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Uber eine Modifikation des Kalomels. V0n JULIUS MEPER. Quecksilberchloriir erhalt man bekanntlich auf nassem Wege als schweres , weilses Pulver, das vielleicht aus mikroskopischen Nadeln besteht. Auf trockenem Wege entsteht durch Sublimation eine schwere faserige Mass& Eine ganzlich abweichende Form des Quecksilberchloriirs habe ich bei der Reduktion von Sublimat durch Lithiumsulfit beobachtet, als das Lithiumsalz der quecksilberschwef- ligen Saure dargestellt werden sollte. Zu diesem Zwecke war eine mafsig warme konzentrierte Losung von 27 g Sublimat zu einer lau- warmen konzentrierten Losung von 12 g Lithiumsulfit gegeben worden. Das Lithiumsulfit war durch Einleiten von gasformigem Schwefeldioxyd in eine Suspension yon Lithiumkarbonat und Aus- fallen mittels Alkohol gewonnen worden. Beim Zusammengeben der Sublimat- und der Sulfitlosung schied sich sofort ein schweres, weifses Pulver am, das sich als gewohnlicher Kalomel erwies und abfiltriert wurde. Nach 24 Stunden wurde die Losung, welche ganz klar geblieben war, langsam erwarmt. Von ungefahr 70° an zeigten sich in der LGsung glanzende Schiippchen, die sich rasch vermehrten und auch an Grofse zunahmen, so dafs einzelne 1-1.5 qmm grols waren. Die Schuppen wirbelten infolge der Warmekonvettion in der Fliissigkeit umher, was einen prachtigen Anblick gewahrte, wie man ihn beim Abkiihlen einer Bleijodidlosung erhalten kann. Beim Abkuhlen setzten sich die Schuppen allmahlich zu Boden, nahmen aber in der Losung ein recht betrachtliches Volumen ein. Beim Absaugen aber blieb eine Schicht von nur geringer Dicke zuruck. In der Erwartung, dafs das quecksilberschwefligsaure Lithium vor- lage, wurde auf Lithium und Schwefel analysiert. Jedoch vergeb- lich! Es konnte nur Chlor und Quecksilber festgestellt werden.

Über ein Modifikation des Kalomels

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Uber eine Modifikation des Kalomels. V0n

JULIUS MEPER.

Quecksilberchloriir erhalt man bekanntlich auf nassem Wege als schweres , weilses Pulver, das vielleicht aus mikroskopischen Nadeln besteht. Auf trockenem Wege entsteht durch Sublimation eine schwere faserige Mass& Eine ganzlich abweichende Form des Quecksilberchloriirs habe ich bei der Reduktion von Sublimat durch Lithiumsulfit beobachtet, als das Lithiumsalz der quecksilberschwef- ligen Saure dargestellt werden sollte. Zu diesem Zwecke war eine mafsig warme konzentrierte Losung von 27 g Sublimat zu einer lau- warmen konzentrierten Losung von 12 g Lithiumsulfit gegeben worden. Das Lithiumsulfit war durch Einleiten von gasformigem Schwefeldioxyd in eine Suspension yon Lithiumkarbonat und Aus- fallen mittels Alkohol gewonnen worden. Beim Zusammengeben der Sublimat- und der Sulfitlosung schied sich sofort ein schweres, weifses Pulver am, das sich als gewohnlicher Kalomel erwies und abfiltriert wurde. Nach 24 Stunden wurde die Losung, welche ganz klar geblieben war, langsam erwarmt. Von ungefahr 70° an zeigten sich in der LGsung glanzende Schiippchen, die sich rasch vermehrten und auch an Grofse zunahmen, so dafs einzelne 1-1.5 qmm grols waren. Die Schuppen wirbelten infolge der Warmekonvettion in der Fliissigkeit umher, was einen prachtigen Anblick gewahrte, wie man ihn beim Abkiihlen einer Bleijodidlosung erhalten kann. Beim Abkuhlen setzten sich die Schuppen allmahlich zu Boden, nahmen aber in der Losung ein recht betrachtliches Volumen ein. Beim Absaugen aber blieb eine Schicht von nur geringer Dicke zuruck. I n der Erwartung, dafs das quecksilberschwefligsaure Lithium vor- lage, wurde auf Lithium und Schwefel analysiert. Jedoch vergeb- lich! Es konnte nur Chlor und Quecksilber festgestellt werden.

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Zur Analyse wurde das trockene Salz durch heil'se Salpetersaure oxydiert und nach teilweisem Eindampfen und Aufnehmen mit Wasser auf Chlor und Quecksilber analysiert. E s ergab sich

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Es lag also Quecksilberchloriir in einer bisher unbekannten Form vor. Wie schon erwahnt, scheidet es sich aus der Losung beim Erwarmen in weihen , silberglanzenden, sehr leichten Blatt- chen a b , die beim Absetzen eine sehr volumiiiose Masse bilden. Auch abgesaugt und getrocknet ist der Korper im Verhaltnis zum gewijhnlichen Kalomel sehr leicht und locker. Seine Blattchen- struktur ist leicht zu erkennen. Beim Erhitzen sublimiert er und liefert das gewohnliche , faserige Quecksilberchlorur , indeni sein Volumen auf ungefahr den sechsten Teil zusammenschrumpft. Eine allotrope Modifikation des gewijhnlichen, schweren, pulverformigen Quecksilberchloriirs scheint nicht vorzuliegen, denn ein galvanisches Element mit den beiden Formen gab keine merklich mefsbare E.M.K. Indessen scheint diese neue Form etwas lichtbestandiger zu sein als die alte. Das spezifische Gewicht ergab sich zu 4.5-5, wahrend dasjenige des gewohnlichen Kalomels zwischen 6.5 und 7.5 liegt.

Mein auf nassem Wege gewonnenes Quecksilberchloriir scheint mit dem japanischen Produkte Ahnlichkeit zu haben, welches LUNGE und DIVERS^ beschrieben haben, und das auf trocknern Wege dar- gestellt wird. Ebenso wie dieses lal'st es sich moglicherweise in der Pharmazie bequemer anwenden als das nach den alten Verfahren gewonnene, da es in aukerordentlicher Reinheit ausfallt und sich ohne jede iliiihe iiberaus fein pulverisieren liil'st.

* LUNGE, Die kolumbische Weltausstellung in Chicago, Zeitschr. angew. Chem. 1894, 37.

DIVERS, Chenc. SOC. Ind. 13, 108.

Breslau, Chem. Institut der Ulziversilat.

Bei der Redaktion eingegangen am 6. September 1905.