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W. Hieber u. H. Lagally. Eisencarbonyljodide 295 Uber Metallcarbonyle. XXXlll 'j Eisencatbonyljodide Ton W. HIEBER und H. LAG ALLY^) Mit einer Abbildung im Test Von den Eisen(I1)-halogeniden konnte in friiheren Unter- suchungen3) die liickenlose Reihe von Verbindungen mit 1-5 Mol Kohlenoxyd pro Atom Eisen erhalten werden. Unter normalen Be- dingungen erscheinen die T e t racar b o n y 1 halo ge nid e Fe(CO),Halg, am bestandigsten. Die Verbindungen mit 5 Mol Kohlenoxyd pro Atom Eisen, Fe(CO),Halg2, bilden sich nur bei tiefen Tem- peraturen durch direkte Addition der Komponenten. Substanzen, die weniger als 4 Mol Kohlenoxyd pro Atom Eisen enthalten, er- soheinen nach den friiheren Arbeiten gleichfalls recht labil, so daB solche zuniichst nur durch eine stabilisierende Zusatzreaktion, d. h. Komplexbildung mit Aminen u. dgl., zu isolieren waren. Seit der Auffindung eines unter normalen Bedingungen ver- hiLltnismaBig bestandigen E is en(1I)-dicar bony1 c hl or ids 4, erschien nun das weitere Studium iiber Entstehung und Eigenschaften nie- derer Eisen(I1)-carbonylhalogenide, d. h. solcher mit weniger als 4 Mol Kohlenoxyd pro Atom Eisen, aussichtsreich. Es lag nahe, hierbei von den Tetracarbonylhalogeniden selbst auszugehen. Diese Erwartung hat sich im besonderen Umfang beim Jodid be- statigt, was jedenfalls durch den unpolaren Charakter speziell der Eisen-Jod-Bindung begriindet ist. Eisentetracarbonylj odid selbst unterscheidet sich im be- sonderen Hal3 von den anderen Carbonylhalogeniden. So ist es bereits im Gegensatz zum Bromid in einer Reihe indifferenter *) XXXII. Abhandlung, vgl. Z. anorg. allg. Chem. 245 (1940), 35. 3) W. HIEBER u. G. BADER, Z. anorg. allg. Chem. 190 (1930), 193. 3 W. HIEBER u. A. WIRSCHINQ, Z. anorg. allg. Chem. 246 (1940), 45, 55. D. 91. 20*

Über Metallcarbonyle. XXXIII. Eisencarbonyljodide

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W. Hieber u. H. Lagally. Eisencarbonyljodide 295

Uber Metallcarbonyle. XXXlll 'j

Eisencatbonyljodide

Ton W. HIEBER und H. LAG ALLY^)

Mit einer Abbildung im Test

Von den Eisen(I1)-halogeniden konnte in friiheren Unter- suchungen3) die liickenlose Reihe von Verbindungen mit 1-5 Mol Kohlenoxyd pro Atom Eisen erhalten werden. Unter normalen Be- dingungen erscheinen die T e t r a c a r b o n y 1 ha lo ge nid e Fe(CO),Halg, am bestandigsten. Die Verbindungen m i t 5 Mol Kohlenoxyd p r o Atom E i sen , Fe(CO),Halg2, bilden sich nur bei tiefen Tem- peraturen durch direkte Addition der Komponenten. Substanzen, die weniger a l s 4 Mol Kohlenoxyd p r o Atom E i s e n enthalten, er- soheinen nach den friiheren Arbeiten gleichfalls recht labi l , so daB solche zuniichst nur durch eine stabilisierende Zusatzreaktion, d. h. Komplexbildung mit Aminen u. dgl., zu isolieren waren.

Seit der Auffindung eines unter normalen Bedingungen ver- hiLltnismaBig bestandigen E i s en(1I)-dicar bony1 c h l o r i d s 4, erschien nun das weitere Studium iiber Entstehung und Eigenschaften nie- d e r e r Eisen(I1)-carbonylhalogenide, d. h. so lcher mi t weniger a l s 4 Mol Kohlenoxyd p ro Atom Eisen, aussichtsreich. Es lag nahe, hierbei von den Tetracarbonylhalogeniden selbst auszugehen. Diese Erwartung hat sich im besonderen Umfang beim J o d i d be- statigt, was jedenfalls durch den unpolaren Charakter speziell der Eisen-Jod-Bindung begriindet ist.

E i s e n t e t r a c a r b o n y l j odid selbst unterscheidet sich im be- sonderen Hal3 von den anderen Carbonylhalogeniden. So ist es bereits im Gegensatz zum Bromid in einer Reihe indifferenter

*) XXXII. Abhandlung, vgl. Z. anorg. allg. Chem. 245 (1940), 35.

3) W. HIEBER u. G. BADER, Z. anorg. allg. Chem. 190 (1930), 193. 3 W. HIEBER u. A. WIRSCHINQ, Z. anorg. allg. Chem. 246 (1940), 45, 55.

D. 91.

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organischer Mlittel recht gut liislich und l&Bt sich z. B. aus &her umkristallisieren. Neuerdings konnte sogar beobachtet werden, daB das Carbonyljodid im Vakuum subl imier t , ein Charakteristikum fiir typisch unpolaxe Verbindungen. Ferner war es moglich, a u s den1 E i sen te t r aca rbony l jod id m i t Kohlenoxyd E i senpen taca r - bony1 zu erhalten. Bei gewiihnlichem Druck tritt diese Reaktion zwar nur sehr untergeordnet ein, weil das Carbonyljodid grobtenteils thermisch zersetzt wird. Sie erfolgt aber docb schon bei etwa 40° deutlich, d. h. in einem Umfang von ungef'ahr 10 O i 0 , wenn dem Jodid ein Beimeta l l , z. B. Kupferpulver, beigemischt wird. Neben der rein thermischen Zerlegung(1) tritt also eine Di sp ropor t ion ie rung ein(21:

1. Fe(CO),J, -+ FeJ, + 4CO; 2. 5Fe(CO),J, + lOCu --f lOCuJ + 4Fe(CO), + Fe.

Noch rnehr begiinstigt wird dieser letzte Vorgang durch maBige Druck- und Temperaturerhohung. Beim Bromid tritt dagegen unter gleichen Bedingungen uberhaupt kein Pentacarbonyl mehr auf, d. h. es wird in jedem Fall nur gema6 der Gleichung (1) zersetzt. Diese rein thermische Zersetzung fuhrt zugleich auch zu einer besonders guten Dars t e l lung d e r r e inen , wasser f re ien Eisen(I1)-halo- gen ide i n f e ins t e r Vertei lung, eine Beobachtung, Ton der fur spatere Versuche erfolgreich Gebrauch gemacht wirdl).

Weitere Untersuchungen unter verfeinerten Bedingungen haben nnngezeigt, daB die the rmische Ze r se t zung des E i senca rbony l - j o d ids keineswegs ausschlieBlich im Sinne der einfachen Zerfalls- reaktion (1) verliiuft. Vielmehr entstehen hierbei eine Anzahl anderer Ze r fa l l sp roduk te verschiedenen Jod- und Kohlenoxyd- geha l t s , wobei sich der Existenzbereich far einzelne Praparate noch gut festlegen la&.

Der d i r e k t e Ze r fa l l Fe(C0l4J2 --t FeJ, + 4CO findet n u so lange statt, als man das Tetracarbonpljodid i n e inem indiffe- r en ten Gass t rom verhaltnismiil3ig r a s c h bei 200-400°, z. B. in einem Verbrennungsrohr, zersetzt. Sobald man bei n i ed r ige re r T e m p e r a t u r nnd ge r inge re r Geschwindigkei t de r Tempe- r a t u r e r h o h u n g arbeitet, wie es z. B. schon bei Verwendung eines Rohres mit groBerem Durchmesser erreicht wird, erhalt man neben reinemEisen(I1)-jodid in erster Linie ein DicarbonyljodidFe(CO),J,. Wesentlich ist hierbei allerdings die Natur des indifferenten Gases, in dem sich bei diesem thermischen Zerfall das Praparat befindet. Besonders im Wassers toffs t rom beobachtet man die Entstehung

I) Vgl. die folgende Abhandlung ,,Uber Metallcarbonyle. XXXIV".

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der Dicarbonylverbindung, und zwar sublimiert dieselbe auffallender- weise in Form eines augerst fein verteilten, zuletzt dunkelbraunen Beschlags gegen den Wasserstoffstrom @ei a, Abb. 1). Ersetzt man den Wasserstoffstrom z.B. durch S t i cks toff, oder, noch besser, durch das schwerere Kohlendioxyd, so bilde,t sich das Eisendicarbonyl- jodid gewohnlich nur spurenhaft. Die Diffusion gegen die Molekiile dss schwereren Gases tritt naturgemaB in den Hintergrund, und damit auch der Umfang der Dicarbonyljodidbildung. Dafur beobachtet man nunmehr eine neue Erscheinung: Es bildet sich ein Beschlag in R i c h t u n g des Gasstromes, d. h. im vorderen Teil des Verbrennungsrobres (bei b), der im wesentlichen die Zusamm en se tzung F e ( CO),J besitzt.

1 Abb. Thersischer Abbau von Fe(CO),J,

Unter besonderen Urnstanden ist es sogar moglich, diese auger-

Selbstverstiindlich spielt sich in allen Fallen die no rma le ordentlich zersetzliche Verbindung rein zu erhalten.

Umsetzung 1. Fe(CO),J, --+ FeJ;, + 4 C 0

als H a u p t r e a k t i o n ab. Daneben beobachtet man aber die Vorglinge:

2. Fe(CO),J, -+ Fe(CO),J, + 2CO (bes. in H,); 3. Fe(C0)2J, --+ Fe(CO),J + J (in N,, CO,).

Das Jod (nach 3) wird jedoch nicht a l s solches frei, sondern der ,,Riickstand" enthalt in diesem Fall neben reinem FeJ, auch ein P r o d u k t hoheren Jodgeha l t s :

4. FeJ, + J ---c FeJ, (neben FeJ,).

Dieses letztere ist fraglos endo the rm und bildet sich daher nu- bei hoheren Temperaturen. Bei gewohnlicher Temperatur zerfallt es spontan unter Jodabgabe 1). SchlieBlich konnte sogar noch die Ent-

I) Fkines Eisen (III-jodid ist nicht bekannt.

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stehung eines reinen kohlenoxydfreien Eisen(1)-jodids, F e J , be- obachtet werden. Diese hellrote, augerst empfindliche Substanz er- scheint als Z erf all sp r o d u k t d e s D i ca rb o ny 1 e i sen(1)- j o d id s:

5. Pe(CO),J + F e J + 2C0, und zwar im noch heiBen Teil des Rohres (bei c), in dem diese thermische Zersetzung der primaren Kohlenoxydverbindung statt- findet, bevor die Substanz in den kalteren Teil sublimiert. In Wassers tof fa tmosphi i re finden die Vorgiinge 4 und 5 n ich t statt. Dies erscheint auch durchaus verstandlich, denn im reduzierenden Me- dium ist die Bildung eines FeJ, nicht moglich, so daB infolge hiervon auch die Entstehung einer Eisen (1)-verbindung (nach 3) ausbleibt.

Diese Erscheinungen waxen unerwartet und die Mannigfaltigkeit der Verbindungen erscheint iiberraschend; indessen ist es moglich, die einzelnen Substanzen und Yhasen naher zu charakterisieren. Be- sonders leicht gelingt dies beim Dicarbonyleisen(I1)-jodid, das nicht nur analytisch genau erfaBt wurde, sondern auch durch sein chemisches Verha l ten sich als Dicarbonylverbindung erweist. So eritsteht mit P y r i d i n das bekannte tiefgriine Fe(CO),Pyr,J,, das erst bei weiterem Pyridinzusatz unter CO-Entbindung pyridinhaltiges Eisen(II)-jodid gibt. Mit o - P h e n a n t h r o l i n e rhdt man leicht die stabile tiefrote Verbindung Fe(CO), Phenanthrolin J, (vgl.Anm. 3,S.295).

Weitere Versuche ergaben, dab das Dicarbonyljodid uberhaupt verhaltnismaBig leicht entsteht. So wird es durch Abbau aus dem Tetracarbonyljodid bereits erhalten, wenn man dieses bei Tempe- raturen urn S O o trocken, oder in Losungsmitteln, die wie Benzol, Cyclohexan u. a. bei etwa S O o sieden, zersetzt. Ferner kann man diese Substanz unter denselben Bedingungen (80") auch unmittelbar durch E inwi rken von J o d au f E i senpen taca rbony l erhalten. Im allgemeinen sind solche Praparate allerdings nicht ganz analysen- rein; aus naheliegenden Griinden ist der Kohlenoxydgehalt infolge weitergehender Zersetzung gewohnlich etwas zu tief. Jedoch besteht kein Zweifel an der grofien B i ldungs tendenz d e r Dijod-Di- carbon y lve r bin d u n g unter den beschriebenen Umstanden.

Das Dicarbonyleisen(1)-jodid ist zwar infolge seiner auBer- ordentlichen Zersetzlichkeit unter normalen Bedingungen n i c h t ha l tba r . Seine Zusammensetzung ist aber analytisch sichergestellt; ebenso lafit sich zeigen, daB die Substanz infolge ihres groBen Red uk t ion s w er t e s bereits i n ver du nn t - sa lp e t er s a u r e r Lo sung Silbernitrat zu Metall reduziert, eine Fahigkeit, die kohlenoxyd-

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haltige Eisen(I1)-verbindungen erst in neutraler, bzw. ammoniakalischer Losung besitzen. Gegenuber den tief schwarzbraunen Kohlenoxy d- verbindungen ist das kohlen oxy dfr e i e Eis en<I)-j o di d leuchtend rot und zeigt gleichfalls die r eduz ie rende Wirknng gegenuber Silbernitrat. Die Eisen(I)-verbindungen scheiden ferner mit Was s e r Eisen(I1)-hydroxyd unter gleichzeitiger Gasentwicklung (HJ ab.

Das Dicarbonyleisen(I)-jodid ist in formaler Hinsicht ein Analogon zum Dinitrosoeisen(I)-jodidl), nur ist das letztere, bedingt durch den Charakter der Eisen-NO-Bindung, wesentlich stabiler. In beiden Fallen iihen die ,,Neutralteile" NO bzw. CO eine stark ba thochrome Wirbung aus. Die K o n s t i t u t i o n der Verbindungen ist no& nicht sichergestellt; moglicherweise liegt auch dimere S t r u k t u r

Subs tanzen rnit 1 bzw. 3Mol CO pro Atom Ei sen konnten durch direkten Abbau von Eisentetracarbonyljodid nicht erhalten werden. Nach den bisherigen Untersuchungen existieren sie nur, wenn sie infolge Komplexbildung stabilisiert sind, z. B. Fe(CO)3Hg, J, und Fe(CO)Pyr,J, (vgl. Anm. 3, S. 295).

Es l%iBt sich somit feststellen, daB Eisen(I1)-carbonyljodide i n a l l en S tu fen m i t 1-5 Mol CO p r o Atom E i s e n existieren. Das hangt mit dem unpo la ren C h a r a k t e r d e r Eisen-Jod- B indung eusammen, der zugleich die Existenz und Bildungsweise des Eke@)-jodids e rk l i t . Denn die Erscheinung, daB gelegentlich sogar das J o d vor dem Kohlenoxyd en tbunden wird, ist bei anderen Halogeniden infolge der vie1 geringeren Deformierbarkeit der Elektronenhulle des Halogenions nicht zu erwarten. Bemerkens- wert ist ferner, daB sich die S tab i l i t a t sve rha l tn i s se be i d e n D i c ar b o n y l-E is e n(II)- h a1 o g e ni d e n gegeniiber denen der Tetra- carbonylverbindungen offensichtlich umkehren; denn das Dicar- bonyljodid erweist sich als wesentlich l ab i l e r als das entsprechende Chlorid, wie es auch bei den ,,Molekiilammoniakaten" der Fall ista). Die Zahl der Carbonylhalogenide dex Eisens ist nach diesen letzten Untersuchungen besonders stark angewachsen und wird nach den neueren Ergebnissen 3, nur von denen einiger Platinmetalle, speziell des Osmiums, noch iibertroffen.

I) W. HIEBER u. R. NAsT, Z. anorg. d g . Chem. 244 (1940), 23. $) W. BILTX, Z. anorg. allg. Chem. 180 (1923), 93.

Nach noch unveraffentlichten Untersuchungen von H. STALLMANN, Miinchen.

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300 Zeitschrift fur anorganisohe und allgemeine Chemie. Band 245. 1940

Experimenteller Teil

Eisen te t r aca rbony l jod id wird nach der friiher beschriebenen Methode dargestellt. Es l%Bt sich gut beobachten, dab die Verbindung snbl imier t , besonders im Vakuum bei etwas erhohter Temperatur, z. B. ungefahr 404

Wird ein inniges Gemenge von Carbonyl jodid und Kupfe r - pu lver auf etwa 40° i m Kohlenoxyds t rom erwarmt, so beobachtet man in einer vorgelegten Kdtefalle die Abscheidung von P e n t a - carbonyl. Ein q u a n t i t a t i v e r Versuch, uber den Umfang der Carbonylbildung ergab: 0,8334 g Fe(CO)4J, lieferten 10,2 Eisen aus Pentacarbonyl, und 88,6O/, Eisen im Riickstand. Es ist wohl zu erwarten, dafi die Carbonylbildung schon unter maBigem Kohlen- oxyddruck bei gewohnlicher Temperatur erheblich begiinstigt wird, aber auch von der Natur des zugesetzten Beimetalls abhiingt.

Bei vergleichbaren Versuchen mit E i s e n t e t r a c a r b on y 1 - b r o m i d - bei 40° und gewohnlichem Kohlenoxyddruck - wird dagegen kein Eisenpentacarbonyl mehr erhalten.

1. Darsteilung von Eisen(l1)-jodid aus Eisentetracarbonyljodid

Zur Darstellung dieser Verbindung ist es wesentlich, das Fe(CO)4 J, verhdtnismabig rasch und gleichmaBig dnrch trockenes Erhitzen in indifferenter Atmosphiire (N2, GO,) zu zersetzen. Man verwendet ein Verbrennungsrohr von 1-1,5 cm Durchmesser, in dem sich das Tetracarbonyljodid, eventuell zwischen 2 Pfropfen aus lockerer Asbestwolle, befindet und erhitzt im elektrischen Ofen auf etwa 200 O.

Je nach der Geschwindigkeit des Erhitzens erhalt man ein hell- bis dunkelrotes Praparat in feiner Verteilung, das p seudomorph n a c h dem u r sp rung l i chen Carbonyl jodid ist. J e niedriger die D ar s t e l lungs t emp e r a t u r ist, desto groBer ist der Verteilungsgrad des Praparats. Bei 200° wird bereits nach 10 Minuten das Kohlen- oxyd entbunden, bei hiiherer Temperatur in noch kiirzerer Zeit, bei 120 O ist die Urnwandlung derselben Menge (etwa 3 g) Ausgangsmaterial in kohlenoxydfieie Substanz erst nach etwa 45 Minuten vollendet.

Das so erhdteneFe J, lost sich mit schwachgelber Farbe inWasser. Zur Eisenbest immung kann man unmittelbar trocken erhitzen, wobei

zueret das Jod entweicht, hernach, bei starkem Gliihen, entsteht Fe,Os, das immer noch p seu dom orp h nach dem urspriinglichenEisentetracarbonyl~jodid ist.

FeJ, Ber. Fe 18,03 J 81,97 Gef. Fe 18,04 J 82,12.

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E i s en (11) - b r o m id wird aus der Carbonylverbindung in vollig analoger Weise erhalten. Es fallt als blaB gelbgriines, sehr hypo- skopisches, au6erst fein kristallines Pulver an, das an der Luft rasch braun wird. Von den nach den sonst iiblichen Verfahren dargestellten braunen Praparaten unterscheidet es sich durch seinen vie1 he l l e ren Farbton. FeBr, Ber. Fe 25,SS Rr 74,12

Gef. Fe 25,74 Br 73,93.

4

2. Dicarbonyl-Eisen(l1)-jodid

a) Dar s t e l lung a u s Fe(CO), J, im Wassers tof fs t rom Zur Darstellung der Dicarbonylverbindung mu8 das Eisentetra-

carbonyljodid wesentlich langs a m e r als im vorhergehenden Versuch erhitzt werden. AuEerdem ist es notwendig, hierbei im Wassers toff- str om zu arbeiten. Man verwendet ein Verbrennungsrohr (Quarzrohr) von etwa 2,5 cm Durchmesser und bringt etwa 1 g Ausgangsmaterial augerdem in ein Porzellanschiffchen, oder, noch giinstiger, man breitet es in dunner Schicht auf eine fur die Rohrweite zugeschnittene diinne Glasp la t t e (Objekttrager) aus. Im elektrischen Ofen erwlrmt man l angsam auf 120O. Nach einiger Zeit beobachtet man, daB auf- fallenderweise gegen den Wassers tof fs t rom eine anfangs hellrote, schlieBlich infolge grogerer Schichtdicke dunkelbraune Substanz in PuSerst feiner Verteilung sublimiert, die den ganzen hinter dem Ofen bekdlichen Rohrteil (vgl. Abb. 1 bei a) gewissermaBen in gaskolloidem Zuatand d l l t and. s i c ! mrh 6niqx %.fb rlnr_t, ~P&LwM~&.

Hat sich eine geniigende Substanzmenge angesammelt, so 1al3t man erkalten und sammelt sie im Kohlendioxydgegenstrom. Die ge- bildete Nenge der Dicarbonylverbindung ist im allgemeinen recht gering, denn der groBte Teil des Ausgangsmaterials lie@ natiirlich a l s Eisen(I1)-jodid an der urspriinglichen Stelle (auf dem Objekttrager) vor; die thermischeZersetzungfindet nur a n d e r Oberf lache statt. So konnen in einem dnsatz nur bis zu 40 mg Substanz erhalten werden.

Die Verbindung lost sich in Wasser unter schwacher Gas- entwicklung (CO) mit hellbrauner Farbe. Absoluter illkohol liist ohne Gasentwicklung und diese Losung gibt mit alkoholischer o - P h en a n t h r o l in l o sung den bekannten dunkelroten Niederschlag Fe(CO), Phenanthrolin J,. Mit Pyr id in tritt sofort intensive Griin- farbung und starke Gasentwicklung auf.

0,0248 g Subst.: 0,00550 g Fe,O,; 0,03201 g AgJ; 3,02 cms GO (red.). Fe(COLJ2. Ber. Fe 15,27O/,, CO 15,31 O j 0 , J 69,42O/,

Gef. Fe 15,534/,, CO 15,24 Ole, 3 69,77°/0.

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b) Wei te re Bi ldungsweisen des Eisendicarbonyl jodids

Es hat sich ferner gezeigt, daB dieselbe Dicarbonylverbindung anch ents teht, wenn man festes Eisentetracarbonyljodid in einem Erlenmeyerkolben, in dem die Luft durch CO, entfernt wurde, bei 83O trocken erhitzt.. Die Temperatur wird durch Eintauchen in ein Wasserbad hergestellt und hierauf unmittelbar das A4usgangsmaterial in das GefaB eingeworfen. Das so erhaltene Praparat ist allerdings selten ganz analyshnrein, die Kohlenoxydwerte schwanken zwischen 1,5-2,0 Mol CO/FeJ2. Das qualitative Verhalten der Substanz ent- spricht den beschriebenen Erscheinungen.

Zur gleichen Substanz gelangt man auch auf fliissigem Wege, namlich wenn man hierfiir Mittel verwendet, die wie Benzol, Hexan? Cyclohexan u. a. bei e taa 80° sieden. Man kocht in einem dreifach tubulierten Kolben unter Riickflufl, zweckmafiig wiederum in Kohlen- dioxydatmosphare, und tragt Eisentetracarbonyljodid in das blittel ein.

Ferner kann man auch von den Komponenten E i s e n p e n t a - ca rbony l und J o d ausgehen, indem man ersteres zur siedenden Losung von Jod in Benzol, Hexan u. dgl., oder am giinstigsten Cyclo- hexan langsam hinzu3ielen laflt. Die hierbei anfallenden Praparate werden unmittelbar am angesetzten Schliffilter abgesaugt. Sie sind infolge aufierordentlich feiner Verteilung pyrophor und verbrennen an der Luft unter Entwicklung von Joddlimpfen direkt zu Pe,O,.

3. Dicarbonyleisen (I)-jodid Erhitzt man im oben beschriebenen Versuch (2 a) Eisentetra-

carbonyljodid im GO,-Strom (an Stelle von Wasserstoff ), so beobachtet man nicht mehr die ,,DiffusioniL einer Substanz gegen den Gasstrom. Vielmehr ai rd vom Kohlendioxyds t rom in feinster Verteilung ein Praparat mi tgefuhr t , das sich hinter der Ausgangssubstanz, jedoch bereits aufierhalb der Erhitzungszone niederschlagt (vgl. Abb. 1, bei b). Es erweist sich daher als zweckmagig, an das Quarzrohr, unmittelbar hinter dem Ofen, mittels Schliff eine kleine Birne anzuschliegen. I n dieser schlagt sich alsdann beim Auftreffen des Gasstromes a d die Glaswandung des Kiilbchens der groBte Teil der mitgefiihrten Substanz nieder. Mit waBrigem Pyridin scheidet die augerst zersetzliche Verbindung unter Gasentwicklung griines Eisen(II)-hydroxyd ab.

0,0173 g Subst.: 0,00575 g FqO,; 0,0171 g AgJ. Fe(CO),J Ber. Fe 23,39O,/, J 53,15O/,

Gef. Fe 23,23O/, J 53,37O/,.

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Eine A b s olut an aly s e s a m t l i c her Bestandteile, einschlieBlich des Kohlenoxyds, war infolge der groBen Ernpfindlichkeit der Verbindung nicht miiglich. Es wurde daher auch noch eine Verhs l tn isanalyse durchgefuhrt:

Gef. 0,00155 g Fe,O,; 0,00529 g AgJ: 1,084 cms CO (red.). Hiernach ver- halten sich Fe : J : CO = 1 : 0,96 : 2,06.

Das Verhaltnis Eisen : Jod fie1 manchmal etwas zu hoch aus, und zwar infolge einer spurenhaften Beimengung von gleichzeitig entstandenem Dicarbonyleisen(I1)- jodid.

4. Charakterisierung des Ruckstandes, Eisen(1)-jodid LiZBt man das bei der thermischen Zersetzung im Kohlen-

dioxydstrom (Versuch 3) auf der Glasplatte hinterbleibende fast schwarze Beaktionsprodukt in Kohlendioxydatmosphke erkalten, so treten - oft plotzlich - unter Erwiirmung violette Joddampfe auf. Znr Untersuchung dieses Produkts wurde in einem besonderen Ver- such das Ausgangsmeterial (Eisentetracarbonyljodid) in moglichst diinner Schicht auf die Glasplatte aufgetragen, da sich ergeben hat, daB die thermische Zersetzung in kohlenoxydarmere Substanzen nur an der Oberflache erfolgt. Sobald keine Dicarbonylverbinduug mehr sublimiert, wird die Substanz samt Objekttrager in ein zweites durch Hahn einseitig verschlossenes Schliffrohr (stets im Kohlendioxydstrom) gebracht und dieses alsdann mit einer mit Hahn versehenen Kappe verschlossen. Nun laBt man nach Herstellung geringen Unterdrucks im Rohr salpetersaure Silbernitratliisung einfliefien und bestimmt Eisen und Jod:

Hiernach verhalten sich: Gef. 0,02727 g Pe,O,; 0,1849 g AgJ;

F e : J = 1:2,3. J e geringer die Menge des Ausgangsmaterials ist, desto grof3er

ist der Jodgehalt des thermischen Zersetzungsproduktes, das indessen stets noch reichlich Eisen(J.1)-jodid neben Eisen(II1)- jodid enthdt. Diese Beobachtungen stehen im Einklang mit den Literaturangaben uber die mijgliche Existenz eines nur bei hoher Temperatur be- stiindigen Eisen (111)- jodids, das beim Abkiihlen zerfallt 1).

Man beobachtet ferner auch unter und unmittelbax hinter dem Objekttrager die Bildung eines hellroten, auBerst zersetzlichen Nieder- schlags. Es handelt sich hierbei um das kohlenoxydfreie Eisen(I)- j o did, dem Z e r s e t z un g s p r o d u k t v o n D i c ar b o n y 1 e i s e n( I) - j odid , wie eine Verhaltnisanalyse ergeben hat. Zur Charakterisierung

l) Vgl. GMELIN, Ilandbuch der anorg. Chem., 5. Auflage (1932), System Nr. 59, Eisen (B), 8. 344.

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bringt man nach beendeter Reaktion die nur in einer Menge von wenigen mg entstandene Substanz unmittelbar in salpetersaure Silber- nitratlosung:

Hiernach verhalten sich: Gef. 0,00633 g Fe,O,; 0,01859 g AgJ.

Fe : J = 1 : 0,998.

Zusarnrnenfassung

Beim the rmischen Abbau des Eisen te t racarbonyl jodids Fe(CO),J, bilden sich schrittweise Verbindungen niedrigerer Kohlen- oxyd- und Halogenierungsstufen. Neben dem vorwiegenden Zerfall in die Komponenten FeJ, und Kohlenoxyd tritt unter verfeinerten Be- dingungen primar das Dicarbonyl jodid Fe(CO),J, auf; ferner ent- steht, je nach der Natur des im Realrtionsraum vorhandenen in- differenten Gases (H, oder N,, CO,), Dicarbonyleisen(1)-jodid Fe(CO),J neben Eisen(II1)- jodid; schlieblich gelangt man zum kohlen- oxydfreien Eisen(1)-jodid FeJ. Die Erscheinungen, die andere Eisen- dicarbonylhalogenide nicht zeigen, stehen mit dem unpo la ren Char sk t e r d e r Ei s en- J o d- B i n dung in Zusammenhang, besonders die Beobachtung, daB gelegentlich sogar J o d vor Kohlenoxyd en tbunden w i d . Kons t i t u t ione l l laBt sich das Dicarbonyleisen(I1)- jodid dem entsprechenden Chlorid und den analogen CO -Verbindungen der Halogenide 2wertiger Platinmetalle an die Seite stellen; der labilen Dicarbonyleisen(1)-verbindung entspricht formal das friiher untersuchte bestandige Dinitrosoeisen (I)- jodid Fe(NO), J.

Fur dieunterstiitzungdieser Arbeit sprechen wir der Deu t schen Forschungsgemeinschaf t und dem B u n d der F r e u n d e d e r T e c h n i s c h e n H o c h s c h u 1 e Miin c h e n unseren verbindlichsten Dank aus.

iMi2rnchemn, Anorg~nisch-chemisches Laborntorium cler Tech- laischen Hochschule.

Bei der Redaktion eingegangen am 20. September 1940.