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Rochleder : Einige Restandtheile der Blftter der Rosskastnnie. 385 LVII. Ueber &ige Bestandtheile cler Bliitter der Rosskastanie. Dr. Friedrich Rochleder. (A. d. 57. Bd. d. Sitzungsber. cl. kais. Akad. d. Wissensch. zu Wien. April 1YG8.) Die mit kochendem Wasser behandelten, ausgepressten Blgtter geben an siedenden Weingeist einige Restandtheile nb, von clenen sich theils sehr wenig theils nichts in clem wlsserigen Decocte derselben vorfindet. Wird dieses weingeistige Decoct der Destillation unter- worfen und diese so lange fortgesetzt , bis die iibergehende Fliissigkeit nicht rnehr brenat, so scheidet sic11 nach vierund- zmanzigsttindigem Stehen an einem kiihlen Orte am Boden des Gefssses eiiie dunkelgriine Masse von salbennrtiger Con- sistenz ab, von welcher die iiberstehende, rothbraune Fliissig- keit abgegossen werden kann. Die grtine RiIasse enthalt niir iiusserst geringe lliengen von Fett sie besteht hauptsiichlich ausWachs, das von Chlorophyll griin gefiirbt ist. Das Wachs selbst ist, wenn man es gereinigt hat, vom Bienenivachs nicht zu unterscheiden. Mulcler hat schon vor langer Zeit diese Beobachtung an dem Waclise von Blattern anderer Pflanzen gem ach t. Die von dem Wachse und Chlorophyll abgegossene Fliis- sigkeit mird filtrirt und der Destillation unterworfen bis aller Alkohol verjagt ist. Beim Erkalten setzt sich ein Boclensatz ab, welcber der Hauptniasse nach aus zmei Substnnzen he- stclit , wiihrend Gerbsiiiure nnd andere Bestandtheile in der Liisuiig bleiben, die sich anch in Clem wiisserigeu Decocte der Wliitter finden , da einc volllrommene Erschiipfung derselben mit Wasser vor der Bebandlung mit Weingeist nicht stattfand. Um die beiden Substanzen von einander zu trennen, wurclen sie mit einem Gernisch von Essigslure und Wasser zum Sieden erhitzt iincl die Lijsung heiss von cleni Ungelosten durch ein Filter gctrennt. Beim Erkalten scbieden sich einige Blebende Flocken nb, die entfernt wnrden. Die lilnre Fltissiglreit liess Von Jawn. 1. imkt Ctwmic. CIV. 7. 25

Ueber einige Bestandtheile der Blätter der Rosskastanie

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Page 1: Ueber einige Bestandtheile der Blätter der Rosskastanie

Rochleder : Einige Restandtheile der Blftter der Rosskastnnie. 385

LVII.

Ueber &ige Bestandtheile cler Bliitter der Rosskastanie.

Dr. Friedrich Rochleder.

(A. d. 57. Bd. d. Sitzungsber. cl. kais. Akad. d. Wissensch. zu Wien. April 1YG8.)

Die mit kochendem Wasser behandelten, ausgepressten Blgtter geben an siedenden Weingeist einige Restandtheile n b , von clenen sich theils sehr wenig theils nichts in clem wlsserigen Decocte derselben vorfindet.

Wird dieses weingeistige Decoct der Destillation unter- worfen und diese so lange fortgesetzt , bis die iibergehende Fliissigkeit nicht rnehr brenat, so scheidet sic11 nach vierund- zmanzigsttindigem Stehen an einem kiihlen Orte am Boden des Gefssses eiiie dunkelgriine Masse von salbennrtiger Con- sistenz ab, von welcher die iiberstehende, rothbraune Fliissig- keit abgegossen werden kann. Die grtine RiIasse enthalt niir iiusserst geringe lliengen von Fett sie besteht hauptsiichlich ausWachs, das von Chlorophyll griin gefiirbt ist. Das Wachs selbst ist, wenn man es gereinigt hat, vom Bienenivachs nicht zu unterscheiden. Mulcler hat schon vor langer Zeit diese Beobachtung an dem Waclise von Blattern anderer Pflanzen gem ach t.

Die von dem Wachse und Chlorophyll abgegossene Fliis- sigkeit mird filtrirt und der Destillation unterworfen bis aller Alkohol verjagt ist. Beim Erkalten setzt sich ein Boclensatz ab, welcber der Hauptniasse nach aus zmei Substnnzen he- stclit , wiihrend Gerbsiiiure nnd andere Bestandtheile in der Liisuiig bleiben, die sich anch in Clem wiisserigeu Decocte der Wliitter finden , da einc volllrommene Erschiipfung derselben mit Wasser vor der Bebandlung mit Weingeist nicht stattfand.

Um die beiden Substanzen von einander zu trennen, wurclen sie mit einem Gernisch von Essigslure und Wasser zum Sieden erhitzt iincl die Lijsung heiss von cleni Ungelosten durch ein Filter gctrennt. Beim Erkalten scbieden sich einige Blebende Flocken nb, die entfernt wnrden. Die lilnre Fltissiglreit liess

Von

J a w n . 1. i m k t Ctwmic. CIV. 7 . 25

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auf Zusatz von Wasser einen zimrntbraunen Niederschlag in Menge fallen, der auf einem Filter gesamnielt und mit Wnsser gewaschen wnrde. Nit Wasser erhitzt wird diese braun; Substnnz weich, vereinigt sich zu einem schmarzbraunen Harz- klumpen, der erkaltet sprbde ist und sich zu einem rehfar- benen Pulver zerreiben liisst. Zur weiteren Reinigung wurde diese Substmz in Weingeist gcliist und die concentrirte Lii- sung mit concentrirter Aetznatronlauge versetzt und gescbiit- telt. Die Natronverbindung des Harzes setzt sich an den Wlinden des GefZsses als Ueberzug und in der Fliissigkeit in Form von Klurupen von brauner Farbe ab. Die gelbgefiirbte Fltissigkeit lrann davon ahgegossen merden. Die Natronver- bindung liist sich leicht in Wasser auf. Aus der rothbraunen Losung fd l t Salzsiiure das FInrz in gelatin6sen Flocken von der Farbe des Eisenoxydbydrats. Man WSsclit diese anfangs rnit Wasser von gewiihnlicher Temperatur, zuletzt rnit heissem Wasser aus, wobei die gelatinbe Beschaflenheit sich sehr vermindert. Beim Erhitzen mit Wasser bemerlit man einen schmachen, siisslichen Geruch, der zugleich an den vou Aepfeln erinnert. Er riihrt von Sporen eines fliichtigen Riirpers her, der beim Behandeln mit siedendem Wasser schuell hinweg- gesch aff t is t.

Wird das lmune FIarz mit Kali- oder Natron-Lauge ge- kocht , so erhiilt man eine Lbsung , die sich an der Luft unter Sauerstoffaufnahnie rbthet nnd in nichts poll der Liisung des Kastanienroth in Yiedender Aetzlauge sieh unterscheidet.

Ich habe dieses Harz bei 1000 C. in eincm Strom von Kohlensiiure getrocknet analysirt. Wie die folgenclcn Zahlen zeigen, enthzlt die Snbstanz in diesem Fa& noch Wasser, welches durch Erhitzen auf hoherc Teniperaturgrade ausge- trieben werden kann.

0,223 gaben 0,493 Rohlensiiure und 0,09 Wasser oder in 100 Th. 60,29 p.C. Kohle und 4,48 p.C. Wasserstoff, entspre- &end der Formel C,,H230,3 , die 60, l l Kohle und 4,42 Was- serstoff verlanngt. Die Formel, welche clie Zusammensetzung des trockenen Harzes ausdriickt , ist demnach CJ1220,, oder 432eH,,0,1 und das Rarz eine harzige Modification des I<ast,z- nienrotbs, welches bekanntlich aus Clem Kastaniengerbstoff

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Rochleder : Einige Bestandtheile der Blstter der Rosskastanie. 387

sich unter Austritt von Wasserstoff und Sauerstoff in der Form von Wasser bildet.

Es bildet sich somit in diesem Falle ein sogenanntes Harz aus einem Gerbstoff unter Ausscheidung von Wasser. Auch i11 der Kastanienrinde ist dieses Harz enthalten.

Die zweite Substanz, weiche rnit deem Karze gemengt' er- halten wurde, liess sich auf folgende Weise reinigen. Der in heisser, rnit Wasser gemischter Essigsiiure nicht gelijste, vom meisten Harz befreite Ruckstand wurde rnit heissem Essig- siiurehydrat behandelt, morin sich beinahe alles, unter Zuriick- bleiben einiger graugriiner Flocken lijste. Beim Erkalten setzten sich einige klebende Flocken ab, die durch ein Filter beseitigt wurden. Das Filtrat mit Wasser gemischt , giebt cinen grauen Niederscfilag in Form von kiisigen Flocken. Diese werden auf einem Filter gesammelt, rnit Wasser ge- waschen, mit Weingeist erwiirrnt, dem etwas Natronlnuge zu- gesetzt ist und dadurch etwas braune Natronverbindung des Harzes abgeschieden. Das gelbliche Filtrat mit Salzsiiiure nnd viel Wasser vermischt, giebt einen Niederschlag, der anf einem Filter gesammelt, feucht vom Filter geiiommen und mit Aether geschtittelt mird, der Spuren von Chlorophyll aus- zieht und etwas Wachs aufnirnmt. Nach dem Abgiessen des Aethers schiittelt man die Masse mit Natronlauge, welche sich braunlich fiirbt und eiue weisse Natronverbindung ungeliist Iiisst. Diese wird auf einem Filter gesammelt, in der kleinsten erforderlichen Wenge von Essigsiiure gelijst unci durch Zusatz von viel Wasser aus dieser Losung ausgefiillt. Die sich acis- scheideudcn Flocken sind weiss. Nach dem Waschen mit Wasser werden sie unter eine Gloclre iiber SchmefelsBure ge- bracht. Sie vermindern ihr Volum bedeutend und troclten stellen sie eine Menge blnssgelblicher, sproder, leicht zu weissem Pulver zerreiblicher , durchscheinender Klumpchen dar, die erhitzt den Weihrauchgeruch von sich geben, melchen m a n unter diesen Verhiiltuissen bei cler Chinovasiiure , dem Aesci- genin und dessen Verbindungen wahmimmt. 0,2257 davon gaben bei 1 OOo C. im Kohlens5nrestrom getrocknet 0,4927 I<olIlens%nre und 0,1701 Wasser, was auf I00 1%. berechnet, fokender Zusammensetzung entspricht :

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Rochleder : Ueber Aesczilin und Aesczilrtiii.

Oli 112 32,56 33,09 344 100.00 100,00

Der etmas zu hoch gefundene Iiohlen- nnd Wasserstoff- gehalt stammt von einer Verunreinigung mit Telaescin offen- bar nb, welches mit dieser Substanz homolog nnd von mir aus der Aescinsiiure , dem Aphrodaescin und hrgyraescin der Samen dargestellt murde. Seine Zusammensetzung entspricht der Formel CSGHJOOLI.

C34H28014 + 2HO = CI,H,,O4 + C ~ ~ ~ ~ ~ ~ O ~ ~ . Ich habe schon vor einiger Zeit nachgemiesen, dass in

den Samen statt den Verbindungen des Aescigenin (C,,H,,O,) bisweilen die entspreehenden Verbindungen von C,,H,80, vor- kommen.

Wir sehen somit, dass in den Bliittern das Material ge- bildet m i d , dessen Verbindungen wir in den Snmen antreffen. Die Menge dieser Substanz in den Bliittern ist iibrigens Busserst gering und betrug circa 0,5 Grm. auf 12 Yfunde von Bltittern.

In der Wurzel der Tonnentilka erecta wurde im Labora- torium des Prof. Hln s i we t z derselbe Gerbstoff nachgewiesen, den ich in der ltosskastnnie aufgefnnden hsbe. In der Tor- mentilla ist er beglei t et von Chinovssiiure , die dsraus ent- steht, wie das Aescigenin in cler RossBastanie sich daraus bildet. Aescigenin , C,,H,,O,, untl Chinovasiinre , C,sH380s, stehen im nahen Znsnmrnenhnng , den festzuatellen ich mir zur Aufgabe gemacht habe.

LVIII.

Ueber A esculiit nncl Ae.rc.rrlefin. Von

Dr. Friedrich Rochleder. (A. d. 57. Bde. d. Sitzb. (1. kaia. Aknd. d. Wissensch. zii Wen. April 1868.)

Wird Aesculetin in Wasser vertheilt mit Natriumamal- gam behandelt, wKhrend ein rascher Strom yon Kohlensgure