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- 734 - 3. Die Aminolyse findet auch an extrem entgaster Kohle sttttt, womit, zusammen mit dem Befund unter 1, festgestellt ist, dass die von der unvorbehandelten Kohle adsorbierte Luft keinen Einfluss auf das Zustandekommen der Aminolyse hat. 4. Die Reaktionsprodukte selbst bringen die Aminolyse vor- zeitig zum Stillstand. Die Arbeit wurde ausgefuhrt im Physikalisch-chemischen Institut der Eidg. Techn. Hochschule, dessen Vorstand, Herr Prof. Dr. E. Buur, ich fur sein stets reges Interesse meinen besten Dank sage. ebenso bin ich Herrn Priv.-Doz. Dr. E. Herzfeld zu grossem Dank verpflichtet fur seine wertvollen Ratschliige auf analytischem Gebiet. Zurich, April 1932. Uber Knoop's Aminosaureabbau, F. EhrIich's alkoholische Garung der Aminosauren und C. Neuberg's vierte Giirungsform von Em11 Baur. (18. IV. 32.) In der vorangehenden Arbeit von K . Wunderly wird der Nach- weis erbracht, dass die Hydrolyse des Alanins an Tierkohle rein nach der Gleichung durchgefiihrt werden kann. Dies ist eine Feststellung, die nicht ausschliesst, dass die Umwandlung uber Zwischenstufen geht. Zu der Frage, ob solche Zwischenstufen vorhanden sein mochten, wird man gefuhrt, weil die Desamidierung der Aminosauren im Tier- korper gewohnlich mit Oxydation zur zugehorigen Ketosiiure ver- bunden zu sein pflegt und weil man weiss, dass sowohl im Tierkorper, als auch im Glas die Amidierung dieser Ketosauren, verbunden mit Reduktion, leicht vor sich geht l). Nach P. Knoop und 0. Neubauer nimmt man an, dass die physio- logische Desamidierung der Aminosauren, z. €3. des Alanins, folgende Stufen durchlaufe : 1, Oxydation (Dehydrierung) zur IminosSiure (allenfalls Oxyaminosiiure), 2. Hydrolyse der letzteren zur Keto- siiure, nach den Gleichungen : CH,-CHNH,*COOH + H,O = CH,.CHOH.COO' + NH, CH,-CHNH,-COOH + 0 = CH,.CNH*COOH + H,O CH,-CNH*COOH + H20 = CH,.CO*COOH + NH3 I) F. ZLnoop, Energiewandernngen innerhalb der organischen Materie des Tier- korpers. Naturwiss. 18, 224 (1930). - Oxydationen im Tierkorper. Sammlung ahem. u. chem.-techn. Vortrage, Neue Folge, Nr. 9. Stuttgart 1931.

Über Knoop's Aminosäureabbau, F. Ehrlich's alkoholische Gärung der Aminosäuren und C. Neuberg's vierte Gärungsform

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3. Die Aminolyse findet auch an extrem entgaster Kohle sttttt, womit, zusammen mit dem Befund unter 1, festgestellt ist, dass die von der unvorbehandelten Kohle adsorbierte Luft keinen Einfluss auf das Zustandekommen der Aminolyse hat.

4. Die Reaktionsprodukte selbst bringen die Aminolyse vor- zeitig zum Stillstand.

Die Arbeit wurde ausgefuhrt im Physikalisch-chemischen Institut der Eidg. Techn. Hochschule, dessen Vorstand, Herr Prof. Dr. E. Buur, ich fur sein stets reges Interesse meinen besten Dank sage. ebenso bin ich Herrn Priv.-Doz. Dr. E. Herzfeld zu grossem Dank verpflichtet fur seine wertvollen Ratschliige auf analytischem Gebiet.

Zurich, April 1932.

Uber Knoop's Aminosaureabbau, F. EhrIich's alkoholische Garung der Aminosauren und C. Neuberg's vierte Giirungsform

von Em11 Baur. (18. IV. 32.)

In der vorangehenden Arbeit von K. Wunderly wird der Nach- weis erbracht, dass die Hydrolyse des Alanins an Tierkohle rein nach der Gleichung

durchgefiihrt werden kann. Dies ist eine Feststellung, die nicht ausschliesst, dass die Umwandlung uber Zwischenstufen geht. Zu der Frage, ob solche Zwischenstufen vorhanden sein mochten, wird man gefuhrt, weil die Desamidierung der Aminosauren im Tier- korper gewohnlich mit Oxydation zur zugehorigen Ketosiiure ver- bunden zu sein pflegt und weil man weiss, dass sowohl im Tierkorper, als auch im Glas die Amidierung dieser Ketosauren, verbunden mit Reduktion, leicht vor sich geht l ) .

Nach P. Knoop und 0. Neubauer nimmt man an, dass die physio- logische Desamidierung der Aminosauren, z. €3. des Alanins, folgende Stufen durchlaufe : 1, Oxydation (Dehydrierung) zur IminosSiure (allenfalls Oxyaminosiiure), 2. Hydrolyse der letzteren zur Keto- siiure, nach den Gleichungen :

CH,-CHNH,*COOH + H,O = CH,.CHOH.COO' + NH,

CH,-CHNH,-COOH + 0 = CH,.CNH*COOH + H,O CH,-CNH*COOH + H20 = CH,.CO*COOH + NH3

I) F. ZLnoop, Energiewandernngen innerhalb der organischen Materie des Tier- korpers. Naturwiss. 18, 224 (1930). - Oxydationen im Tierkorper. Sammlung ahem. u. chem.-techn. Vortrage, Neue Folge, Nr. 9. Stuttgart 1931.

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Tritt im physiologischen Versuch am Ende statt der Ketosaure die entsprechende Oxysaure auf, so kame hinzu: 3. Reduktion z. B. nach der Gleichung:

CH,-CO*COOH + H, = CH,-CHOH*COOH Die Summe @bt die oben angeschriebene Gleichung der reinen

Hydrolyse des Alanins, wie sie 1;. B. von C. Neubtwg und Langsteinl), sphter von Embden und Bchmitz2) bei Leberdurchblutungen und von P. Ekrlich und K. A. Jacobsen3) fur Phenylalanin bei Schimmel- pilzen beobachtet worden ist.

Es ware vielleicht erfreulich, wenn unsere Alaninhydrolyse im Glas sich als innere Oxydoreduktion darstellen und somit in Be- ziehung zu den drei eben genannten, durch physiologische Erfah- rungen nahegelegten, Reaktionsstufen bringen liesse.

Eine Handhabe hiezu konnte die neuerdings von K. Wunderly als Nebenprodukt der Alaninhydrolyse aufgefundene Brenztrauben- saure liefern. In der Tat, sobald sich eine Spur Brenztraubensaure gebildet hat, konnte man folgende obertragungskatalyse (sog. ,,Reaktionakette") ins Spiel treten lassen : a) CH,.CHNH,*COOH + CH,*CO*COOH = CH,.CNH.COOH + CH3*CHOH*COOH b) CH,*CNH.COOH + H,O = CH,.CO.COOH + NH, UBW.

Dann miisste man jedoch erwarten, dass man bei der Amino- lyse des Alanins an Tierkohle eine Induktionsperiode bemerkte, und dass die Umsetzung beschleunigt wiirde, wenn von vornherein BrenztraubensQure zugesetzt wird. Dies haben wir getan (vgl. die Abhandlung Runderly 's), aber ohne Erfolg. Wir schliessen daraus, dass die Teilprozesse (a) und (b) zu verwerfen sind, und sehen daher keine Moglichkeit, den Knoop'schen Aminosiiureabbau auf unseren Fall anzuwenden.

Vielmehr diirfen wir jetzt umgekehrt schliessen : Nachdem gezeigt ist, dass unter vital moglichen Bedingungen - neutrale Losung, gewohnliche Temperatur (die Hydrolyse an der Kohle geht auch bei Warmbluter-Tempersttur) - eine reine Hydrolyse von Aminosiiuren im Glase moglich ist, gibt es keinen Grund, physio- logische Desamidierungen, wie die obengenannten, von Xeuberg, Embden, EhrZich beobachteten, als die Verflechtung einer Hydrolyse mit Oxydation und Beduktion anzusehen.

Es gibt noch zwei andere mogliche Zwischenprodukte der Hydro- lyse des Alanins. Abspaltung von Ammoniak konnte entweder Acrylsaure OH, : CH - COOH oder Methylglyoxal CH, * CO - CHO liefern. Durch Anlagerung von Wasser sollte dann in beiden Fallen Milchsgure entstehen.

1) Verh. physiol. Ges. Berlin 1902, 114. 2, Bioch. Z. 23, 424 (1910). B. 44, 888 (1911).

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Der Weg uber Acrylshure scheint bedeutungsvoll im Hinblick auf neuere Befunde von A. J . Virtanenl), wonach es ein (extra- celluliires) Enzym gibt, das aus Fumarshure und Ammoniak Aspara- ginshure aufbaut und umgekehrt. Es scheint also, dass man enzy- matisch das Gleichgewicht

erfassen kann. Es ist wohl damit zu rechnen, dass fur Alanin ein entsprechendes Gleichgewicht bestunde. Dasselbe whre der Milch- siiure, wie man sagt, ,,vorgelagert". Allein wir haben in unseren Versuchen vergeblich nach A'crylsiiure gesueht.

Ein Gleiches gilt vom Methylglyoxal. Wir hatten fast erwarten durfen, dass in unseren Versuchen Methylglyoxal anzutreff en sein wiirde. Denn Dakin und Dudley2) hatten angegeben, dass man im Glase3) den Umsstz

beobachten konne, wenn Alanin in essigsaurer Losung bei gewohn- licher Temperatur mit p-Nitrophenylhydrazin stehen gelassen wird (wir konnten das bezugliche Hydrazon nicht identifizieren). Die Autoren nehmen ein Gleichgewicht an, das im Versuch nach rechts verschoben wird durch die Entfernung des Methylglyoxals als Nitro- phenylhydrazon. Leider haben wir Methylglyoxal (vgl. Wunderly's Abhandlung) nicht nachweisen konnen.

Wir miissen also vorlhufig die Hydrolyse nach der Gleichung

als eine direkte, nicht iiber irgendwelche Umwege verlaufende, an- sehen.

Im Gegensatz zum ersten Anschein geht aus der Arbeit von 8. MoZinari4) hervor, dass die Hydrolyse his zum annhhernd voll- stiindigen Verschminden des Alanins aus der Losung fortschreiten kann. D. h. das Gleichgewicht liegt ganz auf der rechten Seite, obwohl die Hydrolyse mit 7,8 Kcal endotherm ist5). Es besteht vielfach Neigung, endotherme Umsetzungen schlechthin als unfrei- willige und exotherme schlechthin als freiwillige zu betrachten, was ganz unberechtigt ist, da es dafiir keinen theoretischen Grund gibt. Die von uns durchgefiihrte Umsetzung liefert einen experi- mentellen Beleg fiir die Freiwilligkeit einer endothermen (in ver- dunnter Losung vor sich gehenden) Reaktion.

COOH. CH : CH * COOH + NH, COOH.CHNH,*CH,.COOH

CH,*CHNH,.COOH = CH,-CO.COH + NH,

CH,.CHNH,*COOH + H,O = CH,*CHOH.COO' + NH,'

l) Acta chem. fennica. Helsinki, 15. VI. 1931. Virtcmen und Tamanen, Naturwiss.

2) The mutual interconversion of a-Aminoacids, a-Hydroxy-Acids and a-Ketonic-

Nicht ,,im Stoffwechsel", wie irrtiimlich in meiner Abhandlung steht: ,,Ober die

19, 397 (1931).

Aldehyds. J. Biol. Chem. 14, 555 (1913).

Aminolyse des Alanins", Z. physikal. Ch., BodensteiwRand, S. 168 (1931). *) a. a. O., S. 682. 6, Vgl. E. Baur, 2. physikal. Ch., Rodmsteirt-Band, 168 (1931).

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Dagegen kann man nun behaupten, dass der Ruckweg, namlich die Amidierung der Oxysauren, im Tier- und Pflanzenkorper tat- sachlich nicht ohne fremde Hilfe vor sich gehen kann. In Betracht kommt der von Knoop aufgezeigte Weg, besteheod in der Oxydation der Oxysaure zur Ketosaure und Amidierung der letzteren unter gleichzeitiger Reduktion zur Aminosaure. Daneben kommt wohl der von Virtanen angegebene Weg iiber die ungesattigten Siiuren in Betracht, z. B. Dehydrierung (Oxydation) der Bernsteinsaure zu Fumarsaure und Verbindung derselben mit Ammoniak zu Aspara- ginsaure.

Ich komme nun zu den Nebenprodukten der Arninolyse des Alsnins, unter denen Athylalkohol und Brenztraubensaure die wich- tigsten sind.

Bekanntlich hat PeZis Ehrlich’) gefunden, dass Aminosguren durch Hefe gespalten werden zum nachst niedrigeren Alkohol und Ammoniumhyclrocarbonat . Dies ist die alkoholische Garung der Aminosauren. Dieselbe sehen wir nun auch vollzogen mit Alanin am Kohlekontakt, nach der Gleichung:

CH,.CHNH,.COOH + 2 H,O = NH,’ + HCO,’ + CH,-CH,OH - 0,4 Kcal

Gegeniiber der reinen Hydrolyse hat diese Reaktion den Vorzug, nahezu ohne Warmeverbrauch zu verlaufen. Es entsteht die Frage, ob die Reaktion zu zerlegen sei in 1. Hydrolyse.des Alanins, 2. alko- holische Garung des Ammoniumlactates. Unsere Versuche (vgl. Wunderly’s Abhandlung) sprechen dagegen, da das Lactat an der Hohle bestandig blieb. Anderseits ist die Zerlegung aus allgemeinen Griinden angezeigt. Eine Vermittlung kann nur so gefunden werden, dslss man annimmt, es entstehe das Lactat zuerst in einer unhe- standigeren, reaktionsfahigeren Form, wobei dann allerdings diese erste Reaktionsstufe noch endothermer anzunehmen ware, als die fertige Lactatbildung ist.

Nun aber ist die alkoholische Garung des Abnins in dieser, Ehrlich’schen, Form iiberhaupt in Rage gestellt durch die Auf- findung der Brenztraubensaure. Hierdurch wird die alkoholische Garung des Alanins in die Nachbarschaft geruckt von C . Neuberg’s vierter G%rungsform2), namlich der Brenztraubensliure-Glycerin- garung (des Trsubenzuckers) Es wird angenommen, dass diese Giirungsform in der Dismutation des Methylglyoxals bestehe, nach der Gleichung :

2 CH,*CO-CHO + 2 H,O = CH,.CO*COOH + CH,OH*CHOH.CH,OH l) Bioch. Z. 2, 52 (1906). z ) ICud Neuberg und .Muria KoBel, Die vierte und funfte Vergiirungsform des

Zuckers. Saturwiss. 18, 427 (1930). 47

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eine Umwandlung, die nahezu thermoneutral sein durftel). Bei der Aminolyse des Alanins tritt nun neben der Brenztraubensaure zwar kein Glycerin auf, dafur aber Ameisensaure und Athylalkohol, wo- durch die Warmebilanz positiv wird, da man aus bekannten Daten leicht ausrechnet : CH,OH.CHOH-CH,OH (gelost) = CH,.CH,OH (gelost) + H,CO, (gelost) + 10,l Kcal

Wir miissen also denjenigen bei der Aminolyse des Alanins auftretenden Betrag von Athylalkbhol, welcher der Brenztrauben- saure einschliesslich des Acetaldehyds aquivalent ist, notwendig mit der Brenztraubensaure verkoppeln, d. h. die Aminolyse des Alanins am Kohlekontakt schliigt zum Teil einen Weg ein, der durch C . Neu- Berg’s vierte Garungsform vorgezeichnet ist. Wenn wir mit Dakin und DzdZeyz) annehmen diirften, dass der erste Schritt der Amino- lyse des Alanins gerade Methylglyosal lieferte, so wiire die Ver- kniipfung mit Neuberg’s vierter Garungsform sogleich zu vollziehen. Wir hatten dann beim Nethylglyoxal eine Gabelung nach dem Schema :

Alanin --t Methylglyoxal + PU’H, ,.

Milchsiiure Brenztraubensiiure + Glycerin

4 I Y

Aldehyd + C02 -4lkohol+ H,CO,

Wie schon weiter oben bemerkt, konnten wir leider Methyl- glyoxsl nicht auffinden, so dass diese Zwischenstufe vorlaufig hypo- thetisch bleibt. Lassen wir sie beiseite, so muss die Gabelung gleich beim Alsnin selbst einsetzen. Thermochemisch ist der eine Weg um nichts merkwurdiger als der andere. Entweder hat Methyl- glyoxal oder Brenztraubensaure in stark endothermer Reaktion zu entstehen.

Ziirich, Physika1.-chem. Laborat. d. Eidg. April 1933.

Techn. Hochschule.

1) Es gilt (vgl. E . Baw, Bodenstein-Band, S. 170): C,H,,O, (gelost) = CH,-CO-COOH (gelost) + C,H,O, (gelast) - (0,2 + s) Kcal

(s = Losungswiirme der Brenztraubenshure). BIethylglyoxal SOH gegen Glucose reversibel aein nach Dnlcin und Dudley (J. Biol. Chem. 14,555, 1913), also vermutlich nur unbedeu- tende Umwandlungswarme, wenn wir eine mittlere Gleichgewichtslage voraussetzen diirfen.

,) a. a. 0.