9
226 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 333. 1964 Uber therrnische Eigenschaften von Halogeniden. XVI l) Sattigungsdruckmessungen an einigen Metallhalogeniden nach dem ,,Glockenverfahren" Von WERNER FISCHER und THOMAS PETZEL 2, mit Beitragen von SIEGFRIED LAUTER~) 4, Professor Robert J u z a xum 60. Geburtstage gewidmet Inhaltsubersicht Es wird iiber Messungen der Sattigungsdrucke von ZrF,, HfF,, SnF, und BeCI, (von einigen mm Hg bis fast 1 atm) und von MgCI, (nur bis 125 mm Hg) berichtet. Fur CaCI, konnen nur angenaherte Angaben gemacht werden. Summary Vapour pressures in the range from 3-5 mm Hg to nearly 1 atm ofZrF,, HfF,, SnF,, BeCl, and of MgCI, (lower than 125 mm Hg only) are measured by means of the "bell method'. In the case of CaCI, approximate data only could be obtained. The bell method allows the investigation of substances which are highly corrosive to silicate materials; the substances contact metals only, for instance molybdenum and tin. Viele Metallhalogenide greifen bei hoheren Temperaturen silicatische Geratematerialien an. Zur Sattigungsdruckmessung an solchen Stoffen ha- ben wir friiher 5, eine Apparatur entwickelt, deren wesentlicher Teil ein zylindrisches, uiiten offenes und oben geschlossenes GefiiB, z. B. aus Molyb- dan, ist, das an einer Stahldrahtwendel hangt und wie eine Gasometerglocke in eine indifferente Fliissigkeit, z. B. geschmolzenes Zinn, eintaucht. Die zu untersuchende Probe befindet sich im Inneren der Glocke. Der hier erzeugte l) XV. Mitteilung: W. FISCHER u. A.-L. SIMON, Z. anorg. allg. Chem. 306, 1 (1960). ,) TH. PETZEL, Dissertation TH Hannover, 1964. 3, S. LAUTER, Dissertation TH Hannover, 1948. ,) Vgl. Naturforschg. u. Medizin in Deutschland 1939-46. FIAT-Review. Wiesbaden, 5) W. FISCHER, R. GEWEHR u. H. WINGCHEN, Z. anorg. allg. Chem. 242, 161 (1939). 1949. Band 26, S. 198-205.

Über thermische Eigenschaften von Halogeniden. XVI. Sättigungsdruckmessungen an einigen Metallhalogeniden nach dem „Glockenverfahren”

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Über thermische Eigenschaften von Halogeniden. XVI. Sättigungsdruckmessungen an einigen Metallhalogeniden nach dem „Glockenverfahren”

226 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 333. 1964

Uber therrnische Eigenschaften von Halogeniden. XVI l)

Sattigungsdruckmessungen an einigen Metall halogeniden nach dem ,,Glockenverfahren"

Von WERNER FISCHER und THOMAS PETZEL 2,

mit Beitragen von SIEGFRIED LAUTER~) 4,

Professor Robert Juza xum 60. Geburtstage gewidmet

Inhaltsubersicht Es wird iiber Messungen der Sattigungsdrucke von ZrF,, HfF,, SnF, und BeCI, (von

einigen mm Hg bis fast 1 atm) und von MgCI, (nur bis 125 mm Hg) berichtet. Fur CaCI, konnen nur angenaherte Angaben gemacht werden.

Summary Vapour pressures in the range from 3 - 5 mm Hg to nearly 1 atm ofZrF,, HfF,, SnF,,

BeCl, and of MgCI, (lower than 125 mm Hg only) are measured by means of the "bell method'. In the case of CaCI, approximate data only could be obtained. The bell method allows the investigation of substances which are highly corrosive to silicate materials; the substances contact metals only, for instance molybdenum and tin.

Viele Metallhalogenide greifen bei hoheren Temperaturen silicatische Geratematerialien an. Zur Sattigungsdruckmessung an solchen Stoffen ha- ben wir friiher 5, eine Apparatur entwickelt, deren wesentlicher Teil ein zylindrisches, uiiten offenes und oben geschlossenes GefiiB, z. B. aus Molyb- dan, ist, das an einer Stahldrahtwendel hangt und wie eine Gasometerglocke in eine indifferente Fliissigkeit, z. B. geschmolzenes Zinn, eintaucht. Die zu untersuchende Probe befindet sich im Inneren der Glocke. Der hier erzeugte

l) XV. Mitteilung: W. FISCHER u. A.-L. SIMON, Z. anorg. allg. Chem. 306, 1 (1960). ,) TH. PETZEL, Dissertation T H Hannover, 1964. 3, S. LAUTER, Dissertation T H Hannover, 1948. ,) Vgl. Naturforschg. u. Medizin in Deutschland 1939-46. FIAT-Review. Wiesbaden,

5) W. FISCHER, R. GEWEHR u. H. WINGCHEN, Z. anorg. allg. Chem. 242, 161 (1939). 1949. Band 26, S. 198-205.

Page 2: Über thermische Eigenschaften von Halogeniden. XVI. Sättigungsdruckmessungen an einigen Metallhalogeniden nach dem „Glockenverfahren”

W. FISCHER u. TH. PETZEL, Sattigungsdruckmessungen a n einigen Metallhalogeniden 227

Sattigungsdruck wird im AulJenraum durch ein indifferentes Gas kompen- siert, dessen Druck gemessen wird. Druckgleichheit innen und auf3en wird an der Spannung der Stahlwendel erkannt.

Wir teilen im folgenden Messungen an einigen Halogeniden mit, deren Sattigungsdruckkurven uns aus von Fall zu Fall verschiedenen Griinden interessierten ; ihre Zusammenstellung ist deshalb zufallig bedingt.

A p p a r a t i v e s . Die benutzte Apparatur glich im wesentlichene) der friiher5) beschrie- benen. - Argon und Stickstoff (der nur zum Spulen diente) wurden mit P,05 auf Glas- wolle in einem Rohr von 3,5 ern Durchmesser und 100 cm Lange getrocknet und durch BTS-Katalysator7) in einem Rohr von 3,5 cm Durchmesser und 60 cm Lange von Sauer- stoff weitgehend befreit. Der benotigte Wasserstoff wurde nur getrocknet. - Die Halo- genid-Praparate wurden im Vakuum einer Quecksilberdampfstrahlpumpe in der MeBappa- ratur in die Molybdanglocke (von der Osram G. m. b. H., Drahtwerk, Berlin N 65) hinein- destilliert bzw. sublimiert, Berylliumchloridaus kleinenQuarzglasampullen, die anderenstoffe aus kleinen zylindrischen Pt- oder Al,O,-Tiegeln. - Die Stellung der Molybdanglocke bei gleichem Druck innen und auBen andert sich etwas mit der Temperaturs), vornehmlich wegen der Dichteanderung des fliissigen Zinns. Der EinfluB wurde experimentell zu 0,7 mm Verschiebung in der Senkrechten (G 0,2 Torr scheinbare Druckanderung) bei 100" Tempe- raturanderung ermittelt. Bei den unten beschriebenen Messungen (auBer denen an BeC1,) wurde eine entsprechende Korrektur vorgenommen ; sie hat nur bei kleinen Drucken Be- deutung. - Zur Temperaturmessung diente wie fruher ein geeichtes Pt-PtRh-Thermoele- ment (Ausnahme: BeCl,, s. S. 228) in Verbindung mit einem Prazisionsmillivoltmeter. Die Lage des Quarzglasgef&iBes 6) im Ofen war so einreguliert, daB die Temperatur in Hohe des oberen Endes der Molybdanglocke, die bei den Messungen etwa 1,5 cm aus dem Zinn heraus- ragte, von dessen Temperatur nicht starker abwich als die Reproduzierbarkeit der Tempe- raturmessungen von & 2 "C.

Die E m p f i n d l i c h k e i t der D r u c k m e s s u n g ist bei dem Glockenverfahren gegeben durch die Hohenanderung Ah der Glocke bei der Anderung LIP der Druckdifferenz inner- und auBerhalb der Glocke. Dafiir gilt9)

- Sl . S3 Ah - dp w * q 3 (9, - Sl) -I- k * ( 9 3 - q z + Sl)

Dabei bedeuten: q, die Querschnittsflache des Glockenhohlraums, q, die gesamte Querschnittsflache der Glocke, q3 die Querschnitteflache des GefaBes, in dem sich die Sperrflussigkeit (Zinn) befindet, w das Gewicht der Volumeneinheit der Sperrfliissigkeit (Zinn) bei der MeBtemperatur, k die Federkonstante, d. h. die Zugkraft, die die Wendelfeder um eine Langeneinheit

verlangert . 6 ) EinzeIheiten bei PETZEL,). Auf einen Unterschied sei hier hingewiesen: Das von

PETZEL verwendete QuarzglasgefaO zur Aufnahme des Zinns verjiingte sich erst ober- halb des Ofens zu einem Rohr von 1,7 cm 0, wahrend das bei dem friiher5) benutzten Gerat schon wenige om oberhalb des Zinnmeniskus der Fall war. Diese altere Anordnung ist wegen der besseren raumlichen Temperaturkonstanz vorzuziehen.

7) Von der Firma BASF, Ludwigshafen.Vg1. M. SCRUTZE, Z. angew. Chem. 70,697 (1958). 8) Vgl. Zitat5), S. 167, FuBnote 5. 9) Ableitung bei PETZEL~). Dort auch Diskussion und Berechnung anderer Glocken-

formen.

Page 3: Über thermische Eigenschaften von Halogeniden. XVI. Sättigungsdruckmessungen an einigen Metallhalogeniden nach dem „Glockenverfahren”

228 Zeitschrift fur anorganische und allgemejne Chemie. Band 333. 1964

Bei den von uns benutzten Anordnungen betrug die Empfindlichkeit 3 mm (PETZEL) bzw. 6 mm (LAUTER) Hohenanderung der Glocke bei 1 mm Hg Druckdifferenzanderung. Die reine Druckmessung war wie fruher auf wenige

Nach Erhitzen der beschickten und in das flussige Zinn eingetauchten Glocke bis zur hochsten beabsichtigten MeBtemperatur und Abkuhlen auf eine Temperatur, bei der die zu untersuchende Substanz nur noch einen vernachlassigbar kleinen Dampfdruck besitzt, verblieb moist eine F r e m d t e n s i o n ( b i s zu 10 mmHg). Wegender geringen GroBe des von Gas erfullten Raumes der Glocke von etwa 1 bis 2 em3 handelt es sjch nur um Spuren von Fremdstoffen. Durch dnheben der Glocke iiber den Zinnspiegel bei tiefer Temperatur und Vakuum w urde die Fremdtension beseitigt. Bei den anschlieBenden Messungen, die allein der Auswertung zugrunde gelegt wurden (eine Ausnahme bei SnF,), t ra t in keinem Fall erneut ein Restdruck auf.

Die unten aufgefuhrten In t e rpo la t ionsg le i chungen sind aus den Messungen in dem jeweils angegebenen Temperaturbereich ermittelt. I n keinem Falle wurden gesicherte systematische Abweichungen von der linearen Zuordnung von log p und 1/T beobachtet. Die mittlere Abweichung der Temperatur der einzelnen MeBpunkte von den ausgleichenden Geraden betrug f 2 bis 3O, im Falle des Berylliumchlorids, bei dem zur Temperaturmes- sung ein Edelmetallthermoelement hoherer Thermokraft diente, nur f 1". Einige gering- fugige Druckfehler in den Zahleuangaben bci PETZEL') sind im folgenden korrigiert.

mm Hg reproduzierbar.

Zirkoniumfluorid ZrF, Die Sattigungsdrucke von ZrF, wurden zuerst von L A U T E R ~ ) ~ ) , dann

von SENSE u. a.l0) und CANTOR u. a.ll) gemessen. PETZEL diente dieser Stoff zur Einarbeitung in die MeBmethode.

Unsere P r a p a r a t e wurden nach V. HEVESY und DULLENKOPF~~) aus Ausgangsmate- rialien hergestellt, die 0,1 bzw. 0,2 Gew.-% HfO, (bezogen auf die Summe der Oxide) ent- hielten. Nach der Druckmessung hafteten die schwer losbaren Praparate, mit vie1 Zinn durchsetzt, so fest im Inneren der Molybdanglocke, daB wir uns mit A n a l y s e n vor der Verwendung begniigen muDten. Zr wurde nach KHS0,-AufschluB mittels NH,-Fallung bestimmt, Fluor nach SPECHTl3) als PbClF nach AufschluB mit Quarzmehl, Natrium- und Kaliumcarbonat. Der Gehalt an Zr lag stets etwas zu hoch, der an F zu niedrig, und die Summe beider blieb etwas hinter der Einwaage zuruck. Die Abweichungen entsprechen einem Gehalt von einigen yo ZrO,, der kaum gestort haben kann, da die Praparate ja unmittelbar vor der Messung im Vakuum noch sublimiert wurden. - LAUTER hat in 3 Me& reihen mit jeweils neuer Beschickung 30 MeSpunkte, PETZEL in 3 Reihen mit 2 Be- schickungen 36 PunkteI4) aufgenommen.

lo) K. A. SENSE, M. J. SNYDER u. R. B. FILBERT jr., J. physic. Chem. 68, 995 (1954). 11) S . CANTOR, R. F. NEWTON, W. C. GRIniEs u. F. F. BLANKENSHIP, J. physic. Chem.

62, 96 (1958). 12) G. v. HEVESY u. N. DULLENKOPF, Z. anorg. allg. Chem. 221, 161 (1935). Vgl.

G. v. HEVESY, J. A. CHRISTIANSEN u. V. BERQLUND, Z. anorg. allg. Chem. 144, 69 (1925). 13) F. SPECHT, Z. anorg. allg. Chem. 231, 181 (1937). 14) Dabei sind alle MeBpunkte (5) mit Drucken < 9 mm Hg abweichend von der Dis-

sertation ,) unberiicksichtigt geblieben, weil sie am wenigsten genau sind und wohl zufallig fast alle gleichsinnig (zu hohe Drucke) von der Ausgleichsgeraden abweichen; ihre Beruck- sichtigung wurde die Lage der Geraden unverhaltnismaBig stark beeinflussen.

Page 4: Über thermische Eigenschaften von Halogeniden. XVI. Sättigungsdruckmessungen an einigen Metallhalogeniden nach dem „Glockenverfahren”

w. FISCHER u. TH. PETZEL, Sattigungsdruckmessungen a n einigen Metallhalogeniden 229

Die M essungen der genannten Beobachter werden durch folgende Glei- ehungen wiedergegeben :

ZrF,, fest

+ 12,569 (640-905 "C) 52 300 L.auTERS) 4, log PmmHg -

p = 760 mm Hg bei 1181°K 6 908°C

PETZEL (710-904 "C)

p = 760 mm Hg bei 1181 OK r\ 908 "C

CANTOR u. a.lI) log pmmHg = - 51850 + 12,542 (710-808 "C) 4,57 . T p = 760 mm Hg bei 1174 OK r\ 901 "C (extrapoliert)

SENSE U. a.lO) log pmmHg = - [:;yT- + 13,400 (616-881 "C)

p = 760 mm Hg bei 1176 OK & 903 "C.

Die ersten drei Gleichungen stimmen recht befriedigend iiberein. Auch die MelJwerte von SENSE u. a. im Gebiet mittlerer und hoher Drucke liegen im Streubereich der Ergebnisse der anderen Autoren ; die abweichende Glei- chung ist nur auf die Beriicksichtigung der systematisch tiefer liegenden Druckwerte unter etwa 10 mm Hg zuruekzufuhren. Die Autoren verwende- ten die Mitfuhrungsmethode ; die Abweichungen sind offensichtlich die Folge von unvollstandiger Sattigung bei den bei kleinen Drucken angewendeten hohen Stromungsgeschwindigkeiten.

Hafniumfluorid HfF4 Bezuglich Darstellung und Analyse gilt Entsprechendes wie fur ZrF,. Das Ausgangs-

material ent,hielt 0,03 Gew.-% ZrO,, bezogen auf die Sumnie der Oxide. 57 MeDpunkte von 4 MeBreihen mit 2 verschicdenen Beschickungen lassen sich wiedergeben durch:

(721-966 "C) 5G 900 HfF,, fest: log PmmIxg = - ag; T- + 12991

p = 760 mm Hg bei 1241 "K + 968 "C.

Vergleichswerte &us der Literatur scheinen nicht vorzuliegen. Tab. 1 gibt einen Uberblick uber einige therinische Daten der Zr- wid Hf -Haloge- nide. Wahrend bei den Fluoriden das Hafnium entsprechend einem etwas grolJeren Ionenradius die hohere Sublimationstemperatur T,,, (bei Normal- druck) besitzt, ist es bei den Chloriden und - mit noch groBerer Differenz - bei den Bromiden umgekehrt. Das ist zweifellos eine Folge steigender Polari- sationseffekte und Dispersionskrafte bei wachsendem Atomgewicht des Halogenidions und extremem Anstieg der Elektronendichte beim Ubergang

Page 5: Über thermische Eigenschaften von Halogeniden. XVI. Sättigungsdruckmessungen an einigen Metallhalogeniden nach dem „Glockenverfahren”

230 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 333. 1964

> 1241 1241

56,9 46

von Zr4+ zu Hf4+. Die hohen Werte der Sublimationsentropie S = L/TSbl (LECHATELIER-E'oRCRANDscher Quotient) bei den Fluoriden fugen sich denen der anderen Halogenide der beiden Elemente an15).

Tabelle 1 T h e r m i s c h e D a t e n d e r Z i r k o n i u m - u n d H a f n i u m t e t r a h a l o g e n i d e 16)

Schmelztemp. "K Sublimationstemp. OK

Sublimationswarme L kcal/Mol Sublimationsentropie S Clausius/Mol

705 693 590 -595

24 - 24 41 -40

Zr

Hf

> 1181

52,5 26,5 44,5

J4

772 704

29,5 42

Zinn(I1) -fluorid Zur D a r s t e l l u n g des Prgparates wurde zunachst SnO nach BRAUERI7), aber - zur

Vermeidung von Oxydation - unter Stickstoff bereitet; dieses setzte man dann nach NEBERGALL, MUHLER und DAY l8) mit wiiSriger FluSsiiure in PolyLthylengefaSen um. Die bei 24 Std. Stehen im Eisschrank gewonnene Ausbeute an wasserfrei kristallisierendem SnF, lieB sich durch Eindunsten der Mutterlauge im Exsikkator uber CaCl, + NaOH bei Raumtemperatur betrachtlich erhohen. Die farblosen, bis 1 mm groDen prismatischen Kristalle sind nach dem Trocknen bei 120" im Vakuum nicht mehr luftempfindlich und nicht merklich hygroskopisch.

Zur A n a 1 y s e auf Sn wurde das leicht in Wasser losliche Praparat bei Anwesenheit von Borsaure einer H,S-Fallung unterworfen und SnO, ausgewogen. Zur Bestimmung des Fluoridgehaltes nach SPECHT 13) entfernte man das storende Zinn aus der salzsauren Losung zunlchst durch Zementation mittels amalgamierter Zinkspane und fallte dann mit Blei- nitrat statt -acetat, weilsonst die Gefahr bestand, daS Zinkfluorid ausfiel. Diese zuvor an be- kannten Mengen erprobten Verfahren lieferten fur das beschriebene SnF,-Praparat :

ber.: Sn 75,75y0; F 24,257;; gef.: Sn 76,0y0; F 24,4%.

15) Vgl. W. BISCHER, Z. anorg. allg. Chem. 211, 333 ff . (1933). 16) Werte fur die Chloride, Bromide und Jodide nach FISCHER, GEWEHR u. wINGCHEN5) ,

0. RARLFS u. W. FISCHER, Z. anorg. allg. Chem. 211, 349 (1933), in guter Ubereinatimmung mit Mcssungen an den Chloriden von A. A. PALKO, A. D. RYAN u. D. W. KUHN, J. physic. Chem. 62, 319 (1958), die die zuvor genannten Abhandlungen aber nicht zitieren.

17) G. BRAUER, Hdb. d. prap. anorg. Chem. Bd. I, 653. Stuttgart 1960. 18) WM. H. NEBERGALL, J. C. MUHLER u. H. G. DAY, 3. Amer. chem. SOC. 74, 1604

(1952).

Page 6: Über thermische Eigenschaften von Halogeniden. XVI. Sättigungsdruckmessungen an einigen Metallhalogeniden nach dem „Glockenverfahren”

W. FISCHER u. TH. PETZEL, Sattigungsdruckmessungen an einigen Metallhalogeniden 231

Schmelztemperatur T, Siedetemperatur T,, TF/TSd

Nach Beendigung der Sattigungsdruckmessung war eine Analyse des benutzten Prapa- rates wegen der Vermischung mit mctallischem Zinn der Sperrfliissigkeit nicht moglich. Eine aus einem Al,O,-Tiegelchen in die MolybdLnglocke eindestillierte Probe, mit der keine Druckmessung ausgefuhrt wurde, ergab bei der Analyse 75,7y0 Sn und 24,8y0 F; bei der angewendeten Temperatur war also offenbar keine Disproportionierung : 2 SnF, = Sn + SnF, eingetreten, denn das leichter fliichtige SnF, (Sublimation unter 1 atm bei 705 OC19)

hatte mit sublimieren und das Analysenergebnis entsprechend beeinflussen miissen.

Zinn(I1)-fluorid schmilzt nach NEBERGALL u. a.lS) schon bei 210 bis 215 "C (vgl. Tab. 2). Deshalb fiihrte das Herausheben der Glocke aus dem fliissigen Zinn (Fp. 232 "C) zwecks Entfernung der anfangs sich bildenden F r e m d t e n s i o n zu weitgehendem Verlust der Be- schickung. Bei einer der beiden ausgefiihrten MeSreihen verblieb soviel Substanz in der Glocke, daS wenigstens Drucke bis 240 mm Hg gemessen werden konnten. Bei der anderen MeBreihe belief3 man die Fremdtension in der Glocke. Aus dem Verlauf der Glockenstellung unterhalb von etwa 400 "C, wo der Sattigungsdruck des SnF, zu vernachllssigen ist, wurde ein Korrekturwert fur die Fremdtension bei hoheren Temperaturen ermittelt.

Beide MeBreihen mit 9 bzw. 15 Meljpunkten ordneten sich mit gleicher Streuung, wie sie bei den anderen Stoffen beobachtet wurde, einander zu und lassen sich wiedergeben durch :

(496-827 "C) 26900 SnF,, fliissig: log PmmHg = -m + 8,11

p = 760 mm Hg bei 1126 OK & 853 "C.

Man konnte erwarten, daB beim Fluorid der salzartige Charakter sich wohl etwas starker bemerkbar macht als bei den anderen Zinn(I1)-halogeni- den. Wie Tab. 2 zeigt, wird das durch den merklich hoheren Siedepunkt des Fluorids bestatigt. Die Siedeentropie ist normaP). Aber der Schmelzpunkt liegt ungewohnlich tief ; das Temperaturintervall, in dem das Zinn(I1)- fluorid bei 1 atm im fliissigen Aggregatzustand vorliegt, ist - ahnlich wie beim metallischen Zinn - sehr groB. Das Verhaltnis T,/T,, liegt bei Halo- geniden normalerweise zwischen 0,6 und 0,7.

1 SnF, I SnCl, 1 SnBr, 1 SnJ,

OK 1483-488'8) 1 520 505 593 "K 1126 1 925 912 987

0,43 1 0,56 0,55 0,60

Tabelle 2 T h e r m i s c h e D a t e n v o n Zinn(I1) -ha logenidenzo)

24 Verdampfungswarme L kcal/Mol Siedeentropie L/Tsd I Cl/Mol

24,5 25 27 ~ 25

l9) 0. RUFF u. W. PLATO, Ber. dtsch. chem. Ges. 37, 673 (1904). 20) Werte fur SnCl,, SnBr, und SnJ, nach W. FISCHER u. R. GEWEHR, Z. anorg. allg.

Chem. 242,190 (1939).

Page 7: Über thermische Eigenschaften von Halogeniden. XVI. Sättigungsdruckmessungen an einigen Metallhalogeniden nach dem „Glockenverfahren”

232 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 333. 1964

Wismut (111) -fluorid Unsere MeBanordnung erwies sich fur die Untersuchung dieses Stoffes als nicht geeig-

net, wed quantitative Umsetzung mit dem a ls Sperrflussigkeit verwendeten Zinn eintrat:

2 BiF, + 3 Sn = 3 SnF, + 2 Bi.

Die beobachteten Drucke fielen mit denen des Zinn(I1)-fluorids zusammen.

Berylli~mchlorid~) 4) 21)

RAHLFS und FISCHER~~) hatten friiher die Dampfdrucke dieses Stoffes in einer Quarzglasapparatur nur angenahert ermitteln konnen, weil dabei erhebliche Fremdtensionen (SiC1,) auftraten. Deshalb wurden an in gleicher Weise dargestellten Praparaten neue Messungen mittels des Glockenverfah- rens durchgefuhrt. 3 MeBreihen mit unabhangiger Beschickung lieferten mit 11 MeBpunkten unter und 1 2 MeRpunkten iiber dem Schmelzpunkt folgende Gleichungen :

BeCl,, fest . log PmmHg = - 34300 + 13,010 (365-400 "C)

BeCl,, flussig: logpmmHg =- ti:!: + 11,263 (404--480°C)

p = 760 mm Hg bei 754'K & 481 "C.

Die neuenDaten weichen merklich von den alten ab, die als uberholt an- zusehen sind. Der Schnittpunkt der beiden ausgleichenden Kurven ergibt fur den Schmelzpunkt den Wert 403 "C, wiihrend durch direkte Beobachtung von RAHLPS~~) 405°C gefunden worden war. Der von FURBY u. WILKIN- SON^^) mitgeteilte Wert fur den Siedepunkt (482,5 "C) stimmt init unserem gut iiberein, wahrend die von SHEIKO u. FESHCHENKO 23) ermittelten Dampf- drucke bedeutend abweichen.

Magnesiumchlorid Die eirizigen unseres Wissens vorliegenden Messungen der Sattigungs-

drucke von MgC12 stammen von C. G. MAIER, der schon friihzeitig eine breit angelegte Untersuchung 24) iiber die Dampfdrucke vieler schwer fliichtiger Metallchloride veroffentlichte. Seine Quarzglasapparatur gestattete aber ini Falle des Magnesiumchlorids nur die Messung von Drucken his etwa 100 mm Hg, das Verfahren war nach seinen eigenen Worten bei kleinen Drucken nicht sehr genau, und es war sehr empfindlich gegen Fremdtension. Wir hiel-

~~~

21) Beobachter: LAUTER. 22) E. FURBY u. K. L. WILKINSON, J. inorg. nuclear Chern. 14, 123 (1960). 23) I. N. SHEIKO u. v. G . FESHCRENKO, YIqmIIiCbKMfi XeMwsHaB 3fCypHax [Ukrain.

24) C. G. MAIER, Technical Paper 360. Bureau of Mines. Washington 1925. chem. J.] 08, 478 (1962), durch Chem. Abstr. 5% 6250c (1963).

Page 8: Über thermische Eigenschaften von Halogeniden. XVI. Sättigungsdruckmessungen an einigen Metallhalogeniden nach dem „Glockenverfahren”

W. FISCHER u. TH. PETZEL, Sattigungsdruckmessungen an einigen Metallhalogeniden 233

ten eine Vergleichsmessung mit unserer Anordnung deshalb fur wunschens- wert.

Das Praparat wurde durch vorsichtige Erhitzung von Ammoniumcarnallit im HCl- Strom, zum SchluS bis auf 700 "C, dargestellt. Es loste sich klar im Wasser. Da das P6para.t schlieBlich noch im Vakuum aus einem Platintiegelchen in die Molybdanglocke eindeetilliert wurde und eine Umsetzung mit Molybdan oder Zinn sehr unwahrscheinlich erschien, ver- zichteten wir auf eine Analyse nach der Messung.

Aus 41 MeBpunkten von drei Versuchsreihen mit jeweils neuer Beschik- kung ergab sich folgende Gleichung :

MgCI,, flussig: log PmmHg = - - 4 m + 8,GG (863-1162 "C) 42 900

p = 760 mm Hg bei 1624 O K r\ 1351 "C (extrapoliert).

Da auch unsere Apparatur nur bis etwa 1150 "C verwendbar war, lagen die hochsten gemessenen MgC1,-Drucke bei 125 mm Hg, und der angegebene Siedepunkt ist extrapoliert. Die von uns bei Abwesenheit von Fremdtension gewonnenen Daten weichen erheblich von denen MAIERS ab, der als Siede- punkt 1412 "C extrapolierte und fur die Verdampfungswarme nur einen Wert von 35 210 cal/Mol fand. Wahrend aus diesen Daten eine Siedeentropie von nur 20,9 Cl/Mol folgt, ergibt sich aus den hier gefundenen ein Wert von 26,3 Cl/Mol. Der letzte ist auch deshalb wahrscheinlicher, weil sich nach der bei ahnlichen Stoffen gut bewahrten15) Formel von EUCKEN 25,8 CI/Mol errechne t .

Calciumc hlorid Es war friiher 5, vorgeschlagen worden, das Glockenverfahren in der

Weise abzuwandeln, daB die zu untersuchende Substanz selbst als Sperr- flussigkeit fur die Glocke dient, wodurch das Verfahren vereinfacht und sein Anwendungsbereich verbreitert wiirde.

Zwar wird man so wohl nur kleinere Drucke messen konnen, und es muB vorausgesetzt werden, daB der untersuchte Stoff beim Schmelzpunkt nur einen moglichst kleinen Dampf- druck besitzt. Aber gerade deshalb schien das abgeanderte Verfahren u. a. dafiir geeignet zu sein, die von den meisten Erdalkalimetallhalogeniden noch vo11ig unbekannten Sattigungs- druckkurven aufzunehmen.

Bei V o r v e r s u c h e n nahe Raumtemperatur bestimmte man Dampfdrucke des Anilins bis zu 20 mm Hg, wobei man eine Glocke aus Glas verwandte. Die gemessenen Drucke stimmten mit einer Streuung von etwa 2 -3% mit Literaturangaben25) uberein.

Leider fiihrten entsprechende Versuche an Calciumc h lor id unter Ver- wendung einer Glocke aus Platin-Iridium, eines TAMMANN-Ofens und Ersatz der erhitzted Quarzglasteile durch solche aus aluminiumoxidreicher kera- mischer Masse (Einzelheiten s. bei PETZEL~)) zu vielen Storungen, vornehm-

2 5 ) H. ROCK, Z. physik. Chem. [Frankfurt] 4, 242 (1955).

16 Z. anorg. allg. Chemie. Bd. 333.

Page 9: Über thermische Eigenschaften von Halogeniden. XVI. Sättigungsdruckmessungen an einigen Metallhalogeniden nach dem „Glockenverfahren”

234 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 333. 1964

lich wohl bedingt durch die bei der hohen Temperatur bedeutend verstiirkte Diffusion und Konvektion auI3erhalb der Glocke. So kann nur mit Vorbehalt angegeben werden, da13 der Dampfdruck des Calciumchlorids im Tempera- turgebiet von 1250 bis 1400 "C ungefiihr von 1 bis 4 mm Hg ansteigt. Diese Werte stehen in Einklang mit den nach AbschluS unserer Untersuchung veroffentlichten Messungen von HILDENBRAND u. POTTER^^) nach der KNuDsEN-Methode im Gebiet von 840 bis 1000 "C.

Dem Bundesministerium fur wissenschaftliche Forschung, dem Fonds der Chemischen Industrie und der THYSSEN-Stiftung sind wir fur die Forderung der vorliegenden Arbeit zu Dank verpflichtet.

26) D. L. HILDENBRAND u. N. D. POTTER, J. physic. Chem. 67, 2231 (1963).

Hannover , Technische Hochschule, Institut fur Anorganische Chemie.

Bei der Redaktion eingegangen am 13. Mai 1964.