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tiber Fliichen mit lauter geschlossenen geodittischen Linien und konjugierten Gegenpnn en. Yon C. CARATH]~0DORY in Miinchen. t. Einleitung. Es sei }, eine geodi~tische Linie eines Fl~tchen- stiickes F, die einen Punkt A von F enthiilt. Wir bezeichnen mit A~, A~,... die aufeinanderfolgenden konjugierten Punkte yon A auf }, (falls solche innerhalb von F existieren) und nehmen an, da~l in diesem Falle folgende beide Bedingungen stets erftillt sind: a) der Punkt A~ bleibt unbeweglich, wenn man bei festgehaltenem A die Richtung der Kurve rim Punkte A variiert, b) der Punkt A~ fi~llt stets mit A zusammen. Wit wollen in diesem Falle sagen, dab A~ ~ein konjugierter Gegen- punkt von A ist, und Fl~chenstficke untersuchen, bei welchen jedem Punkte ein konjugierter Gegenpunkt zugeordnet ist. 2. Die beiden Bedingungen a)und b) des vorigen Paragraphen sind unabh~tngig voneinander: z.B. ist bei nicht kugelfOrmigen Rotations- flachen konstanter positiver Krfimmung die Bedingung a), aber nicht immer die Bedingung b) erffillt. Bei den Flachen, fiir welche eine Ab- bildung auf der xy-Ebene existiert, bei der das Linienelement in der Form geschrieben werden kann ds ~ 2--V-J + y s z (d x ~ ~- d yZ), 4 ix ~ + y~ gilt umgekehrt die Bedingung b), nicht aber die Bedingung a). Nach Einfiihrung yon zwei neuen Parametern u, v durch die Gleichtmgen x ~ u~--v ~', y,-~ 2uv nimmt niimlich unser Linienelement die Gestalt .an d: ~ (2 -- u ~- v') (du ~ + dr'). Die Bilder der geodittischen Linien in der uv-Ebene sind dann lauter Ellipsen mit dem Anfangspunkt der Koordinaten als Mittelpunkt und der zweite konjugierte Punkt A~ eines Punktes A unserer Fli~che mit den Parameterwerten ~, ,' besitzt die Parameterwerte --u, --v. In der xy-Ebene fiillt also A~ mit A zusammen. Dagegen ist, wie man sich

Über Flächen mit lauter geschlossenen geodätischen Linien und konjugierten Gegenpunkten

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tiber Fliichen mit lauter geschlossenen geodittischen Linien und konjugierten Gegenpnn en.

Yon C. CARATH]~0DORY in Miinchen.

t. Einleitung. Es sei }, eine geodi~tische Linie eines Fl~tchen- stiickes F, die einen Punkt A von F enthiilt. Wir bezeichnen mit A~, A~, . . . die aufeinanderfolgenden konjugierten Punkte yon A auf }, (falls solche innerhalb von F existieren) und nehmen an, da~l in diesem Falle folgende beide Bedingungen stets erftillt sind:

a) der Punkt A~ bleibt unbeweglich, wenn man bei festgehaltenem A die Richtung der Kurve r i m Punkte A variiert,

b) der Punkt A~ fi~llt stets mit A zusammen. Wit wollen in diesem Falle sagen, dab A~ ~ein konjugierter Gegen-

p u n k t von A ist, und Fl~chenstficke untersuchen, bei welchen jedem Punkte ein konjugierter Gegenpunkt zugeordnet ist.

2. Die beiden Bedingungen a)und b) des vorigen Paragraphen sind unabh~tngig voneinander: z.B. ist bei nicht kugelfOrmigen Rotations- flachen konstanter positiver Krfimmung die Bedingung a), aber nicht immer die Bedingung b) erffillt. Bei den Flachen, fiir welche eine Ab- bildung auf der xy-Ebene existiert, bei der das Linienelement in der Form geschrieben werden kann

ds ~ 2 - - V - J + y s z (d x ~ ~- d yZ), 4 i x ~ + y~

gilt umgekehrt die Bedingung b), nicht aber die Bedingung a). Nach Einfiihrung yon zwei neuen Parametern u, v durch die Gleichtmgen

x ~ u ~ - - v ~', y , - ~ 2 u v

nimmt niimlich unser Linienelement die Gestalt .an

d : ~ (2 - - u ~ - v') (du ~ + dr ' ) .

Die Bilder der geodittischen Linien in der uv-Ebene sind dann lauter Ellipsen mit dem Anfangspunkt der Koordinaten als Mittelpunkt und der zweite konjugierte Punkt A~ eines Punktes A unserer Fli~che mit den Parameterwerten ~, ,' besitzt die Parameterwerte - - u , - -v . In der xy-Ebene fiillt also A~ mit A zusammen. Dagegen ist, wie man sich

298 C. Carath6odory.

leicht tiberzeugt, A~ kein fester Punkt, wenn .4 gegeben ist und die Richtung der Extremalen im Punkte A variiert.

3. Aus der Bedingung a) allein folgt schon mit Hilfe eines sehr bekannteu Satzes der Variationsrechnung, dab alle geodittischen Linien, die zwei konjugierte Punkte A und A~ verbinden, gleiche L~tnge haben mtlssen. Dariiber hinaus kann man beweisen, dal~ diese geodittische Enffernung zwischen A und A~ konstant, d. h. yon der Wahl des Punktes A unabh~ngig istl).

Aus der Bedingung b) allein folgt anderseits, dag alle geodtttischen Linien geschlossen sind.

Die Flttchen, die wir untersuchen, sind also solche mit lauter geschlossenen geodittischen Linien gleicher Lttnge, die durch die auf ihnen liegenden Punkte A und ihre Gegenpunkte A~ in zwei gleichlange Teile zerlegt werden.

4. Herr W. BLASCHKZ hat die Vermutung ausgesprochen, daft es auger der Kugel keine geschlossene FIRche gibt, bei der jeder Punkt einea Gegenpunkt besitzt I). Diese Vermutung scheint, falls sie wirklich zutrifft, recht schwer zu beweisen zu sein. Jedenfalls haben die Versuche, die bisher gemacht worden sind, um sie mit den Hilfsmitteln der Analysis Situs aUein zu bekrttftigen, nicht zum Ziele gefiihrt. In den folgenden Seiten wird eine rein analytische Formulierung des Blaschkeschen Satzes gegeben, die, auch wenn sie die LOsung des Problems nicht erleichtert, an sich interessant ist.

5. Gleichzeitig werden wir aber sehen, dag es m0glich ist, eine ~-oge Klasse yon Flitchen zu konstruieren, die keine BiegungsflJtchen der Kugel zu sein brauchen, und bei welchen jeder Punkt einen Gegen- punkt besitzt. Unter diesen Flttchen ist allerdings die Kugel die einzige, die geschlossen ist; da aber die yon uns betrachteten FIRchen nicht alle m0glichen Fl~tchen mit Gegenpunkten umfassen, ist flit den Beweis des Blaschkeschen Satzes leider gar nichts gewonnen.

Meine Untersuchung berfihrt sich mit einer Arbeit yon P. ST:~CKELS), die P. FUNK 4) weitergefiihrt hat. ,QT:~CKEL hat niimlich auf die MOglich- keit hingewiesen, daft alle geodiitischen l, inien auf einer Liouvilleschen

') Siehe z. B. C. CARATnEODORY, (~ber den Zusammenhang der Theorie der absoluten optischen Instrumente mit einem Satze der Variationsrechnmlg. Mtinch. Sitzungsber. 1926.

~) x,V. BLASCHKE, Vorlesun~'en tiber Differentialgeometrie I, 1. Aufl. (1921), w 86, p. 155--158; 2. Aufl., p. 156--159 und 227--233. K. REIDE)IElSl'ER, Eine Kennzeichnung der Kugel nach W. Blaschke, Journal f. r. und angew. Math. (~'relle): Bd. 154 (1924/25), p. 8--14 und p. 260. P. Fv.~'K, Math. Zeitschr. 16 (1923), S. 159--16'2.

a) (:ber die geo(liitischen Linien einer Klasse yon F15ehen, deren Linienelement den Liouvilleschen Typus hat. Journ. f. Mathem. Bd. 130, p. 89.

4) (~,l)er Fl~ichen mit lauter g'eschlos~enen geodii, tischen Lfilien. Math. Ann. Bd. 74 (1913), p. 278.

Geod~tische Linien und konjugierte Gegenpunkte. 299

Fl~che geschlossen sein k0nnen; FUNK hat einen Existenzbeweis fiir derartige Flttchen gegeben. Wir werden nun direkt zeigen, daft man das Linienelement yon Liouvilleschen Fl~chen in geschlossener Form angeben kann, die nicht nur die yon ST:~CKZL und FUNK geforderte Eigenschaft besitzen, sondern noch die weitere Eigensehaft, da~ jedem ihrer.:Punkte ein Gegenpunkt im Sinne des w 1 zugeordnet ist.

Dieses Resultat scheint mir aus zwei Grtinden interessant zu sein. Erstens kennt man nur sehr wenige Fl~tchen mit lauter geschlossenen geod~tisehen Linien. Alle bekannten Beispiele gehen auf eine Unter- suchung yon G. DAaBOUX zuriick~). Zweitens scheint sogar in der Vaxiationsrechnung kein einziges Problem, bei dem die Bedingung a) des w 1 durchweg erfiillt ist, bekannt zu sein, das man nicht irgendwie mit dem System der Gro~kreise einer Kugel in Zusammer~hang bringen kann. Unsere Fl~tchen wiirden in diesem Falle das el~te allgemeinere Beispiel fiir diese Art yon Variationsproblemen bedeuten.

6. Die konforme Abbildung von Fl&chen mit Gegenpunkten. Wir nehmen an, dab unter den Voraussetzungen des w 1 das Fl~chenstiick F eine geschlossene geodRtische Linie ro (w 3) in seinem Inneren entli~,lt. Dann werden die geschlossenen geod~tischen Linien r, die ro in irgend- einem Punkt unter einem hinreichend kleinen Winkel schneiden, auch ganz in F enthalten sein. Hieraus folgt welter, da~ man eine feste positive Zahl ~ angeben kann, derart, daft jeder Punkt C yon F, dessen Abstand yon ~'o kleiner als �9 ist, einen Gegen- punkt C~ im Inneren yon F besitzt. Wir zeichnen auf F eine willkih-liche ge- schlossene Kurve K, die keinen Punkt gemeinsam mit u besitzt, so da~ jeder Punkt yon K um weniger als �9 yon ro entfelmt ist und bezeichnen

Fig. 1.

mit KI den 0r t der Gegenpunkte aller Punkte yon K. Besitzt K keine Doppelpunkte, so gilt dasselbe yon K~ und beide Kurven zusammen begrenzen ein ringf0rmiges Gebiet Fo, das ro in seinem Inneren ent- h~lt. (Fig. 1.)

~) DARI~o~x, Le~,on.~ sur la th~orie g6n6rale des surfaces,'T. III, p. 4, ferner ZOLL, Diss. (~ttin~en 1901, .~Iath. Ann., Bd. 57, p. 108.

300 C. Carath~odory.

Die Flache Fo hat nach ihrer Konstruktion die Eigenschaft, dab tier Gegenptmkt A~ eines jeden Punktes A yon Fo wieder in Fo iiegt, und zwar liegt A~ gleichzeitig mit A i m Innern oder auf dem Rande des ringftirmigen Gebietes.

7. Nun bemerke man, da~ wenn A, B, C auf drei geschlossenen geo- datischen Linien liegen, die in Fo enthalten sind (Fig. 1), nach dem w 3 die Seiten des Dreiecks A~B~C~, das aus den Gegenpunkten yon A BC gebfldet wird, auf der Flache gemessen die gleiche Lange haben wie die entsprechenden Seiten yon A BC setbst. Hi~lt man nun zwei der geodittischen Linien, z. B. die beiden, die durch A und A~ gehen, lest und variiert die dritte, so da~ B und C gegen A und BI, C1 gegen AI konvergieren, so entnimmt man aus der Betrachtung der unendlich kleinen Dreiecke, die auf diese Weise entstehen, dab die beiden geo- datischen Linien, die durch A und A~ hindurchgehen, in beiden Punkten denselben Winkel miteinander machen.

Das gilt zunachst nur for geod~tische Linien, die keinen zu gro6en Winkel einschlieflen, da sie beide vollstitndig im Inncren yon Fo ver- laufen sollen; man folgert abet hieraus ohne Mtihe, daft bei Vertauschung der Punkte yon Fo mit ihren Gegenpunkten die Flache Fo auf sich selbst mit Erhaltung tier Winkel abgebildet worden ist. Wie die Figur zeigt, ist die Abbildung antikonform.

8. Wir bilden nun das ringfOrmige Flachensttick Fo konform auf

Fig. '2.

i /

einen ebenen Kreisring ab. Jedem Punkte A yon Fo entspricht ein Punkt A' des Kreisringes. Bezeichnen wir mit A~ das Bild des Gegenpunktes At yon A auf dem Kreisring, so wird der Kreisring antikonfonn auf sich selbst abgebildet, wenn wir die Punkte A' und A~ einander zuordnen.

Nun erh~lt man die allgemeinste antikonforme Abbildung eines Kreis- ringes auf sich selbst durch eine Spiegelung an einem Kreis Ko (Fig. 2), durch welche die Ritnder des

Kreisringes vertauscht werden, und einer darauffotgenden Drehung des Kreisringes um seinen Mittelpunkt um einen Winkel ,% Nun mu~ abel"

Geod~tische Linien uad kanjugierte Gegenpunkte. 301

nach unseren Annahmen das Bild von A~ mit A' zusammenfallen, woraus folgt, dab ~ - - - -u sein muff.

9. Wit bilden endlich die Ubel'lagerungsfli~che unseres Kreisringes konform a,uf einen Streifen der xy-Ebene ab, dessert Symmetrieachse mit der x-Achse zusammenfallt. Wir wahlen dabei die Breite unseres Streifens so, daff die antikonforme Abbildung des Kreisringes alff sich selbst in die Transformation

(1) x l ~ x + ~ , YL ~ - - Y

iibergeht. Da die Abbildung des Flachenstiickes Fo auf unseren Streifen konform ist, hat das Linienelement unserer Fl~iche die Gestalt

(2) ds ~ ---- f ( x , y) (dx2 + dyl).

Die Funktion f (x , y) ist nicht willkiirlich; aus der Gleichheit tier Drei- ecke A B C und AL B~ C~ und der Tatsache, daft diese Dreiecke in unserer neuen Figur durch die Transformation (1) ineinander fibergehen, folgt sofort:

(3) f ( x + ~, - -y) = f(x, y).

Das Flaehenstfick Fo wird lauter Gegenpunkte besitzen, wenn fiir ~mt- liche Extremalen des Variationsproblems

(4) ; V f-(-~, y) (~' + y') d t

der erste konjugierte Punkt eines Punktes xo, yo im Punkte x o + 7r, - -yo liegt.

(5)

10. Die Eulerschen Gleichungen des Variationsproblems (4) lauten

d V'j:~ A V : P ' + y ' ,

d V f h f,,, dt V ~ + ~' 2~"

hierbei kann noch der Parameter t willkiirlich gew~thlt werden. setzen diesen Parameter lest, indem wir schreiben

(6) .;.' + ~)" ~: f ( x , y);

dann nehmen die Gleichungen (5) die einfache (iestalt all

(7) 2~. =- . f~, 2y : : - . ty.

Wir

302 C. Camth~ry.

Unsere Extremalon werden also dm~h dinjenigen LOsungen der Differenfialgleichungen (7) gegeben, fiir w#lahe das erste Integral (6) bestehto und wir lr~nnen den Sam ausspr~ehen:

Sate 1. LOs L i n e r dot ablyemeinsten Ft~,che mit Oegen- pu~hten karat i n ~ a l b e i ~ s 81vdflms l y [ < M ge~r/d, en uerd~n

ds 2 : f (x , y) (dx I + dyt),

wd~ei die F~enhtion/(x, y) der B~i~ung

f ( x + ~, --y) : f (x, y)

genflgt, und die l~fcntialgleid~ngen (6) lind (7) lauter LSsungm y = y~) besi~een, die der Bedmgung "

y(x + ~) -~ --y(x)

qenflgen, yon den Liimngen abgesehen, die den Streifen vorzeitig v~lassen. 11. Fiir eine geschlossene Fl~che F mit Gegenpunkten ist das

Resultat ganz analog. Wir bemerken zunitchst, daft nach dem w 7 dutch Vertausehung der Punkte A von F m i t ihren Gegenpunkten AI die F l ~ e F antikonform (sogar spiegelkongruent) auf sich selbst abgebildet worden ist.

Bei der konformen Abbildung der geschlossenen Flache F auf eine geschlossene Kugel z warden die Bilder A' und At' eines beliebigen Punktes A und seines Oegenpunktes A1 dieselbe Eigenschaft haben. D. h. wenn man auf der Kugel x die Punkte A' durch A~' ersetzt, erhalt man eine antikonforme Abbildung ,der Kugel auf sich selbst. Nun kann man die konforme Abbildung yon F auf x so normieren, daft zwei bestimmte konjugierte Oegenpunkte yon F in den Nord- bzw. Sfidpol yon z tibergehen. Projizieren wir nun stereographisch x au f eine kom- plexe z-Ebene, so wird die antikonforme Abbildung der Fl~tche F auf sieh selbst dargestellt dureh eine anhkonforme Abbildung der z-Ebene auf sich selbst, bei der die Punkte z ---- 0 und z = oo miteinander vertauscht werden.

Diese letzte Abbildung kann man abet damtellen durch eine Spiegelung an dem Einheitskreis I zl =-= 1, zusammengesetzt mit einer konformen Abbildung der z-Ebene auf sich selbst, bei .der z----0 und z-~- ~ Fix- punkte sind. I)iese letzte Transformation, die notwendig die Gestalt z~ ---- ~z besitzt, kann dargesteUt werden d~rch zwei aufeinanderfolgende Spiegelungen an den Kreisen i zl = 1 und [zi ---- t~ und durch eine Drehung der Ebene yon der Gestalt z~ =: ei'~z. Die beiden auf- einanderfolgenden Spiegelungen an dem Kreis ]z ! ---- 1 heben sich auf, und

(}eodittische Linien ud, konjugierte Gegenpuukte. 303

unsere antikonforme Abbildung kann also dargestellt werden durch die Spiegelung an dem Kreise ! z z t~, gefolgt voh der Drehung zl ~ ei~ Da die Transformation involutorisch, sein mufl~ und: keine Doppelpunk, te vorhanden sein diirh~n, muff notwendig ,~ ---- ~ sein.

Betrachtet man nun.die z-Ebene als. stereographische Projektion einer Kugel.xo vom Durchmesser Q, so wird Fkonform auf.xo abgebildet sein, und den konjugierten Gegenpunkten von F entsprechen durchweg die diametrai-eutgegengesetzten Punkte von Xo.

Satz 2. Es ist immer m6glich, eine geschlossene Fliiche mit Oegen- punkten so auf eine K~.wel ~o konform abzubilden, dafl jedem Paar yon konjugierten G~.enpunkten der FlY, che diametral entge.qengeselzte Punkle yon Xo entsprechen.

12. Betracbten wir jetzt auf einer x, y-Ebene die Mercatorprojektion unserer Kugel xo sowie die entsprechende konforme Abbildung yon F i n dieser Ebene. Diese Abbildung yon F wird genau durch die Formeln der w167 9 und 10 dargestellt, mit dem einzigen Unterschiede, daff f ( x , y) in der ganzen Ebene jetzt definiert ist und noch einer Beschritnkung unterworfen sein muff. Das Linienelement da der Kugel Xo wird namlich bei der Mercatorprojektion gegeben durch die Formel

2 Vd-x~+ dy ' . da - eU ~ e_y

Bei der konformen hbbi]dung von F auf Xo ist also das Vergri~fferungs- verhaltnis gegeben durch

da 2

und da dieses Vergr0flerungsverhl~ltnis in den beiden Polen ein bestimmtes sein muff, miissen die beiden Grenzwerte

lim eU -~- e-U Vf (~ i y) y = + ~ 2

existioren' und, unabhangig von x sein. Mit Benutzung der Gleichung (3) folgt nun sofort, dati dies dann und nur dann der Fall ist, wenn der Grenzwert (8) lira eU ]I f(x , y) ~ a

y ~

existiert, endlich und unabhangig yon x ist. Wir haben demnach den

Satz 3, Das Linienelement

d.@ =: f (x , y) (dxl + dy t)

304 C. Carath6odory.

stellt nur dann eine geschlosseae Fldche mit Gegenpunkten dar, wean die Bedingung. en des Satzes 1 in der ganzen x, y-Eb~me erfi~llt sind, und auflerdem der Grenzwert a in (8) endlich und unabhi~n.qig von x ist.

13. Die Liouviileschen Fl~ichen mit Geoenpunkten. Wir wollen jetzt zeigen, (lafl man alle Fl~tchen mit Gegenpunkten finden kann, fiir welcbe die Funktion f (x , y) in der Gleichung (2) des w 9 die Gestalt hat

(9) f (x , y) = u(x) + ~(y).

In diesem Falle, in dem unsere Flachen sogenannte Lwuvillescbe FI~chen sind, folgt zuni~chst aus der Gleichung (3)

- ( x § = - ( x ) + ~ @ .

Durch Einsetzen von y = 0 in diese letzte Gleiehung erhalt man

(10) a(x -}- 7r) =- a(x),

und dureh Vergleiehung yon (10) mit der vorangehenden Relation

(11) ~(--y) = ~(y).

Die Funktion a(x) mug also die Periode ~ haben; wit kOnnen fiberdies ohne Beschri~nkung der Allgemeinheit annehmen, daft die untere Grenze yon a(x) g[eich Null ist. (Ira entgegengesetzten Falle brauchen wir blofl eine geeignete Konstante zu a(x) zu addieren und dieselbe Konstante yon $(y) abzuziehen.) Aus unserer Voraussetzung fiber die untere Grenze yon a(x) folgt, da~ ffir alle in Betracht kommenden Werte yon y die Funktion $(y) positiv sein muff; ware namlieh ffir irgendeinen Wert yo die Funktion a ( y o ) < 0, so konnte man einen Weft Xo yon x finden, so da~ naeh (9) die Relation f (xo, Yo)< 0 stattfindet, was unm0glich ist, wenn das Linienelement ds, wie es sein soll, reell ist.

14. Die Gleichungen (6) und (7) der geodatischen L!nien lauten jetzt

{ 2~ = a' (x), 2~) : ~' (y), ~ ' + ~ ' -=-- . (x) + ~(y).

Aus den beiden ersten dieser Gleichungen folgt, wenn man die letzte bertieksiehtigt, (12) x t = a(x) q- C,

(13) ~" = ~(y) - - C.

Wir nehmen nun an, da~ ~(0) = B ist und daft ftir positive y die Funktion fl(y) monoton abnimmt, und setzen

C = = B - - h .

Geodatische Linien uud konjugierte Gegenpunkte. 305

Dann nehmen die Integrale der Gleichungen (12) und (13) die Gestalt an:

(14) t ----- V~(x) + B - - h ' xo

Y

(15) t -~ i h - - ( B - - B ( y ) ) " V*

Daffir, dag das zweite Integral reell sei, mug h ~ 0 genommen werden; daffir dab das erste Integral ffir alle Werte yon x reell sei, mug h ~ B sein. Wir setzen also zunachst

(16) O ~ h ~ B .

15. Wir wollen jetzt bei gegebenem a(x) die Funktion ~(y) so bestimmen, dab unsere Fliiche Gegenpunkte hat.

Betraehten wit zunaehst x als Funktion des Parameters t, so mug auf jedem Bogen einer geodatischen Linie zwischen einem Punkt und seinem Gegenpunkt die Abszisse x um ~r wachsen und daher nach (I4) der Parameterwert t sich um

xoA-Tt

j " dx

V ~ ( x ) + B - - h

vermehren. Wegen der Periodizitat yon a(x) ist diese letzte Gr(JBe yon xo unabh~ingig und hi~ngt nur yon h ab; wir bezeichnen sie mit v(h) und schreiben

7/

f (17) v(h) -~ V a ( x ) + B - - h " 0

Nun soll, wenn wir y(t) betrachten, stets

(18) y (t § ~(h)) = - - y(t)

sein. Wegen der Symmetriebedingung (11) kann nun die Gleichung (13) als die Differentialgleichung einer periodischen Schwingung gedeutet werden und die Bedingung (18) ist dann und nut dann erfiillt, wenn v(h) gleich der halben Schwingungsperiode gesetzt wird.

Mit Hilfe yon (15) kann man aber die Viertelperiode be~echnen und erhalt somit die Bedingung

j. 1 ~(h) -= dy (19) -~ V ~ , - - ( B - - ~(u)-----~ '

306 C. Carath~odory.

wobei ~ gleich der positiven Wurzel der Gleichung

h - - ( B - - ~ (y)) = 0

gesetzt wird. 16. Das Problem, bei gegebenem ,(h) die Funktion My) aus (19)

zu bereehnen, ist genau das Problem, das sich ABEL bei Gelegenheit seiner Untersuchungen fiber die Tautochrone gestellt hat. Wir brauehen also nur die Abelsehe LOsung abzuschreiben.

Zu diesem Zwecke setzen wir

(20) B - - fl(y) ~ z,

(21) dy --~ ~p(z)dz;

statt der Gleichung (19) haben wir dann

h

1 (h) = f g'(z)dz 2 , VzT~--z"

0

Durch Aufl0sung dieser Abelschen Integralgleichung (s. z. B. GOURSAT, Cours d'Analyse, 26 ed., T. I, p. 344) erhalten wir

i J :~(h)dh ~ (z) dz ~ U z - - h

0 0

oder indem wir (20) und (21) berticksichtigen

z

~ " ~(h) dh (22) 2 ~ y = , Vz- - h

o

17. Wir ersetzen ~(h) in (22) durch seinen Weft (17), nachdem wir zur Abkfirzung (23) ), (x) = - (x) + B

gesetzt haben, Integrationen

Nun ist j,

und erhalten nach Vertauschung der Reihenfolge der

7I Z

2~y ---- dx - dh , V ( ~ (x) - - h ) (z - - h) o 0

dh _ _ 2 l ( 1 / i h + V ~ _ ] ) l / ( x - - h) ( z - - l[) - -

Geod~tische Linien und konjugierte Gegenpunkte. 1tl)7

und daher

~" dh ---- 1 ( V : ~ + V z ) ' g(x - - h) (z-- h) ~ -- z

0

Wir erhalten schlieBlich

J V ~ + V ; (24) 2 uy -~ "l V ~ ( x i - - V z

o

und mit Berfieksiehtigung yon (20) und (23).

(25)

V) : + V i V ~ - V ~ "

dx

7~

2~u = f z V ~ ) + I/~---~(v) o d x .

18. Setzt man in (24) (26) i z ~ v,

so wird y eine analytische ungerade Funktion yon v, die best~ndig witchst, denn man erhi~lt aus (24) durch Differentiation nach v

dy f V~(x) (27) ~ d-T = , ) ~(-x)--~ v t dx > O.

o

Die Umkehrung dieser Funktion wird also v o n d e r Form sein

v(y) ~- y(a~ + as y2 + ab y" + . . . )

und hieraus folgt, dab (28) ~(y)--~ B--vt(y)

alle die yon uns verlangten Eigensehaften haben wird: ~(y) ist eine gerade positive Funktion yon y, die fiir positive y monoton abnimmt.

19. Naeh unserer Konstruktion ist der Puakt (x~+ ~, - -Yo) auf jeder Extremalen unseres Variationsproblems ein konjugierter Punkt yon (xo, yo). Es ist aber notwendig zu zeigen, dab es der erste konjugierte Punkt auf der betrachteten geodl~tischen Linie ist.

Nach bekannten Eigenschaften tier konjugierten Punkte geniigt es tibrigens zu zeigen, dab fiir jede Extremale, die den Punkt (Xo, 0) enthitlt, der Punkt (Xo + ~, 0) der erste konjugierte Punkt yon (Xo, 0) ist.

Zu diesem Zwecke betrachten wir das Bfischel yon geodlttischen Linien, die durch den Punkt (Xo, 0) hindurchgehen und setzen die Gleiehungen dieser Extremalen in der Form an

(29) t = ~:(x, h) • ~ ( y , h).

308 C. Carath~iodory.

Wir variieren nun t, y, h, derart, da~ ~x ~--- 0 wird, und berechnen ~y:$h. Es muff gezeigt werden, dab fiir t < v(h) diese letzte GrOiie stets das- selbe Vorzeichen besitzt. Nun folgt aus (29), wenn wir ~x = 0 setzen,

(3o) oy ~ oh o h / " Es sei zunaehst

t < 2 ;

wir kOnnen dann schreiben x

~ (x, h) = y . V:~ (x)-- - - h xo

Y

~,,(y,h) = ~ dy , V / ~ - - - i " 0

hus der Oleichung (30):folgt dann

(31) ~y =

dx

V ~ - z dx s +

2 (~. - - h) -~ (h - - z ) 2 j

~h.

In diesem Falle ist also r positiv. Zweitens sei

(4) - - ~ - < t<~(h); wir k0nnen schreiben

x o T n

~,(x,h) = ~(h)-- j dx V~(x) - - h

x

Y

~, (v, h) = ~ (h) - - i ' - d Y

V h - - z 0

und wir erhalten wieder

(3~) ~y = V h ~ z ( y ) dx 8 + dv ,~h.

Die Gr{lfie eiy:Sh ist also wiederum positiv. Es bleibt nur noch die Variation yon y fiir den Ptmkt t ~-�89 auszurechnen. Dies geschieht am einfachsten, indem man mit Benutzung einer der frfiheren Formeln (31) oder (32)

Geodiitische Linien und konjugierte Gegenpunkte. 309

2

lira J y ~- lim Vl~T~z j~ ~p(z)dz , = a (ih ~=h 2 8

o (h--z) ~

bestimmt. Eine leichte Abschatzung, bei tier man den Mittelwertsatz der Integralrechnung benutzt, fiihrt zu dem Resultat

6y ~- q~(h) 6h.

Es ist wiederum 6y:Sh positiv, weil ja

?t

1 [" U ~ d x (33) ~(z) - - 2 u J V z ( Z - - z ) > 0

0

ist. Unsere Behauptung, daft der Punkt (Xo ~- 7r, - - Y o) der Gegenpunkt

des Punktes (Xo, Yo) auf unserer Fl~iche ist, ist somit in allen ihren Ein- zelheiten erwiesen.

20. Auger den periodischen geschlossenen geodatischen Linien auf unserer Fli~che gibt es im allgemeinen auch andere. Bezeichnet man nitmlich mit A die obere Grenze yon a (x) und setzt

B < h < B + A ,

so ist die entspreehende geodi~tisehe Linie nur ffir diejenigen Werte yon x reell, ftir welche

a (x) > h - - B

ist. Diese geodiitischen Linien, die diesen Werten von h entsprechen, sind aber so steil, daft sie nicht bis zum ni~chsten konjugierten Punkt reichen.

21. Wir wollen noch zeigen, daI~ es unter den betrachteten Liou- villeschen Fl~tchen mit Gegenpunkten solche gibt, bei denen die Gauss- sche Kriimmung nicht konstant ist, die also keine Biegungsflachen der Kugel sind. Bekanntlich ist die Krtimmung x ffir ein Linienelement tier Gestalt (2) gegeben dutch den Ausdruck

a I f 2f"

Hieraus folgt, wenn man f ~ - a ( x ) + f l ( y ) setzt,

~34) ,,'~+ ~'~--(- + ~)(,~"+ Y') - 2 . ( . + ~)~.

310 C. Carath~odory.

Ist nun x konstant, so erh~tlt man durch Differentiation yon (34) nach x und nachtraglicher Division dutch a '

I?!

. , ,_ ( . + ", a

- -# ' : 6x(. §

Differentiiert man diesen Ausdruck nochmals nach x und dividiert durch ( a ~ $ ) , so erhalt man:

Wir integrieren jetzt diese Gleiehung und erhalten, wenn C, D, E Integrationskonstanten bedeuten,

(35) a'2-~- 4 x as ~ Ca2-~-Da--~E.

Eine i~hnliche Gleichung findet man fiir ~(y); da aber die Gleichung (34) erffillt sein muff, k~nnen die neuen Integrationskonstanten nicht beliebig sein; man muff ni~mlieh haben

(36)

wobei C, D, E dieselben Grtlfen darstellen wie in (35). Es ist nun sehr leicht, Funktionen a(x) zu finden, ftir welehe eine

Gleiehung, wie (35), nicht gilt. Aber es kann auch (35) fiir a (x) erfiillt sein, ohne daft die yon uns bereehnete Funktion ~(y)die Gleichung (36) befriedigt.

Setzt man z. B. (37) a(x) : sin z x,

so hat, wie es sein soll, a(x) die Periode ~ und die untere Grenze Null. Durch Differentiation folgt in diesem Fall

a '2 : 4 a ( 1 - - a )

und nach (35) miifite daftir, daf die Flache yon konstanter Krfimmung sei, die Krfimmung x ~ 0 sein. Eine Fliiche vom Krfimmungsmaf Null kann aber keine geodatischen Linien besitzen, auf denen konjugierte Punkte liegen.

Wir ktlnnen also ohne jede Reehnung sehlieflen, daii die von uns konstruierte Fl~tche mit Gegenpunkten yon variablem Krtimmungsma5 ist, falls man a(x)-~ sin~x setzt.

Geodatische Linieu und konjugierte Gegenpunkte. 311

22. Das Linienelement unserer Liouvilleschen Flltchen konnten wir bisher nicht explizite darstellen, well wir nach (24) wohl y als Funktion yon ~, nicht aber fl als Funktion yon y in geschlossener Form auszudriicken imstande waren.

Sehr elegante Formeln bekommen wir dagegen, wenn wir y durch den Parameter v ersetzen, der in der Gleichung (25) eingeffihrt worden ist. Dann haben wir erstens

fl ---- B - v ~,

a § = ; t - -v ~.

Wir k0nnen also, wenn wit (26) berticksichtigen, ftir unser Linien- element schreiben, wenn wir noch x durch u ersetzen,

08) ( ) ds' = (Z (u) -- v') du'q- o - ~ ' - - ~ ]

23. Ferner kOnnen wir nach Einfiihrung unserer neuen Parameter die Integration tier Gleichung (15) ausftthren.

Dutch Vergleich yon (15) und (27) ergibt sich nltmlich nach Ver- tauschung tier Yo ~--- 0 setzen,

Nun ist aber

Integrationsfolger) und wenn wir in (15) die Gr~fle

71" V j . f (x>dv t = dx V h - - v "

0 0

f V.~ dv 1 vV) . - -h . - - - - arc sin ' .

V lTZ--v' V X--h Vh(Z--v')

Man kann also das allgemeine Integral der geodatischen Linien in der Form schreiben:

j~ dx __ i J ' a r c sin II / f ~ v ) dx (39) VZ(x)- -h \V " h VZ(x)--v" V it(x)--h

t~ 0

Die beiden Integrationskonstanten sind hier uo und h. 24. Soll unsere Liouvillesche Flache geschlossen sein, uo mu~ die

Gleichung (8) des w 12 bestehen. Dies ist in unserem Falle dann und nur dann m0glich, wenn a (x) identisch Null ist. Unter dieser Voraus- setzung ist ~ (x) ~ B und die Gleichungen (23) und (25) liefern die Relatioa

312 C. Carath6odory.

V ~ + v V ~ - - v - - e~v'

woraus erstens folgt

(40) v ~- V B eY---e-U ~Y -~- e - y

und zweitens 4B

(41) ~(y) ---- B - - v z - - (e v + e-U) z '

Wir haben sehliefilich

2 I / B i f ( x , y) - - eYq-e-U '

und unser Linienelement stellt die Mercatorprojektion der Kugel dar. Untcr allen betrachteten LiouviUeschen Fldchen mit Gegenpunkten

ist die Kugel die einzige, die geschlo~sen ist. Die Gleichungen der geodi~tischen Linien lassen sich sofort ftir die

Mercatorprojektion der Kugel aus der Formel (39) entnehmen. Wir k6nnen ni~mlich hier die ]ntegrationen ausfiihren und schreiben:

-h V B - - r' - sin ( u - - uo)

oder, wenn wir (40) und (41) benutzen,

eU-- e-U V h 2 -- 7B----]~ sin (u - - , o ) .

Das ist aber die Gleichung dieser Kurven in ihrer allgemein bekannten Gestalt.

Miinchen, den 9. Januar 1926.