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Die Studentenzeitung der Humboldt-Universität 6. Jahrgang !4.Novemberi994 IT IT )

UnAufgefordert Nr. 61

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Das ist Ausgabe Nummer 61 der Studentenzeitung der Humboldt-Universität zu Berlin vom 14. November 1994.

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Die Studentenzeitung der Humboldt-Universität 6. Jahrgang

!4.Novemberi994

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Vor fünf Jahren wurde die UnAUFGEFORDERTgegründet, vor drei Jahren sah das Büro so aus.

Inzwischen ist das Chaos größer geworden...

Vom 30Januar bis zum 1. Februar 1995 wird an der Humboldt-Universitätzu Berlin das 3. Studentinnenparlament gewählt.

Ihm gehören 60 Studentinnen und Studenten an, die nach den Grundsätzen der personalisierten Verhältniswahl für dieAmtszeit von einem Jahr (Sommer- und Wintersemester) zu wählen sind.Alle an der HUB immatrikulierten Studentinnen und Studenten sind wahlberechtigt und wählbar. Die Stimmabgabe

kann nur in einem Stimmbezirk (Fakultät der Erstimmatrikulation) wahrgenommen werden.Die Wählerinnenverzeichnisse werden vom 9. Januar bis zum 20. Januar 1995 durch den Studentischen Wahlvorstand

öffentlich ausgelegt. Während dieser Zeit besteht Gelegenheit zur Einsichtnahme.Einsprüche gegen Eintragungen in den Wählerinnenverzeichnissen sind bis zum 20, Januar 1995,15-00 Uhr, schriftlich

beim Studentischen Wahlvorstand zu erheben. Am selben Tag werden die Wählerinnenverzeichnisse geschlossen.Wahlvorschläge, die mindestens drei Bewerberinnen enthalten müssen, sind bis zum 9. Dezember 1994,15.00 Uhr, auf

den vom Studentischen Wahlvorstand herausgegebenen Formblättern beim Studentischen Wahlvorstand einzureichen.Sie müssen für jedeN Bewerberin folgende Angaben enthalten:Vor- und Familiennamen, Studienfach, Semesterzahl, Matrikelnummer und Adresse.JedeR Bewerberin muß ihre/seine Zustimmung zum Wahlvorschlag durch eigenhändige Unterschrift erklären. Diese

Unterschrift gilt gleichzeitig als Unterstützung des Wahlvorschlags.Jeder Wahlvorschlag bedarf der Unterstützung von mindestens zehn Wahlberechtigten.Der Studentische Wahlvorstand prüft die eingegangenen Wahlvorschläge auf der Grundlage der Wahlordnung der

Studentinnenschaft der HUB vom 10. November 1993 und macht sie bis zum 13. Dezember 1994 durch Aushang bekannt.Einsprüche gegen die Wahlvorschläge sind bis zum 16. Dezember 1994, 15 Uhr, schriftlich an den Studentischen

Wahlvorstand zu richten, der über sie entscheidet.Vom 30. Januar bis zum 1. Februar 1995 findet die Urnenwahl in den Stimmbezirken statt.Brief wahlunterlagen müssen bis zum 13. Januar 1995,15 Uhr, beim Studentischen wahlvorstand abgeholt oder

schriftlich angefordert werden. Der Versand von Wahlunterlagen an die angegebene Adresse erfolgt spätestens am 20.Januar 1995- Der Wahlbrief muß entweder bis zum Abschluß der Wahlhandlung beim Studentischen Wahlvorstand der HUBeingegangen sein oder während der Wahlhandlung bei der zuständigen Wahlleitung abgegeben werden.

Für den Studentischen Wahlvorstandgez. Conny HeidrichBerlin, den 2.11.1994

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EditorialAls Marlis Dürkop im Juli 1992 zur Präsidentin der Humboldt-Universität

gewählt wurde, schlug ihr allseits Wohlwollen und eine große Aufmerksamkeitentgegen. Man war gespannt, was die ehemalige Abgeordnete des BerlinerAbgeordnetenhauses und hochschulpolitische Sprecherin der AlternativenListe in ihr neues Amt als Präsidentin mitnehmen würde. UnAUFGEFORDERTwar seitdem dreimal bei der Präsidentin. Zuerst, 100 Tage nach ihrer Wahl,fragten wir noch zurückhaltend und unbestimmt. Beim zweitenmal, währenddes Streiks im Dezember 1993, wurden die Fragen schon direkter und dieAntworten ausweichender. Das dritte Interview fand anläßlich der zweijährigenAmtszeit der Präsidentin statt. Wir wollten nachfragen, was aus den Perspek-tiven von 1992 geworden ist und welche Stellung die Präsidentin zu dengrundlegenden Fragen der Universität in einer Situation bezieht, in der diesevon extremen Sparauflagen bedroht ist. Diesmal wurde ganz konkret nachge-fragt und nachgehagt, eine Form von Journalismus, die der Präsidentinoffenbar überhaupt nicht behagte. Statt konkreter Antworten bewegte sich dasInterview ständig am Rande des Abbruchs und die Interviewer wurden vonBeginn an in eine Situation gedrängt, die nach Rechtfertigung der gestelltenFragen verlangte. Was die Präsidentin mit dieser Strategie erreichen wollte, istden fragenden Redakteuren von UnAUF verborgen geblieben, einen bleiben-den Eindruck konnte sie damit jedoch nicht verwischen: auf konkrete Fragenzu Perspektiven und Profil der Humboldt-Universität ist die Präsidentin dersel-ben nicht in der Lage, konkrete Antworten zu geben.

Wenn diese Ausgabe erscheint, wird die Universität schon wieder Kämpfehinter sich haben. Die Fusion von Universitätsklinikum Rudolf Virchow undCharite scheint für die letztere eine elementare Bedrohung zu werden. Darumwird bekämpft, was vorher schon geklärt schien. UnAUF hält sich mit derBerichterstattung zum „hochschulpolitischen Thema Nr . l " in dieser Ausgabezurück, wir warten bis Anfang Dezember ab, um dann umso fundierter überdie Auswirkungen einer Fusion zu berichten, die Anfang des Jahres noch alleBeteiligten als Hoffnungsstreif ansahen und die nun keiner mehr haben will.Für diese Nummer haben wir uns umgehört, was sich die Hochschulpolitiker

alles neues zum Thema Reglementierung des Studiums ausgedacht haben. Aufdem Tisch liegt eine Vorlage der Hochschulrektorenkonferenz zur absolutenVerschulung des Grundstudiums und unter dem Tisch lugt das Ansinnen deswissenschaftlichen Landesprüfungsamtes hervor, über ein zentrales Prüfungs-register die Sammelwut von studentischen Daten fortzusetzen. Studiert manbeide Vorhaben gründlich, glaubt man das alte Hochschulsystem der DDRwieder auferstehen zu hören - warum hat es angesichts solcher Vorschlägeeine „Erneuerung der ostdeutschen Hochschulen" gegeben?

Neben diesen politischen Themen haben wir uns wieder einmal dem studen-tischen Leben in voller Tiefe, Breite und Höhe gewidmet: Altredakteur Ojoffbegab sich ins BKA-Zelt um zu schauen, ob der Fisch das Fahrrad gefunden hat(übrigens ein Gegenstand, der der Redaktion in letzter Zeit massenhaftverlorengeht) und Georg berichtet - heimgekehrt in den Prenzelberg - überneue Unwegsamkeiten des Wohnens östlich der Spree. Und das Funkemariecheoffenbart ein großangelegten Schwarzhandel mit den Seminarlisten derAnglisten. Komisch, daß fast immer, wenn wir etwas über die Anglistenschreiben, daß Wort „schwarz" darin vorkommt ...

Eine Sache noch zum Schluß: Am 1 7. November feiert UnAUFGEFORDERTseinen 5. Geburtstag. Geschenke nehmen wir aus diesem Anlaß keineentgegen, im Gegenteil: wir beschenken all unsere Leser. Mit dieser wunder-schönen Ausgabe UnAUFGEFORDERT Nr. 61 !

Inhaltsverzeichnis

Konferenz der Hochschulrekto-ren 4

Umzug in die Johannisstraße...7

„Individual-Meldebogen für dieHochschulverwaltung" 8

Ein Gespräch mit der Präsiden-tin 9

Dr. Murkes gesammeltes Schwei-gen 14

Pieper geht 15

Hochschul njuhs 1 7

Studieren in Kanada 18

Analogie 20

Der Kreuzchen-Marathon 22

Schönes Adlershof 23

Poesie Sprache Lebenswelt...25

Studieren njuhs 27

Ein Pfahl im Fleische des Uni-versitätskörpers 28

Wilhelm und Karl 29

Die ganze AGB in den eigenen vierWänden 30

Mein Freund Judas und ich 31

Theater im Theater. 32

Brecht zum Anfassen/Loslassen...32

Forrest Gump 33

Wohnen Im Prenzlberg - Teil 4..35

Kreuzworträtsel 36

Veranstaltungen im November/De-zember 38

Leserbri ef e 39

Money, money, money, must befunny, in a rieh man's world 40

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Schlecht beratenStudienstrukturreform auf dem Rücken der Studierenden - eine Vorlage der Hocbscbulrektorenkonferenz siebt

neben sinnvollen Vorschlägen zur Vereinfachung von Hoch schul- und Studienfacbwecbsel ein Instrumentariumzur Verscbulung des Grundstudiums vor.

Mit der vor kurzem am Votum dervorwiegend SPD-regierten Länder imBundesrat gescheiterten BAföG-Novel-le (siehe UnAuf 60) sind Leistungsnach-weise im Grundstudium wieder zumStreitgegenstand zwischen vermeintli-chen Hochschulreformern und den da-von Betroffenen geworden. Auch wennder Vorstoß aus dem Bundesministeri-um für Bildung und Wissenschaft(BMBW) zur Etablierung einer weiteren„Zwischenprüfung" im Grundstudium(wohl überwiegend nach dem zweitenSemester) gescheitert ist, sind andereWissenschaftsorganisationen nun be-müht, diesen Gedanken, der offenbarschon lange in ihren Hinterköpfen be-reit lag, aufzugreifen und für eine Hoch-schulreform nach ihren Vorstellungenzu nutzen.Jüngstes Beispiel ist die Hochschul-

rektorenkonferenz. Ausgehend vomNiveau der Abiturausbildung, nämlichdas diese mies sei, und „desorientiertenBedingungen" (was auch immer diesist) an den Hochschulen, hat die HRKAnfang November einen Beschluß zurstärkeren Strukturierung des Studiumsin der Eingangsphase gefaßt. Vielsa-gend nennt sich die Beschlußvorlage„Studienstrukturreform - Leistungsnach-weise im Grundstudium".

Handlungsinstruniente sind:-verbindliche allgemeine oder fachbe-

zogene Studienberatung zu Beginn desStudiums und/odernach dem 2. Seme-ster (Zwangsbera-tung)- Gestaltung der Stu-

dienpläne als Ab-folgepläne: „Die Stu-dierenden werdenihrer Studienverant-worrung (!) nur ge-recht, wenn sie an

- Leistungsnachweise für alle Lehrver-anstaltungen

- Erwerb von qualifizierten Scheinennur nach Teilnahme an nach dem Studi-enplan zuvor vorgesehenen Veranstal-tungen- Beratungsgespräche durch Hoch-

schullehrer (zum Fachrichtungswechselu.a.)

- Leistungsnachweise sollen bei derBildung der Fachnoten berücksichtigtwerden.

n desorientierendeBedingungen"

Bedenklich ist schon, warum die Qua-lität des Abiturs und „desorientierendeBedingungen" an den Hochschulen zuHauptproblemen erhoben werden, de-nen man sich mit besonderer Dringlich-keit zuwenden muß. Es dürfte nicht dieAufgabe der Hochschulen sein, eine ArtNachbesserung der Schulausbildungvorzunehmen, vielmehr wäre es wohlAufgabe der Hochschulen, auf einengesellschaftlichen und wissenschaftli-chen Diskurs zur Neugestaltung derSchulausbilung zu drängen. Hier an denFolgen, statt an den Ursachen anzuset-zen, erscheint verfehlt.

Ausgangspunkt für diese Überlegun-gen waren zum einen die unzureichen-de Studienvorbereitung, also fehlendes

Hochschulrektorenkonferenz (HRK):

den vorgesehenenLehrveranstaltungenzum vorgesehenenZeitpunkt teilneh-men." (Anwesen-heitslisten)

1991 entstandenes Gremium des treiwillligen Zusam-menschlusses von 213 deutschen Hochschulen. Die HRKsoll die gemeinsame Lösung der die Hochschulen betref-fenden Probleme fördern, die politische Öffentlichkeits-arbeit koordinieren und eine Zusammenarbeit mit staat-lichen Instanzen, Wissenschafts-, Bildungs- undHochschulorganisationen und -gremien gewährleisten.Vorläufer der HRK ist die 1949 entstandene WestdeutscheRektorenkonferenz.

Niveau in der Abiturstufe und zum an-deren „desorientierende Bedingungen"in den überfüllten Hochschulen. Zu-dem könnte nach der Auffassung derHRK damit zugleich der Nachweis ge-x

genüber der Gesellschaft geführt wer-den, was mit den in die Hochschuleninvestierten Mitteln geworden ist.

Nun könnte man sich ruhig zurückleh-nen und feststellen, daß diese Bestre-bungen die immatrikulierten Studieren-den aufgrund der bereits bestehendenStudien- und Prüfungsordnungen janichts mehr angehen werden. Dochwird hier durch Vertreter der Hochschu-len ein so gewaltiger Umbruch ange-regt, der an allen nicht spurlos(Teilnahmelisten, Beratungsgesprä-che...) vorbeigehen kann.

Der Muff unter denTalaren...

Beachtlich ist zum einen das Problem-bewußtsein. Auch wenn irgendwo mitder Beseitigung des allgemeinen Not-standes Hochschule begonnen werdenmuß und dieses vielleicht wegen derZuspitzung in der Studieneingangsphasebesonders gut möglich ist, muß dochgefragt werden, ob die unterstellte Un-fähigkeit der Abiturienten und die „des-orientierenden Bedingungen" zu denHauptproblemen der Hochschulen ge-

hören und nunvordringlich be-seitigt werdenmüssen.

Es steht hiervielmehr die Fra-ge zu beantwor-ten, welche Auf-gabe den Hoch-schulen in derGesellschaft zu-kommen soll,welche Anforde-rungen an Absol-venten und Ein-richtungen ge-stellt werden

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und welche Rolle - letztlich auch inmaterieller Hinsicht - den Hochschulenzukommen soll? War die Frage im ver-gangenen Jahr unter dem Stichwort„Standortgefahr" kurz in aller Munde,wird nun klein und fein an der Revisionder Verhältnisse gearbeitet. Der Muffunter den Talaren ...

Sich unter dem Gesichtspunkt der Ef-fektivität „desorientierenden Bedingun-gen" zu widmen, ignoriert wohl so ziem-lich alle Untersuchungen zur Verbesse-rung der Verhältnisse an den Hoch-schulen. Betreuungsverhältnisse lassensich nicht „umorganisieren", sondernnur ändern. Eine wirtschaftliche Reor-ganisation des Wissenschaftsbetriebesist, so die Freiheit der Wissenschaftnoch an einer Institution zu Hause seinsoll, nur durch eine gesellschaftlicheAufgabenstellung so zu gestalten, daßwirkliche Spielräume für diese bleiben.Ohne klare Grenzen wird die materielleSituation die inhaltliche Beschränkungder Wissenschaft mehr denn je herbei-führen.

„ordentliche"Studierende

Will man den Studierenden nichtdie Fähigkeit zur Wahrnehmungihrer Verantwortungen abspre-chen, und dies will -so bleibt zuhoffen- auch die HRK nicht, istvöllig unverständlich, warum ih-nen mit Leistungsnachweisen eineHilfe angetragen werden soll. Dasdie Verantwortung der Studieren-den in Familie, Job etc. wohl dereines jeden anderen Angehörigeneiner Hochschule ebenbürtig ist,sollte Hochschulvertretern aus demtäglichen Kontakt mit ihren Stu-dierenden bekannt sein. Und dases mit der Verantwortung für Stu-dium, Studienerfolg und einemNachweis gegenüber der Gesell-schaft nicht ganz so einfach abzu-tun ist, sollte sich in der Hochschu-le und insbesondere unter hoch-schulpolitisch Engagierten schonherumgesprochen haben. Dennerstens ist keineswegs so klar, wozudenn das Studium befähigen soll.Dies möge man sich angesichtsvon Statistiken über den Verbleibvon Abbrechern und Absolventenverdeutlichen. Und ob Studieren-

de durch Job, Kinderbetreuung etc. nichtgerade Leistungen für die Gesellschafterbringen, müßte bedacht werden. Je-denfalls vernachlässigt die unterstellteThese, nur die Investition der Gesell-schaft in „ordentliche" Studierende seinutzbringend, die andere Seite. Auchdie Studenten investieren bereits in dieGesellschaft.

Es bleibt die Frage, ob hier nicht stattder Ursachen deren Folgen begrenztoder beseitigt werden sollen. Nun un-terscheidet sich dies in der Erlebbarkeitvielleicht nicht erheblich, die Lösungdes Problems unterbleibt bei einemsolchen Verfahren. An sich sollte dieseine Selbstverständlichkeit für Wissen-schaftler und deren Vertreterorga-nisationen sein.Warum sich nun die Hochschulen ei-

ner - nachträglichen - Verbesserung derSchulausbildung widmen - die im Krei-se der Kultusminister doch deutlich keinePriorität hat -, statt auf einen gesell-schaftlichen und wissenschaftlichenDiskurs über deren Neugestaltung zu

drängen, vermag auch angesichts der inden Hochschulen erlebbaren Konfliktenicht einleuchten.

Stundenplan undMuttiheft

Aber gerade die Mittel erzeugen einGrauen. Ist die Erweiterung der Studi-enberatung an sich zu begrüßen, wirdderen Anliegen durch Zwangsbe-ratungen konterkarriert. Wäre eine bes-sere Information der Abiturienten überdas Studium (sowohl allgemein als auchfachspezifisch) wünschenswert, schei-tert diese z.Z. allein an einem undurch-dringlichen Kompetenzgerangel zwi-schen Arbeitsämtern und Hochschulen.Statt hier zu einer besseren Abstimmungzu finden, mit den Schulen zu kooperie-ren, wollen die Rektoren die Studier-willigen zwangsweise in die ohnehinlangen Schlangen vor den Studienbera-tungen stellen - auf das ihnen der Spaßvergehen möge. Und das dies mit etwasPhantasie zur Lenkung der Abiturienten

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in benötigte Studienrichtungen fuhrenkann, läßt neue Dimensionen erahnen -der Eindruck wird verstärkt durch vor-gesehene Aufnahmeprüfungen in denLandeshochschulgesetzen -.Auch an Studienplänen ist an sich

nichts auszusetzen, so sie den Studie-renden eine Hilfe zur Gestaltung desStudiums geben. Grundlegend andersverhält es sich jedoch, wenn sie eine (!)Abfolge verbindlich vorschreiben undnur deren Einhaltung der „Studien-verantwortung" gerecht wird. Wird garzusätzlich zum Beweis der Einhaltungdes Studienplanes der Teilnahmenach-weis aus der Mottenkiste hervorgeholt,ist nicht mehr festzustellen, wo sichdieses System der Studienorganisationvon dem in der DDR praktizierten unter-scheidet. So werden denn Stundenplanund Muttiheft bald wieder zur Grund-ausstattung der Studierenden gehören.Und eines Tages wird aus Hochschulewieder höhere Schule. Angesichts sol-cher Vorstellungen muß sich der DDR-Erprobte fragen, wofür eine Reform derHochschulen stattgefunden hat und wasaus Wissenschaftlern geworden ist, die1990 großspurig von der unendlichenFreiheit des Wissenschaftssystems tön-ten.Auch wenn die Studierenden sicher

nicht im gleichen Maße Wissenschaftbetreiben, man ihnen entgegenhaltenmag, daß viele ja schnell abschließenwollen, sollten aufgrund der Erfahrun-gen für diese Gruppe eine Regelunggefunden werden, die ihnen den schnel-len Abschluß garantiert und nicht imUmkehrschluß der Maßstab einiger der

Gesamtheit auferlegt werden.Daß ein einheitlicher Studienplan an-

gesichts zunehmenden Teilzeitstudiumsund vielfältiger anderer Durchbre-chungsgründe allein durch die zu tref-fenden Ausnahmen überstrapaziert seinmuß, sei nur am Rande erwähnt.

Zuletzt sei noch angemerkt, daß dieden Rektoren vorschwebenden Zwangs-mittel in keinerlei Verhältnis zu dendiagnostizierten Problemen stehen.Denn stellt man fest, daß sowohl Studi-enberatungen als auch Studienpläne alsorientierende Größe oftmals fehlen,sollte dem Zwang das Angebot vorher-gehen. Das damit gleich gute Ergebnis-se auf freiwilliger Basis zu erzielen sind,sollte zumindest nicht pauschal bestrit-ten werden. Zumal es sich um erwach-sene Menschen handelt, die einen An-spruch auf entsprechende Behandlunghaben. Bevor man den Verhält-nismäßigkeitsgrundsatz über Bord wirftund zum besonderen Gewaltverhältniszurückkehrt, sollte man sich der Konse-quenzen bewußt sein. Vielleicht solltendie Rektoren zunächst Sorge dafür tra-gen, daß an jedem Fachbereich eineStudienberatung existiert und dieses Feldnicht ganz der ohne Zweifel exellentenBetreuung durch die Fachschaften über-lassen.

prinzipielleZustimmung der HUB

Weil man offenbar in der HRK schondie Meinung derjenigen hören wollte,

die vor Ort davon betroffen sind, hat dieHUB dazu auch eine Stellungnahmeabzugeben, die zwar prinzipiell Zustim-mung signalisiert. Gleichwohl sieht manerhebliche Probleme hinsichtlich derUmsetzungsmöglichkeiten. Denn ange-sichts jährlich schrumpfender Mittel er-scheint eine Aufgabenausweitung un-realistisch.

Das Leistungsscheine und eine stärke-re Strukturierung in der Universität aberkein wichtiges Thema sind, zeigt schon,daß es weder eine offene Diskussionmit den Studierenden noch eine Befas-sung des Akademischen Senats zur Sa-che gegeben hat. Und auch die dann fürdie HUB stimmende Präsidentin kannteauf Nachfrage die Beschlußvorlage nichteinmal (siehe Interview). Vielleichtwollte sie sie auch nicht kennen, wieverschiedene Stimmen behaupten - je-denfalls wird hier leichtfertig mit einemThema umgegangen, welches in seinerTragweite schon den maßgeblichenGremien der Universität zur Gehör ge-bracht werden sollte. Dies stände einerUniversität, die sich gern als öffentlicherOrt preist, gut zu Gesicht.

Vielleicht hat der Beschluß auch garkeine Folgen, nur sollte die Diskussionzur Studienzeit Hochschullehrer auchin ihrer politischen Tätigkeit zur Folge-abschätzung veranlassen. Gut beratensind sie jedenfalls, so wie zukünftigeStudierendengenerationen mit ihremBeschluß, nicht.

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Entscheidungen aus demElfenbeinturm

In der Johannisstraße 10 steht ein Haus, welches seitgeraumer Zeit der Humboldt-Universität gehört. Das Ge-bäude hat ein Vorderhaus und einen Seitenflügel mitDienstbotenaufgang und wurde dereinst von der Hum-boldt Universität als Wohnheim genutzt. Das muß lange hersein, der Zustand ist erbarmungswürdig - und sanierungs-bedürftig.

Zunächst übernahm es dasStudentenwerk Berlin, dasdort die Abteilung Technikunterbringen sollte. Ein Ar-chitekt wurde beauftragt,der die Planungen fertig-stellte.

Dann übernahm die Hum-boldt-Uni das Gebäude,nach den üblichen Überle-gungen beschloß man, dieStudienberatung, psycholo-gische und psychosozialeBeratungsstelle dort unter-zubringen. Die Studienab-teilung freute sich, konntesie doch weiterhin in relati-ver Nähe der Universität dieStudenten betreuen. Undso wurde wieder ein Archi-tekt beauftragt, der die Pla-nungen fertigstellte undjetzt auch den Umbau be-treut.In einer Bürokratie ist es

so, daß jedes von der öf-fentlichen Hand durchge-führte Projekt ausgeschrie-ben werden muß. Und sodurfte man nicht auf dielängst fertigen Planungenzurückgreifen.Aber manchmal entschei-

det die Bürokratie auchspontan und flexibel, soz.B. in Form einer Entscheidung der Präsidentin der HUB.Sie stieg herab in die Niederungen der Verwaltung undbefand: dieses Haus ist die ideale Residenz des noch zuberufenden Professors Kracht von der Japanologie. Einekluge Entscheidung. Hilft sie doch Herrn Professor Krachtvon der Notwendigkeit zu überzeugen, nach Berlin zu eilenund den Ruf der Humboldt-Universität ins Unermeßliche zuheben.Das ging an den üblichen Überlegungen vorbei. Eigent-

lich gibt es eine Raumplanungskommission, die Vorschlägeerarbeitet, die versucht, den unterschiedlichsten Raum-wünschen und -bedürfnissen gerecht zu werden. Es ist einekomplizierte Aufgabe, 24000 Studenten unterzubringen,dazu eine Verwaltung und nicht zuletzt das forschende undlehrende Personal - insgesamt nochmals rund 3500 Mitar-

beiter. Alles hängt mit al-lem zusammen,- jeder willmöglichst früh wissen, woer im nächsten Semestersein Büro haben oder Vor-lesungen halten •wird. KeinProblem für die Präsiden-tin. Von oben aus demElfenbeinturm läßt sichscheinbar ganz genau er-blicken, welche Entschei-dungen für die Universitätwichtig und richtig sind.

Aber wenn man schondiesen Arbeitsstil bevor-zugt, sollte man doch we-nigstens diejenigen infor-mieren, die davon betrof-fen sind. Und man solltesich fragen, ob sich dieFolgen dieser Entschei-dung rechtfertigen ange-sichts einer Berufung, diejedenfalls im Septembernoch auf der Kippe stand.

Es ist begreiflich, wennseitens der Studienab-teilung Unverständnis undVerwirrung geäußert wird,ebenso wie die Anglistikdie Orientierung verliert,wenn nun die Studienab-teilung in die Räume amHausvogteiplatz zieht, diefür deren Fachbereich vor-gesehen waren

Davon unbenommen - die Bürokratie stellt derweil wiederdie üblichen Überlegungen an, um die neuentstandenenProbleme zu lösen: Wohin mit der Studienabteilung? Wo-hin mit der Anglistik/Amerikanistik? Wohin mit all denStudenten?Eines jedoch ist sicher: ein weiterer Architekt mußte nicht

beauftragt werden.Die Präsidentin indessen hat sich wiederin den Elfenbeinturm zurückgezogen. Worüber wird sie alsnächstes entscheiden? -k-

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##Individuell-Meldebogen für dieHochschulverwaltung"

Die Universitäten planen eingenteinsant mit dem Wissenschaftlichen Landesprüfungsamt ein zentralesRegister für die Prüfungsdaten der Lehramtsstudenten. Der Rechtsraum für ein solches Register istvöllig offen - doch keiner tut etwas dagegen.

Zum Beginn des Semesters waren sie wieder da:Anwesenheits- und Einschreibelisten. Geführt wurden sie aus den unterschiedlichsten Gründen: um den

Ansturm auf die Seminare mit einer Einschreibeliste zu regeln,um die Anwesenheit der Studenten zu überprüfen (werdreimal fehlt, fliegt) und - harmlosester Fall - um die Adressender teilnehmenden Studenten zwecks späterer Referatab-sprache zu sammeln. Vergessen scheint die Diskussion desletzten Sommers um die Aufnahme von Anwesenheitslistenin alle Prüfungsordnungen (siehe UnAUF Nr. 57) - einVorschlag, der seinerzeit von der Kommission für Lehre undStudium ablehnend beschieden wurde und den sich diePräsidentin dann gar nicht erst traute, dem AkademischenSenat vorzulegen. Kein Hindernis für die Dozenten, die Listentrotzdem zu führen, egal, ob das rechtsmäßig ist oder nicht.Studenten, die in den Seminaren nachfragen, warum einesolche Liste geführt werden muß, werden mit Antwortenabgespeist wie: „Das muß halt so sein!" oder „Damit wir dieAnwesenheit kontrollieren können." Eine der drei philoso-phischen Fakultäten, so ist zu hören, hat sogar schon Formu-lare für diese Listen entwickelt - ein Problem Anwesenheits-listen an der Humboldt-Universität, wie es seinerzeit vomDatenschutzbeauftragten dieser Universität gesehen wurde,scheint es nicht mehr zu geben, die Listen haben allerortenEinzug in den Studienalltag gefunden.

Doch damit nicht genug, die Verwaltung hat sich einerneuen Möglichkeit ersonnen, um noch mehr Daten von

Studenten zu speichern.Es gibt in den tausenden Studentenakten der drei Berliner

Universitäten eine große Anzahl von sogenannten Dauer-studenten oder Karteikartenleichen. Das sind Studenten, dieentweder ihr Studium abgebrochen haben, ohne jemandendarüber zu informieren oder aber sich nie für die Prüfungangemeldet haben. Für die Verwaltung und die Statistik sindsie - obwohl längst verschwunden - immer noch existent undbelasten so die Statistik. Dies betrifft vor allen Dingen dieLehramtsstudenten und dieses Problem will man mittels einesTricks, der eine grobe Datenschutzverletzung darstellt, umge-hen: Im Mai diesen Jahres fragte der Leiter des Wissenschaft-lichen Landesprüfungsamtes bei den Berliner Universitätenan, was sie davon hielten, bei der Erfassung der Prüfungs-daten ihrer Lehramtsstudenten in Austausch zu treten. Mankönne doch zu jedem einzelnen Studenten Angaben zurGesamtnote der Prüfung, ob bestanden oder nicht, zur Art derPrüfung und zu den Ergebnissen der Einzelprüfungen sam-meln, diese mit der Matrikelnummer und dem vollen Vor- undZunamen des Studenten versehen und dann abspeichern.Diese Daten sollen getrennt in den Universitäten erhobenwerden, dann soll eine Austuaschmöglichkeit der Datenzwischen den Universitäten bestehen und letztendlich sollendie Daten beim Wissenschaftlichen Landesprüfungsamt zen-tral gespeichert werden. Da man diese Daten direkt aus den

Studentenakten zieht, ist eine Information des betroffenenStudenten nicht vorgesehen. Da auch das WissenschaftlicheLandesprüfungsamt um die fehlende Rechtsgrundlage einessolchen Verfahrens weiß, hat es als Zweck dieses Verfahrensdie Arbeit des Statistischen Landesamtes vorgeschoben, wel-che solche Daten braucht, um über Jahre hinaus Pläne fürWissenschaftsstandorte erarbeiten zu können. Die Daten fürdiese Planungen werden nach den Maßgaben desHochschulstatistikgestzes erhoben, welches auch für dasLand Berlin gültig ist. Dieses sieht aber im Gegensatz zu dergeplanten Anlegung eines zentralen Prüfungsregisters eineAuskunftspflicht vor.

"N Tun könnte man sagen: alles nicht so schlimm, es werden1 \ | schon genug Daten erhoben, da machen es diese paar

Prüfungsnoten auch nicht mehr.Könnte man sagen, wenn es denn so bleiben würde. Aber

das Ansinnen des Landesprüfungsamtes, welches an derHumboldt-Universität scheinbar prompt umgesetzt wurde,führt an dieser Universität nur zu weiteren Vorschlägen aufdem Weg zur totalen Überwachung des Studenten.

Die philosophischen Fakultäten planen eine Art Zwangs-beratung für Prüfungen, wie sie an der FU in Form derStudienberatung bereits datenschutzwidrig durchgeführt wird.Denn zu einer solchen Beratung, an der alle Studententeilnehmen müssen, werden Daten herangezogen, die zudiesem Zwecke niemals erhoben wurden - ein klarer Verstoßgegen die Datenschutzverordnung des Landes Berlin.

T~|'s besteht die berechtigte Gefahr, daß diese Praxis auf dieJ_jgesamte Universität ausgedehnt wird und im Einklang

mit Instrumentarien wie Anwesenheitslisten, Testatpflicht,obligatorischer Studienberatung und festgelegten Studienab-lauf zu einer extremen Verschulung der Universität führt. DieWarnung ist umso berechtigter, betrachtet man die unrühm-liche Rolle der Präsidentin in diesem Geschehen. Sie hat sichbis heute nicht zu dem Thema Anwesenheitslisten geäußert,die Gründe für dieses Schweigen sind nicht bekannt. Ziehtman aber Stimmen von außerhalb der Universität dazu, diebehaupten, die Präsidentin versuche nun über dem Umwegder Hochschulrektorenkonferenz Anwesenheitslisten undobligatorische Studienberatung in den Universitätsbetriebverbindlich einzuführen, dann ist sogar Gefahr im Verzüge.

Umso unverständlicher ist es, warum sich die Humboldt-Universität einen Datenschutzbeauftragten zugelegt hat. Wasdessen Aufgabe nach Einführung all dieser Dinge sein soll, istunklar - eigentlich ist er dann überflüssig. Vielleicht ist er dasheute schon, denn außer einer Gegendarstellung in derUnAUF zum Thema Anwesenheitslisten (UnAUF 56) war vonihm nichts zu hören, wie er diesen offensichtlichenDatenschutzverletzungen begegnen will. Vielleicht will er jaauch nicht. Es würde ins Bild passen.

jot

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„Eine Präsidentin kannnatürlich nie besser sein,als die Wissenschaftler"

Wir haben keine Probleme, das zu bestätigen. - Ein Gespräch mit derPräsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin, Proi Dr. Marlis Dürkop.

Dem eigentlichen Intervietv muß an dieser StelleunübUcherweise eine Erklärung vorangehen, dennGespräch und Nachbereitung des Interviews lie-fen ebenfaüs unter unübUcben Umstünden ab. Zu-nächst fand das Gespräch in einer sehr gereixtenAtmosphäre statt, die bereits bestand, als wir dasBüro der Präsidentin betraten. Das nunmehr ge-druckte Intervietv ist um die xablreicben Äuße-rungen wie: „Sie sehen aber auch alles durch diescbwarxe Brille!" bereinigt worden - es ist nichtsinnvoll, derartig Papier xu strapaxieren.Es bleibtjedoch die Frage, ob es der Repräsentantin dieserUniversität gut xu Gesicht steht, derartig mit Ver-tretern der studentischen Öffentlichkeit umxuge-hen - auf uns jedenfalls machte dieses Verhalteneinen verbeerenden Eindruck.In dem Intervietv haben wir die Präsidentin xu

xtvei konkreten Vorgängen befragt, die für denFortgang von Studium und Lehre an der Universi-

tät von großer Bedeutung sind. Auf beide Sacbver-hatte konnte Prof.MarUs Dürkop ganx offensicht-lich nicht antworten, sie kannte weder Vorlagennoch Vorgang. Nach der Wiedervorlage des nun-mehr schriftlichen Interviews xur Korrektur durchdie Präsidentin wurden wir vor die Wahl gestellt,auf die mehrmaligen Nachfragen xu diesen beidenThemen und die daraufgegebenen Antworten xuverxichten oder aber die Präsidentin würde dasganxe Intervietv xurückxiehen. Da beide Themen,gemeint ist die Vorlage der Hocbscbulrekto-renkonferenx xur Studienreform undxu Leistungs-nachweisen im Grundstudium und die xentraleErfassung von Prüfungsergebnissen, in dieser Aus-gabe mit eigenen Artikeln vertreten sind, haben wiruns entschlossen, in der schriftlichen Niederle-gung des Interviews diese Fragen wegzulassenund somit zumindest den Rest veröffentlichen xukönnen.

UnAUFGEFORDERT: Frau Dürkop,Sie sprachen Anfang Oktober in ei-nem Artikel des Tagesspiegel davon,daß sich angesichts der Sprachlosig-keit in Berlin Politiker, Senatorenund Universitätspräsidenten 'wiederan einen Tisch setzen und sich zu-sätzlich zum Kooperationsbeirat derBerliner Universitäten über dieschwierige Situation hier in der Stadtverständigen. Zu welchen konkre-ten Vorschlägen und Ergebnissenist die Arbeit des Kooperations-beirates inzwischen gekommen?

Marlis Dürkop: Man kann nicht erwar-ten, daß ein Gremium, was sich neuzusammensetzen mußte, angesichts derschwierigen Materie in kurzer Zeit schonzu konkreten Vorschlägen kommt. Wirsind in einer recht schwierigen Phase,wo die Konflikte offen auf dem Tischliegen. Im Übrigen ist der Auftrag desKooperationsbeirates nicht, Sparvor-schläge zu erarbeiten, auch nicht Vor-schläge für den Abbau von sogenann-

ten „Doppel- und Dreifachangeboten"zu machen, sondern der Auftrag diesesKooperationsbeirates besteht darin, ge-meinsame Arbeitsformen in bestimm-ten Fächern zu entwickeln.Nun hat die Senatsverwaltung für

Wissenschaft und Forschung bzw.der Berliner Senat neben denallgemeinen, schon vorhandenenEinschnitten in den Haushalt derUniversitäten weitere Sparauflagenin Millionenhöhe angekündigt Wasbedeutet dies umgerechnet auf dieSituation der Lehre an der HUB ab1995?Das Sparvolumen, das uns nach den

letzten Meldungen aus den Haushalts-beratungen ins Haus steht, bewegt sichum 300 Millionen DM. Das entsprichtetwa einem Volumen von 750 bis 800Wissenschaftler- und Professorenstellenplus Sachmittel, daraus können sie er-ahnen, was dies - verteilt auf die vierBerliner Universitäten - bedeutet. Fürdie HUB würde dies Einsparungen von

ca. 200 Stellen bedeuten, diese 200Stellen haben wir aber gar nicht frei.Heißt das, egal -was der Senat be-

schließen wird, die Humboldt-Uni-versität kann nicht noch zusätzlichsparen?

Die Humboldt-Universität befindet sichin der Erneuerung, sie hat sich bereitseine schlanke Struktur gegeben. Da wiraber gerade erst anfangen, mit dieserneuen Struktur zu arbeiten, können wirauch nicht sagen, wo wir was entbehrenkönnen. Die anderen Universitäten ken-nen sich seit etlichen Jahren und ken-nen, sofern vorhanden, auch ihre Speck-seiten. Wir haben noch keine.

„Fusionen könnensinnvoll sein."

Sie haben gesagt, daß dieserKooperationsbeirat auch Ideen sam-meln will und Möglichkeiten, mitstrukturellen Veränderungen zu ei

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ner Entspannung beizutragen. Sinddamit auch Fusionen gemeint?

Dort, wo sie sinnvoll sind, ja. Wirhaben bereits drei Bereiche fusioniert,dort, wo dies die FU als auch wir sinn-voll gefunden haben: die Bibliotheks-wissenschaften, die Rehabilitations-wissenschaft /Sonderpädagogik und dieSkandinavistik. Diese Entwicklung kanndurchaus weitergehen. Da, wo zumBeispiel an der FU jetzt gerade wenigStellen besetzt sind, und bei uns auchnoch, kann man sich durchaus überle-gen, ob es sinnvoll ist, zusammenzuge-hen. Das bedeutet aber nicht notwendi-gerweise, daß es dabei zu Einsparun-gen kommt. Wenn es sich zum Beispielum ein NC-Fach handelt, was man zu-sammenlegen will, kann man gar nichtseinsparen, weil die Anzahl an Studien-plätzen beibehalten werden muß.Halten Sie die Zusammenlegung

einzelner Fachbereiche und dieSchließung von Studiengängen über-haupt für sinnvoll, um Einsparun-gen zu erzielen.Dies kann im Einzelfall sinnvoll sein.

Eine Universität ist ja ein lebendigerOrganismus und manche Studiengängebedürfen vielleicht im Laufe der Zeit derRevision.Könnten Sie das an einem konkre-

ten Beispiel einmal erläutern?Da kann ich wieder auf das Beispiel

der Skandinavistik verweisen.

eine BerlinerUniversität

In dem Artikel im Tagesspiegel ha-ben sie auch die Möglichkeit geäu-ßert, eine Berliner Universität zuschaffen, die dann drei gleichberech-tigte Unteruniversitäten enthält.Können sie diesen Vorschlag nähererläutern?

Ich stelle mir dies in Anlehnung anandere europäische Städte - oder auchan das Universitätsmodell in den USA -vor, um moderne Kooperationsformenzwischen Universitäten herstellen zukönnen. Ich könnte mir vorstellen, daßes eine Berliner Universität gibt, abernatürlich mit drei verschiedenen Stand-orten und mit jeweils eigenem Profil.Man könnte so zum Beispiel freiwer-dende Stellen in einen Gesamtpool ein-bringen, und dann nach Bedarf sinnvollneu verteilen. Man kann auch Studien-angebote der einzelnen Universitäten

einfacher aufeinander abstimmen, mankann Kooperationsformen in der For-schung leichter gestalten. Es könntenaber auch Strukturveränderungen insolch einem Gesamtmodell schonenderumgesetzt werden, weil die Umvertei-lung besser zu organisieren wäre.Es entsteht der Eindruck, daß Sie

mit einer Reihe von Themen an dieÖffentlichkeit gehen - zum Beispielmit dem Vorschlag einer einzigenBerliner Universität - die HerrnErhardt helfen, zu sehen, wie dieÖffentlichkeit auf solche Vorschlä-ge reagiert, und die ihm dabei hel-fen, die Durchsetzbarkeit bestimm-ter Vorschläge in der Öffentlichkeitbesser abschätzen zu können.

Nein, das stimmt so nicht. Es sindmeine eigenen Gedanken und die zie-len nicht darauf ab, jemanden gezielt zubeeinflussen. Im übrigen findet HerrSenator Erhardt meine Idee einer Berli-ner Universität mit drei eigenständigenStandorten ganz schlecht.Warum findet er sie schlecht?Da müssen Sie ihn selbst fragen.Die Humboldt-Uni steht ja nicht

nur wegen ihres Namens für einebestimmte Form der Arbeit einerUniversität, welches mit dem Schlag-wort von der Einheit von Lehre undForschung umschrieben wird. Se-hen sie dieses Prinzip der Einheitvon Forschung und Lehre durch dieangedrohten Sparauflagen in Ge-fahr?

Das wird sowohl die Forschung, alsauch die Lehre beeinträchtigen unddamit auch die Einheit von Forschungund Lehre.

weniger Geld fürstudentischeHilfskräfte

Die Frage bündelt sich mehr andem Punkt, ob die Vorschläge derEffektivierung der Lehre und derAusbildung nicht zur Folge haben,daß diese Einheit dahingehend inGefahr ist, daß durch die Effek-tivierung weniger Platz für For-schungsprojekte mit Studenten ne-ben der Lehre ist und so eine Ver-schiebung zugunsten einer Berufs-ausbildung stattfindet.Was mit Sicherheit schwieriger wird,

ist eine offene Kooperation herzustel-len. Wenn man weniger Geld für

Projekttutorien haben wird und auchweniger Geld für studentische Hilfs-kräfte, um sie in Forschungsprojekteeinzubinden, wird es hier auch wenigerMöglichkeiten der Zusammenarbeit inder Forschung geben.

Die Sparmaßnahmen betreffenauch elementare Bereiche der Leh-re. Beispielsweise ist immer wiederzu hören, daß für Neuanschaffun-gen der Bibliotheken teilweise über-haupt kein Geld da ist.Ja. Das ist für mich auch eine der

größten Sorgen, daß selbst das, was wirals grundständiges Angebot zu bringenhaben, durch die Sparauflagen behin-dert wird.

Äußert sich diese dramatische Si-tuation auch an anderen Stellen undist das bereits laufende Haushalts-jahr 1994 davon betroffen?

1994 war der Haushalt in personellerHinsicht weit unterfinanziert. Wir hat-ten außerdem eine Fülle von pauscha-len Minderausgaben umzusetzen. Dashat sich jetzt schon ausgewirkt, z.B, inForm von Stellenbesetzungssperren.

Sehen sie denn Möglichkeiten an-gesichts der Sparmaßnahmen Mittelzu ergreifen, um eine möglichst hoheQualität der Lehre abzusichern.

Wir haben uns unabhängig von Spar-auflagen bemüht, eine effektive Struk-tur zu gestalten. Im Rahmen derFakultätserneuerung wurde auch dieGrundlage zur Einrichtung von Studien-büros gelegt.

Gerät durch die Sparauflagen auchdie Qualität der Lehre hinsichtlichder Ausstattung mit Sachmitteln inGefahr?

In diesem Zusammenhang muß daraufverwiesen werden, daß wir dort, wo eswährend 40 Jahren DDR zu Versäumnis-sen kam, vieles wieder gut zu machenhaben. Das kann man nicht von einenauf den anderen Tag realisieren. Dazukommt, daß diese Universität für 14.000Präsenzstudenten gebaut war, jetzt sindes 24.000.

Das Problem liegt doch aber viel-mehr darin begründet, daß die Spar-auflagen auf ganz neue Strukturentreffen, die noch nicht einmal Zeithatten, sich zu festigen. Wie soll danneine Neustrukturierung gelingen?

Ich teile diese Befürchtung, wir habendie Strukturen soeben modern geschaf-fen. Aber wenn wir nun schon wiederSparauflagen umsetzen müssen, weißich auch nicht, wie das gelingen soll.

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„Die Details sindmir nicht bekannt/'

Im Zusammenhang mit der Situati-on der Lehre haben wir einige kon-krete Fragen zu einer Vorlage derHochschulrektorenkonferenz, wel-che die Regelung des Studiums inden ersten drei Semestern betrifft.Gemeint ist die Vorlage 118a/94 zurStudie nstrukturreform und Leis-tungsnachweisen im Studium.

Sie verstehen sicherlich, daß mir dieDetails der Vorlage aus dem Stehgreifnicht bekannt sind.Diese Vorlage enthält eine Reihe

von Vorschlägen, wiedas Studium währendder ersten zwei bisdrei Semester über-einstimmend so ge-staltet werden kann,um den Studenteneine frühe Orientie-rung über seine Eig-nung für das gewähl-te Fach deutlich zumachen. Dafür ist einInstrumentariumvon Leistungsnach-weisen, Seminar-scheinen bzw. Teil-nahmelisten, Klau-suren und Zwischen-prüfungen vorgese-hen. Hinzu kommenzeitlich festgelegteLehrveranstaltungenund eine obligatori-sche Studienbera-tung. Halten Sie die-se Vorschläge für ge-eignet, um den exi-stierenden Proble-men an den Hoch-schulen im Bereichder Lehre gerecht zuwerden?

Darauf kann ich jetzt nicht im Detailantworten, dazu müßte ich diese Vorla-ge erst einmal durcharbeiten. Im Prinziphalte eine Studienberatung als Hilfestel-lung für die Studenten durchaus sinn-voll, damit diese erkennen können, obdas von ihnen gewählte Fach das rich-tige ist.Abgesehen von den Einzelpro-

blemen stellt sich noch eine Frage:Die HRK hat das Problem darin er-

kannt, daß die Studenten zu Beginnihres Studium nicht in die Lage ver-setzt werden, zu studieren. Dies be-trifft hinsichtlich der Vorschlägeaber nur dieses eine Problemfeldund es ist nicht mitgedacht, inwie-fern die Universität als Ausbildungs-und als Wissenschaftsort eine Er-neuerung brauchte, die fernab die-ser studentischen Probleme existie-ren. Gemeint ist damit, daß hinterdiesem Konzept - Lehre und For-schung zu verbinden - auch der Ge-danke steckt, dem Studenten, derneu an die Universität kommt, dieMöglichkeit zu bieten, sich auchuniversell zu bilden, dafür muß er

Marlies Dürkop, geboren 1943 in Braunschweig, ist gelernte Reisebürokauffrau.Über den zweiten Bildungsweg studierete sie ab 1966 an der FU Berlin Soziolo-

gie und blieb, bis auf eine kurze Assistenszeit an der Juristischen Fakultät derUniversität Hannover, in der Stadt. 1976 promovierte sie und ist seit 1978

Professorin an der Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin,zwischen 1986 und 1 990 war sie deren Rektorin. Sie war schon früh in der

Alternativen Liste aktiv und wirkte im Abgeordnetenhaus als hochschulpolitischeSprecherin ihrer Fraktion.

1992 wurde sie mit 32 von 60 abgegebenen Stimmen für vier Jahre zur Präsi-dentin der Humboldt Universität Berlin gewählt. Ihre Amtszeit endet im Juli 1996.

die Freiheit haben.Ja, das muß parallel laufen. Die Uni-

versität ist der Ort, wo man die Gelegen-heit haben muß, etwas kennenzuler-nen, Anregungen zu erhalten.Nun ist es aber so, daß, wenn diese

Vorschläge so beschlossen werden,eine eindeutige Richtungsgebunghinsichtlich eines klaren, geglieder-ten hermetischen Studiums, was demDDR-Modell relativ nahe kommt, er-

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folgt.Wie gesagt, ich kenne die Vorschläge

nicht im Detail. Nun hat die Universitätnatürlich den Auftrag, auf einen Berufvorzubereiten, aber nicht ausschließ-lich spezialisiert, daß wäre auch auf-grund der heutigen Arbeitsmarkt-situation unangemessen. Universitäts-ausbildung muß einen Grundbestandan wissenschaftlichen Kenntnissen undMethoden bieten, was die Studenten indie Lage versetzt, flexibel auf veränder-te Berufsanforderungen zu reagieren.Und es muß je nach Fach auch dasnotwendige Fachwissen dabeisein. Sehreng berufsorientiert auszubilden ist dieAufgabe der Fachhochschulen, und das

hat ja auch seinenSinn.

Die Universität mußaber verdeutlichen,welche Möglichkeitensie bietet. Die Ideal-vorstellung von mirpersönlich wäre, einmehr berufsorien-tiertes und ein mehrwissenschaftlich ori-entiertes Studium mit-einander zu verknüp-fen. Also ein System,wo man je nach Aus-richtung verschiedeneDinge abfragen kann.Das erfordert einensehr hohen Organi-sationsaufwand, aberdieser wäre sinnvoll.Aber die Vorschlä-

ge gehen in die Rich-tung, daß das grund-ständige (also be-rufsorientierte) fest-gelegte Studium ob-ligatorisch für alleist, hier gibt es kei-ne Alternative - eswäre eine Schule,die mit einer obliga-torischen Studien-

beratung abschließt.Das wäre nicht mein Modell.Die Form der Studienberatung, die

geplant ist, ist mehr oder wenigereine Abbruchberatung. Sie soll demStudenten nahelegen, das Studiumaufzugeben oder das Studienfach zuwechseln, wenn man zu der Erkennt-nis kommt, er sei nicht geeignet für-dieses Studium.

Das kann ja manchmal so richtig sein.

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Studienberatung ist zu recht ein wichti-ges Anliegen von Studenten. Und wennman dann in einem Gespräch dahinkommt, daß es das falsche Fach ist, so istes dann doch richtig, das Fach zu wech-seln.

„Die Orientierungfür jemanden, deraus dem Westenkommt, ist sehr

schwierig.Sä

In einem Interview in der Zeitschrift„Das Hochschulwesen" sagten sie,daß viele neuberufene Professoreneine „corporate identity" der Hum-boldt-Universität vermissen. Wasverstehen Sie unter diesem Begriff?

Es gibt an der Humboldt-Uni ein vielstärkeres Zugehörigkeitsgefühl und eineVerbundenheit mit der Universität, alsich das aus dem Westen kenne. Aberdiejenigen die jetzt aus dem Westendazukommen, kommen natürlich in eineStadt oder in eine Universität, die ihnenfremd ist, die ihnen fremder ist, als eineWestuniversität. Die Orientierung fürjemand, der aus dem Westen an dieseUniversität kommt, ist sehr schwierig.Das muß man akzeptieren, und auchdie neu dazugekommenen möchten sichnatürlich mit der Universität verbundenfühlen. Sie sind dann konfrontiert mitden schwierigen Aufbauprozessen, dieja auf der ganzen Universität lasten, undwünschen sich schon, irgendwie dazu-zugehören. Das ist viel schwerer, alswenn man an eine Universität kommt,wo qua Ausscheiden eine Stelle freige-worden ist, die man dann wieder an-nimmt. Es ist schon schwer, sich hiereinzuleben.Ist eine „corporate identity" nicht

auch das Selbstverständnis einerUniversität als profiliertes Haus nachaußen. Und da bezieht sich die Fest-stellung, daß da ein Manko existiert,auch auf das Wirken der HUB nachaußen...

Eine Universität, die so stark im Um-bruch ist, muß erst einmal wieder neueInhalte definieren, die die Arbeit aus-machen. Dann muß die Universität dieArt und Weisen finden, wie diese Inhal-te nach außen transportiert werden. Wirhaben uns in dieser Hinsicht eine Men-ge Dinge überlegt, aber dies ist einandauernder Prozeß. Zunächst müssen

sich neue Arbeitszusammenhänge her-stellen und dann müssen sich neuePräsentationsformen an der Universitätentwickeln.

Können Sie einige Dinge nennen,wie das praktiziert werden soll?

Wir haben zum Beispiel die Zeitung„Humboldt-Spektrum" herausgebracht,wo die Wissenschaftler die Schwerpunk-te ihrer Arbeit präsentieren können. Wirveranstalten regelmäßig das Forum Hum-boldt, um mit Experten bestimmte Fra-gen zu besprechen. Es gibt eine großeAnzahl von Symposien und Veranstal-tungen, im Rahmen derer sich die Kol-legen darstellen.

„Wir hinken nichtmehr hinterher."

Sehen Sie bei der Humboldt-Uni-versität das besondere eigene Profil?

Ich sehe verschiedene Ansätze.Könnten Sie bitte etwas konkreter

werden?Es gibt zum Beispiel den Forschungs-

bericht 1993, der zeigt, daß wir sowohlbei den grundfinanzierten Forschungs-leistungen als auch bei den Drittmittelnden Stand von anderen Universitätenerreicht haben, wir hinken da nichtmehr hinterher. Jede Fakultät ist dabei,bestimmte Schwerpunkte herauszubil-den, und die müssen wir dann auchnach außen darstellen.

Dies ist kein abgeschlossener Pro-zeß. Wie sehen Sie konkret Ihre Rol-le in der Zukunft, solche Entwick-lungen zu befördern?

Eine Präsidentin kann natürlich niebesser sein als die Wissenschaftler. Daswichtigste ist, daß gute wissenschaftli-che Arbeit und gute Lehre gemachtwird, das ist die Basis. Der Wert einerUniversität bemißt sich an der Qualitätihrer Arbeit. Die wichtigste Aufgabe ist,Qualität von Lehre und Forschung hoch-zuhalten.Es gibt die Tendenz, daß sich Viele

Studenten und auch einige Professo-ren aus dem Prozeß der akademi-schen Selbstverwaltung ausklinken,daß sie aus den unterschiedlichstenGründen an diesem Prozeß nichtmehr teilhaben wollen. Wie bewer-ten Sie dies?An jeder Universität nimmt immer nur

ein bestimmter Teil von Professorenund Studenten an der akademischenSelbstverwaltung teil, sie sind zwar alle

aufgefordert, daran teilzunehmen, aberaktiv ist immer nur ein bestimmter Pro-zentsatz. Hier an der Humboldt-Univer-sität haben sich in der Wendezeit über-proportional viele Leute sehr aktiv ein-gebracht. Sie sind nach drei Jahren ein-fach auch ausgelaugt und suchen nunauch - wenn sie denn ihre Stelle jetzthaben - den Anschluß an die wissen-schaftlichen Kontakte im Westen, weilsie durch die hochschulpolitische Ar-beit da rausgekommen sind - das findeich nicht ungewöhnlich.

Gemeint sind hier aber hauptsäch-lich die neuberufenen Professoren,die sich da scheinbar zurückziehen.

Nein, das ist nicht so. Nehmen sie maldie Kommissionsvorsitzenden, wenn wirhier Kollegen brauchen, finden wir im-mer welche. In der Kommission fürLehre und Studium ist es ein Neu-berufener, in der Haushaltskommissionund in der Bibliothekskommission ist esebenfalls jeweils ein Neuberufener, dalassen sich viele Beispiele bringen.

Es würde mich auch eher mißtraurischmachen, wenn alle Neuberufenen so-fort in einer Kommission mitarbeitenwollen. Man schaut doch erstmal, woman sich befindet und wo man seineKräfte einbringen kann.

„Die Humboldt-Universität hateinen ziemlich

großenGestaltungs-spielraum.'Mä

Es gibt den Eindruck, daß einige Pro-fessoren unter dem Druck der Umbruch-situation mit der enormen Last der Ar-beit sich zurückgezogen haben.Beobachtbar ist eine Bewegung: DieseLast ist zu groß, weil es da keine Per-spektiven mehr gibt. Obwohl diese Per-sonen mit einem hohen Elan an dieseUniversität gekommen sind schreckensie vor einer scheinbar eingschränktenEntscheidungsfreiheit zurück.

... das ist nicht wahr. Die HU hat imGegensatz zu anderen Institutionen einziemlich großen Gestaltungsspielraum.In einer Übergangsphase hat man mehrMöglichkeiten zur Gestaltung als in ei-ner ganz festgezurrten Universität. Aberwas sicher richtig ist, und das berichtenja auch viele Professoren, daß sie viel

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weniger zu dem kommen, was sie ma-chen möchten. Daß sie viel weniger Zeitfür Forschung haben, weil die Alltags-anforderungen sehr hoch sind. Das isteine berechtigte Klage. Aber dennochwürde ich darauf bestehen, daß sie sichbei uns überproportional an der Selbst-verwaltung beteiligen und Belastungenauf sich genommen haben, an die imWesten kein Mensch denkt.

Wir haben ja mit vielen neuen Pro-fessoren Interviews geführt. Bei vie-len neuberufenen Professoren warda die entäuschende Erkenntnis zuspüren, daß an der HUB der Kampfeigentlich darum geht, so sauber wiemöglich die Weststrukturen einzu-führen und gar nicht wirklich nachAlternativen hinsichtlich einer Vor-reiterrolle in der Modernisierung derUniversität allgemein gesucht wer-de.

Dies war politisch nicht gewünscht.Politisch gewünscht war die Einpas-sung der Universität in das System desWestens: Und dementsprechend gehenalle Bestrebungen , denen wir uns zustellen haben, dahin.

Das ist ja auch in der Diskussion amMontagabend deutlich geworden. Eslag auch daran, und das hat BärbelBohley sehr deutlich gesagt: daß Kolle-gen aus dem Osten nicht so viel Erfah-rung in der Umsetzung von politischenStrategien haben, das hat man im Ostennicht lernen können. Und die Loslöse-prozesse aus dem alten System der po-litischen Diskriminierung haben vielKraft gekostet. Wir hätten hier viel mehrKraft und Unterstützung gebraucht, diedie erhaltenswerten Dinge noch stärkervorantreiben zu können, aber das warnicht so.

„Wir hätten eineExperimentierphase|

haben müssen."

Dies hört sich doch aber so an, alswären auch die Leute, die aus demWesten gekommen sind und die nichtals Missionare des westlichen Systems,sondern wirklich als Erneuerer des ei-genen Systems gekommen sind abge-bremst worden sind durch verkrusteteStrukturen. Das scheint nicht plausibel.

Nein. Das Problem bestand doch hier,neue Strukturen überhaupt zu entwik-keln und sich darin wiederzufinden.Die Verunsicherung entsteht ja daraus,

daß man einerseits immer noch daranarbeiten muß, die alten Strukturen auf-zulösen und gleichzeitig die neuen zuetablieren, das ist das anstrengende.Aber gab es bei der Etablierung

neuer Strukturen keine Zwischen-räume?

Es gab Zwischenräume aber sie habendoch mitbekommen, wie uns diese Din-ge Stück für Stück weggenommen wor-den sind. Das letzte Beispiel warScharmützelsee, ...

... es geht jetzt hier nicht um dieGebäude, es geht um Strukturen.Waren das die optimale Lösung? Hatman sich wirklich die Mühe gemacht,nach neuen Lösungen zu suchen?Das sagt sich leicht von außen. Man

hat der Universität in zwei Jahren sounendlich viele Dinge abverlangt anErneuerungen, die im Westen 20 Jahredauern. Ich finde diesen Prozeß viel zuschnell, man hätte hier der Universitäteinen längeren Übergangszeitraum ge-ben müssen. Es gab ja auch Modelle vonder ZPSK, andere Berufungsmodelleoder wir haben auch Vorschläge ge-macht, wie man den wissenschaftlichenMittelbau in einer anderen Form in die-se Struktur überführen kann über einenZeitraum von fünf oder zehn Jahren, alldiese Vorschläge sind abgelehnt wor-den. Wir haben in zwei Jahren praktischdie gesamte personelle Struktur erneu-ern müssen, unter dem Druck des Aus-laufens der Übernahme- und Ergän-zungsgesetze. Uns sind von außen Zwän-ge gesetzt worden, so daß wir nicht denSpielraum hatten, mit Strukturvor-schlägen zu experimentieren. Wir hät-ten eine Experimentierphase habenmüssen.

„Dies ist eine Leis-tung, auf die ich

stolz bin."

Befragt nach den Perspektiven derPräsidentin, sagten Sie in dem Inter-view mit der Zeitschrift „Das Hoch-schulwesen": „Für mich plane ich,wie ich diese schwierige Situationtäglich gestalten kann. Ich planenicht auf dieses oder jenes hin. Soeine Gegenwärtigkeit hat auch nurfür eine begrenzte Zeit ihre Reize."Reicht diese Zielstellung aus in ei-nem Amt, welches die Universitätauch nach außen präsentiert?

Es ging in dem Interview bei dieserFrage darum, wie der Alltag an derUniversität zu bewältigen ist. Der Alltagdieser Universität ist in der Tat so schwie-rig und so komplex, daß man sich jedenTag hier neu zu fragen hat, welcheAufgaben anstehen. Das heißt nicht,daß wir die großen Ziele aus den Augenverlieren.Welche langfristigen und realisti-

schen Ziele glauben Sie denn in Ih-rer Amtszeit noch umsetzen zu kön-nen?Ich denke wir bemühen uns hier sehr,

zukünftig mögliche Entwicklungen derUniversität nicht aus den Augen zuverlieren. Die schwierigste Aufgabemomentan ist, den Abbau umzusetzen,den Alltag zu organisieren, Visionen zuhaben und die Sparauflagen einzubin-den. Ich denke, das ist ein alltags-füllendes Programm. Nun kann man diegroßen Ziele einfach formulieren, aberdie Bewältigung des Alltags ist etwas

anderes. Dies istein immenser Ar-b e i t s a u f w and.Gleichzeitig die Er-neuerung und dieNormalität zu or-ganisieren: das isteine Leistung, aufdie ich stolz bin.

Frau Dürkop,wir danken Ih-nen für das Ge-spräch.

Das Interviewführten jk, Ulliundjot

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Dr.Murkes gesammeltSchweigen

Ein Kommentar

Mit den vermeintlich Mächtigen zu sprechenist eine Aufgabe der Presse, der Medienallgemein. Dabei obliegt den Medien eine

Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit, die vondiesen Gesprächen künde erhalten soll. Das öffentli-che Interesse sitzt also idealtypisch in Gestalt derMedienvertreter am Tisch von politisch Verantwortli-chen und soll durch die Fragen, die in einem Intervie:gestellt werden, repräsentiert sein.

Das ist die Ausgangslage bei jedem Pressegespräcjhidie für ein Gemeinwesen Verantwortlichen werden i&r:Blick auf die lnteri||?ejrJ!|es Gemeinwesens befragt-Auch das Gesprä&t|pfftiirStudentenzeitung mit ©inet

Universitätspräsiden^^^P^ auf dieser <$i£tm4\ag&statt. Daß wir bei unseren! Gäspjäch nicht tfen £«%-druck hatten, daß hier etß* l*r^i$jdö«tlft, die unser*Universität repräsentiert,

Universität. Doch was ist ihre Richtungskompetenz indieser Lage? Die Berliner Universitäten könnten sichunter einem Dach vereinen, hörten wir, ein kosmeti-scher Akt, deralle Probleme die jetzt schon existierennur unter einen Deckel zwängt und dennoch nichtbezwingt. Oder da sind die Vorstellungen über diemöglicherweise gerechtfertigten Zusammenlegungen

Instituten unterschiedlicher Berliner Universitä-ix Aber inwieweit gehen diese Vorstellungen in eine

ifisch eigene Richtung, die die Position einerersität sein muß, in Abgrenzung zu denen des

$eihats, der natürlich genügend Gründe anzugebenWeiß, warum er für Zusammenlegungen zumeist aus

Rede und Antwort stehtfür ihr Tun, tEnttäuschung. Auch in der Hinsicht, daß wohl Studen-ten mit ihrer Zeitung eine wohl zu vernachlässigendeGröße der "Öffentlichkeit" darstellen. Ist der Zustandjedoch ein Allgemeiner? Wird also auch ändere«Medienvertretern so begegnet, wie uns? Bleibt nur einerschreckenderVergleich mit dem Gebarender Mäch*tigen in derverflossenen DDR. Sie kannten das Gebotfreier Medien nicht, die eine Form öffentlicher Kontra!»le der Mächtigen bewerkstelligen soll. Und betrachte-ten daher u.a. die erscheinende Presse al$Vollzugs-organ (deröffenlichen Bekanntmachung) fhrer eige-nen Machtausübung. Medien Vertreter als Stichwort-geber? Sind wir dort in der Universität angelangt?Oder noch nicht fortgekommen?Zu unserem Eindruck inhaltlicher Natur. Di« Univer-

sitätsteht im Umbruch. Alt-Abbau (neuerStellenplanforderte erhebliche Entlassungszahlen), Neu-Aufbau(Neustrukturierung der Universität in allen Bereichen)und jetzt auch noch die Sparbeschlüsse des Senats, diealle bisherige Arbeitzu entwerten droht. Da sitztaucheine Präsidentin auf einem Schleudersessel. Sind diedivergierenden Interessen überhaupt noch zusam-menzuführen, innerhalb der Universität wie in ihrenAußenbeziehungen? Doch wo ist die strategische Kom-petenz einer Zielsetzung: Da will ich hin; Das ist mirwichtig; Da kann und muß man Abstriche machen; diein so schwierigem Fahrwasser die einzige Möglichkeitbietet, das Schiff überhaupt zu steuern und ihm eineneigenständigen Weg zu sichern? Das einzige was wirhörten waren Feststellungen, daß es ein schwierigesFahrwasser ist, in dem die Universität schwimmt. Nungut. Das wissen wir ja aus eigener Erfahrung mit dieser

Wohinlöhrf der W«gdfo U*av«*sität? Wir wissen esnicht. Und ärgern uns,

igen Hoch-f, d|e gerade nicht aus Karrieregründen

hierher nach Berftn kamen, sondern die die Lustverhörten aus ihrer Kenntnis der westdeutschenHochschullandschaft Veränderungen zu bewirken ohnedie begangenen Fehler noch einmal zu begehen. Unddie mm immer weniger bereit sind auf einem rich-tMn$$los umhertreibenden Schiff die Komma ndobrük-fce des abstrusen Reagierens mitzu besetzen.

Unser Gespräch begann wie es endete. HeinrichBöfls Satire "Dr. Murkes gesammeltes Schweigen" warder Auslöser des Mißverstehens zwischen uns, denVertretern einer gewollten studentischen und universi-tären Öffentlichkeit, und der Präsidentin der Univer-sität/ als der gewählten Repräsentantin des Gemein-wesens "Ort der Wissenschaft und der Lehre". Und siewarzugleich des Gespräches inhaltliches Ende.

Dr. Murke, Mitarbeiter einer Radioanstalt, hat es sichzur Lebensaufgabe gemacht, durch die verschiede-nen Abteilungen der Anstalt zu streunen und aus denTonbändern aller gesendeten Beiträge etwas heraus-zuschneiden, was ihm das wichtigste scheint an alldieser geschwätzigen Redseeligkeit. Und er fügt alldiese Tonbrandschnippel zu einem opulenten Werkvon ganzen drei Minuten zusammen.

Die Präsidentin (zu Beginn unseres Gesprächs): Siehaben ja bei einem vergangenen Interview von mirtrotz meiner Anmerkungen doch mehr veröffentlichtals ich wollte. Das ist ja wie bei Böll: alles zerschnippelnund zusammenfügen...UnAUF: Aber das war doch nur Schweigen...

Eben Schweigen.Ulli

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niversität untesatzungsrech

Drei Jahre an der HUBNach nur drei Jahren als Leiter der Studienabteilung wechselt Kajo Pieper zum 1.11.1994 auf eine neue Stelle

im Ministerium für Wissenschaft und Weiterbildung des Landes Rheinland-Pfalz. Mittendrin in der Verwaltunghatte er Einblick in Vorgänge an dieser Universität, die nicht in dieser Forman die Öffentlichkeit gelangten. Einigedavon bat er im folgenden dargestellt.

Drei Jahre Humboldt-Universität zuBerlin zu einer Zeit, da die HUB beson-ders intensive Veränderungen erlebt:da sind drei Jahre eine sehr kurze Zeit.Zur Erinnerung: Ich war noch keine vierWochen an der HUB, da wurde ihrRektor Heinrich Fink entlassen. Ein gu-tes halbes Jahr später hatten die Gremi-en der akademischen Selbst-Verwaltung sich für diePräsidialverfassung entschie-den und Marlis Dürkop zurersten Präsidentin der HUBgewählt. Erinnert sich jemandangesichts der tagesaktuellenDiskussion um Hochschul-kooperation und Fächer-fusion daran, daß es eineLHSK (Landeshochschul-strukturkommission) gab?Abzuwickelnde Fachstu-diengänge, einzustellendeFächer, neu zu konzipieren-de Fächer - Alltagsgeschäft!Alles in allem: Ein außeror-dentliches Arbeitsprogramm,begleitet von Verunsicherun-gen, Enttäuschungen, Krän-kungen, Hoffnungen undUtopien - daneben und vorallem aber eine mehr oderweniger funktionierendeganz normale Universität mitsteigenden Studierenden-zahlen. Innerhalb von zweiJahren eine einheitliche Ma-gisterpüfungsordnung füralle geisteswissenschaftli-chen Fächer - und das trotzaller sonstigen Sonderaufga-ben für die Lehrenden wiedie Verwaltung wie die Stu-dierenden: Im Vergleich zuanderen Hochschulen ist dies ein unge-wöhnlich hohes Tempo. Etwa ein Jahrdauerte die Neustrukturierung der über20 Fachbereiche zu 11 Fakultäten.

Alte Reneue Ei

:hnungen -felkeiten

In solchen Beispielen wird ein Enga-gement aller HUB-Angehörigen deut-lich, wie ich es von keiner anderenHochschule kenne. Ein Engagement

macht hat; ohne das vieles nicht (zu-mindest nicht so) möglich gewesen wäre.Ich hätte mir gewünscht (und schreibedas auch selbstkritisch), daß dieses Kapi-tal im Innenverhältnis stärker gepflegtworden wäre. Aber wie soll dies ge-schehen, wenn einige Tausende HUB-Angehöriger entlassen werden (müs-_____ sen); wenn die gemeinsame

Vergangenheit alte Rechnun-gen unbeglichen ließ, diesich heute mit neuen Eitel-keiten gerne paart.

Die Negativseite der Cor-porate Identity ist die skepti-sche Beäugung von außen.Wer mit dem vorgefertigtenEtikett der „Kaderschmiede"die HUB betrachtet, wird all-zu leicht (und leichtfertig) CIils Seilschaft denunzieren.Zum Repräsentanten diesersichtweise (und damit zumlebevoll gepflegten Buh-Partner der HUB) haben sichdie Senatsverwaltungen In-leres und ganz besondersWissenschaft und ForschungrWiFo) gemacht. Ihnennsbesondere ist es zu dan-scen, daß völlig zu Recht nochrnmer gesagt werden kann:Die HUB steht unter Besat-zungsrecht.

AbtrWes

unmgeri

auch im Sinne einer Corporate Identity(CI), das in den zurückliegenden dreiJahren nach meiner Auffassung dasunschätzbare Kapital der HUB ausge-

Ich erinnere mich unter-schiedlicher Kolleginnenund Kollegen aus FU, TU

und HdK, die bei diesem Satz zusam-menzuckten und in dieser Wertung eineketzerische Bösartigkeit eines abtrünni-gen Wessis sahen. Ein Alltagsbeispiel

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machte ihnen meine Wertung verständ-lich: Alle Stellenbesetzungen ab Sekre-tär/in bedürfen der ausdrücklichen Zu-stimmung durch die SenatsverwaltungWiFo. Ich habe selber erlebt, daß uns inder Studienabteilung eine zur Einstel-lung vorgeschlagene Person abgelehntwurde - ohne Begründung selbst-verständlich.

Ein Nebenaspekt solcher Praxis istauch, daß WiFo offenbar ihren eigenenPersonalentscheidungen nicht traut -jedenfalls nicht beim Verwaltungs-personal wie den Abteilungsleitern, diesie zwar entscheidend mit ausgesuchthat, die sie aber offenbar für nicht fähighält, für ihren jeweiligen Zuständig-keitsbereich die sachlich vertretbarenPersonalentscheidungen zu treffen (dasgilt analog für die neuberufenen Profes-sorinnen und Professoren). Ich für mei-nen Teil gebe nun der Sen WiFo Gele-genheit, die von ihr wohl als falscheingeschätzte Personalentscheidung zumeinen Gunsten aus dem Jahr 1991durch eine neue zu ersetzen.

KeinePlanui gssicherheit

Auch sonst hat - gerade in 1994 - dieSenatsverwaltung WiFo außerordentlichintensiv darauf hingewirkt, ihr Negativ-image auszubauen und wesentlich zufundieren. Die öffentliche Erklärung desSenators, er sehe sich außer Stande, denBerliner Hochschulen Planungs-sicherheit für die nächsten Jahre zugeben (so jedenfalls berichteten dieTageszeitungen), hätte - in ähnlichenFormulierungen - vor zwanzig Jahrennoch gereicht, um den freiwilligen Rück-tritt eines Ministers zu begründen. Heu-te wird damit Politik gemacht - wennauch unklar bleibt, welche. Aber das giltwohl für Berlin schlechthin: KeinePlanungssicherheit für die nächsten Jah-re, aber planen und Fakten schaffen.

Welches Durcheinander dabei entste-hen kann, mag die Diskussion um dieStudienplatzzielzahlen für die BerlinerUniversitäten verdeutlichen (ohne da-bei hier ins Detail zu gehen): Ein Studi-enplatz bedeutet eine bestimmte Fläche(für Seminarräume etc.), die je nachFächergruppe variiert; in Geisteswissen-schaften z.B. 4 qm je Studienplatz. FürBerlin insgesamt wird als offizielle Ziel-zahl 100.000 genannt. Bei durchschnitt-

lich 10 qm je Studienplatz wäre somiteine Fläche von 1.000.000 qm erforder-lich. DerHIS GmbH1 gegenüber hat dieSenatsverwaltung mitgeteilt, diese100.000 Studienplätze seien „Überlast-plätze", als Normallast gälten 80.000Studienplätze, also 20 % weniger. Fürdie HUB solle auf Basis Überlast-studienplätze der Flächenbedarf in qmermittelt werden. Damit ist faktisch dieneue Flächengröße eines Überlast-quadratmeters eingeführt. Unbeantwor-tet ist bislang, ob ein Überlast-quadratmeter um 25 % größer ist als einNormallastquadratmeter oder ob immernoch die Regel gilt, daß ein Quadratme-ter so groß ist wie ein Quadratmeter. -Oder hat die Senatsverwaltung sichlängst von der Gesamtzahl 100.000 Stu-dienplätze verabschiedet, ohne diesoffiziell einzugestehen?

Auch dieses Beispiel erhellt, daß dieSenatsverwaltung WiFo ganz erheblichvermeidbare Unsicherheiten produziert,daraus resultierend Arbeitskapazität bin-det, die für andere Aufgaben dringen-der benötigt wird. Und weil's so schönist, sei ein letztes Beispiel angedeutet:Im Dezember 1993 wird im Gesetz- undVerordnungsblatt veröffentlicht die Än-derung des Berliner Hochschulgeset-zes, die u.a. die Prüfungszwangs-beratung einführt. Darüber, ab wanndies erforderlich ist, gibt es unterschied-liche Lesarten - so präzise ist der Text.Nahezu zeitgleich wird die Studenten-datenverordnung veröffentlicht: Sieschließt u.a. die Verarbeitung von Da-ten aus, die erforderlich wäre, um diePrüfungszwangsberatung durchführenzu können. Hier hat wohl der eine Flurin der Bredtschneiderstraße2 nicht ge-wußt, womit sich der andere geradebeschäftigt. Ausbaden müssen das Pro-blem die Hochschulen.

Genug der Beispiele. Sie verdeutli-chen, wie reizvoll und spannend dieArbeit an der HUB sein könnte, gäbe esSen WiFo nicht - oder aber als einefunktionierende Einrichtung.

GemeiMann

lsamer Buh -

Dieser gemeinsame Buh-Mann SenWiFo trägt, wie gesagt, nicht unerheb-lich dazu bei, die Corporate Identity derHUB aufzrechtzuerhalten: bei Beschäf-tigten wie bei Studierenden. Und so fällt

mir der Abschied von ihnen sehr schwer:In zahlreichen Gesprächen (die aucheinen sehr ehrlichen Umgang mit dereigenen - auch meiner eigenen - Ver-gangenheit einschlössen) sind Vertraut-heit und wechselseitiger Respekt ge-wachsen, die über die gemeinsame Ar-beit hinaus verbinden. Mit der Un-Aufgefordert ist der gemeinsame „Ret-tungsring" Nr. 3 und jetzt Nr. 4 entstan-den - ein Projekt, das es in dieser Formder Kooperation wohl nur ganz seltenan deutschen Hochschulen gibt.

Das Engagement und den Eifer, denviele Studierende in Gremien an denTag legen, beobachte ich mit Respekt.Zugegeben, gelegentlich ärgerte ich michdarüber, daß Zusammenhänge nichtgesehen wurden, daß einiges voreiligzum AS3-Antrag erhoben wurde, daßzusätzliche Arbeiten auf uns in derStudienabteilung zukamen. Doch auchin solchen Fällen überwog mein Re-spekt: Die vermeintliche Abgeklärtheit(Bequemlichkeit?) nach zwanzig Berufs-jahren darf ich Studierenden nicht ab-verlangen. Sonst riskiere ich junge Grei-se und/oder smarte Karrieristen alsStudierendenvertretung in den Gremi-en. Nein: Mehr Engagement, mehr Auf-müpfigkeit, mehr Eifer würde uns allengut tun. Sicherlich: Das Rat ist bereitserfunden. Aber •warum sollen wir unsverbieten, es nochmals zu erfinden -dann vielleicht besser!

Dr. Kajo Pieper

'Hochschulinformationssystem GmbH2SitzderSenWiFo'Akademischer Senat

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KatapultsesselDer jetzige Leiter der Personalabteilung der HUB, Joachim Baeckmann, wird aller

Voraussicht nach die Nachfolge des ausgeschiedenen Leiters der Studienabteilung,Dr. Kajo Pieper, antreten.

Baeckmann war nach der Affäre um die nicht vollzogenen Kündigungen Beginndieses Jahres (UnAUF Nr. 55) unter Beschüß geraten. Gegen ihn war seitens derSenatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung wie gegen den Kanzler und diePräsidentin der Universität mit Vorermittlungen zu einem Disziplinarverfahrenbegonnen worden. Baeckmann wird vorgeworfen, die Kündigungen nicht recht-zeitig ausgesprochen und umgesetzt zu haben. Der so entstandene finanzielleSchaden in Millionenhöhe mußte durch die Universität zusätzlich erwirtschaftetwerden.

Baeckmann wurde nun von der Senatsverwaltung für Wissenschaft und For-schung vor die Wahl gestellt, sich entweder nach einer neuen Arbeitsstelleinnerhalb der Universität umzusehen oder aber mit einem Disziplinarverfahren mitanschließender Kündigung rechnen muß. Die neue Arbeitstelle scheint nun im Amtdes Leiters der Studienabteilung gefunden zu sein. Angesichts des Weggangs vonDr. Pieper gerät diese Stelle nun zu einer Art „Katapultsessel" für ausscheidendeUniversitätsmitglieder, ihre Bedeutung als maßgebliche Einrichtung der Verwal-tung für die Studenten der Universität hingegen scheint sie zu verlieren.Baeckmann tritt sein Amt vermutlich zum 01.01.1995 an.

Neue Mensa für das HauptgebäudeNach Innenhof, Platz neben dem Seminargebäude am Hegelplatz, Opernplatz

und Monbijou-Park folgt nun Ortsvorschlag Nummer 5 für einen Mensaneubau fürdie Humboldt-Universität: direkt an der Spree. Auf dem freien Platz an der EckeGeschwister-Scholl-Str ./Am Kupfergraben könnte, so Kanzler Rainer Neumann, einneues Mensagebäude entstehen.Es würde sich eingliedern in eine „Meile studentischen und universitären Lebens",

die der Kanzler in der Achse geplanter Bibliotheksneubau im Inneren derehemaligen Friedrich-Engels-Kaserene und einer neuen Mensa direkt an der Spreemit Blick zum Friedrichstadtpalast sieht. Neben diesen beiden Gebäuden ist auchdie Einrichtung eines Kinderladens geplant, damit gingen endlich die Bemühun-gen von drei Jahren studentischer Arbeit für einen Kinderladen in Erfüllung.

Ob dies auch alles so geschieht, ist ungewiß. Sicher ist nur, daß der Bund die dazunötigen Flächen inzwischen an das Land Berlin abgetreten hat - diese Minimalvor-aussetzung wäre also gegeben. Da es Minimalvoraussetzungen auch für die erstenvier Vorschläge gab, darf man auf Vorschlag Nummer 6 gespannt sein.

Humboldt-Universität zu BerlinStudentinnenparlament

AusschreibungGesucht •werden Referentinnen für:-Lehre und Studium-Hochschulpolitik-Antifa-Umwelt.

Die Bewerberinnen sollten Interesse undEngagement für das Referat mitbringen,belastbar sein und an Arbeit im Team (unse-rem RefRat) Geschmack finden können.

Bewerbungen sind bis Mitte November zurichten an:

Humboldt-Universität zu BerlinStudentinnenparlamentPräsidiumUnter den Linden 610099 Berlinoder direkt in den Räumen des Stu-

dentinnenparlaments.

Die Bewerbung muß enthalten:-Name-Anschrift-Matrikelnummer an der HUB-Vorstellungen zum ReferatDas Präsidium

Alle Jahre wiederOb das StuPa arbeitet (und ob es diesen

Begriff überhaupt kennt) - es wird nacheinem Jahr abgewählt.

Nun ist es an Euch, wer im nächsten Jahrdas Bild studentischer Selbstvertretung ander HUB mitbestimmt. Wahlvorschläge fürdas dritte StuPa könnt Ihr bis

zum 9- Dezember 1994beim Studentischen Wahlvorstand abge-

be»,vqm 30. Januar bis zum 1. Februar

1995bitten wir Euch an die Urne.Diesmal haben auch kleine Listen eine

größere Chance, mehrere von den 60 Man-daten zu erringen: Die Senatsverwaltung fürWissenschaft und Forschung Berlin hat fest-gelegt, daß die Wahlen an den BerlinerHochschulen künftig nach dem gleichenAuszählverfahren wie der Bundestag durch-geführt werden. Das bisherige Verfahren(d'Hondt) begünstigte in der Mandatsvertei-lung die Listen, die die meisten Stimmenerhalten hatten.

Weitere Informationen, Formblätter für dieWahlvorschläge und anderes erhaltet Ihrbeim Studentischen Wahlvorstand:mittwochs 10-12 Uhr unddonnerstags 12-14 Uhr in den Räu-

men des StuPa.

Bertram Ch. Minor

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Wald oder Wissenschaft?Kanada ist berühmt für seine großartige Natur, für Nationalparks,

Rocky Mountains, Eskimos, Elche und Olympiade. Aber Kanadier habenaucb das Insulin ge- und das Basketball erfunden. Daß es in Kanada aucbUniversitäten von bober Qualität gibt, davon konnte icb mich in den zweiSetnestern überzeugen, für die icb an der McGUl UniversÜy in MontrealPhilosophie studiert habe.

Montreal erstreckt sich vom königli-chen Berg (Mont Royal) zum Ufer desgewaltigen St.Lawrence Stromes. Heut-zutage hat es diese naturgegebenenGrenzen lange gesprengt. Aber immernoch ist es möglich von einem günsti-gen Punkt auf dem Berg, die wichtig-sten Teile der Stadt zu überschauen.Montreal liegt in der französisch-sprachigen Provinz Quebec, und dasbedeutet vorallem zweierlei. Zum ei-nen: ein interessantes zweisprachigeskulturelles Ambiente. Zum anderen: Pro-bleme die sich daraus ergeben, daß derfranzösische Teil der Bevölkerung lie-ber nur noch Französisch sprechen undsich vom Rest Kanadas abtrennen wür-de. Die Separation Quebecs ist innen-politisches Thema Nummer eins. Dieshat soweit geführt, daß die Oppositi-onspartei im kanadischen Parlamentdie Bloc quebecois ist, eine Partei die zuallererst die Interessen Quebecs vertrittund durch Separationsdrohungen star-ken Einfluß auf die Innenpolitik Kana-das ausübt. Diese Partei wirbt damit,daß die Unabhängigkeit Quebecs dieAbwendung aller Übel, vorallem aberdes „antikulturellen" Einflusses der USA,der steigenden Arbeitslosigkeit, derwachsenden staatlichen Steuern undder Abwanderung bedeutender Unter-nehmen in andere Provinzen bringt.Gleichzeitig verfolgt Quebec gegenüberder englischsprachigen Minorität einePolitik die wohl zu Recht als repressivbezeichnet werden kann. So verbot einGesetz bis zum letzten Jahr, daß Lädenin Englisch beschildert sind. Man ißtdenn auch nicht bei Burger King, so wiein Berlin, sondern bei Le rot du Burger.Englischsprachige Ausländer, die inQuebec arbeiten, müssen ihre Kinder infranzösischsprachige Schulen schicken,

was besonders für solche, die nur füreine begrenzte Zeit bleiben, von gro-ßem Nachteil ist. Zweisprachigkeit undSeparationsbestrebungen schaffen Span-nungen, die auch manchmal gewalttätigausgetragen werden. Die Idee der Sepa-ration zerrt an der Einheit des Landesund das hat nicht nur politische, son-dern auch ökonomischeNachteile, die sich be-reits jetzt, besonders inQuebec, bemerkbar ma-chen. Wer aufmerksamdurch Montreal geht,kann sich des Eindrucksnicht erwehren, daß hiereine einstmals blühen-de Metropole - Weltaus-stellung 1967, Olympia-de 1976 - ihren Glanzlangsam zu verlieren be-ginnt.

Auf der anderen Seiteaber findet man hier eineganz eigene und fürNordamerika einmaligeKultur. Dies beruht be-sonders auf dem histo-rischen Einfluß Frank-reichs aber auch auf ei-ner kulturellen Vielfäl-tigkeit, wie sie für traditi-onelle Einwanderungs-länder charakteristischist. Dies spiegelt sichauch in dem kulturellenAngebot wieder, wel-ches eine angenehmeVielfalt bietet, einenaber auch nicht ver-schlingt und Zeit zumstudieren läßt. Zu allererst ist Montrealein kulinarisches Paradies. Neben typi-schen amerikanischen Diners findet man

griechische, chinesische, indische, viet-namesische, jüdische, deutsche, italie-nische und viele andere Restaurants,deren Preise noch sehr gemäßigt sind.Es gibt eine Unzahl kleiner bunter Ca-fes, deren Besucher im Sommer gerneunter freiem Himmel Kühlung suchen.Wichtiger - vielleicht - es gibt eine Viel-zahl von Museen, mehrere Theater undeine Symphonie, sowie viele Kinos,darunter auch ein paar Studiokinos miteinem besonders interessanten Ange-bot. Am Hafen entfaltet sich im Sommerein buntes Treiben und auch die Alt-stadt erwacht dann wieder zu beschei-denem Leben. Wer Nordamerika kennt,der wird wissen, daß der Kaffee dünnund das Brot weiß sein kann, aber nichthier, wo es eine regelrechte Kaffee-kultur gibt und man Wagen mit derAufschrift „Dimpflmeyers Brot sehenkann.

Das Beste ist der Herbst mit seinereinmaligen Blätterpracht, und das Här-teste der Winter mit seinen eisigen Tem-

peraturen. Beides erlebt man, wennman im September mit dem Studiumbeginnt und für zwei Semester bleiben

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will, denn der Winter endet mit demWintersemester am 30. April. Das hataber auch sein Gutes, denn dann kannman drinnen verweilen, weil man ebenmuß, und studieren, lange, und wennman will, auch hart. In Montreal gibt esneben unzähligen Kolleges vier Univer-sitäten, zwei französisch- und zwei eng-lischsprachige. Davon ist die 1821, voneinem schottischen Pelzhändler gegrün-dete McGill University die bedeutend-ste. Hier unterrich-ten so bekannteLeute, wie der Phi-losoph CharlesTaylor, ein in-ternational aner-kannter Hegel-Ex-perte, dessen Bü-cher auch aufDeutsch erschie-nen sind. McGillwird auch, natür-lich besondersvon ihren eigenenStudenten undProfessoren, alsKanadas Nummereins bezeichnet.Davon sollte mansich aber nichttäuschen lassen,es gibt auch ande-re, sehr gute Uni-versitäten in Kanada, wie z.B. dieUniversity of British Columbia in Van-couver oder die University of Toronto,wo sich ein Studium lohnen würde.

Die Möglichkeiten an kanadischenUniversitäten sind vielfältig. Für kanadi-sche Studenten ist der Bachelor Grund-bedingung um ein Studium abzuschlie-ßen . Es dauert in der Regel vier Jahre dieLeistungen für diesen akademischenGrad zu erfüllen. Danach nehmen diemeisten Studenten ein Doktoranden-studium auf, welches in verschiedenenFachbereichen unterschiedlich organi-siert ist. Im allgemeinen aber erfordertein Ph.D. Programm noch zwei weitereJahre Kursarbeit bevor man mit seinerDoktorarbeit beginnen kann. Nurvergleichsmäßig wenige Studenten ent-scheiden sich nach dem BacheloreinenMasters (vergleichbar mit unserem Ma-gister) abzulegen, denn ein solcherAbschluß ist in Kanada wesentlich we-niger wert als in Deutschland. Für Aus-landsstudenten ist es wohl kaum attrak-tiv in ein Bachelorprogramm einzustei-gen. Man kann aber, so wie ich, als

Visiting Student Seminare besuchen.Darüberhinaus mag der eine oder ande-re sich in ein Masters oder Ph.D. Pro-gramm einschreiben wollen.

Die Studienprogramme an kanadischenUniversitäten sind verschulter als inDeutschland. Zum einen, gibt es hierwesentlich mehr obligatorische Kurse,so daß Studenten, welche ein Programmabschließen möchten, weniger Wahl-möglichkeiten haben. Zum andren wer-

den insbesondere undergraduate Kur-se weniger in Form von Seminaren alsvielmehr in Form von Lehrvorträgen, zudenen Studenten auch Fragen stellenkönnen, abgehalten. Erst in den höhe-ren Semestern, d.h. nach Abschluß desBachelors, besucht man Seminare imeigentlichen Sinne. Sehr angenehm ist,daß man wesentlich weniger Kurse proSemester besucht (füll load ist 5 Kursepro Semester - um als Vollzeitstudentimmatrikuliert zu werden genügt es aberauch vier Kurse in einem Semester zubelegen) und sich dadurch auf die ein-zelnen Themen besser konzentrierenkann. Die Kurse umfassen dafür aberzumeist drei Stunden in der Woche unddie zu leistende Arbeit ist umfangrei-cher als an deutschen Unis - zumindestwas das Schriftliche angeht. Es ist nichtselten, daß man drei Arbeiten pro Kurseinreichen muß, die alle an Terminegebunden sind und nicht mit in dieSemesterferien genommen werden dür-fen. Mündliche Prüfungen und Vorträ-ge sind seltener als an deutschen Unis.

Positiv überrascht war ich von der

hohen Qualität der Lehre, sowie demhohen Ausbildungsstand der meist jun-gen Professoren. Im Allgemeinen wa-ren die Seminare sehr intensiv vorberei-tet, so daß ein umfangreiches Stoff-pensum vermittelt wurde. Die Professo-ren versuchten das Material klar undübersichtlich darzustellen. Die meistenProfessoren mit denen ich Kontakt hat-te, haben ihren Ph.D. an berühmtenUniversitäten, wie Harvard, MIT, Ox-

ford, Löwen undPrinceton abge-legt, was sicherlichauch für ihrenAusbildungsstandspricht. Als beson-derer Eindruckblieb mir die Zeit-gemäßheit und Ak-tualität der Lehre.Besonders in derPhilosophie, woman oft glaubt, esmit überzeitlichenProblemen zu tunzu haben, und diesauch in einemüberzeitlichen Dis-kurs behandelnwill, ist dies erfri-schend. Evaluatio-nen, in denen Stu-denten am Ende je-

des Semesters Professoren und derenSeminare beurteilen, empfand ich alseine sehr angenehme Einrichtung.Schließlich werden diese Einschätzun-gen auch in gewissem Maße bei derWeiterbeschäftgung der Professoren be-rücksichtigt. Man plant auch, sie zu-künftig zu veröffentlichen, so daß siefür Studenten, die sich mit der Wahlihrer Seminare abmühen, nützlich wer-den können.

Kanadier sind berühmt für ihre freund-liche Art. Nun, das mag ein Klischeesein und überdies sind ja ein Großteilder Studenten und Professoren aus denUSA - trotzdem waren fast alle, denenich begegnet bin, überaus freundlichund entgegenkommend. All das trugdazu bei, daß der Aufenthalt für michtatsächlich nicht nur darin bestand, eineandere Kultur kennenzulernen, sondern,daß er insgesamt ein geistiges Abenteu-er war, welches mir vieles neues übermein eigenes Fach enthüllt hat.

Renejagnow

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Analogie

Wenn Wasser fließtaus Wasserhähnen

wird gekommen und gegangenMenschen sind vielfach

manchmal ist irgendwasund schluchzt leis durch den Abfluß.

Antje MeinUdt

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S Der S Kreuzchen -Marathon SErste Bilanz einer Prüfungspremiere an der Charite

Pbysikum! Zwei lange Tage schriftliche Prüfungen, in zwei Fächern mündliche Examina -jeder Medizinstudentwird vom Horror der "Ärztlichen Vorprüfung" nach den ersten vier Semestern Studium ein Lied singen können.Nun potenzierte sieb der Druck für die Studierenden der Cbaritä im vergangenen Sommersemester nochzusätzlich. Erstmals wurden die Prüßingefast 10 Stunden mit MuUiple-Cboice-Fragen gequält. Und obwohl seitvier Jahren klar war, daß nach dem Auslaufen der Übergangsregelungen auch an der Cbarite" die lautEinigungsvertrag vorgeschriebenen westdeutschen Prüfungs- und Zulassungsordnungen für Mediziner geltenwürden, blieb die erste MC-Prüfung für die betroffenen Studenten doch ein Sprung ins kalte Wasser.

Um es gleich zu Beginn zu sagen:schlecht hat die Charite bei dieserPrüfungspremiere nicht abgeschnitten.75,7% der 358 Teilnehmer haben dasPhysikum bestanden, bei der 1. Staats-prüfung lag die Erfolgsquote bei 84,1%.Damit liegen die Mediziner der HUB imbundesdeutschen Gesamtvergleich imguten Mittelfeld, in den neuen Bundes-ländern sind sie in der Spitzengruppe.Doch optimale Prüfungsbedingungenkönnen noch nicht gelobt werden.

Seit 1990 im Einigungsvertrag die kom-promißlose Übernahme der ÄrztlichenApprobationsordnung der alten Bun-desrepublik in Neufünfland verfügtwurde und damit auch allen ostdeut-schen Universitäten mit medizinischerAusbildung die Einführung der nun-mehr gesamtdeutschen Standard-Prü-fungen bevorstand, kämpften auch dieProfessoren der Charite gegen das dro-hende Lotto-Examen. Bei den schrift-lichen Prüfungen nach Multiple Choice

formuliert eine Zen-tralstelle in Mainzjährlich die Frage-bogen für ganzDeutschland. DieLeistung der Exami-nierten besteht dar-in, bei einer odermehreren richtigenoder am ehestenrichtigen vorgege-benen Antworten,die der Standard-Li-teratur entnommensind, Kreuze zumachen. Abgese-hen davon, daß,auch im Westen oftbemängelt, moder-ne Forschungser-gebnisse und alter-native Lehrmeinun-gen oft keine Be-rücksichtigung beider Erstellung derPrüfungen finden,sehen die ostdeut-schen Lehrkräftedurch solcherartnormierte Tests vorallem die Ausbil-dung des Arztes alsPersönlichkeit ge-fährdet. Bei den

hierzulande bislang dominierendenmündlichen Prüfungen wäre ein Arzt-Patienten-Gespräch gleich trainiert wor-den, der Student konnte seine Leistungtatsächlich einschätzen, Zusammenhän-ge seien bewußt gelernt und abgefragtworden. Wie es mit der Gefahr dersubjektiven Willkür des Prüfers steht,derentwegen die '68er einstmals objek-tive MC-Prüfungen erkämpften, sei da-hingestellt - bei der Entscheidung überPrüfungsverfahren trafen Weltanschau-ungen aufeinander und festzustellenbleibt, daß man keinen Mittelweg fin-den konnte. Seit 1994 scheint der Kampfgegen den Multiple-Choice-Absolutis-mus entgültig verloren und die Studie-renden müssen sich durch alle MC-Vor-und Nachteile kämpfen. Und mußtendabei leider die Erfahrung machen, daßmancher Professor so beharrlich an sei-nen Traditionen festhielt, daß die Über-setzung des Gelernten in Fragebogen-Antworten zur Hürde wurde. Gut fühl-ten sich die meisten in der Physiologievorbereitet. Der Stoff wurde in Zusam-menhängen gelehrt und gelegentlicheinige MC-Zwischentest veranstaltet. Fürdie Prüfungen wäre man noch besserpräperiert gewesen, wenn diese Testsrealistischer, sprich schwerer gewesenwären. Weit abgeschlagen war die HUBin den Fächern Biologie und Psycholo-gie/Soziologie. Der Leiter der Studien-abteilung Medizin Danz versprach nachden enttäuschenden Ergebnissen in die-sen Fächern Konsequenzen. Die Aus-bildungsschwerpunkte sollen so schnellwie möglich noch stärker an den allge-meinen Gegenstandskatalogen, also andem der MC-Prüfung zugrunde liegen-den Stoff, orientiert werden. Antwort-reflexe auszubilden, wie nach Erfah-rung mancher Studenten bei den Psy-chologen versucht, ersetzt keineswegsdie GrundTage soliden Wissens. Trotz

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der weiteren Umstellung der Studien-pläne zugunsten von gesamtdeutschenAusbildungsgepflogenheiten, bleibt beiden angehenden Medizinern der HUBnoch einige Verunsicherung im Studien-alltag. Nachdem endlich klar war, wieman geprüft werden würde, kam für diegut 24% Durchgefallenen die bangeFrage, wie sie ihr Studium fortsetzen.Die Studienjahrstruktur mit ihren festenLehrplänen, noch auf kurzfristige münd-liche Wiederholungsprüfungen einge-richtet, ist in diesem Fall recht unflexi-

bel. Die Folge - nach dem Verlust einesSemesters (bei den Zentralprüfungenallgemeines Übel) müssen die Betroffe-nen zunächst das 6. und danach erst das5. Semester absolvieren, um nicht einganzes Studienjahr zu verlieren. Hiermüssen schnell Lösungen zur Vereinfa-chung geschaffen werden.

Erstes Resümee also: Wenn in derCharit^ aus den ersten Erfahrungen ge-lernt wird, könnte die HUB bald alleKonkurrenten schlagen. Dazu gehörtaber auch, daß der Erfahrungsfundus

der älteren Semester den jüngeren Stu-denten nutzbar gemacht wird, wie ananderen Unis schon praktiziert. Aberletztendlich wird es immer heißen: vordem Physikum sechs Wochen mit der"Schwarzen Reihe"* einschließen undpauken.

'Sammlung aller MC-Fragen und Lösun-gen der letzten Jahre.

MMTrudeltürme und Ruinen"Humboldt II in Adlershof wird konkret

Steigt man am Bahnhof Adlers bof aus der S-Bahn und läuft ein Stück die Rudower Chaussee in Richtung desebem. Flughafens Jobannistal, so steht man schon bald mittendrin - in der geplanten "Wissenscbafts- undWirtscbaßsstadt Berlin Adlershof (WISTA) ". Zwischen der surrealistischen Kulisse von Baracken und verfallenenHangars, TrudeÜürmen, Windkanälen oder Klimakonstanten Kugeln auf dem Flugfeld und den eher trostlosenGebäuden, Schießständen und Munitionsbunkern der angrenzenden Kaserne wird in den nächsten zehn Jahrenein gigantisches Projekt Gestalt annehmen. Hier sollen sieb die naturwissenschaftlichen Fachbereiche der HUB,verbunden mit der entsprechenden Infrastruktur wie Verwaltung, Mensen, Studentenwohnheimen auf dasharmonischste in einen Tecbnologiepark, in Gewerbegebiete und Forscbungseinricbtungen der freien Wirtschafteinfügen. Dabei gebt es immerbin um eine Gesamtfläche von knapp 400 ba.

Schon einmal haben wir den Blick nach "Jwd" gewendet, um über die Pläne zu diesem Vorhaben zu berichten(UnAUF 57). Haben wir damals gemeint, das alles babe nocb Jede Menge Zeit, so könnten Jetzt einige Erstsemesterder genannten Fachbereiche durchaus in die Lage kommen, ihre Examen in Adlershof ablegen zu müssen. Denndie Sache ist inzwischen weit gediehen. In einer Vorlage zum Stand der Planungen, die am 3. November auf einerInfoveranstaltung imAudiMax öffentlich vorgestellt wurden, ist von "ersten Umzügen in 1998 bzw. 1999" die Rede.

Visionen

Große Visionen zum Thema könne sienicht bieten, meinte Präsidentin Dürkop,als sie die genannte Veranstaltung eröff-nete. Schließlich würden andere, kon-kretere Projekte die Leitung der Univer-sität momentan arg beanspruchen, so z.B. die Pläne zur Fusionierung von Cha-rite und Virchow-Klinikum (UnAUF wirdin der nächsten Ausgabe darüber be-richten).

Der politische Senat sieht das offenbaretwas anders, räumt er doch dem Pro-jekt Adlershof einen ziemlich hohenStellenwert ein. Nach den Wortendesvestitionen in Höhe von 740 Mio.DM für die universitären Um- bzw. Neu-bauten in Adlershof (neben den geplan-

ten Kosten für denCharite-Umbau von 200Mio. DM) bis 1998höchste Priorität. Eben-so sieht das die landes-eigene WISTA GmbH,die das Gesamtprojektin Adlershof betreut.Die "Stadt für Wissen-schaft und WirtschaftBerlin Adlershof' seidas "zweitwichtigsteVorhaben Berlins nachdem Hauptstadtbau".

Nun gibt es auf derSoll-Seite derWissen schafts Ver-waltung noch eine Rei-he anderer Projekte, dieder dringenden

Trudelturm

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Realisierung bedürfen. Genannt seienhier z.B. der Bau von Studentenwohn-heimen im Berliner Osten, der mit ei-

studieren und ca. 800 Mitarbeiter ihrenArbeitsplatz haben. Am jetzigentraditionsschwangeren Standort Unter

Kasernencharme

nem Bedarf von 400 Mio. zu Bucheschlägt oder die Asbestsanierung be-sonders im Bereich der FU, die eben-falls einen dreistelligen Millionenbetragerfordert. Da jedoch die Haben-Seitenatürlich auch und gerade im Hoch-schulbereich vom Sparzwang geprägtist, verwundert es nicht zu hören, daßAdlershof nur durch Verzicht auf ande-re Projekte finanzierbar ist. Es ist wohlnicht nur Spekulation sondern Ausdruckbitterer Erfahrungen, wenn einem da-bei ziemlich schnell der BereichStudentenwohnheimbau in den Sinnkommt.

rKeineUnterwerfung

Der Senat macht Druck und so nimmtes nicht Wunder, daß Adlershof weiteran Gestalt gewinnt. Schon 1996 sollendie Bauarbeiten auf dem geplanten Uni-versitätsgelände beginnen und so 1998die ersten Gebäude bezugsfertig sein.Die Gesamtrealisierung des Projektesist auf 10 Jahre ausgelegt, somit wirdsich der naturwissenschaftliche Teil derHumboldt-Universität bis zum Jahre 2006komplett in Adlershof befinden, d. h.dort werden dann ca. 4500 Studenten

den Linden sollen die Geisteswissen-schaften, die Universitätsbibliothek so-wie die Zentralverwaltung der HUBverbleiben - letzteres ist bei den räum-lichen Entfernungen zum Humboldt-Ableger wohl eher als fragwürdige Kon-zeption einzustufen.

Bei all den schönen Plänen kommendie Senatsverantwortlichen auch schonmal ins träumen. Die Möglichkeiten, diediese enge räumliche Vernetzung vonWissenschaft und Wirtschaft mit sichbrächten, seien gigantisch. Man könneeinander befruchten, wobei wohl dieeine Seite das Know-How, die anderedagegen eher das nötige Geld einbringt.Erste Kontakte mit Wirtschaftsverbän-den sind seit knapp zwei Wochen imvollen Gange.

Für Studenten ergäben sich darauseine Reihe von Vorteilen, schon alleindann, wenn sie während der Arbeit anihrer Diplomarbeit gleich mal bei denbenachbarten Firmen praktische Afah-rungen sammeln könnten. Und weiterin die Zukunft geblickt, gäbe es geradefür junge Existenzgründer an diesemStandort jede Menge gute Infrastrukturund preiswerte Gewerbegebiete nebstdiversen Hilfsprogrammen.

Auch was die bauliche Gestaltung be-trifft, ist man von Seiten des Senats desLobes voll. Geplant sind großzügigeBoulevards entlang der künftigenUniversitätsmagistrale (Rudower Chaus-

see), helle Gebäude und viel Grün rings-herum. Daß das Gelände momentaneher einer "Wild-west-Landschaft" äh-nele, werde sich bald ändern. Schon ab1995 steht ein Audi-Max auf dem Arealdes ehemaligen DDR-Staatsfernsehenszur Verfügung und die Investoren zumBau der Studentenwohnheime stündenbereits jetzt "Spaten bei Fuß".

Ein engesrsett

Nun waren im Vorfeld der Planungengerade von studentischer Seite immerwieder einige kritische Bemerkungenzu den durchaus realen Gefahren einer"erdrückenden Umarmung" von Seitender Wirtschaft laut geworden. Frau Prä-sidentin wischte diese Argumente mitdem Hinweis vom Tisch, daß "die Wirt-schaft selbstbewußte Wissenschaftlersucht und nicht deren Unterwerfung."Bleibt zu hoffen, daß dies nicht so naivgemeint ist, wie es zunächst den An-schein hat.

Ebenso scheint bei der Bauplanungalles beileibe nicht so rosig zu sein, wiees das Architektenbüro dargestellt hat-te. Namens der HUB stellte der Leiterder Bauabteilung Schwaigin klar, daßman eher unzufrieden mit den Planun-gen und Vorschlägen der WISTA ist.Vieles von dem, was die Universität alsunverzichtbare Anforderungen an denStandort formuliert hatte, war nicht be-rücksichtigt worden. Statt der geforder-ten 19 ha seien für die Uni nur 14 havorgesehen. Dieses enge Korsett wirdjede zukünftige Erweiterung der Kapa-zitäten nur durch eine Verdichtung aufdem vorhandenen Gelände zulassen.Außerdem hatten die Architekten beidem Entwurf für die Universitäts-gestaltung die von der HUB favorisierteCampus-Lösung verworfen. Statt des-sen war der sogenannten Cluster-Vari-ante, d.h. die Anlage von Gebäuden inStraßenblöcken, der Vorzug gegebenworden.Als Gipfel laienhafter Ignoranz hatte

man der Uni auch Gebäude in der ehe-maligen Kaserne zugesprochen wor-den, "in die wir keinesfalls wollten,denn in diesen strengen erdrückenden

Page 25: UnAufgefordert Nr. 61

eren 25

Planungsvorschlag für die Anlage der Unigebäude (14ha)

Gebäuden ist Wissenschaft nur schwervorstellbar." Alles in allem also noch

eine Menge Konfliktstoff zwischen bei-den Seiten.

Auf der Veranstaltung kam es nicht zurDiskussion über die unterschiedlichenAuffassungen, weil die Universitäts-leitung überraschenderweise das Audi-max anderweitig zugesagt hatte - oderwar das einfach nur Desorganisation?Eine Chance also vertan.Bis Anfang nächsten Jahres bleibt nur

noch wenig Zeit, die strittigen Fragen zuklären, denn schon ab dem BerlinerHaushaltsjahr 1995/96 soll der Investiti-onsplan Adlershof wirksam werden. Hat-te nicht der Vertreter der WISTA gesagt,man werbe intensiv um die Humboldt-Uni, denn man brauche sie als Kristalli-sationszentrum für das Projekt Adlers-hof? Das ist doch zumindest eine gün-stige Ausgangsposition für Verhandlun-gen - und gerade dann, wenn es sich um"selbstbewußte Wissenschaftler" han-delt.

ojoff

POESIE SPRACHE LEBENSWELTEine Lesung aus unveröffentlich-

ten Briefen der Brüder Grimm findetam 6. Dezember 1994 um 19.00 Uhrim Senatssaal der Humboldt-Univer-sität, Unter den Linden 6-8 statt. Ver-anstalter ist die Arbeitsgruppe Grimm-Briefverzeichnis(PhilosophischeFakultät, Germani-stik), die seit Au-gust 1993 mit Un-terstützung derDeutschen For-schungsgemein-schaft ein elektro-nisches Verzeich-nis des Briefwech-sels der BrüderJacob und WilhelmGrimm erarbeitet.Geplant ist, dieAufnahme der et-wa 30.000 Briefe1998 abzuschlie-ßen. Auf derGrundlage diesesVerzeichnisses istin Zusammenarbeit

mit Fachgelehrten des In- und Auslan-des mit der Erarbeitung einer KritischenAusgabe des Briefwechsels der BrüderGrimm in Einzelbänden begonnen wor-den, die ab 1996 im S. Hirzel VerlagLeipzig/Stuttgart erscheinen soll. In der

Lesung werden Briefe vorgestellt, diedurch die Arbeitsgruppe neu aufgefun-den wurden, darunter solche, die JacobGrimm 1848 seinem Bruder als Abge-ordneter der Frankfurter Nationalver-sammlung schrieb.

Neben den Mitarbeitern der Arbeits-gruppe, zu denenauch die Studentin-nen Leonore Martinund Claudia Priemergehören, lesen nam-hafte Förderer desProjekts: der Nestorder deutschenGrimmforschung Dr.Dr. h.c. Ludwig Den-ecke (Hann. Mün-den), Prof. UweMeves (Carl-vonOs-sietzky-UniversitätOldenburg) undProf. Ruth Reiher(Humboldt-Universi-tät Berlin). Musikali-sche Beiträge: GertAnklam (Bariton-saxophon).

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Neues ven der AG "Studieren mitKind"

Die AG "Studieren mit Kind" stellt inloser Folge Projekte, Beratungsstellenund andere Anlaufpunkte vor, die fürEltern und Kinder Veranstaltungen or-ganisieren, vor allem aber Hilfestellungbieten.

So auch dieBeratungs- und Kontaktstelle für

Alleinerziehende des Deutschen Ro-ten Kreuzes in der Luisenstr. 45 (NäheMensa Nord).Eine erfahrene Sozialpädagogin, eine

Psychologin und eine Sozialarbeiterinbieten kostenfreie Beratung bei Fragender Kindererziehung, Partnerschafts-problemen, Trennung/Scheidung, Sor-ge- und Besuchsrechtregelungen, bei

Unterhaltsfragen, bei Miet- und Woh-nungsproblemen, bei wirtschaftlichenSchwierigkeiten, bei Lernproblemen derKinder, oder bei der Früherkennungvon Lernschwierigkeiten an. Hier kann

man sich auch über Möglichkeiten derKinderbetreuung und über Ferien-maßnahmen informieren. Für eine ver-bindliche, kostenlose Rechtsberatungstehen Juristen nach Vereinbarung zurVerfügung. Die Mitarbeiterinnen unter-liegen der Schweigepflicht.Als ständiges Angebot gibt es jeden

Mittwoch von 16 bis 18 Uhrein Elterncafemit Kinderbetreuung, jeden Donners-tag von 10 bis 12 Uhr eine Spiel- undKrabbelgruppe sowie jeden ersten Sonn-tag im Monat von 11 bis 13 Uhr einSonntagsfrühstück für Alleinerziehen-de und ihre Kinder.

Geöffnet ist die Beratungsstelle mon-tags bis donnerstags von 9 bis 16 Uhr,

freitags bis 15 Uhr.Telefonische Ter-minvereinbarungunter 282 68 30 bzw.282 68 34.

Zu erreichen mitBus 147: Schumann-straße oder S-BahnFriedrichsHaße,Ausgang Spreeseite,oder U6 Oranien-burger Tor.

Im Novemberläuftein Orientierungs-kurs für Frauen: "Fitfür neue (Berufs-)Wege", der im Fe-bruar 1995 wieder-holt werden soll.

Am Mittwoch, dem 23- November, gibtes von 20 bis 22 Uhr einen Vortrag zumThema "Altersvorsorge für alleinerzie-hende Frauen".

AG Studieren mit Kind

Anglistik /Amerikanistik

Am 08. August 1994 wurde im Mittei-lungsblatt der HUB die „Fachspezifi-sche Prüfungsbestimmungen für denMTSG Anglistik/Amerikanistik im Haupt-und Nebenfach" veröffentlicht und istmit dem Erscheinen dieses Blattes inKraft getreten. Erhältlich ist die neuePrüfungs- und Studienordnung als Ko-pie im Sekretariat des Instituts (Kommo-de El7) oder kann beim Prüfungs-beauftragten Herrn Dr. Peter (E19) ein-gesehen werden.

Ebenfalls neu ist das sogenannte Groß-britannien-Zentrum, dessen Existenzmomentan jedoch eher vage in Erschei-nung tritt. Denn es gibt weder eineoffizielle Rechtsperson, noch ein Sekre-tariat, von Räumen ganz zu schweigen.In einem der nächsten Semester soll dasGB-Zentrum allerdings mit zwei C4-Professuren und zwei Stellen für Ver-waltungsangestellte ausgestattet wer-den .Mit der Umsetzung dieses Beschlus-ses wird die Präsidentin beauftragt, sodas Beschlußprotokoll des Akademi-schen Senats. Na, dann. Kommt Zeit,kommt Rat.Ansprechpartner ist derzeit Prof. Walch

( Kommode E01).

Neues aus New Zealand

Neuseeland hat seine erste Studentinnach Ostdeutschland entsandt. Die istallerdings an der Universität Leipziganzutreffen. Eine historische Einbußefür die HUB.

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eine Verlängerung der Förderungs-höchstdauer bzw. Abschlußförderungverzichtet und dann Wohngeld bean-tragen könnt, z.B. wenn nur 50DMBaföG gezahlt werden u. die wohngeld-fähige Miete 400DM beträgt)

- Ausländer sind, die beispielsweiseaufgrund ihrer Aufenthaltsart nichtBaföG-berechtigt sind.

Wohngeld für

Studenten?Immer weniger Studenten erhalten immer weniger

Leistungen im Sinne des "Bundesausbildungsförderungs-gesetzes - BaföG". Das liegt naturlich zum einen daran,daß der Staat besonders gern bei den Studenten spart,zum anderen wohl aber auch daran, daß nicht jederseine Rechte kennt. Das Beamtenkauderwelschim BafoG-Text ist eben nicht für jedermann zu-gänglich. Unter anderem deshalb gibt es seit ge-raumer Zeit die studentische BaföG-Beratung ander HUB (Hauptgebäude Raum 3011). In Zusam-menarbeit mit der BaföG-Beratung greifen wir inder nächsten Zeit besonders gern gefragte Fragenauf und versuchen, diese zu beantworten. Trotz-dem ist natürlich der Gang zur Beratung nie sinn-los.

Nur knapp 18% der Berliner Studenten erhaltenBaföG, egal ob 30 DM oder 750 DM. Wesentlich mehrjedoch, nämlich ca. 60-70% sind BaföG-berechtigt,bekommen aber trotzdem nichts, weil beispielsweisedas Einkommen ihrer Eltern, sozusagen das genetischesoziale Netz, weit über den Freibetragsgrenzen liegt,was bei den niedrigen Freibeträgen ja auch keinWunder ist. Bei den beständig steigen Mieten stellt sichdie Frage, bekommt Student Wohngeld?

Die gesetzlichen Regelungen sind hier eigentlichganz klar. Der Auszubildende bzw. Student, der BaföG-berechtigt im Sinne des BaföGs ist (auch wenn er keinBaföG erhält), hat keinen Anspruch auf Wohngeld, dahierfür der Unterkunftszuschlag vorgesehen ist. Nungibt es natürlich auch hier Ausnahmen. Diese sind u.a. folgende:

Studenten können Wohngeld beantragen, wenn siewie erwähnt nicht BaföG-berechtigt sind, also wennsie:

- die Altershöchstgrenz für die BaföG-Gewährungüberschritten haben, also älter als 30 Jahre alt sind

- ohne gewichtigen Grund den Studiengang gewech-selt haben- keine Förderung einer weiteren Ausbildung, z.B.

Zweitstudium, erhalten- die Förderungshöchstdauer überschritten haben

(Achtung! u.U. kommt Ihr besser weg, wenn ihr auf

Darüber hinaus kann Student auchdann Wohngeld beantragen, wenn er/

sie zwar BaföG-berechtigt ist, der Gleichheitsgrundsatz abergefährdet ist. D.h. zum Beispiel dann, wenn ein im selbenHaushalt Lebender bereits Wohngeld bekommt. Dies gilt vorallem für Studenten in (heterosexuellen) Lebensgemein-schaften, und einer von beiden schon Wohngeld erhält.(Achtung! Dies betrifft nicht WGs o.a.) Dies ist beispielsweiseauch für eine Studentin mit Kind relevant, die von rechtswegenfür ihr Kind Wohngeld beantragen kann und bei Gewährungebenso wohngeldberechtigt ist, wie ihr Kind.

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Konzertsaison 1994/95

I.Konzert Joseph Haydn:Donnerstag Sinfonie Nr. 85 B-Dur „La Reine" Hob 1:8520.10.1994 Wolfgang Amadeus Mozart:

20 Uhr Konzert für zwei Klaviere Es-Dur KV 316aFelix Mendelssohn Bartholdy:Sinfonie A-Dur op. 90 „Italienische"

MDR-KammerphilharmonieChristopher Tainton, KlavierJustus Frantz, Solist und Dirigent

Einzelkartenpreise: DM50,-/40,-/30,-/20,-/10,-

2. Konzert Johannes Brahms:Dienstag Ein Deutsches Requiem op. 45

15.11.199420 Uhr MDR-Sinfonieorchester • MDR-Chor

Inga Nielsen, Sopran • Alan Titus, BaritonDaniel Nazareth, Dirigent

Einzelkartenpreise: DM 54-/44,-/34,-/24,-/ 14,-

3. Konzert Peter I. Tschaikowski:Mittwoch Klavierkonzert Nr. 1 b-Moll op. 23

14.12.1994 Peter I.Tschaikowski: Nußknacker-Suite op. 7120 Uhr Peter I.Tschaikowski:

Ouvertüre zu "Romeo und Julia"

MDR-SinfonieorchesterNikolai Petrov, KlavierDaniel Nazareth, Dirigent

Einzelkartenpreise: DM 50,-/40,-/30,-/20,-/10,-

4. Konzert Krzysztof Penderecki: Stabat MaterDonnerstag Antonin DvoMk: Stabat Mater19.01.1995

20 Uhr MDR-Sinfonieorchester • MDR-ChorLjuba Orgonasowa, Sopran • Rosemarie Lang, AltPeter Dvorsky, Tenor • Alfred Muff, BaßKrzysztof Penderecki, Dirigent

Einzelkartenpreise: DM54-/44,-134,-/24,-/ 14,-

5. Konzert Richard Strauss: Don Juan op. 20Donnerstag Ludwig van Beethoven:23.02.1995 Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur op. 58

20 Uhr Johannes Brahms: Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 98

MDR-SinfonieorchesterJustus Frantz, Solist und Dirigent

Einzelkartenpreise: DM 50,-/40,-/30,-/20,-/10,-

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Ein Denkmal -Pfahl im Fleische des UniversitätskörpersJeden, der das Hauptgebäude der Hum-

boldt-Universität Unter den Linden zumersten Mal betritt, umfängt eine heilsa-me Irritation. Er stößt im Blick auf denMarmor oberhalb der repräsentativenTreppe des Foyers auf die gülden schei-nenden Buchstaben der elften Feuer-bach-These von Karl Marx. "Die Philo-sophen haben die Welt nur verschiedeninterpretiert; es kommt aber darauf an,sie zu verändern." So steht es nochim fünften Jahr nach der Wende inder DDR an gleichem Orte geschrie-ben, wo es 1953 errichtet ward. EinLeitspruch der untergegangenenDDR und ein verkündeter Anspruchden Studenten gegenüber, sie füreine bestimmte Veränderung hierausbilden zu wollen, die sie dann inihrem späteren Berufsleben ideolo-gisch gestählt umsetzen sollten. DerArbeiter- und Bauernstaat gab dasGeld, da sollte dann auch der rich-tige Effekt für die Sache gesichertsein: die sozialistische Umgestal-tung der Gesellschaft! Und dochscheint zugleich ein dröges Mo-ment sozialistischer Bildungspolitikin diesen plakativen Zeilen hervor:der Abscheu gegenüber den Nach-denklichen, soweit nicht sofort derNutzen der Nachdenklichkeit fürdas Aufbauwerk erkannt werdenkonnte...Der erstmalige Betrachter dieser

Zeilen jedoch fragt sich sehr wahr-scheinlich zweierlei: Bin ich in die-sen Hallen denn an der richtigenStelle gelandet? Der Wissenshunger triebmich her, nun werd ich schnöd hinaus-gewiesen...

Und wenn der Marxsche Name insBlickfeld rückt, obsiegt vermutlich einalteingesessener Reflex: Pro-Marx: Ahh,hier wird er noch geehrt! Oder Contra-Marx: Der ist doch mausetot! DieseHumboldt-Uni ist doch gar grauslich:ein Hort der PDS, immer noch!

Doch halt! Der Marx hängt noch auswahrhaft paradoxem Grunde. Die Bom-ben auf Berlin hatten auch die Universi-tät nicht verschont. Das Hauptgebäude

war nur noch schemenhaft erkennbar.Die Löcher waren groß, wo früher herr-schaftliches Gemäuer der Wissenschaftdiente. Und so waren die Wiederauf-bauarbeiten, die Unter den Linden zu-erst die Deutsche Staatsoper und dieHumboldt-Universität erfaßten, auch derEingangshalle gewidmet. Und da gera-de im 53er Jahr ein Karl-Marx-Jahr, wohlzum ersten Male, ausgerufen wurde

(Marx war im siebzigsten Jahre tot undauch zugleich hundertfünfundd|eißigJahre jung, wenn er denn noch gelebthätte), besann man sich, an der Univer-sität an der Marx selbst auch studierthatte, auf eine Würdigung besondrerArt: Ein Marxkopf vor den Senatssaalund die gülden scheinenden Lettern aufMarmor ins Foyer. Die Gerüchte spros-sen unsäglich: der Marmor käme aus derehemaligen Reichskanzlei. Die Aktensprechen vom Gebiet um Saalfeld alsHerkunftsort. Auf jeden Fall gelang dasMeisterstück und eingeweiht werden

sollte am 14. März, dem Todestag, dender auftraggebende Staatssekretär fälsch-licherweise für den Geburtstag hielt.Doch Stalin starb am 5. März und seinTod überschattete die Feierlichkeiten,so daß zur Rettung des Staatssekretärsnun doch an einem Geburtstag einge-weiht werden konnte, aber eben am 5-Mai.

Um eine Entfernung bemüht hat sichbis 1989 aus guten Gründen niemand.Dann jedoch brachen die Empörungs-schreie, von außerhalb vorallem, woauch der Druck für die Errichtunghergekommen war, hervor. Ein be-sonders kurioses Beispiel gab dafürdie FAZ ab. Die jede mit der Hum-boldt-Universität in Verbindung zubringende Erregung mit dem Foto derelften Feuerbach-These auf Marmorzu illustrieren wußte. Die FAZ-Leserkennen nun bestimmt nicht das schö-ne Antlitz des Prinzenpalais' zur Stra-ße Unter den Linden hin.Auch in der Universität überlegte

man. Doch gerannen Stellungnahmenzur Inschrift aus fehlender Kompetenzzu den Worten und ihren Stellenwert,denn sie waren ja nur als Phraserepublikweit bekannt, eher zu gehöri-gem Possenspiel. So besagte ein Be-schluß des Akademischen Senats 1992,man wolle den Spruch nicht sofortentfernen, dafür aber späterhin ver-fremden... Was dies wiederum be-inhaltete ahnte jedoch keiner. Auchdie, die den Beschluß gefaßt hatten,nicht. Und so brachte schöpferische

Energie des Rätsels Lösung: peu ä peuverschwanden einzelne Buchstaben vomMarmor. Und erst des japanischen Kai-sers Besuch 1993 in den heiligen Hallender Wissenschaft (ein Novum für einenStaatsbesuch im nun hauptstädtischenBerlin) verursachte die Wiederherstel-lung des ursprünglichen Zustandes mitallen Lettern.

Doch Aufregung um einen möglichenGesichtsverlust vor interessierten inter-nationalen Autoritäten war es dennochnicht, die nun die fast ewiglicheBestandsgarantie sicherte. Nein, ein Fe-

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derzug ist's nur oder der Hammerschlageiner Schreibmaschine. Denn 1975 wur-de etwas getan, was unüblich war unddennoch von Recht: das Hauptgebäudeund damit das gesamte Ensemble derEingangshalle, schwer geschädigt im 2.Weltkrieg und früh wieder aufgebaut,wurde in die liste der Denkmäler einge-tragen.

So steht nun neben Fachwerkhausund schutzbedürftiger Windmühle auchMarxens Feuerbachthese, wenn auchein wenig versteckt hinter dem Gemäu-er der Universität, und ward nicht mehrangegriffen. Dem Einigungsvertrag seiDank!Wer dieses nun erfuhr, der war anwe-

send bei der ersten Veranstaltung derRingvorlesung zur 11. Feuerbachthesevon Karl Marx, die nun, vom Philoso-phischen Institut ausgerichtet, jedenFreitag um 16.15 Uhr im Senatssaal (inunmittelbarer Nähe zum Diskussions-gegenstand) stattfindet. Mit Prof.Gerhardt, dem ersten Institutsdirektorder Philosophie nach der Neustruktu-rierung des Instituts, als Initiator ist dieInitiative einer inhaltlichen wie histo-risch-politischen Auseinandersetzungvon dort ausgegangen, wo sie Jahr-zehnte nicht lag. Nicht völlig unberech-tigt schrieb noch 1991, als die "Sektionfür marxistisch-leninistische Philoso-

phie" sich in "Institut für Philosophie"umbenannt hatte, ein Unbekannter mitFolienschreiber unters neue Instituts-schild "Seid ihr immer noch da?"

Sich an diesem Mißtrauen abzuarbei-ten und die Philosophie in das Recht zusetzen, daß ihr nach aller Tradition aberauch nach den von ihr heute besetztenFeldern in der wissenschaftlichen For-schung wie darüber hinaus zukommt,wird Ziel auch dieser Veranstaltungs-reihe sein.

Schön, daß der Philosophie der Denk-malschutz auf so hilfreiche Art und Weisedie Ruhe des Nachdenkens gebrachthat. Ulli

Öffentliche Aufträge sind schonein Crux. Ausschreibungen orga-nisieren, Angebote sichten, Ideen-wettbewerbe initiieren, Auszeich-nungen veranstalten, politischeEndlosdiskussionen, Änderun-gen einarbeiten lassen ODERdas alles nur zum Schein ver-anstalten und den sicheren Auf-tragnehmer schon in der Ta-sche haben. Doch das ist derSchnee von heute, wie er durchdiverse Architekturwettbewerbein der Baustelle Berlin ins Bewußt-sein der Öffentlichkeit gerückt ist.Viel spannender ist der Schneevon gestern, als es noch keine richti-gen Ausschreibungen gab und auch nichtsvertuscht werden mußte. Da gab es klare Beschlüsse, diekamen von Partei- und Staatsführung oder manchmaletwas kleiner, und die wurden dann auf Teufel komm rausverwirklicht. Auch die Humboldt-Universität faßte einmaleinen solchen klaren Beschluß, der sie bis heute nun inAtem hält. 1988 beschloß man die Renovierung undUmgestaltung des Liebknecht-Saals in der Clara-Zetkin-Str.26 zu einem zweiten festlichen Saal neben dem Senats-saal und die Ausgestaltung dieses Saals mit einem 5 mal 7Meter großen Wandbild zu Ehren von Karl und WilhelmLiebknecht, der eine gesamte Wandfläche füllen sollte.Manfred Kandt bekam und übernahm diesen Auftrag undverfertigte über die Jahre ein fast erdrückendes Gemälde.Das Bild ist nun schon eine geraume Zeit fertig. DerKünstler schon gestorben. Allein es fehlt der Ort, an demdas Werk hängen könnte: Schon 1991 wurde im ehemalsso schön geplanten Liebknechtsaal der universitätsweitePC-Saal eingerichtet. Die große Wandfläche bietet sichnun nicht mehr so an, das Werk zu hängen. Die rauchen-den Köpfe der Studenten vor den PC-Bildschirmen würdenes auch nicht danken, würden sie von fünf-mal-siebenMetern dunkel-düster erschlagen... Und andere große

SBtlhcfot

Wandflächen bieten sich nichtgerade an. Frau Dr. Keune,'die den ganzen Prozeß der Ent-stehung mitverfolgen durfte undheute damit beschäftigt ist es anden Mann oder die Frau zubringen, meint, daß es heuteeinfacher wäre, wenn man da-mals nur nicht beschlossen

hätte die ganze Wandfläche"bildlich" zu füllen. Vielleicht wäreja ein drei-mal-vier Meter besserzu plazieren. Doch ist eine Ver-änderung des Ausgangsbe-

schlusses nun nicht mehr möglich.Ja selbst die Erben erkannten dieZwickmühle der Humboldt-Univer-

sität, sodaß sie sich durchaus auf eine Verklei-nerung eingelassen hätten. Aber wenn dann hintenrausnur ein Drittel des Bildes herauskommt, mußte selbst derliberale Geist der Erben versagen. So steht das Bild imKeller. Und ist für einen Moment nur an einem Baugerüstaufgehängt in der Kommode ausgestellt gewesen. DasHaus der Demokratie hätte sich zum Aufhängen bei einerLeihgabe der Universität bereitgefunden, aber auch nur ineiner Drittel Version. Es ist halt viel zu groß. So gibt es jetztnur noch einen Interessenten überhaupt. Springt dieser ab,wird das Schicksal wohl unausweichlich auf den Bilder-keller verweisen.

Hätte man 1988, als noch alles glänzte, den Mut gehabtzu offener Diskussion über ein Vorhaben und den Auftragan den Künstler, wie es jetzt mit der Ausstellung des Bildesin der Kommode angedacht war (fürwahr ein Idealbild imAngesicht der Instrumentalisierung auch von Wilhelm undvorallem Karls), müßte man heute vielleicht nicht dieScherben vergangener "öffentlicher" Aufträge zusammen-kehren. Dann war der Schnee von gestern von gestern undhätte keine Abwicklungsbrisanz.

Ulli

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Die ganze AGB in deneigenen vier Wänden

'Seit Tagen'regnet es mal wieder

fv/\e verrückt - ein Wetter,

weiß. Das geht genauso schnell, alswürde man direkt mit den Computernin der Bibliothek arbeiten.kDie nächste Stufe, die allerdings erst

bei dem ich nicht mal einenrHund vor die Tür setzen würde.Meine Laune wird mit jedem Regen-

tropfen mieser und der Abgabetermin fürdiese verdammte Belegarbeit rückt immer nä-

|her. Wenn ich doch bloß schon die Bücher hätte,oder wenigstens wüßte ob und wo ich sie be

komme. Aber wenn ich jetzt losfahre, beidem Sauwetter, dann sind garantiert gerade die Bücher ausgeliehen, die ich brauchWenn ich nur wüßte, daß ich nicht umsorrdurch dieses Pfützenparadies

latsche...

noch getestet werden muß, ist:nicht nur den Bestand durchforsten, sondern auch gleich bestellen und entliehene Literatur ver

Tja, unser armer Studententowenbraucht sich wahrscheinlich bald nichtmehr solche Gedanken machen.Denn - in dieser Stadt gibt esLeute, die echt mitdenken, oderdie sich auch nach jedem Pfützen-trip einen saftigen Schnupfen ein-fangen.Auf jeden Fall hat sich die AGB (Ame-

rika - Gedenkbibliothek - für diejeni-gen, die was gegen Abkürzungen ha-ben) mal überlegt, daß es doch gar nichtso übel wäre, könnte man von zu Hauseaus die Bestände der Bibliothek durch-stöbern. Bei unserem Studententowenwürde das so aussehen:Füße hoch auf den Tisch, den

Computersessel in Schräglage, so daß ersich richtig gemütlich reinfläzen kannund eine Tasse Kaffee daneben, für denFall, daß er müde wird. Dann klingt ersich in die EDV - Kataloge der AGB einund sucht stundenlang mit wachsenderBegeisterung seine Literatur raus.Bis jetzt haben nur einige Privatperso-

nen an Testläufen für dieses Projektteilgenommen - und es hat einwandfreifunktioniert. Zu jeder Tages - und Nacht-zeit konnten sie sich in das Katalog-system einwählen und in allen Katalo-gen recherchieren. Das Ergebnis, sprichdie gefundenen Literatur, kann mansich von seinem Drucker ausdruckenlassen und hat dann alles schwarz auf

längernzu

können.Dann

brauchtman

wirklich nurnoch zum Blü-

cherplatz zufahren,

wenn mandie Bücher holen oder abgeben will.Um diesen Service auch nutzen zu

können, muß man allerdings einige Vor-aussetzungen erfüllen. Und zwar brauchtman einen PC (mindestens 386er), einModem und ein Te-lefon.Wer jetzt mei^

nen sollte, erkönne dasSystem so-

wieso nicht nutzen, da die Telekom ihnnoch immer nicht als Kunde habenwollte oder er nicht unbedingt im Geldschwimmt und sich deshalb bisher nochkein Modem geleistet hat, dem sei ge-sagt: Immer mit der Ruhe. Es ist durch-aus noch Zeit, diese Lücken zu füllen.Denn auch die AGB ist noch nicht ganzstartbereit. Zur Zeit versucht sie Geldge-ber für die Realisierung des Projekts zufinden bzw. den Kultursenat davon zuüberzeugen, daß es sich hierbei umeinen Service handelt, den eineHauptstadtbibliothek durchaus anbie-ten sollte. Die AGB hat da nämlichVorbilder wie LaBibliotheque publiqued'information in Paris, in der 13000Leser diesen Service aktiv nutzen.

Fest steht, daß man sich durch einsolches System lästige und vor allemzeitraubende Bibliotheksbesuche spa-ren könnte. Ein effektives Arbeiten inpuncto Literaturrecherche wäre dannkein Problem mehr. Je mehr Interessean diesem Projekt von Seiten der Leservorliegt, desto leichter und schnellerwird die AGB die geldgebenden Stellendafür gewinnen können.

Kaa

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Mein FreundJudas und ich"Für all jene, die das erste nicht bemerkt, das zweite

übersehen, das dritte ignoriert und auch das viertenicht gelesen haben, ist nun endlich wieder das FünfteEvangelium aufgelegt worden. Aber - es bandelt siebum die Tagebucbaufzeicbnungen eines Beteiligten."

Denn es waren keine Heiligen, es waren Menschen wie duund du und du. Judas hatte einen Freund, Barabbas, und siezogen zusammen durch Palästina. Judas warauf dem Weg zu den Zeloten, um dort gegendie Römer zu kämpfen, und Barabbas hattefür Kriege zwar nichts übrig, aber Judas warsein Freund, und also zog er mit. Beide warennicht gerade die Unschuld vom Lande, undda sie irgendwie über die Runden kommenmußten, wurden sie Wunderheiler und ver-kauften irgendeinen Fusel, den sie nach ei-nem römischen Kaufmannsrezept und mitetwas Fantasie zusammenbrauten und"Barabbas" nannten, weil schon damals dieLeute ihr Geld lieber für Markenware ausga-ben.

Das Geschäft lief ganz gut, aber wie das soist, nichts bleibt wie es war, Judas war einreligiöser Mensch und als solcher glaubte eran den Messias: den einen, den anderen, dennächsten ... "und folgte der Herde, so wie erimmer mitlief, wenn wer groß daherredete."Doch dann kam einer, der Jesus hieß, der ihnfaszinierte und dem er, wie den vielen ande-ren, folgte. Und diesmal irrte Barabbas, wenner dachte, nur darauf warten zu müssen, daßJudas zurückkäme, weil er merken mußte,daß Gerede den Hunger nicht stillt. Nein,Judas folgte Jesus, und weil Barabbas seinFreund war und sowieso nichts anderes vorhatte, ging er mit.Die Geschichte ist bekannt (wenn nicht, umso besser, kann

mensch sie gleich richtig kennenlernen), Jesus und Judasund noch elf andere Anhänger ziehen nach Jerusalem underzählen den Leuten, die sie treffen: "Sehet die Vögel dortdroben am Himmel! Sie säen nicht, sie ernten nicht und sindtrotzdem frei...!" Am Ende trägt Jesus sein Kreuz nach

rolgatha, um zu sterben.

Aber das Wichtigste ist nicht die Geschichte, das Wichtig-ste sind die Hintergründe, und was bisher Objekt unter-schiedlichster Interpretation von Erzählungen war, die überetliche Ecken vermittelt wurden und nur, weil nicht weitergefragt wurde, in das Buch eingingen, öffnet sich nun inwahrhaftiger Form dem Auge dessen, der die Wahrheitsucht: Judas ist unschuldig!

Die Wahrheit ist einfach. Im Kleinen wie im Großen. Dasglaubt gar keiner, daß es noch so simple Sätze mit sotiefsinnigen Aussagen gibt: "Man kann sich ja mal irren. DieWelt geht nicht zu verändern, weil der Mensch drauf stört."So Simon, den sie Petrus nannten und der, als Jesus seinKreuz an den Schaulustigen vorbeischleppte, nur zu sagenwußte: "...die Leute haben gewählt. Damit müssen wirleben."Wer glaubt, es unbedingt nötig zu haben, die Bedeutung

aus Dingen herauszuinterpretieren, die sowieso jeder (an-ders) versteht, kann seine Fantasie in der Deutung derunübertroffenen Illustrationen von CX Huth (1. Kapitel),Frau Hammerschreck (2. Kapitel) und Ansehe Kahl (3.Kapitel - aller guten Dinge...) erschöpfen.

Die eigentliche Botschaft bildet das Finale, und da ohne-hin die unhintergehbare Bedingung der Möglichkeit ihres

Verstehens ist, die Ge-schichte von Anfang anzu lesen, kann sie zumbloßen Genuß derWorte hier schon prä-sentiert werden:

"Die Leute sagen,ich sei Euch erschie-

nen alsZYANKRISTUS.

Aber ich bin EureZYANCHRISTA.

Und es gibt nochandere neben mir.

Auf dem Weg derWahrheit zu den Men-schen liegen heutemehr und größere Stei-ne als je zuvor.Es hatzwei Jahrtausende ge-dauert, daß sich einKrampitz fand, der dieErlebnisse des Ba-rabbas aus dem Ara-mäischen ins Deutscheübertrug, daß ein ZY-

ANKRISE Verlag weder Kosten noch Mühen scheute, umder Welt schwarz auf weiß die Möglichkeit zu geben, dieGeschichte zu erkennen, wie sie wirklich war.Wer sie nicht nutzt, ist selber schuld.Mein Freund Judas und ich. Krampitz. ZYANKRISE Druck

und Verlag, ISBN 3-928835-09-2rebus

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Theater im TheaterThomas Bernhards "Am Ziel" am Gorki Theater

Kürzlich gab es auf der Studiobühnedes Maxim-Gorki-Theaters eine Premie-re: Thomas Bernhards „Am Ziel".Premieren sind für den - sagen wir -

diletantischen Theatergänger doppelteFaszination, denn nicht nur das Bühnen-geschehen sondern auch das Auf undAb, das Hin und Her des aufgelebtenTheaterpublikums beanspruchen seintheatralisches Interesse.So auch am Premierentag, wo der

intime Rahmen der Studiobühne diekünstlerische Gemeinschaft fast untersich bleiben ließ.

Nun wären diese Vorbetrachtungennicht so wichtig, hieße der Autor nichtThomas Bernhard. Er hat das Motzen,den allgemeingehässigen Rundumschlaggegen die einen umgebenden mensch-lichen Abscheulichkeiten zu subtiler Mei-sterschaft geführt. Insbesondere war dieWienerische Kunst - und Kulturklientelbevorzugtes Objekt seiner Haßliebe undso versprach der Abend ein allumfas-sendes Theatererlebnis.

Das Licht erlosch, Kritikerstifte wur-den gezückt, das letzte öffentliche La-chen ertönte, Bühne frei:Ein Rohrkoffer ist zu packen. Stumm

füllt ihn die Tochter, während UrsulaWerner in der zentralen Rolle der Mutterden Cocktail ihrer altklugen Welt-verdrossenheit im endlos laufendenBernhardschen Wortfluß am köchelnzu halten sucht. Etwas zu grobschläch-tig beherrscht sie im schweren Pelz undmit dem Cognacglas als schauspiel-freundlichem Utensil die Szenerie: Injahrzehntelang gleichartigen Monolo-gen wird über den verstorbenen Mann- den Tollpatsch und Gußwerkbesitzer -räsoniert oder die duldsame Tochter,ausdauernd gespielt vonKatka Kurze, inihrer Dummheit und Abhänigkeit gede-mütigt.Auch das Theater bietet sich als dank-

bares Thema an. Man geht hinein, ob-wohl es sinnlos ist; mit einem Publi-kum, das „...nichts versteht und sich zu

Tode klatscht weil es gerade zum Klat-schen aufgelegt ist"-. Auf dieser Will-kürlichkeit gründet auch der Erfolg ei-nes jungen dramatischen Schriftstellers,der zum gemeinsamen Ferienhaus-besuch geladen wurde. Nils Brück spieltverhalten einen jungen Selbstverwirk-lichungsspießer, dessen Einseitigkeit ihnnicht behindert, den eigenen Erfolg zubegreifen: „... ein Schriftsteller, der inParis gescheitert ist, ist im Vorteil". DieTochter verehrt den jungen Helden, fürdie Mutter ist er nur weiteres Objektihrer Betrachtungen. Dies ändert sich zuBeginn des 2.Teils. Man sitzt im Katwijker

Ferienhaus am Meer; einen Rohrkoffergilt es auszupacken. Das Gerede derMutter bricht hier zum interessiertenZwiegespräch mit dem dramatischenSchriftsteller auf. Leider hält UrsulaWerner das Motiv dieses Wandels zwi-schen anpässlerischer Charakterlosig-keit, Langeweile und Ironie in der Schwe-be. Eine nervösere, feingliedrigere Spiel-weise entspräche vielleicht mehr denverhalten freundlichen, aber auch dentief verzweifelten Momenten des Tex-tes. Doch es holpert weiter: Katwijk -die verordnete Langeweile - jedes Jahr -Regen - licht aus - Mövengeschrei -Ende.

FAZIT: Wer mit der Welt hadert, wersich umstellt sieht von Schwach-kopflnnen, der gehe in die Studiobüh-ne und lasse sich von Bernhards Gehäs-sigkeiten und bitterbösen Wahrheitenbestätigen oder heilsam abschrecken.Beide ist legitim. Denn „...das Theaterist auch eine von vielen Möglichkeiten,es auszuhalten..."

(weitere Vorstellungen am 16. und22.11.94) Johannes flemming

Brecht zum Anfassen/Loslassen

Bertold Brechts "Ja- und Nein- Sager" im Audi-Max

"Wer vor uns geht am Freitag?" Manmuß wissen, daß an besagtem Freitag(wie auch schon am Donnerstag) unterden Flügeln der UnAufgefordert dasBerliner Ensemble ein Stück Theateraufführte: "Der Ja- und der Nein-Sager".Es stellte sich heraus, das zwei Redak-teure der ersteren Klasse (die der Ja-Sager) zuzuordnen waren und hingin-gen. Hervorragende Gelegenheit übri-gens, um ein paar Exemplare unsererwirklich hervorragenden Zeitung unterdie Leute zu bringen. Wer wird schonablehnen, wenn er an der Theaterlrasseeine Zeitung kostenlos zur Karte dazu-bekommt? Richtig, niemand.

Das Licht geht aus. Herr Brecht, derleider selber nicht anwesend sein konn-te, hat aber ein paar junge talentierteSchauspieler entsandt. Der Vorhang, dersich vor diesen eigentlich heben müßte,ist nicht vorhanden, die Schauspielertreten hinter einen aufgestellten Wandhervor. Die einzige Kulisse, die sichdem gerade halbbesetzten Audimax bie-tet, ist eine Tür, seitlich zum Publikum

gedreht. Die Darsteller sind einfach, fastalltäglich gekleidet und auch an Wortenwird möglichst gespart. Zwei Versuchebrauchen die Schauspieler, der zweiteTeil gleicht dem ersten aufs Wort, fast.Anstatt sich wegen seiner Schwäche indie Schlucht werfen zu lassen, sagte derKnabe einem alten Brauch zum Trotz"Nein!" und verhalf so dem Stück zuseinem Namen. Der gedachte Vorhangfällt, der verstörte Zuschauer bleibt mitvielen offenen Fragen zurück.

In der anschließenden Diskussionwurden gerade diese Fragen nicht ge-stellt, vielmehr wurde sie von Pro-filierungssüchten vorangetrieben, dieLänge des Stückes übersteigend. Dabeiwäre die Problematik des Stückes durch-aus auch auf den Alltag zu beziehengewesen, wie die Schauspieler bei ihrenDiskussionen in Gefängnissen und Schu-len erfahren hatten.Unbefriedigt stürzten wir uns ins Nacht-

leben des Prenzlauer Berges.

-li & gesa

Page 33: UnAufgefordert Nr. 61

33

„Dumm ist nur,wer Dummes tut."

„Forrest Gump" von Robert Zemeckis

Blöde Menschen sind keine Selten-heit. Auch äußerst blöde Menschen, dieerfolgreich sind, haben keinen hohenSeltenheitswert. Selten aber sind Men-schen, welche dumm sind (verzeih mirForrest), Knete machen und obendreinnette Kerle sind. Da dies wirklich exo-tisch ist, kann man mit dieser Art Weseneinen überlangen guten und sogar un-terhaltsamen Hollywoodfilm füllen. Derheißt „ForrestGump", und wurde _abgedrehtvon einemRegisseur, dessen Fil-me bisher hauptsäch-lich breites Publikumbediente. Mit „Zu-rück in die Zukunft",„Falsches Spiel mitRoger Rabbit" und.„Der Tod steht ihrgut" lieferte er Pro-dukte ab, die beimintellektuelleren Ci-neasten allenthalbenSchulterzucken her-vorrufen. „ForrestGump" nun ist einerder wenigen Filme,die einen gemeinsa-men Nenner darstel-len, ein Film der Pu-blikumserfolg mitKritikerlob verbin-det.

Der erste Eindruckist ein Deja Vu. Ichüberlegte die ganzeZeit, welcher der vie-len wunderschönenAmiromane ich hier wiederkannte. DieRomanvorlage von Winston Groomkannte ich nicht, trotzdem erinnerte derFilmbeginn an „Owen Meany" von Irwinoder an „Zielwasser" von Vonnegut.Der Held ist ein netter, leicht vierschrö-tiger Bursche mit sehr breitem Süd-staatendialekt und einem Intelligenz-quotient von 75-Also doof.

Also reif für die Sonderschule. Alsokaum lebensfähig.Aber gerade so ein Mensch mit Namen

Forrest Gump schliddert durch drei Jahr-zehnte Amerikanischer Geschichte undtrifft und dabei Elvis Presley, JohnLennon und die Präsidenten Johnson,Kennedy und Nixon. Er ist in Vietnam,China und bei den Black Panthers undwird beinahe zum Sektenführer. Zu gu-

ter Letzt (und typisch amerikanisch)wird er dank seiner Ignoranz und dankseines Glückes auch noch Millionär.

Nie langweilt der Film, nie verläßt unssein leichter Humor, sein feine Melan-cholie. Tom Hanks, der (wieder oskareif)den Gump spielt, führt den Enkel vonDon Quixote und Sohn von Mr. Chancenie vor, sondern läßt das ganze Kinomitlieben und mitschluchzen. Forrest

trifft nicht nur Prominenz, sondern auchMenschen, die nicht viel weniger skurrielals er sind. Da ist Baba, dessen einzigesGesprächsthema Schrimps sind. Da istLieutenant Dan, desssen Bestimmunges scheint, im Krieg den Tod zu findenund der dieses Ziel verfehlt. Und vorallen Dingen trifft er Jenny, das Mäd-chen, der er sein Leben lang treu ist.Diese Liebe zwischen einer Ausgeflipp-

ten und einem däm-lichen Angepasstenist eine der schön-sten Liebesge-schichten des Kinosund trotz des Irr-sinns sehr glaub-haftdargestellt.

Neben dem wun-dervollen Plot bie-tet der Film auchnoch einige andereFilmhighlights. Soz.B. einen völlig am-putierten LieutenantDan (Gary Sinise -„The Stand"), undnatürlich einen For-rest Gump, der mitallen historischenPersönlichkeitentatsächlich zusam-mengetroffen zusein scheint.Wenn der Film

nicht so kitschig undtypisch amerika-nisch schließen wür-de, hätte er das Zeugzum Genialischen.

Leider schafft es Zemeckis wirklich mitdem letzten Sechstel ins Beliebige undSeifenopernhafte abzugleiten..

Schade eigentlich, aber trotzdem istForrest Gump, eine der Entdeckungendes Jahres, und eine Hoffnung mehr,daß die Filmkunst, trotz Hollywood-kommerz, nicht tot ist.Ätsch!

Roody

Page 34: UnAufgefordert Nr. 61

34

MMERN PARTY

Ein Gespenst geht um im Blätterwald - der Zeitgeist. Auch wir können uns nicht vollständig denSegnungen dieser Unkulturform widersetzen, die gerade auf dem Gebiet des Zwischenmenschlichen zuganz neuen Horizonten vorstößt. Kontaktanbahnungsmethoden der dritten Art versprechen in Zeitenzunehmender Individualisierung die ersehnte Zweisantkeit, ein Gut, das offensichtlich immer schwererzu erreichen und deshalb umso anstrebenswerter erscheint.. Nachdem wir Euch in der letzten Ausgabedie "Glücksnummem" der "Telefon-FlirtUne"aufs Ohr gehauen haben (UnAUF 60), legen wir Euch heuteeine weitere Variante des Nummernglücks, die"Lonely-Hearts-Party" ans Herz.

"Alles ganz easy!"verspricht die "Fisch sucht Fahrrad(FSF)"-Hotline des Berliner Stadt-magazins TIP und erklärt dann kurz die"Spielregeln": entweder Kontaktanzei-ge mit FSF-Nummer aufgeben und dannab zur Party, oder aber Anzeige aus demTIP aussuchen und auf der Party ent-sprechende Nummer ans Revers pap-pen. Sieht ersterer seine Nummer aufirgendeinem Körperteil des letzteren,kann er sich bei Sympathie zu erkennengeben und auf Sympathie des anderenhoffen. Wie gesagt, alles ganz easy.Herauszufinden, ob das auch in der

Praxis so easy ist, war ein Grund fürmich, am 27.Oktober zur "Gay-Bi-Les-Special"-Party ins BKA-Zelt zu gehen;

ein anderer, bei aller Skepsisvielleicht doch den großen Fangzu machen.Ausverkauft war sie, aber

glücklicherweise hatte ich schonTage vorher eine Karte geor-dert. Und natürlich auch denTIP-Kleinanzeigenteil studiert,um die entsprechenden Num-mern meiner vermeintlichenTraumpartner auf einem Spick-zettel zu notieren. Ticket fürden Eintritt und Nummer zumGlück- so gerüstet konnte eigent-lich nichts schiefgehen. Erwartungs-schwangeren Schrittes betrat ich denZahlenhimmel.Drinnen schlagen mir Lärm, Hitze und

Qualm entgegen, eben Partystimmung.Mein Lonely-Heart pocht aufgeregt, alsich mir die ausgewählten Nummern mitgroßen Aufklebern anhefte. Überall ste-

hen andere Lonely-Hearts herum, hal-ten sich an Bierglas und Zigarette festund warten. Party-übliche Musik in party-üblicher Lautstärke rattert aufgeregtdurch das Zelt und ich stelle erstaunt

fest, daß auch Leute,die eine Kon-

taktanzeige aufgeben bzw. beant-worten, durchaus nett aussehen kön-nen.

Für Leute ohne Spickzettel sind aneiner Rückwand noch mal alle FSF-Anzeigen auf einen Blick angebracht.Davor eine Traube von Lonely Hearts.Sie lesen und überlegen lange -"WelcheNummer hätten's denn gern?". Es istnicht so einfach, aus fünf bemüht origi-nellen Anzeigen-Zeilen einen annäherndrealistischen Eindruck zu gewinnen.Aber man kann da nicht ewig stehen,

denn natürlich muß man ständig inBewegung bleiben - entweder um diegewählten Nummern jedem zu zeigenoder aber seine eigene irgendwo wie-derzufinden. Das ist in dem Halbdunkelübrigens gar nicht so einfach. Wer hierdie Zahl nur zaghaft aufmalt oder nacht-blind ist, hat schon verloren.

Und immer in Bewegung bleiben, dennunablässig fließt Nachschub durch denEingang. Wohl deshalb ballen sich ge-rade hier die Lonely Hearts zu einerkompakten Masse, außerdem ist man inReichweite der Bar. Bestimmte Blickwen-

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düngen werden zur Routine: erst insGesicht, dann auf die Nummer und

PS: Sollte derEindruckentstanden sein,der Verfasser ließe hier nur seinem Frust

freien Lauf, weil er keinen/keineabgekriegt hat, so ist das ein fal-scher, er hat...

even-tuell wieder ins Ge-sicht. Davon lebt das ganze ja schließ-lich auch. Der DJ wird nicht müde,immer -wieder darauf hinzuweisen. Ver-letzte Eitelkeiten sind vorprogrammiert."Was denn, Deine Nummer hatte kei-ner?" ist da noch erträglich, denn wiegesagt, hatte jeder Inserent nur fünfZeilen zur Selbstdarstellung. Schlimmerwird's, wenn niemand auf die ziffrigenAvancen reagiert, selbst wenn man sichfünf oder sechs Nummern geklebt hat.Katastrophen spielen sich ab, wo infrüherer Zeit nur das gleiche Kleid zuOhnmachtsanfällen führte. "Da trägt ei-ner dieselbe Nummer wie ich!" - einpotentieller Konkurrent ist ausgemacht,und natürlich viel schöner als man selbst.

Viele Gesichter werden länger und somanches lonely heart rutscht in dieHose. So easy ist es dann wohl dochnicht, denn ansprechen und einen Korbriskieren muß man irgendwann auchhier, spätestens dann, wenn die eigeneNummer auf dem Traumprinzen pappt.Als der DJ so nach drei Stunden dieFrage stellt, ob sich denn schon LonelyHearts gefunden hätten, ruft lediglicheiner zaghaft hier.Aber noch ist nicht alles verloren. Je

später der Abend, desto kompromißbe-reiter die Gäste. Immer öfter werdenNummern durchgestrichen oder ganzentfernt. Sie sind nicht mehr wichtig.Auf ganz klassischem Wege werdenerste Kontakte aufgenommen. Erst ver-schleierte Blicke auf der Tanzfläche,dann ein Lächeln. Irgendwann faßt sicheiner sein Lonely Heart, wagt den erstenSchritt. Und erst hier entfaltet er sichvoll, der unschlagbare Vorteil dieser ArtFete. Denn sie bietet als Gesprächsauf-takt ein ungleich interessanteres Themaals die üblichen Discokonversation ä la"Gefällt Dir die Musik?" oder "Bist Duöfter hier?". Stundenlang läßt es sichüber den Sinn oder Unsinn dieserNummernparty plaudern oder darüber,welche Anzeige denn der andere ei-gentlich aufgegeben hatte...

Und so wird doch noch alles gut."Beim Happy End wird jewöhnlichabjeblend'" - aus gutem Grund, dennhier enden meine Notizen

ojoff

35

PPS: Wersich nicht abschrecken lassenwill, kann aufatmen. Es sind noch jedeMenge FSF-Parties geplant, auch undgerade für Heteros, die sich im Grundeaber wenig von der beschriebenenSpecial-Party unterscheiden dürften. DieTermine und sonstige Infos stehen imTIP.

Wohnen Im Prenzlberg-Teil 4

Unter besonderer Berücksichtigung der Semesterferien

Nach langer langer Reise fast recht-zeitig zum Setnesterbeginn ...

Kulisse: betont dreckige Küche, vie-le Papiere, großer Abwasch

Stefan (unrasiert) betritt die Küche vonlinksStefan: Au fein, soviel Post!Georg (ungewaschen) tritt aufGeorg: Na ja, wir waren ja auch 3

Monate nicht da. Guck mal da: „Zweitenachdrückliche Erinnerung: ... weisenwir Sie darauf hin, daß wir bei weiteremZahlungsverzug berechtigt sind, die Ver-sorgung mit elektrischer Energie..." HastDu irgendwo die „Erste freundliche Er-innerung gesehen?"Georg: Nee.Stefan: Komisch, die müßte doch so

ungefähr Mitte September gekommensein. Vielleicht der Brief da drüben?Georg: Nein, das ist die 2. Mahnung.

Und dort?Stefan: „Letztmalige Mahnung". Es

scheint, die BEWAG ist unhöflich ge-worden: keine freundlichen Erinnerun-gen mehr. Eigentlich schade.Georg: Wie bezahlen wir denn das?

Ich habe nämlich kein Geld mehr.Stefan: Ich auch nicht, doch das hat ja

wohl noch etwas Zeit.Georg: Nur gut, daß wir im Juni nicht

da waren, als Gas abgelesen wurde. Daswäre teuer geworden. Wir haben ja seit1992 keine Rechnung mehr bekommen.Stefan: Doch, Torsten (Unterunter-

untermieter) hat den Fritzen rein-gelassen, hier ist auch die Rechnung: „...bitten wir Sie den Rechnungsbetrag von635 DM innerhalb...". Ich habe aberkein Geld.Georg: Und was ist das hier? Rech-

nung für die Zeitung? Hattest Du die

nicht abbestellt?Stefan: Nee.Georg: Deshalb auch das viele Papier

vor den Briefkästen.Stefan: Müssen wir die jetzt alle be-

zahlen? Ich habe nämlich kein Geldmehr. Wir haben die doch überhauptgar nicht gelesen. Kann man da nichtwas machen? Du studierst doch Rechts-wissenschaften!

Georg: Ich vermute aber, wir müssensie auch ungelesen bezahlen.

Stefan: Das deutsche Recht ist einfachzu kompliziert.Georg: Was wurde eigentlich seiner-

zeit aus der hohen Telefonrechnung?Stefan: Die liegt dort bei den anderen,

die inzwischen gekommen sind. So vielhaben wir in unserer Abwesenheit nichtvertelefoniert! Oder sollte etwa unserUntermieter...? Wer bezahlt das alles?Georg: Also ich habe...Stefan: Ja, ja ich weiß. Ich auch nicht.

Vielleicht verkaufen wir unsere Saft-presse.Georg: Oder ein paar Stühle. In der

Zweiten Hand wird doch viel verkauft.Stefan: Du hättest im übrigen ruhig

mal abwaschen können, bevor Du weg-gefahren bist.

Georg: Wieso? Der Abwasch war dochauch schon da, als Du noch da warst.Stefan: Dann hat er ja bald Geburts-

tag.Georg: Weißt Du was Stefan? Ich freue

mich schon wieder auf die nächstenSemesterferien. Da hat man solche Pro-bleme nicht.

Stefan: Wir werden das Semester schonirgendwie hinter uns bringen.

li

Page 36: UnAufgefordert Nr. 61

36

7. ein bißchen Sport; 8. gelallte Steppe in Süd-amerika; 9. vollkommener Bergeinschnitt; 10.Götzin; 11. der zweite von einem Paar Socken;13. endloses arabisches Fürstentum; l4.DFüllungvon Franz Kroetz; 15. Froschturm in England; 16.orales Genußmittel für Kinder; 17. der Hochschu-le eigen; 18. 77.horizontal schon gesagt; 19.Gleichklang mit Zuspruch; 26. willkürlich ver-stümmelte Neue Deutsche Welle; 27. kleinesBuch in ungebundener Form; 31. die letzte Nah-rung des Tages aufnehmend; 32. anfangs silberne

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MOTTO: WER DEN SPEZIELLEN RE-FLEX SUCHT; FINDET IHN SELTENAUF DER (12.horizontal)

Horizontal:1. öffentliche Angelegenheiten des Leibes (s.

Tutorien); 12. Rückzieher vor dem kleinen Unter-schied; 20. Adele ist 'ne Klasse in sich; 21. engl.:Ohrl; 22. fließendes Bindewort; 23. Kokosgebäck,bei dem die dritte Zutat fehlt; 24. gesunkenesMetall im Intercity; 25. Männername mit Laut; 27.italienische Stadt im Pankower Kino; 28. Gemein-samkeit von Postfrau, Polizei und Pokerspielern;29. Außerparlamentarische Exekution; 30. Ekla-tantes K in der Sandale (Ez); 32. Hinunter-normierer; 34. der Courage ein L für ein Tnachgemacht; 35. Entweder Ex, Euer Ehren oderExtrem Erkältet; 36.Kegeln mit der Bowle;38.Beweisgrundänderung von gum zu tis; 40. A-Teil von Connery~s Namen; 42. halbe Camping-unterkunft; 43 • Arche-Chef; 44. Logo - der Schnapsist es; 45. polyphon musikalisch oder Zwischen-raum auf dem Bau; 47. nasale Tonart; 50. ange-nehmkurze Vollversammlung; 51. der amerikani-sche Bundesstaat ist in Ordnung, wa?; 53. göttli-

cher Teil von 40. horizontal; 54. verdrehter Roma;56. Strich am Schubkasten; 59. soll man nimmersagen; 60. unverständlicher Teil in der erstenHälfte der Mietsicherheit; 6l. Milliardstel derLängeneinheit, die ein 40millionstel eines Meridi-ans sein soll; 63. Antriebsmittel ohne PR; 64. ineine Richtung strahlendes Element; 66. Skatwortdas unentschieden endet; 67. schnödes Haarbü-schel; 69. Seife im Judoverein; 74. französischeweibliche Form des Katalysators; 73. kurzes Ein-wohner-Tantal; 74. einer, der lebt; 77. A schongesagt; 79. Abkürzung: Obermama; 81. veralteteBlutschande; 82. worurae' sich in der Espe dreht;84. lachende Silbe; 85. sibirischer Fluß aus Raum;86. Mittelteil der Toilette; 87. & Hals-Nasen-Ohrenarzt; 88. tiefer liegende Ursache; 91. kurzgesagt:gewöhnliches Nichts;92. frz. Geruch, wennsich ein Gedicht mit dem Auerochsen verbindet;93. auf See der Größte; 94. Atem aus Gewebe-wasser; 95. Frau aus Golgatha.

Vertikal:1. Ka(h)n, in dem Tamara sitzt; 2. langweiliger

Ipus; 3. Rück-Femsprechgerät; 4. Gurgelwasseraus lateinischem Frieden und L; 5. touristischeVerwechslung im Riese(n); 6. großes Päckchen;

Faserpflanze; 33. nach Einstein allen Größen,außer den absoluten, zukommend; 35. zuwenigPlatz für zuviel; 37. im November beginnendeund als Rarität endende Neuheit; 39. sehr feuch-tes Training; 41. Panzerkreuzer, auf dem sichfranzösisches Gold in die Aura einschleust; 46.Urstoff der Telementalität; 48. kopfloses frechesKind; 49. gerissene Übersicht; 51. fester Bodenmit flüssigem Wasser drumrum; 52. sexuelle Ver-einigung ohne Vor- und Nachspiel; 55. Partnervon Moritz; 57. Möbelstück mit A-Umrandung; 58.Buddhas Heilsziel, zu finden im RestaurantSchönhauser Allee 135; 60. Traumland mit Verlustan 4.vertikal; 62. Lebewesen im Berufsumfeld;64. Licht an im Mond; 65. Abschied des Schadens;68. Igel-Konkurrent, Wolfs-Feind und Namens-geber für Nichtswissende; 70. polnischer Volks-tanz, an dem die letzten noch nicht mitmachen;71. Bauernhaus im Parkatelier; 72. Hauptsaisondes Badesommer(s); 75. Ruhm des Vermehrens;76. Waldkonstituent; 78. weibliches Pendant zuSesamstraßen-Bert; 80 .offensichtlicher Zusammen-hang von Medizin und Medaillen; 83. gegenKontra; 88. Urwald ohne Bäume; 89. kleinerTeelöffel; 90. Verbindungsstück im Engdruck.

Page 37: UnAufgefordert Nr. 61

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Kleinanzeigen für Studenten sind inder UnAUFGEFORÖERT kostenlos!24.000 Studenten haben immer irgendwaszu verschenken, zu verkaufen, suchen etwas oder jemand, brauchen etwasoder jemand oder wollen einfach nur etwas mitteilen.

Dafür ist hier Platz.Und zwar für jeden maximal 15 Zeilen ä 37 Anschläge.

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Dienstfahrrad Gestohlen !!!Am 19.10.1994 ist der UnAUFGEFORDERT zwischen 22.00Uhr

abends und 7.00 Uhr morgens ein blaues, leistungsfähigesHerrenrad gestohlen worden. Wir haben dieses Fahrrad be-nutzt, um Druckvorlagen zur Druckerei zu bringen. Außerdemdiente es unserem Layouter als Dienstfahrrad für die Anfahrtvon seiner Schlafstatt zur Redaktion und zu ausgedehntenExpeditionen durch Mecklenburg-Vorpommern.

Er will sein Fahrrad sofort wiederhaben!Hier eine Zeichnung unseres blauen Dienstrades:

die zur Ergreifung des Tä-ters oder der Täter führen,weiden auf Wunsch vertrau-lich behandelt und unter fol-genden Rufnummer entge-gengenommen: Gestohlene-Fahrräder-Hotline 20932288.

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Ganz tolles Fahrrad gestohlen !!!Am 02.11.1994 ist der UnAUFGEFORDERT zwischen 19.30Uhr

und 20.30Uhr ein ganz tolles, schönes, metallic-blau-grünesHerrenfahrrad mit 21-Gang-Schaltung und Hyperfließkette ge-stohlen worden. Dieses Fahrrad wurde von der Chefredaktionaus der Schweiz importiert und diente zum Angeben. Wir habenes zu allen wichtigen Interviews mitgenommen.

Wir wollen unser ganz tolles Fahrrad mit Vorder- undRücklicht und Hohlkammerfelgen sofort wiederhaben!!!

Hier eine Zeichnung unse-res ganz tollen Fahrrades:

Sachdienliche Hinweise, diezur Ergreifung des Täters oderder Täter führen, werden aufWunsch vertraulich behandeltund unter folgenden Rufnum-mer entgegengenommen: Ge-stohlene-Fahrräder-Hotline2093 2288.

Page 38: UnAufgefordert Nr. 61

38 VermischtesAn den folgenden Stellen gibt es dieUnAUFGEFORDERT:

I M Hauptgebäude der Universität!- Zeitungsständer imFoyer- Zeitungsständer vor dem Senatssaal- roter UnAUF-Kasten vor der Redaktion (Raum 3022)- roter UNAUF-Kasten vor der Säulenmensa- roter UnAUF-Kasten neben der Kasse vor der Hauptmensa- im studentischen Cafe Krähenfuß- bei HUBart- in der Jurabibliothek im Hauptgebäude- im „Universellen Club" - Studentenkeller -Rund U M das Hauptgebäude«- Zeitungsständer im Seminargebäude am Hegelplatz- bei den Schließfächern der Universitätsbibliothek- an der Gaderobe der Staatsbibliothek Haus 1 Unter den Linden- auf dem Informationstisch im Foyer der Staatsbibliothek Haus 2 am

Potsdamer Platz- bei Kiepert in der GeorgenstraßeIn der KoMMode und UMÜegende Oebäudet- Zeitungsständer im Foyer der Kommode- Eingangsbereich des Bafög-Amtes in der Behrensstraße- in der Akademischen Buchhandlung am Gendarmenmarkt- im Eingangsbereich der Germanistik in der Glinkastr. 1 8 - 2 4In der Charite und UMÜegende Oebäude«- in der Bibliothek der Sozialwissenschaften in der Clara-Zetkin-Str. 112- im Fachschaftsraum oder in der Biliothek der Rehabilitations-

wissenschaften in der Albrechtstr. 22- Zeitungsständer neben der Kasse in der Mensa-Nord- Zeitungsständer im Eingangsbereich des Bettenhauses der ChariteIn der InvaNdenstraBe und UMÜegende Oebäudet- in der Bibliothek der Chemie/Pharmazie in der Hessischen Straße 1/2- Zeitungsständer im Lichthof Invalidenstr. 43- in der Bibliothek der Physik in der Invalidenstr. 103a- Zeitungsständer im Gebäude der Physik Invalidenstr. 110- im roten UnAUF-Kasten in der BauernmensaIn der OranienburgerstraBe und UMÜegende Oebäude- in der Bibliothek der Psychologie und vor der Infotafel in der

Oranienburger Straße 18- bei den Kulturwissenschaften in der Sophienstr. 26- im „Glaskasten" der Ethnologen in der Friedensstr. 3 in FriedrichshainWirtschaftswissenschaften und UMÜegende Oebäude- Zeitungsständer im Foyer der Wirtschaftswissenschaften in der Span-

dauer Str. 1- in der Bibliothek der Theologie im Berliner DomTechnische Universität Berlin- Cafe im Erdgeschoß des TelefunkengebäudesFreie Universität Berlin- Eingangsbereich des Gebäudes der Juristen an der FU- Eingangsbereich der Rostlaube

I

mutvilla präsentiert:Lesbisch-schwuler Schneeköniginnenballam 3. Dezember 1994 im Ackerkeller(Ackerstraße 12, Hinterhaus, Berlin-Mitte)Einlaß ab 21 UhrEintritt: DM 3,- bis 23 Uhr

DM 5.- ab 23 UhrWer einen Schneeball mitbringt, hat freien Eintritt!

Veranstaltungenim Nevember/

Dezember23.11. 20.00 Uhr Krähenfuß

Referate Antifa und Fluchtlingshilfe

Das Asylbewerberleistungsgesetz-Rassismus in Gesetztesform (Film,Vortrag, Diskussion)

29.11. 20.00 Uhr KinosaalEin Jahr Besetzung desPreußischen LandtagsInformations- und Solidaritätsver-

anstaltung (Gedächtnisprotokolle,Videomaterial, Fotos,etc.)

30.11. 22.00 Uhr KrähenfußAntifa- Solikonzert mit"Veitstanz" und "Bertz Ra-che"

07.12. 22.00 Uhr KrähenfußAntifa-Solikonzert mit "Öl"und "Bindemittel"

08.12. 20.00 Uhr OstflügelSoli- Fete und - Konzert fürdie angeklagten Studentender Landtagsbesetzung

09.12. 20.00 Uhr OstflügelReha- Ostrockfete

15.12 20.00 Uhr OstflügelInterkulturelle Jahresend-feier

16.12. 20.00 Uhr Ostflügel"Skatrain to Humboldt"Jahresabschlußkozert des RefRats

Prozeßtermine der betrof-fenen Studenten soweitschon bekannt:

03.11.94 Konrad Seh. (HU),28.11.94 Knut M. (HU)05.12.94 Bastian B. (HU)12.12.94 Dirk R. (FU)18.01.95 Raffael C. (FU)14.02.95 Till M. (FU)29.03.95 Johannes B. (FU)

(Artikel dazu folgt in der nächstenAusgabe)

Page 39: UnAufgefordert Nr. 61

Meckerecke39

zu UnAUF 60

liebe UnAuf-RedakÜon,

nachdem die Mütter und Väter derUnAuf 1989 die gerade gewonnene Frei-heit des gedruckten Wortes (wer erin-nert sich nicht der Bedeutung ange-sichts des von ND, jw ua. gehaltenenMonopols), für sich und die HUB alsInformations- und Kommunikations-medium entdeckt hatten, erfährt dieseFreiheitmit demHeft 60 eine Koppellungan wirtschaftlichen Erfolg. Das dies keingutes Ende nehmen muß, konnte manbei der „DAZ" oder bei der „die Andere"miterleben. Zukünftig wird der In-formationsumfang der UnAuf in direk-ter Abhängigkeit zu den erzielten Wer-beeinnahmen stehen. Das die UnAufvielleicht die letzte ostdeutscheStudierendenzeitüng ohne Werbung ist(Guru aus Ilmenau?), sollte auch Anlaßsein, deren Erfolge auszuwerten. Denndas mit der Umstellung nicht nur Guteskam, belegt bspw. der jetzt in Hoch-glanz und Farbe erscheinende „Cam-pus" beim StuRa der Uni Leipzig.Mag Werbung auch nicht aus dem

Alltag zu verbannen sein, stellt sichgleichwohl die Frage, zu welchem Preisdiese Eingang findet. Ist 1/3 der Zeitungmit Werbung gefüllt, erscheint die Zei-tung mehr Werbe- denn Informations-träger. Dies gilt umsomehr, als sich derInformationsgehalt, der sich ja im Um-fang verdoppeln müßte, da nur nochdrei Ausgaben im Semester erscheinensollen, jedenfalls an der Seitenzahl ge-messen, nicht erhöht hat. Denn denktman sich die Werbung des Heftes weg,verbleiben nicht viel mehr Informations-seiten, als in einer „normalen alten"UnAuf.Auch dürfte die Annahme zum Trug-

schluß werden, nun stünde mehr Zeitfür die inhaltliche Arbeit zur Verfügung.Denn verfolgt man die Bemühungenzur Aquirierung von Werbung, drängtsich anderes auf. Zwar können sich dieAqusiteure qualifizieren und somit ihre

potentielle Verwertbarkeit auf dem Ar-beitsmarkt erhöhen, allein muß diesdem Anliegen der Zeitung nicht förder-lich sein.Warum nicht weiterhin das gute alte

Finanzierungsmodell aus den Semester-beiträgen für die Studierendenschaftgenutzt wird, -was wird jetzt aus diesenGeldern ?- vermag nicht einzuleuchten.Ein sich anbahnender Streit, mag er aufder Beschlußunfähigkeit des StuPa oderauch inhaltlichen Differenzen basieren,sollte die erstrittene (oder zugefallene)Unabhängigkeit nicht beenden.Auch wenn man über Äußerlichkeiten

sicher streiten kann, sollte die Titelseitedoch erkennen lassen, was der geneig-ten Leserschaft angeboten wird. Fehlteine Abgrenzung zum Rest der grauenPublikationen, dürfte dies für die Nach-frage nach der Zeitung und damit fürdas Anliegen der Informationsvermitt-lung nicht förderlich sein. Im übrigendürften einige Kästen weniger auf derTitelseite deren Übersichtlichkeit ver-bessern, aber...Weiterhin gutes GelingenTh. Neie

Liebe Un-Redaktion!Man findet Nr. 60 in der Haupthalle,

fingert ein UnAUF aus dem Haufenheraus und sieht sofort nach, ob...Ja, man hat meinen letzten, der

Freundschaftsbiicf abgedruckt! UnAUFnoch mehr lieben, ausgenommen denun-Heym-lichen Coverman.Lesergruß Helmut Schinkel

IMPRESSUMUNAUFGEFORDERT

Die Studentenzeitung der BerlinerHumboldt-Uni.

Erstmals erschienen am17. November 1989.

Redaktion:Ingo Bach,

Jens Schley (Chefredaktion),Franziska Ahles, Klaus Kallenberg,

Anke Kautz, Juliane Kerber,Alexandra Kolle, Georg Linde,Antje Meinhold, Ulrich Miksch,Rüdiger Neick, Gesa Rothbarth

Kontakt:Humboldt-Universität zu Berlin

Unter den Linden 610 099 Berlin

Hauptgebäude Raum 3022,Tel.: 2033 2288fax: 2033 2770

Redaktionsschluß:7. November 1994

S a t z : Roody

FOtOS: Fisahn, Harre u. a.

Druck:Contrast

Tempelhofer Damm 21012099 Berlin

gedruckt auf Recycling-Papier

Nachdruck, auch auszugsweise, istausdrücklich erwünscht. Wir bitten

aber um Quellenangabeund Belegexemplar.

Für alle Fakten besteht das Rechtauf Gegendarstellung in ange-messenen Umfang. Namentlichgekennzeichnete Artikel gebennicht in jedem Fall die Meinung

der Redaktion wieder. Kürzelwerden nur von Redaktionsmitglie-

dern verwendet.Die Redaktion behält sich vor,

Leserbriefe gekürzt zuveröffentlichen

UNAUFGEFORDERT Nr. 62erscheint bereits am5. Dezember 1994.

Die Redaktionssitzungen sindöffentlich: dienstags, 18.00 Uhr,

HG 3022.

Redaktionsschlußfür die nächste Nummer:

25. November 1994

Page 40: UnAufgefordert Nr. 61

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MoNEY, MONEY, MONEY, MÜ5T BEFÜNNY, IH IV RICH MJVN'S VORUD

Seit einem Jahr läuft nun bereits dasGeschäft. Alles in allem konnte ich michnicht beklagen. Es gab kaum Komplika-tionen, trotz des illegalen Status, undder Gewinn belief sich stets auf befrie-digenden Höhen.

Irgendwie hat niemand so recht wasbemerkt, na, wo mein Geld herkommt,meine ich. Wie denn auch, schließlichstudieren hier bestimmt 80% aller Stu-denten zielstrebig treppauf, das

vehemente RÜSHING , wieman es so schön lautmalerischumschreiben kann, ist nicht zuverkennen. Da fiel mein kleinesGeldgeschäft ja überhaupt nichtauf. Ich war auch meist bemüht,Bescheidenheit zu wahren, meinKapital langsam anzuhäufen, umnicht aufzufallen.Doch wo jetzt eh' die Katze aus

dem Sack ist, gestehe ich so-gleich. Ich möchte persönlich zumeiner Missetat Stellung nehmen.Wie schnell passiert es heutzuta-ge, daß man in der Presse zerris-sen wird. Wie hilflos man dannist, so nackt und bloßgestellt aufdem Papier und dann färbt manzudem noch ab. Der Zeitung ansich ergeht es in diesem Prozeß janoch gut. Sie ist recyclebar undlandet irgendwann wieder neuund prächtig irgendwo auf einemFrühstückstisch, am Kiosk oderin der U-Bahn - ansehnlich eben.Ich hingegen, oder nehme man

meinen Ruf, sind einfach weg,platt, zerstückelt - kaputt eben.Deshalb mein Geständnis vor Euch undallen Gesellschafts- und Komm-unikationskomplexen.

In der vergangenen Woche wurde ich

entlarvt: "SAGEN SlE, SAMMELNSIE DIE SEMINAR?LÄNE EI-GENTLICH?"Ich war entdeckt. Meine skrupellose

Selbstsicherheit war mir nicht greifbar.Ich schrie um Hilfe, aber nichts ge-schah, sie war nicht da. Offen gestand

ich also mit einem trockenen 0 A •Nachdem der werte Herr Professor

nun insgesamt 100 Seminarpläne ko-piert hatte und alle umgehend vergrif-fen waren, obwohl nur mehr knapp 40Leute anwesend waren, geriet er insGrübeln. Er hätte sich so etwas schongedacht, da man heute ja alles sammle,selbst Telefonkarten besäßen bereitshohe Schwarzmarktpreise."So hoch sindmeine allerdings nicht', warf ich ein. Erentgegnete mir mit einem „Wie bitte? Sie

handeln SCHWARZ 5lamit?" Ach, wiefiel es mir leicht, endlich von meinenErfolgen erzählen zu können. Icrf er-klärte ihm, wie schwer es ist, wenn manum 8.00 Uhr zur Lehrveranstaltung rennt,dann gegen Mittag vom Hunger ge-packt wird, sich in der Mensa den fin-stersten Schlachten unterwerfen muß,von der Zeitknappheit verfolgt wird, daabgehetzt im nächsten Seminar landet,gerade noch einen Platz in der letztenReihe unter der Fensterbank neben ei-nem von Gärungsprozessen angewärm-ten Mülleimer ergattert und schließlich

• • • •keinen der wertvollen Seminarpläne undseitenlangen Literaturlisten in die Hän-de bekommt. Da erreicht der Studentschnell den Punkt, wo er sich nach derVeranstaltung aus dem Raum quält, tiefins Portemonnaie greift und 2-5 DM füreinen Seminarplan latzt. Ja, diese Wortbrachte mir, etymologisch betrachtet,sehr viel Erfolg. Als beliebter Latzhosen-träger machte ich mir dies zum Code-

wort. In diesem, von hitzi-gem, agressivem Potentialgeprägten Milieu, fragte ichmeine Mitstudenten, ob siemir einen vor den Latz ge-ben wollen. Es funktionier-te. So kam ich zu beginn derjeweiligen Semester zu eini-gen großen blauen Schei-nen und muß gestehen, daßgerade die Erstsemester fürdiese Methode anfällig wa-yen, was ich mir gemeiner-weise zu Gute kommen ließ.

Im Grunde genommen warsie das auch schon, meinekleine Geschichte. Wahr-scheinlich werde ich dieHUB mit einer Ex verlassenund in die Pampa geschickt,um den universitären Frei-heiten fernzubleiben. Obdas nun heute oder morgenpassiert, hängt von Euch ab.Ich habe nämlich einenFond einrichten lassen.überden Ihr mir Spenden zu-kommen lassen könnt.. Dar-über hinaus wird am erstenAdventswochenende mein

restlicher Seminarplanbestand verstei-gert. Der Erlös kommt ebenfalls mir zuGute.

Vielen Dank.

KLA??E

Funken upjepast! Et Mariechen danztnet mie.

OhhhhAlex