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IV. Ueber einige Wirkungen iitheriseher Oele. (Zweiter Ar tikel.) Von C. Binz. Pharmakologische Eigenschaften iitherischer Oele habe ieh in Bd. V. S. 109--127 dieses Archivs behandelt. In Bd. VII. S. 216 er- sehien sodann 1876 eine Arbeit aus dem Laboratorium ftir experi- mentelle 1)harmakologie in Strassburg: .Beitr~ge zur Pharmakologie des Kampfers"~ yon C. Wiedemann. Die Versuehe meiner Schiller Baum und Grisar tiber ganz oder theilwcise den niimlichen Gegen- stand waren 1872 und 1873 ausftihrlich in deren Dissertationen ver- 5ffentlicht worden. 1) Wi e d e m a n n erhielt im Wesentlichen betreffs der Wirkung des Kampfers auf die Refiexerregbarkeit des Frosches die niimtiehen und sodann noch welter ausgeftihrten Resultafe wie sie. Da dem Strass- burger Laboratorium aber jene Dissertationen und aueh die unten eitirten Mittheilungen im Centralblatt entgangen sind- denn die Bonnet Namen fehlen unter den aufgeftihrten Autoren--~ so gebe ieh hier die sonst noch nicht im Einzelnen publieirten Versncbe aus Grisar's Arbeit2), welche den Kampfer ang'ehen. Versuehe mit Kampfer.3) ,Ein gesunder unversehrter Froseh wird der Prtifung mit destillirtem Wasser unterworfen; keine Reaction trat ein in 60 Seeunden. Dasselbe wurde mehrmals mit der verdtinnten Saure naeh der Ttirck'sehen Me- 1) Vgl. die erste Mittheilung yon Baum im Centralbl. f. d. m. W. 1870. 467 uad das Referat ~ber Gri sar ebenda. 18~4. 77 (Eadziejewski). 2) S. 32 und S. 52. 3) Ich folge [~berall der Schreibweise der Deutschen Pharmakopoe.

Ueber einige Wirkungen ätherischer Oele

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IV.

Ueber einige Wirkungen iitheriseher Oele. (Zweiter Ar tikel.)

Von

C. Binz.

Pharmakologische Eigenschaften iitherischer Oele habe ieh in Bd. V. S. 109--127 dieses Archivs behandelt. In Bd. VII. S. 216 er- sehien sodann 1876 eine Arbeit aus dem Laboratorium ftir experi- mentelle 1)harmakologie in Strassburg: .Beitr~ge zur Pharmakologie des Kampfers"~ yon C. W i e d e m a n n . Die Versuehe meiner Schiller B a u m und G r i s a r tiber ganz oder theilwcise den niimlichen Gegen- stand waren 1872 und 1873 ausftihrlich in deren Dissertationen ver- 5ffentlicht worden. 1)

Wi e d e m a n n erhielt im Wesentlichen betreffs der Wirkung des Kampfers auf die Refiexerregbarkeit des Frosches die niimtiehen und sodann noch welter ausgeftihrten Resultafe wie sie. Da dem Strass- burger Laboratorium aber jene Dissertationen und aueh die unten eitirten Mittheilungen im Centralblatt entgangen s i n d - denn die Bonnet Namen fehlen unter den aufgeftihrten Autoren--~ so gebe ieh hier die sonst noch nicht im Einzelnen publieirten Versncbe aus G r i s a r ' s Arbeit2), welche den Kampfer ang'ehen.

V e r s u e h e mi t Kampfer .3) ,Ein gesunder unversehrter Froseh wird der Prtifung mit destillirtem

Wasser unterworfen; keine Reaction trat ein in 60 Seeunden. Dasselbe wurde mehrmals mit der verdtinnten Saure naeh der Ttirck'sehen Me-

1) Vgl. die erste Mittheilung yon Baum im Centralbl. f. d. m. W. 1870. 467 uad das Referat ~ber Gri sar ebenda. 18~4. 77 (Eadziejewski).

2) S. 32 und S. 52. 3) Ich folge [~berall der Schreibweise der Deutschen Pharmakopoe.

Ueber einige Wirkungen ~therischer 0ele. 51

rhode vorgenommen. Hierbei zeigte sieh Zuriickziehen des Beines ans der Siiure naeh Seeunden:

Reehts Links 9 8 6 7 7 8

Jetzt bekam der Frosch 0~3 einer L6sung yon 1~0 Kampfer in 10~0 Oliven01~ also etwa 0~03 Kampfer subeutan beigebraeht und nnter die Haut verrieben. Der Frosch ist anfangs sehr erregt.

~, L~ Naeh 15 Min. 8 8

, 3 0 , 2 0 2 1

, 4 5 , 2 0 2 0

. 6 0 , 3 7 3 8

, 75 , 45 43 , 90 , 46 49

Beim Anfassen straubt sieh der Froseh lebhaft und beruhigt sich erst nach und nach.

�9 Die Abwehrbewegungen sind jetzt weniger ener- gisch. Die Riiekenlage wird noch nieht ertragen.

Die Rtiekenlage wird ertragen. Zuweilen maeht der Froseh Versuehe die Extremitliten zu bewegen~ dies gesehieht jedoeh in zitternder~ nicht mit der geh6rigen Energie ausgeftihrter Weise.

Dcr Frosch liegt vollstiindig apathisch auf dem Bauehe und zeigt alle Symptome einer intensiven Narkose.

,, 105 , 37 39 , 120 ,

Der Frosch maehte keine Refiexbewegung wahrend weiterer 3 Mi- nuten, we seine Pfoten in die S~ture getaueht waren. Nut beim 130. Metronomschlage zuckte der gauze K6rper ohne dass jedoeh eine PfoLe aus der Si~ure gehoben win'de. Auch bei 2 folgenden in Pausen von 15 Minuten vorgenommenen Proben trat keine Reflexbewegung ein. Be- tupfen mit concentrirter Essigsaure hatte nach 4 Secunden energisehe Abwehrbewegnngen zur Folge. Am folgenden Morgen~ etwa 19 Stunden nach Beginn des Versuches~ trat noch keine Reflexzuekung ein bei 1 Mi- nute langem Eintauehen in die S~tnre. Auch ausserlieh zeigte das Thief noch alle Symptome einer tiefen Depression~ es lag platt auf dem Baneh% athmete kaum siehtbar~ der Muskeltonus war geschwunden~ :Nadelstiehe bewil'kten keine Reaction. Ers~ am Abende des 3. Tages~ wiihrend weleher Zeit der Froseh ~ifters abgespiil~ und in einem gut ventilirten feuchten Glasgefiiss aufbewahrt wurde~ hatte er sich wieder etwas erhol~ bediente sieh seiner Extremitiiten wieder and beantwortete angebraehte Reize mit Reflexbewegungen. Am 5. Tage naehher war das Thier wieder taunter.

Yersueh. Ein 2 T~ge vorher pri~parirter Reflexfi'osch 1) wnrde benutzt. In

l) Vgl. dieses Archiv. V. ii5. 4*

52 IV. C. BIsz

destillirtes Waser getaucht, reagirte er nieht; zeigte er folgenden Zustand der Reflexthi~tigkeit:

~. L, 9 1o 7 9 9 10

~ach 15 Min. 3 3 , 30 , 2 3 , 45 ,, 3 3

, 60 , 8 9

mit der S~ture geprtift

, 75 , 13 17 , 90 ,, 35 35 , 105 , 30 3I , i20 , , 135 , n 1 5 0 ,,

Der Frosch bekommt jetzt 0,03 Kampfer in obiger L6sung beigebraeht und unter die Haut verrieben. Aueh dieser Frosch zeigte sofort nach tier Injec- tion grosse Erregtheit, welche sich erst nach und nach verlor.

Der Frosch liegt auf dem Banche, ohne sich auf die Extremit~ten zu sttitzen. Die Respiration ist

. verlangsamt.

Auch 20 Stunden naeh Anfang des Versuches lag die Reflexerreg- barkeit noch so darnieder~ dass 3 Minuten langes Eintauehen in die Saure keine Reflexbewegung hervorbrachte. Der Froseh blieb am Leben und zeigte erst am 4. Tage annahernd normale Verfassung.

An racine Versuche mit dcm Kampfcr kntipfe ich folg'cnde Be- trachtung tiber dessert Einfluss auf den Kaltbltiter. Der Kampfer sctzt, in noch nich$ t0dtlichen Gaben bcigcbr~cht, bci Fr~ischen be- deutcnd die Reflexthi~tigkeit herab. Das hi~ufig beobachtete Steigen dersclben in der n~chsten Zeit nach der Einverleibung, we sich ausserlich bereits eine Hcrabsetzung dcr vitalcn Funktionen bemerk- bar macht, theilt der Kampfer mit dem BaldrianS1 und dem Kamil- lenS1. Ueber die Ursache dieser Erschcinung habe ich reich bereits ausgesprochen. Was die Bemerkung M o n r o ' s angeht, wonach der Kampfcr auch bei Friischen Kri~mpfe hervorbringen sell, so bcruht diesclbe wohl aufungcnauer Beobachtung folgender ErsChcinung, die bereits im ersten Versuche angcdeutet und ~uch sonst noch h~ufig yon mir gesehen wnrde: Zu einer Zeit, we die Intoxication noch keine vollst~ndige ist, macht der Frosch mitunter noch Bewcgungs- versuche, die jedoch night mit dcr Energie wie beim normalen Thicr ausgeftihrt werden, sondern yon zitterndem, hi~sitirendem Cha- rakter sind, fihnlich den Bewcgungcn, wie wir sic bei mit Sklerose

Ueber einige Wirkungen atheriseher Oele. 53-

der Centralorgane Behafteten sehen. Es ist klar , dass jene Bewe- gungsversuehe mit Krampfen verwechselt werden ktinnen. Was die St~trke der Kampferwirkung betrifft, so ist sie wohl noch fiber die des Baldriant~ls zu setzen~ da die Intoxication einestheils frtiher auf- tritt, anderntheils l~nger anhalt".

Als 20. und 21. Versuch der ganzen Reihe fiihrt dann G r i s a r Folgendes vor:

K a m p f e r u n d B r u c i n .

Ieh wollte sehen, ob die Verschiedenheit in der Dosirung prineipielie Untersehiede betreffs der :Nervenwirkung bedinge; ob also das Oel in dem einen Falle die Kr~mpfe verst~rke oder dieselben mehr hintanhalte. Es wurde nan der Versueh in der Weise modifieirt~ dass die Thiere naeh ihrem K~rpergewieht proportional im Verh~ltniss 1 : 2 : 4 Kampfer be- kamen~ w~hrend Bruein in relativ gleieher Menge gegeben wurde. Die Erregung musste daher bei alien Thieren gleieh stark sein~ w~hrend das Oel~ welches gegen die Erregung wirken sollte~ sich versehieden stark verhieit. Es wurden 3 FrSsehe benutzt, A wog 39,0 und bekam 0,0002 Brucin~ B wog 40~0 and bekam 0~00023 Bruein, C wog 47 und bekam 0~00028 Bruein. Gleieh nach der Brucinvergiftung wurde der Kampfer injieirt und zwar bekam

A ~ 0~01~ B ---~ 0,02, C ~ 0704. 60 Min. A bekommt geringe Convulsionen beim Ersehtittern des

Tisehes; im Uebrigen sitzt er ruhig da~ ohne sieh zu bewegen. B liegt auf dem Bauehe, die Extremit~iten sind an den KOrper gezo-

gen, bei Ersehfitterungen und taetilen Reizen erfolgen kurze Zuekungen. C zeigt ausser ziemlieh starken Symptomen der Kampfervergiftung

niehts besonderes. 100 Min. Die KrKmpfe bei A sind etwas starker wie vorher. B zuekt ebenfalls stfixker zusammen bei Erschfitterungen. C wie vorher. 150 Min. A, B and C zeigen bei Ersehtitterungen Zuekungen; bei

A~ wo sie in ganz geringem Grade aueh spontan auftreten~ sind sie am st~,rksten~ bei C beschr~tnken sie sieh nur auf kurzes Zucken der Ex- tremit~ttenmuskeln.

200 Min. S~mmtliche Thiere befinden sleh in derselben Verfassung wie vorher.

300 Min. A hat immer noeh schwache Convulsionen beim Klopfen an den Tiseh~ spontan nicht mehr, sieht tibrigens wohl a~ls~ halt den Kopf hoeh~ bewegt sieh haufig in seinem Glase umber.

B und (3 zucken noeh zusammen bei einmaligem Erschiittern, bei Wiederholung desselben nieht mehr. B ist ziemlich lebhaft und wider- strebt,, wenn er in die Rtlckenlage gebraeht wird; weniger ist dies bei C der Fall~ der auf den Riieken gelegt liegen bleibt.

Am folgenden Morgen war: A sehr taunter und lebhaft~ htipft umher~ zeigt keine Spur yon

Kritmpfen oder Ersehlaffung mehr.

54 IV. C. Bi~z

B ebenfalls taunter, aber weniger wie A. Beim Anfassen leistet er energisehen Widerstand.

C liegt platt auf dem Bauche, ohne sich auf die Extremitaten zu sttitzen; bei taetilen Reizen zuekt er leicht znsammen, auf den Rtieken gelegt, vermag er sieh nieht selbst aus dieser Lage zu befreien. Seine vollst~ndige Erholung war erst am Abend des 3. Tages zu constatlren.

K a m p f e r n u d S t r y c h n i n .

W~thrend sonst bei den Strychninversuchen die Fr6sehe vor der Strychninvergiftung dutch Marktrennung deeapitirt waren, wurde diesmM mit unverletzten Thieren experimentirt.

K bekommt 0,01 Kampfer und I Stunde sp~ter~ wo er aber noch sehr taunter war, 0,00002 Strychnin.

S bekommt gleichzeitig 0,000016 Strychnin, etwas weniger wie M, well er etwas kleiner war.

60 Min. Beide Thiere sind sehr unruhig, Kr~tmpfe treten weder spontan noch nach Reizungen auf.

90 Min. S bekommt kurze spontane Streckkr~mpfe, die sieh alle paar Minuten wiederholen.

K sitzt rtthig aufreeht, niehts Abnormes ist an ihm bemerkbar. 100 Min. Die Krampfanfalle werden so heftig, dass S auf den

Rtieken geworfen wird. K wie vorher. 110 Min. Die Convulsionen bestehen bei S gleich heftig fort und

werden bei Ersehtttterungen starker. K ist ganz gesund, htipft sofort weg, wenn die Glocke geliiftet wird. 120 Min. Bei beiden Thieren der n~mliche Zustand. 150 Min. Bei S lassen die Convulsionen nach und treten nnr nach

Reizen auf; er ertr~igt die Rtickenlage. K noeh ganz wohl, schreckt nur etwas zusammen beim Erschiittern;

straubt sich beim Anfassen, versucht wegzuspringen und ertragt die Rtiekenlage nieht.

W~thrend der folgenden Zeit wurden die Convulsionen bei A schw~eher und sehw~cher, so dass er nach ca. 7 Stunden nur noeh zttsammenzuekt bei angebrachten Reizen.

K sitzt ruhig da und blieb krampffi'ei, die Nickhaut reagirt jedoch weniger energisch wie bei S.

Diese mit dem Kampfer angestellten Versuche sind nach mehr als einer Richtung hin interessant. Sie zeigen uns zun~chst, wie der beim Warmbliiter kr~mpfemachende Kampfer bei gleichzr angewandten Tetanicis diese bei FrSschen vollst~ndig paralysiren kann; ja aus dem 20. Versuche ersehen wir , dass der Frosch, der die st~rkste Kampfergabe bekam, am freiesten war yon pathologi- schen Reflexerscheinungen. Allerdings erholte er sich auch am sp~testen, w~ihrend alas mit der geringsten Kampferdose vergiftete Th ie r am frt~hsten die Zeichen ~usserlichen Wohlbefindens darbot.

Ueber einige Wirkangen ~itherischer Ode. 55

Ich habe hier keinen KampfGr-A m m o n i a k v e r s n G h angeftihrt. obwohl ich dieselben mit dGm besten Erfolg mehrfach anstellte. Ich glaubte wegen der ganzlichen Uebereinstimmung in den Resul- taten davon Abstand nehmen za dtirfen".

Was yon uns mit dem Kampfer an Fr~ischen gezeigt wurde, das bewahrte sich mit den ~therischen Oelen yon Valeriana offici- nalis, Eucalyptus globulus~ Matricaria Chamomilla, Cnminum Cymi- num und Foeniculum officinale, theils an jenen Kaltbltitern thetis an

�9 Kaninchen.1) H. K (i h 1 e r iligte in ether Nachuntersuchung diesen sechs Oelen ein siebentes, alas O1. T e r e b i n t h i n a e , hinzu 2) - - nachdem ich selbst darauf hingewiesen hatte, dieses Archiv V. S. 119 - - and sagt dann3):

,Reizung der Reflexhemmungscentra tritt in solcher Intensitlit ein, dass die Reflexcentra reizende Gifte, wie Ammonium carbonicum and Strychnin, in ihrer Wirkung paralysirt werden. Einen Antagonismus ver- sehiedener ~ttherischer Oele dcm Strychnin und kohlensauren Ammonium gegentiber haben schon Th. S i e g e n und v. G r i s a r 4 ) 1873 wahrge- nommen. Ihre an Fr0schen und Kaninchen crlangtcn Versuchsresultatc werden e x a c t er dahin zu praeisiren seth, dass wiederholt beigebrachtc kleine Mengen TerpenthinS1 durch Reizung der Reflexhemmungscentra bet den genannten Versuchsthiercn nach bewirkter Strychninvergiftung Lebensrettung bedingen k6nnen~ diese gttnstige Wirkung aber nur solange als die Thierc unter dem Einfluss kleiner Terpeutin01-Gaben stehen (oder~ mit anderen Worten v011ig reflexlos sind), eintrltt. Ist dieses Stadium vortibergegangen and haben unter Completwerden der Liihmung der Re- flexhemmungseentra des Thieres die Reflexcentren das Ucbergewicht be- kommen~ so kann Terpentin(il selbstrcdend ether Excitation dieser le$ztern durch Strychnin keinen Widerstand entgegensetzen und muss somit als Strychninantidot wirkungslos sein"

Ich kann diese grSssere Exactheit ~), welche H. K S h l e r G r i - s a r ' s und mGinGn Resultaten yon sGiner Seite angedeihen lasst, night acceptiren.

H. K 5 h 1 e r sagt night, we l che , Reflexhemmungscentra" er meint.

l) Dieses Archly. V. S. 118. 2) Centralbl., f. d. reed. W. 1877. 129. 3) Schmidt's Jahrb. 1877. 4. 20. Originalreferat fiber H. K6hler ' s und R.

Kob ert's Untersuchungen. 4) Wo Siegen's und Gr i sa r ' s Yersuche zu lesen sind und wer deren

geistiger Urheber ist, das verschweig t H. KShler krampfhaft, trotzdem er sie der Nachuntersuchung wtirdigt und eine Vorli~ufige hIittheilung im Central- blatt (i877. 129), eine Dissertation und obigen Artikel aus ihrer Wiederholung maeht. Ein ganz anderes Schicksal wfirde reich getroffen haben im Fall der Nichtbest~tigung (vgl. dieses Archly. VII. S. 282).

5) Der Sperrdruck des Wortes oben rtihrt yon mir her.

56 IV. C. BI~z

In tier Dissertation seines Sehtilers jedoeh, welehe dieser die Giite hatte mir zuzusenden, finde ieh Seite 63 und 64 iblgende Siitze:

,Wir milssen also den Grisar'schen Satz vom Antagonismus des Strychnins und der atherischen 0ele ftir das TerpenthinO[ dahin modi- ficiren~ class durch kl c ine Dosen die Wirkung des Strychnins ab g e- schw~tcht~ dutch g r o s s e dagegen g e s t e i g e r t wird.

Wie aber erkl~iren wit uns dies? Sicher nnr durch die Annahme, dass dutch kleine Dosen die reflexhemmenden Centra gereizt, durch grosse aber geli~hmt werden. Der Sitz dieser Centra ist im Rtickenmark, da die Erscheinungen an Fr~sehen, deren Gehirn ausser Function gese t z t ist~ noch ebenso auftreten wic an intacten Thieren".

Da die ffanze Arbeit nach Inhalt und Form eine yon K i i h l e r inspirirte und geleitete ist, und da er persSnlich aus ihren Resul- taten die oben eitirten Schltisse zieht, so hat mcine vertheidigende

K r i t i k nattirlieh nur mit ihm zu verhandeln. K ( i h l e r basirt seine ,exaetere Pri~cision" yon G r i s a r ' s und

meinen Ergebnissen~ welche er am Terpenthin(il geprtift hat, auf 4 gelungene and 13 misslungene Versuche. Da in jenen nut k l e i n e "Gaben zur Wirkung gelangten, wie er meint, so bilden sic den cincn der beiden Pfeiler~ worauf sein exaeterer Schluss ruht. Es ist noth- wendig, die 4 gelungenen Vcrsuche sich nigher anzusehauen.

Die 3 ersten davon (S. 57) sind Copied der yon arts beschrie- benen, nur mit dem Untersehied~ dass K S h l e r ' s Thiere g r o s s e Gaben des Oels subcutan bekamen. G u t gclunffen ist iibrigens nur der dritte yon ihnen. Ein Kaninchen yon 360 Grm. erhiilt 1~0 01. Terebinthinae, ein anderes yon 425 Grm. 0,$ 01. Tercb. und ein ]=fund yon 1050 Grm. binnen $6 Minuten 4~0 Grm. O1. Terebinthinae. Ieh nenne diese Gaben gross im Verh~ltniss zu den yon mir be- nutzten; alles in allem jedoeh lassen sic sich weder als gross noch klein bezeichnen, da man nicht weiss, wieviel resorbirt worden ist. Das gibt K o b e r t auf S. 59 selber an und deshalb wird als ent- seheidend ftir die Frage, wie die k l e i n e n Gaben wirken, der 4. Vet- such yon dieser Reihe unternommen. Er lautet S. 61 wSrtlieh:

, V e r s u c h 56. Ein mi~nnl. Hund yon 2100 Grm. erhalt in 35Miu. 0~05 Terpentiniil in 1 proe. Emulsion in die Vene und sodann 2,0 Mgrm. Strychnin subcutan~ wahrend die flit ihn bereehnete Minimaldose nnr 1~57 ist. Ich gab aber glcich 2~0, well der HuM den V o r z u g d e r k t i n s t l i e h e n R e s p i r a t i o n l) vor den frtiherenThieren voraus hatte. Indessen kommt dieser Vorzug doch nur wahrend der tetanisehen An- falle zur Geltung undist auch selbst hierbei nur yon zweifelhaftem Werth.2)

1) ,,SIaeh Leube , Arch. f. A. u. Ph. 1S67. S. 629. 2) l~/aeh Jochelson , bei Rossbaeh, I. 92." Der Sperrdruck ist vonmir.

Ueber einige Wirkungen i~therischer Oele. 57

Unser Hund bekam aber nach der Injection tiberhaupt keine Symptome tier Strychninwirkung, sondern lag absolut wie leblos da. Es wurde daher 'noeh ein Mgrm. Strychnin injicirt und wieder ohne Erfolg. Er batte somit fast alas Doppelte der Minimaldose. 18 Minuten nach dieser Injection win'de ihm ein viertes Mgrm. beigebracht lind endlich traten Zuckungen .auf, yon denen sieh annehmen liess~ dass sie sich sehr sehnell zu Tetanus steigern warden. Dies gesehah aber nicht, sondern sie waren nach 30 Minuten fast, Und nach 50 Minuten gauz und gar voriiber und es wurde daher yon Neuem injieirt: 6 h 30 m Injection yon 0,3 Mgrm. Strychnin. 6 h 45 m , , 0~3 , , 6 h 55 m . . 0~4 ~, .

Es treten starke Krampfe der Rumpfmuskeln auf aber keine Nacken- starre und keine Betheiligung der Extremitiiten 7 die bei tetanischen An- fallen doeh nie fehlt. 7 h 0 m Injection yon 0,5 Mgrm. Stryehnin. 7 h 10 m . . 0~5 ,, ,, 7 h 15 m . . 0,5 . . 7 h 25 m . . 1,0 ,~ ,,

Eudlich kommt es zur Nackenstarre! Die Ftisse sind aber immer noeh unbetheiligt. Auch sind die Kr/impfe iiberhaupt nicht continuirlieh, sondern ]assen Pausen zwischen sich frei~ in denen der Hund v611ig reactionslos ~]aliegt. 7 h 30 m Injection yon 1~0 Mgrm. Stryehnin. 7 h 35 m . ,, 1~0 . . 7 h 40 m ,~ . 1~o ~, ;, 7 h 45 m ~, , !;0 ~ ~; 7 h 50 m ,, . 1,0 . . 8 h 0 m ~, . 1,0 ;, ~

In dem Verhatten des Thieres ist gar keine Aenderung eingetreten. Hin und wieder ein Krampfanfall mit oder ohne Naekenstarre~ das ist alles~ was durch die vielen Strychnininjectionen erreieht ist.

Der vorgertickten Zeit wegen wird dem Versuche durch Einstellen der ktinstliehen Respiration ein Ende gemacht."

Der Verfasser fithrt dann fort :

,Dieser Versueh bewies auf das Glitnzendste, dass unsere Vermu- thung richtig gewesen war; es existirt also eine Versehiedenheit der Wirkung des Terpentin61s dem Strychnin gegentiber je nachdem es sieh um kleine oder grosse Terpentin61dosen handelW.

Dass grosse Dosen eines iitherisehen Oeles anders wirken als kleine, braucht wohl nicht erst bewiesen zu werden; dass grosse Dosen ein t(idtendes Gift werden kSnnen da , wo mi~ssige ein Heil~ mittel sind, ist ebenthlls ein altes Gesetz. Ich sehe deshalb yore Glanz der Beweisft ihrung hier noeh weniger wie yon dem des Ter- penthin(ils, yon letzteren eine last nur homtiopathische Spur; denn dass 0~05, d. i. ein kleiner Tropfen des Oels, im Stande sein sollen 7

58 IV, C. BI~z

bet einem Hunde yon 2 Kilo ganzen i2 Mgrm. Strychnin das Gleich- gewicht zu halten, muss ich auf Grnnd zahlreicher Experimente fiber die Wirkung ~therischer Oele entsehieden verneinen. Was abet in dem K 5 hle r' schen Hauptversuch ~ der die ,glanzende" Wirkung ether versehwindenden Gabe Terpenthin~l und damit die exactere Theorie beweisen soll~ sehr deutlieh hervortritt, das ist die Wirkung der anhaltenden k t i n s t l i e h e n R e s p i r a t i o n .

Ich touche aufmerksam auf den Sehluss des Protokolls: Ein= s t e l l e n de r k t i n s t l i e h e n R e s p i r a t i o n m a e h t d e m V e r s u e h s in Ende . Man braucht sich nicht anzustrengen, um die Art dieses Endes zu gewahren; wie stets bei solcheu Dosen Strychnin~ kann es nut ein Earle durch Stryehnintod seth. Und damit stimmt, dass es his dahin ausblieb. K ~ h l e r llisst seinen Sehtiler zwar die Ver- suche yon J o e h e l s o n in der Anmerkung citiren~ urn mit einem Schein yon Recht sagen zu k(innen: die kttnstliehe Respiration hat hier niehts zu Stande gebracht~ das that allein das TrSpfehen Ter- penthin~il, - - die neueren entseheidenden Versuehe yon B u e hh ei m ~) aber werden trotz Ki~hler 's ,langjithrigen Literaturstudien" mit keiner Silbe erwi~hnt, denn mit ihnen w~re der Sehluss aus Versuch 567 dass 0705 Terpenthin~il eine sehwere Strychninvergiftung aufge- halten haben, unvereinbar gewesen. B u e h h e i m beweist~ dass das Anstellen ktinstlicher passiver Bewegungen beim Thief, wie die ktinstliehe Respiration sie mit sieh bringt~ die Stryehninwirkung unterdriieken kann. Es liegen demnaeh drei Naehweise klar auf der Hand, dass der entseheid'end sein sollende Versuch verkehrt an- gestellt und verkehrt gedeutet worden ist. Sie sind:

I. Eine Dosis yon 0,05 Terpenthin~il ist bet einem ruhig gehal- tenen Thier yon 2100 Grm. hie im Stande, t2 Mgrm. Stryehnin in ihrer tetanisirenden Wirkung sichtbar abzusehwgehen.

II. Der Sehluss des K o b e r t'schen Protokolls deutet darauf hin~ dass das Thier mit dem Aussetzen der passiven KSrperbewe- gungen am Stryehnin zu Grunde ging.

II[. Die angestellte ktinstliehe Respiration~ beziehentlieh die yon ihr bewirkte Motion grosset Muskelgruppen (B nehhe i m ) ist ein ausreichender Grund ftir das relativ gelinde Auftreten der Kr~mpfe.

Weshalb K( ih le r gerade bet diesem Versueh die naeh seiner l~einung fragwttrdige ktinstliehe Athmung maehen liess, wiihrend sie bet keinem der letal abgelaufenen Fiille dieser Reihe angedeutet wlrd~ ist zu untersuehen meine Saehe nicht. Einen Grund dafiir finale ich

1) Archiv far Physiologie. 1875. XI. i77.

Ueber einige Wirkungen ~therischer Oelo. 59

bei K o b e r t nirgends angeftihrt. Ieh habe nun mit wenigen Worten auf die 13 n e g a t i ven Versuehsresultate hinzuweisen.

Vorher schon erinnerte ich daran, dass jedcs Uebermaass eines Heilmittels sieh mit der zu bekampfenden Krankheitsursache sum- miren muss. Entweder geht der Patient an beidem zusammen oder an der Ftflle des I-Ieilmittels allein zu Grunde. Nieht anders ist es speeiell bei den ~ttherischen Oelen. Dass sie in grossen Dosen giftig wirken, bedarf kaum noch der Erwahnung. Sic narkotisiren dann eben alles: Gehirn und Herz, Medulla und Rtickenmark, alle mit einander werden yon ihnen gelahmt i), aueh die reflexhemmenden Centren, wenn es deren eigens angelegte tiberhaupt gibt. Ftir das Gehirn hat sic S e t s e h e n o w selbst zweifelhaft gemacht2), Nr das Rtiekenmark sind sic meines Wissens noeh nieht aus dem Stadium der yon N o t h n a g e 1 experimentell aufgestellten Flypothese heraus- gewaehsen.

Von jenen 13 Versuehen also erseheinen zuerst S. 59 deren 107 in welehen das Terpenthinbl in starker Dosis i m m e r direct yon einer Vene aus zur Injection kam, das Stryehnin r u e i s t e n s (in drei Fallen subcutan, in einem fehtt jede Angabe). Das ist aber fur solche Versuche eine so gewaltthatige Methode~ dass alles Be- rechnen yon t~3dtliehen MinimaIdosen -- abgesehen yon deren be- deutenden Schwankungen je nach Race, Futterzustand u. s. w . - bier werthlos bleibt. Gebe ieh wirklieh zu, das Terpenthin~l habe in diesen 10 Fallen, well in grosset Dosis rasch beigebracht, den Tod beschleunigt, so folgt doeh darans vorlaufig welter nichts, als dass die direct athemlahmende Wirkung des Oels der tetanisirenden des Stryehnins in die Band arbeitete, statt wie es bei ruhigem~ all- mahlfehem Einfluss der Fall ist, diesem die Angriffspunkte zu ver-. lcgen.

Ebensowenig irgend etwas noeh Unbekanntes aufki~rend slnd die 3 tibrigen Versuehe dieser Reihe mit 3,7 Mgrm. Strychnin bei einem Kaninehen, 11 nnd 7 Mgrm. bei zwei Hunden. Jenes Thier erhNt in 21/2 Stunde 0,3 des Oeles, das zweite in l0 Minuten 0,2 direct in die Vene~ das letzte ebenso binnen 21/"6 Stunden. Alle 3 bekommen Krampfe mad alle 3 sterben. Wir haben aus diesen Fallen einfaeh die wiehtige Neuigkeit zu schliessen~ dass Stryehnin giftig ist, hbehstens noch sonst~ dass Terpenthinbl die Krampfe vortiberg'ehend etwas aufhalten kann, wenn die Dosis des Alka-

1~ Vgl. dieses Archly V. 19. 2) Daselbst S. 12.

60 IV. C. B~Nz

loids keine geradezu tiidtliehe war; aber yon dem geringsten Hin- wets auf gewisse noch dunkle Theile des Nervensystems, yon Re i - zung r e f l exhemmender Centren u. dgl. ergibt sich keine Spur.

ttier zur bessern Orientirung der erste dieser 3 Versuche:

.Ein m~nnliches Kaninchen yon 1260 Grin. erhalt in zwei und einer halben Stunde 0,3 Terpenthin(il in tproe. Emulsion und sodann die ibm entsprechende Minimaldose des Stryehnins, n~mlieh 1,2 Mgrm. Da die- selbe aber absolut wirkungslos bleibt~ erhi~lt es in den folgenden 30 Mi- nuten 5 weitere Injeetionen yon je 0,5 Mgrm. Stryehnin~ worauf endlieh klonische Kri~mpf% bald darauf Tetanus und Opisthotonus eintreten und den tSdtlichen Ausgang herbeiffihren".

Somit hat It. K~ihler ftir alas Terpenthin~l nieht bewiesen, was er betreff des Zustandekommens seiner Wirkung gegeniiber den TetanMs aufstellte und was er indirect auch auf die Bonuer Unter- suehungen tibertrug. In letzterer Beziehung kann nicht gesagt wer- den, K S h l e r spreehe nur yore TerpenthinS1; denn aus seinen vor- her (S. 55) citirten Worten erhlilt man nothwendig den Eindruek, class die an diesem Kohlcnwasserstoff erlangten Resu!tate aueh ftir die yon S i e g e n nnd G r i s a r untersuchteu gelten sollen.

Wenn mein Nachuntersueher dann ferner hervorhebt~ das Ter- penthintit und, wie zwischen den Zeilen zu lesen is~, aueh die ver- wandten K~irper wirkten nur solange, als sic da seien~ so mSchte ich auch darin keine grSssere Exactheit erkennen. In der Pharma- kodynamik versteht es sich yon selbst~ dass magische Wirkungen in die Ferne, etwa aus der verschlossenen Stiipselflasche des i~the- risehen Oeles heraus, nicht vorkommeu; an eine chemische Vernich- tung des Strychnins u. s. w. dureh das Oel wird Niemand denken wollen, und somit haben wit bier, auch ohne dass dieses als etwas Neues und ,Exacteres pritcisirt" zu werden braucht~ eine Art des therapeutischen Einfiusses vor uns, wie er beim Chinin, der Digitalis, dem Chloral und sonst hundertfach sich zeigt. Gewisse Leistungen yon ihnen hSren auf~ sobald sie aus dem 0rganismus verschwuu- den stud.

Es ist ferner ganz und gar unrichtig K S h l e r ' s Behauptung~ die gttnstig'e Wirknng trete nut ein~ solange die "Thiere v~511ig r e f l e x l o s seien. Start aller weiteren Bemerkungen dariiber babe ieh einfach auf den in Bd. V. S. 118 dieses Arehivs publieirten Versueh mit BaldrianS1 und kohlensaurem Ammoniak hinzuweisen. Der weiteren Stiitze wegen setze ieh einen anderen noeh nieht publicirten Versueh aus G ris a r' s Dissertation hierher:

Ueber einige Wirkungen ~therischer Oele. 61

E u c a l y p t o l u n d B r u c i n .

Es wurden bet diesem Versuehe zwei braune, wohlgenithrte Kanin- chen benutzt.

O wog 1070~0~ B 960~0. 0 bekam 1,9 Eucalyptol, nach ether 8tund% in welcher Zeit keine

besondern Erscheinungen anfgetreten waren~ 0,0065 Brucin; gleiehzeitig bekam B 0;006 Brucin. Auch nach dieser Operation sind die Thiere ruhig~ nur etwas scheu.

Nach einer halben Stunde werden beide Thiere unruhig, besonders abet B.

45 Min. B hat jetzt die ersten spontanen Convulsionen. Athmung noch gut.

0 ist fret yon Kriimpfen~ auch naeh Ersehtitterung des Tisehes. 60 Min. B hat die ausgesprochensten Streckkri~mpfe; dieselben sind

fast permanent und werden nach ~iussern Reizen starker. 0 zeigt keine Convulsionen. Die einzigen wahrnehmbaren patho-

logischen Phiinomene bestehen in ether gewissen Unruhe~ Aengstlichkeit und Unbeholfenheit in den Bewegungen.

75 Min. Bet beiden Thieren der ng.mliche Zustand. 90 Min. Die Kriimpfe bet B sind sowohl was Intensitat als Daner

der einzelnen Fiille betrifft geringer. 0 verhiilt sieh ganz normal. Nach und naeh tritt bei B Erholnng

ein. Am folgenden Tage lauft es wieder munter umher. 0 zeigte keinerlei auffallendere pathologische Symptom% w e d e r

die e t h e r V e r g i f t u n g m i t B r u e i n , n o c h die e t h e r m i t E u e a - l y p t o l .

Und endlich habe ich dann den Vcrsuch noch eigens mit T e r - p e n t h i n ( i l angestellt, um in meinem verneinenden Urtheil nicht den geringsten Zweifel tibrig zu lassen.

T c r p e n t h i n ( i l u n d B r u c i n .

Zwei junge Kaninchen, 0 ~ 520 Grm.~ B ~ 530 Grin. yore glei- chert Wurf und gleicher Farbe.

9 h 1 0 h ] O h 10 h ;~ h 11 h l I h l l h l l h l t h 11 h l i b 12 h

45 m 0 subc. 0,25 01~ Tereb. mit ana Sfissmandel61. 5 m beiden 1 Mgrm. Brucin.

30 m B unruhig bin und her laufend; 0 sitzt ruhig. 45 m 0 subc. 0,25 O1. Tereb. wie vorher. , m beiden 0,5 Mgrm. Brucin. 5 m n 0;5 , ,

20 m ~ 0~5 , ,, 40 m ~ , 1~0 ,, ,, 42 m 0 0~5 O1. Tereb. 43 m B heffiger Krampfanfall. 46 m 0 ebenso. 55 m B heftiger spontaner Krampfanfall, worth es v e r e n d e f l - - m 0 liegt ruhig auf der Bauehseit% mit den Vorderffissen auf

den Boden sieh stemmend. Beim hnstossen mit dem Fuss

62 IV. C. Bi~z

12 h 10 m

12 h 21 m

i2 h 30 m

12 h 45 m

1 h - - m 3 h - - m 3 h 5 5 m

k r i e c h t es vorw~r ts . Dabei entsteht der Anfang eines Krampfanfalles, er bleibt aber auf ein paar leichte Zuckun- gender Unterextremitaten beschri~nkt. Wendet den Kept nach rechts und links 7 veriindert die Std- lung seiner Vorderbeine in der deutlichen Absicht, eine be- quemere Lage zu gewinnen. Athmung etwas fiber 100 in der Minut% kri~ftig. Das Thief be l eck t das Ohr des vor ihm liegenden Ca- davers l i tngere Zeit. Zustand wie bisher. Abermaliges Be l ecken des 0 h r e s wiihrend mehrerer Minuten. Mit dem Fusse leise angestossen k r i e c h t (]as Thief auf den Vorderbeinen m e h r e r e S c h r i t t welt v o r w a r t s . Das leise Bertihren der Nase, der Sptirhaare oder der Lider ru f t sofort die g e w S h n l i c h e n R e f l e x e hervor. der ni~mliche Zustand. bls auf Parese der Unierextremitiiten ausserlich ganz normal. Frisst etwas vorgelegten Klee. Weitere Kr~mpfe treten nieht auf. Das Thier bleibt mehrere Tage noeh am Leben.

Das Ergebniss dieses Versuehes ist ein dreifaehes. Es zeigt, class 1. aueh dem TerpenthinS1 die yon mir aufgefuudene Eigenschaft,

bet Thieren als Antitetanicum zu wirken, ebenso zukomnat, wie den bereits untersuchten 6 tibrigen ~therisehen Oelen. Es best~tigt meine in Bd. V. S. 119 dieses Archivs betreffs des TerpenthinSls gemachte Andeutung. Ferner, dass

2. k l e i n e Gaben des Oels n i e h t v i e l l e i s t e t e n , denn sie liessen noch den einen heftigen Krampfanfall yon 11 h. 46 m. zu; dass dagegen die allmahliehe Resorption der g r 5 s s e 1" e n Gabe yon 11 h. 42 m. jcden ferneren Krampf verhinderte. Dass endlich

3. zum A u f h a l t e n der K r a m p f e das T h i e r n ieh t r e f l e x - los zu s e in b r a u e h t e , wie das die unterstrichenen Stellen in dem Protokoll ohne weiteres lehren.

Damit stimmt recht gut dieses: Nach K S h l e r und K o b e r t reichen 0,05 Terpenthin~il in 35 Minuten gegeben aus, bet einem Hunde antitetanisch zu wirken. Nach K Sh le r in den Schmidt. Jahrb. tritt die Wirkung nur dann ein~ wenn das Thier vSllig reflex- los ist. Ich wtirde es dankbar anerkennen 7 wenn mir Jemand das zusammenreimen wollt% d.enn dass 0,05 eines der gewShnlichen ~the- rischen Oele nlcht refiexlos maeht 7 geht zu Geniige aus meinem Ver- suche (V. S. 119 dieses Archivs) hervor. Man kSnnte denken, die 0705 seien ein Druckfehler, es mtisste heissen 075; aber dagegen spricht 7 dass auf S. 60 bet K o b e r t (Vers. 51) 0,5 in 90 Minuten bereits zu den f f rossen Dosen gerechnet wird.

Ueber einige Wirkungen i~therischer Oele. 63

Demnach ist - - wenn der Leser die Benutzung K~ihler'scher Ausdrucksweise mir einmal gestatten will --~ auchjene Sehlussfo]ge tiber die Reflexlosigkeit u m g e s t o s s e n , und als saehliche Veran- lassung hierzu habe ieh Herrn K(~hler das g i i n z l i e h e I g n o r i r e n gewisser elementarer Versuehsregeln v o r z u w e r fen. ~)

Zur nochmaligen Uebersieht gebe ieh hier die Sehltisse, welehe wir aus den 1873 publicirten Versucheu zogen (bet G r i s a r S. 39):

1) 2Die untersuchten ~therisehen Oele setzen bei FrOschen, in noch nlcht tOdtliehen Gaben beigebracht, in hohem Grade die Reflexerreg- barkeit herab, welche Wirkung je nach der Quantiti~t und der Ar t des" einverleibten Oeles mehrere Tage anhalten kann.

2) Was die Stiirke und Nachhaltigkeit der Wirkungsweise be- trifft, so scheint am wirksamsten der Kampfer, daraudf das BaldrianOl, das Cham)llenOl, das Eucalyptol und dann das CuminOl.

3) dener Depression geht bet dem Kampfer, Baldria~bl, Cha- millenSl und CuminOl fast stets ein Stadium der Erregung vorher.

~) 2Die htherischen Oele wirken in schu,~eheren ~osen erregend, y'edoch geht diesel" ~iz~luss bald voritber.

5) Die iitherisehen Oele machen ihren reflexhemmenden Eindquss geltend, auch wenn Hirn und Ritckenmark getrennt sind, also ein Zu- stand geschad]bn ist, worin normaliter die Reflexerregbarkeit gestei- gert ist. Sic wirken also keinesfalls yon den unterstellten reflexhem- menden Centren des Gehirns aus.

Und aus den Versnchen des zweiten Capitels ,,tiber den Einfluss der atherischen Oele bei ktinstlich gesteigerter Refiexerregbarkeit" geht hervor~ dass durch dieselben

6) Auch bei I~7armbl~tern, natftrlieh mit Erhaltung des Lebens, die Wirkung der Tetaniea verhindert oder gemi'tssigt werden kann.

Ieh will damit jedoch nieht sagen, dass es mit Ba[drian- oder Kamillentil u. s. w. gelingen werde, heftige acute tleizzust~nde der motorischen Nervencentren beim M e n s ch e n zu unterdriieken ; ich bezweifle es sogar, denn die grossen Dosen, welche hier n(ithig stud, lassen sich ibm nur schwer beibringen und wiirden you se t - nero Gehirn gewiss sehr sehlecht ertragen. Dagegen warren unsere Versuche zum ersten Mal ein experimentelles Lieht auf das Ver- fahren der Empirie. Mein College V e i t dahier gibt mit Vorliebe bet paihologischen Reizzust~tnden der weiblichen Sexualorgane das KamillenS1 innerlich. Es ist das e ine yon den zahlreiehen Dar- reiehungen eines ~ttherischen Deles in dieser oder jener Form~ wenn

1) Vgl. z. f. d. ges. N. f. Sachsen. Bd~ 49. S. 113, und Handbuch 1875 (1. Lieferung) S. 8.

64 IV. C. Bi~z

es sieh um die Bekiimpfunff von ,Kr~tmpfen und Sehmerzen ~ der Abdominal- und Beckeneingeweide handelt. Die Depression, welehe das Experiment nur am gUckenmarke lehrte, wird sieh hier an an- deren Centren und Bahnen wiederholen; und da diese fltichtigen aber ziemlieh vorhaltenden Kohlenwasserstoffe dureh die Gewebe hindureh gehen, so ist es wohl denkbar, w ie sic ihre Wirkung yore Magen und Darm aus direct au f naehbarliehe Gewebe i~ussern.

Um eine (irtliche Wirkung der i~therischen Oele und verwandter Substanzen handelt es sich, So wie es scheint, ferner in den Ver- suchen yon H i r t , betreffend die Vermehrung der im Blut kreisen- den weissen Zellen dutch sic. Ich bin diesen Versuchen in der tibrigen Literatur nut einmal begegnet 1) und hier mit der Zugabe des Zweifels, wo as sieh um den in dieser Beziehung relativ starken Einfluss des Oleum Myrrhae handelte. Das ganze Interesse des Gegenstandes und meine mehrjiihrige Besehifftigung mit ihm legte as mir nahe, ihn durch einen meiner Schiller prtifen zu lassen. H. M e y e r ftthrte das unter meiner Aufsieht aus, besti~tigte die Re- sultate yon Hi rt im Wesentliehen und erweiterte sie.

H. K S h l e r hat nun den zahlreichen yon H i r t und yon ~ Ieye r untersuehten Substanzen das TerpenthinS1 hinzugefligt, darUber in den Sehmidt'sehen Jahrbtiehern a. a. O. berichtet, und sein Schiller K o b e r t sagt dann in der am 10. Juli c. ersehienenen Dissertation auf S. 73 dies:

,~Wir kommen nun zu dem Resuitate der mikroskopischen Blut- untersuchung, das lediglich in dem ~Nachweis ether Verlinderung der An- zahl der weissen BlutkSrperchen besteht. Dies Resultat scheint zun~ehst so unwiehtig~ dass man versueht sein k~innte, es ganz und gar mit Still- schweigen zu fibergehen. Da aber im Laboratorium des Prof. B inz einmal eine Arbeit fiber den Einfluss gewisser igherischer Ode auf die AnzahI der im Blute kreisenden weissen Ki~rperchen angefertigt worden ist~ so musste ich~ selbst wenn ich nieht gewollt hi~tte~ diese Versuche wenlgstens ftir das TerpenthinS1 wiederholen'q

Und nun folgen 14 ganze Seiten mit 10 langen Experimenten tiber diesen Gegenstand, welchen H. K( ih ler seinem Sehtiler so ,un- wichtig" erscheinen liess~ dass er ihn beinahe ignorirt hlitte~ ware nicht zufiillig bet einem Andern dartiber gearbeitet worden.

Ich muss die Ehre dieser Beriicksichtigung ablehnen zu Gun- sten der weissen Blutzellen, denn mir seheint es s e h r wiehtig, zu

1) Husemann, Pfianzenstoffe. Is70. S. 1lo2.

Ueber einige Wirkungen gttherischer Oele. 65

wissen, welehe Einfltisse die Zahl der im Blutstrom cireulirenden E i t e r e l e m e n t e mindern oder mehren, abgesehen yon vieIem an- deren, was sich an diese Gebilde kntipft. Ebenso kann ieh einiges

�9 Sonstige nicht ganz gelten lassen, was H. K Oh 1 er als Mitarbeiter an jenen 10 Experimenten tiber einen so ,,unwiehtigen" Gegenstand in seinem Originalreferat niederlegt. Er sagt daselbst:

,Beztiglich des Blutes ist zu bemerken~ dass Vff. die Angaben tL Meyer ' s in Bonn~ wonach dureh Aufnahme ittherischer Oele in das Blur so lange die Versuehsthiere (Kaninehen, Katzen und Hunde) unter der Wirkung kleiner Gaben stehen~ die , Z a h l d e r w e i s s e n B l u t k S r - p e r c h e n his auf das Doppelte v e r m e h r t wird~ bestittigt fanden. Auf die yon M e y e r nieht betonte Bedingung des Uebergangs kleiner, wieder- holt injieirter Mengen Terpenthin(tl in das Blur ist deswegen Gewicht zu legen~ well in eben dem Maasse 7 als sich die Wirkung grosser Gaben Terpenthin61 geltend maeht~ ganz audere, M e y e r eutgangene Verh~lt- uisse Platz greifen."

Und welter anf S. 21: , . . . . so liegt es klar am Tag% dass die Yermehrang der Zahl der weissen BlutkSrperchen naeh Einverleibung kleiner Gaben yon durch Oef~tssersehlaffung bedingter Begiiustigung der Einwanderung gen. Zellen aus den Lymphorganen der Bauehh~ihle dutch die Stomata der Gefasse nieht abhitngen kanu. Naeh grossen Gaben Terpenthiu(tl ist die GefiissersehlafftlUg am bedeuteudsten und gleichwohl finden sieh w~thrend des Completwerdens ihrer Wirkung gar keine (oder nur ~tusserst selten!) weisse Kiirperchen unter dem Mikroskop vet".

Dem Hrn. M e y e r bez. mir ist in dieser hngelegenheit der yon K (i h 1 e r angezogene Punkt einfaeh deshalb nicht , entgangen ", weil wir ihn nicht gesucht haben. Ich bitte den Leser, die kurzen Ein- zelheiten in Bd. V. S. 122 dieses Arehivs nachzusehen.~) Mein SchUler prtifte die Einwirkung des Terpenthin~ls nur a n sieh, mit kleinen Gaben yon S- -15 Tropfen. Ieh hatte keinen Grnnd~ ihn zur An- wendung giftiger Gaben zu veranlassen~ denn es war mir yon vorne- herein selbstverstiindlieh, dass, wenn man ein lebendes Wesen mit" Terpenthin~l todt oder nahezu todt maeht , mit manchem andern aueh die weissen Blutzellen aufhilren~ sieh zu bewegen, d. h. in die Ge- fiisse einzudringen. H. K i ~ h l e r darfdeshalb aus dieser seiner Ent- deekung keinen Grund gegen meinen Erkliirungsversueh 2) herleiten.

1) H. K6hler hat bier bei Meyer wie vorher bei Siegen und Grisar consequent in der hIethode jedwede Angabe, we die Arbeiten stehen, unter- lassen.

2) Dieses Arch. V. S. 125, 126. Ich dachte dabei vorzugsweise an die Auf- fassung, z. B. veto Bau der Milz, wie K611iker sie auf Grund der Untersu- chungen B illroth's beschreibt (Gewebelehre. 5. Aufl. S. 450). Da aber histolo- gische Dinge wandelbar zu sein pflegen, so will ich dig u zu meiner Erkl~rung gern ftir etwas Festgebliebenes fallen lassen.

A r c h l y f~r experiment, l~ u. Pharmakologie, VIII. Bd, 5

66 IV. C. BI~z

Addirt sigh zu der anfiinglichen localen Gefasserschlaffung odor Er- weiterung in Folge der ,grossen Gaben" noGh ein anderer Factor, z.B. die Starre der weissen Elemente, so ist es klar, dass dann die Dinge aueh ganz anders liegen mtissen. Die 0rtliche GefEsserwei- terung k a n n eben night mehr benutzt werden. Ich gebe zu, dass zur ErklErung des Vermehrtwerdens der weissen Zellen im Kreislauf naGh Aufnahme aromatischer Substanzen vielleicht ein besserer Zu- sammenhang als der yon mir unterstellte und durch Thatsachen ge- sttitzte zu finden ist, - - das aber gegen ihn yon H. K S h l e r ins Feld gef'tibrte Argument ist nights weniger als zwingend.

K o b e r t bringt eine positive Erkl~trung, die wohl fttr gewisse F~tlle in Betraeht wird ~u ziehGn sGin. Die Vermehrung der weissen Zellen im KrGislauf soll abh~ngGn yon der nach kleinen Doscn ein- tretenden Blutdrueksteigerung. Werde der Blutdruek dutch grosse Dosen sehr niedrig, so setzen die weissen KSrperchen an ,beliebigen Stellcn des Capillarnetzes sigh test und geben Anlass zu globulSsen Stasen ".

Ich mSehte dagegen 7 w~hrend ich noGhmals erklEre, dass die Frage mir eine offene zu sein scheint, und wetter hinweise auf das tiber den merkwiirdigen UntGrschied am P f e f f e r m i n z ~ l Beige- braehte (V. S. 125), folgendes einwenden:

1. Ant den 14 Seiten der Versuche yon K S h l e r und K o b e r t hicrtiber finder sigh keine Andeutung, dass dieselbe eine solche glo- bul~se Stase oder dcren FolgGn g e s e h e n habcn.

2. Eine vom Magen ans prompt wirksame Gabe Cymol war ohne Wirkung7 als sie subcutan am Arm beigebracht wurde.

3. Unsere Versuche mit dem EssigEther sprechcn nieht ftir die i~othwendigkeit~ dass zur Vermchrung dcr weissen Zellen erst der BlutdruGk erhSht werden mtisse. Ich gebe dieselben bier naeh M e y e r ' s Dissertation.

V e r s u c h XV. Ess igEther . 4 . December i873. 2t/2 Uhr.

Die eine der beiden Normaltabellen hat die Zahl 378 , die andere die Zahl 377 ergeben.

4 Uhr Nachmittags desselben Tages Einnahme yon 25 Tropfen Essig- ather.

Sehon nach t0 Minuten sah ich~ dass die Zah[ der farblosen Zellen verdreifacht wurde, denn ich erhielt die Zahl 10~3; nach 30 Minuten er- hielt ich 12,46.

V e r s u c h XVI. Ess ig~ther . 6. December 1S73. 3t/2 Uhr. Die l%rmaKabellen ergaben heute 2~4 und 272. 5 Uhr desselben Tages Einnahme wie im vorigen Yersuche.

Ueber einige Wirkungen htherischer 0ele. 67

Nach 10 Minuten ~rhielt ieh die Zahl 4,9; nach 20 Minuten 7,9; nach 30 Minuten 6,2; nach 60 Minuten 3,1.

Von letzter Gruppe vermehren die farblosen Blutzellen also der Aether and der Essiglither; der Alkohol hat keinen Einfluss auf sie.

S p h y g m o g r a p h e n v e r s u c h . 26. Januar 1874. 11 Uhr Morgens. Wie wir gesehen haben~ tritt die Wirkung des Essigathers in ent-

sehiedener Weise schon im Verlauf von 10 Minuten nach der Aufnahme ein. Es sehien mir yon Interesse zu untersuehen, ob gleiehzeitig das Gef i i s s sys t em in der niimliehen Zeit auf den Essigiither reagire.

Es wurde zu diesem Zweck zuerst die normale Curve in meiner linken Arteria radialis mittelst des M arey 'sehen Sphygmographen auf- genommen. Da dies geschah zu einer Zeit, we keine besondere Nah- rungsaufnahme vorhergegangen war (11 Uhr Vormittags) so zeig~e sich die Pnlswelle ziemlich flaeh. Eine ktinstliehe Verstiirknng derselben hatte also um so eher hervortreten miissen. Das geschah jedoeh nieht, denn naeh Aufnahme yon 25 Tropfen Essigiither btieben die nachfol- genden Curven~ welehe 10 und 15 Minuten spiiter aufgenommen warden, vollstiindig der ersten Vergleiehscnrve gleich.

,,Die Vermehrung der weissen Blutzellen finder somit nieht Start in Folge einer Ver~tnderung der Druekkraft des tterzens oder des Zustandes der peripherischen Arterienwandungen, soweit namlieh ffir beides der Radialpuls maassgebend ist".

4. Der Essigather in der Menge yon 25 Tropfen ruft beim er- wachsenen Mensehen die Vermehrung der Zellen rasch hervor. Naeh den Versuchen aber yon A l b e r t o n i und L u s s a n a ~ ) hat die In- jection yon einem Gramm dieses Aethers in die Jugnlarvene eines Kaninchens keinen Effect (nessun cangiamento) auf den P a l s ~ die Athmung and die Wi~rme. Ein Gramm des verwandten Oenanth- s~iure-Aethyliithers einem Hande beigebracht, der mit einem Lud- wig'sehen Kymographion in Verbindung stand, bewirkte keinen Unter- sehied im Blutdruck yon der vorhergehenden ~ormaleurve.

' 5. ~Nimmt man die athelischen Oele in einer bereits wirksamen Dosis mit Weingeist zusammen, so wirken sie weniger oder gar nicht ( M e y e r , S. 25 u. 26). Als Grund davon ist wohl zun~iehst daran za denken, dass die in Weingeist gelt~sten Oele raseher re- sorbirt werden and deshalb die yon mir anterstellte t i r t l i c h e Wir- kung aufDriisen and Gef~sse des Unterleibs nicht ausiiben ktinnen.

Ftir Forscher, deren Hauptbesch~ftigung es ist, die Publieationen Anderer nachznuntersuchen und daraus Monographien (Saponin, Phos- phorvergiftung) oder aueh breite Jom'nalanfsiitze zu machen, bleibt bier, wie man sieht, noeh reeht viel zu than.

Bonn~ im Juli 1877.

1) Sull' alcool, sull' aldeide, e sugli eteri vinici. p. 133.

Lo Sperimentale. 1874.

5*