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I. Ueber mehrere neue Alkohole. Von Berthelot. {Compt. rend. 1858. t. XZVI1. (No. 6.) p. 262.) In der folgenden wie in fruheren Abhandlungen be- zeichne ich als Alkohole alle neutralen Korper, welche aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff bestehen, und die Fahigkeit haben, sich mit irgend einer Saure unter Elimi- nation von Wasser zu neutralen Korpern zu verbinden, aus welchen durch Wiederaufnahme der Elemente des Wassers der urspriingliche Korper regenerirt werden kann. Bei Bezeichnung dieser Verbindungen wende ich die- selben Regeln an, welchen ich bei Mannit uiid den andern zuckerartigen Korpern gefolgt bin: ich setze vor den Namen des ursprunglichen Alkohols ein Adjectiv, welches den Namen der Saure und die Anzahl der Aequivalente derselben bezeichnet : tristearinsaurer Mannit (mannite tri- st eerique). In diesem Sinne sind das Cholesterin, der Borneo- Campher, die Trehalose, das Meconin und dss Aethal, mit welchen ich mich im Folgenden beschaftigen werde, wahre Alkohole. Das Aethal ist schon langt als solcher betrachtet worden. Die neuen Verbindungen, welche ich im Folgen- den beschreiben werde sind nach derselben allgemeinen Methode dargestellt, wie die kiinstlichen Korper und die Verbindungen der Zuckerarten mit den Sauren: Man er- Chemie. LXXVII. i. Jouro. 1. prakt 1

Ueber mehrere neue Alkohole

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I. Ueber mehrere neue Alkohole.

Von Berthelot.

{Compt. rend. 1858. t. XZVI1. (No. 6.) p. 262.)

In der folgenden wie in fruheren Abhandlungen be- zeichne ich als Alkohole alle neutralen Korper, welche aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff bestehen, und die Fahigkeit haben, sich mit irgend einer Saure unter Elimi- nation von Wasser zu neutralen Korpern zu verbinden, aus welchen durch Wiederaufnahme der Elemente des Wassers der urspriingliche Korper regenerirt werden kann.

Bei Bezeichnung dieser Verbindungen wende ich die- selben Regeln an, welchen ich bei Mannit uiid den andern zuckerartigen Korpern gefolgt bin: ich setze vor den Namen des ursprunglichen Alkohols ein Adjectiv, welches den Namen der Saure und die Anzahl der Aequivalente derselben bezeichnet : tristearinsaurer Mannit (mannite tri- st eerique).

In diesem Sinne sind das Cholesterin, der Borneo- Campher, die Trehalose, das Meconin und dss Aethal, mit welchen ich mich im Folgenden beschaftigen werde, wahre Alkohole. Das Aethal ist schon langt als solcher betrachtet worden. Die neuen Verbindungen, welche ich im Folgen- den beschreiben werde sind nach derselben allgemeinen Methode dargestellt, wie die kiinstlichen Korper und die Verbindungen der Zuckerarten mit den Sauren: Man er-

Chemie. LXXVII. i . Jouro. 1. prakt 1

2 Berthelot: Ueber mehrere neue Alkohole.

hitzt in zugeschmolzerfen Rohren die Saure und den Korper, welche man reagiren lasqen will auf 200° wHhrend 8-10 Stunden. TJnter diesen Umstiinden geht im Allge- meinen die Verbindung leicht vor sich.

I. Cholesterin: C52H4402.

Die Verbindungen des Cholestrins mit Stearin-, Benzoe-, Buttersaure und Essigsaure entstehen bci 200". Urn sie zu reinigen, entfernt man die uberschussige nicht verbun- dene Saure, indem man ebenso verfahrt, wie bei Darstel- lung der kiinstlichen Fette (s. dies. Journ. LX, 193). Man erhalt so neutrale Verbindungen, gemengt mit uberschus- sigem und freiem Cholesterin. Man kocht das Gemenge mit dem 8-10 fachen Gewicht von gewohnlichem Alkohol, welcher in der Warme das Cholesterin lost und kaum auf die Verbindung einwirkt, decantirt den kochenden Alkohol und wiederholt diese Behandlung der unloslichen Substanz 5-6 Mal, lost sie darauf in kochendem Aether, woraus sie sich beim Erkalten in der Etegel in krystallinischer Form abscheidet. Die Analyse zeigte, dass die Choleste- rinverbindungen durch Vereinigung von 1 Aeq. Cholesterin mit 1 Aeq. Saure unter Austreten von 2 Aeq. Wasser ent- stehen. Sie widerstehen den Alkalien bei 100° viel mehr 81s die neutralen Fet te , zersetzen sich jedoch nach 8-10 tagigern Behandeln vollstandig in Cholesterin und Saure, welch letztere sich mit dem Alkali rerbindet. Ich babe dargestellt :

Stearinsaures Cholesterin : Cs8HTs04 = C36H3604 4 CJZH1402 - 2 H 0 , eine neutrale, farblose Substanz, welche in kleinen glanzenden und viel grosseren Nadeln krystalli- sirt als das Stearin, wenig loslich in kaltem .4ether, fast unloslich in gewohnlichem und selbst in kochendem Al- kohol.

Buttersaures Cholesterin : C60H5004 = C8H804 + C~~H4402 - 2 H 0 , neutrale, feste, ziemlich schmelzbare Substanz, etwas loslich in warmem Alkohol.

Essigsaures Cholesterin. Benzoesaures Cholesterin : C66H4804 = C14&0( +

-/- C52H1402 - 2H0, eine neutrale, in kleinen glanzenden

Berthelot : Uehcr mehrere neue Alkohole. 3

und glimmerartigen Blattern krystallisirende Substanz, zwischen 123 und 130'' Echmelzbar, aiernlich IBslich in Aether, sehr wenig in kochendem -4lkohol.

Diesc Thatsachen beweisen, dass das Cholestcrin ein dem Aethal analoger Alkohol ist, andere Umstande, welche ich noch untersuchen werde, lassen mich glauben, dass sich gewisse, Aether des Cholesterins unter den normalen oder pathalogischen Producten des menschlicheii Kiirpers finden.

Das Cholesterin ksnn als der Typus einer Reihe ein- atorniger Alkohole angesehen werden, welche durch die Formel C'IOH20--BOZ ausgedruckt werden. Zu dieser Reihe gehort auch der Zimmtsaure-Alkohol : ClsH1,O2.

ZI. Aethal: C32H3402.

Ich habe den stearinsauren, huttersauren und essig- sauren A ether des Aethals dargestellt und sie gereinigt und analysirt wie dIe entsyrecheriden Cholesterinverbin- dungen.

Benzoesaures Aethal : C4eR3804 = C14H604 -f C32H3401 - 2110.

Stcarinsaures Aethal : C68H6804 = CS6H3604 + C62H3409 - 2H0, eine sehr schone Substanz, welche zwischen 55 und 60, schmilzt und in grossen, glHnzenden dem Wall- rath ahnlichen BlPttern krystallisirt.

III . Trehalose.

Ihre Verbindungen entstehen in kleiner Menge, wenn man die Trehalose mit den Sauren auf 180, erhitzt; sie sind isomer oder vielleicht identisch mit denen der Gly- kose und reduciren das weinsaure Kupferoxyd-Kali. Die stearinsaure Trehalose ist eine neutrale, dem Stearin ahn- liche Substanz ; die benxoesaure Trehalosc eine neutrale Flussigkeit ; die essigsaure eine neutrale, in Wasser ziem- lich losliche Fliissigkeit, deren bitterer Geschrnack mit dem des schwefelsauren Chinins verg!ichen a e r d e n kann ; die buttersaure Trehalose: Ci4H11O7 = C8Hs04 + C6H505 -2HO ist eine neutrale, bitterschmeckende Flussigkeit, welche in Aether und in Alkohol loslich is t , sehr weiiig loslich in

I'

4 Berthelot : lfeber mehrere n e w Alkohole.

Wasser ; heim Kochen derselben mit Alkohol und Chlor- wasserstoffsaure bildet sich Butterather.

IV. Meco?i;u: C20H,o08.

Das Meconin gab bei mehrstundigem Erhitzen auf ZOO0 mit Stearinsaure, eine neutrale Verbindung in gerin- ger Menge. Der Ueberschuss des Meconins wurde durch kochendes Wasser , der Siiureiiberschuss durch geloschten Kalk entfernt. Die Zusammensetzung der neutralen Ver- bindung kann durch die Formel ausgedruckt werden : C92H.r8012 = 2C36113604 + C20TIlo08 -- 4 H 0 , welche ich wegen Mange1 a n Substanz nicht durch Verseifung der Substanz controliren konnte.

V. Borneo- Campher oder Camphol: (:20HI

Der Borneo - Campher spielt die Rolle eines Alkohols, ich werde ihn daher CamphersRure-Alkohol oder Camphol nennen. Er verbindet sich hei mehrstiindigeni Erhitzen auf 200° mit den organischen Sauren rnit Leichtigkeit. Man entfernt den Ueherschuss der freien SBure und trock- net darauf die neutrale Verbindung bei 150° wahrerid eines halben Tages, wobei sich das freie Cnmphol verfluchtigt. Dieses Verfahren ist hesonders hei den beinahe festen Aethern anzuwenden, die fliichtigeri Aether konnen jeden- falls durch Uestillation gereinigt werden. Das LeiizoPsaure und das stearinsaure Camphol sind neutrale, farblose und geruchlose Flussigkeiten, loslich in ,tether und in Alkohol und zersetzbar durch Alkalien unter Regeneration der entsprechenden Saure und des Camphols. Das stearinsaure Camphol entspricht der Formel : Cs6H5204 = C36H3604

Diese Aether haben Lesonders wegeri ihrer Beziehun- gen zu verschiedenen natiirlichen Verbindungen Interesse; man kann sich vorstellen, dass sie durch Vereinigung rnit dem Kohlenwasserstoff C20111b entstanden sind, d. h. mit einem in der Natur sehr verbreiteteq Kohlenwasserstoff, dessen zahlreiche isomere Verbindungen die iitherischen Pflanzenole bilden. Es ist moglich, dass einige dieser

+ C20H1802 - 2110.

Hanhart: Neuc Aether der Stearin- und Margarinssure. 5

Aether einen Grundbestandtheil rnancher iiaturlicher Sub- stamen, z. R. des Bernsteins, ausmachen.

Das Camphol ist das erste Beispiel einer Iteihe ein- atomiger Alkohole, welche durch die Formel C2nH20--101

charakterisirt sind.

Ich hsbe auch noch mit andern als den erwahnten Substanzen Versuche gcmacht, musste dicse aber wegen Mange1 an Material und wegen der Schwierigkeit der Iteinigung der Producte aufgeben. Die vorliegenden Versuche, welche sich an die yon mir iiber die zucker- artigen Substanzcn und an die Versuche Anderer an- schliessen, zeigen jedoch, dass die meisten ternaren sauer- stoffhaltigen organischeri Substanzen einer kleinen Aniahl von Fundamentalgruppen angehoren : den Sauren, Alko- holen, Aldehyden und gepaarten Korpern, welche durch Vereinigung der ersteren entstehen. Diesen Kategorien muss man die genannten organischen Substanzen anzu- schliessen suchen. Die sich tjlglich verbessernden Metho- den der Analyse und Synthese gestatten den Untersuchun- gen eine bcstimrnte Basis zu geben und die Resultate zuruckzufiihren auf eine kleine Zahl.

11. Einige neue Aether der Stearin- und

Margarinsaure. Von

Hanhart.

fCompi. rend. 1858. t. XLY.1 (No. 5.) p . 230.)

Das vergleichende Studium verschiedener Aether hat zu einigen allgemeinen Beziehungen gefuhrt, welche zwi- schen den physikalischen Eigenschaften dieser Korper und