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E. JLnecke. Uber neue graphischeDarstellungenv.Mehrstoffmischungen usw. 337 djber neue graphische Darstellungen von Mehrstoff- mischungen bei phasentheoretischen Untersuchungen Von ERNST JANECKE Mit 29 Figuren im Text Einleitung Bei phasentheoretischen Untersuchungen bedient man sich, um die Ergebnisse anschaulich zu machen, in ausgesprochenem MaBe graphischer Methoden. Damit stehen phasentheoretische Unter- suchungen, also die Untersuchungen heterogener Gleiehgewichte, in gewissem Gegensatz zu anderen Untersuchungen physikalisch-cherni- scher Art. Bei diesen wird das Ziel vielfach darin gesucht, durch mathematische Gleichungen die Ergebnisse zum Ausdruck zu bringen. Dieser Gegensatz ist im Grunde genommen nur scheinbar. Auch der Phasentheoretiker ware froh, wenn er in der Lage ware, seine Befunde durch mathematische Formeln darzustellen. DaB er dieses nicht tut, liegt in den allermeisten Fallen daran, da13 die unter- suchten Systeme so kompliziert sind, daB eine Darstellung durch mathematische Gleichungen derartig viele Konstanten enthalten muBte, daB solche Gleichungen praktisch wertlos waren. An sich ist es in einzelnen FBllen nicht schwer, Interpolationsfonneln aufzustellen, wie z. B. eine solche bei den Untersuchungen der ozeanischen Salz- ablagerungen von VAN’T HOFF als Wmsodsche Regell) erwiihnt ist. Die Konstanten solcher InterpoIationsgleichungen sind den Unter- suchungen entnommen und besitzen Veranderlichkeit mit der Tempe- ratur, Druck, Volumen usw. Trotz weitgeheiider Kenntnis der thermo- dynamischen Beziehungen und Benutzung von Zustandsgleichungen ist es rneist sehr schwer, solche Konstanten unmittelbar zu berechnen. Es ist meistens praktischer und einfacher, auf Gleichungen zu ver- zichten wid die Ergebnisse graphisch darzustellen. Selbstverstandlich sind alsdann die Zahlenwerte, die zu den Darstellungen gefuhrt haben, in Tabellen zu vermcrken. Es liegt also eine gewisse Resignation darin, bei phasentheoretischen Untersuchungen auf mathematische Glei- chungen zu verzichten, was aber den groSen Vorzng hat, dal3 man l) Berichte der Akademie dcr Wissenschaften. Berlin 1899, 954, XVII. Z. anorg. u. allg. Chem. Bd. 196. 22

Über neue graphische Darstellungen von Mehrstoffmischungen bei phasentheoretischen Untersuchungen

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E. JLnecke. Uber neue graphischeDarstellungen v.Mehrstoffmischungen usw. 337

djber neue graphische Darstellungen von Mehrstoff- mischungen bei phasentheoretischen Untersuchungen

Von ERNST JANECKE

Mit 29 Figuren im Text

Einleitung

Bei phasentheoretischen Untersuchungen bedient man sich, um die Ergebnisse anschaulich zu machen, in ausgesprochenem MaBe g r a p h i s c h e r Methoden. Damit stehen phasentheoretische Unter- suchungen, also die Untersuchungen heterogener Gleiehgewichte, in gewissem Gegensatz zu anderen Untersuchungen physikalisch-cherni- scher Art. Bei diesen wird das Ziel vielfach darin gesucht, durch mathematische Gle ichungen die Ergebnisse zum Ausdruck zu bringen. Dieser Gegensatz ist im Grunde genommen nur scheinbar. Auch der Phasentheoretiker ware froh, wenn er in der Lage ware, seine Befunde durch mathematische Formeln darzustellen. DaB er dieses nicht tut, liegt in den allermeisten Fallen daran, da13 die unter- suchten Systeme so kompliziert sind, daB eine Darstellung durch mathematische Gleichungen derartig viele Konstanten enthalten muBte, daB solche Gleichungen praktisch wertlos waren. An sich ist es in einzelnen FBllen nicht schwer, Interpolationsfonneln aufzustellen, wie z. B. eine solche bei den Untersuchungen der ozeanischen Salz- ablagerungen von VAN’T HOFF als Wmsodsche Regell) erwiihnt ist. Die Konstanten solcher InterpoIationsgleichungen sind den Unter- suchungen entnommen und besitzen Veranderlichkeit mit der Tempe- ratur, Druck, Volumen usw. Trotz weitgeheiider Kenntnis der thermo- dynamischen Beziehungen und Benutzung von Zustandsgleichungen ist es rneist sehr schwer, solche Konstanten unmittelbar zu berechnen. Es ist meistens praktischer und einfacher, auf Gleichungen zu ver- zichten wid die Ergebnisse graphisch darzustellen. Selbstverstandlich sind alsdann die Zahlenwerte, die zu den Darstellungen gefuhrt haben, in Tabellen zu vermcrken. Es liegt also eine gewisse Resignation darin, bei phasentheoretischen Untersuchungen auf mathematische Glei- chungen zu verzichten, was aber den groSen Vorzng hat, dal3 man

l) Berichte der Akademie dcr Wissenschaften. Berlin 1899, 954, XVII. Z. anorg. u. allg. Chem. Bd. 196. 22

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sich frei von jeder Spekulation iiber die Konstanten der aufzustellenden Gleichungen halt und keine Hgpothesen oder ,,Theorien" aufstellt.

Bisherige Oarstellungen der MischungsverhPltnisse bei Mehrstoffmischungen Bei der graphischen Darstellung phasentheoretischer Unter-

suchungen sind die veranderlichen Zahlenwerte, die bei den hetero- genen Gleichgewichten gefunden wurden , wie Druck, Temperatur, Volumen, Zusammensetzung der verschiedenen Phasen usw. mit- einander in Beziehung zu bringen. Bei Untersuchungen von Mehr- stoffmischungen ist es hierbei von grofiter Wichtigkeit, eine gute Darstellung des Mischungsverhaltnisses zu haben. Es ist nicht zu- vie1 gesagt, da13 manche Untersuchung derartig komplizierter Systeme uberhaupt dadurch erst moglich wird. Fur die Darstellung von Drei- stoffgemischen bedient man sich der Darstellung, wie sie in den Fig. 1-5 angegeben sind. Bei der Darstellung im Dreieck sind alle

Die Darstellung des Mischungsverhiiltnisses bei Dwistoffmischungen

A

C D o B

pj YO* -5

A E -

Fig. 1. Gew.-Q/,, Fig. 2. y H,O Fig. 3. XBU. yC oder Mol-O/,, auf 100 ( B + C ) auf 100 H,O

a. + b + c = 100 (Grammod.Mole) (Grammod.&foIe)

Fig. 4. Reziprokes Salzpaar MxM' (l0O-Z)&/s'(lO~~)

Fig.5. Same und alkal. wgljrige Lo,. ein. Salzes (NaNO,)

drei Komponenten A, B, C gleichwertig behandelt. 1st eine der drei Komponenten das Wasser, so ist es haufig zweckmaBig, die Darstellung der Fig. 2 zu benutzen, bei welcher das Mischungsverhaltnis der beiden Salze als Ordinate und der Wassergehalt als Abszisse gewahlt ist. Die Darstellung der Fig. 3, die noch vielfach gewahlt wird, be- zieht sich auf eine konstante Menge von Wasser. Zu den Dreistoff- systemen gehoren auch die reziproken Salzpaare, deren Mischungs-

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verhaltnis in Fig. 4 dargestellt ist. Hierbei kann auch das Wasser selbst als eines der reziproken Salze auftreten, und es ergibt sich die Darstellung der Fig. 5. Bei den Darstellungen des Mischungsverhdt-

Lage der Punkte fur die Verbind. im System H-S-0

Fig. 6 Fig. 7

nisses, wie sie die Fig. 1-3 anzeigen, kann man sich auf Gewichts- oder Molekulprozente beziehen. Bei der Darstellung gemill3 Fig. 4 und 5 muB stets mit Aquivalenten gereohnet werden.

Auch dam, wenn die Fig. 1 fiir die Dar- stellung gewghlt wird, ist es in vielen Fallen zweckmaBig, nicht nur Prozente nach Atomen, sondern nach Aquivalen- ten zu wahlen. In sol- chen Fallen kann bei ver- schiedener Wertigkeit des Elementes eine verschie- dene Darstellung ent- stehen. Die Fig. 6 und 7 zeigen beispielsweise das System H-0-S, wobei S einmal vierwertig und das andere Ma1 zweiwertig gewahlt ist. Im ersten Falle liegt SO,, im zweiten Falle H,S auf dem Halbierungspunkte einer Kante. Die Figur gibt noch die Lage verschiedener Verbindungen aus Wasserstoff, Sauerstoff und Schwefel an. Das Dreieck in der Fig. 8 bezieht sich auf H-0-N, wobei Stickstoff als dreiwertig eingefuhrt

22"

Fig. 8

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340 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 196. 1931

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E. Jiinecke. ober neue graphische Darstellungen v. Mehrstoffmischungen usw. 341

wurde. Die eingeschriebenen Formeln geben die Zusammensetzung der verbindungen in bezug auf ihren Gehalt an den drei Kompo- nenten an. Fig. 9 enthiilt das System W-0-C. Buf cler Kante C-H liegen die Kohlenwassers tof f e. Die Grenzkohlenwasserstoff e gehen von dem Punkte CH, nach dem Punkte C,H,, die Acetylene von dem Punkte C,H, ebenfalls nach dem Punkte C,H,. Die Olefine liegen , da sie ihrer Bruttozusammensetzung nach alle C,H, sind, samtlich in dem gleichen Punkte C,H,. Im Innern des Dreieokes liegen gleichartige Verbindungen auf Geraden, wobei, da die Brutto- zusammensetzung verschiedener Verbindungen haufig die gleiche ist, verschiedenartige Verbindungen auf denselben Geraden liegen konnen. Die Fig. 9 zeigt, daI3 die Alkohole und Ather auf einer Ge- raden und da13 die Aldehyde und Ketone mit den Sauren und Estern auf einer anderen Geraden liegen. Die zweibasischen Sauren liegen auf einer Geraden fur sich. Die eingeschriebenen Formeln zeigen, welcher Art in speziellen Fallen die verschiedenen Verbindungen sind. In diesem Falle handelt es sich im allgemeinen um eine rein mathe- matische Darstellung. ES lassen sich aus dem Dreieck eine Fulle von Untersuchungen herauslesen, wobei aber ein Punkt der Darstellung sehr vieldeutig sein kann, Untersuchungen von Zwei- und Dreistoff- mischungen mit derartigenverbindungen konnen also, auchwenn sie sich auf gleichePunkteder Figur beziehen, etwas sehrverschiedenes angeben.

Die Darstellung des Mischungsverhaltnisses vori Viers t of f - rnischungen ist in den Fig. 10-17 wiedergegeben. Bei gleicher

Die Darstellung des Mischungsverhliltnisses bei Vierstoffmischungen

A

Fig. 10 Fig. 11. z H,O auf Fig. 12. z B, y C , z D O h (B + c + D ) auf 100 H,O

Bewertung der vier Komponenten benutzt man ein Tetraeder, mie es die Fig. 10 zeigt. 1st eine der vier Komponenten Wasser, so bedient man sich mit Vorteil der Fig. 11, in der Wasser die Ordinate ist, be- zogen auf 100 g oder 1 Wol Salzgemisch, dessen Mischungsverhaltnis durch ein regulares Dreieck dargestellt wird. Fig. 12 gibt die altere

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Darstellung gleicher Untcrsuchungen von drei gleichionigen Salzen und Wasser mit Hilfe eines dreiseitigen Aohsenkreuzes wieder. Bei Vier- stoffmischungen, bestehend aus reziproben Salzpaaren und Wasser

ff D

Fig. 13. Rez. Salzpaar Fig. 14. Rez. Sabpaar: Fig. -15 ( R ) + (100-2)A ( R ) -i- 2 H,O

bedient man sich fur die Darstellung der Ergebnisse in Bhnlicher Weise der Fig. 13, 14 und 15, einer vierseitigen Pyramide, eines vier- seitigen Zylinders oder vierseitigen Aohsenkreuzes. Die sogenannten

Fig. 16. Dopp. tern. Misch. M, Nm', S, $'*',,3',~~

(m + m') = (8 f 8 +S ) = 100

Fig.17. W&Orige, alkalische HC1 und HNO, saure Los.

(NaCl, NaNO,)

Boppelternairen Gemische, die auch Vierstoffmischungen sind, konnen wie ich fruherl) auseinandersetzte, durch ein dreiseitiges Prisma dar- gestellt werden (Fig. 16). Hierbei kann auch das Wasser eines der ,,Salze" sein, wie es die Fig. 17 zeigt.

Bei Benutzung des Tetraeders ist es wiederum ZweckmaBig, mit xquivalentprozenten zu rechnen, also die Wertigkeit der Elemente zu berucksichtigen. Die Fig. 18 zeigt beispielsweise die Beziehungen in dem System H-0-N-C an, wobei die aquivalente H, 0, N und l/* C gewiihlt sind. Dieses Tetraeder enthalt, zusammen mit seinen Grenzfliichen , die Mehrzahl samtlicher organischer Verbindungen. Auf der einen Grenzflache sind die Verbindungen eingezeichnet , die sich auf das Dreieck H-N-C beziehen. Es sind das z. B. die Amine nnd Nitrile, die auf bestimmten Geraden liegen, die in dem Punkte C2H, endigen. Im Innern des Tetraeders liegen diejenigen Verbindungen, die alle vier Elemente enthalten. Es liegen z. B. die Saureamide

1) E. JLNECKE, Z. phys. Chem. 72 (1913), 2P33.

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E. JTtnecke. uber neue graphkche DarsteUungen v.Mehratoffmiwhungen usw. 343

auf der Geraden, die die Figur anzeigt. Wie in dem fruher gegebenen Dreieck (Fig. 9) ist dieses Tetraeder im allgemeinen nur eine mathe- matische Darstellung der Zusammensetzung der verschiedenen Ver- bindungen. Die Fig. 19 enthdt das System H-0-N-S, wobei die Squi- valente H1/,O, l,13N, 1,14 S gewlihlt wurden. Dieses Tetraeder enthdt

H . Fig. 18

eine Fulle von beachtenswerten Beziehungen. Eine schiefwinkelige Pyramide mit H,O als Spitze enthalt z. B. die Verbindungen, welche bei dom BleikammerproeeB eine Rolle spielten. Es ware von Inter- esse, einmal dieses System, bei dem es sich um die Gleichgewichte zwischen flussig und gasformig handelt, phasentheoretisch zu be- traohten. Zu beruoksichtigen waren die verschiedenen Bedingungen der Temperaturen und Zusammensetmngen der Stoffe, wie sie in dem Gay-Lussac- und im Gloverturm und in den Bleikammern selbst

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344 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 196. 1931

herrschen. Das Tetraeder enthalt auch andere interessante Systeme, so z. €3. (NH,, H), (NO,, 1/2S04), das von uns sowohl in bezug auf seine Losungen als auch auf seine Schmelzverhaltnisse untersiicht worden ist. Es sol1 hieriiber spiiter einmal berichtet xerden.

Fig. 19

Die Mehrstoffmischungen bei 5 Komponenten

Die Fig. 10-17 gaben die verschiedenen Darstellungsmoglich- keiten von Vierstoffmischungen. Es ist in speziellen Fiillen moglich, auch mit Hilfe des Tetraeders oder des dreiseitigen Prismas Funf- stoffmischungen anzugeben, wenn der funfte Stoff Wasser ist. Mit Hilfe des dreiseitigen Prismas wurden z. B. von mir vor langeren Jahren die VAN’T HoFF’schen Untersuchungen von Funfstoffmischungen dar- ges tell t. l)

1) E. JAXECRE, Z. anorg. Chem. 53 (1907), 323-326.

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E. Jtinecke. Uber neue graphische Darstellungen v.~~ehrstoffmischungen usw. 345

Ausgehend von dem System Kohlensaure, Arnmoniak und Wasser, das von mir und meinen Mitarbeitern in dor Zeitschrift fur Elektro- chemie 1930, ausfuhrlich angegeben ist, urid die Verbindungen von vier Elemente behandelt, fuhrte mich der Wunsch, auch noch die Verbindungen mit einem funften Element heranzuziehen, zu den folgenden Untersuchungen :

Die Untersuchungen iiber die Art, iiach Zahl der Vierstoff- mischungen bei funf Elementen ist einfacher dlgemein, als unter

Vierstoffmischungen bei fiinf Elementen A, B, C, D, E

C

Big. 20 Fig. 21 Fig. 22

Fig. 23 Fig. 24

Benutzung spezieller Verbindungen bestimmter Elemente durchzu- fiihren. Es seien A BCD E einwertige Elemente oder Aquivalente, und alle fiinf Elemente mogen miteinander einfache Verbindungen bilden. alsdann gibt es zwischen den Elementen die Verbindungen der Formel A B (I), A C (11), A D (111), A E (IV), BC (V), BD (VI), B E (VII), C D (VIII), CE (IX) und D E (X).

Aus funf Elementen lassen sich funf verschiedene Vierstoff- mischungcn von je vier Elementen ableiten. Diese sind in den Fig. 20 bis 24 enthalten. In jedes Tetraeder sind die Dreistoffmischungen eingezeichnet, die sich aus je drei der Verbindungen bilden lassen. Es sind dieses je vier Dreistoffmischungen, dargestellt durch regu-

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lare Dreiecke und je drei dargestellt durch Quadrate. Insgesamt gibt es also 20-ternare gleichionige Systeme, die durch regulare Dreiecke dargestellt sind, und 15 Dreistoffmischungen dargestellt durch Quadrate.

Das erste Tetraeder enthdt beispielsweise die vier, durch ein reguliires Dreieck darstellbaren Gemische der Verbindungen 1-11-111, I-V-VI, 11-Ti-VIII und 111-VI-VIII. Die Dreistoffmischungen ent- halten Verbindungen mit demselben Element, entweder A , B, C oder D. Das Tetraeder enthdt auBerdem die drei Dreistoffmischungen der Verbindungen, die durch Quadrate darstellbar sind. Diese sind I-11-VI-VIII, I-111-V-VIII und 11-111-VI-V. Diese drei Systeme lassen sich schreiben bei Beriicksichtigung der quadratischen Dar- stellung :

\ A / AC-AB \ A / AD-AB AC-AD c><B= 1 1 D><B= i , I und >%=I j

Die Vierstoffmischungen, die sich aus den zehn Verbindungen bilden lassen, scheiden sich in zwei Gruppen. Die erste umfaBt vier Verbindungen mit einem gleichen Element. Es ergeben sich also ins- gesamt funf gleichionige quaternare Mischungen der zehn Verbin- dungen und m a r

/ D \ CD-BD / C \ DC-BC / B \ BC-BD

1. I-11-111-IV entspr. A ( B C D E ) mit den Verbindungen A B . A C . A D * A E . 2. I-V-VI-VII ,, B(ACDE’) ,, ,, B A . B C - B D - B E . 3. 11-V-VIII-IX ,, C ( A B D E ) ,, ,, G A - C B . G D - C E . 4. 111-VI-VIII-X ,, D ( A B C E ) ,, ,, D A - D B * D C - D E . 5. IV-VII-IX-x ,, E ( A B c D) )) ), E A - E B * E C * E D .

Die meite Gruppe der Tiierstoffmischungen aus den zehn Ver- bindungen enthiilt nicht lauter gleichionige Salze. Die Zahl der mog- lichen Systeme lBBt sich einfach durch Permutation ableiten, wenn

die Schreibweise F D T - benutzt wird. Die Reihenfolge der mittleren

Elemente ist gleichgultig, weil sich hierbei in der prismatischen Dar- stellung fur die beiden begrenzenden Dreiecke dieselben Verbindungen ergeben. Die moglichen Vierstoffmischungen, die doppelt ternare Gemische darstellen, sind also gegeben durch die Symbole, die sich durch Permutation der oben und unten stehenden Elemente ergeben. Es ergeben sich dadurch folgende zehn doppelt-ternaren Systeme :

- ~- A A A A B B B C C D C D E BDE BCE BCD ADE ACE ACD Km A B D ZB-C

B C D E C D E D E E

A

B

~~ _ _ _ __

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E. Jlinecke. tfber neue graphkche Darstellungen v.Mehrstoffmischungen usw. 347

A

B Hierbei ist zu beachten, da% nicht etwa cin System C;DIE das-

c selbe ist , wie C D E . Dieses kann naturlich auch ABD -- geschrieben l", E werden und entspricht damit dem neunten System in der obigen Reihe. An sich ist es naturlich vollstandig gleichgiiltig, ob die doppelt ternaren Systeme, wie hier, als stehende oder als liegende Prismen dargestellt werden.

Das Ergebnis fur die Vierstoffmischungen aus den Verbindungen von funf Elementen ist also dieses, da% es nicht weniger als 15 ver- schiedene Arten gibt. Kein Gemisch, dargestellt durch einen Punkt im Inneren der 15 Korper, findet sich in einem der anderen wieder. Dabei umfassen aber diese Systeme zusammen nur die aus den Ver- bindungen aufgebauten Vierstoffmischungen, und noch keineswegs alle moglichenMischungen, die sich aus den funf Elementen aufbauen lassen.

Will man siimtliche Gemische von funf Elementen umfassen, so kann man dieses in zweierlei Art. Entweder geht man aus von einem bestimmten Tetraeder, das sich auf vier bestimmte Elemente bezieht oder von einem bestimmten dreiseitigen Prisma mit sechs verschie- denen Verbindungen. Nach der ersten Art erhiilt man eine unendliche Reihe von Tetraedern (Fig. 25). Das erste Tetraeder bezieht sich auf das in Atomprozenten dargestellte Gemisch ABGD. In den folgenden Tetraedern wird die Atomsumme dieser vier Elemente weniger und weniger und schlieBlich Null. Gezeichnet sind vier Tetraeder, von denen das erste 100, das zweite 75, das dritte 50 und das vierte 25°/0 Atomprozente A + I3 + C + D enthllt. Die Differenz gegen 100 Atomprozente sind die Atomprozente des fiinften Elements. Fur das erste Tetraeder also 0, dann 25, darauf 50 und 75% E. Fur den Punkt endlich 100°/, E , indem alsdann die Summe der ubrigen vier Bestandteile gleich Null ist. Diese unendliche Aneahl Tetraeder his zu dem Punkt E umfaBt samtliche moglichen Gemische, die sich aus den funf Bestandteilen ABCDE' herstellen lassen. Eine gleich- artige Dreieckflache aller Tetraeder enthiilt hierbei siimtliche Ge- mische von vier anderen Elementen als das Grundtetraeder A B C D . Dieses ist leicht zu erkennen. Das begrenzende Dreieck A BG wird z. B. nacheinander zu anderen regularen kleineren Dreiecken mit wachsendem Gehalt an E , die sich insgesamt zu einem Tetraeder A B CE zusammenfugen. Die verschiedenen Tetraeder lassen sich, wie die Figur auch noch zeigt, so ineinanderstecken, daB sich eine

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riiumliche Figur Init einem Punkt in der Mitte ergibt. Die Eckpunkte der Tetraeder liegen alsdann auf den von diesem Mittelpnnkt nach den Ecken des ursprunglichen Tetraeders ausgehenden Geraden.

Bei der zweiten Art, samtliche moglichen Gemische darzustellen, wird von einern dreiseitigen Prisma ausgegangen. Als Beispiel ist

in der Fig. 25 BCU -- gewahlt. Urn die Prozentzahl 100 als Sumrne A

E A50

zu bekommen, istt dann geschrieben B,, ~ .___~ C6,D,, . Uieses Prisma wird n

%O

nun dadurch veriindert, daf3 A und E gleichma1Sig wachsen oder kleiner werden. Es ergeben sich alsdann fur A = E =7 0 als Grenze

A0 A100 A Blo0 C,,, Dloo = Bloo C,,, D,,, und B 3 D o = a fur A = E = 100.

Reichnerisch lafit sioh dies in der Art ausdriicken, wie es in der E, 00

~-

EO El00

Fig. 25 geschehen ist.

50 G o

cwo B, D Dm0

Ilarstellmg skmtlicher Fiinfstoffmischungen A, B, C, D, E durch'eine unendliche Reihe regularer Tetraeder oder regularer dreiseitiger Prismen

D Fig. 25. Zusammenfassung eu der reehtwinkeligen Projektion des regukren

vierdimensionalen ,,Piinfzells'<

Die eine Grenze ist das regulare Dreieck B,,, Cloo I~,,,, , die andere die Gerade AIOO, El,,. Daewischen sind als Zwischenstufen zwei

Prismen angegeben B ~ ~ - c ~ ~ - D ; ; und Eg5 C,, D25. Diese Prismen um- - 4 5 A,,

E,, E75

I_ __ ~~ -

-- __

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E. Janecke. uber neue graphischeDarstellungen v. Mehrstoffmischungen usw. 349

fassen ebenfalls alle moglichenMischungen der funf Elemente A B C D E. Auch hier ergeben sich, wie vorher, durch Obereinanderlegen gleich- artiger Grenzflachen wiederum Tetraeder. Hierbei ist zu beachten, dal3 die Seitenfliichen der Prismen in den beiden Grenzfsllen entweder zu der Geraden AIOO, El,, oder einer Kante des Dreiecks B1,, C,,,Dloo

werden. Els wird z. €3. die Grenzfliiche &,,><c6,, indem sie ihre \A50 /

/Em\ y 2 6 /

Form verandert, einerseits zuniichst B,5 kc,, ) dann B,,, C,,,, anderer- /&A

\A In/

/E%\ seits B2bXC26 und A,,, E,,,.

Richtig ubereinandergelegt sind diese Rechtecke parallele Schnit te eines Tetraeders A,,, I?,,, C,, El,,,. Wenn man alle Prismen, die man so erhalt, ineinandersteckt, wie es die Figur auf der rechten Seite zeigt, so erhalt man wieder dasselbe Tetraeder mit einem Punkt in der Mitte. Die Eckpunkte der Prismen liegen in anderer Art, wie vorher die der Tetraeder, auf den Geraden, die vom Miitelpunkte des Tetraeders nach den Endpunkten gehen. Mit Hilfe dieses Korpers ist es nun moglich, durch einen Punkt im Inneren des Tetraeders jede mogliche Mischung von funf Stoffen darzustellen. AuBer der Lage des Punktes ist es noch notig, das zugehorige Tetraeder oder Prisma zu vermerken. Die Art, wie im speziellen Falle Tetraeder und Prisma fur eine bestimmte Funfstoffmischung zusammenhangen, zeigt die Fig. 26, S. 350. Der Punkt hat eine bestimmte Lage in einemregularen Dreieck, daB, tvie die Figur zeigt, sowohl einem Tetraeder als auch einem Prisma zugehort , Seiner Zusammensetzung nach kann das Gemisch also sowohl durch die Verbindungen bzw. Gemische EA,, EB,, EC,, ED, des Tetraeders ausgedruckt werden, als durch die Verbindungen oder Gemische BA,, CA,, DA,, BE,, CE,, DE, des Prismas. Die Figur gibt auch noch eine abgeschnittene dreiseitige Pyramide an, die ebenfalls den Punkt enthalt. Das Gemisch lieBe sich auch durch Verbindungen oder Gernische damtellen, indem die den Eckpunkten A oder E berucksichtigt werden.

Dieses Tetraeder mit einem Mittelpunkt, verbunden mit allen vier Eckpunkten, ist geometrisch die senkrechte Projektion des ein- fachsten regularen v ie r d imens ion a le n Gebildes in den dreidimen- sionalen Raum. Auf die rein mathematische Behandlung dieses merli- wiirdigen vierdimensionalen Gebildes, zu dem also hier physikalisch-

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chemische Betrachtungen gefuhrt haben , kann hier nicht weiter eiagegangen werden. Dieses ist ausfiihrlich an anderer Stelle ge- schehen (Sitzungsbericht der hkademie der Wissenscbaften, Heidel- berg, November 1930).

Wenn so zwar alle Mischungsverhiiltnisse von Fiinfstoffsystemen vollstiindig datrstellbar sind, so werdea doch bei bestimmten Elementen

A

Fig. 26

in chemischer Hinsicht nur die verschiedenen Prismen Bedeutung haben und &war wenn Verbindungen auftreten. Die Tetraeder werden zweckmaBig bei der Darstellung der ~~ischungsverhaltnisse von Le- gierungen, also bei Systemen, bei denen im allgemeinen keine Ver- bindungen vorkommen.

AIs Beispiel fur die Prismendarstellung bei doppelt ternaren Ge-

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E. Jiinecke. Ober new graphischeDarstellungen v. Mehratoffmischungen usw. 351

CZT mischen sollen noch einige angefiihrt merden. Ein System HS,, O,,

umfafit ein Vierstoffsystem der Verbindungen CH~-CS,-CO,

I l l N€i3-N;s2-i4,03

Das Schema, welches in ganz anderer Verteilung die Verbindungen der mehrfach erwahnten Elemente H, 0, N, C, S enthalt, hat dieses

Ma1 nicht H,O als Bestandteil. Das System 672-Brc1 enthalt die

Verbindungen 1 I I . Es urnfafit die sauren und basischen

gemischten Losungen von Natriumchlorid und Natriumbromid. H,O

H

Na H,O-HBr-HC1

Na,O-NaBr-NaCI

H*O k w.

ff2 h P.5CI2

Fig. 27 Fig. 28

ist ale Teil des Systems durch eine Ecke des Prismas angeeeigt. Das

System w,; enthalt die Verbindungen 1 I 1 . Es

enthalt, wie die Fig. 27 eeigt, aIs Grenzsystem das mehrfach erwahnte H,0-C0,-NH3-(C3N,). Es ist dadurch von Interesse, daf3 auf der einen Seite des Kalkstickstoffs das Calciumcyamid CN,Ca liegt. Sonst auftretende Verbindungen sind in der Figur vermerkt. Das Calciumcarbamat Ca(CO,NH,), , das alle funf Elemente enthalt, liegt im Innern des dreiseitigen Prismas. Aus der Figur lassen sioh die Zusammenh&nge zwischen den versehiedenen Verbindungen ab- lesen.

on H 2 0 - C a 4 O ,

Nu, NH,-N2Ca3-C,N4

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352 Zeitschrift fur anorgankche und allgemeine Chemie. Band 196. 1931

H In Fig. 28 ist das System vermerkt, O,,ClN,,, , das zu den Ver-

bindungen I I 1 fuhrt. Es enthalt die Darstellung

einer Umsetzung PbO + 2NH4C1 = PbC1, + 2NH, + H,O, auf die schon vor langen Jahren ROOZEBOOM~) hingewiesen hat. Er gibt eine Doppelpyramide als Darstellung des Systems an. Dieselbe ergibt sich auch aus den fiinf Punkten der Fig. 28, die den funf Verbindungen cler Gleichung entsprechen. Daruber hinaus ist der Zusammenhang mit den anderen Verbindungen HCl und Pb$, in dem Prisma ver- merkt .

Es ist auch moglich, positive oder negative Radikale einzufthren wie NH,, NO, und so zu der Darstellung doppelt terniirer Systeme zu kommen.

Eine Prismendarstellung ergibt sich auch, wenn unmittelbar an Stelle der Elemente oder Radikale bestimmte Verbindungen gesetzt

werden. Dieses ist z. 3. der Fall bei MgO . &,O, . Na,O entsprechend

MgO * Si0,-A1 0 SiO,-N~OSiO,

XgO - B,0,-A1203 - B,0,-Na,0B,03 Von diesen sechs Formeln stellen fiinf Verbindungen dar, nur

A1,O3-BZ0, ist als Gemisch aufzufassen. Von der prismatischen Dar- stellung wird hierbei nur der Teil, der zu einer vierseitigen Pyramide mit A1,O,-SiOz fuhrt, von Bedeutung sein. Dieses System kann mit Turmalin in Ziisammenhang gebracht werden, bei dem allerdings an Stelle von Na teilweise H tritt. Gerade silikathaltige Systeme, die noch eine zweite Saure, wie Borsaure, Fluorwasserstoff oder andere enthalten, werden mit Vorteil durch die regulare Prismen dargestellt.

PbIl H20---HC1--NH,

PbO-PbC&-Pb3Kz

SiO,

B203

I 7 I -

Zusammenfassung

Es wurden ffir Drei- und Vierstoffmischungen neue Uarsiellungs- arten des Mischungsverhaltnisses angegeben, indem fur die Kompo- nenten ihre :&quivalente als Einheiten benutzt wurden. Fur das System C-H-0-N, welches die groBte Zahl aller organischen Ver- bindungen umfaBt, wurde im Tetraeder der Zusammenhang zwischen den Verbindungen angegeben. Gleichartige Verbindungen liegen auf bestimmten Geraden.

') E. RoozEBoonf, Z. phys. Chem. 15 (1894), 158,

Page 17: Über neue graphische Darstellungen von Mehrstoffmischungen bei phasentheoretischen Untersuchungen

E. J&necke. -r neue gmphische Darstellungen v. Mehrstoffmischungen UBW. 353

Fur fimf Elemente wurden systematisch die Anzahl der Vier- stoffmisohungen untersucht, wenn sie samtlich miteinander einfache Verbindungen bilden. Es ergeben sich fur die Vierstoffmischungen, die sioh aus den zehn Verbindungen der funf Elementc auebauen lessen, zwei verschiedene Reihen. Eine Reihe wird dargestellt durch funf verschiedene Tetraeder und eine andere durch zehn dreiseitige Prismen. Eine vollstandige Darstellung aller moglichen Gemische von Funfstoffen umfaBt eine unendliche Ileihe von Tetraedern, die in einern Punkt eusammenschrumpfen, oder eine unendliche Reihe von Prismen, die einerseits eu einem regularen Dreieck, antlererseite zu einer Geraden werden. Die Gesamtheit kann dargeslellt werden als Projektion eines vierdimensionalen Gebildes, das sich als Tetra- eder mit einem Mittelpunkt, der mit siimtlichen Eckpunkten des Tetraeders verbunden ist , darstellt (mathematisch ausfuhrlich be- handelt in dem Sitzungsbericht der Heidelberger Akademie der Wissensohaften). Fur die Prismendarstellnng wurden noch einige Beispiele angefuhrt.

Bei der Redaktion eingegitngen a m 21. Janmr 1931.

Z. anow. u. allg. Chem. Rd. 196. 63