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N mposia zusammen mit Datenbanken eine rasche Identifizierung auch seltener Pesticide erm6glichen. Am empfindlichsten sind wohl immunologische Verfahren, die meist auch ohne besondere Probenvorbereitung auskom- men. Mit diesen modernen Techniken konnten viele Intoxikatio- nen aufgekl/irt werden, ebenso Metabolismus und Kinetik beim Menschen, sowie die Effektivitdt neuer Therapieverfahren. Wichtig ftir die Interpretation der Ergebnisse ist die Beri~ck- sichtigung der Verdnderungen wdhrend der Aufbewahrung, z.B. bei - 20~ oder durch spezifische Enzyme. Schwierigkeiten verbleiben nattirlich, z.B. bei: Intoxikatio- nen mit mehreren Pesticiden gleichzeitig; Ver/inderungen des Stoffwechselprofils dutch Induktion der Lebermikrosomen, z.B. bei gleichzeitiger Aufnahme yon Phenobarbital; Yerfinde- rungen des Metabolitenmusters bei Vorliegen von Enzympoly- morphismen usw. Ein besonderes Problem ist die Analytik der oft in sehr niedrigen Konzentrationen noch relevanten Rtickstfinde von Pesticiden mit sehr langer Halbwertszeit, z. B. in K6rperfett oder Muttermilch. Damit bietet die Analytik der Pesticide auch in Zukunft noch viele interessante Aspekte. Fresenius Z Anal Chem (1986) 324:23/-232 Springer-Verlag 1986 Umweltgifte im K~rper und Ihre Erfassung J. Angerer Ordinariat f/Jr Arbeitsmedizin der UniversitM, Zentralinstitut ftir Arbeitsmedizin der Gesundheitsbeh6rde der Freien und Hansestadt Hamburg, D-2000 Hamburg, Bundesrepublik Deutschland (Direktor: Prof. Dr. reed. G. Rehnert) Environmental toxins in the body and their determination Mit dem Aufbau der chemischen Industrie ging eine gesundheit- liche Geffihrdung der Besch/iftigten durch toxische Substanzen einher, die hinsichtlich der Vielfalt und Menge der Stoffe eine neue Dimension darstellte. Heute steht die Frage, welchen ge- sundheitlichen Gefahren die Allgemeinbev61kerung durch che- mische Stoffe ausgesetzt ist, im Mittelpunkt des 6ffentlichen Interesses. Au6ere Belastung Die Vorstellung, den Menschen dadurch vor den Wirkungen gesundheitsschfidlicher Stoffe zu schtitzen, dab man die aus der Umgebung aufgenommene Dosis herabsetzt [6], fiihrte im Bereich beruflicher Schadstoffbelastungen zur Aufstellung der Maximalen Arbeitsplatzkonzentrationen [2]. Ihre Einhaltung und analytische Kontrolle wird heute aber nicht mehr als ausrei- chend empfunden, weil mit der/iuBeren Belastung nur der Teil der Gesamtdosis abgeschfitzt werden kann, der tiber die Lungen aufgenommen wird. Innere Belastung Die vom einzelnen aufgenommene Schadstoffdosis - die innere Belastung - kann besser dadurch abgesch/itzt werden, dab man die Konzentration der Schadstoffe und ihrer Metabolite in biologischem Material - zumeist in Blut und Harn- be- stimmt. Die Ergebnisse dieses ,,Biological Monitoring" (BM) lassen sich, was die Exposition am Arbeitsplatz anbetrifft, hin- sichtlich ihrer gesundheitlichen Bedeutung anhand der Biologi- schen Arbeitsstoff-Toleranzwerte [5] interpretieren. Ihre Einhal- tung gewfihrleistet, dab eine gesundheitliche Beeintrfichtigung auch im Einzelfall nicht zu beftirchten ist. Entsprechende Grenz- werte ftir die innere Belastung der Allgemeinbev61kerung infolge einer Schadstoffaufnahme aus der Umwelt existieren derzeit nur ftir einzelne Stoffe, z.B. ftir Blei [4]. Um sowohl 6kologische wie berufliche Schadstoffexpositio- nen erfassen zu k6nnen, sind Analysenverfahren erforderlich, die empfindlich genug sind, die Schadstoffe bis in den Bereich 6kologisch bedingter Konzentrationen zu erfassen. Die Anfor- derungen an diese Verfahren werden zus/itzlich dadurch gestei- 232 gert, dab biologisches Material nur in begrenztem Umfang zur Verffigung steht, und dab die biologische Matrix aufgrund ihrer komplexen Zusammensetzung zu vielerlei St6rungen Anlal3 ge- ben kann. Anhand einiger arbeits- und umweltmedizinisch besonders wichtiger Stoffklassen wird der augenblickliche Leistungsstand der Analytik in diesem Bereich diskutiert. Bei der Bestimmung der toxischeren Metalle, u.a. Pb, Cd, Cr, Co, Ni, As, Hg, Sb, Se, nimmt die Atomabsorptionsspektro- metrie eine beherrschende Stellung ein. Dabei 1/iBt sich die fiber- legene Empfindlichkeit flammenloser Atomisierungstechniken besonders dann ausnutzen, wenn man die Metalle durch einen Chelatisierungs-/Extraktionsschritt oder in Form fltichtiger Me- tallhydride aus der Matrix abtrennt. So gelingt es, bis in den oberen ppt-Bereich vorzustol3en und damit in vielen Ffillen auch 6kologisch bedingte Schadstoffspiegel in Blur und Harn erfassen zu k6nnen. Die Kontamination des Probenmaterials durch ubi- quit/ir auftretende Metallkonzentrationen machen jedoch die Bestimmung von Konzentrationen < 1 gg/1 sehr st6ranf/illig. Ftir die Trennung und Bestimmung organischer Schadstoffe steht seit der Einfiihrung yon fused-silica-Trenncapillaren mit chemisch gebundenen Phasen die Gas-Chromatographie erneut im Vordergrund der arbeitsmedizinisch-toxikologischen Analy- tik. Als Detektoren kommen vor allem FID, ECD, PND, aber auch die Massenspektrometrie zum Einsatz. Mit diesen Metho- den lassen sich z. B. die industriell und 6kologisch sehr bedeutsa- men organischen L6sungsmittel mit Hilfe der Dampfraumana- lyse sehr einfach und zuverl/issig in biologischem Material erfas- sen. Auch zur Bestimmung weniger flfichtiger Stoffgruppen wie der Organochlorpesticide, der aromatischen Amine, der kon- densierten Aromaten usw., nutzt man die groBe Trennleistung der Capillar-Gas-Chromatographie mit Vorteil aus. Unter An- wendung des ECD ist es m6glich, in den ppt-Bereich vorzudrin- gen und umweltbedingte Schadstoffkonzentrationen nachzu- weisen. Auch hier werden allerdings mit kleiner werdenden Konzentrationen die Kontaminationsprobleme zunehmend we- niger beherrschbar. Beim Nachweis schwerfltichtiger organischer Verbindungen, wie z. B. bei Stoffwechselprodukten organischer L6sungsmittel, ist die Hochdruck-Flfissigkeits-Chromatographie eine wirksame Alternative zur Gas-Chromatographie, weil hier auf eine Deri- vatisierung verzichtet werden kann. Deshalb wird die HPLC mit Erfolg ftir routinem/iBige Uberwachungsuntersuchungen einge- setzt, wobei die zu bestimmenden Konzentrationen m6glichst im ppm-Bereich angesiedelt sein sollten. Diese Ausffihrungen zeigen, dab es der instrumentellen Ana- lytik bereits heute gelingt, viele Gruppen von Schadstoffen im Rahmen eines Biological Monitoring mit ausreichender Emp- findlichkeit zu erfassen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft publiziert entsprechende Methoden, die hinsichtlich ihrer analy- tischen Zuverlfissigkeit geprtift sind [1].

Umweltgifte im Körper und Ihre Erfassung

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N mposia

zusammen mit Datenbanken eine rasche Identifizierung auch seltener Pesticide erm6glichen.

Am empfindlichsten sind wohl immunologische Verfahren, die meist auch ohne besondere Probenvorbereitung auskom- men.

Mit diesen modernen Techniken konnten viele Intoxikatio- nen aufgekl/irt werden, ebenso Metabolismus und Kinetik beim Menschen, sowie die Effektivitdt neuer Therapieverfahren.

Wichtig ftir die Interpretation der Ergebnisse ist die Beri~ck- sichtigung der Verdnderungen wdhrend der Aufbewahrung, z.B. bei - 20~ oder durch spezifische Enzyme.

Schwierigkeiten verbleiben nattirlich, z.B. bei: Intoxikatio- nen mit mehreren Pesticiden gleichzeitig; Ver/inderungen des

Stoffwechselprofils dutch Induktion der Lebermikrosomen, z.B. bei gleichzeitiger Aufnahme yon Phenobarbital; Yerfinde- rungen des Metabolitenmusters bei Vorliegen von Enzympoly- morphismen usw.

Ein besonderes Problem ist die Analytik der oft in sehr niedrigen Konzentrationen noch relevanten Rtickstfinde von Pesticiden mit sehr langer Halbwertszeit, z. B. in K6rperfett oder Muttermilch. Damit bietet die Analytik der Pesticide auch in Zukunft noch viele interessante Aspekte.

Fresenius Z Anal Chem (1986) 324:23/-232 �9 Springer-Verlag 1986

Umweltgifte im K~rper und Ihre Erfassung

J. Angerer

Ordinariat f/Jr Arbeitsmedizin der UniversitM, Zentralinstitut ftir Arbeitsmedizin der Gesundheitsbeh6rde der Freien und Hansestadt Hamburg, D-2000 Hamburg, Bundesrepublik Deutschland (Direktor: Prof. Dr. reed. G. Rehnert)

Environmental toxins in the body and their determination

Mit dem Aufbau der chemischen Industrie ging eine gesundheit- liche Geffihrdung der Besch/iftigten durch toxische Substanzen einher, die hinsichtlich der Vielfalt und Menge der Stoffe eine neue Dimension darstellte. Heute steht die Frage, welchen ge- sundheitlichen Gefahren die Allgemeinbev61kerung durch che- mische Stoffe ausgesetzt ist, im Mittelpunkt des 6ffentlichen Interesses.

Au6ere Belastung

Die Vorstellung, den Menschen dadurch vor den Wirkungen gesundheitsschfidlicher Stoffe zu schtitzen, dab man die aus der Umgebung aufgenommene Dosis herabsetzt [6], fiihrte im Bereich beruflicher Schadstoffbelastungen zur Aufstellung der Maximalen Arbeitsplatzkonzentrationen [2]. Ihre Einhaltung und analytische Kontrolle wird heute aber nicht mehr als ausrei- chend empfunden, weil mit der/iuBeren Belastung nur der Teil der Gesamtdosis abgeschfitzt werden kann, der tiber die Lungen aufgenommen wird.

Innere Belastung

Die vom einzelnen aufgenommene Schadstoffdosis - die innere Belastung - kann besser dadurch abgesch/itzt werden, dab man die Konzentration der Schadstoffe und ihrer Metabolite in biologischem Material - zumeist in Blut und H a r n - be- stimmt. Die Ergebnisse dieses ,,Biological Monitoring" (BM) lassen sich, was die Exposition am Arbeitsplatz anbetrifft, hin- sichtlich ihrer gesundheitlichen Bedeutung anhand der Biologi- schen Arbeitsstoff-Toleranzwerte [5] interpretieren. Ihre Einhal- tung gewfihrleistet, dab eine gesundheitliche Beeintrfichtigung auch im Einzelfall nicht zu beftirchten ist. Entsprechende Grenz- werte ftir die innere Belastung der Allgemeinbev61kerung infolge einer Schadstoffaufnahme aus der Umwelt existieren derzeit nur ftir einzelne Stoffe, z.B. ftir Blei [4].

Um sowohl 6kologische wie berufliche Schadstoffexpositio- nen erfassen zu k6nnen, sind Analysenverfahren erforderlich, die empfindlich genug sind, die Schadstoffe bis in den Bereich 6kologisch bedingter Konzentrationen zu erfassen. Die Anfor- derungen an diese Verfahren werden zus/itzlich dadurch gestei-

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gert, dab biologisches Material nur in begrenztem Umfang zur Verffigung steht, und dab die biologische Matrix aufgrund ihrer komplexen Zusammensetzung zu vielerlei St6rungen Anlal3 ge- ben kann.

Anhand einiger arbeits- und umweltmedizinisch besonders wichtiger Stoffklassen wird der augenblickliche Leistungsstand der Analytik in diesem Bereich diskutiert.

Bei der Bestimmung der toxischeren Metalle, u.a. Pb, Cd, Cr, Co, Ni, As, Hg, Sb, Se, nimmt die Atomabsorptionsspektro- metrie eine beherrschende Stellung ein. Dabei 1/iBt sich die fiber- legene Empfindlichkeit flammenloser Atomisierungstechniken besonders dann ausnutzen, wenn man die Metalle durch einen Chelatisierungs-/Extraktionsschritt oder in Form fltichtiger Me- tallhydride aus der Matrix abtrennt. So gelingt es, bis in den oberen ppt-Bereich vorzustol3en und damit in vielen Ffillen auch 6kologisch bedingte Schadstoffspiegel in Blur und Harn erfassen zu k6nnen. Die Kontamination des Probenmaterials durch ubi- quit/ir auftretende Metallkonzentrationen machen jedoch die Bestimmung von Konzentrationen < 1 gg/1 sehr st6ranf/illig.

Ftir die Trennung und Bestimmung organischer Schadstoffe steht seit der Einfiihrung yon fused-silica-Trenncapillaren mit chemisch gebundenen Phasen die Gas-Chromatographie erneut im Vordergrund der arbeitsmedizinisch-toxikologischen Analy- tik. Als Detektoren kommen vor allem FID, ECD, PND, aber auch die Massenspektrometrie zum Einsatz. Mit diesen Metho- den lassen sich z. B. die industriell und 6kologisch sehr bedeutsa- men organischen L6sungsmittel mit Hilfe der Dampfraumana- lyse sehr einfach und zuverl/issig in biologischem Material erfas- sen. Auch zur Bestimmung weniger flfichtiger Stoffgruppen wie der Organochlorpesticide, der aromatischen Amine, der kon- densierten Aromaten usw., nutzt man die groBe Trennleistung der Capillar-Gas-Chromatographie mit Vorteil aus. Unter An- wendung des ECD ist es m6glich, in den ppt-Bereich vorzudrin- gen und umweltbedingte Schadstoffkonzentrationen nachzu- weisen. Auch hier werden allerdings mit kleiner werdenden Konzentrationen die Kontaminationsprobleme zunehmend we- niger beherrschbar.

Beim Nachweis schwerfltichtiger organischer Verbindungen, wie z. B. bei Stoffwechselprodukten organischer L6sungsmittel, ist die Hochdruck-Flfissigkeits-Chromatographie eine wirksame Alternative zur Gas-Chromatographie, weil hier auf eine Deri- vatisierung verzichtet werden kann. Deshalb wird die HPLC mit Erfolg ftir routinem/iBige Uberwachungsuntersuchungen einge- setzt, wobei die zu bestimmenden Konzentrationen m6glichst im ppm-Bereich angesiedelt sein sollten.

Diese Ausffihrungen zeigen, dab es der instrumentellen Ana- lytik bereits heute gelingt, viele Gruppen von Schadstoffen im Rahmen eines Biological Monitoring mit ausreichender Emp- findlichkeit zu erfassen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft publiziert entsprechende Methoden, die hinsichtlich ihrer analy- tischen Zuverlfissigkeit geprtift sind [1].

Beanspruchung

Auch die Bestimmung der aufgenommenen Schadstoffdosis ver- mag aber in bezug auf die Absch/itzung des individuellen Ge- sundheitsrisikos nicht restlos zu befriedigen. Gleiche Schadstoff- dosen fiihren nfimlich nicht zu gleichen Gesundheitsrisiken. Vielmehr treffen sie auf interindividuell unterschiedliche FS.hig- keiten des menschlichen Organismus, auf die innere Schadstoff- belastung zu reagieren. Man sucht deshalb heute mit unter- schiedlichen Ans/itzen nach Parametern, die es erlauben, die gesundheitliche Wirkung - die Beanspruchung - durch Schad- stoffe zu erfassen. Derzeit bemiiht man sich dabei vor allem um cancerogene und mutagene Substanzen.

Chromosomenaberrationen, sister chromatid exchanges, die Ausscheidung von Thioethern im Harn bzw. dessen mutagene Aktivitfit sowie die Verfinderung enzymatischer Aktivitfiten sind zwar in bezug auf die cancerogene Wirkung spezifische Parame- ter, bezfiglich des jeweiligen Schadstoffes sind sie es nicht. Als der erfolgversprechendste Weg, die Wirkung stoffspezifisch zu erfassen, gilt heute die Bestimmung der Protein-, speziell der Himoglobin- bzw. der DNA-Schadstoffaddukte. Es konnte n/imlich gezeigt werden, dab die Menge der an Protein bzw. H/imoglobin gebundenen Schadstoffe proportional ist zur Menge der an Desoxyribonucleinsfiure (DNA) gebundenen [3, 7]. Weft aber die DNA als Sitz der Erbinformation das Zielorgan emer mutagenen bzw. cancerogenen Wirkung ist, eignen sich die Proteinschadstoffaddukte als wirkungs- und stoffspezifi- scher Monitor. Die Forschung nach Protein- bzw. DNA-Ad- dukten der verschiedenen Schadstoffe ist derzeit in vollem

Gange. Um diese Addukte im Rahmen des BM erfassen zu k6nnen, bedarf es der Einfiihrung weiterer analytischer Verfah- ren, wie insbesondere elektrophoretischer und immunologi- scher, in das toxikologisch-analytische Laboratorium.

Literatur l. Angerer J, Schaller KH (1985) Analyses of hazardous sub-

stances in biological materials, vol 1. German Science Foun- dation. VCH Verlagsgesellschaft, Weinheim

2. Deutsche Forschungsgemeinschaft (1985) Maximale Ar- . beitsplatzkonzentrationen und Biologische Arbeitsstofftole-

ranzwerte. Mitteilung XXI der Senatskommission zur Prfi- fung gesundheitsschidlicher Arbeitsstoffe. Verlag Chemie, Weinheim

3. Ehrenberg L, Hiesche KD, Ostermann-Golkar S, Wennberg I (1974) Mutat Res 24:83-103

4. Europiische Gemeinschaft (1977) Richtlinie 77/312/EWG, Amtsbl Eur Gem L 105/10

5. Henschler D, Lehnert G (1985) Biologische Arbeitsstoff-To- leranz-Werte (BAT-Werte). Arbeitsmedizinisch-toxikologi- sche Begriindungen. Deutsche Forschungsgemeinschaft, 2. Lieferung. Verlag Chemie, Weinheim

6. Lehmann KB (1886) Arch Hyg 5 :1-126 7. Neumann H-G (1984) Arch Toxicol 56 :1 -6

Fresenius Z Anal Chem (1986) 324:232-233 �9 Springer-Ver|ag 1986

Neue Wege in der Pharmaka- und Drogenanalytik

H. Brandenberger Gerichtschemische Abteilung der Universitfit Ziirich, Ziirichbergstr. 8, CH-8028 Zfirich, Schweiz

New approaches in the analysis for pharmaceuticals and drugs

Vergiftungen mit Pharmaka und Drogen haben im letzten Vier- teljahrhundert gewaltig zugenommen. Auftr/ige fiir chemisch- analytische Untersuchungen werden aus forensischen oder kli- nisch-diagnostischen Grfinden gestellt. Sie erfolgen tells gerich- tet, tells ungerichtet. Wir haben die Erfahrung machen mfissen, dab nahezu die HS.lfte der gerichteten AuftrS.ge falsch diagnosti- ziert sind. Ein Laboratorium, welches sich nicht damit begnfigt, Einzelanalysen durchzufiihren, sondern Vergiftungsfille abkl/i- ren will (und das sollte das Bestreben jeder seri6sen toxikolo- gisch-chemischen Untersuchungsstelle sein), mug daher auch die ursprfinglich falsch gerichteten Analysenauftrige wie ungerich- tete Untersuchungen weiterbehandeln. Es ist deshalb wichtig, dab jeder Auftraggeber mit den Untersuchungsasservaten auch anamnestische und klinische oder pathologische Informationen mitliefert.

Als informierende Vorteste drfingen sich heute ftir viele Fra- gen immunochemische Analysen auf, insbesondere wenn die Ver- giftungsnoxe unbekannt ist oder wenn an der firztlichen Dia- gnose gezweifelt werden mug. Diese wertvollen und niitzlichen Tests sollen aber nur in Kenntnis ihrer Unvollkommenheit ein- gesetzt und ausgewertet werden. Da ihre Treffsicherheit nicht hundertprozentig ist, sind sie nicht allein, sondern im Rahmen eines vollstindigen analytischen Geriistes zu verwenden [1]. An den Beispielen der Drogenanalytik sowie der Suche nach Benzo- diazepin-Metaboliten im K6rper soll ein verniinftiger Einsatz der immunochemischen Analytik illustriert werden.

Die Abtrennung des Giftstoffes vom biologischen Material, die Extraktion, kann immer noch der wichtigste Schritt einer

analytischen Untersuchung sein; meist ist er auch der zeitauf- wendigste. Trotzdem wird seine Bedeutung oft vernachl/issigt. Uber Jahrzehnte hat der toxikologische Chemiker vorwiegend Fliissig-fliissig-Extraktionen eingesetzt, neben gelegentlichen Dampfdestillationen fiir die Abtrennung fliichtiger Verbindun- gen und Ionenaustausch-Operationen fiir die Isolierung von Salzen.

Erst in den letzten Jahren haben sich Kolonnen-Extraktions- verfahren eingebfirgert, insbesondere bei Urin-Analysen fiir die klinisch-toxikologische Diagnostik. Sie arbeiten entweder nach dem Verteilungsprinzip (immobilisierte w/iBrige Phase) oder nach dem Adsorptionsprinzip (chemisch modifizierte Kieselgele oder organische Harze) und sollen kurz gewfirdigt und vergli- chen werden. Adsorptions-Extraktionen k6nnen auch gruppen- oder substanz-spezifisch gestaltet werden. Insbesondere die spe- zifische Extraktion bestimmter Pharmaka oder Drogen durch Bindung an immobilisierte Antik6rper scheint vielversprechend zu sein [2, 3].

Ftir die Extraktion yon Pharmaka und Giftstoffen aus Orga- hen haben wir bereits vor mehreren Jahren die sogenannte Ex- traktionsdialyse beschrieben [4]. Sie besticht durch ihre Einfach- heit und liefert gute Extraktionsausbeuten. Da sie noch wenig bekannt ist, wollen wir sie nochmals vorstellen. Die neue Me- thode ist uns in den letzten Jahren insbesondere ffir forensische Untersuchungen eine Hilfe gewesen, die wir nicht mehr missen m6chten.

Als Alternative zur L6sungsmittelextraktion, bei der immer Fremdstoffe (z. B. Weichmacher) eingeschleppt werden, bietet sich die Extraktion mit Jliissigem C02 an. Unsere bisherigen Untersuchungen mit diesem Verfahren gestatten allerdings noch keine abschlieBende Bewertung seines Potentials.

Die Zeiten, in denen sich auf dem Gebiete der Chromatogra- phie zwei Lager gegeniiberstanden, die Verfechter der konven- tionellen gepackten Kolonnen und die Anhinger der engbohri- gen Capillarsiulen, sind vorbei. Die Grenzen haben sich ver- wischt. F i r die chemische Toxikologie scheint die beste L6sung auch hier der goldene Mittelweg zu werden. Die sogenannten

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