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Uber MischungswLIrmen von KugeltlUssigRelten Von WERNER SCRULZE (Mit 3 Abbildungen) Karl Fredenhagen zum Gedachtnis Inhaltsiibersicht Es werden an Hand von Literaturdaten au8 den Grenzwerten der Mischungswamm einer Reihe unpolarer Flussigkeitsgemische die Bmdungsmergien zwischen ungleich- artigen Molekulen unter Benutzung des Kugelmodells einer Flussigkeit berechnet. Ferner wird ein allgemein giiltiges Verfahren zur Berechnung der Nachbarnzahl um eine Kugel unterschidichen Radius angegeben. Die beim Herstellen eines Mols einer binliren flussigen Losuiig auf - tretende Mischungswarme IaBt sich allgemein aus 2 Anteilen zusammen- setzen, indem man die Mischung der Zusammensetzung xA (= Mol- bruch der Komponente A) aus xA Molen A und xB = l - xA Molen B uber den Gaszustand gebildet denkt. Dem System der getrennten Kom- ponenten ist zunachst die Trennungsenergie fur die Molekule der reinen Stoffe zuzufuhren, bei Kondensation des Gasgemischos zur flussigen Mischung wird dann die Bifdungsenergie der Mischung frei. Im allgemeinen ist jeder dieser Energieanteile selbst eine sehr komplexe GroBe. Z. B. enthalt die Trennungsenergie einer assoziierten Flussigkeit sonohl die Energie zur Oberwindung der VAN DEE WAALS- schen Krafte zwischcn den Assoziaten als auch die Dissoziationsenergie der Assoziate, wenn man den Dampf als aus den Formelmolekiilen zu- sammengesetzt ansieht. Zu einer zahlenmaRigen Erfassung der Mischungswarmen wird man daher mit dem einfachsten Model1 einer Flussigkeit beginnen, das ails Kugeln gleicher Art und GroBe in irgendeiner regelmaBigen Kugel- packung besteht. Die Annahme einer K~gelpackuiigtrifft in erster Niiherung auch fur Flussigkeiten zu, deren Molekule Bliittchen- oder Stabform haben, da bei hinreichend hohen Tomperaturen eine freie Rotation der Molekule erfolgt. Alsdann ist aber jedem Molekiil ein kugelformiger Aufenthaltsraum zugeordnet. Eine solche Kugelflussig-

Über Mischungswärmen von Kugelflüssigkeiten

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Page 1: Über Mischungswärmen von Kugelflüssigkeiten

Uber MischungswLIrmen von KugeltlUssigRelten

Von WERNER SCRULZE

(Mit 3 Abbildungen)

Karl Fredenhagen zum Gedachtnis

Inhaltsiibersicht Es werden an Hand von Literaturdaten au8 den Grenzwerten der Mischungswamm

einer Reihe unpolarer Flussigkeitsgemische die Bmdungsmergien zwischen ungleich- artigen Molekulen unter Benutzung des Kugelmodells einer Flussigkeit berechnet. Ferner wird ein allgemein giiltiges Verfahren zur Berechnung der Nachbarnzahl um eine Kugel unterschidichen Radius angegeben.

Die beim Herstellen eines Mols einer binliren flussigen Losuiig auf - tretende Mischungswarme IaBt sich allgemein aus 2 Anteilen zusammen- setzen, indem man die Mischung der Zusammensetzung xA (= Mol- bruch der Komponente A) aus xA Molen A und xB = l - xA Molen B uber den Gaszustand gebildet denkt. Dem System der getrennten Kom- ponenten ist zunachst die Trennungsenergie fur die Molekule der reinen Stoffe zuzufuhren, bei Kondensation des Gasgemischos zur flussigen Mischung wird dann die Bifdungsenergie der Mischung frei.

Im allgemeinen ist jeder dieser Energieanteile selbst eine sehr komplexe GroBe. Z. B. enthalt die Trennungsenergie einer assoziierten Flussigkeit sonohl die Energie zur Oberwindung der VAN DEE WAALS- schen Krafte zwischcn den Assoziaten als auch die Dissoziationsenergie der Assoziate, wenn man den Dampf als aus den Formelmolekiilen zu- sammengesetzt ansieht.

Zu einer zahlenmaRigen Erfassung der Mischungswarmen wird man daher mit dem einfachsten Model1 einer Flussigkeit beginnen, das ails Kugeln gleicher Art und GroBe in irgendeiner regelmaBigen Kugel- packung besteht. Die Annahme einer K~gelpackuiig trifft in erster Niiherung auch fur Flussigkeiten zu, deren Molekule Bliittchen- oder Stabform haben, da bei hinreichend hohen Tomperaturen eine freie Rotation der Molekule erfolgt. Alsdann ist aber jedem Molekiil ein kugelformiger Aufenthaltsraum zugeordnet. Eine solche Kugelflussig-

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298 Zeitschrift fiir morganische Chemie. Band 261. 1960

keit halt durch VAN DER WAALSsche Krafte zusammen, die mit einer ziemlich hohen Potenz der Entfernung abnehmen, so daI3 auch die An- d i m e begrundet ist, da13 die Trennungsenergie in Bindungen A-A zwischen direkt benachbarten Kugeln lokalisiert ist, wahrend die iiber- niichsten Nachbain keine Wechselkraftc melir aufeinander ausiibcn. Kennt man nun aus der vorhandenenpackung die Zahl der nachsten Nachbarn eines A-Molekuls, so lafit sich aus der Verdampfungsenergie L A des reinen A ein Wert fur die Trennungsenergie a einer AA-Bindung angeben.

Bei hexagonal dichtester Kugelpackung hat jedes A 12 Nachbarn, so daI3 bei Uberfuhrung eines Mols (= N, Molekiile) in den Gaszustand 6N, AA-Bindungen getrennt werden mussen, denn jedes A wird bei der Abzahlung der Bindungen einmal als AuFgangs-A und einmal als Xachbar-A erfal3t. Die Verdampfungsenergie LA wird daher

L A = 6N1, . R. Fur reines B gilt die analoge Betrachtung (b == Trennungsenergie einer BB-Bindung).

In einer Mischung aus A und B sind bei Annahme des obigen Mo- dells AA-, AB- und BB-Bindungen zu losen, und zur Berechnung des Energieinhaltes der Mischung handelt es nur urn die Auszahlung der Anteile der einzelnen Bindungssorten. Diese ist nur dann cinfach durch- fiihrbar, wenn die A und die B gleich grof3 sind, d. h. wenn die Stoffe A und B gleiches Molvolumen (va = vB) besitzen. Bei unterschiedlichen Molvolumina andert sich die Gesamtzahl der Bindungen mit der Konzen- tration.

I. Gleiches Molvolumen der Komponenten 1st aul3er der Bedingung vA = vR auch noch die Bedingung

a = b = m (m = Trennungsenergie einer AB-Bindung) erfullt, so ge- langt man leicht auf folgende Weise zu einer Auszahlung der Bindungen. Die Wahrscheinlichkeit, ein A zu ergreifen, ist in einem Mol Mischung der Zusammensetzung xA gleich xA. Die Wahrscheinlichkeit wAA, als Nachbarn von diesem herausgegriffenen A wieder ein A zu finden. ist ebenfalls gleich xA. Der Anteil der AA-Bindungen an den (iN, Bindungen ist also gleich dem Produkt dieser Wahrscheinlichkeit mit 6N,, d h. == 6N, . x i . Hierbei sind alle AA-Bindungen doppelt gezalilt, da jedes A einmal als Ausgangs-A urid einmal als Nachbar-A erscheint. Die Wahrscheinlichkeit wAB, als Nachbarn von dem heraus- gegriffenen A eiii B zu treffen, ist gleich xu. Fur ein herausgegriffenes B gilt analog wBA = xA und w13u = xI3, wobei die BB-Bindungen eben-

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W. SCWLZE, tfber Mischungswiirmen von Kugelflussigkeiten 299

Falls doppelt gezahlt wurden. Die doppelte Zahlung der AA- bzw. BB-Bindungen wird durch Anfuhrung der AB- und BA-Bindungen aus- geglichen, die ja identisch sind. Damit folgt fur den

Bruchteil an AA-Bindungen xA wAA = xi ,, ,, AB-Eindungen xA . wAB = X ~ X B

,, ,, BA-Bindungen XB * WBA = X?X* ,, ,, BB-Bindungen XB - wBB = xg .

Die Summe aller Bruchteile ergibt - wie notwendig - den Wert 1

Automatisch sind fur diesen Fall die Forderungen erfullt, daI3 die Summe der Wahrscheinlichkeiteu, als Nachbarn von einem A (bzw. B) iiberhaupt ein Molekiil zu treffen, gleich 1 sein murj:

WAA + WAB = 1 (I! WBA + WBB = 1. (2)

Ferner ist auch die Bedingung erfullt, daB die Zahl der AB-Bindungea naturlich gleich der der abgezahlten BA-Bindungen sein mu13 :

XA * WAB = XB ' WBA (= XAX,). (3)

Der Gesamtenergieinhalt der Bindungen eines Mols Mischung ist dem- nach

EM == 6NL.(x: + 2xAxB +.;)-a = 6NL.a (wegen a = b == m).

Die Mischung unterscheidet sich daher fur den besprochenen Fall {vA = vn; a = b := m) in ihrem Energieinhalt nicht von demjenigen der getrennten Stoffe. Die Mischungswarme ist daher Null.

Sind nun die Energien der Bindungen AA, AB und BB verschieden grorj, so ist eine kompliziertere Verteilung der Bindungen in der Mischung die Folge, denn die Wahrscheinlichkeit zur Bildung einer AB-Bindung wird nunmehr auch von dem Verhaltnis der Energien a, b und m ab- hangen. Im Extremfall eines gegeniiber a und b sehr kleinen m werden sehr wenig AB-Bindungen gebildet werden, was bis zur volligen Un- mischbarkeit der Stoffe A und B Eiihren kann.

(= (xA +xB)2)m

Als Gleichgewichtsbedingg gilt allgemein, da5 das thermodynamische Potential G = H-TS ein Minimum wird. Wenn im folgenden nur die Mischungswiirme betrachtet wird, so sehlient das die Voraussetzung ein, da5 die Entropieiinderung bei Herstellung der Mischung unabhiingig von der gewahlten Modellbedingung immer in erster Nahemg als gleich angesehen werden kann. Auf Extremfalle wie vdlige Unmischbarkeit sind die Be- rechnungen also nicht anwendbar. Sehr starke Abweichungen von der statistischen Un- ordnung diirfen also nicht vorkommen.

Fur die Wahrscheinlichkeiten mussen auch jetzt wieder die Gln. (l), (2) und (3) erfullt sein. Aus (3) folgt sofort, darj wDA den Faktor xA und

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300 Zeitschrift fiir anorganische Cheme. Band 261. lYbV

wAB den Faktor xB enthalten mu13:

WAB = XB * V

wBA = XA . ~ ' 3

denn die Wahrscheinlichkeit, ein B als Nachbarn von A zu treffen, wird zunachst direkt proportional der Haufigkeit xB der B-Molekiile sein mussen. Der Faktor v, der die GroBe von wAB letztlich bestimmt, mu13 dann auch bei wBA auftreten, damit (3) erfiillt bleibt; also 9 = v'. Diese Gro13e q~ kann noch von a, b, m und auch xA abhangig sein.

Mittels der Gln. (1) und (2) lassen sich auch wAA und wBB durch y ausdrucken:

Fur den Energieinhalt aller Bindungen in einem Mol Mischung folgt B Is0

wAA 1-xB.v; wBB 1 - x A . v . ( 3 4

EM = 6NL *(xA -wAA * a + XA * W A B . m + XB * wsA . m 4- XB * W B B *b)

Zur Trennung der xA Mole A mu13 man die Energie tiN, * a . xA aufwenden, fur xB Mole B braucht man 6NL . b xB. Summation aller dieser Energiebetrage ergibt alsdann die Mischungswarme QM pro Mol Mischung, wenn man noch die w aus ( l ) , (2), (3) und (3a) ersetzt:

( 4)

Bis auf q~ ist die rechte Seite symmekrisch in xA und xB. Fur den Fall, da13 q~ konzentrationsunabhangig ist, folgt also eine symmetrisclie QM- Kurve. Dabei kann trotzdem y von den a, b und in abhangen.

Die Grooe der Bindungsenergie m lafit sich nun aus einer Betrach- tung des Grenzwertes

lim -= QM Qk(A) ( QM = Mischungswarme bezogen auf ein Mol A )

QM = - 6NL * XA ' XB * * (a -k b - 2 m) (gultig fur VA = VB).

xa=O xA

bestimmen. I n der Grenze xA = 0 ist namlich nur B als Nachbar von A moglich. Damit ist folgende Herstellung einer solchen an A unendlich verdunnten Mischung, die 1 Mol A und sehr vie1 B enthalten SOH, a u s den reinen Stoffen denkbar :

1. Trennung von 1 Mol A-Molekiilen

2. Locherbildung in B; hierzu mu13 1 Mol B entfernt werden an Stellen, die nicht direkt benachbart sind. Also sind 12 N, Bindungen BB zu trennen.

Energiezuwachs des Systems = 6NL . a .

Energiezuwachs des Systems: = 12 N, . b. Das gasformig erhaltene B ist zu kondensieren :

Energieabnahme des Systems: = 6N, b.

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W. SCWLZE, tfber Mischungswiirmen von Kugelfliissigkeiten 301

3. Einbringen von A in die gebildeten Locher: Energieabnahme des Systems: = 12 N, . m.

Daher wird (5 )

In dieser Gleichung tritt cp gar nicht auf, und man kann mit ihrer Hilfe sehr einfach Werte fur die Energie m der Mischbindung AB angeben, indem man a und b den Verdampfungsw.armen der reinen Stoffe ent- nimmt und Q&A) graphisch aus MeBwerten von QM(A) = f(xA) extra- poliert.

Q&(A~ = - 6 N L - (a + b - 2 m) (giiltig fur va = VB).

Bezuglich cp kann man nun folgende Falle unterscheiden : 1. p = konst. (unabhangig von der Konzentration). Dann mu13 zufolge der abgeleiteten G1. (4) QdxAxB ebenfalls

cine Konstante iiber den ganzen Mischungsbereich sein. Nun strebt QY/xAxB fur xA = 0 gegen den gleichen Wert wie QH(A) = Q ~ ~ x A , da dann xB = 1 wird. Also niulj gelten:

QM/xAxB = Ern = - 6NL * v - (a + b - 2m). XA=O

Vergleich mit (5) liefert dann sofort cp = 1. Laut Definition von cp be- deutet das, da13 in diesem Falle die Wahrscheinlichkeit zur Bildung einer AB-Bindung nicht vomVerhaltnis der a, b und m abhangen kann. Damit sind die Bedingungen gefunden, unter denen trotz geringer Verschiedenlieit von a, b und m keine Bevorzugung einer Bindungs- sorte gegenubcr dir statistisclien Unordnung erfolgen kann, nhmlich

1. nicht assoziierte Bugelmolekule

3. QM/xAxB = konst.

Auf das System Benzol-Dioxan konn ten diese Bedingungen zu- treffen (vBZ, = 88,87; vDior= 88,lO). Messungen der Mischungs- warmen liegen bisher nicht vor, sind aber im Gange.

Da GI. (5) in a und b symmetrisch gebaut ist, kann man im Fall vA = vB immer nur Kurven fur &/xAxB erwarten, deren Grenzwerte fur xA = 0 und xB = 0 ubereinstimmen. Es wurde sich sonst je nach Wahl des einen oder anderen Grenzwertes ein verschiedener Wert fur m ergeben.

Abweichungen von diesem Verhalten deuten auf Unzuliinglichkeiten des benutzten Modells, namlich entweder auf Assoziationserscheinungen oder Behinderung der freien Rotation der Molekule. Letzteres fuhrt zu Bindungsenergien my die je nach der relativen Lage eines Nachbarn aum Innenmolekul unterschiedlich sein konnen. Derartige Effekte sollten jedoch mit steigender Temperatur immer stiirker zurucktreten.

2. VA = VB

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302 Zeitachrift fiir anorganische Chemie. Band 261. 1950

2. 9 symmetrisch in xA und xB, aber mit der Konzentration ver- iinderlich (z. B. lineare Funktion von xA . xB oder lineare Funktion von x i + xi).

In solchen Fallen braucht keine statistische Unordnung der Mole- kule mehr vorzuliegen. Fur die Ordnung der Molekule kommt es jedoch nur auf deren Mengenverhaltnis an.

3. q~ unsyrnmetrisch von xA und xB abhangig. Diese fur vA = vB allgemcinste Moglichkeit lafit sich in erster Linie

durch Behinderung der freien Molekul-Rotation wie auch durch Asso- ziationserscheinungen ’ mindestens einer Komponente beschreiben. 1st eine Komponente in irgendeiner Weise assoziiert, so setzt sich das Mol- volumen dieses Stoffes in reiner Form nicht aus hexagonal-dichtest gepackten Kugeln gleicher Grofie zusammen, sonderii besteht (in Er- weiterung unseres Modells) aus einer Vielzahl von Kugelsorten ver- schiedenster Grofle, deren Packungsart recht kompliziert ist. Die Be- dingung vA = v, wird dann also nur vorgetauscht, indem ein Formel- molekul B des Assoziatgemisches im Mittel ein Volumen einnimmt, das zufallig gleich vA ist. Auljerdem liegt Assoziatbildung immer nur bei Molekulen vor, deren Kraftfelder nicht mehr kugelsymmetrisch sind. Dann ware die Annahme und Berechnung einer mittleren Uindungs- energie m fur alle Richtungen nur noch eine selir grobe Naherang.

11. Verschiedene Molvolumina der Homponenten 1st vA + vB, so andert sich in der Mischung die Packungsart mit der

Konzentration. Daher ist die Gesamtzahl der Bindungen fur jede Kon- zentration eine andere, wahrend ein Mol der reinen Flussigkeiten wie vorher je 6N, Bindungen enthalt. Setzen wir die Zahl der Bindungen in einem Mol Mischung = F 6N,, so folgt fur die Mischungswarme Qaf

QM = F * 6 NL * (xa wAA * a + xAwAB . m + xBwBA . m + xBwBB . b)

- 6 NL axA . a - 6 N, * x B . b.

Benutzt man wieder die auch hier gtlltigen Gln. (1) bis @a), so erhklt man

QM = 6 N,. [a .x, (I? - 1) + b e x B (F - 1) -I? exA xB - q . (a + b - 2 m)]. (6)

Diese Beziehung enthalt die 3 Unbekannten F, m und p. F und q~ sind konzentrationsabhangig, wahrend die Konstante m wieder aus einer Grenzwertbetrachtung berechenbar ist, wie im folgenden gezeigt wird. F sollte im Prinzip aus geometrischen Betrachtungen zu finden sein. Es ist jedoch bis heute noch nicht gelungen, die fur zwei verschiedene Kugel- sorten uberhaupt moglichen Packungen fur alle Mischungsverhaltnisse allgemein anzugeben, wie dies beim zweidimensionalen Problem der

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W. SCHULZE, ' h e r Mischungswarmen von Kugelfliissigkeiten 303

Kreispackungen schon der Fall ist. Messungen der Dichte der Gemische sollten hieruber empirische Aussagen erlauben, wenn man von vorn- herein sicher ware, da13 das einfache Kugelmodell fur die betrachtete Mischung auch wirklich gultig ist. Merkwurdigerweise ergeben jedoch sanitliche Berechnungen des Volumens einer Mischung aus zwei ver - schieden grofien Kugelsorten unter der Annahme einer geordneten Packung wie auch Modellversuche eine V o l u n i v e r m i n d e r u n g der Mischung gegenuber den getrennten Komponenten, wahrend bei unpo- laren Fliissigkeitsgemischen, auf die dies Model1 am ehesten zutriff t , inimer eine Vo lumaufmei tung beobachtet wird. Ein Beitrag zur Klarung dieser Frage liefert die gesonderte Ermittlung von m, die im folgenden durchgefuhrt wird. Wahlt man namlich ein Flussigkeitspaar mit vA + vB, aber a + b - 2 m = 0, wozu eben die Kenntnis von in erforderlich ist, so bleibt in GI. (6) nur F als Unbekannte stehen, und man kann aus Messungen der Mischungswarme solcher Systeme Aussagen iiber die Konzentrationsabhangigkeit von F und damit der Bindungs- zahlen bzw. der Nachbarzahlen erhalten.

Ermittlung von m, Palls VA + VB

1st vA $. vu, so ist die Koordinationszahl von A mit B-Nachbam eine andere wie die Korrdinationszahl von B mit A-Nachbarn. Diese Zahlen sind aus geometrischen Betrachtungen angebbar (s. Abschn. 111). Sie seien vAn und v ~ ~ ~ ~ . Die Einzelbeitrage zu dem Grenzwert Q&(A) setzen sich dann wie folgt zusammen, wenn man die unendlich verdunnte Mischung QUS 1 Mol A und einer sehr grof3en Menge B hergestellt denkt:

1. Trennung von 1 Mol Woleku len :

Energiezuwachs des Systems = fiN, - a.

2. Locherbildung in B: Hierzu mussen nunmehr (falls z. B. vA > vB) mehr B entfernt werden

als der Zahl der einzufuhrenden A-Molekule entspricht. Die Zahl der zu entfernenden B-Molekule sei = r . N, Molekule B. Dann sind zu- nachst 12 N, r Bindungen BB zu trenrien und 6 N, . r Bindungen BB bei der nachfolgenden Kondensation wieder zu bilden.

Energiezuwachs des Systems also = 6 N, - r . b.

3. Bei Einbringen der A in die Locher werden gebildet: vAB . N, Rindiingen AB.

Energieabnahme des Systems also = vAB . N, . ni.

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304 Zeitscbrift fiir anorganisohe chsmie. Band 261. 1960

Der Energieeffekt bei Eiribringen eines Mols A in eine grolje Menge reines B, der gleich dem Grenzwert ist, folgt also zu

6 . (a + r b) - 2 - m QLw = (QM/xAxB),,= = - NL * . (7) I vAB 2 1 Fur die Grenze xB = 0 gilt analog

Q&) = ( Q M / x A x B ) ~ ~ = ~ = -N,; [ 6 - ( b + :-a) --2?m] . 8)

Der Faktor 1/r kommt dadurch zustande, weil der Raumbedarf eines A gemessen an B r ist und demzufolge der Raumbedarf eines B gemessen an A gleich 1/r sein mu13.

In den beiden Gln. (7) und (8) sind r und m unbekannt, also aus gemessenen Werten von QJx,x, und deren extrapolierten Grenzwertei, lnerechen ba r.

Fur die Rechnung fiihren wir folgende Bezeichnungen ein 1021 . a = o(

1021 - b = j3

vAB = Zahl der B-Nachbarn.um ein A vBA = Zahl dcr A-Nachbarn urn ein B

III. Berechnung der Nachbarzahlen Um die Zahl der Nachbarn (Radius ra) um ein Molekiil anderer GroBe (Radius r,)

zu berechnen, wurde ein einfaches Veifahren benutzt, das den grijOten Teil aller moglichen Packungen zwangslkufig ergibt. Zwei Hauptlagen gleichgroBer h'achbarn um eine Innen- kugel anderen Radius sind moglich.

a) In der Aquatorebene der Innenkugel liegt ein Kranz von AuBenkugeln. Jeweils auf Liicke wird dann ein zweiter AuBenku&kranz gelegt, dessen Kugeh sich beriihren sollen. Die huatorkugeln beriihren sich dann natiirlich im allgemeinen nicht.

b) Symmetrisch zur xquatorebene der Inncnkugel liegen zwei Kugelkriinze gleicher Kugelzahl, wobei jede Kugel des einen Kranzes 2 des anderen beriihren 8011. Auf diese Kranze werden d a m weitere gelegt, deren Teilnehmer sich beriihren sollen.

Durch diese Betrachtungsweise wcrden an kleineren Nachbarzahlen nur Tetraeder und Wiirfel nicht erfaBt. Diese kommen jedoch fur Fliissigkeiten meist nicht in Frage, da die betreffenden Radienverhaltnisse aul3erhalb des gewohnlichen Bereiches liegen. Die Volumina der vermiechten Komponenten unterschieden sich meist nur um maximal

loo%, so daB fur rJra hochstens 1 : l Z = 0,793 resultiert. 3 -

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W. SCHULZE, ober Mischungswiirmen von Kugelfliissigkeiten 305

Zu a) Es sei e = Radius des Krcises, auf dem die Mitten der Kugeln des 2. Kranzea liegen

(in gegknscitiger B e r b g ) . 2 r, + x = Abstand der Mitten zweier Kugeln des Aquatorkranzes

n, = Zahl der Kugeln des Aquatorkranzes n2 = Zahl dcr-Kugeln des 2. Kranzes.

Dann gilt, wcnn man nur die geometrischen Bezichungen beachkt

Benutzt man noch die Tatsache, da5 die Kugeln des 2. Kranzes sich beriihren d e n , 80

mu5 gelten: e = r,/sin (180/n,).

Gleichsetzen hider Ausdrucke fiir e liefert

Fur n8 = 1 muS man die GI. (11) mit e = 0 verwenden, da dann sin (180/n2) = 0 ist. Es folgt dann

2 (rl + r,)2 - (2 ra)8 = 0; ri/r,, = 0,414

unabhiingig von 11,. Letzteies berechnet sich aus der Bedingung, daB x h6chstene gleich Null, aber nicht negativ sein kann. Allgemein ist

(2 r, + x)/2 = (ri + r,) - sin (180/n,).

Fur I = 0 also mit unscrem Wert rl/ra = 0,414

180/n, = 46"; n, = 4.

Der &uatmkranz k6nnte auch nur 3 Kugeln enthalten (Fiinferpackung), dann lie@ jedoch nicht die Maximalzahl von Nachbarn vor. Es gibt also unter den angenommenen Bedingungen keine Fiinferpackung, die vor der Sechserpackung bevorzugt wilre.

Zu b) (Symmetrisch zur Aquatorebene liegende Kugelkrinze). Es sei definiert:

E = Winkel zwischen Aquatorebene und erstem Kugelkranz

y = (? + 1)' - 1

2 r, + x = Abstand der Mitten zweier AuBenkugeln im Hranz 1. (2 r, + x)/ra = 8

n, = Zahl der Kugeln im Kranz 1. #I = Winkel zwischen Aquatorebene und 2. Kranz. (Kugeln im zweiten

Kranz einander beriihrend).

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306 Zeitschrift fur anorgankche Chemie. Band 261. 1960

26' - Zah/derNadhrn

12 I0 8 6 JI /,

Dann folgt rein geometrisch

Radienverhaltnisses r,/ra (Ab- szisse) ist. Auf Grund der ein- gezeichneten Kurve wurden der Abbildung die zur Berechnung von m benutzten vAB-Werte ent- nommen. Auf eine Unterscheidung von fortsetzbaren und nichtfortr setzbaren Packungen wurdc dabei nicht geachtet, da in der Fliissig-

(1 6).

Fur den Sonderfall n, = 0 setzt man nur (12) an mit der Zusatzbedingung 6 = 2,

y . (y - 1 - 2 COP 180/n,) [l - y . (1 - 2 cos 180/nl]] - I/s/z I/l-tcos8O/n, '

____- -- - - 1 sin (180/nZ)

daraus

d. h. die Kugeln des 1. Kranzes sollen sich beriihren. Dann folgt Y =-- -'r -- 'OS 180'n1

2 - sin2 (180/n1) (gultig fur n2 = 0 und 6 = 2).

Page 11: Über Mischungswärmen von Kugelflüssigkeiten

W. SCKOLZE, Uber Mischungswarmen von Kugelflussigkeiten 307

3 + 3 = G 4 + 4 -- 8 I + ? + ? + I == G I + 3 - + 3 + 1 = = 8 3 + 4 + 4 + l = 10 1 + 5 + 5 + 1 = 12 3 + 6 + 6 + 3 = = 18

-.

-_ " 9

zu b 0

1

1 1 1 3

Oktaeder Antiprisma Oktaeder

Ikosacder

z u n ) 1

1

3 4 5

Tnbelle 1 ~~ ~

Nachbsrn I Packung

1'2 - 1 = 0,414 + IN2 - 1 = 0,614

1'3 - 1 = 0,i32

1'2 + vc- 1- = 0,816

1.462

- - - --- I -

1'2 - 1 = 0,411

I/;=. cou(36") - 1 = u,909

~.

\/2 - 1 = 0,414 - 1 =-: 0,414

1,000 1,225

1'0 - 1 := 0,732

Mittels der Gln. (9) und (10) wurden fur eine Reihe unpolarer Flussigkeitsgemische die Werte fur m berechnet. Die benutzten Ver- dampfungswarmen der reinen Stoffe (Benzol, Cyclohexan, Dioxan, Hexan, CS, iind CCI,) sind in Tabelle 2 wiedergegeben. Sie wurden aus Danipfdruckwerten und direkten kalorimetrischeii Messungen der Li- teratur meist gemittelt. Fur Dioxan wurde der neueste Wert 1) be; 22" direkt benetzt, da eine Interpolation aus blteron Dampfdruck- mcssungen2) zu einerri stark abweichenden Wert fuhrte und eine Um- rechnung auf 20" wegen der geritigen Tempersturabhangigkeit d w Verdampfungswarmen nicht notig erscheint. Aus dem gleichen Grunde wurde auch auf Benutzung von gesondert berechneten Verdampfungs- warmen bei den nieist zwischen 18 und 25" liegenden Messungen der Mischungswarmen an den verschiedenen Systcmen verzichtet.

Tabello 2 .~

Stoff I cal/Mol

8090 ('yc1ohexi.n . . . ' 7830 Dioxan . . . . . 9000 Hexan . . . . . I 7420 c's, . . . . . . 6650

.

Benzol . . . . . I

C'C'I, . . . . . . 8040

n (bzw. p) 2,240 2,168 2,492 2,084 1,813 2,265

Lit. Zitat

L. B. E I l k , 2468 L. B. E IIIc, 2468 8. Text L. B. E 11,1304 L. B. E TI, 1310 STAUDE, S. 1192

VWO

88.87

88,lO

6027 96,53

108,l

130,6

1) H . DUNKEN, H. KLAPPR~TH u. K. L. WOLF, Kolloid-Z. 91, 232 (1940). a) W. HERZ u. E. LORENTZ, 2. physik. Chem. A 140, 416 (1929).

Page 12: Über Mischungswärmen von Kugelflüssigkeiten

308 Zeitschrift fiir anorganische Chemie. Band 261.1950.

Die ebenfalls in Tabelle 2 enthaltenen Molvolumina der reinen Stoffe entstammer, STAUDES Taschenbuch. Sie dienten zur Berechnung der Radienverhiiltnisse und damit der v,,-Werte.

Die Extrapolation der x-Werte erfolgte nach Literatur- daten der Mischungswarmen. Die betreffenden Kurven QM/xAxB = f (XA) zeigen die Abbildungen 2 und 3, wahrend die extrapolierten Werte zusammen mit den be-

r

-“i -1W

Ma Jbruch I l 1 l I l I l f

Abb. 2. Benzol -CS, : SCHMIDT, HOL- LENBERO, WESSELS, 2. physik. Chem. 121, 236 (1926) B e n z o i - H e x a n : H. PAHLKE, Diss. Kid; 1936; Ben- zo l -Cyc lohexan: PAHLKE, loc. cit.; D i ox a, n-H e xa n : R. GRAFE, Nov.Ac&

Leopold. 12, 141 (1942)

- 80 - 100 - 72a

- 140

- 220 - 240

- 260

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“a“8 Abb. 3. C y c l o h e x a n - H e x a n : GRAFE, loc. oit.; Cyclohexan-CC1, und Hexan-CC1,: GRAFE, loo. cic.; Benzol-CC1,: SCHMIDT, loo. cit.; C S a - C C 1 , : HIROBE, J. Fac. Sci. Univ.

Tokyo 1, 156 (1926)

rechneten p-Werten in Tabelle 3 enthalten sind. Die so ermittelten Zahlen fur die Bindungsenergien p sind als vor-

laufig anzusehen, da das zugrunde liegende MeSmaterial recht heterogen ist und die Genauigkeit und Anzahl der MeBpunkte gerade bei den fur

Page 13: Über Mischungswärmen von Kugelflüssigkeiten

W. SCHOLZE, tfber Mischungswfirmen yon Kugelfliissigkeiten

P _ -

2,034 1,990 1,872 2,190 2,027

- 770 -- 725 - 608 - 83,3 -- 159,5 - 98 -1650 , - 288 - 284

rA/rB - - __

- 889 -1030 - 570 - 130,5 - 85 - 128 -1740 - 179 - 390

0,9368 0,8796 1,1382 0,9728 1,0382 1,0706 0,8770 1,1060 0,8547

Cycl. Dioxan

__ - 11,6 10,9 14,l 12,o 12,8 13,2 10,9 13,8 10,5

+ CCI, + Hexan

13,2 14,l 10,9 12,5 12,o 11,5 14,2 11,o 14,4

ie Extrapolation. wichtigen kleinsten Konzentrationen nur gering ist. Entsprechende Messungen auch an den fehlenden Systemen Benzol- Dioxan, Cyclohexan-Dioxan, Cyclohexan X S , , Dioxqri-CS,, und Dioxan-CCI, sind im Gange. Aus dern gleichen Grunde ist auch eine Diskussion der Konzentrationsabhangigkeit der rp-Werte an Hand be- rechneter Bindungsenergien zunachst nicht moglich. Im wesentliclien diirfte diese aus Abb. 2 und 3 ersichtliche Ahhainpiekeit auf die ver- scnieuenen v oiumina uer rartner zurucmuiunren s e n Kin Bystem niit a + b - 2 m = 0 ist noch nicht vertreten, so daf3 auch Angaben iiber die Grol3e F und ihre Konzentrationsabhangigkeit noch nicht er- hiiltlich sind.

Rostock, Institut fur physikalische Chemie.

(Bei der Redaktion eingegangen am 12. November 1949.)

Z. anorg. Chemie. Bd. 261. 21