17
Uber kryorkopischa Meuuungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat Von KARL FRIEDRICH JAHR, ALFRED BRECHLIN, MARGOT BLANKE und ROLF KUBENS (Mit 6 Abbildungen) Professor Gerhart Jander zum 60. Geburtstag gewidmet Inhaltsiibersicht Die Durchfiihrung .kryoskopischer Messungen in gesittigten Salzlosungen bietet gegenuber der Kryoskopie in reinem Wasser grone Vorteile. Sie ermijglicht in vielen Fallen die exakte Ermittlung der Zahl und GrciBe von Ionen und kann daher fur den weiteren Ausbau der Erforwhung der Polyeauren und Polybasen sowie anderer mehr- kerniger Verbinddngen von g r o b r Bedeutung werden. Ee werden experimentelle Methoden fiir die Kryoskopie in den Eutektika Eis-Kalium- nitrat und Eis-Nstriumnitrat entwickelt sowie an einer Reihe von Elektrolyten deren molekulare Erniedrigungen und ihre Konzentrationsabhangigkeiten bestimmt. Die Un tersuchung von Assoziations:, Polymerisations- und K0nde.n- sa tioiisvorgangen in Elektrolytlosungen, wie sie sich u. a. im Verlsuf zahlreicher Hydrolyseprozesse 1) abspielen, erfordert in erster Linie die genaue Ermittlung der Teilchengewichte von mehrkernigen Anionen oder Kationen. G. JANDER und Mitarbeiter haben sich hierfiir zumeist der Diffusions- udd Dialysemethoden bedient 2). Diese liefern bei geeig- neter Versuchsdurchfuhrung den spez. Diffusionskoeffizienten D, des hteressierenden Anions oder Kations, der, mit der gemessenen rel. Zahig- keit des Losungsmittels z, korrigiert und in Vergleich gesetzt zu einem chemisch verwandten Stoff mit bekanntem Molekulargewicht M, und ebenfalls bekanntem Diffusionskoeffizienten D, (gemessen im Losungs- mittel der rel. Zahigkeit z,) nach der bekannten empirischen Beziehung l) G. JANDER u. K. F. JAHR, Kolloid-Beih. 41, 1, 297 (1935); 43, 295 (1936); K. F. *) K. E. STUYPF, 2. Elektrochem. 61, 1 (1945). JAHR, ,,Polysauren";Naturfomch. u. Med. in Deutschl. 1939-1946, Bd. B6, 170.

Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

Uber kryorkopischa Meuuungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

Von KARL FRIEDRICH JAHR, ALFRED BRECHLIN, MARGOT BLANKE und ROLF KUBENS

(Mit 6 Abbildungen)

Professor Gerhart Jander zum 60. Geburtstag gewidmet

Inhaltsiibersicht Die Durchfiihrung .kryoskopischer Messungen in gesittigten Salzlosungen bietet

gegenuber der Kryoskopie in reinem Wasser grone Vorteile. Sie ermijglicht in vielen Fallen die exakte Ermittlung der Zahl und GrciBe von Ionen und kann daher fur den weiteren Ausbau der Erforwhung der Polyeauren und Polybasen sowie anderer mehr- kerniger Verbinddngen von g r o b r Bedeutung werden.

Ee werden experimentelle Methoden fiir die Kryoskopie in den Eutektika Eis-Kalium- nitrat und Eis-Nstriumnitrat entwickelt sowie an einer Reihe von Elektrolyten deren molekulare Erniedrigungen und ihre Konzentrationsabhangigkeiten bestimmt.

Die Un tersuchung von Assoziations:, Polymerisations- und K0nde.n- sa tioiisvorgangen in Elektrolytlosungen, wie sie sich u. a. im Verlsuf zahlreicher Hydrolyseprozesse 1 ) abspielen, erfordert in erster Linie die genaue Ermittlung der Teilchengewichte von mehrkernigen Anionen oder Kationen. G. JANDER und Mitarbeiter haben sich hierfiir zumeist der Diffusions- udd Dialysemethoden bedient 2). Diese liefern bei geeig- neter Versuchsdurchfuhrung den spez. Diffusionskoeffizienten D, des hteressierenden Anions oder Kations, der, mit der gemessenen rel. Zahig- keit des Losungsmittels z, korrigiert und in Vergleich gesetzt zu einem chemisch verwandten Stoff mit bekanntem Molekulargewicht M, und ebenfalls bekanntem Diffusionskoeffizienten D, (gemessen im Losungs- mittel der rel. Zahigkeit z,) nach der bekannten empirischen Beziehung

l) G. JANDER u. K. F. JAHR, Kolloid-Beih. 41, 1, 297 (1935); 43, 295 (1936); K. F.

*) K. E. STUYPF, 2. Elektrochem. 61, 1 (1945). JAHR, ,,Polysauren";Naturfomch. u. Med. in Deutschl. 1939-1946, Bd. B6, 170.

Page 2: Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

JAHR, ~ E C B L I N , BLANKE u. KUBENS, uber kryoskopische Messungen 241

direkt das Teilchengewicht des interessierenden Ions, M,, zu berechnen gesta t tet.

Osmome trischa , kr y oskopische und ebullioskvpische Met hodeo ergeben primiir nicht das Teilchengewicht, sondern die Gesamtzahl der gelosten Teilchen, Aus ihr und der Substanzmenge kann man das Teil- chengewicht unmittelbar berechnen, wenn die geldste Substanz ein Nicht- elektrolyt ist. 1st sie ein Elektrolyt, so wird nur das mittlere Gewicht aller vorhandenen Ionen erhalten. Nur wenn man den Dissoziationsgrad und das Gewicht einer der beiden Ionenarten kennt, l&Bt sich aus solchen in reinem Wasser als Losungsmittel durchgefiihrten Messungen das Gewicht der anderen Ionenart exakt berechnen. Aus diesem Grunde sind die Methoden, die auf der AbhLngigkeit des osmotischen Druckes von der Teilchenzahl beruhen, fur die Untersuchung von Elektrolyt- losungen mit nach Art und AusmaD noch unbekannter Dissoziation in der Regel ungeeignet. Hydrolysevorghnge komplizieren die Verhaltnisse noch weiter.

Diem Schwivierigkeit entfhllt jedoch weitgehend, wenn man ah Losungsmittel nicht reines Wasser, sondern eine konzentrierte Salzlbsung verwendet. L~WENHERZ hat bereits 189!j5) gezeigt, daB das Gesetz von RAOULT-VAN'T HOFF auch fur inkongruent schmelzende Salzhydrate gilt; er bewies das am Beispiel der Ubergangstemperatur von Glaubersalz (32,38" C): Na,SO, - 10H,O + Na,SO, + Losung. JAHR und KUBEXS,) kmnten e&t kurzlich die Verwendbarkeit von gesattigter Glaubersalz- losung als kryoskopischem L-ungsmittel vollauf bestatigen. Auch sind zahlreiche sndere Salzhydrate mit Erfolg zu kryoskopischen Messungen herangeaogen worden 6). 1932 entdeckten CORNEC und MULLER~) , daB auch der eutektische Punkt einer kryohydratischen Schmelae durch darin geloste Fremdstoffe nach $em Gesetz von RAOULT-VAN% HOFF erniedrigt wird,.und besonders MULLER') hat dies fur eine grol3e Zahl von Systemen vom Typus Eis-Salz nachgewiesen. Dadurch erweitert sich die .Zahl der

a) R. MWENHERZ, Z. physjk. Chem. 18, 71 (1895). ') K. F. JARR u. R. KUBENS, Z. Elektmchem. 66, 65 (1952); vgl. Fuanota 12. 8) J. H. VAN? HOFB u. H. M. DAWSON, 2. phyeik. Chem. 22, 698 (1897); J. LI-

VINQSTON, R. MORCIAN u. H. K. BENSON, Z. anorg. ellg. Chem. 66, 261 (1907); J. Lr- VIRCISTON, R. MORQAN u. P.' T. OWEN, 2. anorg. allg. Chem. 66, 168 (1908); Ca. LEEN- RARDT u. A. BOUTARIC,' Bull. Soc. chim. France [IV] 18, 651 (1913); A. BOUTARIC, ED. CHAUVEBET u. Y. NABOT, C. R. Acad. Sci. Paris 178, 571 (1924); E. DARYOIS u. J. PERIN, C. R. Aced. Sci. Paria 177, 726 (1923); E. PIERREF, Bull. SOC. chim. France [IV] 89, 590 (1926); E. DARMOIS u. ~ E S S A C , C. R. Acad. Szi. Parie 191, 1091 (1930); E. DAR~oxs u. CEALIN, C. R. Acad. Sci. Paris 195. 786 (1932).

0) E. CORNEC u. H. J. MULLER, C. R. Acad. Sci. Paris 194, 1735 (1932). '1 H. J. MULLER, Ann. Chim. Ell] 8. 143 (1937).

2. anor#. am. Chemle. Bd. 270. 16

Page 3: Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

249 Zeitechrift fur .anorganische und allgemeine Chemie. Band 270. 1952

Moglichkeiten, kryoskopische Messungen in konzen trierten Salzlosungen durchzufuhren, betrachtlich.

Konzentrierte Salzlosungen haben gegeniiber reinem Wasser als kryoskopischem Losungsmittel zwei fundamentale Vorteile :

1. 1st der geloste Frcmdstoff ein Elektrolyt, so tragen von seinen Ionen nur diejenigen zur Depression bei, die n i c h t bereits im Losungs- mittelsalz vorlianden sind. In ciner gesiittigten Glaubersalzlosung z. B. sind Na+ und SO:- ebenso wie H,O kryoskopisch unwirksam, so daB etwa NaCl oder MgSO,, wenn sie in diesem Losungsmittel gelost werden, nur mit ihren C1- bzw. Mg++ zur Depression beitragen. Diese Salze sind dadurch s c h e i n b a r undissoziiert.

Diese Erscheinung wird general1 beobachtet. Sie gilt nicht nur fur gesattigte Salz- 1Bsungen in den oben genannten Fallen, eondern, wie bereits 1912 SACISIJR~) gezeigt bat. auch fur wasserfreie Elektrolytschmelzen. Die theoretieche Begrundung dafiir gaben HOENEN und LEWIS~).

Fur die Ermittlung noch unbekannter Ionengewichte crgibt sich daraus die Regel, die kryoskopischen Messungen mit Hilfe eines Losungs- mittclstilzes durchzufuhren, in dem das mit dem inteiessierenden Ion verbundene Gegenion bereits enthnlten ist. Zur Untersuchung basischer Aluminiumnitrate wird man also z. B. das Eutektikum Eis-Kalium- nitrat wahlen, das nur durch dio aluminiumhaltigen Kationen, nicht aber durch die Nitrationen deprimiert wird, zur Untersuchung eines Natriumpolyvanadats bietet sich eine Glaubersalzschmelza an, deren Ubergangspunkt nur durch die Polyvanadationen, nicht aber durch diet Natriumionen erniedrigt wird. Die Dissoziation des zu untersuchenden Elektrolyten spielt in diesen kryoskopischen Losungsmitteln keine Rolle mehr und kann unberiicksichtigt bleiben. Nur durch Wnsserstoff- und Hydroxylionen, die aus Hydrolyseprozessen stammen, kann hier die ZahI der kryoskopisch wirksamen Teilchen noch erhoht werden.

C), dar Losungsmittel- menge L (in g), der Menge des Fremdstoffs F (in g) und dem Molekular- gewicht des Fremdstoffs M ergibt sich nach .RAOULT die molekulare Depression K zu

2. Aus der gemessenen Depression AT (in

Tragt man die experimcntell erhaltenen Werte fur ,K hi Abhiingigkeit von der Konzcntration c des untersuchten Fremdsalzcs als Ordinatcn

8 , 0. SACKUR. Z . physik. Chem. i 6 , 550,564 (1912); 81, 297 (1913); vgl. E. KORDES, W. BEROYANX u. W. VOGEL, %. Elektrochem. 56, 600 (1953).

0) P. HOESEN, Z. physik. Chem. 83, 513 (1913); H. S. LEWIS u. A. RANDALL, Ther- modynamics and the Free Energy of Chemical Substances, McGraw-Hill, PiewYork 1934, S. 219.

Page 4: Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

JAHR, BRECHLIN, BLANKE u. KUBENS, uber kryoskopische Messungen 243

auf, so erhalt man im Falle der Wahl von reinem Wasser als Losungs- mittel stark gegen die Ordinate zu ansteigende Kurven; ihre Extra- polation auf den Wert KO fur c = 0 macht g r o h Schwierigkeiten, weil man gezwungen ist, die Messungen bis in das Gebiet sehr kleiner Kon- Zen trationen hinein auszudehnen und dabei mit geringer werdender Depression immer grohre relative Fehler in Kauf zu nehmen. Im Gegen- satz d a m andern sich die in konzentrierten Sahlosungen gemessenen molekularen Depressionen K in der Regel linear mit der Konzentration c des Fremdsalzes; man hat daher den Vorteil, bei grohren Konzentra- tionen und somit genauer messen, und doch durch einfache geradlinige Extrapolation den Grenzwert K, bequem und genau bestimmen zu kodnen.

In reinem Wasser andert sich die Ionenstarke rnit der Konzentration c des unter- suchten Galzee sehr stark; der Aktivititskoeffizient der Ionen nimmt n i t abnehmender Konzentfation sehr zu. In konzentrierten SalzlBsungen aber wird deren schon sehr g r o h Ionenstiirke durch Zusatz der geringen Mengen dee untersuchten Fremdsalzea praktiach nicht mehr verandert. So kommt es, daE sjeh der Aktivititskoeffizient des interessierenden hektrolyten, und damit auch K, mit seiner Konzentration nur wenig, und praktisch linear, andert.

Diese beiden g r o h n Vorzuge der Kryoskopie in konzehtrierten Salz- losungen gegenuber der klassischen Kryoskopie im reinen bsungsmittel Wasser ermoglichen die Heranziehung kryoskopischer Messungen zur Untersuchung von Assoziations-, Polymerisations- und Kondensations- vorgangen in Elektrolytlosungen. Es bietet sich nunmehr die will- kommene Moglichkeit, die zahlreichen Un tersuchungen von G. JANDER und seinen Mitarbeitern iiber den Losungszustand der Polysauren und Polybasen bezuglich der Aussagen nachzuprufen, welche mit Hilfe von Diffusions- und Dialysevbrsuchen iiber die MolekulargroRe dieser inter- essanten und wichtigen Verbindungen gemacht werden konnten. DAR- M O I S ~ ~ ) , By4 11) und insbesondere S o u c a s ~ la) haben hier bereits zahl- reiche Beitrage geliefert. Die Ergebnisse dieser franzosischen Autoren bestatigen jedoch nicht durchweg die von G. JANDER und seiner Schule ermittelten Ionengewichte. Wir haben uns vorgenommen, diese Diskre- panzen aufzuklaren, und zunachst damit begonnen, die praktisbhe Ver- wendbarkeit der ,,salzkryoskopischen" Methode zu uberpriifen.

Es ist selbstverstandlich notwendig, das kryosltopische Losungs- mittel der Eigenart des zu untersuchenden hydrolysierenden Systems

10) E. DARMOIS, J., Physique Radium 4, 49 (1923); Bull. SOC. chim. France [IV]

11) J. BYE, Ann. Chim. [ll] 20, 463 (1945). la) P. SOUCHAY, Bull. SOC. chim. France [V] 15, 143 (1948); Research 4, 11 (1951);

39, 621, 1515 (1926); Bull. SOC. chim. Belgique 36, 64 (1927).

Ann. Chim. [Ill 18, 1, 169 (1943), sowie zahlreiche weitere Untersuchungen. 16*

Page 5: Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

244 Zeitschrift ftir anorganische und allgemeine Chemie. Band 270. 1952

anzupassen. Fur Polysliuren wird. man im allgemoinen als Losungsmittel- salz ein Natriummlz wiihlen; Kalium- und Ammoniumsalze eignen sich weniger gut, weil manche Polyanionen schwerlosliche Kalium- bzw. Ammoniumsalze hilden. Das bequemste Losungsmittel ist hier eine Glaubersalzschmelze. Fur die Untersuchung der Wolframate bietet je- doch auch sie gewisse Schwierigkeiten, uber die wir noch berichten werden. Ferner eignet sich zur Untersuchung mancher Anionen das System Eis-Natriumnitrat, wie wir in der vorliegenden Untersuchung zeigen werden. Fur die Untersuchung von Polybasen stehen aul3erdem zur Verfugung die Eutektika Eis-Kaliumnitrat, Eis-Ammoniumchlorid und Eis-Kaliumsulfat, die MULLER 7), sowie die Eutektike Eis-Ammo- niumnitrat und Eis-Glaubersalz, die DOUCET',) auf ihre Verwendbarkeit zur Ionengewichtsbestimmung gepruft haben. Mit diesen Systemen konnen Nitrate, Chloride und Sulfate untersucht werden. hdiglich fur die Untersuchung der Perchlorate ist noch kein kryoskopisches Losungs- mittel angegeben worden. Fur die kryoskopische Untersuchung hydro- lysierender Salze oder leicht zersetzlicher Stoffe, z. €3. mancher Peroxo- salze, wird man ein moglichsf niedrig schmelzendes Eutektikum bevor- zugen.

Kryoskopisehe Messungen mit Hilfe des Eutektikums Eis-Kalinmnitrat GROEBERI') gibt die Zusammensetzung der eutektischen Mischung

zu 89,2 Gewichtsproxent H,O und 10,8 Gewichtsprozent KNO, an, HERING") findet 89,1% H,O und 10,9 % KNO,. Der Schmelzpunkt der eutektischen Mischung liegt nach beiden Autoren bei - 2,90" C. MULLER') findet dagegen als Schmelzpunkt - 2,84". Wjr haben unseren Berech- nungen den Wert -2,88" fur die Schmelztemperatur sowie die von GROEBER ermittelten Prozentzahlen fur die Zusammensetzung des Eutek- tikums zugrunde gelegt.

Die zur Daratellung des eutektischen Gemisches erforderliche medrige Temperatur kann man nach MIJLLER') entweder durch Ausnutzung der UsungswLrme des KNO, oder aber-durch iruf3ere Abkiihlung erreichen. MULLER nutzte vor dlem die erate M6glich- keit: 100 ml Wssser (oder Verauchslijsung) von etwa 0" C werden in einem unverspiegelten DEwAR-Gefiifl mechanisch geriihrt. Dann werden 18 g KNO, hinzugegeben. AnschlieBend wird mit Hilfe eines BECKMANN-Thermometers eine Temperatur-Zeitkurve aufgenommen. Nach anfznglicher Unterkiihlung auf etwa -5" C bilden sich Eiskristalle, und die Tem- peratur steigt schnell bie auf den Gleichgewichtswert der eutektischen Mischung ; ohne Fremdstoff bleibt diese Temperatur (-2,SS") fiir etwa 20-30 Minuten konstant, dann er- folgt Ternperaturanstieg. 1st ein Fremdstoff zugegen, so steigt die Temperatur nach

la) Y. DOUCET, ThBse, Univ. Paris 1942. la) H. GROEBER, Dissertation T. H. Miinchen 1908. Is) HERINQ, These, Univ. Stranburg U 32 1926, 28.

Page 6: Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

~ A H R , BRECHLIN, BLANKE u. KUBENS, Ober kryoskopische Messungen 245

Aufhebung der Unterklihlung nicht mehr bis auf den Wert der eutektischen Temperatur, eondern bie auf einen entstrechend tiefer liegendea Wert. AnschlieEend miBt man eine Auftaukurve, wie sie Abb. 2 wiedergibt. Sie beateht a w einem geradlinigen Kurvenast mit schwacher Steigung, der nach kurzrm Obergangsbereich in einen zweiten gerad- linigen Kurvenaet mit stirrkerer Steigung iibergeht. Dan der erste Kurvenast nicht wie bei der Auftaukurve einer rehen Kaliumnitratlbung horizontd vefilauft, sondern schwach ansteigt, ist darauf zuriickzufiihren, daB dee schmelzende Eis die Fremdstofflihmg ver- diinnt, wodurch die Depression dea eutektischen Punktes laufend geringer wird, die Temperatur also ansteigt. Wenn dae gesamte Eis geschmolzen ist, liegt nur noch wasser- freies KNO, a h Bodenkiirper vor, und die dariiberstehende Msung hat die Fremdstoff- konzentration der Auegangslkung. Die dieber Konzentration entsprechende Gleich- gewichtstemFeratur ergibt sich durch Projektion des Schnittpunkts der beiden Kurvenirste auf die Ordinate, die zugehbrige Depression aus dqr Differenz dieser Temperatur von der eutektischen.

D i e m einfache Verfahren ist immer dann nicht verwendbar, wenn die lediglich durch den Auflbungsvorgang erzielte Abkiihlung nicht awreicht, um die eutektische Temperatur des Systems zu erreichen. Daa kann der Fall sein, wenn der zu untersuchende Fremdstoff in griihrer honzentration vorliegt : dann wird der erste geradlinige Kwven- ast der Auftaukurve steiler, und die Zeit, die zum Schmelzen deem Eises benBtigB wird, ist infolge der gr6Beren Temperaturdifferenz zwischen Msung und Umgebung sehr vie1 kiirzer. Die Mm~ung der Depression wird d a m zu ungenau.

Das zweite Verfahren, die Bildung des Eutektikums durch a d e r e Abkuhlung, ist allgemein anwendbar.

Hier geht man grundsatzlich 60 vor, daO man die in einem Reagenzglas befindliche Mischung von Wasser (z. B. 100 ml) und Salz (z. B. 18 g KNO,) unter mechanischem Riihren in einern Kaltebad bis unter die eutaktische Temperatur abkiihlt, das kryoskmpi- sche Reagenzglas aus dem Kiiltebad in einen Thermostaten von geeigneter hbherer Tem- peratur bringt, und nunmehr, nach Animpfen mit einem Eiskristall und nach Ingang- setzung dea Riihrers, die Auftaukurve aufnimmt.

Dieses Verfahren hat mehrere Vorziige. Es gestattet vor allem, einmal hergestellte Lijsungen im Laufe der Zeit mehrmale zu messen, sei es, um die Reproduzierbarkeit der Messungen zu priifen, sei es, um Alterungsvorgange zu verfolgen, oder um Substanz zu sparen. Man kann weiterhin durch wachsende Zugaben des Fremdstoffs Konzen trations- neihenmessungen vornehmen usd kryoskopische Titrationen durchfuhren. Zugleich umgeht man mit diesem Verfahren die Unbequemlichkeit, im Fane konzentrierter Losungen erst auf Temperaturen unterhalb 0" C vor- ktihlen zu miissen, damit die nach Zusatz des KNO, ziir Losung auf- tretende negative Lijsungswarme Temperaturen unterhalb des eutek- tischen Puriktes errekhen la&.

Apparatur und Arbeitsweise Wir haben das von MULLER angegebene zweite Verfahren - Erreichung des Eutek-

tikume durch a u k Abkiihlung - in mehrfacher Beziehung abgeandert.

Page 7: Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

246 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 270. 1952

Die von uns entwickelte Apparatur arbeitet rnit einem Losungsvolumen von nur 25 ml. Als kryoskopisches MeBgefaD dient ein Jenaer Reagenzglas rnit flachem Boden von 12 cm Hohe und 3 cm Durchmesser. Durch den Gummistopfen, der dieses Glas verschlieat, fiihrt zentral ein BscKMANN-Thermometer, das bis etwa 0,5 cm iiber den Boden des Reagenzglases reicht. Seitlich ist durch den Stopfen ein kurzesGlasrohr durchgefiihrt, das zur Aufnahme und Fiihrung eines glasernen Ringriihrers dient; fur dessen gute Riihr- wirkung ist es wesentlich, daB sein Ring abgeplattet ist. Um die Lage der eutektischen Temperatur auf dem BECKYANN-Thermometer zu bestimmen, wird das Reagenzglas mit

Abb. 1. A n o r d n u n g z u r K r y o s k o p i e m i t H i If e d e s E u t e k- t i k u m s E i s - K a -

l i u m n i t r a t

riihrer im MeBgefa5

25 ml Wasser und 5 g KNOS beschickt. Dieses war ein ails hei5em Wasser umkristallisiertes chemisch reines Handels- produkt.

Zur Vorbereitung auf die Messung wird das Reagenzglas in einem Kaltebad (hhanol-Wassergemisch 1 : 1 und Trockeneis) von etwa -20" C bis etwa 0.5" oberhalb der eutektischen Temperatur abgekiihlt. Der Ringriihrer wird dabei manuell bedient. Man beobachtet dann plotzlich die Entstehung feiner Kristiillchen von KNO,.

Liegt die Temperatur dicht iiber der eutektischen, so unter- bricht man die Vorkiihlung im Kaltebad und bringt das MeOgefaB in ein zweites Reagenzglas, das seinerseits in einem ahnlichen Kaltebad ruht. Dieses Glas ist so dimensioniert, dbB zwischen beiden Glasern ein dunner Luftmantel von etwa 1,5 mm bleibt. AuDerdem besitzt das aukre Glas einen runden Boden. Damit wird erreicht, daB an dieser Stelle, an der sich besonders leicht Bodeneis ansetzen kann, ein groBerer Luftmantel vorhanden ist, der dieser FehIermoglichkeit entgegenwirkt. Die Verbindung der beiden Glaser erfolgt durch einen konischen Gummiring. Abb. 1 skizziert die beschriebene Anordnung.

Um zu verhindern, daB sich trotz aller VorsichtsmaB- regeln eine feste Eisschicht in der zu messenden Lijsung aus- bildet, hat man in dieser Phase der Vorbereitung darauf zu achten, daE das Niveau der Kiihlfliissigkeit stets unterhalb des Niveaus der MeDlosung bleibt, und da5 die Temperatur im Kaltebad -20" nicht unterschreitet. AuBerdem muB der Ring- moglichst bald nach den Uberfiihrung in Bewegung gesetzt

werden. Man verbindet ihn iiber einen U-formigen Metallbiigel mit einem Riihr- mechanismus, der die Umdrehungen eines Elektromotors in Auf- und Abwartabewegungen verwandelt. Der Ringriihrer sol1 etwa 200 Hiibe/min. ausfiihren. Die Hubhohe ist so zu bemessen, daO das gesamte Losungsvolumen vom Boden des MeBgefaBes bis etwa 0,5 cm nnter der Lasungsoberfliche bestrichen werden kann. Auch darf der Riihrer weder an der Glaswandung noch am BECKYANN-Thermometer schleifen, dessen Quecksilberkuppe sich vollkornmen innerhalb der Losung befinden muB.

Innerhalb von etwa 10 Minuten sinkt die Temperatur-mehrere Grade unter die eutektische Temperatur ab. Die Aufhebung der Unterkiihlung erfolgt spontan, und es bilden sich soviele feine Eiskristalle, daO die Lijsung eine breiige Konsistenz annimmt. Das starke Riihren bewirkt, daB sich die Kristalle nicht an den Wandungen festsetzen, mndern in lockerer, feinverteilter Form anfallen. Bei einer Unterkiihlung von etwa 5' belaat man das MeOgefaB, ohne das Riihren zu unterbrechen, noch ungefahr 1 Minute, bei geringerer Unterkiihlung etwas langer im Kaltebad. Aus der Konsistenz des Eis-

Page 8: Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

JAHR, BRECHLIN, BLANKE u. KUBENS, Uber kryoskopische Messungen 247

Xaliumnitrat-Breis erkennt man nach einiger Ubung bald, wann geniigend Eiskristallo entatanden sind, um einen ordnungsgernanen AuftauprozeB zu gewahrleisten.

Nun unterbricht man das Riihren, und en t fen t das Meagefa5 sehnell aus dem Kaltebad, um zur Aufnahme der Auftaukurve zu schreiten. Oft wird die Menge des im Kaltebad entstandenen Eises so groE sein, daB der Auftauvorgang unndtig lange dauert. Es ist Sache der Erfahrung, aue der Eisrnenge die Zeitdauer des Auftauprozesses abzu- schatzen. Die Dauer einer Messung sollte 35-40 Minuten nicht unterschreiten; anderemeits sollte ihr Zeitbedarf auch nicht wesentlich groBer sein. Durch kurzen Aufenthalt des MeBgefiBes in der Zimmerluft laBt sich die passende Eisrnenge leicht einstellen.

Das MeBgefaB wird rnit Hilfe des konischen Gummiringea auf ein zweites, etwas weiter dimensioniertes MantelgefaB gleicher offnung aufgesetzt ; der Luftmantel zwischen den beiden Glaswandungen ist jetzt etwa 1 cm dick. Er hat die Aufgabe, die Warme- stromung zu verlangsamen. Das MantelgefaB befindet sich in einem mit einer Eis-Wasser- Mischung gefiilltan DewargefaO, das als Thermostat fungiert und das kaltere eutektisohe Gemisch im MeOgefaO allrnahlich aufheizt. Der Ringrarer wird wieder in Gang gesetzt; er arbeitet wihrend der nun folgenden Aufnahme der Auftaukurve rnit einer Geschwindig- keit von nur etwa 130 Hiiben/min.

Der abgeflachte Boden des MeOgefiBes, der dem Riihrer keinen toten Raum bietet, sowie die zweimalige Verwendupg von MantelgefaBen beim Kiihlen und Auftauen der Versuchslthung sind wesentlich f i i r die bier beschriebene Apparatur und Arbeitsweise. Diese MaEnahmen erlauben es, sowohl diestijrende Eisfilmbildung wie das unbequeme Impfen rnit Eiskristallen wirkungsvoll zu umgehen.

Ferner mu13 besonders darauf geachtet werden, daB das BECKMANN-Thermometer, soweit es aus der Apparatur herausragt, stets auf derselben Temperatur gehalbn wird. Wir erreichten dies durch Ausfiihrung der Messungen in einem auf 21" C konstant ge- Laltenen MeErahrn. Auch haben wir die LBge der eutektischen Temperatur im System Eis-Kaliumnitrat auf dem BEcKMAaN-Thermometer haufig kontrolliert und dabei fest- gestellt, daB dieser Fixpunkt langsam, aber bestindig abfiel; die Verlagerung belief sich im Verlauf von 6 Monaten auf etwa 0,6". Solche Kontroll- messungen sind also unerllBlich.

Die Reproduzierbarkeit unserer Messungen war sehr befriedigend. Bei mehrfacher Wiederholung der Bestim- mung des eutektischen Punktes ein

BncnMANN-Thermometer Temperatur- werte abgelesen, die vom Mittelwert um weniger als 0,005" C abweichen.

Eine typische Auftaukurve, wie sie an einer Kaliumnitratldsung erhalten wird, die einen Fremdstoff enthilt, zeigt Abb. 2. Man erkennt, daE das BECKMANN-Thermometer etwa 10 Minuten nach uberfiihrung des kryoskopischen Reagenzglases aus dem Kalte- bad in das Eis-Wasser-Bad in regelrnaOigen Zeitabstanden von 1 Minute (Stoppuhr!) abgeleaen wird, und daB die Messung abgebrochen werden kann, wenn auf dem zweiten, steileren Kurvenabachnitt etwa 4 bis 5 MeOpunkte vorliegen.

Die Hers te l lung der Versuchsldsungen kann bei festen Stoffen durch Einwaage erfolgen. Enthalten die Substanzen Kristallwasser, so muO der Wassergehalt bestimmt und das durch die Einwaage mit eingeschleppte Wasser zur Lijsungsrnittelmenge L

K r y o s k o p i e i m S y s t e m E i s - K a l i u m n i t r a t

Abb. 2. A u f t a u k u r v e, e r h a 1 t e n n a c h und demalbenGsung wurden auf dem Z u s a t z cines F r e m d s t o f f e s d u r c h

Page 9: Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

248 Zeitachrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 270. 1952

(25 g H,O) addiert werden. AJE Fremstoffmenge F wird die Menge wasserfreier Substanz in Rechnung gesetzt. Siiuren, Basen und hygroskopische Salm werden in Gestalt kon- mntrierter h u n g e n zugegeben. Aus Konzentration und Dichte dieser Lijsungen werden die in dem zugemtzten Gsungsvolumen enthalteuen Gewichtsrnengen Fremdstoff und Waeser berechnet. Sind die durch Liisungszusatz zu addierenden Waasermengen gro0, M) wird die normale Gsungsmittelmenge so reduziert, daO die Gesamtwassermenge nicht wesentlich mehr a h 25 g betriigt. Dadurch wird erreicht, daB alle Meeaungen unter weit- gehend gleichen Versuchsbedingungen vorgenommen werden konnen. Diese Regeln musaen bei allen aalzkryoekopischen Verfahren sorgfiiltig beachkt werden. Die mol.

Erniedrigung K wird, wie iiblich, nach der Formel

1,61

1967

1,66

-~

:L MeBergebnisse

_ _ _ ~ NaNO,

AI(NO,!,

HNO,

10 - c Wir hahsn die Konzentrations- Abb. 3. K o n ze n t r a t i o n s a b h a n - abhangigkeit der molekularen.Ernied- g i g k e i t d e r m o l . E r n i e d i g u n g K d e r e u t e k t i s c h e n T~~~~~~~~~ rigung K einiger Nichtelektrolyte

" a 11.5

i m S y s t u m E i s - K a 1 i u m n i t r a t und Elekfrolyte bestimmt und uns

Tabella 1

M = Molekulargewicht dee Fremstoffs; c = Mole Fremdstoff pro Liter Losung; AT = De- pression des eutektischen Punktes ifl Celsiusgraden; K = berechnete mol. Erniedrigung ;

KO = Grenzwert der mol. Erniedrigung, extrapoliert fiir c = 0

Substanz

Barnstoff

Mannit

KH,PO,

KOH

-~

M

60,05

182,20

136,09

56,lO

__ C

0,407 0,819 1,650

0,220 0,443 0,494 0,661 0,881

0,149 0,154 0,302 0,598 0,887 0,180

0,323 0,486 0,648 0,810 __

__ 0,647 1,302 2,541

0,376 0,762 0,835 1,110 1,439

0,248 0,258 0,489 0,969 1,436 1,850

0,611 0,968 1,3 75 1,830 __

__ I ,60 1,59 1,54

1,71 1,72 1,69 1,68 1,63

1,67 1,68 1,63 1,62 1.62 1,57

1,89 I ,99 2,12 2,26 __

~

M

85,Ol ~

212,9S

63,OZ

~

C

0,146 0,282 0,571 0,838 1,127 1,146

0,102 0,171 0,247 0,310 0,416 0,523

0,201 0,244 0,262 0,337 0,435 0,612 0,681 0,731

~

AT

0,240 0,487 1,033 1,564 2,139 2,192

0,225 0,418 0,689 0,984 1,538 2,180

0,359 0,433 0,476 0,653 0,876 1,257 1,455 1,608

-_

__

K

1,65 1,73 1,81 1,87 1.90 1,86

2,21 2,44 2,79 3,17 3,70 4,17

1,79 1,78 1,82 1,94 2,02 2,05 2,13 2,20

- KO -

1,70

1,65

1,67

Page 10: Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

JAHR, BRECHLIN, BLANKB u. KUBENB, Uber kryoskopieche Meseungen 249

davon iiberzeugt, daB die von MULLER und die von uns gemessenen Depressionen sehr befriedigend iibereinstimmen. Tab. 1 bringt eine Zusammenstellung unserer Menwerte, Abb. 3 eine graphische Dar- stellung, die den geradlinigen Verlauf der h d e r u n g von K mit Q erkennen laat: die Kreuzchen bezeichnen MeBpunkte von MULLER, die Kreise unsere eigened MeBpunkte. Die Extrapolation auf K fiir c = 0 ergibt KO-Werte, deren Mittelwert 1,68 betrligt.

Irgendwelche Schwierigkeiten wurden nicht beobachtet. Die Methode kann daher zur Iijsung spezieller Pmbleme eingesetzt werden. Wir benutzten sie zu Ionengewichts- bestimmungen in bmischen Aluminiu~nitratl~sungen, tiber die wir noch berichten werden.

Kryoskopische Messnngen mit Hilfe des Eutektikums Eis-Natrinmnitrat

De COPPET und ETARD'~) geben die Zusammensetzung der eutek- tischen Mischung zu 63,l Gewichtsprozent H,O und 36,9 Gewichts- proaent NaNO, an. Die Angaben iiber die eutektische Temperatur sind schwankendl'): R ~ ~ D O R F F findet -17,75" C, GUTHRIE - 17,5" C, DE

COPPI~T - 18,5" C und NIKOLAJEW - 18,l' C. Wir betrachten als sicher- sten Wert den von DE COPPET.

Fur das System Eis-Natriumnitrat wird die Schmelawiirme18) niit 57,5 c.al pro g Eutektikum angegeben. Aus der genannten Zusammen- setzung der eutektischen Mischung folgt fur die Schmelzwlirme der 1 g H,O enthaltenden eutektischen Mischung der Wert von 57,510,631 = 91,l cal. Daraus ergibt sich durch Einsetzen der Zahlenwerte in das Gesetz von RAOULT-VAN'T HOFP fur den Grenawert der molaren Gefrier- punktserniedrigung KO rechnerisch der Zahlenwert 1,42. Der experimen- telle Wert ergasb sich zu 1,55

Die eutektische Temperatur des systems Eis-Natriurnnitrat kann nur durch hul3ere Abkiihlung erreicht werden. Wir liel3en aber zu ihrer Bestimmwg das Eutektikum nicht tauftauen, wie im Fall des Systems Eis-Kaliumnitrat, sondern wir nahmen, entsprechend unserer Arbeits- weise bei der Bestimmung des Umwandlungspunktes des Glaubersalzes'), die Abkiihlungskurve auf. Das auf 2" C oberhalb der eutektischen

la) L. c. DE COPPET, Ann. Chim. Physique 96, 544 (1872); A. ETARD, C. R. Acad. Sci. Paris 108, 176 (1889).

17) R~~DORFF, P a . Ann. 192, 341 (1864); GUTARIE, Philos. Mag. [5] 2, 213 (1876); DE CoPPm, 2. phyeik. Chem. 82, 240 (1897); NIIOLAJEW, J. Ruse. chem. Ges. 68, 557 (1926), Chem. Zbl. 1927 I, 6.

la) LANDOLT-B~RNBTEJN, ~hys~ka~~ech-~hemieche Tabellen I, 629.

Page 11: Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

250 Zeitachrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 270. 1952

Temperatur gebrachte kryohydratische Gemisch wurde dam in ein Kalte- bad gebracht, dessen Badtemperatur konstant etwa 1,5" C unter der eutektischen Temperatur lag.

Apparatur und Arbeitsweise

Als Kaltebad diente ein gro5er, mit einer mehrere cm dicken Schicht des Isolier- mittels Iporka warmeisolierter H o ~ ~ ~ ~ ~ - T h e r m o s t a t (Firma Haake, Medingen). In ihm befanden sich etwa 15 Liter Alkohol, die mit gro13er Geschwindigkeit durch die Kiihlschlangen des Verdampfers einer leistungsfahigen Kaltemaschine umgepumpt wurden. Thermostat und Kaltemaschine waren dutch zwei alkohol- und kaltebestandige Gummischliiuche verbunden, die von 8 cm weiten, mit Iporka ausgestopften Gummi- manteln umgeben waren. Die ganze Apparatur mu13 gut warmeisoliert sein, weil es sonst unmdglich ist, die -20" .C betragende Badtemperatur iiberhaupt, und zwar moglichst schnell, zu erreichen. Die von uns verwendete Appartur bedurfte einer Anlaufzeit von etwa 2 Stunden.

In den Thermostaten ist ein 20 cm hoher zylindrischer Kupfertopf von 18 cm Durch- messer eingehangt. Er ist ebenfalls mit Alkohol gefiillt, doch macht dieser Alkohol den Kreialauf durch die Kalemaschine nicht mit. Der Temperaturausgleich mit dem Alkohol im Thermostaten erfolgt nur durch die Kupferwand hindurch. Der Einsatztopf ist mit einem aus dickem Kunstatoff gefertigten Deckel dicht verschlossen. Der Deckel ist drei- fach durchbohrt : durch die zentrale Offnung wird ein zweiter zylindrischer Kupfereinsatz von 4,5 cm Durchmesser und etwa 18 cm Hohe eingehangt. Die beiden anderen, aeitlich angebrachten Offnungen dienen zur Einfiihrung eines Thermometers, durch das die Bad- temperatur kontrolliert wird, und eines durch einen Elektromotor betriebenen glasernen Fliigelriihrers, der den Temperaturausgleich zwischen dem eigentlichen Badalkohol im Kupfertopf und dem als Kiiltetransporteur dienenden Alkohol im HtjPPLER-Thermo- staten beschleunigt. Der Kupfertopf hat sich als auhordentlich zweckmaBig erwiesen. Wahrend wir im Thermostaten selbst Temperaturschwankungen bis zu l , O o C ma5en, erwiesen sich die im Kupfertopf gemessenen Badtemperaturen bis auf 0,05" C konstant.

In dem in den eigentlichen Badalkohol im Kupfertopf eingehangten inneren Kupfer- einsatzgefaa befindet sich, durch einen Gummiring festgehalten, das etwa 14 cm lange und 3 cm starke kryoskopische Reagenzglas. Es ist mit einem durchbohrten Gummi- stopfen verschlossen. Durch die zentral angebrachte Offnung wird das BECKYANN- Thermometer eingefiihrt, durch die seitliche Bohrung ein kurzes Glasrohr, das zur Aufnahme und Fiihrung eines glasernen Ringriihrers dient. Der die Riihrung besor- gende Ring mu13 abgeplattet sein. Fur Antrieb und Wirkungsweise des Ringriihrers gilt das gleiche, was bereits oben, bei der Beschreibung der Arbeitsweise mit dem Eutek- tikum Eis-Kaliumnitrat, gesagt worden ist. Eine Ruhrfrequenz von -120 Hiibenlmin. hat sich bei unseren Messungen ale giinstig erwiesen. Der Luftmantel zwischen dem kryoskopischen Reagenzglas und dem inneren KupfergefaD sorgt mit seinem Tempera- turgefalle fur eine langsame und gleichmaEige Abkiihlung der Versuchsliisung.

Die Messung der eutektischen Temperatur gestaltet sich nun wie folgt. Das kryosko- pische Reagenzglas wird mit 25 ml Wasser. bzw. mit 25 ml der zu untemuchenden LBsung beschickt, dann werden etwa 18 g reinstes, fein gepulvertes Natriumnitrat hinzugefiigt. Das Reagenzglas wird schwach erwarmt, um vollstindige Auflosung des NaNO, zu er-

Page 12: Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

JAHR, BXECRLIN, BLANKB u. KUBENS, Vber kryoskopische Messungen 251

reichen. Dann wird das Glas in eine Kiltemischung gebracht, der Stopfen rnit BECK- Ma"-Thermometer und Riihrer aufgesetzt, und sein Inhalt lebhaft geriihrt. Man beob- achtet, wie zuniichst NaNO, in feinen Kristallen ausfallti. Dabei stellt sich nicht sofort die eutektische Temperatur ein. man beobachtet vielmehr eine Unterkuhlung. Diem wird aufgehoben, und die Temperatur steigt wieder an, sobeld nunmehr auch Eis in feinen Kristallen ausfallt. Einige Minuten nach dem Zeitpunkt der Eisbildung wird das kryoskopische Reagenzglas aus der Kaltamischung herausgenommen, und unter weiterem Riihren abgewartet, bis sein Inhdt eine etwa 2" C iiber dem eutektischen Punkt liegende Temperatur angenommen hat. Die ungefahre Lage des eutektischen Punktes wird be- rcchnet oder in einem Vorversuch bestimmt.

Nunmehr kann zur eigentlichen Messung goschritten werden. Das kryoskopische Reagenzglas wird in das oben beschriebene KupfereinsatzgefaO eingehingt, nachdem zuvor die Badtemperatur im Kupfertopf so einreguliert ist, da13 sie etwa 1.5" C unter der eutek- tischen Temperatur liegt. Der Riihrer wird in Gang gesetzt, und die Abkuhlungskurve aufgenommen. Abb. 4 a zeigt ihren Verlauf im Fall einer reinen Natriumnitratlkung ; die Temperatur sinkt zunachst bis unter den eutektischen Punkt, steigt dann sehr schnell an und ist nach 15 Minuten.praktisch konstant, und zwar innerhalb einer Schwankungs- breite vop wenigen Tausendsteln Cdsiusgraden. Abb. 4 b zeigt den Verlauf der Abkuh- lungskurve in Gegenwart eines Fremdstoffs (hier Na,CrO,). Nach Aufhebung der Unter- kiiblung nimmt die Temperatur mit fortschreitender Zeit schwach ab, weil sich immer mehr Eis bildet, die Kbnzentration des Fremdstoffs somit zunimmt und die Depression des eutektischen Punktes grBBer wird. Die 20Minuten nach Aufhebung der Unterkiihlung gemessene Tempe- ratur (in Abb. 4 b durch einen Pfeil bezeichnet!) notierten wir als Gleichgewichtstemperatur und legten sie der Berechnung von AT zugrunde.

Die Vorkuhlung bis zum Aus- fallen den Eises ist deshalb zweck- miBig, weil die beim erstmaligen Abkuhlen der Lijsung beobachteten Unterkiihlungen besonders groD sind. Ohne Vorkiihlung wiirden

?imp..

(roo-

3fl" -

36' -

l e a - I- ?imp. f

4,0°

28"

16'

1 4 0

0 20 t t r n i n l 0 20 t t m i n ]

a) ohne Fremdstoffzusatz b) rnit Fremdetoffzusatz

Abb. 4. A b k u h l u n g s k u r v e n , e r h a l t e n d u r c h K r y o s k o p i e i m S y s t e m E i s -

N a t r i u m n i t r a t

dieMessungen somit erheblich mehr Zeit beanspruchen. Kuhlt man vor, so sind die Unterkiihlungen selten g r a m als 0,4" C; laBt der Temperaturamtieg trotz Vorkiihlung einmal linger auf sich warten, so kann man nach Unterbrechung des Riihrens mit einem Eiskristall animpfen. Davon muSten wir aber nur selten Gebrauch machen. Bei normalem Verlauf beansprucht eine Messung etwa 30-40 Minuten.

Die mit de'r hier geschilderten Apparatur und Arbeitsweise erreichte MeDgenauigkeit ist die gleiche wia bei unseren Messungen mit Hilfe des Eutektikums Eis-Kaliumnitrat; die MeDwerte weichen um weniger ale 0,005" C voneinander sb.

Page 13: Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

252 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 270. 1952

MeBerge bnlese

Auch hier haben wir die Konzentrationsabhangigkeit der moleku- laren Erniedrigung K einiger Nichtelektrolyte und Elcktrolyte bestimmt ; an Elektrolyten wurden Natriumsalze, Nitrate und solche Salze gepriift, die mit dem Natriumnitrrtt kein Ion gemeinsam haben. Tab. 2 bringt eine Zusammenstellung unserer MeBergebnisse.

Tab. 2 la& erkennen, daB d l e Elektrolyte, die mit dem Losungs- mittelsalz Natriumnitrat entweder das Kation oder dks Anion gemeinsam haben, d. h., die Natriumsalze und die Nitrate, erwartungsgemaa die gleiche molelrulare Erniedrigung verursachen wie die Nichtelektrolgte.

I

Abb. 5. K o n z e n t r a t i o n s a b h i i n g i g k e i t e n d e r m o l . E r n i e d F i g u n g e n K d e r e u t e k - t i s c h e n T e m p e r a t u r i m System E i s - N a - t r i u m n i t r a t f i i r S a l z e m i t 1 b i s 5 k r y o -

s k o p i s c h w i r k s a m e n I o n e n

Der KO-Wert betragt im Mittel 1,55". Von den Ionen des NaCl wirken nur die Chlorionen erniedri- gend auf die eutektische Temperatur im System Eis-Natriumnitis t . KCl verursacht die doppelte, K,[CrO,] die dreifache und K,[Fe(CN),] die funffache molekulare Erniedrigung, weil sie die doppelte, drei- fache und funffache Anzahl kryoskopisch wirksamer Teilchen liefern wie ein Nichtelektrolyt. Abb. 5 laf3t diesen Sachverhalt deutlich hervortreten.

Die Konzentrations- abhangigkeit der moleku- laren Erniedrigung ist, wie

in allen bisher untersuchten Systemen, von ,Fremdstoff zu Fremd- stoff verschieden. Zwischen K und AT besteht die lineare Beziehung K = KO + f .AT, und der Faktor f kann positiv oder negativ sein. Abb. 6 stellt die Konzentrationsabhangigkeit der an den Natriumsalzen gemessenen K-Werte graphisch dar ; man erkennt ansteigende und fallende Geraden. Schon L~WENHERZ') und spater BIRON und MAL- TSCHEWSKIJ lp) haben darauf hingewiesen, daf3 die Loslichkeit des Losungs-

lD) E. W. BIRON u. S. P. MALTSCHEWBKIJ, J. Russ. Phys. chem.'Ges. 40, 1619 (1908) (in rum. Sprache).

Page 14: Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

JAHR, BRECHLIN, BLANKE u. KUBENS, Uber kryoskopische Messungen 253

Tabelle 2 ~~~ -

M = Molekulargewicht dea Fremdstoffs; c = Mole Fremdstoff pro Liter Lijeung; AT = De- premion des eutektischen Punktes in Celsiusgraden; K = berechnete molekulare Emiedri-

gung; K, = Grenzwert der molekularen Emiedriguhg, extrapoliert fur c = 0

Substanz

Harnstoff

Glykokoll

d-Sorboee

H*O*

HNO,

KNO,

Pb(NO,),

NaOH

M

60,W

76,Oi

180.16

34,Ol

63,02

101,lO

831,23

4 O,O(

C - 0,520 0,650 0,850

0,180 0,634 0,750

0,430 0,680 0,890

0,220 0,410 0,580

0,340 0,510 0,660

0,290 0,530 0,920

0,250 0,530 0,730

0,250 0,490 0,700

AT

0,757 0,957 1,246

-

0,280 0,847 1,142

0,683 1,094 1,400

0,343 0,669 0,964

0,550 0,822 1,074

0,450 0,785 1,351

0.382 0,837 1,177

0,400 0,795 1,179 -

- K

1,49 1,48 1,47

1,56 1,58 1,56

1.60

1,58

1,59 1,64 1,66

1,60 1,62 1,63

1,54 1,48 1,47

1,56 1,58 1,61

1,68 1,63 1,68

-

1 9 9 1

- K, -

1,51

1,55

1,62

1,56

1,56

1,54

1,54

1,53

-

Substsnz __ M

58,41

___

293,91

120,oc

122,oc

162,OC

74,55

174,26

194,20

368,34

C

0,310 0,550 0,890

0,280 0,490 0,750

0,310 0,590 0,870

0,300 0,430 0,610

0,140 0,260 0,470

0,160 0,300 0,490

0,090 0,200

0,060 0,110 D,210

0,050 3.090 D,140

- AT

0,474 0,86E 1;40E

0,471 0,825 '1,347

0,440 0,769 1,076

0,461 0,661 0,924

0,232 0,399 0,730

0,513 0,929 1,511

0,320 0,652

0,297 0,515 0,d27 0 . a ~ 0,565 0,865

- K

1,5f 1,51 1,5E

1,6E 1,6E 1,8C

1,41 1,35 1,24

1,52 1.52 1,51

1,56 1,57 1.54

3,13 3,10 3,07

3,60 3,31

4,62 4,54 4.46

493 6,56 6,15

- KO -

1.52

1,55

1,53

1,62

1,58

3,16

3,84

4,68

7,42

mittelsalzes durch die Gegenwart des Fremdstoffs geandert werden kann, und die Iatrtgenannten machen vor allem. die gegenseitige Beeinflussung der Fremdstoffteilchen selbst fur diese Abweichungen vom idealen' Ver- halten veran twor tlich.

Noch starker a h die Lblichkeit des Losungsmittelsalzes wird natar- gemaI3 diejenige des Fremdsalzes beeinflufit. Dies gilt befionders fur die Natriurnsalze. Die niedrige Temperatur wirkt rebenfalls liislichkeitsherab- setrend.

Page 15: Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

254 Zeitschrift fur anorganische und allgerneine Chemie. Band 270. 1952

Die Erniedrigung der Loslichkeit ist sehr storend. Denn es kann vorkommen, da13 beim Abkiihlen der MeBlosung die Loslichkeitsgrenze uberschritten wird, so da13 ein Teil des eingewogenen Fremdstoffes aus- kristallisiert. Man miBt dann nicht mehr die Depression, die der Ein- waage zukommt, sondern diejenige einer gesattigten Losung des Fremd- stoffes in der gesiittigten Losung des Losungsmittelsalzes. Die in Tab. 2 angefiihrte 0,47 m Losung von Na,[CrO,] ergab zwar richtige Werte fur AT und K, war aber iibersattigt; die Wiederholung der Messung an der gleichen Losung ergab den vie1 niedrigeren AT-Wert 0,448, und eine fast doppl t so g o b Einwaage ergab praktisch den gleichen Depressions-

4.2 0.4 0.6 0.8 + c Abb. 6. K o n z e n t r a t i o n s a b h a n g i g k e i t e n d e r mol . E r n i e d r i g u n g e n K d e r e u t e l c t i s c h e n T e m p e r a t u r i m S y s t e m E i s - N a t r i u r n n i t r a t fiir

v e r s c h i e d e n e N a t r i u m f i a l z e

wert. Auch Natriumsulfat und Natriumhydrogenorthophosphat kristalli- sieren aus gesattigter Natriumnitratlosung bei - 20" C bis auf einen geringen Rest aus, so daB man schon bei ganz kleinen Einwaogen die Pepression ihrer bei der MeBtemperatur gesattigten Losungen mil3t. Bei so geringen Loslichkeiten lassen sich die wahren Werte der molekularen Erniedrkung nicht mehr messen.

Hingegen lal3t sich urngekehrt, unter Einsetzen des Mittelwertes von KO, 1,55", die Gslichkeit berechnen. In einer an Na,SO, ursprunglich 0,lO bzw. 0,15 m Losung wurde die gleiche geringe Depression, AT - 0,043' gemessen. Die Losungsrnittelrnenge (L) betrug 25,OO g. Daraus ergibt sich als in der fliissigen Phase befindliche und daher kryoskopisch wirksame Natriurnsullatmenge

Page 16: Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

JAER, BRECHLIN, BLANKE u. KUBENS, ober kryoskopische Messungen 255

Die Sattigungskonzentration von Na,SO, in gesattigter Natriumnitratlijsung bei -20" betrigt danach 3,84 g = 0,028 Mole pro Liter.

Auch Trinatriumphosphat, Natriumdiphosphat und das kiirzlich von THILO und MIEDREICR~~) beschriebene wasserfreie Natriurntrihydrogen-orthodicat, Na[HaSi04] sind so schwerlijslich, daS sie mit Hilfe des Eutektiltums Eis-Natriumnitrat kryoskopisch nicht untersucht werden konnen.

Kaliumsulfat sollte die dreifache molekulare Erniedrigung ergeben, wenn es in der Losung unverandert bleibt. Setzt es sich aber quantitativ in das schwerlosliche Natriumsulfat um:

K,SO, + 2 NaNO, P Na,S04 + 2 KNO, ,

so sollte ein etwas mehr a h doppelter Wert fur KO gefunden werden (2K+, geringer Depressionswert der gesattigten Lijsung von Na;,SO,!). Der tatshchlich beobachtete KO-Wert, 3,84", entspricht genau der zwei- einhalbfachen molekularen Erniedrigung. Da kaum angenommen werden kann, daB die genannte doppelte Umsetzung nur zur Halfte ablauft, bleibt das anomale Verhalten des Kaliumsulfats zunachst noch unver- standlich.

Durch Kryoskopie in Glaubersalzlosung fanden THILO und MIED- R E I C H ~ O ) kiirzlich, da13 das Dinatrium-dihydrogen-orthosolicat, Na,[H,SiO,] . 8H,O, in konzentrierteren Losungen etwa 1,1, in ver- diinnteren Losungen aber bis zu 2 kryoskopisch wirksame Teilchen bildet, entsprechend dem mit sinkender Silicatkonzentration fortschrei- tenden HydrolyseprozeB

Na,[H,SiO,] + HOH p 2 Na+ + OH- + [HsSi04]-.

Die Kryoskopie mit Hilfe des Eutektikums Eis-Natriumnitrat ermoglicht Messungen bei einer um etwa 50" C niedrigeren Temperatur, so daB man hoffen konnte, dal3 insbesondere in Losungen von etwas hoherer Kon- aentration die Hydrolyse noch weiter zuriicktritt. Tatsachlich fanden wir innerhalb des Konzentrationsbereiches c = 0,3 bis 0,6 Mole Silicatl Liter bei volliger Konzentrationsunabhangigkeit den normalen KO-Wert. Das Salz ist also unter den Bedingungen unserer Messungen praktisch noch nicht hydrolysiert.

,O) E. TxrLo u. W. MIEDREICH, Z. anorg. allg. Chem. 267, 76 (1951).

Page 17: Über kryoskopische Messungen mit Hilfe der Eutektika Eis-Kaliumnitrat und Eis-Natriumnitrat

256 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 270. 1952

Ferner konnten wir mit Hilfe des Eutektikume Eis-Natriumnitrat die AnionengroPe des eehr zersetzlichen Natrium-tetraperoxy-(1:2)-wolframata, Na,O * 2 Wo, - 4 o&. * aq beatimmen. Wir werden dariiber demnichst berichten.

Berlin-Chartottenburg, Anorganisch-chemischea Inetitut der Tcch-

Berlin N 4, I . Chemisches Institut der Humbotdt- Universitiit. nischen Universitat.

(Bei der Radaktion eingegangen am 5. August 1952.)