach ist sie Dicyanmesityloxyd. Die von H ol t z w ar f daraus mittelst Fiinffach-Chlorphosphor erhaltene Verbindung C,H,N, sollte dann, wie folgt, formulirt werden:

CH,. C = C . CN CN.C= C.CH,'

3. D u r c h Add i t ion aus D i - a c e t o n i t r i l hervorgehende V e r b in dung e n.

Chlorwassers tof f verbindet sich mit Di-acetonitril, bei volligem Ausschluss von Wasser , zu einem weissen Salz, das amorph ausfallt, wenn das Dinitril in trocknem Benzol gelijst war. Nach Iangerem Stehen im Exsiccator (uber CaO und H,SO,) wurde der Chlorgehalt desselben zu 27,5°/1, ermittelt, wahrcnd die Verbindung: C,H,N, . HC1 29,90io C1 enthalt.

Mit Carbani l : C,H,N : CO, bildet Di-acetonitril, je nach Bedingungen, die noch nicht sicher ermittelt sind, verschiedene isomere Additionsprodukte. I n der Hoffnung, dass das Ver- halten des a- und b-Di-acetonitrils gegen Carbanil verschieden sein werde, wurden beide fur sich, in trocknem Benzol geliist, mit etwas mehr als 1 Mol. Carbanil gelinde ermarmt, und dann die Losungen im Vacuum eingeengt; der abgesaugte Krystailbrei gab, aus Weingeist umkrystallisirt , bei beiden Versuchen Nadeln (a) vom ungefahren Schmelzp. 121 ('-122 (die Substanz schmolz nie ganz scharf).

Ihre Analyse bestatigte, dass man es mit einer, durch Zu- sammentreten gleicher Molekiile der Ingredienzien entstandenen V erbindung zu thun habe.

1 . 0,1719 Grm gaben 0,4131 Gnn. GO, und 0,0911 Grm. H,O. 0,1121 Grm. lieferten 20,2 Ccm. N bei 15O und 752 Mm. Bar.

2. 0,1494 Grrn. gaben 26,85 Ccm. N bei 15O und 751 Mm. Bar. Berechnet fur Gcfunden :

1. 2. -

c, ,HI, N3O: c 65,67 63,54 "/o

N 20,9 20,89 20,75 Ole. Substanz 1 aus a-, Substans 2 aus @-Diacetonitril dargestellt.

Bei einem Versuche lieferte die Benzolliisung, nach Ab- saugen der zuerst abgeschiedenen Krystalle uud starkem Eindampfen, schone Blattchen, die, aus Aether umkrystallisirt,

- H 5,47 5,88 ),

Page 12: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

92 v. Meyer: Ueber dimolekulare Nitrile u. ihre Abkomml. hei etwa 150° schmolzen und den gleichen Stickstoffgehalt, wie obige Verbindung, besassen:

0,1017 Grm. gaben 17,8 Ccm. N bei l oo und 759 Mm. Bar.=21,3°/a N (berechnet 20,9 O,‘&

Derselbe Korper scheint durch Aufliisen von (a) (121 O-

1220 Schmelzp.) in Salzsaure iind Ausfallen mit Kalilauge zu entstehen (Schmelzp. 146O).

0,0563 Grm. gaben 10 Ccm. N bei 16 O und 750 Mm. Bar. = 20,5 o/e (berechnet 20,S0/, N).

Endlich wurde durch Zufall eine dritte Verbindung bei der Wechselwirkung von Diacetonitril und Carbanil erhalten, die sicher der ersten (a) gleich zusammengesetzt (polymer?) ist. Sie entstand durch Abdestilliren des Benzols und starkes Erhitzen des Riickstandes zum Syrup, der, mit Aether behan- delt, ein Pulver hinterliess, das aus Alkohol in schonen Kry- stallen vom 229 Schmelzp. erhalten wurde.

0,1628 Grm. gaben 0,3936 Grm. CO, und 0,094 Grm. H,O. 0,0816 Grm. gaben 14,8 Ccm. N bei 1 3 O und 752 Mm. Bar.

Berechnet fur C,,H,,N,O: Gefunden: C 65,611 65,9 “I, H 5,s 674 7 7

N 20,9 245 ,, . Die Ergebnisse dieser Versuche sind noch zu luckenhaft,

urn einen Schluss auf die Constitution dieser Korper zu ge- statten. Gewiss kommt einem derselhen (wohl a) die Formel:

CH, . C : N . CO . NHC,Ha I

CH,CN zu. Sodann ist eine Stereoisomerie denkbar.

Cyanamid und D i - a c e t o n i t r i l vereinigen sich nicht,, wie erwartet, zu einem Additionsprodukt, sondern unter Aus- tritt von Ammoniak und Aufnahme von Wasser zu einem Condensationsprodukt. Bringt man jene beiden in lauwarmer wgssriger Liisung zusammen und lasst im Exsiccator stehen, so scheiden sich feine Nadeln aus, die gegen 145O zu schmelzen beginnen, jedoch unter Zersetzung. Ihre Analyse fuhrte zu der Formel C,H,,N,O.

0,2008 Grm. gaben 0,418 Grm. CO, und 0,1018 Grm. H,O. 0,1828 Grrn. lieferten 46,2 Ccm. N bei 1 5 O und 760 Mm. Bar.

Page 13: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

v. M e y er : Ueber dimolekulare Nitrile u. ihre Abkomml. 93 Rereehnet:

C 56,84

N 29,47 H 5,3

Gefuoden:

536 7,

56,77

29,43 ,, . Die Entstehung dieser Verbindung lasst sich durch fol-

gende Gleichung ausdriicken, ohiie dass ihre Constitution da- durch ersichtlich wird:

2 C,H,N, -F CN . NH, + H,O = BH,N + C,H,,N,O. Durch Kochen dieser Verbindung wird Ammoniak, sowie

Kohlensaure frei , und es entsteht eine in Wasser schwerer losliche Verbindung, die in feinen Nadeln krystallisirt und gegen 230° sich zu zersetzen beginnt. Dieses Verhalten, sowie ihr Stickstoffgehalt (gefunden 19,O O i 0 , berechnet 18,92 Ole) lassen darauf schliessen, dass die oben (S. 90) besprochene, von E o ltzw a r t zuerst gefundene Verbindung C,H,N20 vorliegt, deren Entstehung sich, wie folgt, erklart:

C,H,,N,O + 2H,O = 2 NH, + GO, + C,H,N,O.

4. Einwirkung von Diazobenzo l sa l zen auf Di -ace to - n i t r i l und Abkommlinge desselben.

Da Verbindungen mit der Atomgruppirung i C . CEB,CN sich zuweilen mit Diazosalzen leicht umsetzen, so wurde diese Reaction mit Di-acetonitril und anderen Dinitrilen vorgenommen. Die Versuche wurden in der Regel so ausgefuhrt, dass man die weingeistige Lijsung des Dinitrils (1 Mol.), der uberschus- siges essigsaures Natrium zugesetzt war, mit der kalten, frisch bereiteten Losung von etwas mehr als 1 Mol. Diazobenzol- chlorid vermischte. - Bus Di-acetonitril bildet sich besonders

; sie sei Pheny l - CH,CO leicht die Verbindung

C(N,HC,H,)”CN hydrazoncyanace ton genannt. Unter besonderenBedingungen

scheint als erstes Produkt der Korper: C(N,HC,H,)CN’

CH,C(N E)

also Phenylhydrazon- diacetonitril, das jedoch leiiht in obige Perbindung ubergeht, zu entstehen.

Bei einem Versuche wurde ein aus gleichen Molekulen beider Hydrazone zusammmengesetzte Verbindung erhalten, zunachst als tief braune, aus Nadelchen bestehende Fallung, die, aus kochendem Wasser oder %us LigroIn krystallisirt,

Page 14: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

94 v. Meyer: Ueber dimolekulareNitrile u. ihre Abkamml.

gelbe, seideglanzende Nadeln von 165O Schmelzp. bildet. Ihre Analyse fuhrte auf die Formel

C,$,,N,O = CIoHIoN, + C,oH$,O* 0,122 Grm. gaben 28,4 Ccm. N bei 1 9 O und 751 Blm. Bar. 0,127 Brm. lieferten 0,300 Grm. CO, und 0,0615 Grm. H,O.

Berechnet : Gefunden : C 64,34 H 5,11 N 26,28

64,40 O / ,

26,43 ,, . 5,3 7,

Diese nur einmal in diesern reinen 'Zustande gewonnene Substanz verandert sich leicht, zumal durch Digeriren mit Salz- siiure! uncl geht in das Phenylhydrazon-cyanaceton (s. ob.) uber, welches bei der Wechselwirkung von Diacetonitril und Diazo- benzolchlorid meist direct entsteht. Die erste Reaction wird folgende sein:

+ HCI. CH,C(NH) C H S C W ) -b C,H,N,Cl =

CH,CN C(N, HC,H,)CN

Das so entstandene Phenylhydrazon - diacetonitril erfahrt leicht unter Austausch des Imids gegen Sauerstoff Zersetzung,

CH,CO so dass Phenylhj~drazoncyanaceton ge- C(N,EC,H,)CN bildet wird. Das letztere, aus obigem Prod& dGch Umkry- stallisiren aus salzsaurehaltigem Alkohol gewonnen, bildet hell- gelbe, seideglanzende Nadeln , die, sehr ahnlich der obigen Verbindung, bei 1 66 O-167 O schmelzen. Dasselbe wurde direct durch Vermischen der Losungen beider Ingredienzien ohne Zusatz von Natriumacetat erhalten, in Folge der Gegenwart freier Salzsaure.

Die Zusammensetzung des P hen yl h y d r az o n c y ana c e - - -

erhellt auf folgenden Analysen: CH,CO tons : 1: (N,HC,H,)CN 0,528 Grm. lieferten 1,239 Grm, CO, und 0.2087 Grm. H,O. 0,242 Grm. gabcn 47 Ccm. N bei 16O und 752 Mm. Bar. 0,1061 Grm. gaben 20,9 Ccm. N bei 17,5O und 750 Mm. Bar. 0,192 Grrn. lieferten 37 Ccm. N bei 14O und 757 Mm. Bar.

Berecb.net fur C,,H,N,O: Gefunden : c 64,2 64,O - Y

I1 4,s 494 7, - -

N 22,46 22,4 2?,53 22,5 Ole. Die 2 letzten Stickstoff bestimmungen warden mit Substmzen an-

derer Darstellung ausgefuhrt.

Page 15: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

v. M e y e r : Ueber dimolekulare Ni trile 11. ihre Ab komml. 95 Ein Versuch, durch Einwirkung von Chlorwasserstoff auf

die alkoholische Losung dieses Hydrazons das Cyan in Carb- oxathyl umzuwandeln, ergab, dam die Verbindung dabei keine Veranderung erleidet. -

CH,CO Urn die Retonnatur des Karpers: C(N,HC,E,)CN zu beweisen, wurde er init alkoholischem Phenylhydrazin einige Zeit erhitzt; die beim Erkalten abgeschiedenen Nadeln hatten zwar keinen scharfen Schmelzpunkt (162 O-170 O), doch einen Stickstoffgehalt, der auf daa erwartete Osazon:

stimmt. OH,C(N,HC,H,) &HC,H,)CN

0,165 Grm. gaben 35,5 Ccm. bei 15 O und 755 Mm. Bar. = 25,05°/0 N,

Die Zahlen fur Kohlenstoff wurden in Folg-p ungewohnlicher Schwer-

Das Phenylhydrazoncyanaceton ist in Alkalien leicht 15s- Da seine Constitution an die des Phenylhydrazoncyan-

berechnet 25,OS ' lo.

verbrennlichkeit zu niedrig gefunden.

lich.

, erinnert, von dem Kr i i cke - COOC,E5 C(N,HC,H,)C N

essigesters: .

berg1) zwei Modificationen, eine stabile und eine labile, dar- gestellt hat, 80 wurde gepriift, ob in ahnlicher Weise, wie bei Darstellung der letzteren, durch Falien der Alkalilosung mit Kohlensaure oder mit Salzsaure zwei isornere Phenylhydrazon- cyanacetone erhalten wiirden. Der Versuch lehrte, dass in beiden Fallen die g le iche Verbindung (166O-167O Schmelzp.) entstand. ~.

Aus Cyanace toxim: CH3C(N0H), entsteht durch Ein- CE,CN

wirkung von Diazobenzolchlorid (in schwach salzsaurer Losung) ebenfalls das obige Phenylhydrazoncyanaceton:

0,1196 Grm. lieferten 0,2816 Grm. CO, und 0,0558 Grm. H,O = 64,210 C und 5,18°/0 H, berechnet 64,2O/, und 4,S0/,.

Das aus dem Cyanacetoxim entstehende isomere Methy l - is ox az ol o n imi d z, tritt rnit Diazobenzolchlorid in kalter,

I) Dies. Journ. [2] 49, 321. 2, Burns, dies. Journ. [Z] 47, 121.

Page 16: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

96 v. M eyer : Ueber dimolekulare Nitrile u. ihre Abkilminl. wassriger Lijsung in Wechselwirkung unter Abscheidung eines gelben Xederschlages, der aus wassrigem Alkohol in Blattchen krystallisirt , die gegen 119 O (unter geringer Zersetzung?) schmelzen. Ihre Analyse zeigte, dass das erwartete Phenyl- hydrazonderivat entstanden war, gemiiss der Gleichung :

c-c : NH + C,H,N,CI = HCI + -C : NH. 1 1

H, NeHCI3H5

0,1351 Grm. gaben 0,2959 Grm. CO, und 0,0639 Grm. H,O. 0,1005 Grm. gaben 25,3 Ccm. N bei 230 und 749,5 Mm. Bar

Berechnet fur C,,H,,,RT,O : Gefunden: C 59,40 5997 "I, H 4,93 5725 77

N 27,72 27,95 ,, . 1st die Constitution dieser Verbindung so, wie oben an-

genommen, so kann erwartet werden, dass durch Einwirkung von Salzsiiure das h i d (NH) durch Sauerstoff ersetzt wird. Der Versuch bestatigte diese Voraussetzung. Kach langerem Erwarmen des Korpers mit Salzsaure, wobei zuerst die gelbe Farbe in orange umschliigt, und nach dem Auswaschen mit Wasser werden gelbe Blattchen von 188 O- 189 O Schmelzpunkt erhalten, die ohne Zweifel mit der von K n o r r l ) aus Ketb- methylisoxazolon und Diazobenzolchlorid dargestellten Ver- bindung:

CH,C = N c-CO >o II N*HC,H,

identisch sind, fur die er den Schmelzp. 189O angiebt. Ihre Be- ziehung zu der obigen Imidoverbindung ist ohne Weiteres klar.

046 Grm. gaben 0,2275 Grm. GO, und 0,0448 Grm. H,O. 0,0918 Grrn. lieferten 16,8 Ccm. N bei 14O und 744 Mm. Bar.

C 59,11 59,31 ''I0

N 20,7 21,05 ,,.

0,l

Berechnet fur C,,,H,N,O, : Gefunden :

H 4,43 4,85 77

l) Ber. 27, 1174,

Page 17: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

v. Me yer: Ueber dimolekulsre Nitrile u. ihre Abkomml. 97 5. E i n w i r k u n g von H y d r a z i n s u f D i - a c e t o n i t r i l .

Nach den Erfahrungen uber die Wechselwirkung dcs Dincetonitrils mit salzsaurem Hydroxylamin l ) oder €'hen$- hydrazin konnte man erwarten , dass Lhnliche Ergebnisse mittelst Eydrazins erzielt wurden: das Hydrazon des Cyan-

acetons : cH3c ' ' * NH2, bezw. die durch intramolekulare Um- CH.CN a

. >NR CH,C : N wandlung duraus hervorgehende Verbindung:

CHz. C : KH sollten entstehen. Das ist jedoch n i c h t derFall, wie die folgenden Versuche lehren: bei Anwendung von schwefelsaurem Hydrazin treten stets, auch wenn das Hydrazinsalz im Ueberscliuss ist, 2 Mol. Di-acetonitril mit 1 Mol. Hydrazin in Wechselwirkung; je nach den Bedingungen gelingt es, drei isomere Verbindungen von der Zusammensetzung : C,H,,N, zu gewinnen.

Diacetonitril (1 Mol.) wird in miiglichst wenig lauwarmem Wasser gelost, filtrirt utid zu einer klaren LGsung von schwefel- saurem Hydrazin (1 l/, Mol.) in verdunntem Ammoniak gefugt j nach 12 stundigem Stehen sind weisse Nadeln abgeschieden (Substanz A). Aus der Mutterlauge dieser erhalt man durch Neutralisiren mit verdiinnter Salzsaure eine weitere Pallung weisser Nadeln, die sich als obiger Verbindung isomer erweisen (Substanz B). Beide Kiirper gehen durch Behandeln mit con- centrirter Salzsaure in eine dritte Isomere (Substanz C) uber.

S u b s t a n z A: C,H,,N,. Nach dem Umkrystallisiren aus Benzol schmolz die Ver-

bindung bei 85O, ebenso die direct erhaltene und getrocknete; sie ist in Wasser ziemlich schwer lSslich, leicht in Benzol, Alkohol; von kalter, verdunnter Salzsaure wird sie leicht auf- genommen und durch Natronlauge unverandert abgeschieden (Schmelzp. 85,5O).

0,2462 Grm. gaben 0,5313 Grm. CO, und 0,1418 Grm. H,O. 0,1578 Grm. lieferten 46,4 Ccm. N bei 10" und 746 Mm. Bar.

Berechnet : Gefunden : C 59,25 58,85 O/,,

N 34,58 34,50 ,,. H 6,17 6740 >,

1) Burns, dies. Journ. [a ] 47, 120. Journal f. prakt. Chemie [Z] Bd. 5'2. 7

Page 18: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

98 v. Meyer: Ueber diinolekulare Nitrile u. ihre Abkijmml.

Die direct ausgeschiedene Verbindung A gab, exsiccator- Mol. Erystallwasser trocken, Zahlen, die auf den Gehalt von

schliessen lassen. Gefunden: N = 32,95, H = 6,77, Berechnet: S = 32,75, H = 6.45.

Ihre Salzsaurelosung giebt mit Platinchlorid kein schwer losliches Doppelsalz. Wird die Base (A) mit concentrirter Salzsaure gekocht, so erfahrt sie theilweise eine tiefere Zer- setzung: die Bildungvon Ammoniak, aber n i c h t vonHydraz in , ist nachzuweisen. Ein Theil der Verbindung ist dabei in ihre Isomere C iibergegangen, die aus der Losung durch Ammo- niak ausgefallt wird (5. unten). - Mit verdiinnter Natronlauge erhitzt, entwickelt A Ammoniak.

S u b s t a n z B: C,H,,N,. Diese, wie oben angegeben, dargestellte Verbindung schmilzt,

ohne zuvor unikrystallisirt zu seia, bei 105O, aus Benzol abge- schieden bei 107 O ; sie veriindert ihren Schmelzpunkt schon nach langerem Verweilen im Exsiccator, sowie durch mehr- maliges Umschmelzen. Sie ist in Wasser ziemlich leicht, in Benzol schwerer (als A) loslich. Ihre neutral reagirende wass- rige Losung reducirt Silbernitrat, noch leichter auf Zusatz von Ammoniak.

A n a i y s e der aus Benzol umkrystallisirten Substanz: 0,2007 Grm. gaben 0,436 Grm. CO, und 0 , t l S Grm. H,O. 0,112t Grm. lieferten 33,s Ccm. N bei 9 O und 756 Nm. Bar.

Berechnet fiir C,H,,N,: Gefunden: C 59,25 59,24 H 6,17 6,38 11

Verdiinnte Salzsaure lost die Verbindung schwierig ; es fehlen ihr also basische Eigenschaften. Concentrirte Salzsaure nimmt sie dagegen leicht auf, jedoch nicht ohne Veranderung, da durch Ausfallung mit Natronlauge (ohne Ammoniakentwick- lung) die isomere Verbindung C erhalten wird.

S u b s t a n z C: C,EB,oN,. Ihre Entstehung wurde schon angedeutet, und zwar bildet

sie sich Jurch Eindampfen der salzsauren Losungen von A, leichter noch aus B durch Stehen der coricentrirten salzsauren

N 34,58 34,82 ,, .

Page 19: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

v. Meyer : Ueber dimolekulare Nitrile u. ihre Abkomml. 99

Losung, sowie durch Eindunsten dieser, wobei theilweiqe Ab- spaltung von Amrnoniak erfolgt. Als Base wird C durch Natronlauge oder Ammoniak ausgefallt. Bus Benzol umkry- stallisirt bildet diese Verbindung Nadeln von 200O- 201 " Schmelzp., ist leicht in heissem, schwer in kaltem Wasser und Benzol loslich.

0,1933 Grin. gaben 0,4304 Grm. CO, und 0,1124 Grin. H,O. 0,182 Grm. lieferten 54,4 Ccm. N bei 90 und 739 Mm. Bar.

C 59,25 59,19

h' 34,58 34,90 ,, .

Berechnet fur C,H,,N,: Gefunden :

H 6 , l i 6930 1,

Die Base C ist die bestandigste von den 3 Isomeren; ihre salzsaure Losung kann ohne Veranderung eingedampft werden. Mit Platinchlorid versetzt , giebt sie, auch stark verdiinnt, ein schwer losliches Doppelsalz, das gelbe, rhombische Krystalle bildet uud die Zusammensetzung : (C,H,,N4. HCl),PtCl, hat

0,2542 Grm. gaben 0,0676 Grm. Pt = 26,59 O/, Pt, berechnet 26,47 %. Urn woinoglich Einblick in die Constitution der drei Iso-

meren zu gewinnen, wurden folgende Versuche angestellt. Die Einwirkung von s a l p e t r i g e r Si iure auf die Verbin-

dungen (in verdiinnt schwcfelsaurer Losung) lieferte nur mit A ein positives Ergebniss ; hierbei wurde eine orangerothe Eal- lung erhalten, die, aus Alkohol umkrystallirt, rhombische Prismen bildet; sie schmelzen unter Zersetzurig bei 213".

Nach der Analyse hat man es mit einem Spaltungs- und zugleich Condensations-Produkt zu thun , dem vielleicht die Zusammensetzung: C,H,N, zukommt. Ueber die nahere Con- stitution laisst sich Nickits sagen.

0,1149 Grm. gaben 0,2415 Grm. C02 und 0,0525 Grm. H,O. 0,1346 Grm. gaben 0,2823 Grm. CO, und 0,061 Grm. H,O. 0,0789 Grm. lieferten 25 Ccm. N bei 6 O und 753 Blm. Bar.

C 57,53 57,32 57,20 O/,

H 4 , l l 5,07 5,05 ,, N 38,36 38,25 O / " .

Noch besser , zumal im Hinblick auf deu Waaserstoffgehalt etimmt die Formel (C,H,?4J2, der 57,14°/0 C, 4,7641, H , 38,1O0,lO N entspreehen.

Durch Wechselwirkung mit D iazob enzolsu l fa t lieferte die obige Verbindung B eine gelbe Verbindung, die, aus Alkohol

Berechnet fur C,H,N,: Gefunden :

7+

Page 20: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

100 v. Meyer: Ueber dimolekulareNitrile 11. ihre Abkbmml. oder Aceton umkrystallisirt, schone Nadeln von 167 O Schmelzp. bildete. Letzterer, sowie das Aussehen dieses Korpers liessen vermuthen, dass das Phenylhydrazon-Cyanaceton (s. oben S . 94) entstanden sei; die Analyse brachte die Gewissheit , dass dem so sei.

0,2767 Grm. gaben 0,6561 Grm. CO, und 0,1229 Grm. €&O. 0,1564 Grm. lieferten 29,6 Ccm. N bei 6O und 752 Mm. Bar.

C H N

Gefunden: CHsCO Berechnet f ir

C(N*HC,II,)CN ' 64,2

22,46 4,8

6421 9,0 4990 7 ,

22,80 ,, . Eine von den drei isomeren Verbindungen (A, B, C) be-

sitzt, nach der Entstehungsweise aus Diacetonitril zu schliessen, CH,C=N--N=CCE3 gewiss die Constitution: ist also das

CH,CN CH,CN' Azin') des Cyanace tons , dessen Bildung aus 2 Mol.Diaceto- nitril und 1 Mol. Hydrazin unter Austritt von 2 Mol. Am- moniak erfolgt:

CH,C= NH CH, C=N-N=CCHs 2 4- H,N-!SH,=2NH, +

CH,CN CH,CN CH,CN'

Ob von dieser Verbindung etwa eine tautomere Form existirt , oder ob die Condensation zwischen Diacetonitril und Hydrazin auch in ariderer Weise vor sich geht, lasst sich bis- lang nicht entscheiden. E s wgre z. B. wohl denkbar, dass zuerst das normale Eydrazon des Cyanacetons entsteht, welches sich nach folgender Qleichung unter Ammoniakabspaltung mit Diacetonitril vereinigt :

CH,C=N. NH, CH,CN CH,C=N-CHCN = H3N + CH,CN c(NH)". CH,.

f ' CH,CN C(NH)". CH,

Die bisherigen Versuche gewahren noch keinen Einblick in die Constitution der drei isomeren Produkte der Reaction von Hydrazin auf Diacetonitril. - Die mit anderen Dinitrilen und Hydrazin angestellten Versuche haben bislang kein be- stimmtes Ergebniss geliefert.

') Vergl. Curt ius u. T'hun, dies. Journ. [2] 44, lslff., uber Ketazine.

Page 21: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

v. Meyer: Ueber dimolekulnre Nitrile u. ihreAbkbmm1. 101

6. Einwi rkung von Benza ldehyd auf D iace ton i t r i l . Die Wechselwirkung beider Karper wurde in Eisessig-

losung unter Zufiigen von Salzsaure vorgenommen, und zwar so, dass 1 Mol. Diacetonitril, in der 4 fachen Menge Eisessig gelijst, mit etwa 11/ , Mol. Benzaldehyd vermischt wurde, worauf allmahlicher Zusatz von rauchender Salzsaure (etwas mehr als 1 Mol. HC1) erfolgte. Sofort machte sich eine Reaction be- merklich, sowohl durch Warmeentwicklung, als durch Aus- scheidung eines krystallinischen Niederschlages, der sich all- mahlich vermehrte. Nach mehrtagigem Stehen filtrirt , mit Wasser zur Entfernung des Chlorammoniums gewaschen, stellt derselbe weisse Nadeln dar , die, aus Alkohol umkrystallisirt, bei 205O--206 O schmelzen; sie sind in Wasser nicht, in Aether und Benzol schwer loslich. Wie sich aus der Analyse dieser Verbindung ergiebt, ist sie aus 2 Mol. Diacetonitril und 1 Mol. Benzaldehyd unter Austritt von Ammoniak und Wasser (je 1 3101.) entstanden:

2C4H6N, i C,H,O = C,,H,,N, + NH, -t H,O. 0,1495 Grm. gaben 0,4155 Grm. CO, und 0,076 Grm. H,O. 0,3194 Grm. gaben 0,8924 Grm. CO, und 0,1406 Grm. H,O. 0,2065 Grm. lieferten 30,6 Ccm. N bei S O und 756 Mm. Druck. 0,342 Grm. lieferten 51,s Ccm. N bei 14O und 761 Mm. Druck.

Berechnet : Gefunden: C 76,60 75,s 76,2 ' lo H 5,53 576 4,9 ), N l7,87 17,8 17,s 1 ) .

Bei der 2. Verbrennung ging eine geringe Menge Wasser durch Versehen verloren; die Substanz ist sehr schwer verbrennlich.

Angesichts der Neigung des Diacetonitrils , sich leicht unter hustritt von Ammoniak zu der Base: C,&N, (s. oben S . 87) zu condensiren, ist es nicht unwahrscheinlich , dass obiges Produkt C,,H,,N, aus gleichen Molekulen jener nasci- renden Base und Benzaldehyd hervorgeht (unter Austritt von 1 Mol. Wasser). - Die noch unvollstandigen Versuche, diese Ansicht zu begrunden, sollen noch fortgesetzt werden.

Eine andere Verbindung entsteht, wenn Diacetonitril und Benzaldehyd in alkoholischer Losung durch Zusatz von wenig Natriumgthylat (in Alkoho? gelost) zur Condensation gebracht

Page 22: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

102 Y. MeIclr: Ueber dimolekulareNitrile u. ihre Abkomnil.

werden. Das in Nadeln sich ausscheidende Produkt hatte nach dem Umkrystallisiren der Schmelzp. 201 O--202 O , gab aber bei der Analyse andere Zahlen, als die obige Verbindung:

C 70,65 Of,, und 70,95 O J b .

I1 6,97 ,, und 7 , l ,, , N 19,22 ,, und 19,s ,,.

Uurch Behandeln desselben mit massig verdiinnter Schwcfel- saure wurde es voluminijs; abfiltrirt und aus Alkohol umkry- stallisirt, bildet dieser Korper schoiie, bei 207 O schmelzende Nadeln; er ist nach der Analyse identisch rnit dem oben be- schriebenen (Schmelzp. 205°-2060).

0,1055 Grm. gaben 0,2973 Grm. CO, und 0,0579 Grm. H,O. 0,1004 Grm. lieferten 14,8 Ccm. N bci 11,5O und 754 BIm. Druck.

Berechnet: Gefundeii : C 76,60 76,s O1,

H 5,53 6105 I ,

N 17,87 17,4 7 , -

Zahlreiche Versuche, Diacetonitril mit andern Aldehyden (0 - und m - Nitrobenzaldehyd , Salicylaldehyd) sowohl durch Salzsaure, als Natriumathylat zu condensiren, fiihrten zwar zu gut krystallisirenden Verbindungen, jedoch liess sich bislang ein klares Bild der dabei sich abspielenden Vorgange nicht gewinnen. Diese Versuche, sowie solche uber die Condensation von Dinitrilen mit Ketonsaureester, Diketonen sind im hiesigen Laboratorium in Arigriff genonirnen worden.

Dass Benzaldehyd rnit Benzoacetodinitril, das dem Diaceto- nitril analog zusammengesetzt ist, anclers reagirt, ist weiter miten naher ausgefiihrt.

C2Hj. C : NH 11. D i - p r o p i o n i t r i 11) : CEI~CHJCN *

Dasselbe besteht nach meinen Versuchen nur in der einen Form: Tafeln von 47O-44bo Schmelzp. Sein chemisches Ver- halten ist , ausser in den unten citirten Abhandlungen, von B u r n s untersucht worden. Vergleicht man das Verhalten des Dipropionitrils mit dem des Di-acetonitrila, so zeigt sich mancher

I) Vergl. E. v. Meyer , dies. Journ. [2] 38, 336; 39, 190. H a n r i o t u. B o u v e a u l t , Bull. [3J 1, 170 u. 548.

Page 23: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

v. Rleyer: Ueber dimolekulare Nitrile n. ihre Abkomrnl. 103

bedeutende Unterschied, trotz der gleichartigen Constitution beider Korper. Dass die Zersetzung derselben durch Wasser, Xineralsauren verschieden verlauft, ist auf die Unbestaiidigkeit des au? Diacetonitril entstehenden Cyanacetons zuriickzufiihren, wahrend das aus Di- Propionitril hervorgehende Cyandiathyl- keton bestandiger ist. Das ungleiche Verhalten beider Dinitrile gegen Benzoylchlorid, sowie Hydroxylaniin muss dagegen an- dere Ursachen haben.

Auch bei der Bearbeitung des Dipropionitrils in der beim Diacetonitril oben beachriebenen Richtung stosst man auf Ver- schiedenheiten, iiisofern sich nur schwierig oder gar nicht fass- bare Produkte gewinnen lassen. So konnten weder durcli Einwirkung von Halogenen, noch durch die von Chlorkohlen- saureather I), Phosgen, Carbanil, Benzaldehyd brauchbare Ver- bindungen erzielt werden. Auch Hydrazin (in Form des Sulfats, sowie als Hydrat in Losung) lieferte kein Produkt, wahrend es mit grosster Leichtigkeit auf Diacetonitril reagirte. Nur die Wechselwirkung von Di - propionitril mit Diazobenzolchlorid fiihrte zu einem bestimmten Ergebniss:

Durch Vermischen der weingeistigen, mit Natriumacetat versetzten Losung des Dinitrils mit waissrigem Diazobenzolchlorid entstaiid allmahlich ein krystallinischer , gelber Niederschlag, der, nach Digeriren mit Aether, sich unter dem Mikroskop als einheitlich erwies: Prismen von 151 O Schmelzp., deren Analysen auf die Zusammensetzung: C,, H,,N, anniihernd stimmten.

0,152 Grm. gabeu 0,378 Grm. CO,. 0,215 Grm. gaben 0,536 Grm. CO, und 0,111 Grm. H,O. 0,2085 Grm. lieferten 45,4 Ccm. X bei 14" und 766 Mm. Bar.

C 67,30 67,8 68,O O 0

5,s 1 ,

25,s ., .

Berechnet fur C,,H,,N,: Gefunden :

tI 6,55 - s 26,15 -

') In gleicher Weise, wie Diacetonitril, mit Clilorkohlensiiureiither im Rohr auf 100 erwarmt, reagirtc Dipropionitril scheinbar ahnlich, doch loste sich das zuvor mit Aether behandelte Produkt klar in W'asser und enthielt ausser Chlorammonium das 8aIz einer fluchtigen, stark narkotisch riecbenden Base, die bisher nicht zii gewinnen war. Im Rohr war eehr starker Druck.

Page 24: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

104 v. M e 1 e r : Ueber diniolekulare Nitrile u. ihre Abkiimml.

Die Entstehung einer solchen Verbindung erhellt aus der Gleichung :

C,H,,N, i- C,H,N,Cl= HC1 f Cl2H,,N2. wurde ein ahn-

liches, jedoch in Aether leichter losliches Produkt gewonnen, das aus Alkohol in braunen, glanzenden Nadeln von 149O Schmelzpunkt bildete. Nach seinem Stickstoffgehalt scheint es gleich zusammengesetzt zu sein:

0,206 Grm. gaben 46,2 Ccm. N bei 1 5 O und 751 Mm. Bar. = 25,95 o/o

N, berechnet 26,15 o/io.

D a diese Verbindungen von Salzsaure nicht verandert werden, entspricht vielleioht ihre Constitution folgender Formel:

Bei einem zweiten und drilten Yersuche

C H C = N j I

CN CH, . C--N . NHC,H,.

111. A c e t o p r o p i o - d i n i t r i l , wahrscheinlich CH, . C(NH)

C E€(OH,)CN ' also I m i d o a c e t y l p r o p i o n it r i l , ist auf meine Veranlassung von 0. P r o bs t dargestellt und untersucht worden.')

Dasselbe, zwischen Di-aceto - und Di-propionitril stehend, bildet sich unter geeigneten Bedingungen durch Behandeln eines i n vierfacher Menge Aether gelosten Gemisches von gleichen Molekiilen Aceto- und Propionitril mit Natrium (resp. 12,3 Grm., l6,5 Grm. und 9 Grm.). Der Xederschlag wird, wie bei Darstellung des Diacetonitrils in Wasser eingetragen; man schiittelt dann mit Aether am, der ein braunes Oel hinterlasst, dus nach mehrtagigem Stehen gut, ausgebildete Krystalle (Wurfel) ausscheidet. *) Diese, rnit wenig Wasser gewaschen

l) Bezuglich der Einzclheiten vergl. seine Disser ta t ion : ,,Zur Kennt- niss der dimolekularen Nitrile", Leipzig 1894.

Iias Verhalten des schliesslich bleibenden Oeles lehrte, dass es ein Gemisch von Diaceto- und Dipropionitril ist, deren Bildung aus den angewandten Nitrilen sich ohne Weiteres versteht. Durch Kochen mit Wasser murden daraua die gleiehen Produkte erhalten , wie bei Anwen- dung der beiden Dinitrile: als fliichtige Verbindungen Ammoniak, 131au- siture, Cyanditithylketon, und im Ruckstand der aus Diacetonitril hervor- gehendeKorper C,H,N,O (gefunden C = 65,09',,, H = 5 , 5 O i O , N = 18,72O/,, berechnet C = 64,86O/@, H = 5,4OiO, N = 18,9 o/o) .

Page 25: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

v. Meyer: Ueber dimolekulareNitrile u. ihre Abkiimml. 105

und aus Alkohol umkrystallisirt, haben den Schmelzp. 113O und die Zusammensetzung des Acetopropiodinitrils: C,H,N,.

0,112 Grm. gaben 0.2578 Grm. GO, und 0,089 Grm. H,O. 0,1106 Grm. lieferten 26,8 Ccm. N bei 6 O und 752 Mm. Bar.

Berechnet fur C,H,N,: Gefundcn : C 62,50 62,75

ls 29,16 29,20 ,,. 13 8,34 8,82 17

Aus dem Acetopropiodinitril ein Oxim (mittelst Hydroxyl- amin) zu gewinnen, gelang nicht. Auch der Versuch, durch Zersetzung des Acetopropiodinitrils mit kochendem Wasser Aufschluss zu gewinnen, ob dasselbe sich wie Diaceto- oder wie Dipropio-nitril verhielte, fuhrte zu keinem bestimmten Er- gebnise.

Mit Benzoylchlor id wurde ein Monobenzoylderivat erhalten unter gleichen Bedingungen, bei denen Diacetonitril ein D i benzoylderivat l) lieferte. Das aus heissem Weingeist umkrystallisirte Produkt bildet weisse Nadeln yon 98 o-lOOo Schmelzpunkt.

0,1013 Grm. gaben 0,2667 Grm. CO, und 0,0586 Grm. H,O. 0,1022 Grm. lieferten 12 Ccm. N bei 1 I o und 763 Mrn. Bar.

Berechnet fur C,H,(COC,H,W, : Gefunden: C 72,OO 71,80 ' i0 H 6,OO 6,42 > 7

Hiernach scheint das Acetopropiodinitril sich dem Dipro- pionitril analog zu verhalten ; doch ist das obige Benzoylderivat gegen Kalilauge unbeetandig, spaltet Ammoniak und Benzoe- saure ab, wahrend das Benzoyldipropionitril nach B u r n s (a. a. 0. S . 107) dadurch n i c h t verandert wird.

N 14,OO 14,05 ,, .

w a r t zuerst dargestellt , ist sodann von Burns2 ) in seinem Verhalten zu Benzoylchlorid, Hydroxylamin und Phenylhydrazin erforscht worden.

Das Benzoacetodinitril verhalt sich dem ganz gleichartig

I) B u r n s , a. a. 0. S. 112. 2, A. a. 0. 8. 119ff., 123, 132

Page 26: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

106 v. Meyer : Ueber diniolekulare Nitrile u. ihreAhkijmm1.

constituirten Di-acetonitril: CH3C(NH) zwar in manchen Fal- CH,CN

len ahnlich , bei inehreren Reactionen jedoch verschieden, wie sich dies schon in seinen Umwandlungen durch Benzoylchlorid, salzsaures Hydroxylamin gezeigt hat (Burn 8).

Auch gegen W a s s e r verhiilt es sich anders, als Diaceto- nitril: von siedendem Wasser wird es kaum angegriffen; erst durch Erhitzen auf 12Oo-13O0 (im Einschlussrohr) erf&hrt es Zerlegung in Ammoniak und Cyanacetophenon, welches zum Theil sich unter Aufnahme von 2 Mol. Wasser in Kohlen- saure, Ammoniak und Acetophenon spaltet:

C,H,C(NH) C6H5C0 + H,O = NH, + CH,CN UH,CN

C,H,CO C6H,C0 + 2H,O = NH, + CO, + CH,CN CH,

Blausaure bildet sich dabei gar nicht . - Verdiinnte Mineralsauren bewirken schon bei gewohnlicher Temperatur die Umwandlung des Benzoacetodinitrils in Cyanacetophenon (80° Schmelzpunkt) und Ammoniak.

Mit C a r b a n i l in Benzollosung erhitzt, verbindet sich das Benzoacetodinitril erst bei erhohter Temperatur: 125 *. Die abgeschiedenen Nadeln, aus Alkohol umkrystallisirt, schmelzen gegen 192O, losen sich weder in Sauren, noch in Alkalien.

0,1099 Grm. gaben 0,2932 Grm. CO, und 0,0537 Grm. H,O. 0,0929 Grm. gaben 12,9 Ccm. N bci 120 und 741 Jim. Bar.

Gefunden : C H CNH

Berechnet fur ' ' . CH,CN * C,H,NCO

C H ?r'

73,OO

16,OO 4,94

72,71 o/o

16,06 ,, . 5,413 7,

Durch Einwirkung von Chlorwassers tof fgas auf Benzo- acetodinitril in alkoholischer Losung bis zur Sattigung schieden sich Erystalle aus, die als Chlorammonium erkannt wurden; das mit Wasser vermischte Filtrat gab eine weisse Fallung, die mit alkoholischer Natronlauge erhitzt, lange, weisse Nadeln von 144O Schmelzp. lieferte. Nach der Analyse ist diese Ver- bindung, analog der aus Diacetonitril durch Hochen mit Wasser

Page 27: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

v. Meyer: Ueber dimolelidaxe Nitrile u. ihre Bbkbmml. 107 erhaltenen, durch Condensation von 2 Mol. Cyanacetophenon unter Austritt von 1 Mol. Wasser entstnnden:

2C,II,. C O . CH,CN = €I,O + C,,H,,N,O.

0,1916 Grm. gaben 0,5542 Grm. CO, und 0,0892 Grm. H,O. 0,2027 Grm. gaben 0,5!113 Grm. CO, und 0,1006 Grm. H,O. 0,2203 Grm. lieferten 19,5 Ccm. N bei l o o und 763 Mm. Bar.

Berechnet fur C,,H,,N,O: Gefunden: C 79,40 78,SO 79,50 o’o H 4,41 5,15 5,50 ,, N 10,30 10,64 -

Gegen Diazo benzolchlor id zeigt das Benzoacetodinitril ein dem Diacetonitril ahnliches Verhalten, insofern unter den oben (S. 93) angegebenen Bedingungen besonders leicht die - -

Verbindung : C,H;CO ? also P h e n y l h y d r a z o n - C(N,HC,H,)CN

cyanace tophenon enkeht . -Die allmaihlich ausgeschiedene ljraune Masse liefert durch mehrmaliges Umkrystallisiren aus Alkohol schone gelbe, bei I35 O schmelzende Nadeln. Diese Verbindung hat die Eigenschnften einer Saure, lost sich mit gelber Farbe in Ammoniak, bildet ein in fi adelchen krystalli- sirendes Silbersalz. Urn zu priifen, ob etwa das Hydrazon in zwei Modificationen besteht (vergl. S. 95), wurde seine Losung in Alkali theils mit Salzsiiure , theils mit Kohlensaure gefallt: in beiden Fallen bildete sich die g l e i che Verbindung.

0,1485 Grm. derselben gaben 0,3945 Grm. CO, und 0,0685 Grm. H,O 0,123 Grm. lieferten 18,4 Ccm. N bei Z O O und 756 Mm. Bar.

Berechnet fur C,,H,,N,O: Gefunden: G i2,3 72,3 OI, H 4,5 5,o 1 ,

N 16,9 1790 9 , .

Mit Benza ld ehy d condensirt sich das Benzoacetodinitril unter Austritt von Wasser zu einern sauerstofffreien Produkte, vielleicht nach der Gleichung:

C,H,CX + C6H5COH = H,O + C,H,C(NH) CI-I‘CN >C H C,H, .

ca . CN Es zeigt sich also ein anderes Verhalten, als bei der

Wechselwirkung von Diacetonitril und Benzaldehyd (vergl. S, lO l ) , obwohl unter den gleichen Bedingungen gearbeitet

Page 28: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

108 T. Me y e r : Ueber dimolekulareNitrile u. ihre Abkomiul. wurde (in Eisessiglosung unter Zusatz von Salzsaure). Das Produkt : B enz y l i d e n -Ben z o a c e t o dini t ril ist in Wasser nicht, in Aether kauni, in Alkohol wenig loslich. Bus kochen- dem Weingeist krystallisirt es in rhombischen Blattchen, die bei etwa 260° schmelzen.

0,1235 Grm. gaben 0,3735 Grm. CO, und 0,0545 Grm. H,O. 0,1175 Grm. lieferten 12,4 Ccm. N bei 20° und 746 Mm. Bar.

C 82,75 82,50 H 5,18 4,90 ,, N 12,07 11,85 ,, . Die Substam ist sehr schwer verbrennlich.

Berechnet fur O1,H,,N, : Gefunden :

Durch Einwirkung von Hydraz in auf Benzoacetodinitril konnten bislang keine bestimmten Ergebnisse erzielt werden.

S a l p e t r i g e S a u r e , die zwar auf alle Dinitrile einwirkt, doch meist amorphe, unhandliche Produkte liefert, reagirt auf das in Alkohol geloste Benzoacetodinitril unter Bildung kry- stallinischer Verbindungen: zunachst scheidet sich eine aus weissen, seideglhzenden Nadeln (von 151 O Schmelzp.) be- stehende Substanz ab. Nach ihrem Verhalten: Abspaltung von salpetriger Saure und weitere Zersetzung durch Sauren sowie nach der Analyse') kann man diese Verbindung als sal- petrigsaures Salz des durch Nitrosirung des Benzoacetodinitrils

entstandenen Korpers: C6H5CN ' No betrachten.2) C(NOE)CN

Seine Zerset,zung mit Chlorwasserstoffsaure steht mit dieser Auffassung im Einklange : unter Entwicklung von salpetriger SBure entsteht namlich eine als I s o n i t r o s oc yan a c e t op h e n o n zu betrachtende Verbindung gemass folgender Gleichung:

') Die Originalzahlen sind mir durch ein unbegreif liches Versehen abhanden gekommen.

e, Versetzt man die wassrige Losung des salpetrigsauren Solzee (Schmelzp. 151O) mit starker Kalilauge, so fiillt ein Salz nieder, das, aus Weingeist umkrystallisirt,Blattchen bildet und, nach der Analyse, 16,36 Oi0 K enthslt. Die Verbindung: enthalt 16,25 "j,, K. C,H,C : N . NO

C(N0K)' 'CN

Page 29: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

v. Meyer: Ueber dimolekulare Nitrile 11. ihre Abkamml. 109

mit

C6H5C : N . NO NOSH -!- HC1 f PH,O =

CXNOHICN ' Salpetrigsaures Salz

2N0,H + NH,C1 +

Man dampft die S&ure ab Benzol, aus dem die neue

C , H p C(N0H)CN

Isonitrosocyan- acetophenon.

--.-

und extrahirt den Ruckstand Verbindung in Rosetten von

122 Schmelzp. krystallisirt.

Gefunden : C6H5CO C(NOH1CN :

Bereehnet fur

C 62,05 H 3,41 N 15,91

Diese Isonitrosoverbindung 16st sieh leicht in Alkalien, Ammoniak, bildet ein S i lbersa lz : C,H5C0. C(NOAg)CN, das frisch gefallt, tief roth, getrocknet hell rosa ist (gefunden Ag = 38,15,/,, berechnet 38,4,/,). Fugt man zu der schwach- weingeistigen Losung obiger Verbindung Ferrosulfatlosung, so entateht eine schijn tiefblaue Farbung, resp. Eiillung (in Aether loslich).

V. B en z o p r o pi0 d in i t r i l : C,J35C(W C H ~ H J C N '

Zur Erganzung meiner fruheren Angaben I) sei bemerkt, dass das Benzopropiodinitril, in alkoholischer L6sung mit wassrigem, salzsaurem Hydroxylamin zusammengebracht, sofort ein Pro- dukt der erwarteten Zusammensetzung: C,,H,,N,O liefert, das jedoch nich t das Oxim, sondern das isomere Phenylmethyl- isoxazolonimid ist, da es durch Salzsaure zerlegt, kein Hydroxyl- amin abspaltet , und mit Salzsauregas in atherischer Losung ein Salz bildet.

Die Verbindung : C,,E,,N,O krystallisirt in Nadeln von 92O Schmelzpunkt (gefunden 16,5 N, 5,8G0/, E, berechnet 16,1n/, N und 5,75"/, H). Das erwahnte Salz hat die Zu- sammensetzung: C,,H,,N,O . ECl (gefunden 16,65°/0 Cl, be- rechnet 16,85O/, CI).

l) Dies. Journ. [2] 39, 189.

Page 30: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

110 v. Meyer: Ueber dimolelidare Nitrile u. ihre Abkbmml.

0. P r o b s t I) zum Gegenstand eingehender Versuche gemacht, uber die hier kurz berichtet mird. - Zur Gewinnung der Ver- bindung wurden 12 Grm. Acetonitril und 17,5 Grm. p-Tolu- nitril, in 75 Grm. Aether gelost, mit 7 Grm. Natriumpulver behsndelt j der nach mehrstiindigem Erwarmen gebildete ziegel- rothe Niederschlag wird filtrirt, in Alkohol eingetragen, sodann Wasser zugefugt, worauf sich das Toluacetodinitril in gelb ge- fiirbten Prismen ausschied. DurchLGsen in wenig heissem Alkohol erhalt man dasselbe in prachtvollen, breiten Prismen : Schmelz- punkt 108". Es ist in heissem Wasser wenig, jedoch unzer- setzt loslich , in Aether , Benzol sehr leicht loslich , gegen Alkalien, alkoholisches Ammoniak sehr bestgndig.

0,137 Grm. gaben 0,3808 Grm. CO, und 0,0793 Grm. H20. 0,1258 Grm. gaben 19,8 Ccm. K bei 15O und 753 Mm. Bar.

c 75,91 75,80 O i 0

K 17,T2 17,83 ,, .

Berechnet fur C,,H,,N,: Gefunden :

H 6,32 6,43 7,

Durch Erhitzen dieses Dinitrils mit verdunnter Sa lz sau re (am besten kurz auf l l O o , wird es unter Ausscheidung von Ammoniak in dus recht bestandige Cyanmethy l -p - to ly l - k e t o n : C6H,(CH,) . CO . CEl,CN umgewandelt , welches aus Weingeist in feinen Prismen von 104O - 105 O Schmelzpunkt krystallisirt ; es besitzt, zumal in der Warme, einen angenehmen aromatischen Geruch.

0,1796Grm. lieferten 12,SCcm. N bei u. 756 Mm. Bar.=8,6O0 N, berechnet 8,8O/, N.

S a1 z s a u r e s H y d r o xy 1 amin wirkt in wassrig -alkoholi- scher Losung leicht auf p-Toluacetodinitril ein; aus der all- mahlich citronengelb gewordeneri Flussigkeit setzt sich das

0 xim des C y anm e t hy 1 t olyl ke t o n s: C6H4(CH3)C(N0H) in Cfl,CN

wohl ausgebildeten Krystallen ab, die am reinsten aus- Benzol in weissen, monoklinen (3) Rhomben von 150O-151 O Schmelz- punkt krys tallisiren.

') S. dessen schon citirte Iuauguraldissertation (Leipzig) S. 15 ff.

Page 31: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

T. Meyer ; Ueber dimolekulare Nitrile u. ihre Abkrjmml. I l l 0,0989 Grm. gaben 0,2508 Grm. CO, und 0,0558 Grm. H,O. 0,1008 Grm. gaben 13,9 Ccm. N bei 11O und 749 Mrn. Bar.

Berechnet fur C,,H,,N,O: Gefunden: c 69,OO 69,15 O/,,

N 16,10 16,20 ,, . H 5,75 6725 17

Unerwarteter Weise wird diese Verbindung durch Er- warmen mit Salzsaure unter Bildung von Hydroxylamin und Cyanmethyltolylketon zersetzt, so dass man dasselbe als Oxim des letzteren betrachten darf. Es ist dies urn so auffallender, als das Benzoacetodinitril mit Hydroxylamin nicht das ent- sprechende Oxim zu bilden vermag, sondern direct in das isomere PhenylisoxzLolonimid ubergeht. l) Das p - Toluaceto- dinitril verhalt sich also dem Diacetonitril ahnlich.

Essigsaures P h e n y l hydraz in wirkt auf p-Toluacetodini- tril leicht ein; das durch Zusatz von Weingeist und Erhitzen in Lijsung gebrachte Produkt bildet, mehrmals aus Alkohol umkrystallisirt, glanzende Blattchen, die gegen 1 69 schmelzen. Sie haben die erwartete Zusammensetzung des Phenylhydrazons; doch ist wegen der grossen Bestandigkeit dieser Verbindung gegen Salzsaure anzunehmeii, dass ein isomerer Korper, viel- leicht Tolylphenylamidopyrazol vorliegt :

C,H,(CH,)C : N . NHC,H, CH,CN

kann sich umlagern in C,H,(CH,) . C : N

a , , 3 . c 6 H 5 *

NH, 0,103 Grm. desselben gaben 0,2912 Grm. CO, und 0,592 Grm. H,O. 0,108 (frm. lieferten 15,6 Ccm. N bei 15O und 752 Mm. Bar.

Berechnet fur C,,H,,N8: Gefunden: C 77,12 77,lO

N 18,86 16,73 ,, . H 6,02 6,38 ?l

Durch Einwirkung von Brom auf in Chloroform geliistes p-Toluacetodinitril entsteht ein weisser, krystallinischer Nieder- schlag, der sich als Gemenge von Monobrom-To luace to - dini t ril und von bromwasserstoffsaurem Toluacetodinitril er- wies. Letzteres blieb beim Behandeln mit kochendem Benzol

l) Vergl. B u r n s , dies. Journ. [2] 47, 123.

Page 32: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

11 2 v. Me y er : Ueber dirnolekulare Nitrile u. ihre Abkbmml.

ungelost, wghrend das Brornderivat aufgenommen wurde und sich in Prismen von 164 O Schmelzpunkt ausschied. Leichter und reichlicher entsteht dieselbe Verbindung durch Digeriren von fein gepulvertem Toluacetodinitril mit Bromwasser.

0,1054 Grm. gaben 0,1954 Grm. CO, und 0,0378 CTrrn. H,O. 0,1298 Grm. lieferten 13,2 Ccrn. N bei 16O und 751 Mm. Bar. 0,1121 Grm. gaben 0,0894 Grm. AgBr.

Berechnet fur C,,H,BrN, : Gefunden: c 50,63 50,56 o/o

H 3,80 398 1,

N 11,81 11171 ,, Br 33,76 33,93 ,,. Das in Benzol ungeloste Salz erwies sich durch seinen

Stickstoffgehalt (11,98 o/o gefunden, 11,7°/o berechnet), sowie namentlich durch sein Verhalten zu wassrigem Ammoniak, das daraus Bromwasserstoff fortnimmt und Toluacetodinitril bildet, als Salz des letzteren C6H4(CH3)C * 'E . HBr.

CH,CN

Das M o no c h l o r - t o 1 u ace t o dini t ril: C,,,H,ClN,, lasst sich, gleich dem Chlordiacetonitril, durch Erwarmen des Tolu- acetodinitrils mit einem Brei iiberschiissigen Chlorkalks, unter allmahlichem Zufugen von Weingeist gewinnen, jedoch in ge- ringer Ausbeute. Die aus dem Filtrate abgeschiedenen Nadeln, aus Benzol umkrystallisirt, bildeten dann Blattchen und schmol- zen gegen 149".

0,1208 Grm. gaben 0,277 (rrm. CO, und 0,0522 Grm. H,O. 0,1034 Grm. l i e f e d n 13 Ccrn. N bei 180 und 755 Mm. Bar. 0,1698 Grrn. gaben 0,1278 Grm. AgCI.

Berechnet fur C,,H,ClN,: Gefunden : C 62JO 62,53 ' l o

N 14,58 14142 v

H 4,68 4 3 0 ,,

c1 18,24 ia,42 ,,. Das Brom, resp. Chlor, ist in obigen Verbindungen ziem-

lich fest gebunden; es bleibe dahingestellt, wie es fungirt. Ich halte es f b wahrscheinlich, dass das Halogen mit Stickatoff zu Chlorimid (NCI) verbunden ist.

Durch Einwirkung von Benzoylchlor id auf Toluaceto- dinitril in Gtherischer Losung. und Behandeln des Prod&tes

Page 33: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

v. Meyer: Ueber diinolekulare Nitrile u. ihre Abkiimml. 113 mit wassrigem Ammoniak entsteht das Monobenzoylderivat: C,,H,(COC,H,)N, , das aus Alkohol in Gruppen hubscher Nadeln von etwa 179 O Schmelzpunkt krystallisirt.

0,1124 Grm. gaben 0,3305 Grm. CO, und 0,055 Grm. H,O. 0,0911 Grm. lieferten 8,3 Ccm. N bei 12O und 753 Alm. Bar.

C 77,86 77,76

N 10,68 10,76 ,, .

Berechnet fur C,,H, ,N,O: Gefunden :

H 5,34 5943 7,

Wie gegen Benzoylchlorid, so zeigt das p-Toluacetodinitril gegen Diazobenzolchlorid und Benzaldehyd ein analoges Ver- halten, wie das Benzoacetodinitril (vergl. S. 107). Das mit I) i azo b en zo 1 sa l z erhaltene Produkt:

C,H,(CH,) . CO C(N,HC,H,). CN '

also P h e n y 1 h y drazon cyan m e t h y I t 01 y 1 k e t o n, krystallisirt aus Weingeist in glanzenden, gelben Nadeln von 152O-153" Schmelzp., ist eine Saure.

0,0952 Grm. gaben 0,2544 Grm. CO, und 0,0454 Grm. H,O. 0,1022 Grm. lieferten 13,s Ccm. N bei 14O und 762 Mm. Bar.

Berechnet fiir C,,H,,N,O: Gefunden : C 73,OO 72,88 O/,,

N 15,96 15,93 7,.

H 4,94 5929 ))

Das mittelstBenzaldehyd ingleicherweise, wieausBenzo- acetodinitril, aus dem Toluacetodinitril erhaltene B e nzyl ide n- derivat: C,,E[,(CH . C,H,)"N, bildet weisse, rhombische Kry- stalle, die gegen 215O unter Zersetzung schmelzen.

0,1038 Grm. gaben 0,3156 Grm. CO, und 0,0534 Grm. II,O. 0,1056 Grm. lieferten 109 Ccm. N bei 14O und 754 Mm. Bar.

Berechnet fur C,,H,,N,: Gefunden : C 82,93 82,92 Ol0

N 11,38 11,27 l , .

H 5,69 5971 11

VII. p - T o l u p r o pi0 d i n it ril I): cf3E4(cE3)c(NH)

CH(CH,)CN ' Tie dae unter TI. beschriebene Produkt, aus p-Tolunitril und Propionitril dargestellt, bildet, aus Benzolltisung mit Petrol- ather gefallt, Krystalle von 98 O - 9 9 O Schmelzp.

') Nach bisher unveroEentlichten Versuchen von B. Riss. 8

Journal f, prakt. Chemie [2] Bd. 52.

Page 34: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

114 v. Meyer: Ueber dimolekulareNitrile u. ihre Abkilmml. 0,1236 arm. lieferten 0,3472 Grm. CO, und 0,0792 a r m . H,O. 0,0996 Grm. gaben 14,4 Ccm. N bei 16" und 742 Mm. Bar.

Berechnet fur C,,H,,N,: Gefiinden : C 76,74 76,61 Ol0

H 6,98 7712 1 )

N 16,28 16,44 ,, . Durch Zusammenbringen von Tolupropiodinitril mit salz-

saurem Hydroxylamin in weingeistigerL6sung entsteht eine iilige, bald erstarrende Masse ; aus Alkohol krystallisirt, bildet das Pro- dukt weisse Prismen von 134O Schmelzp. und hat die erwartete Zusammensetzung : CllH12N20. Jedoch ist diese Verbindung nach ihrem Verhalten zu concentrirter Salzsaure , die kein Hydroxylamin, sondern Ammoniak abspaltet, n ic h t das Oxim :

C,H,(CH,)C : NOH CECH,CN '

sondern das isomere Isoxazolonimid: somit zeigt sich hier trotz der analogen Constitution ein auffalleader Unterschied zwischen dem p -To luace tod in i t r i l einerseits, dem B e n z o - ace to - unddemp-Tolupropiodin i t r i l anderseits(vgl.S.111).

0,1176 Grm. des H6rpers lieferten 15,s Ccm. N bei 16* u. 734 Mm. Bar. = 15,12 Ol0 N, berechnet 14,9 o/o.

VIII. D i - P h en a c e t o ni t r i l (Di-benzylcyanid): C6H6C&. C(NEI)

CH . (C,H,)CN ' Dasselbe ist auf zweierlei Weise dargestellt worden, liisst

sich aber schwierig in reinem Zustande gewinnen, da es kaum zum Krystallisiren zu bringen ist und sich beim Destilliren zersetzt. Einmal entsteht das Di-Phenacetonitril durch Ein- wirkung von feinpulverigem Natrium auf eine absolut atherische Lijsung von Benzylcyanid. l) Der schmierige Niederschlag, nach Zusatz von vie1 Ligrojin filtrirt, liefert, in verdiinnte Essigsiiure eingetragen, ein Oe12), welches nach dem Trocknen bei looo wesentlich das gesuchte Dinitril war, wie eine Stickstoff bestim- mung und sein chemisches Yerhalten klar erwiesen.

9 Von 0. Pro b s t untersucht; vergl. dessen Dissertation, Leipeig 1894, S. 32ff.

,) Zuweilen entstehen kleine Mengen eines festen, bei 2120-2150 schmelzenden Korpers : C,,H,, Na , vielleicht Benzyl - Diphenacetonitril (s. Probst S. 33).

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v. Meyer: Ueber dimolekulare Nitrile u. ihre AbkiSmml. 115 0,1752 Grm. lieferten 17,6 Ccm. N bei 18" und 761 Mm. Dr. =

11,61 Beim Versuche, das Oel unter stark vermindertem Druck

zu destilliren, zerlegt es sich partiell: bei 190" ging ein farbloses Liquidum uber, das sich als Benzylcyanid auswies, bei 250° ein triibes Oel, das neben Zersetzungsprodukten unverandertes Di-Phenacetonitril enthielt.

Das chemische Verhalten des obigen Oels laisst keinen Zweifel iibrig , dass es Diphenacetonitril ist. Mit alkoholisch- wassriger Losung von salzsaureni Hydroxylamin erwarmt, liefert es ein charakteristisches Iso-Oxim: C,,H,,N,O, das in langen Spiessen von 107 O Schmelzp. krystallisirt und sich identisch erweist mit der aus dem Eeton: C,E,CH, . CO . CH. (C,H5)CN mit Hydroxylamin gewonnenen Verbindung.

Dieses Keton, Phenace to -benzy lcyan id , ist von G. S c h i c k l e r l) zum Gegenstande einer eingehenden Untersuchung gemacht worden; es wurde durch Condensation von Phenyl- essigstiureester und Benzylcyanid mittelst Natriumathylat leicht in weissen, bei 85 O--86 O schmelzenden Krystallen gewonnen. Dasselbe zeigt das Verhalten der a-Cyanketone, insbesondere - was fiir die vorliegenden Versuche wichtig ist - 1asst es sich durch Einwirkung von Ammoniakgas bei 170° unter Austritt yon Wasser in das oben beschriebene Di-Phenaceto- nitril umwandeln. Dass letzteres durch Behandeln mit ver- dunnter heisser Salzsaure in das obige Keton ubergeht, sei hier noch erwahnt.

N, berechnet auf C,,H,,N, 11,95

IX. B enz op h en ace t o d in i tril 2, (Imidobenzoylbenzylcyanid) :

CH(C,H,)CN '

Dasselbe entsteht leicht aus dem entsprechenden Keton:

C,H,C(NH)

, dem a-Cyandesoxybenzok, durch Einwir- C,E,CO CH(C,H, j CN

kung von Ammoniak (vergl. die Bildung des Diphenacetonitrils

l) S. dessen Dissertation, Leipeig, 1894. 9, Von R. W a l t h e r dargcstellt und in seiner Dissertation: U e b e r

d i e Condensa t ion a r o m a t i s c h e r S a u r e e s t e r mit C y a n i d e n , Leipzig, 1894 S. 24, ngher beschrieben.

8*

Page 36: Ueber dimolekulare Nitrile und ihre Abk�mmlinge

1 1 6 v. Me y er : Ueber dimolekulare Nitrile u. ihre Abkbmml. vor. S). Dieses Keton, durch Condensation von Benzoesaureester mit Benzylcyanid mittelst Natriumathylat leicht zu erhalten, krystallisirt, am besten aus Petrolather, in weissen, bei 8'7°-900 schmelzenden Nadeln; es reagirt leicht mit Hydroxylamin, Phenylhydrazin nnter Bildung gut krystallisirender Verbindungen der erwarteten Zusammensetzung.

Das Produkt der Einwirkung von Ammoniakgas auf das geschmolzene, bis auf 170° erhitzte Keton liefert durch Kry- stallisiren aus Alkohol weisse, gliinzende Blattchen von 146O Schmelzp.; die Zusammensetzung dieses Dinitrils:

C,H6CNE CH(C,H,)CN '

ergiebt sich aus der Analyse und aus der glatten Umwandlung desselben in Cyandesoxybenzoln durch Behandeln mit ver- diinnter, warmer Salzsaure.

0,1246 Grm. gaben 0,3745 Grm. GO, und 0,0704 Grm. R,O. 0,103 Grm. lieferten 11,O Ccm. N bei 15" und 753 Mm. Dr. 0,1512 Grm. lieferten 16,O Ccm. N bei 14O und 757 Mm, Dr.

Berechnet : Gefunden : C 81,88 81,95 Oi0 -

- H 5,42 6,2 17

N 12,70 12,4 12,4 Ole.

Wenn auch in vorstehender Untersuchung, sowie in friiheren Abhandlungen, das chemische Verhalten der verschiedenen Di- nitrile in seiner Mannigfaltigkeit an zahlreichen Beispielen dargelegt ist, so fehlt doch noch Manches zum Ausbau dieses Gebietes; die grosse Reactionsfahigkeit der Dinitrile ist noch nicht zu Ende erforscht.

81s ein bemerkenswerthes Ergebniss der Versuche sei die Verschiedenheit einiger, vollig gleichartig constituirter Dinitrile in ihrem Verhalten gegen die gleichen Agentien hervorgehoben. Es sei nur daran erinnert, dass das Diacetonitril und das Benzo-

CEB,C:NH und C,EC6C:NK die CE,CN CH,C"

acetonitril, deren Formeln

analoge Zusammensetzung beider eikennen lassen, sich ganz verschieden gegen Wasser, Salzsaure, Benzoylchlorid, Eydroxyl- amin, sowie gegen Benzaldehyd und Hydrazin verhalten.

Wenn auch einige dieser Wirkungen sich durch die

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Curt ius u. Blumer: Ueb. d. Einw. v. Hydrazinhydrat etc. 11 7

Neigung des Diacetonitrils, in Condensationsprodukte uberzu- gehen, erklken lassen, so mussen doch andere, nament- lich die verschiedene Wirkung des Benzoylchlorids und des Hydroxylamins, auf die Function, die von den Radicalen Me- thyl und Phenyl ausgeiibt wird , zuriickgefiihrt werden. Ganz iiberrascfiend ist wiederum die Bildung des Ox ims aus p-Tolu- acetodinitril, wahrerid aus dern Benzoacetodinitril unter gleichen Bedingungen das dem Oxim isomere Isoxazolonimid entsteht. - Hier bieten sich der Forschung noch manche wichtige Probleme dar, deren strenge Erklarung bislang nicht moglich erscheint.

D r e s d e n , Anfang Miirz 1895.

Untersuchungen ans dem chemischen Institnt der Universitiit Kiel.

30. Ueber die Einwirknng von Hydrazinhydrat anf Benzoin nnd Desoxybemoi'n ;

Th. Curtius und A. B1urner.l) von

Hydrazinhydrat wirkt, so vie1 bis jetzt untersucht worden ist, nur s e h r selten in der Art auf Eetokorper ein, dass der Ketosauerstoff durch die G-ruppe (NH . N H ) " ersetzt wird. Nur Orthodiketone 2) , wie Benzil und Diacetyl , ferner Brenz- traubensaure 3, und vielleicht Isatin 4, verhalten sich in dieser Weise. Wir vermutheten, dass im Benzoln oder Desoxybenzo'in ebenfalls der Ketosauerstoff durch die Elydrazi- und weiter nach der Oxydation durch die Azogruppe vertreten werden kiinne. Wie die nachfolgenden Bliitter zeigen, hat sich diese Ansicht n i c h t bestatigt.

Hydrazinhydrat und Benzo'in wirken nach der Gleichung:

l) Vergl. A. Blumer: ,,Hydrazinhydrat suf BenzoYn und Desoxy-

4, Daa, S. 188. benzoi'n'', Dissert. Kiel 1893, Druck von Schmidt u. Klaunig.

Dies. Journ. [ Z ] 44, 168. 3, Das. S. 556.