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1871. ANNALEN JVO. 10 DER PHYSIK UND CHEMIE. BAND CXLIV. I. Ueler Elektrolyse und Elektricitatsleitirtcg durch Flussigkeiten; von G. Quinc ke. (Sclrluls von S. 33.) 5. 61. Auffallend ist die schon 3. 37 erwahnte Verschiedenlieit der elektrischen Spannung, welche der positive und negative Pol einer Grove’schen Saule zeigen, wenn der andcre Pol zur Erde abgeleitet ist. Die Unregelmahigkeiten zei- gen sich bei einer. D e 1 Im a n n- K o hl ra ti s c h’schen h e h - wage in derselbeu Weise, wie‘ an dem Thomson’schen Quadrant- Elektrometer, obwol das lelztere in strum en^ den Vortheil hat, dafs es direct den Unterschied der elektriscdicn Spannungen (Potentiale) an zwei Punkten eines Leitersy- sterns mifst, die Spannung also an einer beliebigen Stelle. des Leitersystems 0 seyn kann. Des Beispiels wegen gebe ich im folgenden eine Reihe Messungen an einer frisch mit moglichster Sorgfalt zusmn- mengesetzten 6gliedrigen G r o ~ e ’ s c h e nSlule; die Porcel- langefafse der einzelnen Elemente standen in einem tiefen trockenen Glasteller, die Metallverbindungen waren ge16- thet und rnit Lack uberzogen. Die dunnen Silberdralite der Quadrantenpaare des Elektrometers waren durcli dicke mit Baumwolle und Wachs iibersponnene Kupferdrahte mit der Platin- resp. Zinkplatte des ersten und letzten Ele- mentes verbunden, und iibrigens voneinander isolirt. PDggendorfl’o Annal. Bd. CXLIV. 11

Ueber Elektrolyse und Elektricitätsleitung durch Flüssigkeiten

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1871. A N N A L E N JVO. 10

DER PHYSIK UND CHEMIE. B A N D CXLIV.

I . Ueler Elektrolyse und Elektricitatsleitirtcg durch Flussigkeiten; von G. Quinc k e .

(Sclrluls von S . 33.)

5. 61.

Auffallend ist die schon 3. 37 erwahnte Verschiedenlieit der elektrischen Spannung, welche der positive und negative Pol einer Grove’schen Saule zeigen, wenn der andcre Pol zur Erde abgeleitet ist. Die Unregelmahigkeiten zei- gen sich bei einer. D e 1 Im a n n- K o hl ra ti s c h’schen h e h - wage in derselbeu Weise, wie‘ an dem Thomson’schen Quadrant- Elektrometer, obwol das lelztere in strum en^ den Vortheil hat, dafs es direct den Unterschied der elektriscdicn Spannungen (Potentiale) an zwei Punkten eines Leitersy- sterns mifst, die Spannung also an einer beliebigen Stelle. des Leitersystems 0 seyn kann.

Des Beispiels wegen gebe ich im folgenden eine Reihe Messungen an einer frisch mit moglichster Sorgfalt zusmn- mengesetzten 6gliedrigen G r o ~ e ’ s c h e n Slule; die Porcel- langefafse der einzelnen Elemente standen in einem tiefen trockenen Glasteller, die Metallverbindungen waren ge16- thet und rnit Lack uberzogen. Die dunnen Silberdralite der Quadrantenpaare des Elektrometers waren durcli dicke mit Baumwolle und Wachs iibersponnene Kupferdrahte mit der Platin- resp. Zinkplatte des ersten und letzten Ele- mentes verbunden, und iibrigens voneinander isolirt.

PDggendorfl’o Annal. Bd. CXLIV. 11

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At1zaI,l d. KO. , Elemenle

i

1 1 6 2 1 G 3 ' 3

5 : ;

44 87,2

132,s 177 222 265,7 305,7 353,7

Elektrometer - :\blerihuiig

+ e - e Mittel Ditf.

243,2 -256 249,6 I 12,s ?42,5 -258 250,2 15,5 114,7 : -1323 123,6 1 17,s

122,5 1 I

1.22 ' -123 252 -247 249,5 j -5

- 4 3 3 - Sd,3 -132,l -176,9 -222,6 -267 -311,3 -356

-0,5 -0,9

-0,l +0,6

193 2,6 293

-0,7

Ablenkurig 1 Eleriicnt

cntsprcrhand

43,75 43,37 44,15 44,24 44,46 44,39 44,29 44,31

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Andere Versuche gaben Bhnliche Resultate. Ich gestehe, dafs ich diese Schwankungen der positiven

rind negaliven Elektrometer- Angaben, die sich continuirlich zu sndern scheinen, nicht zu deuten vermag, da weder die Annahme einer unvollkommenen Isolation der Quadranten- paare, noch die einer elektromotoi ischen Kraft von veran- derlicher Grofse, die in der Erde ihren Sitz haben kdnnte, die Erscheinungen hinreichend erklart.

5. 6-2. Aus der GI. 4 in 8. 52 wiirde der Schlufs gezogen, dafs

erst bei einer bestiminten Stromdiclitigkeit fiir eine be- stimmte Fliissigkeit eine Trennung der Theilmolecule, oder was dasselbe ist, eine chemischc Zerselzung der Fliissig- keit auftreten kann. BIeibt also die in dem fliissigen Leiter wirksame elektrische Kraft unter einer besh in ten GrGfse, so tritt keine Zersetzung und kein elektrisclier Strom aof; iibersteigt diese elektrische Kraft diese bestimmte GrBfse, so werden pliitzlich sehr viele Molcciile mil einern Male zerselzt werden, es wird pliitzlich ein Strom w h r - zunehmen seyn.

Es ist diefs ein Schlufs, zii dem auch Claus ios’ ) ge- komlnen ist durch Betrachtungen, die denen dieser Miltlici- lung in manclier Weise ahnlich sind, rind nach ihm der Erfahrung vollliommen widersprechen soll, denn u sclion die geringste Kraft bewirkt einen durch abwechselude Zer- setzungen und Wieilerverbindungen geleiteten Strom , und die Intensitat des Stromes waichst nneli rlem Ohm’schen Gesetze der Kraft proportional.

C larisi us sricht dann diesen Widerspruch zwischen Theorie und Erfahrung dadurch zu beseitigen, dafs er freie Theilmolecule in der Flussigkeit annimmt, die sich (lurch Zerlegung eines Gesammtmoleciils gebildet haben und fortwahrend bilden, auch ohne dafs ein elektrischer Strom durch die Fliissigkeit hindarchgeht. Die elektrischen Krsfte wirkten dann blofs auf diese freicn positiv iind negativ elektrischen Theilmoleciile , vergrdfserten den Weg , der 1) P o g g . Aim. Bd. 101, S. 347. 1857.

11 *

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durch diese Molecularbeweguug von den freien Tbeilmole- ciilen beschriebeii wird, in der Kichtung ihrer Wirkung, d. h. also in der Riclituiig odcr der entgegengesetzten Kich- tung des Stromes, rind dadurch wurde d a m die Abschei- dung der Theilmolechlc an den Elektroden hervorgerufen.

Ich glaube nun aber, d d s uian iiicht niithig hat , diese letztere Annahine zii machen , iudem das oben ausgespro- chene Gesetz iiicht in Widerspriich init der Erfalirung is[.

Es ist alleldings richtig , dafs wir iinmer Polarisation wahrnehmeii, we1111 ein elehtrischer Sttom eincr constanten Kette drirch cine Fliissigheit gelcitet wird, welche nacli dem gewiihiilichen Sprachgebrnuch elektrolylisch leitet, und dafs diese Polarisation von Tlieilmoleculen herruhrt, die durch deli Strom aiisgeschiedeii wcirtleii. Weiin tnnii aber in den Austlriick ftir die Kraft li, welche zur Trennung der Tbeil- tnoleciile ncitliig ist, stalt der Stroiniritensit%t die elehtro- motorische Kraft der angewaiitl~eu Kette cinfuhrt, SO erhslt man den Ausdruck ( 6 )

nC: 1

If = -- (BE - Ed),

welclier zeigt , dafs bei dcrselben gegebcnen Flussigkeit, fur welche die Grafse Be - B' E' also eine Constante ist, diese Kraft K vollstandig onabh~ngig voii dem Qucrschnitt des Stromleiters ist, rind wit dcr Griifse 71 G zmimint, dcr elek- troinotorischen Kraft der benutzten coustantcn Kctte. Diese elektromororische Kraft wahlt man aber bei den Versuchen durchaus niclrt so aufserorcleutlich kleiu, schon um das Arisbleiben des elektrischen Stroms durch die aufiretende Polarisation zu vermciden, rind es ware sehr wohl m6g- lich, dafs man bei einem sehr Lleinen Werthe des Quo

tienten keine elektrochemisclie Zersetzung mehr wahr-

iiehmen wurde. J a , es giebt eine Menge Flussigkeiten, welche nicht elektrolysirt werden hiinnen, welche den cou- stanten Strom einer HydroLette nicht leiten. Es sind das uach meiner Meinung solche Flussigkeiten, bei denen die Gralse B E - B'e' einen sehr kleiiien Werth hat, rind die

1

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hei geringer Lange mid Anwendung eiiier constanteu Kette von einer geniigenden Anzahl von Eleinenten sehr wohl eine ctiemische Zersetzuna erleiden wiirden. Der Werth dieser Grofse (BE - B’ c ’ ) = A (Cs - C E ’ ) hangt voii den mi t C C ’ uud E E’ bezeichueten Constanten ab.

Auf den Werth der letzteren komine ich noch spater ziiriick. W a s die Constaiiten C iind C’ betrifft, so sind sie bei feslcii Kihpern sehr klein, da die Molecule schwer gegeneinander rerschicbbar sind, uiid bei festen Salzen beob-. achtet man also aiich keine elektrochemische Zersetzung. Die Fliissigkeiten, bei denen zwar die Thcilchen verscltieh- bar sind, die aber nicht elehtrolylisch Icitcn, sind Isolato- ren. Bei ihnen ist also die Constanfe B E - B’E’ selir klein, und hei ihnen liijnnen jedenfalls erst sehr grofse elektro- inotorische Krafte, grofse Werthc von n G, eine Zersetzuug bewirken.

Aus dieser Betrachtung ergiebt sich, dafs constanle Kettcn, wenigstens mi t einer Anzahl Glieder, uber die man gew6hnIich verfugen kann, wahixheinlich nicht das Mittel geben werdeu, solchc fiir jctzt isolirend genannte Fliissig- keiten zu elektrolysiren, sondern dafs man Reibungselek- tricitat oder Inductionsstrfime, sogenannte Elelitricitat hoher Spannung wird anwenden mussen, wn eine Zersetzung hervorzurufen. Wenu man z. B. durch eine Saale einer soIchen isolirenden Flussigkeit die innere und aufsere Be- legring einer bis zu grofser Dichtigkeit geladenen Leidener Batteric verbande, so ist die elektromotorische h a f t durch den Unterschied der Potentiale der freien Elektricitat arif der inneren und aufseren Belegung der Leidener Batterie gegeben, uud man kannte dann eine chernische Zersetzung der Fliissigkeit wahrnehmen, besonders in der ersten Zeit der Entladung, wo der Unterschied der Potentiale der freien Elektricitat noch grofs ist. Ob dabei auch der Querschnitt der Flussigkeit von Einflufs ist, ob chemische Zersetzung eintritt ader nicht, Iafst sich hei unserer gerin- gen Kenntiiifs des Entladungsstromes der Leidener Batterie,

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da dann das Ohm’sche Gesetz vielleicht nicht mehr an- weudbar ist , schwer entschciden.

Ich habe nicht versiiclit die ill solchen sogenannten iso- lireudeu Flussigliei!en aasgeschiedenen Stoffe nachzuweisen, wenu det Entladungsstrom einer Leideuer Batterie hin- durchgeleitet wurdc. Im Falle das F a r aday’sche Gesetz auch fur tliese Flussigkeiten Gultig!teit hat, ist die zersetzte Menge zu gering als dds man sie nachwciseii kdunte, denn das cinpfindlichste Prufiingsinittcl, ein Polarisationsstrom diirch die arisgescliiedenen Stoffe ist liier nicht mdglich.

Aber mau ubersieht, A d s die Leittmgsfahiglteit der Fliis- siglieit durch die plolzlich auftreteiide elektrochemische Zersclzuiig sich sprungweise andern iniifsfe, weun man all- malilicli die Ladung der Lcidenrr Battcrie vermehrte, und dak ferner durch cinc solche Flussigkeitssaule sich eiiic stark geladerie Leidener Batterie nrir thcilweise enlladen diirfte, bis der Unterschietl tler Potenliale der freien EleAtricitat auf der inncren iind aiifseren Belegling tinter einen be- stimmten Werlh gesunken ist.

Diese Schlufsfolgerungen durch Verswhe zu beweisen ist inir freilich nicht gelungen, weil bci den sogenanntcn isolireiiden Flussigkeiten durch die grofse Dichtigkcit der freien Elektricitat auf tler inneren Belegiiug der Leidener Eatterie die Fliissigkeitstheilchen sclbst (die Gesammtmole- cule) elektrisirt und von der mit der inneren Beleguiig der Batterie verbundenen Elektrodc abgestofsen werden.

Dadurch entsleht eine Elektricitalsstramring in der Flus- sigkeit , die F a r ad a y ’) *) currying discharge # genannt hat, was ich mit 2) mechanische Entladungm ubersetzen mdchte. Auch bei starken galvanischen Saulen trilt diese mechanische Leituug aof, und wurde daun dcnselbcu stdrenden Einfluk wie bei den him beschriebenen Versrichen mit der Leide- ner Batterie baben. L a p s c h i n und T i c h a n u w i t s c h * ) beobachteten bei reinern Aethylalkohol, Aelher und Amyl- alkohol kaum Spiiren von Zersefzung, init einer 900gliedri- 1) F a r a d a y , exprim. research. I . $. 1319. 2) Bull. de l’ncud. iinp. d. St. I’etershrcrg. 1861. IV, pug. 86.

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gen Bunsen’schen Sanle. Dageeen fand bei den letzteren beiden Flussiqkeifen eine wellenf6rmige Bewegung vom Kohlenpol zrim Zinkpol statt. Dieser elektrische Strom durch merhanische Leitung ist durchaus nicht unbedeurend, rind lafst sich daher von dem elekIrolytisch geleiteten elek- trischen Slroni, falls ein solcher stattfinden sollle, sehr schwer Irennen, urn so mehr, da sirh Ubersehen lafst, dafs beitle in ahnlicher, wciin nicht gar gatiz derselhen Weise, von den Dimensionen der diirchflosseiien Fliissi~keitsstrecke ab- haiigen werden. Die Menge der bei mechnnischer Lritiing in der Zeileinheit tlurch den Querschnitt des Leiters hin- dnrchgefiihrten Elek tricitat mufs ebenso wic die der elek- trolytisch geleiteten zrinehmen mit der Dichtigkeil dcr freien Elektricitat auf der inneren Belegung der Isalterie rind der Grafse des Querschnitts, abnehmen mit dcr Lange der durchstromten Flussigkeitsstrecke. Dazn kommt, dafs die geringe Stromintensitat nebst einigen anderen UmstZnden, auf die ich bei einer anderen GeleEenheit ziiriickkommen werdc, genauere Messungen erschwert.

5. 63. Da die Coustanten CC’ E & ’ und I von der Natur der

sammllichen Theilmolecule abhangen, die miteinander in Ueriihrung sind, so h6nute der Fall eintrelen, dafs wenn mehrere Salze gleichzeilig in derselben Flussigkeit gelost sind, eines derselben zersetzt wird, die anderen Salze aber oder die Fliissigkeit selbst keiiie Zersetzung erleiden.

des Ausdrucks 4 5. 52 ist fur aIle Mo- lectile der verschiedenen in der Fliissigkeitssaole enthaltenen chemischen Verbindungen dieselbe, die Grofse ( B E - HE’) aber verschieden. 1st nun

( B E - B’a’)F> R

gr6fser als die Kraft, welche in Folge der chemischen MO- lecularkrafte die Theilmoleciile zusammenhtilt , so findet eine Trennung der Theilmoleciile statt. 1st diefs nicht der

Die Gr6fse Q1

qA

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Fall, so lafst sich keine Zersetzung der betreffenden chcmi- schen Verbindung wahrnehmen.

Diefs scheint deu Grund dafur abzugebcn, dafs beim Dorchleiten des elektrischen Stromes durch Salzliisungen gewiilinlich niir eine Zersetzung des Salzes, aber nicht des Lilsuiigsmit tcls beobachtet wird, indem die elektrischen Krafte zwar geniigen die Tlieilmoleculc des Salzes, aber niclit die Theilmoleciile des Lfisungsmittels von einander zu trenneu.

Nacb dem Ar~sdruck 4 miifste bei derselben wdfsrigen Salzliisung also eine Zersetzting des Wassers auftreten, wenii man den Querschaitt der Flussigkeit vcrkleinkrt.

Die Ansichl, dafs i t i dcrselben warsrigen Salzlkung bald das Wsssers zersetzt wird, bald niclit, ist schon friiher von Mat; n u s I ) ausgcsprochcn wortleii, der die Grlnze der Stromintensitat, bei welcher die Zersetzung eincs Salzes oder eines 13estand1Iieils einer Salzliisung eiutrilt , und die cr Lurzweg Griinze oder Granzwerth ') nennt, als abliangig bezeichiiet, erstcns von der Grsfse der Elehtroden, zwei- tens von der Zersctzbarkeit der verschiedcnen Bestandtheile des Elehtrolyten, sowie drittens von deni Verhaltnifs, in welchcm sich diese in dcmselben vortinden.

Gegen diese Anschauring ist dann H i t t o rf ') aufgetre- ten, der die von M a g n u s beobaclitete Erscheinung, dafs an der Kathode bei hestirnmf er Stromdiclitigkeit in Knpfer- vitriollosung kein Wasserstoff arrftritt, als secondare chemi- sche Wirkung anffafst, indem dcr Wasserstoff im status nascens die Eigenscbaft haben soll, Kupfer aus Kupfervi- triollosung zu reduciren.

Ich babe nun, um diese Frage zu entscheiden, folgende Versuche angestellt. Aus Glasplatten wurde mit Siegellack ein prismatischer Trog von 136"",5 Lange 25""" Breite und 50"'" Halie gekittet, der in der Mitte durch eiue diinne Glimmerplatte parallel der kleineren Seitenwand , in zwei

I ) Pogg. Ann. Bd. 102. 1857. S . 33. 8. 61. 2 ) ib. S . 15. s. 31. 3) P ogg. Arm. Brl. 106. 1859. S. 345 Lis 357.

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Kammern voii gleicher Gr6fse getheilt war. Beide Kammern standen nur durch ein ganz kleines Loch von etwa Otn'",2 Durchmeser in Verbindung, iind waren bis zu J2"'",5 Hohe mit reiuer concentrirter Kiipfervitriolliisuiig gefiillt. Der Strom einer i7 gliedrigen Grove'schen Ssrile wurde in die eine Kainmer ein und aus der anderen Kammer ausge- leiiet mittelst zweier auf der Ruchseite rnit geschmolzeuem Siegellack uberzogenen Kripferplatten , die gleiche Grafse wie die kleineren Seitenwande des Glastroges liatten rind dicsem parallel standen.

Der elektrische Strom flofs also innerlialb zweier Kc- gel mit rechteckfiirmiger Basis, deren Spitzeri in der Oeff- niing des Glimmerblattes zrisammenstiefsen. Die Stromdicli- tigkeit war um so grofser, je naher der Querschnitt cles he- gelfiirmigen, von der Kupfervitriolliisong gebildcten, Stroia- leiters der Oeffnung der Glimmerplat~e lag.

Irn Laufe der Versrlche erweiterte sich die Oeffiiuiig der Gliinmerplalte zu einem Querschnitt voii elwa 30""",!) iind wrirde bei 30"'" Abstand der Kupferelektroilen voii der Glirnmerplatte in 10 Minuten O6'.,OGI I Kupfer abge- schieden.

Beim Schliefsen des Stromes schieden sich zischend Gasblasen zu beiden Seiten der Glimmerplatte ab und die Temperatur der Flussigkeit stieg in der Nalie der klcinen Oeffiiung urn mehrere Grade. Ebenso liefs die Volumen- zunalime der in der Glimmerplatte belindlichen Luftraume auf eine hohe Temperatur in der Eahe der Oeffnrriig schlie- ken, diirch welche aucb wohl die erwahnte Vergr8fseriing dieser Oeffnung im Laufe der Versuche herbeigefiihrt wurde. An den grofsen Kupferelektroden war keine Gasentwick- lung wahrzunehmen.

Beilaufig bemerkt, bewirkt diese Temperaturerhbhung der Flussigkeit, sobald sie ungleicbfilrmig vertlieilt ist, einen Unterschied des specifisclien Gewichtes in beiden Kammern ond dadurch eine Str6mung durch die Oeffnung der Glim- merplatte von einer Kammer in die andere, in welcher letz- terer die stsrkere Erwarmung stattgefunden hat. Dieser

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Flussigkeitsstrom fiihrt d a m begreiflicher Weisc die ltleinen abgeschiedenen Gasblasen mit fort.

Urn die Natiir der abgeschiedenen Luftblaschen zu be- s I im in en, wit rd en si e in ha 1 b k 1 ig elfii rm igen t i ni ges t ijn t en Lleineu Glasglochen von etw a 20""" Durchmesser aiifgefangeli, in deren Kuppe eiii platinirter Platindraht eingeschinolzen war. Wurden dicse Glocken mit dcn Gasblasen neben- eiIi;lntfer in eiii griifsercs GefAfs mil verdiinn!cr Schn efel- satire gebrarht, und die Platiiidrahte dwch einen empfhd- lichen IbIultiplicator vcrbiinden, so entsprach der beobach tete Strom iiicht dem Strom eiiier Grove'scheii Gaskette, n i e es batte seyn mussen, w5rcii die abgeschiedenen Gase Sauerstoff iind Wasserstoff gcwesen. Auch brachte ein elektrischer Frinken in dcm Gcmenge der beiden aiif die beschriebene Art erhalteneii Gasportionen keine Explosion hervor.

Es deutet dies zusaiiinien rnit der allmahlig schwacher und schwacher werdenden Gasentwicklung darauf hin, dafs die abgeschiedenen Gase ahnospharische Luft waren, die von der Kupfervitriolliisiing absorbirt bei der durcb den Strom hervorgebrachten Erwarmring sich abgeschieden batten.

Folgender Versuch bcstlligte diese Erklarung. Eine fast coucentrirte L6siing yon kauf lichem Kupfervitriol wurde Iangere Zeit gekocht, itin sie von dcr absorbirten Luft zii befreien, kochend in ein grofses Becherglas gegossen und in einer Kaltemischung aus Scbnee und Kochsalz maglichst schnell abgekuhlt. '41s die Lfisung eine Temperatur von 20" C. angenonimen batte, wurde dcr Glastrog bis zu 42"",5 H6he damit gefijllt, die beiden Kapferelektroden wieder zii

beiden Seilen der Glimmerplatte, :30""" von derselben ent- fernt, aufgestellt, und der Strom dcr 77gliedrigen G r o v e ' - schen Saule hindurch geleitet.

Es entwickelten sich nun wobl zii Aiifang einige Gas- blasen an der Oeffnung der Glimmerplatte, doch ruhrten diese von Luft in den Hohlraumen der Glimmerplatte her, und verschwanden bald vollstandig.

Die Flussigkeit in dcr Nahe der Oeffnung erwlrmte sich

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stark. An der Knpferplatte, wclche als Kathode dienfe, war keine Gnsentwiclilring zu bemerken ; doch trat sie so- fort reichlich nuf als slatt dieser breiteii Kupferplatte ein Kupferdmht in die Liisung gelaucht wnrrle, dessen Quer- sclinitt noch um sehr vie1 griifser, als die Oeffnung in der Glimmerplatte war.

Bedingte die Slromdichtigkeit oder die Grrrfse 5 in je-

nein Aiisdruck 4 (5. 52) die Zersetzriiip des Wassers, SO

tiltten sich an zwei Stellen im Innern der Ffussigkeit Vcran- derungen, vielleicht Kripferoxpdliydrat iind Schwefelsaure- hydrat zeigen miissen. uamlich an den Stellen, wo dor Qier- schnitt q gerade so kleiri war, dafs hier die Kraft K zur Zersetzring des Wasscrs ausreichte. Es war aber keine Verkdertrng im Innern der Fiiissigkeit wahrzunehmen.

Um gain sicher zu seyn, dafs ich voui elektrischeii Strom in1 Innern der Flussigkeit abgeschiedene Stoffe nicht ubersehen hatte, ontersuchte ich noch concentrirte Kupfcr- vitriollosylg (spec. Gewicht -- I,?) in einem Ayparnt von ganz ahnlicher Construction aber griiiseren Dimensionen, wie der eben beschriebene, mit dem von T o e p l e r ') an- gegebenen Schlierenapparat.

Eio Trog aus selir vollkommenen Spiegelglasplatten von 200mm Lange und- 60"o'n Breite war bis zu einer Hijhe von 45'"lrn mit der Kupfervitriolliisung gefullt und durch eine Glimmerplatte. die in ihrer Mitte ein Loch von Omm,22 hatte, in zwei Kammern getheilt, in welche grofse Ktipferplatten von 60m'D Breite den Strom einer 20gliedrigen G r o v e ' - schen Sanle ein- und ausleiteten. Die Entfernung der Ku- pferplatten von der Glimmerplatte variirte zwischen 30'"" iind 100"".

Das Licht einer Argand'schen Lainpe fie1 durch eine Oeffnung von 0'"'",25 Durchmesser in horizontaler RichtunK auf eine planconvexe Crownglaslinse von I"' Brennweife und 1 OOmm Durchmesser. Die Strahlen dtirchdrangen dann

1) A. T o e p l e r , Ueobaclrtungen nech ciner neurn optirclren Illethude. Bonu 1864. 8'.

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nahezn senkrecht gegeu die Riclitung des elektrischen Stro- nies die Kupfervitriolliisuiig in dem Glaslrog, der unriiittelbar ail der Crownglaslinse aiifgeslellt war, rind entw arfen in etwa 3"' Eiitfernuug hinter der I h s e ein realcs Bild der hleinen erleuchteten Oeffiiung. Jjieses Bild, wclclies 1 bis 2'"" Diirch- messer Iiatte, wurdc durch ein seillicli vorgeschobenes Uia- phrapna iriit geradliniger verticnler Kaiite, das ror deiti Ocular eiues nrif die Oeffuriiig (lei. Gliinmerplatle in der Kiipfervi- triollosung eingestelheii astronomischen Fernrolirs sland, ebeu abgebleudet, so jedoch, dafs noch ein geringcr Theil der Lichtstrahlen in das E'ernrohr gelangen honnte. Reim Schlie- ken der Kette sah man F O I ~ tler Oeffiiirng der Gliinmer- platte in der Kupf~.rvi~riolliisuiIg wollienformige Schliercit arisgeheii nach beitlen Seiten der Glimmerplatte, lhiilich wie sic T o c p l c r bei den Indiiclionsfunkeii in Luft beobachtct hat. Die Erscheinrrng war geiiau dieselbc bei verschiedeiier Richtung dcs elektrischen Stroines in der Liisung rind riihrte offenbar von der Erwiirmiiug der Fliissigkcit in der engen Oeffiiung durch den elcklrischcn Slrom her. Obwohl das Feriirolir den gauzen Raum zwischen den Kupferelektro- den ubersah, war im Innern der Flhssigkeit, abgesehen von der beschriebenen Erscheiniing, nichts Fremdartiges wahrzu- nehmen.

Erweiterte man die Oeffriung der Glimmerplatte, so hatte die hier aiisgeschiedene Gasnienge, wenn sie von Wasser- zersetznng herriilirte, mit der Grbke der Oeffiiring ziinehmen miissen, (la die Stromintensitat in der ganzen Leitung zu- nahm, so lange iiberhaupt noch die Stromdichtigkeit ziir Wasserzerselzung in der Kripfervitriollbsurig genugte. Diese letztere Bedingung war aber erfiillt, wie der Versuch mit dem Kupferdraht als Kathode zeigte, und doch nahm die Gasentwicklung mit Erweiterring der Oeffnung ab, eben weil die Erwarmung geringer war.

Die ganze Erscbeinung beruhte hiernach also nicht arif einer auswahlenden Eigenschaft des elektrischen Stromes, sondern auf rein secundarer chemischer Wirkong.

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O b dabei der abgeschiedeue Wasserstoff von einer Zer- setzling des Wassers, oder eiiier Spur Schwef~lsaurehydrat, die in der Liisung noch vorhanden ist, herriihrt, uiiicbte iiberliaup t schwer zu eiitscheiden seyn. Wegen der au ter - ordeiitlich geringeu specifischen Leitungsfahigkeit tles W a s - sers miiclite man sich der letzteren Ansicht zuneigen. Eiu strenger Beweis wird jedoch schwer Z I I fuhren seyn.

Wurcle in demselbeu Glastroge mit Glirnrnerblatt und hleiner Oeffuung in dem letzteren durch eine mit etwas Lackmiis~inctur versctzte Losung vou rciuem Kochsalz oder schwefelsaureln ICsli in Wasser der Stroui dcrselbeu 77 glie- drigen G r ove’schen Saule rnit Platiiielektroden geleilet, so kounte ich ebeafrtiis iiur an den Elektroden, nicht aber im Innern der Flussigkeit oder in der Oeffimig der Glim- inerplatte eine Aenderung dcr chemischen Beschaffenheit wahniehmen. Naturlich entwickelteii sich aber an der Anode iind Kathode zahlreiche Blasen von Sauerstoffgas r i n d W a s -

serstoffgas. In Gefafsen, wo Wasser ubcr eine concetitrirte Liisun;

der crwahiiten Salze gegosseii war, wurde beim Durchleiten des Stroms eine T’eranderung der Granze von Wasscr und Salzliisong wahrgenommcn, wie deiiii a ~ c h schon F a ra d a y I )

eine Abscheidung von Mogiiesiahydrat ail der GrSnze von Wasser und eiiicr Liisuiig voii schwefelsaurer Magnesia beim Durchleiten des Stromes gcfunden hat.

3. 61. .

Die in tj. 55 aufgestellten Bedingungsgleichimgen enthal- ten soviel unbekannte Griifseu, dak es meist hdchst schwie- rig ist, diese naher zu bestimmen. Man wird nur in einigen besouders einfachen Fallen elwas iiber die Grbfsen C und E

sagen liiinnen. Der einfachste Fall ist der eines durch Warme geschmol-

zenen Salzes. Dann kbnnen in den Gleicbungen die Sum- menzeichen und der Index T fortgelassen werden, und G11. 21, 23, 24 und 16 geben 1) F a r a d a r , exp . res. I , 495.

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& = - €I

I I L

U - = a

A s p . E (CtC') % = p . ; ( C + C ' ) c=

oder E = 2.

Uiese Bezieliung muk gelten, so lange und so genau wie das Fa ra t l ay 'sche Gesetz gilt, also fur jedes beliebige geschmolzcue Salz, tlas durch den elcktrischen Stroin zer- selzt wird , bti jeder beliebigen Teinperatur. Die Elektri- citatsmeube 2 ist dabei iu denselben Eiuheiten wie die StrornintrnsitaL i gemessen, und diejciiige Elelilricitalsrnenge = 2 gesetzt wordeu, welche von einem Elebtrolgten, durch den sie hindurchstriimt, ein Aequivalent zersetzt. Man hat also den Satz:

Wid irgend eiu Salz in geschmolzenem Zustaiide durch dcri elelttrischen SIrom zersetzt, so ist auf dem Atomencom- pler der tlas eine Tlieilmolecul bildet , eine freie Elehtrici- tatsmenge + 2, auf dem Atomencomplex der das audere Theilmoleciil biltlet , die freie. Elektricitatsmenge - 2 ent- halten. Die Elektricitiitsmenge + :? oder - 2 ist gerade so grok wie dicjenige positive oder negative Elektricitals- menge, welche durch den fliissigen Leiter in der einen otIer anderen Richtiing hindurchstriirnen mufs, urn dieses eine Aequivalent Salz zii zersetzen.

Es ist dieCs um so mcrkwtirdiger, als es fur eine grofse Reihe von Verbindungcn gilt, bei denen die abgeschiedcnen Theilrnolecule im Siniie der theoretischen Anschauungen der neuercn Chemie ein oder mehrwcrthig seyn kannen. Wcgen der Schwierigkeit tlie direcie Wirkung des elektrischen Stromes von der secundaren der ausgeschiedenen Stoffe zu trennen, wird es fur jetzt noch nicht sicher entschieden wer- den kGnnen, ob der elektrische Strom die Gesammtmoleclile, wie es meist der Fall zu seyn scheint, nur in Theilmoleciile von einer gleichen Anzahl Verwandtschaftseinheiten spaltet (Vergl. 5. 53).

Page 15: Ueber Elektrolyse und Elektricitätsleitung durch Flüssigkeiten

I 75

Die oben erwahnten Bezieliiingen werden nun nicht mehr gelten, weun ein Salz in Wasser, Alkohol oder dergl. ge1i)st ist.

3. 63. Die G1. (24) des 3. 55 giebt die Abhangigkeit der spe-

cifischen Leitungsfahigkeit eincr Fliiseigheit vou den Con- stanten C , E , P , etc. Da iiber diesc Griifsen so gut wie nichts bckaiint ist, so hiinnen auch uur im Allgemeineu die iiber die Lcitiingsfahiglteit dcr EleLtrolyten bekannten That- sachcii mil jeuem Aijsdi uck verglichen werdeu.

Die Leitungsfahigkeit nimmt zit mit der Concentratiori der Salzlirsuiig, init p, und init der Erwarmuiig, intlem durcli letzlere die Coustanten CC' grbfser, die Theilcheii leicltter verschiebbar werden. Wachst die Conccntration zii sehr, so dds dadurch Cc' schiicller abnehmen, als p zunimmt, SO wird fur eiue bestinimte Concentration ciii Maximum der Leituiigsfahigkeit auftret en.

Alles diek ist in Uebcreinstimmuiig mit tler Erfahruug. So fand H a n L e l I ) , daQ gesattiglc zshflihige Salzlb-

sungen sofort weit besser leiteten, wenu sie durcli Erwar. men diese Zahfliissigbeit verloren. Spaler zeigle W i e d e - m a n n 2j fiir verdiiiiiite wzfsrige Lirsungeii voii Cu SO,, C u 2 N 0 , , A g N O , , HzSO, , K H O , NH,NO,, tlafs der specilisclie Leituiigswiderstaiid der Zahigkeit der Fliissigkei- ten direct, ihrem Salzgehalt umgehclirt proportional ist.

B e e t z ") hat sehr genau die Leilungsfahigkeit von Zink- vitriolliisung untersurht, und gefundeu, dafs bei alleu Con- centrationeu mit steigender Temperatur die Leitungshhig- heit zunimmt; am meisten in der Nahe von 0", dann lang- samer. Bei einer bestitnmten Concenbation tritt ein Maxi- mcim dcr Leitiingsfahigkeit ein. Uasselbe fanden Schmid t ')

1) Pogg. Ann. Bd. 69, S. 263. 1846. 2 ) Pogg. Ano. &I. 99. S. 231. 1856. W i e d e m a n o , Galvanismiis I,

3) Pogg. Ann. Bd. 117, S. 17. 1862. 4 ) P o g g . Ano. Bd. 107, S. 556. 1859.

S. 425.

Page 16: Ueber Elektrolyse und Elektricitätsleitung durch Flüssigkeiten

176

fur Kochsalz, P a a l z o w l ) und K o h l r a u s c h und N i p - p o l d t 2, fur Schwefelsaurehydrat in Wasser geliist.

Gleichzeitig mit der Temperatur und Concentration wer- den aber such die Grbfseu e und E' Veranderungen erlei- den, da W i l d 3, gefunden h a t , dafs sich die elektromoto- rischen Krafte zwischen Salzlbsungen mit der Concentration der L6sungen andern.

Mit dem L6strngsmittel miissen sich ebenfalls alle Con- stanten jenes Ausdrucks (24) andern, und so kann es nicht auffallen, wenn dasselbe Salz in Wasser geliist, besser leitet als in absolutem Alkohol gelast, und diese Liisung wieder besser, als eine Lasung in Amyl- Alkohol, wie es H i t t o r f ') gefunden, oder wenn C o n n e I 6, angiebt , dafs atherische LBsungen gar nicht , und alkoholische Liisungen schlecht lei~en, wahrend eine wafsrige L6siiug desselben Salzes mit 1,eichtigkcit von einem elektrischen Strome zersetzt wird.

Es scheint sogar als ob mit dem hggregatzustand jene Constanten sich Inderten, da H i t t o r f fl) beohachtete, dafs eine verdiinnte wafsrige Ldsung von Chlorwasserstoffsaure von einem elektrischen Stroln leicht zerselzt wird, wahrend gasfiirmiges Chlorwasserstoff mit derselben Anzalil p von Aequivalenten in der Volumeneinheit die Elektricitat einer Hydrok ett e nich t leite t.

Beilaufig bemerkt, wiirde diese Thatsache gar nicht, oder doch weit schwerer verstandlich seyn, wenn man annehmen wollte, dai's die Theilmoleciile einer cheinischen Verbindung fortwahrend sich trennten und wieder vereinigten, und bei der elektrochemischen Zerselzung nur der W e g der- freien Theilmoleciile vergriifsert wurde (Vergl. 5. 62).

Da durch die Gegenwart eincs anderen Salzes in einer Lasung die Constanten C C' E E' geandert werden miissen,

1) Bed. Monntsber. 1868. S. 490. 2 ) P o g g . Ann. Bd. 138, S . 385. 3) Pogg. Ann. Bd. 103, S. 384. 4) Pogg. Ann. Bd. 106, S. 550, 552 und 553. 5 ) Phil. Mag. X Y I I , p . 353. 1841. 6 ) Pogg. Ann. Bd. 106, S.585.

1869. 1858.

1859.

1859.

Page 17: Ueber Elektrolyse und Elektricitätsleitung durch Flüssigkeiten

177

so lassen die Formeln voraosseben, dafs die Leitungshhig- keit von Salzgemiscben in keiner einfachen Beziehung zu der I.ei!uiigsf^nhigkeit der reinen Losung cines Salzes stehen wird, wie diefs iu der That die Versuche von P a a l z o w I )

zeigen.

8. 66. Die GIl. 17 untf 27 des 5. 55 zeigen, dafs sowolil die

Mengen der an deu Elektroden abgeschiedenen Stoffe, als aucb das Verhaltnifs dieser Mengen, wenn mebrere i n derselben Flussigkeit enthaltene chemische Verbindungen gleicbzei~ig zerselzt wt:rden, unabhangig von der Strom- dichtigkeit seyn miissen, und dieser Schliik wird durch die Versucbe bestatigt.

Die Theorie fuhrt hierzri, ohne die Keniitnifs des F a - r a d a y ’schen Gesetzes vorauszusctzen, und alle Versuclie, die das letztere beweisen, beweisen gleichzeitig jeuen Schliifs, da das Faraday’sche Gesetz unabhangig von der Slrom- dichtigkeit gilt. Es ist iibrigens dieses Gesetz durch viel- fache Messungen von F a r a d a y a ) , Buff : ’ ) , S o r e t ‘), H i t - t o r f 5, u. A. bewiesen. Ich selbst habe mich davon durch Versucbe mit wafsrigen Kupfervitriolltbsungeu uberzeugt, die bei verschiedener Concentralion und selir verscbiede- ner Stromdichtigkeit bis arif 0,8 Proc. genau das Gesetz bes ta tigen.

W a s das Verhlltnifs der gleichzeitig zersetzten Salz- mengen Letrifft, so fand H i t t o r f ‘), dafs bei einer wahri- gen Liisung von Jodkalium und Cblorhalium, das Verhalt-

1) Bert. Monatsb. 1868, S. 490. 2) I ’arac la j , exp. rei. 357 89q. 3) L i e b i g ’ s Ann. 85 1553. S. 1. Ib. 96. s. 269. 1855. Ib. 110. S. 284. 1855.

4 ) Ann. d. chim. (3) 42. p . 257. 1854. 5) Pogg. Ann. Bd. 89, S. 177. 1853. Ib. Rd. 98, S. 1. 1856. Ib. BJ. 103,

G ) Pogg. .4nn. Bd. 103, S. 50. 1S58. S. 1. 1858. Ib. Bd. 106, 9. 337 und 518. 1859.

Puggrodorlfs Aooal. Bd CXLIV. 12

Page 18: Ueber Elektrolyse und Elektricitätsleitung durch Flüssigkeiten

I78

nifs der Chlor- und Jodmengeii nicht gcandert wurde, wenn ein elektrischer Strom Iangere Zeit durch die Flussigkeit geleitet ward uud die Stromdichtigkeit im Verhaltnifs von 1: 3 oder I : 4 scbwankte.

Der Shorn schied aus einer Flussigkeit, die eiue gleiche Anzahl Aequivaleute Jodkalium und Chlorkalium enthielt, auch eine gleiche Anzahl Aequivalente Jod und Chlor ab ; in einer warsrigen Lbsung von 3,157 Aeq. K C1 und 1 Aeq. K J wurden von demselben Strom 3,157 Aeq. C1 auf I Aeq. J zersetzt. Darnach scheinen die partiellen Leituugsfahigkei- ten des KC1 und K J in derselben LBsung im Verlialtnifs

der Aequivaleutenzahl l!! zu stehen, die in der Volumen- Pa

einlieit der Liisung euthalten ist, uud es ware

Da jedoch alle in dieser G1. enthaltene Constanten mit der Natur simmtlicher iu der Fliissigkeit enthaltenen Stoffe sich Sndcrn kBiinen, so folgt daraus uoch nicht, wie H i t t o r f vermuthet, dafs dcr Widerstand einer Lfisung von K J gleicli dem Widerstand einer Lbsung von KCI ist, wenn beide dieselbe Anzahl Aequivalente in demselben Volumen enthalten, obwohl audere Versuche diese Beziehung wahr- scheinlich machen I). Aber dariu stimmen die obigen Ails- clrucke mit ibm ubereiu, dafs der Widerstand der Elektro- lyten in gar lieiner Beziehung ziir chemiscben Verwandt- schaft ihrer Ionen steht, sobald iiberhaupt eiue Zersetznng der belreffenden chemischen Verbindung stattfiudet.

Aucli B u f f ?) erliielt in Uebereinstimmiing mit obigen Ausdriicken aus einem Gemenge vou verdijnnter Schwefel- sgure und Chlorwasserstoffsaure bei verschiedeuer Strom- dichtigkeit an der Anode ein Gemenge von Chlor und Sauerstoff von nahezu gleicher Zusammensetzung.

c, E l - C’, 2, = c, E ? - C’, E l Z .

1 ) Auffallend i s t z. B. dds untrr ihiilichen BedingunRen H, SOs, HNO,, HCI in Wnsser gelost naheru dieselbe LeitungsfShigkeit zeigen , etwa 13000 Md Llciiicr als Quectsilber (bei 20° ), ferner ebenfalls MgSOI, Zo SO4, Cu SO, etwa 20ooo0 hlal klciner ah Quccksilber usw.

2 ) L ieb ig ’ s Ann. Bd. 105, S. 156. 1858.

Page 19: Ueber Elektrolyse und Elektricitätsleitung durch Flüssigkeiten

1’79

8. 67. Aus den Gll. 15 des tj. 5.7 folgt, dafs in der Zeitein-

heit eine verschiedene Anzahl von Theilmoleciilen durch denselben Querschnitt ziir Anode und Kathode gefiibrt wird, welche proportional der Strornintcnsitat und einer Constanten ist, die fiir verschiedene Fliissigkeiten verscbie- dene Werthe hat, bci derselbeii Flussigkeit aber Iinabhan- gig von dem Querschnitt des Flussigkeitsfadens oder also unabliangig von der Stromdichtigkeit ist.

Es ist diefs in Uebereinstimmung mit der Erfahrung. .yI - ist die Anzahl voii Theilmoleciilen, die zur Kalhode,

die Anzabl von Theilmoleculen, die zur Anode in der a’

Zeiteinheit fortgefulirt werden. Das Verbaltuifs beider Grilfsen lafst sich angenahert durch chemi*che Analyse der Salzliisung um die Elektroden vor uiid nach dem Durch- leiten dcs Stromes linden, sobald das elektrolysirte Salz (oder Saurehpdrat, das liier ebenso wie ftiiher mit in dem Ausdruck Salz einbegriffen seyn mag) in Wasser oder sonst einer Flussigkeit gelirst ist.

Dabei wird freilich auf das Lbsungsmittel des Salzes keine Riicksicht genommen, obwohl doch auf jedem Theil- molecule dieses Lilsungsmittels eine beslimtnle Meiige freier Elektricitat angehauft seyn wird. 1st die durch den Aus- druck 4 (5 . 52) gegebene Kraft K groh genug, um auch die Theilmoleciile dieses Lilsungsmittels von einander zu trennen, so wird gleiclizeitig mit dem gelilsteu Salze auch dies Lbsungsmittel zersetzt werden, und es wurde dadurch nur in dem Falle, dafs sich beide Theilmolecule mit glei- cher und entgegengesetzter Geschwindigkeit bewegten, dafs

CE= - C’€’ ware, fiir die Molecule des LGsungsmittels die Concentra- tion der Flussigkeit an allen Stellen dieselbe bleiben. Ist K nicht grot genug, und die Summe der auf den Mo- leculen des Ltbsungsmittels angehauften ElektricitHtsmenge nicht 0, so h d e t ebenfalls eine Bewegung der Gesammt-

12*

Page 20: Ueber Elektrolyse und Elektricitätsleitung durch Flüssigkeiten

I80

molecule der Fliissigkeit zrir Anode oder Kathnde statt, gleichzeitig damit also auch eine Aenderung der durch die

Gr6Csen und bervorgebrachten Coiicentra tionsunter-

s chiede. Ferner werden, sobald verschiedene Stellen der Fliissig-

keit verschiedenes specifisches Gewicht haben , die Scbwere und Diffusion die Concentration der verschiedenen Tbeile der Fliissigkeit ebenfalls andern.

Bei einer grofsen Reihe von Lbsungen von Salzen und Saurehydraten in Wasser rtnd Alkohol haben H i t t o r f I ) .

Wi e d em a n 11 z, und W e i s k e die Zusammeusetzung der Flussigkeit in der Nahe dcr Elektroden vor und nach dem Durchleiten des elektrischen Stromes bestimmt rind gleich- zeitig mit Zugrrindelegung des F a r a d a y'schen elektrolpti- schen Gesetzes die Strornintensitat durch die in eincm Vol- tameter von demselben Strome abgeschiedene Menge Silber oder Kupfer.

Mit sehr wenigcn Awnahmen, auf die ich weiter rinten zuriickkommen werde, fiihrte das. Durchleiten des elektri- schen Stromes eine Abnahme der Concentratioii der La- sung an .beiden Elektroden herbei. Es gilt also die Bezie- hung l l a (8.54)

M W'

M < m M' < m'

oder e und E' haben eutgegengesetztes Vorzeiclien, die bei- den Theilrnoleeijle bewegen sich in dein elektrolysirteu Fliissigkeitsfaden in entgegengesetzter Richtung.

Man tindet in W i e d e m a n i i Galvanismus I. S. 396 bis 361 und S. 383 eine tabellarische Zusalnmenstellung der von den genannten Beobachtern erhaltenen Resultate. Nennt

1) Pogg. Ann. Bd. 89, S. 177 bis 211, 1853; ib. Bd. 98, S. 1 bir 33, 1556; ib. Bd. 103, S. 1 bis 56, 1858; ib. Rd. 106, S. 337 bis 411, S. 513 his 556, 1559.

2 ) P o g g . Arm. Hd. 99, S. 177 bis 215, 1556. 3) P O g g . Ann. nd. 103, s 466 IJh 456, 1858.

Page 21: Ueber Elektrolyse und Elektricitätsleitung durch Flüssigkeiten

181

man die Aequivalentenzahl von Theilmoleculen, die auf I Ae- quivalent des iin kroltameter abgcschiedenen Metalls sich an- haufeu an der Kathode n, an der Anode n', so 6rgeben die Versuche in Uebereinstimmung mit den theoretischen Be- trachtungen des $. 54

n + n ' = l und n und n' unabhangig von der Stromdichtigkeit.

Die folgende Tabelle enthalt eine Zusammenstellung der von den verschiedenen Beobachtern erhaltenen Resdtate, wo n und n' die ebeu angefuhrte Bedeutung haben, P aber die Gewichtsmenge W asser bezeicbuet, die auf 1 Gewichts- theil Salz in der Lbsung enthalten war.

Page 22: Ueber Elektrolyse und Elektricitätsleitung durch Flüssigkeiten

I H

itto

lf

I W

‘iec

lem

ar11

1

0,32

5 0,

355

0,34

9

5,41

5 0,

174

0,17

7 H

2S

04

]I 2

3,36

I 0,17

7 I :!$

1 0,163

26

,37

32,0

7 44

,19

14,5

0 0,

525

19,7

3 0,

494

AgN

03

11 49

,44

I 0,526

I 52,

58

I 0,507

CuS

O,

1

W e

i s k

e I

Hit

torf

I

39,6

7 18

,OS

76,8

8

Salz

I

I’ 5,48

5 0,

502

0,50

0 0,

508

0,64

8 ,

0,63

4 0,

628

8,24

23

,15

52,7

3

9,85

34

,04

117,

7

n’

I P

Na C

I ]

3,47

2 20

,71

104,

76

711

I H

itto

rf

I W

ien

em

rn

n

tiii

torf

Salz

0,51

7 0,

614

0,51

8

0,68

6 0,

685

0,68

0

?I)

0,72

7 0,

683

0,67

3

0,64

2 0,

616

0,61

4

P

0,33

3 0,

323

0,36

3

OD

We

isk

e

tJ

10,2

1 26,40

80,8

3

11,8

1 22

,79

185,

6

11 ‘

0,68

9 0,

688

0,69

2

0,53

1 0,

528

0.53

3

Page 23: Ueber Elektrolyse und Elektricitätsleitung durch Flüssigkeiten

183

Trofz der so verschiedenen Umsttlnde, rinter Renen die verschiedenen Beobachter mit verschiedenen Apparaten ihre Versuche angestellt haben, ergeben sich doch nahe diesel- ben Werthe von n. J a man kann wohl wegen der oben besprochenen stbrenden Einfliisse gar keine grilfsere Uebcr- einstimmung emarten, rind angenahert

.n - n n a C r n’ 1 - n- M’ C’r’ _- ----=-

- a’

setzen. In den meisten Fallen ist n von 4 verscbieden, iind die Theilmoleciile bewegen sich dann, wie aus den GI]. i und 17 unmittelbar folgt, mit verschiedener Ge- schwindigkeit zu den Elektroden.

0. 68. Bei einigen Salzlasungen und zwar den concentrirten

Losungen von J,Cd, C1, Cd, Cl, Zn, J,Zn in Wasser oder verdtinnteren Lasungen derselben Salze in absohitem Alko- hol und J, Cd in Amy1 Alkohol beobachtete H i t t o r f 1)

eine Zunahme der Concentration an der Anode, und diefs liefs mich vermuthen, dafs hier der durch den Arisdruck (11 6 $. 54) gegebeue Fall vorlage, dafs a und a’ dasselbe, und zwar ein negatives Vorzeichen hatten.

H i t t o r f selbst nirnmt an, dafs die Theilmoleciile durch den elek trischen Strom immer nacb entgegengesetzten Rich- tungen getrieben werden, und sucht die Uebereinslimmung mit den im vorigen Paragrapben besprochenen Erscheioun- gen dadurcb herzustellen, dafs er in den concentrirten La- sungen der erwahnten Sake Doppelsalze annimmt, welche aus zwei oder mehr Aeqriivalenten des betreffenden Salzes z. B. J2 Cd bestehen, und sich gegen den elektrischen Strom wie die, aus zwei verschiedenen Metallen constituirten Dop- pelsalze verhalten sollen. Wie der elektrische Strom wlfs- rige Lbsungen von Einfach Quecksilber Cblorid-Chlorkalium in (C1, Hg + Cl,) 2 K oder von Jodcadmium - Jodkalium in 1) pogg. Ann. Bd. 106. 1859. S. 542 bis 555.

Page 24: Ueber Elektrolyse und Elektricitätsleitung durch Flüssigkeiten

184

(5% Cd + J , ) 2 K spalte, wo immer der ziir Anode wandernde Moleciileiicomplex eingcl\lammci t is!, so solle arich Jodcad- miuin auf analoge Weise in (J,Cd +- J,) Cd oder unter Umstanden in (2 J, Cd + J,) Cd oder (3 J, Ctl + J,) Cd ge- spalten werden. Die Deiitung. dah Cadmium und Jod, beide zur Anode durch den elektrischen Strom getriebeu werden, sey offenbar zuriickzuweisen ’).

Nach den in dieser Mittheilung entwickelten theoreti- sclicn Ansichten scheint mir diefs nun durchaus nicht nolhig, und die Hypothese, c und E’ seycn beide negativ, nicht ge- wagter als die Annahme sol( hcr Doppelsalze. Es fragt sictr nur, ob die aus jeiier Hypothese abgeleiteten Schlusse auf Widerspriiche illit Thatsachen fiihrm.

Nehine ich als 13eispiel jencr Haloidsalzl6sungcn cine al- iioholische Jodcadmiumldsung, so siiid, weiin die Theilmo- lecule des Salzes negativ elek trisch sind, die Gcsamnitmole- cule des Alkohols nach G1. 21 (5. 55) positiv elektrisch, werdcn also zur Kathode hingefiihrt, rind bescbleunigen c l ~ - durcli die Coiicentrationszrrnahme dcr Jod-Cadiniumlilsnng, soweit sie von der selbststandigen Wanderung der J o d - iiud Cadmiuinmolecule zur Anode berriihrt. Dasselbe h d e t statt, wenn der Alkoliol selbst zersetzt, seine Tbeilmoleciile getrennt werden, milgen diese gleich oder entgegengesetzt elektrisch seyn.

Freilich kbnnen bei dieser Auffassung der Elektrolyse einer solcher Salzlilsung Bedenlren aufsteigen, ob fur sie dieselben Gesetze gelten, wie fur jene grdfsere Classe von Elektrolyten, bei der E rind E’ verschiedcne Vorzeichen ha- ben. Aber selbst d a m wiirden die mir bekannten Ver- siiche nicbts enthalten, was gegen die Maglicbkeit dieser Annahme und die oben (fj. 52 bis 55) aufgestellte Theorie sprache.

Das Faraday’sche Gesotz selbst hat fur jene Haloid- salze dieselbe Giiltigkeit, wie fiir die andere Klasse von Elektrolyten, wie die vielen und ausfuhrlichen Untersiichun- $en von H i t t o r f zeigen, der immer fand, dafs deiselbe 1) t i i t t o r f , P o g g . A1111. Bd. 106, S. 545. 1559.

Page 25: Ueber Elektrolyse und Elektricitätsleitung durch Flüssigkeiten

185

galoaniscbe Strom im Silber-Vollameter und in der eleh trolgsirten Liisiing des betreffenden Haloidsalzes %pivalcntc Mengen Metall abschied.

Eine zweile E'rage ist, ob a n drn Elektroden wahrtiid der Elektrolyse nicht freie Elektricitat auftritt. Bernerkeii inufs icb dabei, dafs auch fur die andere grofsere Klasse von Elek t roly ten diese Frage noch nicht so fest entscbieden ist, wie es bei ihrer Wichtigkeit wiinschcnswrertb ware.

Es siud o b m (3. 57 bis 6 I ) Versriche von K o 11 I ra u s c h tilid mir uber die gleiclie Spannung der freicn Elektricitat an den Polcn einer offencn oder diirch Elel,trolgte geschlos- senen Ket te aiigefiihrt worden. Die Unterschiede zwischeu beiden Polen sind durchaus nicht genugcnd crklart, rind es ist mir after der Gedanke gekommen, ob nicht die elektro- lytische Thatigkeit der Kette selbst diese Unterscliiede he- diogen Liirtnte. Gegen eine solche Annabme spricht, dafs bald der positive, bald der negative Pol iiberwiegt.

Die folgenden Versuche sollten feststellen, ob sich, wenn eine alkobolische Jodcadmiumlijsung elektrolysirt wrirde, griifsere Unterscbiede als bei den friiheren Versuchen zeigten.

211 dem Ende wurde ein Glastrog von l(i0'""' Lange rind 27'""',5 Breite bis zur H6be von 23"'" init einer Liisring gefiillt, die auf 1 Gew. Theil krystallisirtes Jodcadmiiiin 0,967 Theile absoluten Alkoliol enthielt, iind ein spec. Ge- wicht von 1,432 batte. Der elektrische Strom einer 17gIie. clrigen Grove 'schen Saule, die mit den in 3. 37 angege- benen Vorsichtsmafsregeln gefiillt auf eincm Harzkuchen stand, wurde durch amalgamirte Platten vou Cadmium, die parallel den kleineren Seitenwanden des Troges verscboben werden konnten, in die Flussigkeit ein- und ausgeleitet. Die freie Elektricitat der Pole der Kette wurde in der oben (8. 57) aogegebenen Weise durch ein K o h I r a u s c h - D e l l - ma nn'sches Elektrometer: jedoch oboe Condensator be- stimmt, wahrend ein Pol zur Erde abgeleitet, der anderc mit dem Elektrometer verbrinden war. Es wurde bei offe- ner Kette, oder wenn dieselbe durch eiue Fliissigkeitssaule von tler Lange 1 geschlossrn war, die in dem Elektrometer

Page 26: Ueber Elektrolyse und Elektricitätsleitung durch Flüssigkeiten

186

angesammelte Elektricit#tsmenge + e oder - e bestimmt, je nachdem mit diesem der positive oder negative Pol der Kette verbunden war. In der folgenden Tabelle sind die Messungen zusammengestellt. Die Bezeichnung ist dieselbe wie in 5. .57. Die erste Spalte enthllt unter z die Zeit, welche seit dem Zrisammensetzen der Kette verflossen war, als die betreffende Beobachtung gemacht wurde.

4,957 5,39 5,04 5,29 4,9 1

5,27

Zeit

-5,010 -5,32 -5,07 -5,17 -4,85 -5,24

3b

6b

1 l b n

n

El e k t r o m e t e r.

Mittel

1 beoh. 1 her. I I + e j - - c I I I

5,115 4,953 5,355 5,055 5,230 4,580 5,255

4,562

5,091

4,972

Beide Pole hatten dem Elektrometer nahezu dieselbe Qiiantitat Elektricitat mitgetbeilt , mochte die Kette offen oder geschlossen seyn.

Eine ahnliche Reihe Messlingen wurde mit dem T h o m - so n'scben Quadrantelek trometer angestellt.

Der Stroin einer 7 gliedrigen Grove'schen Saule flofs durch eine alkoholische Jodcadmiumlasung in dem oben be- schriebenen Glastrog. Die amalgamirten Cadrniumelek troden standen drirch dunne Silberdrahte mit deli Quadrantenpaaren des Elektrometers in Verbindung. Bei verschiedenem Ab- stand der Elektroden wurden folgende Ablenkungen beob- achtet.

Page 27: Ueber Elektrolyse und Elektricitätsleitung durch Flüssigkeiten

187

Elrktroden-

Abstand

W

00

155mm 77 51

Elehtiometer- Ablenkun((.

Mittrl

brob. I ber.

304 I 11 - v

! + s , - e

304 - 304 304 285,5 - 287,2 286,3 287,s 278 - 278 278 273,6 265,7 - 266,2 265,9 260,5

187

Die Quadrantenpaare des Elektrometers wrirdeu ferner mit zwei Cadmiomdrahten verbiindea, die an einem Glas- streifen in 34""',2 Absland von einaader festgekittet waren. Die Drahte waren mit Arisnahrne der aiifsersten Spitze rnit Paraffin uberzogen. Hatten die den Strom ein- rind auslei- tenden Cadmiurnplatten 155"" Enlfernring von einander, SO zeigte das Elektrometer folgende Ablenkringen.

W o 11 a s t o n 'sche Elektroden : an der Oberflache der Flussigkeit in der Mitte der Fliissigkeit 62 ,25 berechnet 63 ,19.

64"'.,8

Der Unterschied der beobachteten und berechneteri Ab- lenkung erklart sich aus den zufalligen Verscliiedeiiheilen der Concentration der alkobolischen Ldsung, ebenso wie die Schwankungen der Elektrometer- Ablenkang, wenn man die Wol l a s ton ' s chen Elektroden parallel mit sich selbst verschob.

Ferner wiirde aus Spiegelglasplatteii mil Paraffin ein Trog von 320"" Ltinge, 3"'"',6 Breite iind- 5'"",5 Hbhe ge- kittet und mit alkoholischer Jodcatlmiumliisung gefiillt. Uer Strom einer 6gliedrigen Grove'schen Saule wurde durch einen Spirgelmultiplicator von passender Emphdlichkeit und mit amalgamirten Cadmiumplatten durch die alkoholische Jodcadmiumlbsung geleitet, die mit den Quadrantenpaaren des Elektrometers durch diinne Silberdrahte verbunden wa- ren. Der Widerstand der ganzen Fliissigkeit betrug etwa 2000 Q. E.

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Die folgende Tabelle giebt die am Multiplicator gemes- senen Stromintensitiilen untl die Elektrometerableukungen, wenii die unter 1 angegebene Fliissigkeitssfrecke sich zwisclieu den l':lektroden befand. Bei den Ileobaclitungeii No. .5 bis 7 waren iioch 79 Q. E. aufser den nothwendigen Zuleituiigs- drahten zwischen Multiplicator und Kette eingeschaltet.

107,2 210.8 377' 102,5 211,s 372,2

105,7 209,7 37ti,9 101,s 211,8 370,2

377 1O"l 211,s 371,f

Elektromcter

u - u 41iirc.i

233 248 249 249 248,5 248,7 246

-247 -246 -246 -246 -245 -244 -245

24Y,5 '247 247,5 247,5 246,7 246,3 245,5

Das EIekfrometer zeigte nahezu dieselbe AbIenkung bei verscbietlener Lange der eingeschalteten Flussigkeifsstreclee, wie es nach der GI. 4 $. 60 zu erwarten war.

Wurden mit Paraffin bekleidete Wol l a s ton ' s che Elek- t r o t h aus Cadmiumdraht in 35'"'" Abstand von einander in die allioholische Jodcadmiumlasung getaucht und mit den Quadranlenyaaren des Elektrometers verbunden, so betrug die Ablenkung desselben 26".,75 wahrend die Cadmium- plat fen an den Enden der 320"" langen Fliissigkeitssaia~e 243". Elek trometer- Ablenkung gaben. Die Elektrometer-Ab- lenkung blieb dieselbe, mochten die W o l l a s t on'schen Elekfrodeii am Rande, in der Mitte oder an der Seite der Fliissigkeitssaule angebracht sepn, rind stimmte dieselbe mit dem theoretiscb berechneten Wer tbe 26"*,8 fast vollkom- men iiberein.

Alle diese Versuche zeigen, dafs eine alkohoIische Jod- cadmiumli%ung, soweit die Genauigkeit der benutzten Beob- achtungsmetboden reicht, in Bezug auf Vertheilung der freien Eleklricitat wenn ein constanter elektrischer Slrom durch die Fltissigkeit flierst, sich ebenso wie Widerstande gleicher

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Grbfse am Metall oder gewtthdiclien elek trolgtisch leiten- d w Flussigkeiten (wafsrige Kupfervitriollfisung) verhalt.

9. 69. Es fragte sich fitrner, ob der Slroiii in der Jodcadmium-

liisting und dem inetallischen Theile der Leilung gleiche In- tensiiat hatte.

Zii dem Ende wiirde ein gerades Glasrohr VOII 2c)'"'" Diirchmesser an beiden Enden dtirch Korhe gesclilossen und iuit der alkoliolischen Jodcadmirimliisung gefullt. Zwei amal- gninirte kreisfiirmige Cadmiuinplattcn wareu an Kupferdrahte geliithet, welche lufttlicli~ diirch die Korke iiach auken fiilir- ten. In der Axe der Rohre war ein hohler Glasfadeii VOII

O'""',S aufserem lint1 01""',3 iiinerem nurchmesser aitsgespaiint, tlcr mit Quecksilber gefiillt war, iind durch passendc Oeff- iiiingen dei. Cadmiiiinplattcu mid Korlte nacli adsen fiilirle. Eine Lleiue Glasriihre in tlein einen Kork erlarible deli Apparat, ohne ihn soost aiiseiuander zu nehmeo, mit Fliissig- heit zu fiillen.

Der elektrische Strom flofs von der einen Cadmitiin- Elektrode durch eiiie Flussigkeitssaule von 200"" Llnge zur anderen Elektrode, uiid dann unmittelbar in der Axe der Rohre durch den Quecksilberfaden zuruck. Eiu solcher Stromleiter durfte keine ablenkende Wirkring arif eine Mag- netiiadel ausuben, wenn (lie Stromiutensitat im Elektrolyteri und dem Melalldraht in der Riihreiiaxe gleich grofs war. Die so vorgerichtete Rshre wiirde auf einem kleineu Schlit- ten, parallel dem magnetischen Meridian, [inter 45O gegen den Horizont geneigt, aufgestellt und mit dem Sehlitten ihre Mitte m8i;Iichst uahe an einen magnetischen Stahlspie- gel geschoben, der in einer dicken Kripferhulse an einem Coconfaden aufgehangt und dessen Schwinguugstlauer durch einen sogenannten Berichtigungsstab auf 19" gebracht wor- den war. Durchflofs der elektrisclie Strom einer 20gliedri- gen Grove'schen Saule nur die Fliissigkeit im Glqsrohr, so wurde der mit Fernrohr und Scala beobachtete magne- tische Spiegel um 330". abgelenkt; durchflofs der Strom

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Flussigkeitssaiile und Quecksilberfaden gleichzeitig in ent- gcgengesetzter Richtung, so belrug die Ablenkung 3 bis 5". im Siiine des elelrtrischeii Stromes im Qiiecksilbcrfadeu. Eine genaue Beshnmung war im lelzteren Falle nicht mag- lich, cia bei der grofsen Empfintllichheit der Syiegel auch ohne Strom fortwahrend seine Stelliing anderte.

Beiliufs benierkt war der Strom wcgen des grofsen Widerstandes der Flussigkeit aufserordentlich schwach und betrug ungefahr 0,0000331 elektrouiagnehche Einheiten.

Wurde derselbe Apparat s!att mit alhoholischer Jodcad- miuinldsung mit conceutrirter wabriger Kupfervitriollbsung (spec. Gew. = 1,lGCi) gefullt, iind der Strom eiries Grove ' - schen Elemenles hindurchgeleilet, so erfolgte, da der Wider- staud jetzt fast 16 Ma1 hleiner als bei tler Jodcadmiumlii- sung war, eine Ablenkuiig vou 260'". Ging dcr Strom gleichzeilig durch die Kupfervitriollcjsuug uud den Queck- silberfadcn in entgegcngesetzter Richtung, so iiberwog w i c der der Stroln in letzferern ein weuig und brachte eine Ablenkung von 5qc hervor.

Diese geriuge Ablenkung riihrte wohl daher, dafs der Glasfaden mit Quechsilber riiclit genau in der Axe der Rbhre ausgespaunt war, und es folgt daraus, tlafs, bis auf 1 Proc. wenigstens, die Stromintensilat in Metallen und Elektroly- ten gleich p k ist. Zu deinselben Resultat ist auch K o h l - r a u s c h ') bei verduunter Scbwefelsaiirc tind wafqriger Ku- pfervitriolldsung, freilicli arif etwas umstaudlicherem Wege gelangt (Vergl. 9. 60), sowie B u f f ') mit einer der beschrie- benen sehr ahulichen Mctbode.

Berlin im Juli 1871.

1) Pogg. Ann. Bd. 97, S . 402 und 597. 2) Jahresbaricht von Liebig und K o p p fcir 1556, S.241.

1856.