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V1I. Ueber einen eigenthiimlichen , durch das Elektroskop wahrnehmbaren Zustand des Gla- ses; uon FK Heintz. Es ist ein zieinlich verbreiteter Irrthum, dak das Glas tinter allen Umstanden durch Reiben positive Elektrici- tat annimmt, obgleich den Physikern schon seit langer Zeit mannigfache Ausnahmen von dieser Regel bekannt - sind; denn man weirs nicht allein, dafs Glas mit man- chen Thierfellen, besonders Katzenfell, gerieben, ferner mit Diarnant , und im Allgerneinen allen Edelsteinen, die es an Hlrte iibertreffen, negativ wird, sondern es ist auch erwiesen, dafs matt geschliffenes Glas durch Reiben mit den eben genannten Kbrpern sowohl, als atich sogar mit Wolle, Holz und Hanen dieselbe Eigenschaft erhalt. Diese schon Iangst bekannten Thatsachen zeigen, von welchem Einflufs die verschiedene Beschaffenheit der Oberflache des Glases auf die Art der Elekfricitiit ist, welche es durch Reiben annimmt. Denn selbst die Wir- kung der Edelsteine m6chte auf nichts weiter zu reduci- ren seyn, als atif eine Veranderung der Oberflache des weicheren Glases durch jene barten Karper; wenisstens hat ein Versuch mich iibeneugt, dafs ein Glasstab, wel- cher mit befeuchtetem gepulverten Smirgel gerieben, und dann mit grbfster Sorgfalt durch Abspiilen mittelst destil- lirten Wassers gereinigt worden ist, so dah dtirchaus nichts mebr von zuruckgebliebenem Smirgel darauf be- nierkt werden kann, wenn er nach dem freiwiiligen Ver- dunsten des Wassers auf wolleuem Zeuge leise gerie- beri wird , negative Elektricitat bekommt, melche durch lieftigeres Abreiben desselben endlich der positiven weicht. Hier ist also uicht inehr Smirgel, von dem wir wissen, dds er das Glas negativ elektrisch macht, der Reiber, Poggendorfi's And. BJ. LIX. 20

Ueber einen einen eigenthümlichen, durch das Elektroskop wahrnehmbaren Zustand des Glases

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V1I. Ueber einen eigenthiimlichen , durch das Elektroskop wahrnehmbaren Zustand des Gla- ses; uon FK Hein t z .

Es ist ein zieinlich verbreiteter Irrthum, dak das Glas tinter allen Umstanden durch Reiben positive Elektrici- tat annimmt, obgleich den Physikern schon seit langer Zeit mannigfache Ausnahmen von dieser Regel bekannt - sind; denn man weirs nicht allein, dafs Glas mit man- chen Thierfellen, besonders Katzenfell, gerieben, ferner mit Diarnant , und im Allgerneinen allen Edelsteinen, die es an Hlrte iibertreffen, negativ wird, sondern es ist auch erwiesen, dafs matt geschliffenes Glas durch Reiben mit den eben genannten Kbrpern sowohl, als atich sogar mit Wolle, Holz und Hanen dieselbe Eigenschaft erhalt. Diese schon Iangst bekannten Thatsachen zeigen, von welchem Einflufs die verschiedene Beschaffenheit der Oberflache des Glases auf die Art der Elekfricitiit ist, welche es durch Reiben annimmt. Denn selbst die Wir- kung der Edelsteine m6chte auf nichts weiter zu reduci- ren seyn, als atif eine Veranderung der Oberflache des weicheren Glases durch jene barten Karper; wenisstens hat ein Versuch mich iibeneugt, dafs ein Glasstab, wel- cher mit befeuchtetem gepulverten Smirgel gerieben, und dann mit grbfster Sorgfalt durch Abspiilen mittelst destil- lirten Wassers gereinigt worden ist, so dah dtirchaus nichts mebr von zuruckgebliebenem Smirgel darauf be- nierkt werden kann, wenn er nach dem freiwiiligen Ver- dunsten des Wassers auf wolleuem Zeuge leise gerie- beri wird , negative Elektricitat bekommt, melche durch lieftigeres Abreiben desselben endlich der positiven weicht. Hier ist also uicht inehr Smirgel, von dem wir wissen, d d s er das Glas negativ elektrisch macht, der Reiber,

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sondern einer von den Korpern, welche gewiihnlich die entgegengesetzte Wirkung haben, uild dennocli zeigt der so behandelte Stab negative Elektricitit. Es scheint mir daher wahrscheinlich, dafs der Smirgel auf der Oberflii- che des dainit geriebenen Glases eine Veranderung ber- vorbringt, welche nicht dem Auge, wohl aber durch die Art der Elektricitft, welche es durch Keiben erhilt, sicht- bar wird.

Eine Bhnliche Erklarung miichte fur die folgenden Facta , welche ich einein glucklichen Zufall verdanke, vollkommen geniigen.

W e n n inan einen Glasstab mehrmals durch die Flalnme einer Spirituslampe zieht, so dafs er dadurch warm wird, so erhalt derselbe bekanntlich nicht nur keine Elektricitft, sondern er verliert auch die, welcbe ibm etwa vorher ertheilt worden ist. Keibt man aber einen auf diese Weise vollkommen unelektrisch gewordenen Stab mit Tuch I ) , so .zeigt er deutlich negative Elektricitat, die durch IBngeres Reiben allmalig verschwindet und der po- sitiven wiedcr Platz macht. - Der natiirlichste Gedanke bei dieser Thatsache war, die Warme m6chte die Ursaclie . dieser Veranderung der Elektricitat des geriebenen Cla- ses seyn. Die Versuche aber, welche ich anstellte, urn diese Vermuthung zu bestftigeo, gaben gerade das ent- gegengesetzte Resultat. Es wurden namlich einige durch Erwarmen mittelst einer Spirituslampe zu dem Versuch vorbereitete Glasstangen fiinf bis zehn Minuten ruhig lie- gen gelassen, in welcher Zeit sie vollkommen erkalten konnten. Alle diese Stabe zeigten gerieben negative Elek- tricitat, an deren Stelle aber wieder nach anhaltendem Reiben die positive trat. Es scheint ubrigens die Zeit auf diese Eigenschaft des so behandelten Glases ohne Einflufs zu seyn, wenn nicht auf irgend eine Weise die Oberflache desselben abgerieben wird. Wenigstens habe 1) Ich bedieote mich zu meinen Vcrsuchen gewcihnliclren schwarzen

Tuches.

307 ich durch eine Spiritusflamme gezogene Glasstabe nach einem, zwei, drei, vier, ja vierzehn Tagen auf ihren elektrischen Zustand untersucbt, und nicht einer war un- ter ihnen, der durch schwaches Reiben positive Elektri- citat angenommen halte.

Dieser Versuch beweist zwar vollkommen, dab die W a r m e unmiftelbare Ursacbe des oben erwghnten Pba- nomens nicht seyn kann; dennoch mochte es noch zwei- felbaft bleiben, ob sie nicht dessen ungeachtet die allei- nige Ursache eben jenes Zustandes des Glases ist, in welchem es auch nach dem Erkalten gerieben negative Elektricitat zu erkennen giebt. Doch auch diets kann durch Versuche widerlegt werden. Wenn man nsmlich einen entweder stark und anhaltend abgeriebenen oder durch Abwaschen mit Kalihydrat una destillirtem Wasser vollkommen gereinigten GIasstab in Stanniol einwickelt, oder in ein Glasrohr steckt, und ihn so durch eine Spi- ritusflamme selbst bis zu bheren Temperaturgraden er- hitzt, so erhalt er , wenn man nur Sorge frsgt, dafs ihn die Flamme der Lampe, oder die aus derselben aufstei- genden heifsen Gasarten nicht unuiittelbar bertihren, durch Reiben nur positive Elektricitiit.

Aus dicsem Versuche geht deutlich hervor, dafs die Warme allein nicht dazu hinreicht, urn jenen eigenthum- lichen Zustand des Glases hervorzubringen; aber er lafst in Zweifel, ob sie vielleicht dennoch neben einem an- deren Agens dazu unumganglich nothig ist. Diesem letz- teren scheinen spater zh erwiihnende Versuche zu wider- sprechen. Jelzt sind zuerst die anzufiihren , welche zur Feststellung des jene Erscheinung verursachenden Agens augestellt worden sind.

Bei der genaueren Untersuchung der Umstande, wel- che wesentlich zum Gelingen des Versuchs beitragen, fand es sich, dab es nicht nothig ist, den Glasstab in die Spi- ritusflamme selbst zu halten, sondern dafs es hinreicht, ihn in einiger Entfernung oberhalb derselben zu erwar-

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wen. Iu eiuem ilbstande von etwa tlrci Zoll iiber der Spitze der Flamtue einer gut heizcndeu Spirituslampe init doppeltem Luftzug hin rind her bewegt, pflegt er durch Reiben noch negative Elektricitat zu geben. Vergrufsert man aber diese Entfernuug nur um einen Zoll, so zeigt er meistens positive Elektricitlt, vorausgcsetzt, daL er in beiden Fallen entweder durch heftiges Reibcn oder durch Abwaschen mit Kalihydrat und destillirtem Was- ser gehbrig gereinigt worden war '). Diefs war die Er- scheinung, welche sich in der Regel zeigte. Manche Glasstiibe aber erhielten erst dann negative Elektricitgt, wenn man sie in die Flamme selbst hielt; andere dage- gen sogar schon in einer uber drei Zoll hinausgehenden Entfernung von der Spitze derselben.

Hiernach Iafst sich vermuthen, es mbchten die aus der Flamme emporsteigenden heifsen Gasarten dic Ober- flache des Glases cheinisch modificirt haben, ohne dafs die Veranderung durch das Gesicht wnhrgenommen wer- den kilnnte. Ehe ich d a m schritt diefs bestimmt auszu- mitteln, schien es mir vortheilhafl, zuerst zu untersncheo, ob' allein die Flamme des Alkohols oder auch die an- derer brennbarer Stoffe die Eigenschaft haben, auf Glas so veriindernd einzuwirken, dafs es nach dein Reiben negative Elektricitat besitzt , wodurch vielleicht zugleich die Anzahl der Gase, deren Wirkung auf Glas unter- sucht werden mufste , vermindert werdeu konnte. Ich wendete dazu, aufser der Flamme des Alkohols, die des Aethers, RiibBls, Phosphors, Schwefels, der Kohlen, des Kohlenoxydgases uud des Wasserstoffgases an.

Die Flamme des Riibels giebt dein Glasstab, sowohl weun

Aether verhalt sich genau so wie Alkohol.

1 ) Beiliufig bernerke ich, d d s ich mich bei meinen Versuchen nur sol- cher Glasstihe bedient habe, die nichr allein auf die oben aogege- bene Weise gereinigt warcn, sondern auch in einem Glasrolir erliitzt und d a m gerieben, nicht negative, sondern positive Elektricitit ge- mrigt hatten.

300 er durch die Flamme selbst gezogcn wird, wobei er frei- lich mit Kohle beschllgt, als auch wenn er dicht ober- halb derselben so erhitzt wird, dafs dieses Besclrlagen nicht statttindet, die Eigcuschaft, durch Reiben negativ clektrisch zu werden. Auch die Phosphorflamme verhalt sich eben so, selbst d a m , wenn die dem Glasstab an- Iiaftende Phosphorsaure mit destillirtem Wasser vollstan- dig abgespiilt und das ihn noch benetzende Wasser durch Verdunsten an der J,uft entfernt wird. Die Schwe- felflainine hat gleichfalls dieselbe Wirkung, weun ein Glasstab so lange darin erhitzt wird, bis der sicb an- farigs darauf niederschlageudc Schwefel vollstandig ver- brannt ist. Etwas eigenthumlicher ist die Einwirkung der gliihenden Kohlen. Erhitzt man den Glasstab iiber denselben innerhalh eines kleinen Windofens, so bleibt e r gerieben positiv elektrisch ; er erbalt aber gleichfalls, obgleich schwach, negative Elektricitat, wenn er dicht an’ die Kohlen gelegt wird, wo er von der Flamme des Kolilenoxydgases umsptilt werden kann. Urn Gewifs- heit dariiber zu erlangen, ob in diesem Fall nicht etwa Nebenulnstande , sondern das brennende Kohlenoxydgas selbst diese Veranderung der Wirkung des geriebenen Glases auf das Elektroskop verursacbte, wurded einige Glasstabe in die Flamme dieses Gases gehalten, das durch Erhitzen von Oxalstiure mit concentrirter Schwefelsaure erzeiigt und durch anhaltcndes Schiitteln mit I Kalkmilch vollkomlnen vun der Kohlensaure gereinigt worden war. Sie erhielten gerieben sammtlich negative Elektricitat. Da bier nur Kohlcnsaure gebildet werden konnte, von der man kaum glauben sollte, daEs sie chemisch auch nur die Oberflache des Glases zu verandern vermochte, SO

liabe ich einige Versuche angestellt, um die Einwirkiiug erhitzter Koblensaure auf Glas zu priifen, welche icb wei- ter unten anfiihren werde.

E n d h i bat brcnnendes, selbst mit mbglichster Sorg- falt chemisch rein dargestelltes Wasserstoffgas dieselbe

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Wirkung, wie alle die vorigen Kiirper in so vollkom- menem Maafse, dafs, abgesehen von dem Vortheil der Einfachheit der dabei eneugten Producte, es auch schon deswegen wunschenswerth schien, die Art der Wirksam- keit desselben genauer zu untersuchen.

Cbemisch konnte hier nur der durch Verbrennen des Wasserstoffgases erzeugte Wasserdampf einwirken. Es kam daher darauf an zu bestimtneu, ob dieser fur sich die erwahnte Eigenschaft des Glases bedingte, oder ob noch andere Agentien dabei thatig sind. Deshalb wurden Wasserdampfe diirch ein Glasrohr geleitet , das an einer Stelle mittelst einer Spirituslampe mit doppel- tem Luftzug stark erhitzt, und zur Vermeidung des Sprin- gens desselben durch das sich absetzende Wasser, ge- nau horizontal gelegt- war. In das offene Ende dieses Rohrs wurden darauf die verschiedenen Glasstabe nach einander bis in die Gegend der gliihenden Stelle ge- schoben, indem man unmittelbare Berubrung derselben mit den Wanden des Rohrs so vie1 als m6glich zu ver- meiden suchte, um es vor dem Zerspringen mittelst der auf dein kalten Glasstabe sich condensirenden Dampfe zu sichern. Auf diese Weise behandelte Glasstabe er- hielten durch Reiben nur positive Elektricitzt. Wurden aber hiew solche Stiibe angewendet, die schon vielfach zu obigen Versuchen benutzt worden waren, so fand sich wohl einer oder der andere daruntec der negative Elektricitat zeigte. Sie waren daher wohl nicht anhal- tend genug abgerieben worden.

Es ist hiedurch hinreichend dargethan, dafs die Ur- sache jener Veranderung der Oberfliiche des Glases nicht chemischer Natur seyn kiinne; denn wenn die Flamme des chemisch reinen Wasserstoffgases auf Glas, wie er- wahnt, einwirkt, so kiinnten in diesem Falle nur heifse Wasserdsmpfe, von denen aber so eben gezeigt ist, dafs sie ftir sich, ohne Anwendung der Flamme, nicht die er- wahnte Wirkung haben, Ursache einer chemischen Vcr-

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Suderuug des Glases seyn, weil nur sie durch Verbren- uung des reinen Wasserstoffgases gebildet werden.

Ganz eben so vcrhalt sirh die Kohlenslure, wenn sie durch ein gluhendes Rohr geleitet wird, in welchem der zu priifende Glasstab liegt. Auch sie bewirkt nicht das Negntivwerden dcsselben, was stattfinden miifste, wenn die Annahine gerechtferligt werden sollte, dafs dic Producte der Verbrennung des Kohlenoxydgases in d e n cbeu angefuhrten Versuche das Glas chemisch modificirt hatten. Nur zuweilen, wenn er haufig ,gebraucht und iiicht geharig gereinigt worden war, wurde er uegntiv, uiid dann auch nur durch rine hohere Teinperatur als die bei sciuer Prufung durch Erhitzen im Glasrohr an- gewendete, so dafs wohI eher der starken ErwPrmung in deui Zustande, in welchem er sich schon befand, als der Einwirkuug der Kohlenslure jener Erfolg zugeschrie- ben werden kann. Hiezu ist man um so mehr berech- tigt als solche Glasstangen, welche durch ihre haufige Anwendung zu den erwahuten Versuchen zur Annahme uegativer Elektricitat stark disponirt sind, auch fur sich iin Glasrohr heftig erhitzt , dieselbe afters durch Reiben annehmen.

Einiger anderer Versuche mufs ich noch Erwahnung thun, welche vielleicht mit den bisher angefuhrten in ZU- saminenhang gebracht werden k h n e n , und die deshalb Interesse erregen machten, weil sie zu der Ueberzeu- guug fuhreu, d a h auch ohne alle Wiirme Glas dispouirt werden kann, negntive Elektricitat durch Reiben auzu- nehmen. W e n n man nainlich einen Glasstab in con- centrirte Schwefelstitire, Salzsaure oder Salpetersaure taucht, und ihn nach dem Herausuehmen mit destillirteiii Wasser so lauge abspiilt, bis das abflicfsende uicht ulelir sauer reagirt, dann das noch an delnselben haftende Was- ser abschwenkt und den Rest an der Luft verdunsten lafst , so erhiilt er durch Heibcn negative Elektricitat. Alkalien wirkeii nicht eben so eiu, sie erhalten den Glas-

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stab vollstandig positiv. Wird er statt in jene starken Sauren in Essigsaure getaucht, und eben so behandelt wie oben, so giebt er gerieben meist positive, zuweilen aber auch negative Elektricitat. Es bedarf wohl kanm besonderer Erwahnung, dafs auch in diesen Fallen durch Abreiben die positive Elektricitiit sich wieder einstellte.

Diese Thatsachen fiihren zunachst auf den Gedan- ken, es mbchte auch in den oben angefiihrten Fallen eine Saure,, die bei der Verbrennung sich erzeugt, das Negativwerden des Glases bediugen, und in der That wissen wir , dafs beim Verbrennen des Wasserstoffgases in atmosphlrischer Luft stets geringe Mengen von Sal- petersaure sich bilden. Auch als icli die aus der Alko- holflamme aufsteigenden Gasarten durch Abkuhlen con- densirte, crhielt ich eine freilich sehr schwach saure Fliissigkeit, in der aber nicht Salpetersaure zu entdek- ken war. Es lafst sich dessen ungeachtet] uicht init Ge- witheit ablaugnen, dafs in den oben angefiihrten Ver- suchen ein und dieselbe Ursache, namlich die Einwir-. Lung einer S u r e , das Glas nach schwachem Reiben ne- gativ elektrisch macht, zumal wenn in Anschlaq gebracht wird, dak , wenn in den friiher angefiihrten Versuchen auch nur Spurcn von S u r e auf das Glas virken, diese einerscits im status nascens, andererseits im stark erhitz- ten Zustande sich befinden, wodurcb die Wirkung be- deutend vermehrt werden mufs.

Wenn aus diesen Versucheu wohl das Resultat ge- zogen werden kann, dafs Glas unter gewissen Urnstan- den mit Tuch gerieben negaliv wird, so inbchte ich doch diese Eigenschaft nicht als iiberhauyt jedem Glase au- haftend belrachtet wissen, obgleich mir bei meinen Ver- suchen, die sich auf gewohnliches griines, und auf wei- fses Glas in Stangen, RShren, geschliffenen und unge- schliffenen Plattcn erstrecktcn , nicht einc einzige Aus- nahme aufgefallen ist. Indessen fandeii sich Glasstiibe, und besonders vide Riihren, yon denen cinige sehr leicht, andere sehr schwcr negative Elektricitiit aunahuien, obJ

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glcich sic in derselben Hiitte fabricirt, ja sclbst in dem- selben Biinde versendet worden waren. Uiese Eigen- schaft schien aber in demselben Verhaltnifs zu stehcn, wie uberhaupt ihre elektriscbe Erregbarkcit.

Mit andern Karpern als Glas, die durch Reiben po- sitiv werden, habe ich zwar einige Versuche angestellt, um zu bestimmen, ob sie unter denselben Umstznden wie das Glas negativ werden; indessen bedurfen sie noch sehr der VervollstSndigung. Ich hatte nur Gdegenheit Bergkrystall, Kalkspath, Gyps und Schwerepath zu uni tersuchen, auf welche die Flamme eben so einwirkte mie auf Glas, so dafs es uicht lnit ditser Eigenschaft isolirt dasteht.

Andcrerseits ist es mir nicbt gelungen solche K6r- per, die durch Reibcn negativ zu werden pflcgen, durch ahnliche Mittel so zu verandern, dafs sie dadurch posi- tive Elcktricitit annehmen.

In Beziehung auf den Reiber stellte sich beraus, dafs Tuch wohl durch Leder, Siegellack und Seide, aber nicht durch Kienmcicr’sches Amalgam, mag es mit fettigen Kilr- pern angeriebcn seyn oder nicht, ersetzt werden k k e . Wird aber ein durch cine Spirituslalnpe zii dem Versncli vorbereiteter Glasstab auf Stanniol gcrieben, so zeigt er stets negative Elektricitat. Dasselbe geschieht, wenn statt des Stanniols Stucke von Zink, Eisen, Blei, Wismutb, Ku- pfer, Silber, Platin, Gold aIs Reiber angewendet werden.

Auch wenn man einen solchen Glasstab einlnal in Quecksilber eintaucht, so zieht man ihn mit negativer Elektricitat wieder heraus, nach dem zweiten Eintauchen ist er aber haufig schon positiv, und sclilagt man mit ei- liein erhitzten Stabe lnehrmals auf @uecksilber, so wird cr soglcicb positiv.

Hicraus gebt hervor, dafs auch den Metallen im All- geineinen die Eigenschaft zugeschrieben werden miisse, auf die angcgebene Weise behandclteln Glase negativc Elektricitat zu crtheilen.

Es scy inir zum Schlufs cin Ruckblick aiif dic vor-

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slelienden Versuche geslattet. Als Thatsache stellen sie etwa Folgendes hin:

Es ist einc Eigenschaft des Glases und anderer durch Reiben positiv elektrisch werdender Kiirper, wenu, sie durch irgend eine Flamme gezogen oder in starke Sau- ren getaucht worden sind, durch Reiben mit Tuch, Le- der, Seide iind selbst Metallen negative Elektricitat an- zunehmen, welche Eigenschaft sich nicht mit der Zeit verliert, wohl aber durch kingeres Reiben vernichtet wer- den kann.

Sie lnssen ferner kaum einen Zweifel iibrig, dafs weder die Warme, noch auch im erstereu Falle chemi- sche Einwirkiing der Gase, welche durch die Verbren- nung sich bilden, Ursache jenes eigenthiimlichen Zustan- des des Glases ist. Es bleibt daher nor ubrig etwas dem Aelidiches zur Erkliirung dieser Erscheinung anzunch- men als es F a r a d a y ’ ) und d e l a R i v e l ) , b e i ande- ren Gelegenheiten getl!an baben; namlich dafs der Glas- stab, wenn er in die Flamme irgend eines brennbaren Kijrpers gebalten oder nur in concentrirte Saure getaucht wird, auf der Oberflache eine Veranderung erleidet, die unmittelbar durch die Sinne nicht wahrgenommen wer- den kann, die sich aber durch das Elektroskop erken- nen Isfst. Ueberhaupt lassen sich diese Thatsachen viel- leicht vollkoinmen an die schon Iangst bekannte anrei- llen, dafs niimlich lnattgeschliffenes oder durch anhalten- des und starkes Erhitzcn krystallinisches Glas durcb Rei- ben negativ wird, wofur aoch der am Anfange dieser Arbeit ermahnte Versuch spricht, wonach mit Smirgel geriebenes Glas gauz dieselbe Erscheinung darbietet, wie das in einer Flrrmine erhitzte.

1) Poggendorfl’s hnnalen, Bd. XXXIll S. 1-49,

2 ) Ebeodaselbst, Bd; XXXVII S. 506.