17
.. Uber Manganoxyde. VIIIl) Darstellung und Eigenschaften von Braunsteinen. II (Die y- und tpGruppe der Braunsteine?) Von G. GATTOW und 0. GLEMSER Mit 19 Abbildungen Inhaltsubersicht Es werden die Darstellungsmethoden und Eigenschaften von Gliedern der y- und 7- Gruppe der Braunsteirie beschrieben. Beim Erhitzen an der Luft wandeln sich y- und rpBraunsteine kontinuierlich zuerst in B‘-MnO,, danri in P-MnO, urn. Bei weitcrer Temperaturerhohung tritt Sauerstoff- abgabe unter Bildung von n-Mn,O, ein, aus dem dann die beiden rerersibsl ineinander ubergehenden &In,O,-Modifikationen entstehen. - Beim Tempern unter hydrothermalen Bedingungen bildet sich aus den ,,fremdionen- freien“ Gliedern der 6-, y- und V-Gruppe als stabile Endform das 71”-Mn0,. Das in der technischen Literatur beschriebene pMn0, kann der TI-Grugpe der Braun- steine zugeordnet u erden. Summary The preparation methods and properties of y-and 7-MnO, species are described. Both types are transformed by heating in air into Mn,O, according to the sequence y-(+?j-) MnO, +- F-MnOz --f fi-hlnO, + a-Mn,O, + Mn,O,. Hydrotheimal annealing of species of thr d-, y-, and 7-group which are frec from Q-MnO,, described in technical literature, belongs to the ?]-group. foreign ions results in the formation of stable iI”-MnO,. y-MnO,, eiiie der wichtigsten Braunsteinarten fur die Verwendung als Depolarisatoren in Trockenbatterien, ist zum ersten Male3) dargestellt worden durch Oxydation einer salpetersaureri MnS0,-Losung mit (NH,),S,O, in der Siedehitze, Oxydation einer siedenden KN0,-haltigen VII. Mitteilung: 0. GLEMYER, G. GATTOW u. H. MEISIEK, Z. anorg. allg. Chem. 303, 1 (1961). z, 0. CLEJIYCR u. G. GATTOW, Vortrag, XVII. Intern. Kongr. fur reine und angewandte Chemie, Munchen, 30. 8. - 6. 9. 1959; G. GATTOW, 0. GLEMSER, Naturwissenschaften 4, 59 (1960). , ) 0. GLEI~ISER, Ber. dtsch. chem. Ges. i2, 1879 (1939).

Über Manganoxyde. VIII. Darstellung und Eigenschaften von Braunsteinen. II (Die γ- und η-Gruppe der Braunsteine)

Embed Size (px)

Citation preview

.. Uber Manganoxyde. VIII l )

Darstellung und Eigenschaften von Braunsteinen. II

(Die y- und tpGruppe der Braunsteine?)

Von G. GATTOW und 0. GLEMSER

Mit 19 Abbildungen

Inhaltsubersicht Es werden die Darstellungsmethoden und Eigenschaften von Gliedern der y- und

7 - Gruppe der Braunsteirie beschrieben. Beim Erhitzen an der Luft wandeln sich y - und rpBraunsteine kontinuierlich zuerst

in B‘-MnO,, danri in P-MnO, urn. Bei weitcrer Temperaturerhohung tritt Sauerstoff- abgabe unter Bildung von n-Mn,O, ein, aus dem dann die beiden rerersibsl ineinander ubergehenden &In,O,-Modifikationen entstehen. -

Beim Tempern unter hydrothermalen Bedingungen bildet sich aus den ,,fremdionen- freien“ Gliedern der 6-, y- und V-Gruppe als stabile Endform das 71”-Mn0,.

Das in der technischen Literatur beschriebene pMn0, kann der TI-Grugpe der Braun- steine zugeordnet u erden.

Summary The preparation methods and properties of y-and 7-MnO, species are described. Both types are transformed by heating in air into Mn,O, according to the sequence

y-(+?j-) MnO, +- F-MnOz --f fi-hlnO, + a-Mn,O, + Mn,O,.

Hydrotheimal annealing of species of thr d-, y-, and 7-group which are frec from

Q-MnO,, described in technical literature, belongs to the ?]-group. foreign ions results in the formation of stable iI”-MnO,.

y-MnO,, eiiie der wichtigsten Braunsteinarten fur die Verwendung als Depolarisatoren in Trockenbatterien, ist zum ersten Male3) dargestellt worden durch Oxydation einer salpetersaureri MnS0,-Losung mit (NH,),S,O, in der Siedehitze, Oxydation einer siedenden KN0,-haltigen

VII. Mitteilung: 0. GLEMYER, G. GATTOW u. H. MEISIEK, Z. anorg. allg. Chem. 303, 1 (1961).

z, 0 . CLEJIYCR u. G . GATTOW, Vortrag, XVII. Intern. Kongr. fur reine und angewandte Chemie, Munchen, 30. 8. - 6. 9. 1959; G. GATTOW, 0. GLEMSER, Naturwissenschaften 4, 59 (1960).

,) 0. GLEI~ISER, Ber. dtsch. chem. Ges. i 2 , 1879 (1939).

G. GATTOW u. 0. GLERISER, Darstellung und Eigenschaften von Braunsteinen. I1 21

MnS0,-Losung mit KMnO,, sowie durch Zersetzung ejner schwefelsauren Permangansaurelosung bei 45 "C.

8CHOSSBERGER4) konnte zeigen, da13 y-MnO, ein Bestandteil natiirlicher Braunsteine von der Goldkiiste ist; MCMURDIE und GOLOVATO 5 ) fanden y-MnO, in naturlichen Vor- kommen in Kalifornien, Papua und an der Goldkiiste. Durch anodische Oxydation einer heiBen angesauerten MnSO,-Losung6-9) wiesen COLE, WADSLEY und WALKLEY l o ) eine neue Variante des y-Braunsteins nach und bezeichneten diese als yI-MnO,; bei der Oxy- dation yon Mn(NO,), in siedender HNO, mit Pb0,l') entsteht dagegen yII-MnOzlO). Die von FEITKNECHT und MAR TI^,) beschriebenen Mangan(II)-Manganite13) [vgl. 6-Mn0,1)] wandeln sich beim Erhitzen mit verdiinnten Sauren (HNO,, H,SO,) oder Wasser in zwei verschieden gut kristallisierte y-MnO, (a- und b-Form) um, wenn der Oxydationsgrad von &Ox x 5 1,90 betragt. Durch Oxydation einer waBrigen Suspension von P-Mn,O, rnit Chlorgas kamen MOROSOW und KuszE~zow 14) ebenfalls zu y-MnO,. Nach O H T S U K A ~ ~ ) entsteht y-MnO, durch Oxydation von Mn(OH), in alkalischer Losung mit Luft und an- schlie13ender Behandlung des Reaktionsproduktes mit HNO,.

ifber die Struktur und die Beziehungen des y-MnO, zu den anderen Braunsteinarten sind vielerlei Ansichten in der Literatur geaul3ert worden. Die Bemuhungen um die Ein- ordnung des y-MnO, werden dadurch erschwert, da13 oft nur wenige, zumeist verbrei- terte Beugungsreflexe bei relativ starker Untergrundschwarzung auf den Pulverdiagrammen zu erkennen sind, deren Zahl und Lage je nach Herstellungsart variieren. Aus diesem Grunde ist ee auch verstandlich, daB die Rontgendiagramme der y-Modifikation von ver- schiedenen Autoren auch verschieden indiziert wurden, zumal es bis jetzt noch nicht ge- lungen ist, Einkristalle herzustellen: totragonal14), hexagonallz) l 6 ) oder rhombischli-20).

4 ) F. SCHOSSUERGER, Batterien 9, 17, 33 (1940); Physik. Ber. ?2, 1340 (1941). j) H. F. MCMURDIE u. E. GOLOVATO, J. Kes. nat. Bur. Standards 41, 689 (1948). 6) H. F. MCMURDIE, Trans. electrochem. Soc. 86, 313 (1944). 7, 0. W. STOREY, E. STEINHOFF u. E. R. HOFF, Trans. electrochem. SOC. Ye, 337 (1944). s, V. SRB u. M. FRANZ, Sci. Pap. Inst. chem. Technol. Prague 3, 51 (1969). 9, W. FEITKNECHT u. W. BUSER, Z. Elektrochem., Ber. Bunsenges. physik. Chem. GO,

W. F. COLE, A. D. WADSLEY u. A. WALKLEY, Trans. electrochem. Soc. 93, 133

11) Vgl. W. CRuMsche Reaktion nach J. VOLHARD, Liebigs Ann. Chem. 198,362 (1879). 12) W. FEITKNECHT 11. W. MARTI, Helv. chim. Acta 88, 129, 149 (1945). 13) Nach neuester Nomenklatur: Mangan(I1)-Manganat(1V) ; vgl. H. REMY, Angew.

789 (1956).

(1 947).

Chem. 71, 515 (1959).

S M M P I q e C K H X hay^ [Nachr. Akad. Wiss. UdSSR, chem. Abt.] 1949, 343.

486 (1957).

(1958).

cDm.rmecEaR [Nachr. Akad. Wiss. UdSSR, physik. Ser.] 13, 179 (1951).

(1957).

14) I. s. MOROSOW U. F. KUSZETZOW, H3BeCTHSI AKaneMm HayE CcCP, OTne.'leHMe

l5) A. OHTSUKA, J. electrochem. Assoc. Japan [Denkikwagaku Kyookwai-shi] 25,

16) K. NEUMANN u. W. FINK, Z. Elektrochem., Ber. Bunsenges. phys. Chem. 61, 114

l i ) J. P. KONDRASCHEW u. A. SASSLAWSKI, HauecTm ,lKaneauia HayE CCCP, Cepm

l a ) H. KEDESDY, G. KATZ u. S. B. LEVIN, Acta crystallogr. [Copenhagen] 10, 780

'9) A. M. BYSTROM, Acta chem. scand. 3,163 (1949). 20) P. M. DE WOLRF, Acta crystallogr. [Copenhagen] 12, 341 (1959).

22 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 309. 1961

Einige Forscher sehen y-MnO, als schlecht kristallisierten bzw. sehr feingekornten Py- rolusit 5) 6) Z1) oder schlecht kristallisierten bzw. unreinen Rarn~dellit22)2~) ,*) oder als eine Mischung von beidenzl) an, andere wieder meinen, a- und y-MnO, wiiren das gleiche5) oder y-MnO, und Ramsdellit besitzen dieselbe Kristallstruktur l7). Allgemein anerkannt wird heute die Deutung von BYSTROM und BYSTROM'~)~~), y-MnO, sei eine fehlgeordnete Struktur zwischen B-MnO, (Pyrolusit) und Ramsdellit, bei der die Anordnung der Mn- Ionen einmal mehr dem Ramsdellit, zum anderen mehr dem Pyrolusit entspricht (vgl. 22)).

Ahnliche Ansichten iiueerten friiher schon COLE, WADSLEY und WALKLEY'~), sowie BUTLER und TH1RsKZ3), die beim y-MnO, noch eine Verwandtschaft zu 6-Mn0, bzw. Mangan(I1)-Manganit (vgl. l)) vermuten.

Das Sauerstoffdefizit bei y-MnO, und der wechselnde Oxydationsgrad kann nach FEITKNECHT und M A R T L ~ ~ ) darauf zuruckgefuhrt werden, dalj 0 2 - - durch OH--1onen und Mn4f- durch Mn3+- oder Mn2+-Ionen ersetzbar sind (vgl. "). GABANO und B R E N E T ~ ~ ) schlagen fur y-MnO, die Zusammenseteung Mn,,,,, (OH)o,25 vor.

Auf Grund der von verschiedeneii Autoren fur y-MnO, angegebenen unterschiedlichen Rontgendiagramme ,') und ihrer Nichtreproduzier- barkeit haben wir das Gesamtgebiet der sogenannten y-Braunsteine neu bearbeitet, woruber im folgenden berichtet werden soll.

I. Die y-Qruppe der Braunsteine Mit y-MnO, 3, werden Braunsteirie bezeichnet, die einen hoheren

Kristallisationsgrad als die 8-Braunsteine l) besitzen und bei denen der intensitatsstarkste Reflex 6 = 8,2" der 8-Braunsteine fehlt. Die Rontgen-

diagramme der y-Braunsteine kon- nen minimal 2 starke Beugungs- reflexe (bei 6 e 24" und 44,5") auf- weisen. Mit steigender Ordnung der Atome im Gitterverband treten zu- satzliche Linien auf, wobei besonders der Reflex bei 8 rn 13,5" als MaB fur

iLMn02 den Kristallisationsgrad anzusehen ist (vgl. Abb. 1). Auf Grund dieser Tatsachen soll zwischen drei Arten

Abb. 1. Debyeogramme der y-Braunsteine von 7,-Braunsteinen unterschieden

0 fit , _ , I , * , I "Mn?

- 9;e

21) T. E. MOORE, M. ELLIS u. P. W. SELWOOD, J. Amer. chem. Soc. 72, 856 (1950). 22) PH. H. DELANO, Ind. Engng. Chem. 40, 523 (1950). 23) G. BUTLER u. H. R. THIRSK, J. electrochem. Soc. 100, 297 (1953). 21) J. BRENET, Bull. Soc. franp. Mineralog. Cristallogr. 17, 797 (1954). 21) A. BYSTROM u. A. M. BYSTROM, Acte crystallogr. [London] 3, 146 (1950). 26) J. P. GABANO u. J. BRENET, Z. Elektrochem., Ber. Bnnsenges. physik. Chem.

60, 497 (1958). 27) Fur y-MnO, werden in der Literatur 21 verschiedene Debyeogramme von ver-

schiedenen Autoren angegeben, wobei die Zahl der Beugungsreflexe von 4 bis 21 schwankt (vgl. Abb. 1 bei I)) .

G. GATTOW u. 0. GLEMSER, Darstellung und Eigenschaften von Braunsteinen. I1 23

werden; y - , y'- und y"-MnO, (Abb. 1). y-MnO, entstelit vorwiegend bei tieferen Temperaturen (20-40 "C), wahrend y"-MnO, hohere Dar- stellungstemperaturen (> 70") bevorzugt. Zwischen diesen drei Arten von y-Braunsteinen sind alle Ubergange rnoglich, so da13 eine Repro- duzierbarkeit haufig schwierig ist, insbesondere hinsichtlich der Inten- sitat des Reflexes bei 8 m 13,5" und des Mn/O-Verhaltnisses.

1. Darstellung der y-Braunsteine D a r s t e l l u n g v o n y-MnO,. y-MnO, entsteht im wesentlichen durch Oxydation von

Mnrf-Verbindungen bei tieferen Temperaturen : a) 20 g Mn(NO,), * 4 H,O + 10 g NaCH,COO werden in 100 om3 Wasser gelost und

mehrere Stunden lang bei 20 "C gasformiges Chlor bzw. ein mit Bromdampf gesattigter KJ,-Strom eingeleitet. Nach Beendigung der Reaktion wird das uberschussige Chlor bzw. Brom durch Einleiten von Stickstoff entfernt, der Niederschlag abgesaugt und bei Zimmertemperatur uber P,O, getrocknet. Schwarze Reaktionsprodukte (MnO,,,, fur Oxydation mit Chlor, MnO,,,, fur Oxydation mit Brom).

b) Eine Losung von 15 g Mn(NO,), * 4 H,O in 1000 om3 3 n HNO, wird bei 20-40 "C mit 200 om3 einer 2proz. KMn0,-Losung versetzt28). Nach einiger Zeit wird dekantiert, der Niederschlag abgesaugt und bei 60 "C getrocknet. Dunkelbraune Reaktionsprodukte &fnO,,,, (Fiillungstemperatur 20 "C) bis MnO,,,, (40 "C). - Bei einer Fallungstemperatur von 20 "C konnen unter gewissen Umstanden scheinbar rontgenamorphe Priiparate ent- stehen.

Produkte mit identischen Rontgenbeugungsdiagrammen entstehen bei der Oxydation einer Losung von 15 g Mn(NO,), - 4 H,O in 500 cm3 3 n HNO, bei 20 "C mit 500 em3 einer Losung von 20 g NaBrO, in 500 cm3 3 n HNO, (schwarzes Reaktionsprodukt MnO,,,,,,) oder bei der Reduktion von MnO, durch Versetzen einer Losung von 350 em3 H,SO, (mit SO, gesattigtes Wasser) + 100 cm3 H,O mit 200 cm3 2proz. KMn0,-Losung (schwar- zes Reaktionsprodukt MnO,,,,,).

D a r s t e l l u n g v o n 7'-MnO,. y'-MnO, bildet sich bei vorsichtiger Temperung von y-MnO,. AuBerdem entsteht es bei der Reaktion von Mnzf mit KMn0,-Losung bei 50-60°C (siehe Vorschrift b unter y-MnO,) als schwarzbraunes Produkt MnO,,,, oder beim Ver- setzen von 210 cm3 K,SO, (SO, gesattigt) + 100 ema H,O bei 50 "C rnit 120 cm3 2proz. KMn0,-Losung (schwarzbraunes Reaktionsprodukt MnO,,,,,,).

D a r s t e l l u n g v o n y"-MnO,. y"-MnO, entsteht als Temperprodukt von 6"-Mn0, bei 120 "C (siehe Abb. 9 bei')) oder bei der Temperung von y- und 7'-MnO, (etwa 200 "C).

a) 15 g Mn(NO,), . 4 H,O werden in 1000 em3 3 n HNO, gelijst und bei 70-90 "C mit 200 om3 Zproz. KMn0,-Losung versetzt. Nach Dekantieren wird abgesaugt und bei 60 "C getrocknet. Schwarze Reaktionsprodukte MnO,,,,, bis MnO,,,,,.

b) 7"-MnO, bildet sich als schwarzes Reaktionsprodukt bei der Oxydation einer siedenden Losung von 15 g Mn(NO,), . 4 H,O in 500 om3 3 n HNO, mit einer Losung von 20 g NaBrO, in 500 cm3 3 n HNO,. Nach 1 Minute Sieden wird der Niederschlag sich selbst uberlassen, dekantiert und abgasaugt. Trocknung bei 60 "C (Zusammensetzung : MnO,,,,,).

2,) Die von D. N. CHAKRAVARTY und 6 . GHOSH [Proc. Natl. Acad. Sci., India 26 A, 41 (1957)l mitgeteilten Untersuchungsergebnisse, daB beim Versetzen einer Losung von MnSO, in einem groBen OberschuB H,SO, mit K,Cr,O, ein ahnlicher Oxydationsmechanis- mu8 rorliegen SOU wie bei der Oxydation mit KMnO,, konnen wir nicht bestatigen.

24 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 308. 19G1

Es sol1 nicht unerwahnt bleiben, daB sich auch Mischprodukte, bestehend aus (6 + y ) - Braunsteinen, darstellen lassen und haufig unvorhergesehen bei den Reaktionen entstehen konnen (Abb. 2). So bilden sich z. B. Produkte aus (6” + y”)-MnO, beim Versetzen einer

- 4 i e Abb. 2. Debyeogramme von 6”- und 7”-MnO, und von Praparaten, die als

((Y’ + y”)-MnO, entstanden sind

Losung von 30 g Mn(NO,), . 4 H,O in 2000 cm3 H,O + 10 cm3 Brom bei 55 “C mit 500 om3 l0proz. NaCH,COO-Losung (Zu- sammensetzung Mn01,862), bzw. bei der Oxydation einer 50 “C warmen Losung von 30 g Mn(NO,), ..2 H,O in 2000 om3 H,O mit 500 cm3 mit Chlor gesattigter 1 n NaOHZ5) und anschliefiender Zugabe von 300 em3 1 Oproz. NaCH,COO-Losung (Reaktionspro- dukt MnO,,,,*). Ahnliche Praparate werden auch beobachtet bei der Hydrolyse von Mn( SO,), in kalter NaCH,C00-Lo~ung~~~) und anschlieflender Temperung des Hydro- lysenproduktes (braunes Reaktionsprodukt MnO,,,,,). Mischprodukte zwischen (6 + y ) - MnO,, die dann zu ( a + /3)-MnO, fiihren, ent-

stehen be1 der dreistundigen Reaktion einer Mischung von 300 em3 Methanol + 100 cm3 H,O bei 20 “C mit 100 om3 2proz. KMn0,-Losung (Zusammensetzung des Reaktions- produktes Mn0,,,64) und bei der Oxydation von Mnzf-Salzlosungen mit uberschussigem KMnO, [vgl. I ) und 32)].

2. Eigenschafton der y-Braunsteine Bus den differentialthermoanalytischen Untersuchungen (Abb. 3 )

folgt, da13 die y-Braunsteine bei etwa 120 “C Wasser abspalten31). AUS diesen Ergebnissen ist zu entnehmen, da6 bei den y-Braunsteinen, wie bei der 6-Gruppe, zu mindestens ein Teil des H,O in chemisch gebundener Form vorliegen kann. Die Rontgenbeugungsdiagramme der Temper- produkte zeigen bei y”-MnO, (Abb. 4) einen kontinuierlichen Ubergang nach p‘-Mn0,2)32) (etwa 400 “C), das sich dann bei etwa 460 “C nnter Sauerstoffabgabe in ol-Mn,O, uniwandelt. Liegt ein y-MnO, vor, daiin wird derselbe Uinwandlungsmechanisnius durchlaufen, wobei als erste Stufe y’-MnO,, dann y”-MnO, entsteht (Abb. 5). Genau wie die 8-Braun- steine zeigen auch die y-Braunsteinarten keinen ausgepriigten Umwand- lungspunkt, sondern es ist ein kontinuierlicher Ubergang von y nach /3‘

29) Vgl. G. FOWLES, School Sci. Rev. 36, 417 (1955); siehe 0. GLEIISER, G. GATTOW I?. H. MEISIEK, Z. anorg. allg. Chem. 309, 1 (1961), Anmerkung 99).

30) Vgl. P. W. RELWOOD, R. P. EISCHENS, M. ELLIS u. K. WETHINGTON, J. Amer. chem. SOC. 71, 3030 (1949).

31) Der unterschiedlich endotherme ,,peak“ der Wasserabgabe (Abb. 3) bei y - und y”-MnO, ist darauf zuruckzufiihren, daB die Probe y-MnO, 45,0%, die von y”-&InO, 10,7% H,O enthalt und ein Empfindlichkeitsverhaltnis zwischen y- und y”-3!InO, von 1 : 3 gewahlt wurde.

32) Vgl. die folgenden Mitteilungen ,,Ober Manganoxyde“.

G. GATTOW u. 0. GLEMSER, Darstellung und Eigenschaften von Braunsteinen. 11 25

20 I0 0 20 10 0

20 10 0

20 10 0

20 10 0

20 10 n

I I , , , , , , , , , , ,

0 ZOO wo 600 800 :ioo rzao - T f V Abb. 3. Differentialthermodiagramme von y- und ~ " - M n o , ~ ~ ) . Abszisse: Temperatur der Probe in "C. Ordinate: Temperaturdifferenz der Probe gegen a-Al,O, in willkiirlichen

Einheiten

; ZOO"

: 250"

; 300"

350"

ma

: 450°

: n c l I , n n , n . . ,

n, I . A . , ~ . . . :

: n n , n,? , n ,

nn r. n n n

n , Illl, 1 1 . 1 n, n , n . .

I I d . I 1 1 1

(bzw. /I) zu beobachten. Dieser ,,Umwandlungsbereich" verkiirzt sich von 6- uber y- zu den ~-Braunsteinen~~), was sich auch in der Ausge- pragt'heit der Urnwandlungspeaks bei der Differentialthermoanalyse au13ert. Die Zersetzungen von /I-MnO, zu a-Mn,O, und von a-Mn,O, zu Mn,O,, sowie die reversible Modi- fikationsumwandlung 01-

Mn,O, f P-Mn304 sind da- gegen scharf endotherm ausgepragt und zeigen einen definierten ,:peak", dessen Temperatur aller- dings bei den einzelnen Praparaten in gewissen Grenzen willkurlich vari- ieren kann (Abb. 3 ) .

Die auf rontgenogra- phischem Wege erhaltenen Untersuchungsergebnisse

uber die Unterteilung der

S3) Vgl. die q-Gruppe der Braunsteine.

"0 I0 20 30 W 50 60 M 80 ---- $Fe

Abb. 4. Debyeogramme der Temperprodukte von y"-MnO, (Umwandlung: y"-MnO, + /3'-MnO,

+ p-MnO, + a-Mn,O,)

26 Zeitschrift fur anorgsnische und allgemeine Chemie. Band 309. 1961

20 10 0

y-Braunsteine in y-, y'- und y"-MnO,, die sich lediglich in ihrem Ord- nungsgrad unterscheiden, konnen durch Ultrarotaufnahmen im KBr-

wo n, i /L . 1 1 . 1 n. n. n ,

10

'0 I0 20 30 w I0 &I 70 80 --+ ' F p

Abb. 5. Debyeogramme der Temperprodukte voii y-MnO, (Umwandlung: y-MnO, -+ y"-MnO,

-+ #Y-MnO, + P-MnO, -+ a-Mti,03)

Bereich bestatigt werden (Abb. 6). In Ubereinstim- inung zu den Untersuchun- gen von HAFNER, LAVES bzw. MULLER-HESSE~~) an der Mischkristallreihe MgAI2O4-A1,0,, bzw. im System Al,O,-SiO, finden wir in den vorliegenden Fail- len, dal3 Ordnungszustande sich sehr gut durch Ultra- rotaufnahmen charakteri- sieren lassen l ) 32) 33). I n Abb. 7 sind die Ultrarot- aufnahmen der Temper- produkte von y"-MnO, (Pra- parat identisch mit dem der Abb. 4) wiedergegeben.

Die chemische Analyse 35) der Temperprodukte (Abb.8) zeigt die Abhangigkeit von

der Zusammensetzung der Ausgangssubstanz eirie Sauerstoffaufnahme oder -abgabe bis 250 "C (& 50"). Bei dieser Teinperatur bildet sich

anscheinend eine Zwischen- modifikation bestimmter Pha- senbreite im Mn/O-Verhaltnis aus, die jedoch nicht naher be- zeichnet werden s011~~), und das Produkt andert seinen Sauer- stoffgehalt so lange, bis das

34) Nach Vortriigeii von ST. HAB- NER, F. LAVES bzw. H. MULLER- HESSE, Deutsche Mineralogische Ge- sellschaft, Wetzlar/Lahn, S.--12. 9. 1959.

35) N&here Einzelheiten iiber die Analysenmethode G. GATTOW u. H.-G. WENDLANDT, Z. analyt. Chem. 174, 15 (1960).

___-

36) s. s. 27.

G. GATTOW u. 0. GLEMSER, Darstellung und Eigenschaften von Hraunsteinen. I1 27

Existenzgebiet der 8-Gruppe der Braunsteine erreicht ist. AnsclilieBend _ _ tritt Sauerstoffabgabe gemaB ein ,’).

uberraschend zeigen einige der bei 60 “C getrockneten y- Braunsteine eine groBe Ober- flache, die bis uber 350 mz/g ansteigen kann. Mit steigender Temperatur nimmt die GroBe der Oberflache langsam ab (Abb. 9), bis sie bei der Sauer- stoffdissoziation zu oc-Mn,O, sprunghaft verschwindeiid klein wird. Die Umwandlung j3-MnO, + a-Mn,O, erfolgt auf Grund der Versuchsbedingun- gen bereits bei 350 “C, da der Sauerstoffpartialdruck uber j3- MnO, bei dieser Temperatur groBer ist als der vorgegebene Druck ( 2 mm Hg). - Elek-

der Umwandlung B-MnO, + a-Mn,O,

-

I I I I I I I I I I I I I I / I I I I I I I I I I I 1 1 1 1 1 1 1 1 1

MI f10 720 MI 6BO61io 6 1 0 6 M 6 w ~ O M o 5M IBO W y - rm-

Abb. 7. Ultrarotspektren der Temperproduktc von y”-MnO, (vgl. Abb. 4). (Umwandlung

y”-MnO, + p’-MnO, + $-MnO, + a-Mn,O,)

tronenmikroskopische Aufiiahmen von y”-MnO, mit grol3er Ober- flache zeigen einen ausgesprochen nadelformigen Habitus der Kri- stalle.

Wie wir vorstehend mitgeteilt haben, lassen sich y-, 7‘- und y”-MnO, durch Reaktion von salpetersauren Mn(NO,),-Losun- gen mit KMn0,-Losungen (im

36) Diese Zwischenmodifikation zeigt ein ahnliches Rontgenbeugungsdiagramm wie das ?I’-MnO, (vgl. auch die Temper- produkte von 6”-Mn0,).

37) Die Untersuchungsergebnisse von A. KOZAWA [J. electrochem. 8oc. 106, 79 (1959)], daB der Sauerstoffgehalt von y-MnO, mit steigender Temperatur (100-430 “C) linear abnehmen SOU, kon- nen wir mit keinem unserer y-Braunsteine bestittigen.

-- ~~

0 100 ZOO 300 400 500 - rrc) Abb. 8. Cheinische Zusammensetzung dcr

Tcmperprodukte ciniger ,y-Braunsteine

28 Zeitschiift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 309. 1961

UnterscliuB) im Temperaturbereich von 20 bis 80 "C herstellen (siehe dazu unter Darstellung von y - , y'- und y"-MnO,), wobei die Farbe mit steigender Darstellungstemperatur sich kontinuierlich von schwarzbraun nach schwarz andert. Eine Antwort auf die Prage uber den Zusammen- hang zwischen Fallungsteniperatur einerseits und Oberflache, Kristall-

I

-x Oberflade 0- --o lusamrnensefzuny 8- ---a Akfi'Vltat

0 100 200 300 WO 5M - 4l"C) Abb. 9. T~mperaturabhBngigko;t der GroDe der Oberflache von y"-RInO, und dem Dissoziations-

produkt a-Mn,O,

20 30 411 50 60 M 80 - Abb. 10. Zusammenhang zwischen Fallungs- temperatur von y-Braunsteinen und GroRe der Oberflache, chemischer Zusammensetzung, Akti-

vitat und Ordnungsgrad des y-Braunsteins

fnllunqstemperaiur T("C)

art, chemischer Zusammensetzung und Aktivitat aiidererseits gibt die Abb. 10. Abgesehen vom Produkt der Fiillungstemperatur 20 "C nirnmt die Oberflache der y-Braunsteine mit steigender Fallungs- temperatur zu, hat bei etwa 60"C, d.h. im Bereich von y'-MnO,, ein Maximum von etwa 350 m2/g und nimmt dann mit weiter anstei- gender Temperatur der Fallung wieder ab 3d) . Entgegengesetzt verlaufen die Aktivitaten und die chemischen Zusammensetzungen, die bei etwa 60 "C ihr Minimum besitzen. Bekanntlich werden die Abweichungen von der stochiometrischen Zusammensetzung MnO,,,, erklart durch das

38) Dieses steht in bester Ubereinstimmung zu den Untersuchungen von J. T. GRACE, H. E. HENRY u. D. G. KARRAKER, [AEC Research and Development Report DP-346 (TID-4500), S. 7 -10 (1958)], die bei einer F&llungstemperatur von 50-60 "C ein Minimum in der PartikelgrdRe (1-1,s ,ti) fanden.

G. GATTOW u. 0. GLEMSER, Darstcllung und Eigcnschaftcn von Braunsteinen. I1 29

Vorliegen eines geringen Anteils von Mn2+ oder Mn3+ im Gitterverband, wobei aus Elektroneutralitatsgrunden ein Teil des 02- durch OK- ersetzt seiii soll. Es ist nun sehr wahrscheinlich, daB die OH- sich besonders an der Oberflache der Kristalle befinden, um eine moglichst hohe Symme- trie (ohiie Annahme eiiier statistischen Verteilung) des Gitters im Iiinern des Kristalls zu gewahrleisten und daB der OH--Anteil mit steigender Fallungstemperatur abnehmen wird. Treffen diese Annahmen zu, dann ist zu erwarten, daB Praparate mit der groBteii Oberflache mehr OH- enthalten werden, d. 11. eine von der Idealzusammensetzung MnO,,,, groBere Abweichung, als Produkte mit kleinerer Oberflache. Wegen Uberlagerung des Temperatureinflusses mussen dagegen Praparate bei gleicher Oberflache, aber verschiedener Fallungstemperatur, auch eine verschiedene Zusammensetzung besitzen, uiid zwar sollten Produkte bei holierer Darstellungstemperatur der stochiometrischen Zusammen- setzung MnO,,,, mehr nahekommen, als solcbe, die bei niedrigeren Tem- peraturen entstanden sind. Tatsachlich entsprechen diese Annahmen den experimentellen Befunden, wie aus Abb. 10 ersichtlich ist. Auf Grund dieses ,,Strukturbildes" ist weiterhin zu erwarten, daB die y-Braun- steine mit groBer Oberflache gute Austauschereigenschaften fur Anionen uiid Kationen zeigen werdeii. Dieses konnte durch orientierende Vorver - suche bestatigt werden3$) und steht in Ubereinstimmung ZIX den Versucheii von KOZAWA~~), obgleich unsere An- nahnien uber den Austauschmecha- iiismus von diesem Autor abweichen.

Ahb. 11 zeigt den Zusaminenhang zwischeii chemischer Zusammen- setzuiig und der verwendeten Saure- konzentration bei der Darstellung voii y-Mn02 durch die Redoxreaktion zwischen Mn2+ und Ah04 (Fallungs- temperatur 50 "C), wobei sowohl in

On In 2n 3n 4n 5n Saurekonzentraflon -

Abb. 11. Zusammcnliang zwischen chemischcr Zusammcnsetzung und Saurekonzcntration bci der Darstellung

von y-MnO,

- salpetersaurem als auch in schwefelsaurem Medium gearbeitet wurde. Die Versuche zeigen, daB das Mn/O-Verhaltnis der Fdlungsprodukte mit steigender Saurekonzentration - unabhangig von der Art der Saure - zunimmt ; eine h d e r u n g in der Modifikation der Braunsteine tritt dabei nicht ein, wie rontgenographisch nachgewiesen werden konnte.

39) 0. GLEMSER u. G. v. SZADKOWSKI, unveroffentlicht. 40) A. KOZAWA, J. elcctrochom. Soc. 106, 552 (1959).

30 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 309. 1961

20 10

Die Angaben von GABANO und BRENET4*), die ohne Durchfiihrung chemischer Ana- lysen dem y-MnO, die Zusammensetzung Mn0,,,,5(OH),,,S geben, konnen wir nicht be- statigen. An anderer Stelle wird von BRENET, GABANO und SEIGNEURIK~~) fur das y - MnO, die Zusammensetzung MnO,,,, auf Grund thermogravimetrischer Untersuchungen angegeben; eine solche Zusammensetzung (auch hier fehlen chemische Analysen) ist un- diskutnbel (vg1.l)).

11. Die 7-Gruppe der Braunsteinez)

Bei der y-Modifikation der Braunsteine sind Abweichungen in der Lage, der Haufigkeit und den Intensit6ten der Beugungsreflexe bei Rontgenaufnahmen beobachtet worden,') (vgl. Abb. 1 beil)).

So unterseheiden z. B. COLE, WADSLEY und WALKLEY lo ) verschiedene Varianten des y-MnO, und bezeichnen diese als y, y1 und ylI, wiihrend FEITKNECHT und MAR TI^^) eine a- und b-Form von y-MnO, beschreiben. Zwischen dem erstmalig von GLEMSER~) angegebenen Debyeogramni von y-MnO, und den1 von DE WOLFF~") sorgfiiltig rontgeno- graphisch untersuchten y-MnO, sind nur noch Ahnlichkeiten vorhanden.

Stellt man nach in der Literatur beschriebenen und nach neuen Ver- fahren y-Braunsteine her, so treten charakteristische Unterschiede in den Intensitiiten der Beugungsreflexe bei den Debyeogrammen auf, die sich

2-Mn02

20 I0 fMn02 :

l I , t n 1 1 1 1 1 1 , I I I

Abb. 12. Debyeogramme von y- und q-Braunsteinen

besonders in der Inten- sitatsfolge der Reflexe bei

37 , l" und etwa 45' aufiern (siehe Abb. 12) . Aus diesem Griinde scheint es gerecht- fertigt, neben den y-Braun- steinen, wie sie nach der Methode von GLEMSER3)

entstehen, eine iieue Gruppe von Braunsteinen einzufuhren, fur die wir die Bezeichnung q-MnO, vorschlagen2). Neben an- deren Merkmalen (siehe dazu an spaterer Stelle) unterscheiden sich y- und q-MnO, in der Art des ge- bundenen Wassers Auf

6 == 14,5", 24,2", 27,7",

4l) J.-P. GABANO u. J. P. BRENET, Z. Elektrochem., Ber. Bunsenges. physik. Chem. 63, 497 (1958) ; J. BRENET, C. R. hebd. SPanees Acad. Sci. 226, 2469 (1958).

42) J. P. BRENET, J.-P. GABANO u. M. SEIGNEURIN, XVI. Internationaler KongreB fur reine und angewandte Chemie, Paris 1967, Memoire prCsenti. A la Section de Chemie MinErale, S. 69.

G. GATTOW u. 0. GLEMSER, Darstellung und Eigenschaften von Braunsteinen. II 31

Grund von Untersuchungen mittels der Differentialthermoanalyse geben die y-Braunsteine H,O bei etwa 120 "C ab, waihrend die Wasserabgabe bei der q-Modifikation bereits bei 100 "C erfolgen kann (vgl. Abb. 13). Bei q-MnO, scheint somit das Wasser vorwiegeiid in adsorptiv gebundener Form vorzuliegen. Wie bei den y- Braunsteinen soll auch hier zwischen unterschiedlichen Kristallisationsgraden des q- MnO, unterschieden werden : 7, TI' und q" (vgl. Abb. 12) .

1. Darstellung der 7-Braunsteine D a r s t e l l u n g v o n rpMnO,. q-

MnO, entsteht bei der anodischen Oxydation einer Losung von 3 g Mn(NO,), . 4 H,O in 600 cm3 Wasser bei 75 "C (& 10") an Pt-Elektroden (6 Volt, etwa 1 Amp.). Nach Trock- nung des schwarzen Produkts im Vakuum iiber P,O, erhalt man ein Praparat der Zusammensetzung

0 200 4W 600 700 - TPCl Bbb. 13. Differentialthermodiagramm von y"-, q- und rl"-MnO,. Abszisse: Temperatur der Probe in "C. Ordinate : Temperaturdifferenz der Probe gegen a-Al,O, in willkiirlichen Einheiten

MnO,,,o, mit 6,8% H,O. -4ul3erdern kann q-MnO, bei 10-20stiindigem Kochen von a-Mn,O, in 3 n HNO, oder

bei lOl/,stundiger Temperung von y-MnO, unter Wasser bei 100 "C entstehen (Zusammen- seteung: MnO,,,,,).

D a r s t e l l u n g v o n 8'-MnO,. 30 g MnSO, . 4 H,O werden in 2000 cm3 Wasser gelost und im Temperaturbereich von 50-100 "C langsam mit 600 em3 einer 2proz. KMn0,- Liisung versetzt. Nach dreimaligem Dekantieren wird abgesaugt, gut mit aqua dest. gewaschen nnd bei 60 "C getrocknet (vgl. 3)). Zusammensetzung: MnO,,,,, mit 10,2% H,O.

q'-MnO, bildet sich auaerdem bei der Oxydation einer siedenden Lasung von 50 g MnSO, . 4 H,O in 2000 cm3 H,O + 100 cm3 3 n HNO, mit 112,5 g festem (NH,),S,O,, das portionsweise zugefiigt wird [vgl.') 3) 19) *,)I oder beim lestiindigen Tempern von y-MnO, bei 100 "C unter Wasser, bzw. beim trockenen Erhitzen von q-Mn02 (Zusammensetzung

D a r s t e l l u n g v o n q"-MnOz. a) In eine Losung von 20 g Mn(NO,), . 4 H,O (auch MnSO, * 4 H,O oder MnCl, 1 4 H,O) und 10 g NaCH,COO44) in 100 em3 H,O wird bei

Mno,,~Oo--Mn~,,,,).

43) Wenn die Oxydation schnell durchgefiihrt wird, konnpn neben r'-MnO, auch noch mehr oder minder grol3ere Mengen a-MnO,, stabilisiert durch NH;, entstehen. Nach MARSHALL [Z. analyt. Chem. 43, 418, 655 (1904)l soll sich bei der Oxydation mit (NH,),S,O, ein H,MnO, bilden.

4 4 ) Durch Zusatz von XaCH,C00 wird wegen Pufferwirkung die Ausbeute gegeniiber einem Arbeiten ohne NaCH,COO vervielfacht.

32 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 309. 1961

80 “C 6 Stunden lang gasformiges Chlor eingeleitet. Nach Beendigung wird das in der waDrigen Phase geloste Chlor durch Einleiten von Stickstoff (bei 80 “C) entfernt, der sich schnell absetzende Niederschlag abgesaugt, gewaschen und bei 60 “C getrocknet. Schwar- zes Reaktionsprodukt MnO,,,,, mit 4,0% H,O.

b) 20 g MnSO, . 4 H,O werden in 800 cm3 H,O gelost, 10 g NaCIO, hinzugefiigt, die Losung zum Sieden erhitzt und 5 om3 konzentrierte HC1 tropfenweise zugegebenl”. Kach 20 Minuten Sieden wird abgesaugt, gewaschen und 3 Stunden bei 120 “C getrocknet. Schwarzes Reaktionsprodukt MnOl,,,,.

AuBderdem entsteht rl”-MnO, (Zusammensetzung der erhaltenen Praparate in Klam- mern) bei der Einwirkung von IC111n04-Losungen auf eine 90-100 “C warme Msung von MnCl, in CH,COOH4j) (MnOl,,08), durch 8- bis 24stundiges Einleiten von Chlor in waBrige Suspensionen von MnC0,46) (Mn0,,9,4), MnC,O, (Mn0,,M5), a-Mn,O,*l) (Mn0,,,83), Mn,O, (Hausmannit iind Hydrohausmannit; MnO,,,, - MnO, 975), MnOOH (M~IO,,~,,), &!In( OH), (MnO,,,,.J oder durch 24stundiges Kochen von Mangan(II)-Manganit*7) (MnO,,,,,) und Mn,O, (MnO,,g,o) in 3 n HNO,, bzw. von Cliedern dcr S (fremdionenfrei)- oder y- Gruppe und von 7- und q’-MnO, in Sauren Jder Wasser (MnO,,,,, - MnO,,,,,). q”-MnO, bildet sich in verunreinigter Form beim Kochen von Mn(NO,),-Losungen in konzentrierter HKO, mit PbO, [nachlo) soll hierbei y 11-MnO, entstehen].

Die Darstellung von einheitlichem q-MnO, ist recht zufallig, im allgemeinen treten Ubergangsglieder ewischen 9- und r,”-MnO, auf, die mehr niit q- oder mehr mit ?,’-MnO, Ahnlichkeit haben: z. B. bei der Oxydation von Mn2f-Salzlosungen in 3 n HNO, in der Siedehitze mit festem NaC10,17) 48) bzw. NaBrO,, oder bei der anodischen Oxydation einer Losung von 3 g MnSO, . 4 H,O in 600 om3 H,O 4- 2 cm3 konz. H,SO, an Pt-Elek- troden ( 3 Volt, l , l- l ,2 Amp.) bei 75 “C (i 10”) [nachlo) soll hierbei yI-MnO,, nachs),) y-MnO, entstehen]. Analoge ubergangsglieder zwischen 7’- und q”-MnO, erhalt man bei der Oxydation von schwefliger Saure (mit SO, gesattigtes H,O) bei 80 “C mit 2proz. RMnO,-LLiisung (Zusammensetzung : MnO,,g,o - MnOj,,,J.

2. Eigenschaften der q-Braunsteine

Die Unterteilung der q-Braunsteine 1aBt sich aus den Debyeogrammen ableiten : 27-, 7’- und q”-MnO, unterscheiden sich kaum im Interferenz- muster, sondern es ist von q- uber 71’- zu 91”-MnO, ein Scharferwerden der Beugungsringe zu beobachten ; auBerdem treten zusatzliche Linien auf jsiehe Abb. 12). Diese, sowie die hydrothermalen Umwandlungen in Richtung q”-MnO, deuten darauf hin, da13 von q- zu q”-MnO, eine Zu- nahme der Ordnung im Kristallgitter erfolgt. Ein chemischer Unter- schied liegt auf Grund des Mn/O-Verhaltnisses nicht vor. Wie aus den Debyeogrammen zu erwarten ist, zeigen die q-Braunsteine gegeniiber der y-9Iodifikation nur eine kleine Oberflache: 10 bis 30 m2/g.

Temperversuche (24 Stunden bei verschiedenen Temperaturen an der Luft) und Untersuchungen mittels der Differentialthermoannlyse

15) W. BUSER, P. GRAF u. W. FEITKNECHT, Helv. chim. Acta, 37, 2322 (1934). 46) Vgl. J. OTTO, Ann. Chem. Pharm. 93, 372 (1855). 47) Nach A. O H T S T J K A ~ ~ ) sol1 hierbei y-MnO, entstehen. 48) F. BEILSTEIK u. L. JAWEIN, Ber. dtsch. chem. Ges. 12, 1528 (1879).

G. GATTOW u. 0. GLEMSER, Darstellung und Eigenschaften von Braunsteinen. I1 33

zeigten, daS bei 100 "C das Wasser abgegeben wird (siehe Abb. 13). Das Mn/O-Verhaltnis nimmt von MnO,,,, bei GO "C auf maximal MnO,,,,

t a

Strukturumwandlungen 10

auch bei den 6- und y- Braunsteinen, mit keinen

7beOb,l;

20

bei 400 "C zu und dann bei weiterer Temperaturerhohung sprunghaft auf MnO,,, ab, ent- sprechend der Umwandlung /?-MnO, -+ a-Mn,O, (vgl.Abb.14).

Rontgenaufnahmen (vgl. Abb. 15, 16 und 1 7 ) der Tem- perprodukte ergaben, dalj sich 91-MnO, bei etwa 200-2.50 "C in r'-MnO, umwandelt, aus dem dann bei etwa 300 "C /?'-MnO, entsteht ; T''-MnO, geht eben- falls bei dieser Temperatur in P'-MnO, iiber. Die weitere Um- wandlung von /? I - und P-MnO, geschieht zwischen 400 und 450 "C; bei oder oberhalb 450 "C tritt die Sauerstoffab-

100"

200". n , I I . I , I

;

0 100 200 300 400 500 - TPC) Abb. 14. Chemische Zusammensetzung der Temperprodukte von 7-Braunsteinen (als Ver-

gleich: y"-MnO,)

10

Sinne der thermodynami- 20 10 0 schen Definition zu tun,

20 sondern es treten konti- 10 0

nuierliche fjbergange zwi-

: 3OO-J.fO" 1

: COO" - ' ' n. '. c " ' '

1 I , ,I, , , , ! , I ! n, 20 10 zu j3'-MnO, auf, die sich

450'

"0 10 20 30 W 50 MI fo 80

Abb. 16. Debyeogramme der Temperprodukte von q'-MnO,. (Urnwandlung: q'-MnO, + P-MnO,

--f 8-MnO, + a-Mn,O,)

20 ; 650" 10 ; n I ! I . , *I ,I, I .n,

Abb. 17. Debyeogramme der Temperprodukte von q"-MnO, (Umwandlung: q"-MnO, + p-MnO,

34 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 309. 1961

-+ 8-MnO, 3 a-Mn,O,)

Ordriung der Verknupfung zu einem i-Geriist aus- zeichnen 32). Aus diesem Gruiide zeigen die Debyeo- gramme neben kontinuier- lichen Ubergiingen in der Lage und Intensitat der Beugungsreflexe noch zu- satzliche Linien (vgl. z. B. 300"-Temperprodukt der Abb. 16 und 17). Da man bei Temperprodukten der verschiedensten Tempe- raturen auch verschiedene Rontgenogramme erhalt, konnte man beliebig viele ,,Modifikationen" anneh- men, bei denen jedoch das Grundgitter der entspre- chenden , ,Urmodifikation" im wesentlichen erhalten bleibt. Vom struktur- chemischen Standpunkte aus ist es gerechtfertigt, in den vorliegenden Fallen besser und vereinfacht von einer, ,Strukturbreite" oder einem , ,Strukturgebiet" der entsprechenden Modi- fikation zu sprechen. Erst die Umwandlung nach p'- oder /I-MnO,, die sich in der Differentialanalyse durch einen exothermen ,,peak" auszeichnet (Abb. 3 und 13), kann eine defi- nierte Ilnderung der Kri- stallstruktur bei definier- ter Temperatur sejn.

1)urch Ultrarotaufnah- men im KBr-Bereich (Mn-

G. GATTOW u. 0. GLEMSER, Darstellung und Eigenschaften von Braunsteinen. I1 35

0-Schwingungen) koniiten die vorliegenden Uiitersuchungen bestatigt werden (Abb. 18 und 19).

-/ 16 11’ 16 19 M 21 2121

- . U ’ ~ 1 , . ” ’ , ~ , , 1 , , , ~ ’ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ,

iW M Hk7 680 6W 610 &Il~530%0 570 180 140420

Abb. 18. Ultrarotspektren der Temperprodukte von 7-MnO, (vgl. Abb. 15). (Umwandlung:

7-MnO, +- q’-MnO, --f p’-MnO, -+ p-MnO, --f a-Mn,O,)

- 07-1

-P 14 15 16 I? I8 19 W 21 22 13

Abb. 19. Ultrarotspektren der Temperprodukte von q”-MnO, (vgl. Abb. l?). (Umwandlung:

V”-MnO, + ,Y-MnO, -+ B-MnO, -+ wMn,O.J

Auf Grund der Darstellungsbedingungen und bei einem Vergleich der Debyeogramme ist unser 7”-MnO, sehr ahnlich dem von COLE, WADSLEY

3*

36 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 309. 1961

und WALKLEY~O) publizierten y'I-MnO,. Bei dem von KEDESDY, KATZ urid LEVIN 18) bzw. MUENCH 4s) beschriebenen Q-MnO, handelt es sich vermutlich um einen Ijl-Braunstein, wje eine Uberpriifung der Dar- stellurigsmethode nnd ein Vergleich der Gitterdimensionen 32) zeigte.

Unser Dank gilt der Deutschen Forschungsgemeinschnft und dem Fonds der Chemi- schen Industrie fur die zur Verfugung gestellten Hilfsmittel.

*9) J. T. MUENCH, Proc. Ann. Battery Research Develop. Conf. 1 2 t h , Fort Mon- mouth, 1959, S. 79; vgl. auch ,,Manganese Dioxide, Military Battery Grade", Signal Corps, Technical Requirements SCL-3175, Juli 1955.

Giittingen, Anorganisch-chemisches Institut der Universitat.

Bei der Redaktion eirigegangen am 31. M&rz 1960.