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(Aus der :Medizinischen Klinik des Stadtkrankenhauses Dresden-Johannstadt. Obermed.-Rat Prof..Rostoski.) Uber Lungenasbestose. Yon Reg.-Gewerberat Dr. Elisabeth Kriiger, Prof. Rostoski und Prof. $aupe. Mit 8 Textabbildungen. (Eingegangen am 13. Juni 1931). Der Asbest ist ein Mineral, das in der Natur in wechselnder Zusammen- setzung vorkommt. Immer ist er ein Magnesium-Silika~ yon faseriger Beschaffenhei~, das in Form yon Adern und ~estern im Gestein einge- schlossen ist und das sich mechanisch zu einer wolligen, flockigen Masse aufschlie•en l~l]t. Man hat je nach dem Ursprung des Asbestes 2 chemisch und mine- ralogisch voneinander verschiedene Gruppen zu unterscheiden. Erstens den Hornblendeasbest (MgSi03) und zweitens den Serpentinasbest (H~Mg3Si209). Innerhalb dieser beiden grol]en Gruppen gibt es noch viele Abarten, die praktisch wenig interessieren. Der Unterschied in den Asbestsorten besteht vor allem im wechselnden Gehalt an Metall- oxyden, an Magnesium, Calcium, Aluminium und Eisen. Der Horn- blendeasbest zeichnet sich durch besonders hohen Gehalt an Kalk aus, auch besitz~ er mehr Kiesels~ure als der Serpentinasbest; sein Gehalt an Eisenoxyden is~ sehr wechselnd. Der eisenreichste Asbest is~ der blauo oder Kapasbest aus Siidafrika, der zur Hornblendegruppe geh6rt. Sein Gehalt an Eisenoxyden betr~g~ bis zu 36 %, der an Magnesia ist dagegen verschwindend klein. Der Serpentinasbest hat einen geringen oder g~r keinen Kalkgehalt, dafiir ist er reicher an Magnesia als der Hornblendeasbest, sein Eisen- oxydgehalt ist meist gering. Wichtig fiir unsere Untersuchung ist die Feststellung, da[~ freie Kiesels~ture in keinem der Asbeste vorkommt. Der Gehalt an gebundener Kiesels~ure und an Metalloxyden schwankt in den einzelnen Asbest- sorten betr~ch~lich. Er wird nach den Analysen yon Ullmann 1, Burg. mann 1, Becket u. Haag 1 in folgenden Grenzen angegeben: 1 Ullmann, Enzyldopiidie der teehn. Chemie. 1928. -- .Burgmann, Robert, Asbestspinnerei. Dissertation 1906. - - Reeker u. Haag, Asbest, seine Fundstellen, Gewinnung, Aufbereitung, Verarbeitung und Anwendung in Industrie und Technik.

über Lungenasbestose

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(Aus der :Medizinischen Klinik des Stadtkrankenhauses Dresden-Johannstadt. Obermed.-Rat Prof..Rostoski.)

Uber Lungenasbestose. Yon

Reg.-Gewerberat Dr. Elisabeth Kriiger, Prof. Rostoski und Prof. $aupe.

Mit 8 Textabbildungen.

(Eingegangen am 13. Juni 1931).

Der Asbest ist ein Mineral, das in der Natur in wechselnder Zusammen- setzung vorkommt. I m m e r ist er ein Magnesium-Silika~ yon faseriger Beschaffenhei~, das in Form yon Adern und ~es tern im Gestein einge- schlossen ist und das sich mechanisch zu einer wolligen, flockigen Masse aufschlie•en l~l]t.

Man hat je nach dem Ursprung des Asbestes 2 chemisch und mine- ralogisch voneinander verschiedene Gruppen zu unterscheiden. Erstens den Hornblendeasbest (MgSi03) und zweitens den Serpentinasbest (H~Mg3Si209). Innerhalb dieser beiden grol]en Gruppen gibt es noch viele Abarten, die praktisch wenig interessieren. Der Unterschied in den Asbestsorten besteht vor allem im wechselnden Gehalt an Metall- oxyden, an Magnesium, Calcium, Aluminium und Eisen. Der Horn- blendeasbest zeichnet sich durch besonders hohen Gehalt an Kalk aus, auch besitz~ er mehr Kiesels~ure als der Serpentinasbest; sein Gehalt an Eisenoxyden is~ sehr wechselnd. Der eisenreichste Asbest is~ der blauo oder Kapasbes t aus Siidafrika, der zur Hornblendegruppe geh6rt. Sein Gehalt an Eisenoxyden betr~g~ bis zu 36 %, der an Magnesia ist dagegen verschwindend klein.

Der Serpentinasbest ha t einen geringen oder g~r keinen Kalkgehalt , dafiir ist er reicher an Magnesia als der Hornblendeasbest, sein Eisen- oxydgehalt ist meist gering.

Wichtig fiir unsere Untersuchung ist die Feststellung, da[~ freie Kiesels~ture in keinem der Asbeste vorkommt. Der Gehalt an gebundener Kiesels~ure und an Metalloxyden schwankt in den einzelnen Asbest- sorten betr~ch~lich. Er wird nach den Analysen yon Ullmann 1, Burg. mann 1, Becket u. Haag 1 in folgenden Grenzen angegeben:

1 Ullmann, Enzyldopiidie der teehn. Chemie. 1928. - - .Burgmann, Robert, Asbestspinnerei. Dissertation 1906. - - Reeker u. Haag, Asbest, seine Fundstellen, Gewinnung, Aufbereitung, Verarbeitung und Anwendung in Industrie und Technik.

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Kiesels~iure: Hornblendeasbest . . . . 49,0--62,0% Serpentinasbest . . . . . 39,0--43,5 %

Magnesia: ttornblendeasbest . . . . 0,0--30,0 % Serpentinasbest . . . . . 35,1--42,6%

Eisenoxyde:. Hornblendeasbest . . . . 1,5---36,0 % Serpentinasbesb . . . . . Spuren bis 7%

Die Analysen, die wir yon den fiir unsere Untersuchung in Frage kommenden Sorten durch die Landesstelle fiir 6ffentliche Gesundheits- pflege Dresden ausfiihren lieBen, ergaben ebenfalls keinen Gehalt an freier Kiesels~ure (Quarz).

Die Asbeste als feste Verbindungen yon Kieselsgure mi t Magnesia (resp. Eisenoxyden und anderen Basen) zeigen jedoch in ihren Eigen- schaften gewisse Ubere ins t immungen mit freier Kiesels~ure. Insbeson- dere ist Unl6slichkeit resp. Sehwerl6sliehkeit in Wasser und SEuren und ehemiseh indifferentes Verhal ten beiden gemeinsam, wEhrend die H~ir~e des Asbestes bedeutend geringer ist als die des Quarzes.

Um die chemisehe Versehiedenheit der Asbeste zu kennzeichnen, fiihren wit einige yon Ul lmann (loe. cir.) angegebenen Analysen typischer Asbestsorten an.

1. Serpentinasbeste.

a) Kanadischer Asbest: b) Sibirischer Asbest: Kieselsaure . . . . . 41,84% Kiesels~ure . . . . . 41,80% Magnesia . . . . . . 41,99% Magnesia . . . . . . 35,18% Eisenoxyde . . . . . 2,23% Eisenoxyde . . . . . 6,63% Wasser . . . . . . . 14,28% Wasser . . . . . . . 16,39%

2. Hornblendeasbest.

Kiesels/~ure . . . . . 54,60% Aluminiumoxyd . . . 2,85% Magnesia . . . . . . 27,85% Wasser . . . . . . . 3,55% Eisenoxyde . . . . . 11,15 %

Der "Asbest ist auf der ganzen Erde verbreitet , jedoch sind es nur einige l%ndor te , deren Asbeste fiir die Teehnik giinstig zu verwenden sind und die sieh deshalb zum Abbau lohnen. Die bedeutendsten Asbest- lager besitz~ Kanada , das e twa a/4 des ganzen auf der Erde verarbei te ten Asbestes liefert, ihm folgen Sibirien, Stidafrika und Norditalien. Die in Deutschland befindliehen Fundor t e spielen keine grol?e Rolle.

Der Asbest ve rdank t seine vielseitlge Verwendung bes t immten ftir clie Technik auBerordentlich wiehtigen Eigensehaften, nEmlieh seiner Widers tandsfahigkei t gegen hohe Tempera turen , seiner Sgurefestigkeit, dem geringen Wgrmele i tungsverm6gen und seiner faserigen St ruktur , die ein Verspinnen der Fasern zulgllt. Diese Eigenschaften sind aber bei

Festschrift anl/iBlieh des 25 jAhrigen Bestehens der Fima. Berlin 1927. - - Bayer, Fritz, Beitrgge zur Kenntnis der technologischen t~igenschaften yon Asbest. Disser- tation 1906.

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den einzelnen Asbestsorten je nach der chemischen Zusammensetzung ganz verschieden entwickelt. Whhrend der Hornblendeasbest auBer- ordenEich widerstandsf~hig gegen S~uren, jedoch nicht so feuerbest~indig ist (Schmelzpunkt bei 1150~ besitzt der Serpentinasbest neben hoher meehanischer Festigkeit auch grSBte Feuerbest~ndigkeit. Sein Schmelz- pfinkt lieg~ bei 1550 ~ yon S~uren wird er dagegen eher angegriffen als der t{ornblendeasbest. Auch die verschiedene L~nge, Feinheit und Festig- keit der Faser spielt bei der Verwendung der einzelnen Asbestsorten in der Teehnik eine Rolle. So sind z. B. die Fasern des Kanadisehen As- bestes infolge ihrer gr.oBen L~nge und seidenartigen Besehaffenheit zura Verspinnen auBerordentlich geeignet, wihrend die ebenfalls langen, aber sprSderen Fasern des blauen Asbestes ffir manche Produktion nieht gut verwendbar sind, d~ ihnen auBerdem die Feuerbestiindigkeit fehlt.

Um mSglichst vielen Anspriiehen der Technik zu geniigen, pflegt man die einzelnen Asbestsorten miteinander zu mischen, je nachdem, was fiir Brodukte hergestellt werden sollen.

Da Art und Menge der zur Verarbeitung kommenden Asbeste je naeh dem Bedarf in den Betrieben h~ufig wechseln und der Arbeiter daher mit den verschiedensten Asbesten in Beriihrung kommt, lassen sich Schliisse auf die Wirkung bestimmter Asbestsor~en (z. B. stark eisenhaltiger) auf den Gesundheitszustand der Arbeitnehmer praktisch nicht ziehen.

Wenn der Asbest auch schon im Altertum bekannt war, so ist doch das eigentliche Interesse ffir seine Verarbeitung erst mit dem Aufschwung der Technik in der 2. Hi~lfte d e s vorigen Jahrhunderts entstanden. Seitdem hat die Asbestindustrie auBerordentliche Fortsehritte gemacht, denn die Verwendbarkeit des Asbests ist wegen seiner vorziiglichen Eigenschaften fast unbegrenzt .

Gewonnen wird der Asbest im Tagebau nach der Art unserer Stein- gewinnung in Steblbriichen. Er wird hier aus dem Gestein herausge- brochen oder gesprengt und bereits an seinen Fundorten der ersten Be- arbeitung unterzogen, die vorwiegend im Entfernen der groBen Gesteins- trfimmer besteht. Die einzelnen Sorten werden (larauf nach Giite und L~nge der Fasern sortierg und entweder als Rohasbest (Crude) oder als Spinnfaser in den Handel gebracht.

Da die aus dem Asbest hergestellten Produkte auBerordentlich zahl- reich und verschiedenartig sind, ist auch die Produktion vielgestaltig; es sell deshalb hier nur einiges Grunds~tzliche dazu gesagt werden..

Die Fabrikation yon Asbestwaren beginnt stets mit bestimmten Vorarbelten, die der Aufbereitung des Asbestes dienen. Um ihn ver- arbeiten zu kSnnen, mfissen zun~ichst die starren Faserbiindel aufge- schlossen, d. h. in eine lockere weiBe Masse verwandelt und yon anhaf- tenden Gesteinstriimmern befreit werden. Diese Arbeiten besorgen Kollerggnge, das sind sehwere rotierende Walzen, die das bfaterial

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dutch Quetsehen und Reiben zerkleinern und aufloekern. Die 2. Stufe der Vorbereitung bildet die endgiiltige Aufschliel3ung der Faser, die noeh viele erdige Verunreinigungen enth~lt und noeh nieht geniigend geloekert und entstaubt ist. Hierzu verwendet man sog. 0ffner, die die Faser noch einmal grfindlieh auflockern und durcheinander misehen. Dem 0ffnen folgt das Misehen der verschiedenen Asbestsor~en, denen hiiufig zur Er- leichterung des Verspinnens noeh Baumwolle zugesetzt wird.

Nach diesen gesehilderten Arbeiten ist die Vorbereitung der Asbest- faser beendet, undes kommen nun je naehdem, welche Erzeugnisse her- gestellt werden sollen, verschiedene Fabrikationsmethoden zur An- wendung.

Die langfaserigen Asbeste werden ~hnlichen Arbeitsvorg~ingen wie die pflanzliehen oder tierisehen Fasern in der Textilindustrie unter- worfen, sie werden gesponnen, gezwirnt, gespult und gewebt. ])as auf- gesehlossene Material gelangt also vom ~ffner in die Krempel, die die Fasern parallel zueinander leg~, Verunreinigungen welter engfernt und die langen Fasern zu einem Flor vereinigt, der das Vorgarn liefert. Dieses Vorgarn wird auf Spinnmaschinen (Ringspinner) gebraeht, die dureh Drehen und Streeken der Fiiden das Feingarn hersgellen. Naeh dem 8pinnen folgt das Zwirnen (Zusammendrehen mehrerer F~tden zur Erzielung einer besonderen Haltbarkeit), sowie das 8pulen, darauf das Weben auf besonderen Webstiihlen entweder zu breiten Stricken (Tti- chef) oder zu schma.len B~indern.

Danaeh wird naeh dem Zusehneiden der einzelnen Gewebe, dem Wiekeln und Legen die Impriignierung der Waren meist mit Gummi- 16sung (Kautschuk und Benzin oder Benzol), O1, Graphit, Paraffin, Talk usw. vorgenommen, um die Ware gleitend, undurehliissig und lest zu maehen.

Die so hergestellten Asbestgewebe dienen im Feuerschu~zwesen zu feuersicherer Kleidung, zu Feuerwehrschirmen, Theatervorh/ingen usw., vorwiegend abet verwendet man sie als Isolier- und Dichtungsmaterial in der Elektrotechnik, sowie im Masehinen- und Apparatebau, ferner zur Herstellung yon Bremsb~tndern und Kupplungsbelegen fiir schnen- laufende Fahrzeuge. Zur ErhShung der Festigkeit wird manehen Asbest- gespinsten noch 1Vfessingdraht eingeftigt.

Einzelne Game werden nieht verwebt, sondern auf K15ppelmasehinen zu Sehniiren und Schl/~uchen gefloehten, mit Asbestmehl, Talkum oder Kieselgur gefiillt und zu Isolierschniiren ffir Dampfmasehinen, Dampf- leitungen u. a. m. verwendet.

Die kurzfaserigen Asbeste werden zu Pappe, Papier und Bauplatten nach Art der Papierfabrikation verarbeitet. Besonders die Bauplatten bilden wegen ihrer Dauerhaftigkeit und Wetterbest/~ndigkeit ein aus- gezeiehnetes Baumaterial. Sie eignen sieh deshalb zum Belegen yon

A r c h i v f. Oewerbepa tb . u. Gewerbehyg . Bd. 2. 37

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D~chern, zur Bekleidung von AuBenwiinden, fiberhaupt zum Schutz yon Gegenstgnden, die Temperaturwechsel ausgesetzt sind.

Einen besonderen Produk~ionszweig bilde~ die Herstellung der sog. I t-Plat ten. Hier wird der Asbest mit mineralischen und anderen ~iill- stoffen (Ton, Schwerspat, Eisenoxyd und Cellulose) vereinigt, diese Masse in einem Rfihrwerk (Misehtrommel) mit Kautschuk, Benzin und anderen L6sungsmi~teln zu dichter Masse gemischt, auf Walzen gebracht und zu Plat ten in verschiedener Stiirke verarbeitet. Aus diesen Plat ten lassen sich dureh Schneiden und Stanzen Dichtungsmaterialien fiir Dampfzylinder und Flanschen, Isoliergegenstiinde ffir Apparate und Masehinen, in denen besonders hoher Druck herrseht, herstellen.

Die Verwendungsmbglichkeiten des Asbests lassen sich nieht er- schSpfend aufzi~hlen. Einer kurzen Erw~hnung bedarf noch die Ver- wendung des Asbestmehls zu Ffillstoffen, Farbtr~gern, Putzmit tein usw. Auch fiir Laboratoriumszwecke (Filter ffir starke Si~uren und Laugen, Umkleidung von Sehalen und Gl~sern gegen Einwirkung di- rekter Flamme) und in der chemischen Industrie als Filtermaterial fiir Gase usw. wird Asbest viel gebraueht. In Vereinigung mit anderen iso- lierenden Stoffen forint man ihn zu Gegenst~nden verschiedener Art, die neben Widerstand gegen Elektrizitiig und W~rme auch sehr hohe mechanische Festigkeit gegen Bruch und ZerreiBen bieten. Es werden aus solcher Masse isolierende Handgriffe fiir Werkzeuge, Steckdosen, Lichthalter u. a. m. angefertigt.

Bei der Herstellung yon Asbestwaren entsteht viel Staub, dem der Arbeiter bei allen seinen Arbeitsverrichtungen in mehr oder weniger hohem Grad ausgesetzt ist. Am gr6i~ten ist die Staubentwicklung beim Mischen, beim Krempehl durch die Entfernung der feinen F~serchen, die sehr leicht aufgewirbelt werden, beim Spinnen und vor allem beim Weben dureh die Reibung der Fs aneinander.

Zwar is~ an den meisten Maschinen eine mechanisehe Staubabsaugung vorhanden, z. B. an der. Ka'empel, ebenfalls aueh am Webstuhl, da sonst die Arbeit infolge der S~aubplage ~iuBerst erschwer~ werden wiirde. Auch der ()ffner besitzt eine Anlage zur Entstaubung des Materials, er ist auBerdem vSllig ummantelt, um den Staub mSglichst wenig in die Arbeitsr~ume eindringen zu lassen. Mit diesen Einrichtungen ist zwar im Vergleich zu friiheren Jahren, in denen nach der Aussage ~lterer Arbeiter wie in einem feinen ,,Nebel" gearbeitet werden muBte, manche hygieni- sche Verbesserung erzielt worden, aber aueh heute noch is~ die Luf~ selbst in groBen Arbeitsr~umen sehr staubig, besonders in der N{ihe der Maschinen. So kann man beobachten, dab Haar, Gesicht und Kleidung der Weber und Krempler wi~hrend der Arbeit stets mit einer feinen Staubschiehg bedeckt sind und dal~ auch Spinner und Zwirner unter dem Staub zu leiden haben.

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Wo sieh der Staub unmittelbar an den Masehinen aus technischen Grfinden nieht abfiihren l~Bt, heffen sich die Betriebe durch Raum- ventilation und Frischluftzufuhr, damit ist jedoch nur eine Verminderung der gr6bsten Staubplage zu erreichen.

Um nach M6glichkeit die bei der Arbeit entstehenden Einwirkungen auf die Arbeiter weiter auszugleichen, haben die Betriebe ffir die Ein- richtung von Bade- und Duschr~umen gesorgt, um den Arbeitern die M6gliehkeit einer grfindlichen Reil~gung nach der Arbeit zu geben. AuBerdem stchen zur staubfreien Einnahme der Mahlzeiten Speiser~ume zur Verffigung, so dab die allgemeine Hygiene unserer Betriebe nicht ungfinstig zu nennen ist.

Die von uns untersuchten Arbeitnehmer waren vorwiegend beim Spinn- und WebprozeB beseh~ftigt. Die Herstellung yon Pappen und Papieren interessierte uns im Rahmen unserer Untersuehung weniger, well bei dieser Arbeit die Staubentwieklung eine geringere Rolle spielt. Bei der Plattenherstellung, sowie beim Impr~gnieren der Waren handelt es sieh vor allen Dingen um den Einflul] yon Chemikalien, und zwar um Benzin und Benzol und andere LSsungsmittel, auf den Gesundheits- zustand der Arbeitnehmer. Es ist darum auch nicht selten, dab bei der Herstellung der I t -Plat ten fiber Beeintrachtigungen durch die LSsungs- mittel, Kopfschmerzen, Sehwindelgeffihl, grol~e Miidigkeit geklagt wird.

Zuletzt ware noeh an den EinfluB bestimmter Ffillmaterialien, be- sonders des Kieselgurs, auf die Atmungsorgane zu denken. Die Ffillung der Sehl~uche nimmt jedoch irmerhalb der wSehentlichen Arbeit nur eine relativ kurze Zeit in Ansprueh, so dab sie, vergliehen mit der Dauer sonstiger Staubarbeiten, keine Rolle spielen kann.

Die Prophylaxe in den Betrieben ist bei der Natur des Arbeits- materials und der Art der Produktion nicht ohne technische Schwierig- keiten, i~nmerhin ist yon der technisehen Seite, yon einer guten Ab- dichtung stauberzeugender Maschinen, sorgf~ltig durchdachter Staub- absaugung und guter Raumventilation der gr6Bte Erfolg zu erwarten.

Der Name ,,Asbest" ist dem Mineral von Plutarch gegeben worden, weil die ewigen Lampen der Vestalinnen Docht aus Bergflaehs yon der Insel Cypern hatten. Asbestos heiBt unauslSsehlich (~ofieo~o~ yon ofl~vvvl~t = ausl6schen). Das Wort , ,Amiant" soll aus dem Lateinisehen stammen.

Wir haben bisher Seh~digungen in zweifaeher Hinsicht dureh den Asbeststaub kennen gelernt. Erst kiirzlich hat A. P. Dewirtz 1 besehrie- ben, dab fast bei allen in den Seh~chten bei Swedlowsk am Ural Ar- beitenden an der Innenfl~che der Hand und der Finger und im Sommer auch an den Fu~sohlen Warzen v o n d e r Gr6Be eines Hirsekornes bis zu der einer Erbse, yon vieleckiger und runder Gestalt und rauher Ober-

1 ,,Asbestwarzen". Arch. f. Dermat. 161, H. 1 (1930). 37*

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fl~iche aaftreten, die Schmerzen verursachen. Sie werden hervorgerufen dureh Eindringen yon Asbestteilchen in die Hau t und bilden sich zurtick, wenn diese entfernt werden. Besonders gef~hrdet ist schweillige Haut . Mikroskopisch findet man Epithelwucherung und Hyperkeratose, sowie entziindliche Erscheinungen in dem darunter liegenden Gewebe, aber keine Wucherungen carcinomat6sen Charakters. In dem sonstigen Schrif t tum sind diese Warzen bisher - - soweit wir sehen - - nieht erw~hnt. Es ist wohl gelegentlieh yon Schwielen die Rede. Aueh wir haben die Warzen - - um das gleieh vorweg zu nehmen - - bei unseren Unter- suchungen nicht gesehen. Dewirtz berichtet, dab sie sich h~iufiger bei Arbeitern in den Seh~ichten als aul3erhalb derselben finden.

Die zweite Sch~digung dutch den Asbeststaub ist bedeutend weniger harmlos und viel h~ufiger. Sie betrifft das Eindringen desselben in die Atmungswege. Sowohl die Arbeiter beim Bergbau wie die in den Fabriken, in welchen der Asbest verarbeitet wird, sind gefiihrdet. Ein ausffihrliches Schrif t tum hieriiber gibt es bisher nut in England, das gleieh Deutschland keine Fundst~itten, wohl aber Fabriken besitzt. 1899--1900 wurde dort der erste, auch zur Sektion gekommene Fall von Montague Murray 1 be- obachtet. Er betraf einen 33j~ihr. Mann, der 10 Jahre Arbeitszeit in einer Asbestfabrik hinter sieh hatte. 10 gleichzei~ig mit ihm eingotreteno Arbeiter waren sehon vor ihm gestorben. Bei der Obduktion land sich eine Lungenfibrose mit Asbestfasern in der Lunge, keine Tuberkulose. Ers t 1924 wurde der 2. Sektionsfall in einer ausfiihrliehen Arbeit yon W. E. Cooke ~ beschrieben. Dieses Mal handelte es sich um eine 33j~ihr. ~rau, welehe seit ihrem 13. Jahr mit Unterbrechungen in einer Asbest- fabrik gearbeitet hatte. Die Erkrankung war mit kavern6ser Lungen- tuberkulose kombiniert. Von anderen Publikationen seien genannt die yon ,F. L. Ho][mann aus den Vereinigten Staaten (1918), der an dem M~terial einer Lebensversicherungsgesellschaft auf friihe Todesfiille, besonders auch an Lungentuberkulose, bei Asbestarbeitern hinwies trod die Veranlassung war, daIl die As bestarbeiter in den Ver- einigten Staaten und K~nad~ yon den Lebensversicherungen abge- wiesen wurden; ferner die yon Sir Thomas Oliver (1927), McGregor

(1928), Grieve (1928), Simson (1928), Seller (1928), Haddow (1928), Wood und Page (1929), Wood und Gloyne (1930). Die Publikationen sind s~mtlieh in englischen Zeitsehriften erfolgt und befassen sich mit einzelnen Beobaehtungen.

Aber sehon in den Jahren 1910--1912 hat te man in England dureh offizielle Erhebungen festgestellt, dal3 der Asbeststaub eine gewisse,

1 Chafing Cross Hospital Gazette 1900 und Great Britain, Departmental Committee on Compensation for Industrial Diseases: a) Minutes of Evidence, Appendix and Index, 1907, p. 127; b) Report, p. 14.

Fibrosis of the lungs due to the inhalation of dust. Brit. reed. J. ~6, 147 {1924).

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wenn auch nicht sehr grol~e Gefahr ffir die Arbeiter bedeute. In Kanada war man dagegen 1912 bei der Untersuchung yon 575 Arbeitern zu dem Resultat gekommen, dab eine Sch~digung nicht bestehe, und dal~ Lun- genkrankheiten bei den Asbestarbeitern nicht hi~ufiger vork~men als sonst 1. Heute ist man auch dort wohl anderer Ansicht. In Thetford bei Quebec, einem der Zentren der Asbestgewinnung und -Industrie in Kanada, waren damals schon 3000--4000 Arbeiter besch~ftigt. Die Zahl dfirfte sich inzwischen erheblich vermehrt haben. Neuerdings sind auf Veranlassung des britischen Ministers des Innern wieder Erhebungen fiber Asbestarbeiter angestellt und 1930 von l)lerewether und Price 2 ver- 5ffentlicht worden. Danaeh gibt es in Groi]britannien 2200Asbestarbeiter und -arbeiterinnen, yon denen 363 untersueht wurden. Es zeigten 95 (---- 26,2 %) Symptome von Lungenfibrose. Eine R(intgenuntersuchung war in 133 Fallen vorgenommen worden. Auch das englische Parlament besch~ftigte sich mehrmals mit der Frage der Asbestkrankheit.

Zum Vergleich mit der Zahl der in englischen Asbestfabriken T~tigen interessiert die Angabe yon Dewir t z 3, dad in den SehSchten am Ural mehrere tausend Menschen arbeiten. Versuche, Lungenfibrose durch Einatmen von Staub bei Tieren zu erzeugen, wurden yon JBeattie und S i m s o n beriehtet. Es gelang schlieltlich bei einem Meerschweinchen, das 50 Tage lang t~glich 2 Stunden Asbeststaub eingeatmet hatte und sparer aus anderer Ursache gestorben war, wie die Sektion nachwies, eine Lun- genfibrose hervorzurufen. Auch fanden sich bei dem Tier die sparer noch zu erw~hnenden Asbestk6rperchen.

Aus der jfingsten Zeit ist die sorgfaltige und die ganze bis dahin er- schienene Literatur berficksichtigende Studie yon Dhers 4 zu nennen. Eigene Beobachtungen bringt er allerdings nicht. Ferner ist eine Arbeit yon Domenico I_,ovisetto 5 aus Italien zu erw~hnen, in der 3 Fs be- schrieben werden, und ebenfalls eine Arbeit yon Giovanni M u s s a 5 aus Italien ~nit 15 kurz angeffihrten Kranken. Die beiden letzten Publi- kationen enthalten R6ntgenbilder. Autopsiebefunde werden nieht mit- geteilt.

1 Canada, Department of Labour: Effect of Asbestos Dust on Workers Health in Asbestos Mines and Factoris, The Labour Gazette, Bd. 12, S. 761--762. 191.1 bis 1912. Ottawa 1912.

2 ,,Report on Effects of Asbestos Dust on the Lungs and Dust Suppression in the Asbestos Industry. Part I: Occurence of Pulmonary Fibrosis and other Pulmonary Affections in Asbest Workers; Part II : Processes giving Rise to Dust and Methods for its Suppression." H. M. Stat. Off. S. 34. London 1930.

a].c. 4 ,,Amiante et Asbestose pulmonaire". La M~deeine du Travail, I. Annie,

No. 5 et 6, Juli-August 1930. 5 ,,Studi sulla Pneumokoniosi in Italia", Roma Istituto Polygrafico dello

Stato, 1930, Anno VIIL

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In Deutschland hat Fahr a 1914 in einer Demonstrat ion im J~irztlichen u zu Hamburg Prapara te und Mikrophotogramme einer an ehroni- scher indurativer Pneumonie verstorbenen 35j~hr. Arbeiterin einer Asbestfabrik demonstriert. Auffallend war eine grol3e Zahl yon Kry- stallen in der Lunge, die nieht ngher besehriebeu werden. Fahr erw/~hnt, dab sie zuerst yon .Marchand und Riesel 1906 gesehen wurden, und 1/~13t die Frage often, ob die Krystalle direkt auf die Einatmung des Asbest- staubes zu beziehen oder als AbkSmmlinge des H/~moglobins aufzufassen sind. Erst 1931 ist dann in Deutschland die Aufrnerksamkeit wieder auf die Asbestarbeiter gelenkt worden, und zwar durch eine Publikation yon W. Biittner. Wobst und O. TriUitzsch 2, welehe 9 aus 2 Asbestfabriken in der NKhe yon Dresden s tammende Arbeiter bzw. Arbeiterinnen mit Krankengesehichten anfiihren. In mehreren F/illen bestanden neben der Lungenfibrose tuberkulfse Narben. In einem Falle (Nr. 9) bekam ein 27 Jahre alter Arbeiter, der 8 gahre in einer Asbestfabrik t/itig gewesen war, aber rSntgenologiseh keine Zeichen yon Asbestlunge darbot, eine schwere offene Lungentuberkulose. Die Autoren berichten von einem Falle, bei dem die Besehwerden verschwanden, nachdem die Arbeit unter- broehen war - - w~hrend bisher immer darauf hingewiesen wurde, dab die Erkrankung auch dann noeh welter zunehme - - , und treten ffir Unter- suchung vor Eintr i t t in den Bernf und regelm/~f]ige/~rztliche Kontrolle ein.

Unsere Untersuchungen wurden noch vor dem Erscheinen der Arbeit von Biittner- Wobst und Trillitzsch im Oktober und November 1930 dureh- geffihrt. Es handelt sich urn eine l~eihenuntersuchung yon 18 Arbeitern und 34 Arbeiterinnen, zusammen also 52, aus mehreren Asbestfabriken in der N/ihe von Dresden.

Der in den betreffenden Fabriken verarbeitete Asbest wurde, wie schon erw5hnt, in der Staatlichen Landesstelle ffir 6ffentliehe Ge- sundheitspflege in Dresden (Prof. Heiduschka) untersucht und dabei festgestellt, da2 fremde Bestandteile, insbesondere Quarzsand (freie Kiesels/iure), nicht vorhanden waren. Es ist wichtig, dies zu betonen, da ja Silikosen durch Beimischung yon KieselsKuren zu dem ursprfing- lich verarbeiteten Material entstehen kSnnen.

Aus der Familienanamnese ist hervorzuheben, dab bei den n~chsten Verwandten Krebs 5mal und Lungentuberkulose 10real bestanden haben soll. Der Vater eines Arbeiters ist ebenfalls asbestkrank gewesen. Ubrigcns seheinen sich an der Asbestarbeit in Deutschland nieht so sehr alle oder mehrere Familienmitglieder zu beteillgen, wie dies in der englischen Literatur angegeben wird und auch in Deutschland in einigen

x J~rztlieher Verein in Hamburg, Sitzung vom 3. III. 1914. Mtinch. med. Wsehr. 1914, ll.

Die Bergflachslunge (Asbestosis) und was der deutsche Arzt yon ihr wissen muB. Tuberkulose 1931, 1.

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Gegenden ffir andere Industricn bekannt ist. -- Frfihere Krankheiten der Untersuchten sind kaum erw~hnenswert. Soweit die Atmungs- organe und Tuberkulose in Betracht kommen, sei nur hervorgehoben, dab 2 Arbeiter Spitzenkatarrhe gehabt hat ten und deshalb in Heilst~tten gewesen waren. Einmal wurde eine Darmtuberkulose und ein ander- real eine BauchfeUentzfindung angegeben, ferner einmal Skrofulose. Ausgesproehene Bronchialkatarrhe wollten 6 und l~ippenfellentzfindun- gen 3 gehabt haben.

Von friiheren mit Staubentwicklung verbundenen Berufen ist zu sagen, dab 6 in der Textilindustrie, 2 in der l~[etallindustrie, 2 in der keramischen, 2 in einer Holzfabrik, 1 in einer Ofenfabrik, 1 in einer Zigarettenfabrik, 1 in einer Ziegelei, 1 im Kohlenbergbau und 1 in einer B~ickerei t~tig waren. Die Arbeitszeiten hier waren verschieden. Wir glauben nicht, dab die festgestellten Befunde zu den fr/iheren Berufen in Beziehung stehen.

Nach Staubbel~stigung befragt, gaben s~mtliche 52 Personen an, dab sie unter Staub zu leiden h~tten, davon 39, dal] die Staubentwick- lung eine reeht erhebliche sei.

Die Klagen fiber die zur Zeit bestehenden Beschwerden bezogen sich in allererster Linie auf Atemnot. Wir haben bisher in keinem Beruf ge- funden, dab so vorwiegend fiber Atemnot geklagt wurde. 40 Arbeiter und Arbeiterinnen kamen sofort mit dieser Klage. Schon nach 3j~hr. T~tigkeit in der Fabrik hat ten 3 Arbeiter Atemnot bekommen; dazu im Gegensatz stehen einige ~ltere, die yon Dyspnoe nichts wuBten. Die am li~ngsten Besch~ftigten unter diesen waren ein 60- und ein 70jiihr. Arbeiter, die 31 bzw. 26 Jahre im Betrieb gewesen waren, und eine 61j~ihr. Frau, die 23 Jahre gearbeitet hatte. Alle 3 gaben starke Staub- gefi~hrdung an. 0bjekt iv land sieh bei dem 60jahr. Manne das sp~ter noch zu erwiihnende 2. bis 3. Stadium der Erkrankung, bei der 61j~hr. Frau Staclium 2 und bei dem 70j~hr. Manne Stadium 1. Also trotz der langen Arbeitszeiten und starker Staubgefiihrdung nieht die st~rksten Grade der Erkrankung, einmal sogar nur ein geringer Grad. Das ent- spricht auch sonst unserer Erfahrung. Wir nehmen an, dab ffir die Er- krankung an Lungenasbestose neben gr61]erer oder geringerer Vorsicht aueh noch zur Zeit nieht bekannte konstitutionelle Momente in Betracht kommen. Auf die Wichtigkeit einer normalen freien Nasenatmung ffir das Hintanhalten der Staublunge haben Rostoski und Saupe 1 schon bei der Untersuchung der Schneeberger Bergarbeiter hingewiesen.

Die Atemnot bestand in der Ruhe nicht, t ra t aber bisweilen schon bei geringen Anstrengungen wie Treppensteigen auf, einmal auch bei Temperaturweehsel. ~ u r bei einer blassen, diirftig gen~hrten 59 Jahre

1 Die Bergkrankheit der Erzbergleute in Schneeberg. Z. Krebsforschg 23, ~ - 5 (1926).

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568 E. Kriiger, Rostoski und Saupe:

alten, invalidisierten Arbeiterin wurde Atemnot sehon in der Ruhe an- gegeben. Sie war auch wahrzunehmen.

Es ist auch noch die Aussage zu erw/~hnon, dab bei Boginn der Be- sch/~ftigung dor Staub don Atem benommen habe, dab aber dann eine Zeit dor Gew6hnung ohne Kurzatmigkei t eingetreton soi.

~ b e r I lus ten klagten 43 Personen; sehr s tark sollte er in 11 ]?/illen sein. M_it Auswurf war or nach den Angaben 32real verbunden, h/iufig 16ste er sich sehwer, war sp~rlich, weiBlich und schleimig. Als reichlieh wurde er 4mal bezeichnet. 2real sollte er hin und wieder mit etwas Blur untormischt sein. Zu Huston und Auswurf kamen 13real Brusg- und Riiekenschmerzen. Abnorm starkos Schwitzen wurde 16real angegeben, darunter 12mal NachtschweiBe.

Obwohl in der englischen Litoratur zum Teil die Hi~ufigkeit der vom Verdauungskanal ausgehenden Symptome betont wird, h6rten wir doch nur 1 real yon Appetitlosigkeit, 2 real yon Magonsehmorzen und 1 real yon Sodbrennen. Es scheint nach den englisehen Angaben, dab nur vorge- schrittene Kranke an ]VIagenstSrungen, bosonders an Appotitlosigkeit, zu leiden haben.

I m iibrigen wgren anzufiihren in 15 ~/s Gewichtsabnahme in der letzten Zeib und des 6fberen rheumatische Besehwordon, Kopfsehmerzen und allgomein nervSse Symptome. Eine Beziehung zur Beschi~ftigung ist wohl hier - - vielleieht mit Ausnahme der Gewichtsverluste - - kaum gegoben.

Da zur Zeit der Beziehung der industriellen Arbeit zu Aborten viel Interesse entgegengebrach$ wird, sei erwghnt, dab yon den 34 Frauen 10 Fehlgeburten angaben: oine hat te 2, oine andere 7, eine 3. sogar 9mal einen Abort gehabt. Bei der Schwierigkeit der Beurteilung und den vielleieht nicht ganz zuverl/s Angaben m0chton wir hioraus einst- weilen noch keino Schliisse ziehen.

Bei der objektiven Untersuchung fiol der im allgemeinen bofriedigende Ern/ihrungszustand erfreulich auf. Es ist aber zu bemerken, dab es sich nieht um Erwerbsloso, sondern um Vollbesch/iftigte handelte. Einen schlechten Ern~hrungszustand haben wir nur in 8 F/illen notiert. - - Furunkel und Akne kamen ein paarmal vor. 17ber die t Iaut farbe ist niehts anzumerken.

Verh/iltnism~Big hi~ufig, n/~mlich 16mal, sahen wir eine Conjuncti- vitis, darunter 2 recht betr/ichtliehe F/ille. Die BindehautenSziindung mul~ direkb auf den Asbeststaub zurfiekgefiihrt werden und ist auch sonst in der Li teratur bekannt.

Auch Pharyngitis, die bisweilen zu Kra tzen im Hals fiihrte, war hiiufig und wahrscheinlich ebenfalls auf den Staub zurfickzufiihren.

Die Z/~hne befanden sieh in der Mehrzahl der F/illo in schlechtem Zustand. I)eutliehe Paradentosen sahen wir 7mal.

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lJber Lungenasbestose. 569

Dazu kam bei 4 Arbeitern eine Heiserkeit, die aber bei einem - - einem starken Raucher - - schon vor dem Eintr i t t in die Asbestfabrik bestanden hat te und neben einer RStung der ganzen Kehlkopfschleimhaut auf eine reehtsseitige Recurrensliihmung zurfiekzuffihren war. Auch sonst war gelegentlich eine RStung der Kehlkopfsehleimhaut zu sehen.

SchilddrfisenvergrSl~erungen fanden sich 6mal, 5mal waren sie mit Basedowsymptomen verbunden.

Bei der Betraehtung des Brustkorbes fiel 4mal ein runder Rfieken auf, ebenfalls 4mal war eine Skoliose der Wirbels/~ule schon ohne R6ntgen- aufnahme zu erkennen. In einem Falle handelte es sich um eine betr/ichtliche Kyphoskoliose. Deformits des Thorax sind also viel seltener als bei der als leicht geltenden Arbeit in Zigarren- und Zigarettenfabriken. 1 real hat te der Brustkorb eine ausgesproehen fal~f6rraige Gestalt und 2real blieb bei der Atmung eine Seite zurfick. Die Atemexkursionen waren zum Teil verringert und betrugen bei 27 Arbeitern nur 1- -4 cm. Bei der Perkussion und Auskultat ion der Lungen land man 16mal Spitzend/impfungen und 3mal in den oberen Lungenpart ien sonoren Schall. I m iibrigen aber waren die pathologischen Befunde mehr in den unteren Lungenpart ien lokalisiert. Man land mehrere Male schlecht versehiebliche (9) und zum Teil tiefstehende Grenzen (4). Aueh waren einige Male (6) Sehallabsehw/ichungen bzw. D/impfungen fiber den un- teren Lungenpart ien festzustellen, die zum Teil auf pleuritische Schwar- ten, zum Teil auf Infiltrationsprozesse in der Lunge zurfickgeffihrt wurden. Das Vesikul/~ratmen war oft abgeschw/icht oder aueh rauh. Von Nebenger/iuschen h6rte man Giemen und Brummen und feuchte Rasselger~usche, auch wieder haupts~ichlich fiber den unteren Lungen- partien, 2real aber auch vereinze]t knaekende Geri~usche fiber den Ober- gesehossen.

Der Auswurf konnte 28mal untersueht werden. Er war meist z~h, gelblich oder wei~lieh. Blutspuren sahen wir nieht. Tuberkelbacillen und elastische Fasern konnten kein Mal naehgewiesen werden. Wir richteten unsere Aufmerksamkeit natfirlich auf das Vorhandensein von Asbestfasern und Asbestk6rperchen. Die Asbestfasern sind zuerst 1929 yon Gloyne im Auswurf gesehen worden. Die AsbestkSrperehen (Corps d 'amiante , Curious bodies, Asbestos bodies) wurden schon frfiher (1924) von Cooke in der Leiche entdeckt und 1926 von Stewart im Auswurf ge- funden; auch sind sie 1927 yon Stuart McDonald 1 genau beschrieben. Es ist wohl anzunehmen, dab die yon Marchand und Riesel, sowie Fahr erhobenen Befunde (vgl. oben !) mit ihnen identisch sind. Sie sollen bei Abwesenheit anderer Zeiehen ein sieherer Beweis ffir Lungenasbestose sein. Es handelt sich um 24. 70/x lange und 12--24 # breite gelbe oder braune KSrperehen, teils von spindelfSrmiger Gestalt, teils mit keulen-

1 Histology of pulmonary Asbestosis. Brit. reed. J. 3. XII. 1927.

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570 E. Krtiger, Rostoski und Saupe:

fSrmigen Anschwellungen an den Enden und diinnerer Mitre. Sie sind yon homogener Beschaffenheit; doch erkennt man bei einigen in der Mitte einen diinnen, transparenten Faden. Wieder andere seheinen bei genauer Betraehtung der Lange nach aus lauter kleinen, dicht aneinander liegenden Seheiben oder Kugeln zusammengesetzt. Die Asbestk6rperchen geben die Berlinerblau-Reaktion mit Ferroey~nkalium und verdfinnter Salzsaure. In der Lunge liegen sie in den Bronehien und Alveolen, teils frei, teils yon grol~en, mononuclearen Zellen phagoeytiert. Ihre Natur ist noch nieht ganz sichergestell~. Sie besitzen ein Zentrum aus Asbes~- laser, um das sich andere Substanzen, zum Tefl wohl Hamoglobin, ab- lagert. Asbestfasern und AsbestkSrperehen werden am besten dutch die Antiforminmethode im Auswurf dargestellt. ~origens ist zu bemerken, da{~ man die Asbestfasern auch in Mund- und Nasenh5hle und sogar in der Tranenfliissigkeit finder. Wir sahen in 12 yon den untersuchten 28 l~allen Asbestfasern im Auswurf und glauben, dab die in 8 Sputis gesehenen, die Berliner-Blau-Reaktion gebenden Gebilde AsbestkSrper- chen gewesen sind.

Was den Zirkulationsapparat anlangt, so war die Herzdampfung einige Male durch iiberlagerndes Emphysem verkleinert, 3mal etwas naeh links fiber die Brustwarzenlinie vergrSl~ert. Herzgerausche waren 7 mal zu hSren. 1 mal ging ein systolisches Gerausch yon den Aorten- klappen aus, 6mal yon den Mitralklappen. Es handelte sich um leichte, wohl kompensierte Mitralklappenfehler oder um akzidentelle Gerausehe.

D e r Puls war mehrmals schon in der Ruhe besehleunigt. Am meisten fiel aber die Neigung zu starker Pulsbesehleunigung nach Anstrengungen auf, die nattirlich mit der Neigung zu Dyspnoe nach Anstrengungen zu- sammenhangt. Einen irregularen Puls bat ten wir einmal zu verzeichnen. Der Blutdruek war, wie man ihn bei anderen Patienten auch finder, in 8 Fallen zwischen 150 und 170, sonst unter 150, hie unter 100. Wir kSnnen also die mehrfach in der englisehen Literatur gemaehte Angabe, dal3 der Blutdruck bei Asbestarbeitern abnorm niedrig sel und systoliseh hau/ig nur 90--95 betrage, nicht best~tigen. Eher war ein 6fters niedriger Hamoglobingehalt auffallend. Wh" stellten in 2 Fallen nut 60--70 % und in 14 Fallen nut 70--80 % in korrigierten Sahliwerten lest.

Bei der Untersuchung der Bauehorgane fiel nichts :Besonderes auf. Eine hin und wieder an verschiedenen Stellen festgestellte Druckempfind- liehkeit besagb nichts, ebenso wenig 2real ein Leistenbruch und l mal ein Bauehbruch. In einem l%lle, der angeblich 1917 ein Magengesehwiir gehabt hatte und jetzt noch fiber Magenbeschwerden klagte, fanden wir normale Saurewerte beim Probefriihstiick, keine okkulten Blutungen und r6ntgenologisch nut eine geringe Hypotonie.

An den Extremita ten seien Plattffil~e (16real), Krampfadern (14real), Exostosen (lmal) nut nebenbei erwahnt. Es sei aber hervorgehoben,

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l~ber Lungenasbestose. 571

daft wir einmal deutliche Trommelschliigelfinger sahen, die zur Lungen- asbestose in Beziehung stehen. Auch im englischen Schrifttum werden sie erw~hnt. Es wird aber auch gleichzeitig auf ihr seltenes Vorkommen hingewiesen (Seiler, Wood, Gloyne).

Zeichen allgemeiner Nervosit~it fanden sich einige Male, wie lebhafte l~eflexe und ausgesprochener Dermographismus.

Die Temperatur war ein paarmal leicht erhSht. Im Urin fiel die h~ufig -- ni~mlich 20 mal -- alkalische oder neutrale

l=teaktion auf. Spuren yon EiweiB fanden sich 18real und im Sediment dann Epithelien und Leukocyten, was natfirlich nichts sagen will, be- sonders bei Frauen. Attffallend war, dab wir in 31 F~illen eine verst~rktc Urobriinogenreaktion fanden; d. h. schon i n der Kiilte trat eine Rot- fitrbung mit dem Benzaldehydreagens auf.

Noch s011 hervorgehoben werden, daft wirin einem Fall ein For~schreiten der Krankhei~ der Anamnese nach fesbstellen konnten, obwohl die be- treffende Arbeiterin schon invalide geworden war und den Beruf auf- gegeben hatte. Die gleichen Angaben linden wir auch im Schrifttum.

In jedem Falle wurde eine l~6ntgenau/nahme des Brustkorbes an- gefertigt. Verwendet wurde hierbei ein Titanos-Apparat der Firma Koch und Sterzel. Die Aufnahmedaten waren: Fokus-Film-Distanz 1,50 m, 300 mA, 45 KV, 0,05 bis 0,08 Sekunden.. Wir legten besonderen Wert auf mSglichst kurzfristige Momentaufnahme, da nur unter diesen Be. dingungen erwartet werden kann, dal3 die Feinheiten des RSntgenbrides geniigend deutlich in Erscheinung treten.

Wir haben versucht, unsere 1R6ntgenbilder in 3 Stadien zu gliedern; es ist selbstverst~ndlich, da~ es zwischen den einzelnen Typen Uber- gangsbilder geben mul3, bei denen die Einreihung etwas Willkiirliches hat.

Als erste Veranderung sahen wir eine uncharakteristische Verstiir- kung der Lungenstreifenzeichnung; schon bier fallt h~ufig auf, dab diese leichten" Veriinderungen sich namentlich in den Unterfeldern bzw. in den den Herzr~ndern benachbarten Abschnitten zeigen. Die Lungen- struktur erhiilt ein feinnetzartiges Aussehen, man erkennt vielfach sehon feinste Fleckelungen, welche teils wirldichen kleinsten Staub- knStehen entsprechen mSgen, teris aber auch als Schattensummationen yon in verschiedenen Ebenen gelegenen, aber aufeinander projizierten Streifenschatten anzusprechen sind; auch Orthoprojektionen feinster S~rangscha~ten wird eine Bedeu~ung bei der Entstchung des Brides zukommen. Die hier beschriebenen beginnenden Ver/inderungen fallen bei der Betraehtung des Einzelbildes oftmals kaum in die Augen, sie werden jedoch bei der Besichtigung einer lhngeren Reihe yon R6ntgen- filmen bemerkt. Wir mSchten darauf hinweisen, dab das Studium der RTntgenbilder mit einer Lupe, wie sic heute ffir solche Zwecke im Handel zu haben ist, besonderen Wer~ hat.

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572 E. Krfiger, Rostoski und Saupe:

Als Stadium 2 der Asbestose bezeiehnen wir solche Fhlle, bei denen sich ein im Vergleich zur Norm sehr diehtes Netz der Lungenzeichnung mit kieinen Maschen oder Waben finder. Je tz t t reten feine, weiche, tells sch~rfer, tells weniger scharf begrenzte Fleckenschatten in reichlicherer Anzahl hinzu. •eben den Herzr~ndern bemerkt man eine wesentlich verst~trkte, oft reeht grobe Streifenzeichnung, die manehm~l auch noch bei entspreehender Qualifier des verwendeten RSntgenstrahlenbiindels dutch den I-Ierzschatten hindurch erkennbar wird. Es ist uns aufgefallen, dab die beschriebenen Ver~nderungen vorzugsweise in den Unter- und Mittelfeldern gelegen sind; hierin scheint uns ein beachtlicher Unter- schied gegeniiber den sonstigen Formen der Staublunge zu liegen, bei welehen man mit grol~er H~ufigkeit die Unterfelder frei oder nur wenig befallen finder. Bei den Asbestosen waren gerade die epidiaphragmalen Lungenpartien, h~ufig auch die Complement~rrhume ver~indert, die Herzr~nder sind infolge der anliegenden pulmonalen Triibungen schon in diesem Stadium auch bei kurzfristiger Aufnahmetechnik leicht ver- schleiert ; immerhin kommen auch bei der Asbestose F~lle vor, in denen die Mittelfelder vorzugsweise befallen sind. Die grobe Streifenzeichnung neben beiden Herzr~ndern l~13t h~ufig Doppelkonturen entdeeken, ohne dal~ es sich aber, wie die genauere Betrachtung, insbesondere unter Lupenanwendung, lehrt, hierbei etwa immer um Bronchiektasen handeln mfiBte. Die reehte Lungenseite wird h~ufig, aber keineswegs etwa immer yon den Ver~nderungen bevorzugt. Bei den l~Sntgenbildern der Frauen ist zu beachten, dab fiber den Lungenfeldern dutch Summation mit den Schatten der Mammae die feinen Ver~nderungen 5fter starker in Er- scheinung treten, als es ohne eine solche der Fall sein wfirde. Die Lungen- wurzelschatten sind, im Gegensatz zu dem sonst bei Pneumonokoniose iibliehen Verhalten, bei der Asbestose zun~chs~ nur verhfiltnismiil3ig wenig ver~ndert; auch sphterhin ist die VergrSberung der Lungenwurzel- schatten im allgemeinen nicht hochgradig; die groben Kalkeinlagerungen, welehe bei den Silikosen naeh einem Ausdruck yon Kaestle oftmals wie die Sehatten yon Gallensteinen aussehen, pflegen bei der Asbesbose zu fehlen. ]~berhaupt unterscheidet sich die Asbestose durehaus von den typischen Bildern der SehneegestSber-, Sagosuppen- oder Schrobkorn- lungen, wie sie beispielsweise ffir die Sandsteinarbeiter so typisch sind.

Der Ubergang zu den sehweren Formen der Asbest.ose wird gebildet durch eine wei~ere quantitat ive Zunahme der Fleekensehatten naeh Zahl, weniger aueh naeh ihrer GrSl3e. Es treten jetzt haufig wolkige oder aueh etwas grSbere, ganz weiehe, fleckige, verwaschen begrenzte Schatten. bildungen auf, yon denen es unentsehieden bleiben soll, ob es sieh um atelektatische oder wirklich indurierte Lungenbezirke handelt. Be- merkenswert sind hinzukommende ausgebreitete, zarte, flachenhafte, meist gar nieht n~her abgrenzbare Sehleierungen, innerhalb deren sich

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Uber Lungenasbestose. 573

indessen die vorher beschriebenen feineren strukturellen Ver~nderungen auch weiter differenzieren lassen. Bemerkenswert ist das Auftreten lokalisierter, vermehrt strahlendurcM~ssiger Bezirke, welche vermutlieh vicariierend geblahten Lungenteilen entsprechen. Auf diese Weise kann es auch zu der Erscheinungsform yon Pseudokavernen kommen. Fiir die s p~teren Stadien der Asbestose recht bezeichnend ist die Tatsache, dab die Herzr~inder bei einer Aufnahmeteehnik, bei welcher sie sonst haarscharf hervorzutreten pflegen, immer verwasehener in Erscheinung treten, sp~terhin sogar manchmal kaum noch differenzierbar bleiben.

Bei dem 3. Stadium der Asbestose nehmen die fl~chenhaften Schleie- rungen an Intensit~t weiter zu; man bemerkt aber, wenigstens nach unseren Erfahrungen, nicht die groben, oftmals tumorartigen Schwielen- bildungen, wie sie fiir die Silikosen charakteristisch sind. Die Schatten pflegen vielmehr nur mittlere Dichte zu haben. In diesen schwersten Fi~llen war der Herzrand kaum oder nicht mehr differenzierbar. Jetzt erreiehen auch die Hilusschatten betr~ehtliche Breite und Diehte. Ein- lagerungen in denselben von Kalkdiehte sind unserer Meinung hiernach wohl eher auf tuberkulSse Residuen als auf Staubfolgen zu beziehen. Bemerkenswert ist unter Umst~nden ein deutliches infraclaviculares Emphysem, w~hrend sieh das letztere bei den iibrigen Formen der Pneumonokoniose eher epidiaphragmal finder. Von schmetterlings- fSrmigen, den Hill aufsitzenden Schwielenbildungen bzw. von groben, grol3en, fl~ohenhaften Schatten neben den oberen Mediastinalr~ndern haben wir bei der Asbestose nichts gesehen.

Wir m6chten hier darauf aufmerksam maehen, dab manche Fi~lle yon Asbcstose bezfiglich der Differentialdiagnose Schwierigkeiten in der Abgrenzung gegenfiber der Stauungslunge besitzen. Wenngleich bei der letzteren die Veri~nderungen mehr gleiehmi~Big sind, insbesondere die Schleierungen diffuser ausgebreitet zu sein pflegen, so ist doch eine Abgrenzung der beiden Bilder rein rSntgenologiseh ohne Berfieksiehti- gung der sonstigen ldinischen Daten manchmal schwer oder sogar unm6glich.

Eiirige Bemerkungen sind noeh notwendig fiber die Hi~ufigkeit tuberkul6ser Manlfestationen neben den Veri~nderungen der Asbestose. Wir fanden unter unseren 52 Untersuchten 6 F~lle mit den bekannten Ver~nderungen des alten tuberkul6sen Prim~rkomplexes. Bedeutungslose, aber immerhin rSntgenologisch eindeu~ig feststellbare Spitzenver~inde- rungen sahen wir 16mal, ausgesprochenere einseitige Spitzentuberkulose lmal, doppelseitige 5mal. TuberkulSse Ver~inderungen, welehe unterhalb der Schliisselbeine lagen, waren sicher in einem Falle, m6glicherweise noch in einem zweiten vorhanden. Im allgemeinen sind die tuberkulSsen tterde grSber als die Asbestosefleeken, durch ihre bekannte Bevorzugung der apikale n und subapikalen Lungenteile unterseheiden sie sieh yon den

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Asbestoseherden; da die letzteren ja vorzugsweise Mittel- und Unter- felder betreffen, so scheint uns die Diagnose einer komplizierenden Tuber- kulose bei der Asbestose leichter zu sein als bei den anderen Formen der Pneumonokoniose.

Pleuritisehe Residuen waren auch bei der Asbestose sehr h~ufig fest- zustellen, oftmals in Gestalt mehrfacher Strangbildungen in der n/~chsten Naehbarsehaft des Zwerehfells, wobei die Str/~nge sich yon denen der Lungenzeichnung durch ihren anders gerichteten Verlauf zu unterschei- den pflegen. Der bekannte Interlobis we]chef der Ab- bildung der normalen Zwischenlappenpleura zwischen Ober- und ~ittel- lappen entspricht, konnte in ehmr groBen Anzahl yon F/illen gesehen werden. Fr/ihere Untersuchungen aus unserem RSntgeninstitut, die inzwischen mehrfach best~tigt worden sind, haben bewiesen, dab es sieh hier um einen normalen Befund handelt, wie er bei guter Aufnahme- technik hKufig zu sehen ist. Erst wenn diese Interlob/irscha%enstreifcn eine gr613ere Breite (deutlich mehr als Haaresbreite) erreiehen, k6nnen sic als Ausdruck yon Schwartenbildungen aufgefal]t werden.

~t)ber die sonstigen RSntgenbefunde an den Thoraxorganen kSnnen wir uns kurz fassen. Wir sahen unter unseren 52 F/~llen 3 mit Herz- erweiterung, 2real hatte das Herz eine ausgesprochene iM_itralform. Die Aorta liel~ 6mal eine Verdiehtung bzw. Sklerosierung erkennen, ein Befund, wie er nach der Alterszusammensetzung der Untcrsuchten nicht anders erwartet werden konnte. Eine Struma war r6ntgenologiseh 1 mal erkennbar. Rippenanomalien (Gabelungen) fanden sich 3real, ~ltere Rippenfraktur l mal, multiple Exostosen l mal, Skoliosen 19mal, dar- unter aUerdings nur eine schwere.

Die Zahl der in der Literatur verSffentlichten R6ntgenbefunde ist noch ziemlich sp/irlich. Aus dem deutschen Schrifttum ist uns nur eine Beschreibm~g der l~6ntgenbilder durch Biit tner-Wobst u. Trillitzzch, Dresden, bekannt geworden, welche erst vor kurzem publiziert wurde (Die Tuberkulose, 1930, Nr 1). Wir zitieren die genannten Autoren wie folgt: ,,Bei der beginnenden Erkrankung finden sieh gut umschriebene, hirsekorn- bis linsengroBe Fleckchen verstreut. Sparer f/~llt die Ver- breiterung der Lungenwurzeln bei zunehmender ~leekelung der Unter- und Mittelfelder ins Auge. In sehweren l~/illen erscheinen die Unterfclder kompakt versehattet." Der Arbeit sind 8 R6ntgenbilder beigegeben, yon denen einige iibrigens vermutlich die gleichen Fi~lle betreffen, die auch in unserer Arbeit enthalten sind. Eine ausfiihrliehe Schilderung der R6ntgenbefunde wurde yon Dhers (La Mddicine du Travail; 1930, Nr 6, S. 192) gegeben: <,L'image radiographique en elle-mSme est caract4rlstique d'une fibrose fine, diffuse, si~geant dans la moitid ou les 2/a infdrieurs du champ pulmonaire. A premibre rue les rdgions atteintes prdsentent une apparence de flocculation diffuse ressemblant a du verre

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~ber Lungenasbestose. 575

pil6. Un examen plus attentff rdv~le des zones de fin piquetage et des ombres lindaires qui, vers les bases, peuvent ~tre drapdes en toiles d'araigndes. Les ombres granuleuses dpaisses typiques de certaines autres pneumoconioses sont absentes, les ombres hilaires sortt 61argies, irradiant en bus et en dehors et coupant le bord de l 'ombre cardiaque plus spdcialement ~ gauche, en donnant au coeur une apparence velue et feutr6e. Les angles costaux apparaissent comme oblitdrds, notamment au niveau de l'angle costophrdnique, les contours du diaphragme tendant s 6tre irrdguliers et aplatis (Haddow); les bords marginaux des poumons peuvent montrer un 6paississement de la pl~vre pari6tale avec obseur- eissement de la vofite du diaphragme; les espaces sus-elaviculaires prd- sentent un dpaississement de la vofite pleurale apicale. Souvent, au- dessus de la zone de fibrose, il y a des transparences,>. - - Loviaetto schreibt tiber den RSntgenbefund (Studi sulla Pneumoconiosi in Italia, Roma 1930, Ist i tuto Poligrafico dello Stato): ,,Mentre l'esame radio- scopico pratieato negli operai addetti da poehi anni alla lavorazione, ed in quelli poeo esposti alla inalazione di polvere, risultb sempre negativo, negli altri invece riscontrai con grande frequenza la presenza di ombre pill o meno intense e diffuse specialmente in corrispondenza della base con striatura flare. Diminuzione dell'espansione del torace". Er gibt seiner Arbeit auch 3 Abbildungen bei. An der gleichen Stelle sind dureh M u s s a 7 RSntgenbilder reproduziert worden. Die Befunde der genannten Autoren decken sich, wie aus dem Mitgeteilten hervorgehen diirfte, im wesentlichen mit unseren Ergebnissen. Haddow ([Brit. reed. J. 580 (1929)] beschreibt Emphysem der oberen, fibrSse und infiltrative Prozesse, teilweise mit ttfhlenbildungen, der unteren Lungenabschnitte.

!m folgenden soil versucht werden; die gefundenen Ergebnisse statistisch auszuwerten. Im ganzen wurden, wie schon frfiher erw~hnt, 52 Arbeiter bzw. Arbeiterinneu untersucht, unter denen sich 18 MKnner und 34 Frauen fanden. Uber Alter der Untersuchten und BeschMtigungs- dauer orientieren die beiden kleinen Tabellen:

Tabelle 1. J a h r

21--25 . . . . . . . . 2 26--30 . . . . . . . . 17 31--35 . . . . . . . . 8 36--40 . . . . . . . . 5 41--45 . . . . . . . . 3 46--50 . . . . . . . . 5

Tabelle 2. J a h r 0---5 . . . . . . . . 11 6--10 . . . . . . . . 24

11--15 . . . . . . . . 10 16--20 . . . . . . . . 1

Lebensalter. J a h r

51--55 . . . . . . . . . 2 56--60 . . . . . . . . 3 61--65 . . . . . . . . 3 66--70 . . . . . . . . 3 iiber 70 . . . . . . . 1 (72)

Beru/~alter. J a h r

21--25 . . . . . . . . 3 26--30 . . . . . . . . 2 30--35 . . . . . . . . 1

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576 E. Krtiger, Rostoski und Saupe:

I n der folgenden Tab. 3 ist zusammenges te l l t , wie sich die einzelnen

S tad ien der Asbestose auf die verschiedenen Berufsa l te rsgruppen ver- teilen.

Tabelle 3. Beziehungen zwischen Asbestosestadium und Arbeitszeit.

Beruf~alter ffahre

0 0---1. 1. 1.--2. 2. 2 . - -3. 3. S t ad ium

0 - - 5 6 1 4 . . . . 6--10 8 4 6 1 4 - - 1

11--15 - - 3 2 3 2 - - - - 16--20 . . . . 1 - - 21--25 3 - - - - fiber 25 1 - - 1 1

14 8 13 4 9 2 2

Aus der Tabelle geh t hervor , dab nach 10j~hr. Arbe i t sze i t in Asbest-

be t r ieben keine einzige Lunge frei yon allen Ver~nderungen war, ferner,

dal~ zur Ausbi ldung einer mi t te l schweren oder sehweren Asbestose eine

mehr als 5j~hr. Arbe i t sze i t gehSrt.

I n einer wei teren Tabel le haben wir versueht , das Asbes toses tad ium

in Beziehung zu setzen zur spezielleren Berufsarbei t der Besch~ft igten.

Es w~re an sich no twendig gewesen, in der gleiehen Tabel le eine wei tere

Un te r t e i l ung nach der Besch~f t igungsdauer v o r z u n e h m e n ; die Zahlen

sind hierfi ir jedoch zu klein, als da~ eine wei tere Un te r t e i lung Aufschlu~

h~t te versprechen kSnnen. W i t konn ten nat i i r l ieh nur die vorwiegende Besch/ i f t igungsar t beri icksiehtigen.

Tabelle 4. Beziehungen zwischen Asbestosestadium und vorwieyender Be~ctdi]- ti~n~jaart.

Art der Beseh~ft igung

Mischerei . . . . Krempelei . . . . Spinnerei . . . . Weberei . . . . Zwirnerei . . . . Sehererei . . . . ReiBerei . . . . Asbestplattenfa- brikation . . . .

1 3 4 4 1

1

0---1.

1 2 2

1 1

1. 1.--2.

2 1

1

2. 2.--3.

1 2 5 2

1

3. St. Zus.

- - 3 10 15 11

2 5 1 6

- - 1

N u n m e h r seien eine Anzah l unserer Untersuchungsprotokolle, sowie

die R6n tgenbefunde mi tge te i l t :

_Fall 1. Frieda G., 32 Jahre alt. 13 Jahre lang in einer Asbestfabrik t~tig, vorzugsweise mit Zwirnen yon Asbest besch/iftigt. Klagen iiber ]eichte Basedow- beschwerden. Kein Husten, kein Auswurf. Der )item soil etwas kfirzer geworden sein, was sich besonders beim Steigen bemerkbar macht.

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l~'ber Lungenasbestose. 577

Objektiver Belund: Guter Ern~hrungszustand. Schilddriise vergrSl~ert. Keine Augensymptome, leiehter, aber deutlicher Tremor der ausgestreckten Finger. Brustkorb gut gewflbt. Atemexkursionen 86/91 cm. ]~ber den Lungen per. kutorisch und auskultatoriseh keinerlei krankhaffer Befund. Auswurf o.B. Beschleunigte Iterzaktion. Systolisches Ger/~usch fiber der Pulmonalis; 2. Pul- monalton etwas akzentuiert. H/~moglobin: 95% nach Sahli korrigiert. Unbedeu- tende Krampfaderbildung. PlattfuSanlage reehts. Temperatur 38 ~

R6ntgenbe]und: Leichte Skoliose. Zwerchfell steht rechts medial in H6he des 4. vorderen Intercostalraumes, querfingerbreit fiber dem linken. Herz: Nicht

Abb. 1.

vergrSflert, Herztaille abgeflacht. Aorta ohne Befund. Lungcn: Reehte Spitze enger als linke. Hill nicht nennenswert ver~ndert. Die Lungenzcichnung ist im ganzen dlcht, in den Mittel- und Unterfeldern, rechts deutlicher als links, mit einer 2hmahl kleiner Fleekenschatten durchsetzt.

Diag~tose: Leichte Basedowerscheinungen. Mi~ralinsuffizienz. Beginnende Asbestose m6glich. Rein rSntgenologiseh wfirde die Abgrenzung gegeniiber einem leicbten Grad yon Lungenstauung nieht mfglich sein.

.Fall 2. Martin Sch., 29 Jahre alt. 6 Jahre lang in einer Asbestweberei besch~f- tigt. Klagen fiber Atembesehwerden, wenig Husten, Druckgefiihl auf der linken Brustseite, Gewichtsabnahme.

Archiv f. Gewerbepath. u. Gewerbehyg. Bd. 2. 38

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Objektiver Be]und: Guter Ernahrungszustand. Geringfiigige Rachenr6tung, verst~rkte Injektion der Bindehi~ute. Brustkorb gut gew61bt, Atemexkursionen 81/86 cm. Lungenperkussion ohne Befund. Ganz vereinzeltes Giemen. Im Aus- wurf einzelne Asbestfasern nachweisbar, Berliner Blaureaktion positiv. Hamo- globin: 85% nach Sahli korrigiert. M~f]iger Grad -con Plattful~. Im Urin Uro- bilinogen vermehrt. Temperatur 36,8 ~

Rdntgenbe]und (Abb. 1): Skelet ohne Befund, nut linke Schulter etwas hoch- gezogen. Zwerchfell steht reehts in H6he des 5. vorderen Intercostalraumes, querfingerbreit tiber dem linken. Herz nach Form und Gr6Be ohne Befund. Aorta ohne Befund. Lungen: Das linke Spitzenfeld und die linke infraclaviculare Partie sieht infolge des Hochziehens der Schulter ein wenig dunkler aus als die entspreehen- den Teile der Gegenseite. Oberste Spitzenanteile beiderseits nicht ganz sauber. Hill verwaschen begrenzt. Etwa 2 Querfinger breiter Schleier neben dem reehten Herzrand mit sehr versti~rkter Streifenzeiehnung. ~ber beiden Lungenfeldern, yon oben nach unten an Zahl zunehmend, mgl]ig reichliche ldeine Fleckensehatten, welehe am diehtesten in der Nachbarschaft der Herzspitze anzutreffen sin& Haar- feiner Interlob~rschattenstrich rechts in Kreuzung mit der 4. vorderen Rippe.

Diagnose: Asbestose I.

_Fall 3. Fritz NL, 37 Jahre alt. 11 Jahre in einer Asbestfabrik t~ttig, vorwie- gend mit Krempeln yon Asbest beseh~ftigt. Klagt seit einigen Jahren tiber Husten und zeitweiligen Luftmangel, der namentlieh aueh in der Nacht auftreten soll. Gewichtsverlust. Durch Husten gest6rter Schlaf.

Objekliver Be]und: Mi~Biger Ernhhrungszustand. R6tung der Lidbindehaut. Stark defektes Gebil3. Brustkorb nur mii~ig gew61bt. Atemexkursionen 80/84 era. Die Lungenperkussion ergibt eine schlechtere Verschieblichkeit der reehten hin- teren unteren Lungengrenze, jedoch keine Schallabschwitehungen. Bei Aus- kultation findet sich fiber den hinteren unteren Hitlften beider Lungen lautes Giemen und Brummen, ebenso links neben der Herzspitze. Puls etwas beschleu- nigt. H~moglobin: 98% naeh Sahli korrigiert. Im Urin Urobilinogen etwas ver- mehrt. Temperatur 37,1~

Rb'ntgenbe/und: Leichte Skoliose. Zwerehfell rechts medial in H6he des 5. vordereu Intereostalraumes, querfingerbreit tiber dem linken, rechts lateral unsauber begrenzt. Herz: Ohne ]3efund. Aorta: Ohne Befunck Lungen: Unregel- mi~Bige Spitzenpleuraverdiehtung reehts. Reehte Spitze enger als linke. Grobe Hill, te i l~ise unsauber begrenzt. Die Lnngenzeiehnung ist im ganzen sehr dicht, "bildet vielfach feinste Netze. Man sieht eine grOBere Anzahl allerdings aul]er- ordentlieh feiner Fleckenschatten eingestreut, am deutlichsten rechts infraclavi. eular, rechts au der Grenze yon Mittel- und Un~cerfeld, finks im Mittelfeld. Haar- feiner Interlobgrschattenstrieh rechts in H6he des 3. vorderen Intercostalraumes.

Diagnose: Asbestose I, Bronchitis.

Fall 4. I4ertha M., 28 Jahre alt. Seit 11 Jahren in einer Asbestspinnerei besehaftigt. 1928 Kur in der Lungenheilst~ttte G6rbersdorf. Die Patientin klagt fiber starke Atemnot, viel tIusten, m~Big reiehliehen, weil31ichen Auswurf, geringen NachtsehweiB, Sehmerzen auf der Brust, Gewichtsabnahme, zeitweilige Kopf- schmerzen.

Ob]ektiver Befund: Untermittelgrol3e Patientin in reduziertem Ernahrungs- zustand. Leichte R6tung des Rachenringes. Brustkorb schmachtig, aber symme- trisch. Atemexkursionen 67,5/70,5 cm. Linke hintere Lungengrenze und rechte vordere weniger gut verschieblieh als die der Gegenseite. Reehts vorn fiber der ganzen Lunge geringe Sehallabschw~chung. Allenthalben B1/isehenatmen, tiber den oberen zwei Dritteln der rechten Lunge feinblasige, nicht klingende Rassel-

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ger/~usche. Puls besehleunigt. Hamoglobin: 82% nach Sahli korrigiert. Im Urin reiehlich Erythrocyten. Temperatur 37,3 ~

RSntgenbe/und: Leichte Skoliose. Zwerchfell rechts medial in HShe des 5. vorderen Intercostalraumes, querfingerbreit fiber dem linken, reehts lateral adh/~rent. Herz: In Medianstellung, flaehe Herztaille. Aorta: Ohne Befund. Lungen: Unregelmal3ige Spitzenpleuraverdichtung beiderseits. Spitzenasymmetrie. Ausgesproehene Verminderung der Helligkeit fiber der ganzen reehten Lnngen- seite. Ein deutlicherer, aber ganz unscharf abgesetzter Schattenbezirk reehts infraclavieular zwisehen den Vorderenden der 1. und 2. Rippe. Die Lungen- zeichnung ist fiber der ganzen rechten Seite sowie linkerseits neben dem Herz- rand bedeutend verstarkt, sehr dieht, reehts mit einer gr613eren Anzahl feiner Fleekensehatten durchsetzt. Aueh tiber der unteren Halfte des linken Lungenfeldes sind eine Anzahl Fleckenschatten festzustellen, ferner eine leichte Schleierung unmittelbar im Anschlufl an den linken Herzrand.

Diagnose: Tuberkulose der rechten Lunge, daneben Asbestose I anzunehmen. Fall 5. Frieda F., 30 Jahre alt. I1 Jahre in einer Asbestfabrik tatig, vorwie-

gend in der Krempelei beseh~ftigt. Die Arbeit wurde vor reiehlieh einem Jahr wegen Lungenerseheinungen aufgegeben. Die Patientin klagt jetzt noeh fiber starke Atemnot, welche einige Jahre nach Beginn der Berufsarbeit eingesetzt hatte und sich allmahlieh verschlechterte, m/~fligen Husten und morgendlichen Auswurf, starke Kopfschmerzen und unruhigen Schlaf.

Objektiver Be]und: Geniigender Ern~hrungszustand. Brustkorb gut gew61bt. Atemexkursionen 77/84 cm. ~ber den Lungen weder bei Perkussion noch bei Auskultation ein krankhafter Befund festzustellen. Linke Grenze der relativen Herzdampfung 1 Querfinger aul3erhalb der Mammillarlinie, geringe Verbreiterung der Herzdampfung aueh naeh rechts. Im Liegen systolisehes Gerttuseh und Ak- zentuation des 2. Pulmonaltones nachzuweisen. Betr/tchtliche Pulsbeschleunigung naeh 10 Kniebeugen. Blutdruck: 120 mm Hg. nach Riva Roeei; H~tmoglobin: 83 % naeh Sahli korrigiert. Das reehte Bein ist seit der Jugend verkiirzt, steht in fixierter Spitzful3stellung. Beinmuskulatur rechts sehwiieher als auf der Gegen- seite. Im Urin Urobilinogen vermehrt. Temperatur 37 ~

R6ntgenbe[und: Ganz geringftigige Skoliose. Zwerehfell steht rechts medial in H6he der 5. vorderen Rippe, queffingerbreit tiber dem linken. Herz: Nieht vergrOl3ert, keine mitrale Konfiguration. Aorta: 0hne Befund. Lungen: Lungen- zeichnung zweifellos verdiehtet, namentlieh fiber den mittleren und unteren Lungenteilen; sie ist besonders in den Mittelfeldern durchsetzt mit einer mhfligen Anzahl kleiner Fleckenschatten; hier und da netzartige Strukturen. Linker Hilus etwas breiter als reehter. Reehtes Spitzenfeld eager als linkes, unsaubere Spitzen- zeiehnung beiderseits.

Diagnose: Asbestose I, Mitralinsuffizienz; ffir Lungenstauung kliniseh keiner- lei Anhalt.

Fall 6. Elsa S., 29 Jahre alt. 10 Jahre lung in einer Asbestspinnerei tatig. Der Vater ist lungenkrank. Die Patientin selbst hat 1929 Luftr6hren- und Lungen- spitzenkatarrh durehgemaeht, 1930 Rippenfellentzfindung. Klagen tiber Husten, reiehliehen well, lichen Auswurf, mal~ig starke Atemnot, Schmerzen auf tier linken Brustseite, betrachtliehen Gewichtsverlust, starke Kopfschmerzen.

Ob]ekt•er Be/und: M/~lliger Ernahrungszustand. Etwas vergrtiBerte Ton- sillen, reehts mit Pfropfbildung. Paradentose an den vorderen Unterkieferzahnen. Brustkorb symmetrisch. Atemexkursionen 78/81 cm. Rechte Spitze vorn und hinten leieht verkiirzt. Die Clavieulaperkussion ergibt linkerseits deutliehe Sehall- abschw/~chung, links unter dem Schltisselbein noeh geringe Verkfirzung bis zur 3. vorderen Eippe nachweisbar. Atemger~nsch ziemlich leise, vesicular;

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massenhafte giemende und brummende Gei~usche fiber beiden Lungen vorn und hinten, yon oben naeh unten an Zahl etwas abnehmend, untermiseht mit einzelnen feinblasigen, nicht ldingenden Rasselger~uschen. Im Auswurf keine Tuberkelbaeillen, keine elastischen Fasern, wohl aber Asbestfasern nachweisbar. Hamoglobin: 74% nach Sahli korrigiert. Geringe Krampfaderbildung rechts, leichter PlattfuB rechts. Im Urin schwache Eiweil3tifibung. Urobilinogen etwas vermehrt. Temperatur 37,1 o.

R6ntgenbe/und: Skelet ohne Befund. Zwerchfell steht reehts medial in HShe der 6. vorderen Rippe, querfingerbreit fiber dem linken, zeigt rechts teil- weise unseharf begrenzte Wellenform. Herz: Nieht vergrfllert, Herztaille ab- geflacht. Aorta: Ohne wesentlichen Befund. Lungen: Subclaviaschatten links. ~ber den unteren zwei Dritteln der rechten Lunge eine m/~l]ige Anzahl feiner Fleekensehatten. Haarfeiner Interlob/~rschattenstIich in Kreuzung mit der 4. vor- deren rechten l~ippe. Linkerseits in gleicher Ausdehnung, aber in grSBerer Anzahl, gleichartige Fleckensehatten sichtbar. Links in der Umgebung der 2. vorderen Rippe ein ai/~Big dichter, ganz unscharf begrenzter Schatten, der nach oben und unten bis etwa zur Mitre der an die 2. Rippe ansehliel]enden Intercostalr/~ume reicht. Mittelfeldschleier links.

Diagnose: Asbestose II, Tuberkulose. Fall 7. Ida H., 40 Jahre alt. Frfiher 2 Jahre als L6tarheiterin in einer Blech-

warenfablik, dann 3 Jahre in einer Zuckerwarenfabrik t/s seit l0 gahren in einer Asbestspinnerei. 1917 Magengeschwfir, vor 2 Monaten ruhrartige Durehf/~lle. Seit wenigen Tagen wieder Magenbesehwerden; sehr erhebliehe Atemnot, die sich bei dem Versuch schnelleren Gehens oder beim Treppensteigen bemerkbar macht. l%ichlicher Husten, besonders frfih, aber aueh w/~hrend der Arbeit; kein Auswurf, tagsiiber reichliche Schweifle; betrachtlicher Gewichtsverlust, sehr h/~ufige Kopf- schmerzen, unruhiger Sehlaf.

Objektiver Be/und: Kr/~ftig gebaut; Rachen etwas gerStet. [Sber den Lungen weder perkutoriseh noch auskultatoriseh irgendein krankhafter Befund naeh- zuweisen. Hamoglobin: 78 % Sahli korrigiert. Probefrfihstiick: Freie Salzs/ture 31, Gesamtacidit/it 55, Milehsaure negativ, Benzidinprobe negativ. Im Urin Urobili- nogen vermehrt. Temperatur 37,1~

R6ntgenbe/und (Abb. 2): Skelet ohne Befund. Zwerekfell steht rechts in HShe der 6. vorderen Rippe, querfingerbreit fiber dem linken. Herz: Ohne Befund. Aorta: Ohne Befuud. Lungen: Reehte Spitze enger als linke, wolkige Unsauber- keiten in beiden Spitzenfeldern. Die Lungenzeichnung ist beiderseits bedeutend verst~rkt, weniger grob als vor allen Dingen dicht netzfSrmig mit einer ziemlieh grol3en Anzahl eingelagerter, aber sehr kleiner und nieht besonders diehter Schat- tenfleckehen. Unterfelder am sti~rksten befallen. Die Hill sind m~Big vergrSbert. - - Am Magen rSntgenologiseh nur Hypotonie nachzuweisen.

Diagnose: Asbestose IL Fall 8. Franziska P., 69 Jahre alt. Seit 8 Jahren mit Asbestzerkleinern

beschaftigt, neigt zu Erk/~ltungen, hat seit 2 Jahren deutliehe Atemnot, klagt seit etwa 5 Jahren fiber viel Husten, der auch naehts stundenlang auftritt und den Schlaf stfrt. Der Auswurf 15st sich schleeht, ist dickschleimig. Rheumatisehe Besehwerden in der ganzen reehten Seite.

Ob#ktiver Be/und: Guter ErnMn'ungszustand. An den Almen Kratzeffekte, jedoch kein Itautausschlag sichtbar. GebiB sehr stark defekt. Brustkorb gleich- m/~llig gew61bt. Atemexkursionen 97/99 cm. Lungenperkussion ohne Befund. Bei der Auskultation bin und w/eder etwas Giemen festzustellen; links hinten unten ausgesproehen rauhes Atmen. Im Auswurf Asbestfasern naehweisbar. Puls etwas beschleunigt. Blutdruck 130 mm Hg nach Riva Rocci. H/~moglobin

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tJber Lungenasbestose. 581

80% naeh Sahli korrigiert. Druckempfindlichkeit im Oberbaueh. Leichte Krampf- aderbildung beiderseits. Im Urin Urobilinogen deutlieh vermehrt. Temperatur 36,1 o.

R6ntgenbe/und: Skelet ohne Befund. Zwerchfell steht rechts medial in H6he der 5. vorderen Rippe, nur wenig tiber dem linken. Herz: Tiefe Herztaille, sonst Cot ohne Befund. Aortenband ein wenig verbreitert. Lungen: Linke Spitze etwas dunkler als reehte. Hili beiderseits verbreitert, stark verdichtet,

Abb. 2.

unscharf abgegrenzt. Die Lungenzeichnung ist im ganzen zweifellos nicht un- betr~i~htlieh verstarkt, zeigt zahlreiehe feine eingelagerte Fleckensehatten geringer Diehte. Die Unterfelder sind hauptsaehlich durch die Mammae verdunkelt.

Diagnose: Asbestose II. Fall 9. Anna B., 66 Jahre alt. 23 Jahre in einer Asbestfabrik tiitig, davon

20 Jahre in der Spinnerei und 3 Jahre in der Weberei. 1916 Gelenkrheumatismus. Seit 12 Jahren Beschwerden yon seiten der Atmungsorgane, starke Atemnot, starker Husten, Pfeifen auf der Brust, reichlieher Auswurf, erhebliche Brust- und Rtiekensehmerzen, Gewiehtsabnahme, Kopfsehmerzen, gest6rter Schlaf.

Objektiver Be]und: Sehr kleine Frau. Gentigender Ern~hrungszustand. Im hinteren Anteil der Zunge ein pfenniggrofler Bezirk, der weilllich aussieht und sich

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gegen den iibrigen, unver~nderten Teil der Zunge absetzt. GebiI3 stark defekt. Brustkorb gut gewSlbt. Atemexkursionen 66/69 era. Die Lungengrenzen stehen etwas tiefer als normal, sind aber beiderseits ziemlich gut versehieblich. Klopf- schaU iiberall sonor, t~ber beiden Lungen reichhches Giemen und Brummen und zahlreiche Rasselger~tusche; der Katam-h ist tiber den unteren Lungenabschnitten besonders stark ausgesprochen. Im Auswurf keine Besonderheiten. HerzdRmpfung durch die geblahten Lungenr~tnder etwas fiberlagert. Systolisches GeI~usch fiber der Mitrahs, 2. Pulmonalton etwas verstalkt, Puls m~tBig beschleunigt. Blut- druck 140 mm Hg nach Riva Roeei. H~moglobin: 90% nach Sahli korrigiert. Hallux valgus beiderseits. M~l]ige Varieen, leiehter Grad yon PlattfuI~. Urin: Reak- tion alkalisch. EiweiB positiv, Zucker negativ, Urobillnogen negativ; im Sediment Epithelien, sehr reichhch Leukocyten und Bakterien vorhanden. Temperatur 36,9 ~

R6ntgenbe/u~M: Deutliche Skohose. Zwerehfell steht rechts in HShe tier 5. vorderen Rippe, zeigt I)oppelkontur und ist teilweise recht unsauber begrenzt. Die linke Zwerchfellh~lfte steht 11/2 Querfinger tiefer, ist ebenfalls recht unsauber konturiert. Herzspitze relativ hoch, Herz mehr in Querlage, Herztaille gut aus- gebildet. Aorta: Ohne Befund. Lungen: ]~echte Spitze enger als linke. Unregel- mKl3ige Spitzenpleuraverdichtung beiderseits, hesonders reehts. Im linken Spitzen- feld feinere, im rechten Spitzenfeld grSbere Fleckenschatten, namentlich im oberen Anteil sichthar. He]ligkeit der oberen HKlfte der rechten Lunge Jm Vergleich zu links deutlich herabgesetzt. Die mit kleinen Flecken dulchsetzte Lungen- zeichnung nimmt von oben nach unten an Dichte hetr~chtlich zu, zeigt tiber den Unterfeldern ein ganz au0erordentlieh diehtes Netzwerk, maeht bier einen ganz ausgesprochen kleinwabigen Eindruck. Kleiner kalkdichter Schattenfleck rechts in t i the des Vorderendes des 3. Intercostalraumes, ziemlich dicht dariiber lateralwKrts gegabelter Interlob~rschattenstrich. Hilt beiderseits sehr dieht, in- homogen zusammengesetzt, teilweise wcnig klar abgeg~enzt.

Diagnose: Asbestose I I III, ~ltere Tuberkulose beider Spitzen, Mitralfehler, Cy'stitis.

Fall 10. Berta S., 46 Jahre alt. Seit 11 Jah~'en in der Asbestkrempelei tatig. 1909 Gelenkrheumatismus. Seit 2 Jahren starke Atemnot, reichlicher Husten, besonders frfih, Auswulf yon schwiilzlicher Farbe; mnB t/iglieh inhalieren, well sonst die Besehwerden unertr~glieh seien. Ab und zu Nachtsehweil~e, zeitweilig Stechen auf der Brust, im Verlaufe der FabrikarIceit betr/ichtliche Gewlchtsab- nahme, oft Kopfsehmerzen, Verstol0fung, unrCgelm~gige Periode, eine Fehlgebnrt, ein gesundes Kind.

Ob]ekllver Be/und: Sehr guter Erni~hlungszustand. Kopf und Hals ohne ]~e- fund. Brustkorb gut gew01bt. AtCmexkursionr 91/94 cm. I)erkussion und Aus- kultation der Lungen ohne ]~efund. Im Auswulf keine TuberkelbaciUen, keine elastischen Fasern, aber deutlich Asbestfasern naehweisbar, l%ls besehleunigt. Blutdruck 165 mm Hg nach Riva Rocci. l-Ii~moglobin: 93% nach Sahli korrigierf. Etwas Tremor der ausgestreekten l~inger, geringe Krampfadelhildung und Platt- fui3anlage beiderseits. Im Urin Eiwei$ positiv, im Sediment Epithelien und Leu- kocyten, keine Zylinder. Temperatur 36,3 ~

R6ntgenbe/und (Abb. 3): Leichte Skoliose. Zwerchfell steht reehts medial in HShe des 5. Intereostalraumes, querfingerbreit tiber dem linken, ist rechts teilweise unscharf beglenzt. Helz: Median gestellt, sehr unsauber abgxenzbar. Aorta: Ohne Befund. Lungen: Spitzennarl~en beiderseits, rechte Spitze enger als linke, vereinzelte wolkige Unsauberkeiten in den oberen Anteilen beider Spitzen- felder. LinsengloBer, kalkdichter Fleckenschatten im vorderseitlichen Anteil des 2. rechten Intereostahaumes. Ahnliche, aber weniger diehte Flecken linden sich links in I)eckung mit dem Vorderende der 4. Rippe und im vorderseitliehen

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l~ber Lungenasbestose. 583

Anteil des 5. linken Intercostalraumes. t~ber den unteren zwei Dritteln beider Lungenfelder sieht man eine aullerordentlich dicht stehende, vielfach netzf6rmige, mit ziemlieh zahlreichen, feinsten Fleeken durchsetzte Lungenzeiehnung. Nach aul3en und unten leichte diffuse Schleierung. Seitlich gegabelter Interlobi~rschatten- strich rechts in HShe des 3. vorderen Intercostalraumes. Betr/tchtliche Hilus- verbreiterung beiderseits.

Diagnose: Asbestose II, geringffigige Basedowsymptome. Fall 11. Auguste M., 72 Jahre alt. Seit 21 Jahren teils in der Asbestweberei,

teils in der Asbestspinnerei t/~tig. Der Ehemann ist an einem Lungenleiden ver-

Abb. 3.

storben. Die Patientin hat friiher viel unter Kopfsehmerzen zu leiden gehabt, hat ziemlieh starke Atemnot, ab und zu morgendlichen Husten ohne Auswurf.

Ob]ektlver Be/und: Dem Alter entsprechend gutes Aussehen, Rachen ger6tet und mit Schleim bedeekt. Brustkorb gut gew61bt. Atemexkursionen 86/90 em. Die unteren Lungengrenzen stehen ein wenig tiefer als normal, sind aber beider- seits mit der Atmung gut verschieblich; etwas sonorer Klopfschall, hinten und vorn beiderseits deutliche Rasselgergusche. Herz: Ohne Befund. Blutdruck 155 mm Hg nach Riva RoecL I-I~moglobin: 100% nach Sah/i korrigiert. Im Urin Eiwei$ positiv, Zucker negativ. Im Sediment massenhaft Leukocyten und Bakterien. Temperatur 36,3 ~

RSntgenbe/und (Abb. 4): Deutliche Skoliose. Zwerchfell steht links in H6he der 6. vorderen Rippe, ist seitlieh adherent, befindet sieh 11/~ Querfinger fiber dem reehten. Herzspitze etwas angehoben, quer gelagert, gut ausgebildete Herztaille.

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584 E. Krtiger, Rostoski und Saupe:

Aorta: u etwas verdichtet, im Sagittalbild ein wenig verbreitert. Lungen: Spitzenasymmetrie, im linken Spitzenfeld ein reichlieh steeknadelkuppengro•er, kalkdichter Fleckenschatten. Geringe wolldge Unsauberkeiten in beiden Spitzen- feldern. Ganz bedeutende Verbreitel~ng und Verdichtung des rechten Hilus, weniger auch des linken; der rechte strahlt sehr dicht, streifig nach unten aus. ?~ber den unteren H~lften beider Lungenfelder sieht man eine ungewShnlich verst~rkte, deutliche Netz- und Wabenstruktur bildende Lungenzeiehnung mit

Abb. 4.

m~flig zahlreichen, eingelagerten, kleineren F]eckenschatten. In Deekung mit dem oberen Rande der 4. linken vorderen Rippe ein halbbohnengroBer, kalkdichter Fleckenschatten. In HShe des Vorderendes der 5. linken Rippe 2 sich kreuzende, annihhernd horizontal verlaufende Strangschatten. Die oberen H~lften beider Imngenfelder zeigen wesentlich geringere Vert~nderungen, lassen aber auch noch die Netz- und Wabenstruktur sehr deutlich hervortreten.

D~nose: Asbestose II, Bronchitis, Cystitis. Fall 12. Emil F., 60 Jahre alt. Hat als Meister in alien Abteilungen der Asbest-

fabrik zu tun, hauptst~chlich war er friihcr in der Spinnerei und Weberei bescht~f- tigt. Mutter an Magenkrebs gestorben. F. ist seit dem 21. Lebensjahre schwer- h6rig, hat Ohrensausen, keine Atemnot, ab und zu Husten, wenig Auswurf.

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~ber Lungenasbestose. 585

Ob~eldlver .Be/und: M~Biger Ern~hrungszustand. Zunge etwas belegt, Binde- h~ute wenig injiziert. Brustkorb gut gew6lbt. Reehte Schulter steht tiefer a/s linke. Atemexkursionen 82/87 cm. Untere Lungengrenzcn nut mal]ig versehieb- lich, nirgends Schallverkiirzung. Allenthalben Blasehenatmen mit etwas Giemen. Im Auswurf keine Tuberkelbacillen, keine elastischen Fasern, keine Asbestbestand- teile. Herz: Ohne Befund. Puls etwas gespannt. Blutdruck 155 mm Hg nach

Abb. 5.

Riva Rocci. tt~moglobin: 90% nach Sahli korrigiert. Schweiflfiifle. Tempc- ratur 36,8 ~

R~tgenbe]und (Abb. 5): Skelet ohne Befund. Zwerchfell steht rechts me- dial in H6he der 6. vorderen Rippe, querfingerbreit fiber dem linken. ])as Zwereh- fell ist beiderseits unregelm~l]ig konturiert. Die Komplement~rr~ume sind getriibt, man sieht einen kleinen Begleitschatten zur seitlichen unteren Thoraxwand. Herz: Rechter Herzrand verl~uft etwas gestreckt, Herz im tibrigen ohne Befund. Herz- taille gut ausgebildet. Aortenband im Sagittalbild ein wenig verbrei~ert, Aorten- knopf springt verst~rkt vor. Lungen: Spitzennarbe reehts medial, geringe Spitzen- asymmetrie. ~ber beiden Lungenfeldern sieht man, yon oben nach unten an Zahl zunehmend, kleine bis mittelgrol~e, m~6ig, diehte ungleichm~Big gut begrenzte

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586 E. Kriiger, Rostoski und Saupe:

Fleckenschatten, welche inmitten einer aul~eloldentfieh dichten, vie]fach netz- fSrmigen Lungenzeichnung gelegen sind. Linker Hilus verbreitert, verwasehen begrenzt, rechts nicht nennenswert ver~ndert. Kurzer Interlob/irschattenstrich rechts im vorderseitlichen Anteil des 3. Intereostalraumes. Im rechten Unterfeld fallen horizontal verlaufende Strangsehatten in gr6~erer Anzahl auf, vereinzelte finden sich auch im 2. rechten vorderseitliehen Intercostalraum. Die Ver~tnde- rungen sind ziemlich gleichms auf beide Seiten verteilt. Reehts inffaelavi- cular ist die Helligkeit etwas geringer als links. Pseudocavum reehts in H6he des Vorderendes des 3. Intereostalraumes. Diffuser Schleier rechts unterhalb des Hilus und links im Mittelfeld.

D~agnose: Asbestose I I III, Bronchitis. _Fall 13. Anna F., 59 Jahre alt. 18 Jahre in der Asbestspinnerei t~tig, seit

1921 inva]idisiert. Als Kind mehrfach an Driisenschwellungen an beiden Hals- seiten gelitten, 2real Influenza. Seit 18 Jahren Klagen fiber m/iBig starken Husten, besonders morgens und abends. ]~twas Auswurf ist yon weiBlich-sehleimiger Beschaffenheit. Seit 1925 starke Atemnot, ferner Abmagerung und Appetitlosig- keit.

Ob#ktiver Be]und: Sehr diirftiger Ern~thrungszustand, starke inspiratorisehe Ruhedyspnoe mit lauten pfeifenden Ger/~uschen. Atemexkursionen 65/66 cm. Rechte Spitze leicht verkilrzt, hintere Lungengrenzen stehen etwas tiefer als nor- mal, sind wenig verschieblich. Rechts hinten unten und seitlieh bronchial klingen- des Inspirium mit massenhaften feinblasigen, ldingenden Rasselger~usehen. ~rber beiden Lungen vorn und hinten sehr reiehliehes Giemen und Brummen bei sehr leisem Bl/ischenatmen. Laryngoskopie ohne Befund. Im Auswulf weder Tuberkel- bacillen noeh elastische Fasern, noch Asbestbestandteile. Herz etwas nach links verbreitert, sehr laute, aber reine HerztSne. Arrhythmie, Puls 114. Blutdruck 134/74 m m Hg nach Riva Roeei. H/~moglobin: 99% nach Sahli korrigiert. Leber und Milz nieht vergr613ert. Senkful] beiderseits. Im Urin Eiweil] und vermehrtes Urobilinogen. Im Sediment sehr vereinzelte Erythrocyten, Leukocyten und Epithelien. Temperatur 36,4 ~

R6ntgenbe/und (Abb. 6): Skelet ohne wesentlichen Befund. Zwerehfell reehts kaum zu differenzieren, links nur in der Gegend der Magenblase ab~ grenzbar, steht bier in H6he des oberen Randes der 6. Rippe. Herzland linker- seits unscharf, Herz mehr in 2~Iedianstellung, hat zusammen mit dem Gef/iB- band etwa Dreieeksform. Aorta nicht deutlich abgrenzbar. Trachea in Jugulum- h6he naeh rechts und in die Breite gezogen. Unregelm~Big begrenzte Spitzen- pleuraverdichtung beiderseits. Streifig.fleckige Trfibungen leichteren Grades in den tieferen Spitzenanteilen. Die reiehliche obere Halite des reehten Lungen- feldes ist verst/~rkt strahlendurchl/~ssig, laBt nur wenig vergr6berte Lungenzeich- nung erkennen. Linkerseits im 2. v0rderseitliehen Intereostalraum eine Anzahl Fleckenschatten. Die unteren HAlften beider Lungenfelder weisen ein aul]er- ordentlich dichtes, feinwabiges Netzwerk auf, aul]erdem zusammenfliel]ende, ganz unscharf begrenzte Fleckensehatten, am deutlichsten reehts oberhalb des Zwerchfellsinus. Mehrfaeher Interlob/~rsehattenstrich reehts in H6he des 3. vor- deren Intercostalraumes.

Diagnose: Asbestose I I III. Alte doppelseitige Spitzentuberkulose. Starkes vicariierendes Emphysem in der rechten oberen Lungenh/~ffte. Schwere Bron- chitis. Myodegeneratio cordis.

Fall 14. Ida W., 56 Jahre alt. Seit 8 Jahren in einer Asbestfabrik tatig, davon 6 Jahre in der Zwirnerei. Neigung zu Erk/~ltungen. Im Winter 1929/30 1/~nger dauernder Bronchialkatarrh. Seit 2 Jahren sehr starke Atemnot, sehr viel Husten, wenig, sich schwer 16sender Auswurf, 5fters Naehtschweil]e, Stechen

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Uber Lungenasbestose. 587

auf der Brust, Gewiehtsverlust, Klagen fiber troekene Lippen, Kopfsehmerzen, schlechten, unruhigen Schlaf.

Objektiver Be/und: Leidlicher Erniihrungszustand. Lidbindehaut gerStet. GebiB stark defekt. Atemexkursionen 78,5/79,5 cm. Die Lungenperkussion er- gibt finks hinten unten eine 3 Querfinger hohe Schallverkfirzung bei wenig gut versehieblicher Grenze. Sehr versch~fftes Atmen fiber beiden Unterlappen,

Abb. 6.

besonders links; iil=er beiden Lungen sehr reiehliehes, diffus verbreitete~ Giemen, hinten unten aul]erdem beiderseits sehr reiehliehes, feinblasiges, nicht klingendes Rasseln, links noch mehr als rechts. Im sp~rlichen schleimigen Auswurf keine Tuberkelbaeillen, keine elastischen Fasern, sehr vereinzelte Asbestfasern. Linke Herzgrenze Mamillarlinie, Herzt6ne leise, aber rein. Puls 112, regelm~tl]ig, wenig kr~ftig. Blutdruck 125 mm Hg naeh Riva Rocci. H~moglobin 90% nach Sahli korri~ert. Trommelschlegelfinger, leiehte Krampfaderbildung beiderseits. Im Urin Urobilinogen vermehrt. Temperatur 37,1 ~

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588 E. Krfiger, Rostoski und Saupe:

Rbrdgenbe/und (Abb. 7): Skelet ohne Befund. Zwerchfell beiderseits kaum abgrenzbar, steht reehts medial in I-IShe des 5. vorderen/ntercostalraumes, halb- querfingerbreit fiber dem linken, tterz: Anscheinend nicht vergrSBert. Linke Herzgrenze nur sehr unseharf zu differenzieren. Herztaille anscheinend etwas abgeflacht. Aorta ohne Befund. Lungen: Rechte Spitze etwas dunkler als linke. Spitzenpleura beiderseits wohl nicht ganz sauber, ttochgradige Verminderung der HeUigkeit fiber den unteren LungenhMften beiderseits; inmitten eines sehr

Abb. 7.

dichten Schleiers sieht man ganz unscharf begrenzte, teilweise grobe, teilweise feinere Streifenbildungen und im rechten Unterfeld Wabenstrukturen. Isolierte Fleckensehatten sind nur verh~ltnism/~Big sp~rlich zu erkennen. Die Verande- rungen sind am st/~rksten links in der Nachbarsehaft des Herzrandes.

Diagnose: Asbestose III, schwere Bronchitis, wahrscheinlich Kombina'tion mit Stauungs]unge.

Fall 15. Ida G., 49 Jahre alt. Seit 28 Jahren in der Asbestzwirnerei t/~tig. Klagen fiber Atemnot, 5fters auftretenden morgendlichen Husten und Auswurf, leichte SehweiBe, ferner unruhigen Schlaf.

Ob]ektiver Be]und: Ern~hrungszustand gut. Blasse Gesichtsfarbe. Schild- driise etwas vergrSBert. Brustkorb gleichm~llig gewSlbt, Atemexkursionen 89,5/92 era. Untere hintere Lungengrenzen sehlecht verschieblich. Klopfsehall

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L~ber Lungenasbestose. 589

fiberall etwas sonor. Ober dem Sternum ist eine Sehallverkiirzung nachweisbar, welche den Brustbeinrand nach rechts um 1 Querfinger tiberschreitet. Verli~ngertes EXsl~irium hinten fiber beiden Lungen, vorn beiderseits deutliches Giemen. Im Auswurf keine Tuberkelbacillen, keine elastisehen Fasern, reichlieh Asbestbestand- teile, Berliner Blaureaktion stark positiv. Kehlkopfsehleimhaut im ganzen ge- r6tet. Herz ohne Befund. Puls m~Big besehleunigt. Blutdruck 165 mm Hg nach Riva Rocci. Leukoeyten 8200. Differentialblutbild ohne Besonderheiten. Kein Tremor. Im Urin EiweiB v.orhanden, im Sediment Epithelien, Leukoeyten, Harns/~urekrystalle und reichhch oxalsaurer Kalk. Temperatur 36,9 ~

Abb. 8.

RSntgenbefund (Abb. 8): Skelet ohne wesentlichen Befund, von m/~Biger Kyphose abgesehen. Zwerehfell steht rechts medial in HShe des unteren Randes der 4. Rippe, ist hier ganz unsauber begrenzt, steht querfingerbreit fiber dem ebenfalls nicht vSllig klar konturierten linken Zwerchfell. Der Herzschatten ist infolge anliegender pulmona|er Verschattungen beiderseits ganz unscharf begrenzt, die Herztaille linkerseits durch den sehr breiten und dichten Hilus iiberlagert, der rechte Herzgef/~Bwinkel gegenfiber groben Schatten nicht differenzierbar. Aorta gegenfiber der Nachbarschaft ebenfalls kaum zuverl/~ssig abzugrenzen. Lungen: Linkes Spitzenfeld enger als rechtes. Weiche, zumeist ldeinfleckige, wolkige Schatten in beiden Spitzenfeldern. Im unteren medialen Anteil rechter- seits ein ungef~hr I cm im Durchmesser betragender ringfSrmiger Schatten mit etwas dichterem Zentrum. ]n der Gegend des rechten Hilus groffe, po]ycyc]isch

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5 9 0 E. Krtiger, Rostoski und Saupe: Uber Lungenasbestose.

begrenzteWeichteilschatten(Driisen). Inder GegenddesrechtenTrachcobronchial- winkels eine Gruppe yon k]einen kalkdichten Fleckenschatten. Linker tIilus be- tr&chtlich verdichtet, nur ganz unsauber zu differenzieren, l~ber beiden Lungen sieht man, besonders links, sehr zahlreichc, zumeist kleine, verhhltnism~ig wciche F[eckenschatten inmitten eines sehr dlchten Streifennetzes. Beide Lungenfelder sind auflerdem dutch einen mehr diffusen Schleier abgeschattet, welcher linkerseits betr~ehtlicher ist als rechts. Interlob~rschattenstriche rechts in H01m des 2. vor- derseitliehen Intercostalraumes. Trachea oberhalb des Jugulum etwas ungleich- m~i~ig welt.

Diagnoee: Asbestose ~II, Bronchitis, Laryngitis.

Kurze Zusammen/assung: Bei dcr Un te r suchung yon 52 in Asbes t - f ab r iken t a t i gen A r b e i t e r n und A r b e i t e r i n n e n l a n d m a n in 30 F a l l e n e ine E r k r a n k u n g der A t m u n g s o r g a n e , welche mi t der Besch~f t igung in Z u s a m m e n h a n g zu b r ingen war.

Die Lungenasbes tose konn~e in mehr facher H ins i ch t yon der Lungen- s i l ikose un te r sch ieden werden.

Sie is t u. E. vers icherungs technisch wie die Lungensi l ikose zu be- hande ln .

Es empf ieh l t sich, die Arbe i t e r vor ih rem E i n t r i t t in den Be t r i eb zu un te r suchen und h in und wieder zu kont ro l l ie ren , sowie nSt igenfal ls in eine Ab te i l ung m i t weniger S t a u b e n t w i c k l u n g zu verse tzen oder ganz aus dem Be t r i eb he rauszunehmen .