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BACHELORARBEIT Untersuchung der Dispersion in der Heliosphäre anhand von Pulsarmessungen im niedrigen Frequenzbereich Aaron von Kamen Universität Bielefeld 12. November 2015 Erstgutachter: Jun.-Prof.Dr. Joris Verbiest Zweitgutachter: Dr. Jörn Künsemöller E-Mail: [email protected]

Untersuchung der Dispersion in der Heliosphäre anhand von ... · Entdeckt wurden Pulsare von Jocelyn Bell-Burnell und Antony Hewish(Hewish et al. (1968)) in Cambridge 1967 und man

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BACHELORARBEIT

Untersuchung der Dispersion in der Heliosphäreanhand von Pulsarmessungen im niedrigen

Frequenzbereich

Aaron von KamenUniversität Bielefeld

12. November 2015

Erstgutachter: Jun.-Prof.Dr. Joris VerbiestZweitgutachter: Dr. Jörn Künsemöller

E-Mail: [email protected]

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ZusammenfassungIn dieser Arbeit wird untersucht wie stark der Effekt der Dispersion in der Heliosphäre imniedrigen Frequenzbereich ist. Für diese Untersuchung wurden Radiosignale von Pulsaren un-tersucht, da diese ein sich stetig wiederholendes Pulsprofil aufweisen. Ein präzises Modell zurBestimmung von Ankunftszeiten ermöglicht es Messungen mit geringen Fehlern zu tätigen. DieMessungen dieser Arbeit wurden mithilfe von GLOW getätigt und das Dispersionsmaß dieserObservationen wurde in dem Bereich von 110 − 190 MHz für drei unterschiedliche Pulsarein einem Zeitraum von 3 Jahren ermittelt. Aufgrund der großen Anzahl an Messdaten und derPräzision der GLOW Observationen kann man deutlich einen Effekt erkennen, jedoch variiertdieser stark. Das von TEMPO2 verwendete Standardmodell für eine sphärisch symmetrischenVerteilung der Elektronendichte stimmt in manchen Jahren bei den Pulsaren J0030+0451 undJ0051+0423 überein. Es zeigt sich aber, dass dieses Modell relativ inkonsistent ist und in ande-ren Jahren bei denselben Pulsaren wieder abweicht.

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DanksagungHiermit möchte ich einen kleinen Dank an meine Schwester Ruth von Kamen aussprechen, dasie mühevoll Korrekturen an der Syntax meiner Arbeit gemacht hat. Ebenfalls möchte ich michbei Joris Verbiest für die Hilfe bei der Auswertung der Observationen bedanken. Besonders beiFragen hatte Herr Verbiest immer eine gute und sehr verständliche Erklärung zur Hand.

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Erklärung

Hiermit erkläre ich, dass ich die Bachelorarbeit selbstständig verfasst und keine anderen als dieangegeben Quellen und Hilfsmittel benutzt und die aus fremden Quellen direkt oder indirektübernommen Gedanken als solche kenntlich gemacht habe.

Die Arbeit habe ich bisher keinem anderem Prüfungsamt in gleicher oder vergleichbarer Formvorgelegt. Sie wurde bisher nicht veröffentlicht.

(Ort, Datum) (Unterschrift)

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Inhaltsverzeichnis1 Theoretische Einführung 1

1.1 Pulsare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.1 Was ist das Pulsarphänomen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.2 Das Modell der Emission von Radiostrahlung . . . . . . . . . . . . . 21.1.3 Normale and Milisekundenpulsare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1.2 Pulsprofile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.3 Pulsar Timing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81.4 Wechselirkung mit dem Interstellaren Medium . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

1.4.1 Dispersion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101.4.2 Faraday-Rotation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121.4.3 Streuung und Szintillation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

1.5 Die Heliosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161.6 Low Frequency Array (LOFAR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171.7 TEMPO2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

2 Bisherige DM-Messungen der Heliosphäre 20

3 LOFAR-Messungen der Heliosphäre 253.1 Ziel der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253.2 Daten zu den beobachteten Pulsaren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263.3 RFI-Filterung mit PSRCHIVE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263.4 Dispersionsmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

3.4.1 PSR J0034-0534 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303.4.2 PSR J0030+0451 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333.4.3 PSR J0051+0423 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

3.5 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

4 Fazit und weiterführende Arbeit 364.1 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364.2 Weiterführende Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Literatur 37

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1 Theoretische EinführungDie Angaben in meiner Arbeit wurden vorwiegend aus dem von Duncan Lorimer und Micha-el Kramer verfassten Nachschlagewerk Handbook of Pulsar Astronomy entnommen, außer eswird auf andere Quellen verwiesen. Es ist auch wichtig zu wissen, dass bisher von der genau-en Zusammensetzung eines Pulsars und auch von dem genauen Mechanismus des sogenannten’Leuchtturmeffektes’ (Absatz 1.1.1) wenig bekannt ist. Daher stehen noch viele Fragen zu die-ser Thematik offen, wobei die wichtigsten Fragen in dem Einführungskapitel des Werkes Hand-book of Pulsar Astronomy aufgelistet werden. Auf diese wird aber nicht weiter eingegangen,da diese sich weniger mit der Thematik dieser Arbeit beschäftigen.

1.1 PulsareAls Pulsar bezeichnet man sehr schnell rotierende Neutronensterne mit einem starken Magnet-feld. Neutronensterne sind sehr dichte Objekte mit Massen zwischen 1 − 2 Sonnenmassen,einem Durchmesser von etwa 20 km und entstehen nach einem Supernovakollaps massereicherSterne. Entdeckt wurden Pulsare von Jocelyn Bell-Burnell und Antony Hewish(Hewish et al.(1968)) in Cambridge 1967 und man zählt heute insgesamt etwa 2500 Pulsare, welche in demOnlinepulsarkatalog von Manchester et al. (2005a) aufgelistet sind.

1.1.1 Was ist das Pulsarphänomen?

Tritt das Endstadium der Kernfusion eines massereichen Sterns ein, kollabiert dieser in einerenormen Explosion, welche als Supernova bezeichnet wird. Die Entwicklung zu einem Neu-tronenstern ist von der verbleibenden Masse abhängig. Entsteht ein Neutronenstern nach einerSupernova, kann dieser eine sehr hohe Rotationsgeschwindigkeit besitzen, da die gesamte Kern-masse des Sterns durch den Druck der Gravitation auf einen Bereich von einigen Kilometernkomprimiert wird und so bei dieser Umverteilung der Massen derselbe auf Drehimpulserhal-tung basierende Effekt resultiert wie bei dem Beispiel mit einer sich drehenden Ballarina1. Dermassive Gravitationsdruck wurde zuvor durch den energetischen Druck der Kernfusionspro-zesse ausgeglichen. Endet nun die Kernfusion aufgrund eines Mangels an Brennstoff, so wirkthauptsächlich nur noch der Strahlungsdruck und der Fermidruck dem Gravitationsdruck entge-gen. Der Strahlungsdruck ist verhältnismäßig gering und resultiert aus der Strahlung, welchebei Kernfusionsprozessen frei wird. Der Fermidruck ist eine Folge des Pauli-Prinzips, welchesbesagt dass jeder Zustand nur von einem Fermion besetzt werden kann. Ist der Gravitations-druck groß genug, wird das Pauli-Prinzip gebrochen und es entstehen durch inversen Betazer-fall Neutronen und Elektronneutrinos (Irvine (1978)) . Die Zerfallskette für Inverser Betazerfallhat folgende Gestalt:

p+ e− → n+ νe

wobei p, e−, n und νe ein Proton, Elektron, Neutron und eine Elektron-Neutrino kennzeichnensollen. Nun hat sich die Struktur von einem elektronentarteten Zustand auf einen neutronenent-arteten Zustand reduziert, welcher bis zu einer gewissen Grenzmasse stabil ist.

1Ballarina: Eine Ballerina mit ausgestreckten Armen dreht sich langsamer als mit angewinkelten Armen, da fürden Drehimpuls gilt ~L=mr2~ω und bei Einbußen des Radius r muss also ω zunehmen.

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2 1 THEORETISCHE EINFÜHRUNG

Eine Theorie für den Aufbau eines Neutronensterns wird in dem Werk Handbook of PulsarAstronomy erläutert. Hier wird ein Modell über die Zusammensetzung eines Neutronensternsvon Shapiro und Teukolsky (1983) und Pines und Alpar (1985) beschrieben. Man geht davonaus, dass sich die äußere Schale aus Eisenkernen und einem See von entarteten Elektronenzusammensetzt. Die Dichte beträgt dabei etwa ρ ' 106 g/cm3. Dieser für Elektronen und Pro-tonen supraleitenden Teil macht nur etwa 5 Prozent aus. In der inneren Schale steigt die Dichtesoweit an, dass sich Protonen und Elektronen zu Neutronen kombinieren. Ab diesem Punkt, derauch als neutron drip point bezeichnet wird, mit einer Dichte von ρ ' 4·1011 g/cm3 entstehenimmer mehr freie Neutronen. Die Anzahl der freien Neutronen nimmt mit der Tiefe im Neutro-nenstern zu, bis irgendwann nur noch freie Neutronen aufzufinden sind. Dies macht den größtenTeil des Neutronenstern aus. In manchen Theorien geht man davon aus, dass sich der Kern ausexotischer Materie wie Pionen und Quarks zusammensetzt, wobei für weitere Informationenauf Shapiro und Teukolsky (1983) verwiesen wird.

Besitzt nun der rotierende Neutronenstern ein starkes Magnetfeld, wird dieser ab einer gewissenRotationsgeschwindigkeit Radiostrahlung unter Verlust von Rotationsenergie emittieren (Lo-rimer (2012) Kapitel 3.2). Die von einem Pulsar detektierten periodischen Pulse werden sointerpretiert, dass die Strahlung ihren Ursprung in einer Art Emissionskegel hat, welcher vonden magnetischen Polen ausgeht. Der Emissionskegel strahlt dann wie eine Glühbirne in einemLeuchtturm einen gerichteten Strahl aus.

1.1.2 Das Modell der Emission von Radiostrahlung

Das hier beschriebene Modell wurde aus dem Absatz 3.4.3 des Handbook of Pulsar Astronomyentnommen, wobei das beschriebene Modell von Komasarof (1970) die Radioemission mit be-schleunigten Ladungsträgern erklärt, wodurch Synchrotonstrahlung entsteht.

Die Magnetfeldlinien in der Nähe der magnetischen Pole sind nicht geschlossen, da durch dieRotation des Pulsares diese co-rotieren und ab einer gewissen Entfernung zu dem Pulsar derenWinkelgeschwindigkeit die Geschwindigkeit des Lichts übertrifft. So entsteht ein zylinderför-miger Bereich auch Lichtzylinder genannt, dessen Radius durch die letzte geschlossene Feld-linie definiert wird (siehe Abbildung 1). Die Magnetosphäre des Pulsars setzt sich aus einemElektronenplasma zusammen. Man nimmt an ,dass die Radiostrahlung ihren Ursprung bei Teil-chen hat, welche sich entlang der offenen Feldlinien bewegen. Diese Teilchen erfahren eineBeschleunigung, wobei dann Synchrotonstrahlung entsteht.

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1.1 Pulsare 3

Abb. 1: Auf der Abbildung ist der Rotationszylinder zu erkennen. Es ist auch die Herkunftder Radiostrahlung gekennzeichnet. Ein Modell des rotierenden Neutronensterns und seinerMagnetosphäre. Entnommen aus Lorimer (2012) Kapitel 3.

Die Intensität der Strahlung nimmt mit der Nähe zum magnetische Pol zu, da dort die Krüm-mung der offenen Feldlinien abnimmt. Exakt auf der Achse des Magnetfeldes verschwindetdie Intensität, da von dort keine Feldlinie ausgeht. Die Emission erfolgt tangential entlang deroffenen Feldlinien, wobei dann ein Emissionskegel resultiert, der den magnetischen Pol alsMittelpunkt hat.

1.1.3 Normale and Milisekundenpulsare

Die Entnommenen Information stammen aus dem Kapitel 1.3.2 und 1.3.3 des Nachschlage-werks Lorimer (2012).

Man unterscheidet zwischen zwei Pulsartypen. Die normalen Pulsare mit einer Periode bei et-wa P ∼ 0.5 s und einer Änderung der Pulsperiode auch spin-down von P ∼ 10−15 und denMillisekundenpulsaren. Diese haben eine Periode von P ∼ 3 ms und einen Spin-Down vonP ∼ 10−20. Zu dem unterschiedlichen Rotationseigenschaften kommt noch hinzu, dass etwa

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4 1 THEORETISCHE EINFÜHRUNG

80 Prozent der Millisekundenpulsare einen Begleiter haben. Wohingegen es bei den normalenPulsare nur etwa 1 Prozent sind. Dieses Phänomen lässt sich verstehen, wenn man auf die Ent-stehungsgeschichte von Millisekundenpulsaren schaut.

Das Scenario der Evolution eines Pulsars beginnt mit zwei Hauptreihensternen2. Der masserei-chere von den beiden Sternen brennt als erstes aus und explodiert in einer Supernova, wobeidann ein Neutronenstern zurückbleibt. Dabei kann es vorkommen, dass dieser Neutronensterneinen so starken Impuls erhält, dass er aus dem Doppelsternsystem gelöst wird. Tritt dies ein,wird der Neutronenstern als ein normaler Pulsar klassifiziert. Bleibt aber das Doppelsternsy-stem erhalten kommt es für die weitere Entwicklung auf die Masse des verbliebenen Sterns an.Entwickelt sich dieser zum roten Riesen, beginnt der Neutronenstern aufgrund seiner enormenGravition Materie aus dessen Hülle abzusaugen. So bildet sich eine Akkretionsscheibe, wobeidann potentielle Energie in Rotationsenergie umgewandelt wird. Der normale Pulsar hat sich da-durch zu einem Millisekundenpulsar entwickelt. Dieser Prozess wird als spin up bezeichnet, dadie Änderung der Periode hier negativ ist. Ist der Begleiter ebenfalls kollabiert entsteht als Re-sultat ein neues Doppelsystem. Zwei Beispiele wären ein Doppelneutronensternsystem und dieMillisekundenpulsar-weißer-Zwerg-Systeme, wobei bei ersterem die beiden Neutronensterneunterschiedliche Eigenschaften haben können. Millisekundenpulsare, welche sich durch diesesScenario beschreiben lassen, bezeichnet man als recycled pulsars.

1.2 Pulsprofile

Die folgenden Angaben, Abbildungen und erläuterten Annahmen, welche die Form der Pul-sprofile und die Herkunft der Radiostrahlung erklären, wurden aus dem Kapitel 1 bzw. Kapitel3 von Lorimer (2012) entnommen.

Da das Signal von Pulsaren sehr schwach ist, wird es über hundert bis tausend Perioden kohä-rent aufsummiert. Das Pulsprofil, welches sich daraus ergibt, ist charakteristisch für den Pulsarauch wenn einzelne Signale davon abweichen. Auf der folgenden Abbildung sind einige Bei-spiele solcher Pulsprofile dargestellt.

2Hauptreihenstern sind Sterne die sich auf dem Hetzsprung-Russell-Diagramm auf der sogenannten Hauptreihebefinden. Diese bekommen ihre Energie durch wasserstoffbrennen(Strömgren (1933)).

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1.2 Pulsprofile 5

Abb. 2: Hier zu sehen sind über eine ganze Periode (bis auf PSR B1237+25) integrierte Pulspro-file von neun Pulsaren. Einige Pulsare weisen unterschiedliche Moden auf. Bei PSRB1913+16werden bei 430 MHz zwei unterschiedliche Profile aus unterschiedlichen Jahren gezeigt, wel-che aufgrund geodetic precession voneinander abweichen. Ein gutes Beispiel für de-dispersion .ist bei den beiden Profilen von PSR B1937+21 zu sehen, wobei bei dem Oberen Profil Korrektu-ren angewandt wurden und die tatsächliche Form des Pulses zu erkennen ist. Mit de-dispersionist ein Verfahren gemeint in dem beim erstellen des Timing Models versucht wird die Beiträgeder Dispersion zu korrigieren. Die Abbildung wurde aus Kapitel 1 von Lorimer (2012) entnom-men.

Das observierte Pulsprofil resultiert aus der Geometrie des Emissionskegels und ist ein Schnittdurch diesen, den die Trajektorie der Sichtlinie macht. Die Geometrie des Emissionskegels,welcher seinen Mittelpunkt auf der Achse des Magnetfeldes hat, ist bereits gut verstanden. Imsimplen Modell fließt Elektronenplasma entlang der offenen Feldlinien (siehe Kapitel 1.1.2)und emittiert Radiostrahlung tangential zu denselben. Dadurch bildet sich der Emissionskegelmit dem Öffnungswinkel ρ. Graphisch dargestellt auf folgender Abbildung:

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6 1 THEORETISCHE EINFÜHRUNG

Abb. 3: Die Geometrie des Emissionskegels, wobei in (a) der Öffnungswinkel des Kegels ρ,der Winkel α der beiden Achsen zueinander und der Polarisationswinkel Ψ eingezeinchnetsind. In (b) ist der Öffnungswinkel einer Feldlinie θ zu sehen, wobei sich dieser durch denÖffnungswinkel des Emissionskegels bestimmen lässt. Die Abbildung wurde aus Kapitel 3.4.1von Lorimer (2012) entnommen.

Wobei α der Winkel zwischen der Achse des Magnetfeldes und der Rotationsachse ist und βder Winkel zwischen der Achse des Magnetfeldes und des Beobachter ist. Die Pulsbreite Wlässt sich dann mit den geometrischen Komponenten wie folgt in Zusammenhang bringen:

sin2

(W

4

)=

sin2(ρ2

)− sin2

(β2

)sin(α)· sin

(α + β

) (1)

In Abbildung (2) sind unterschiedliche Pulsprofile zu sehen, welche unterschiedliche Phänome-ne aufweisen. In dem einfachsten Fall zeigt zum Beispiel das Profil von PSR B1933+16 eineeinzelne Komponente in der Form einer Gaußverteilung. Es gibt aber auch zahlreiche Beispie-le, welche sich aus zwei oder mehreren Komponenten zusammensetzen. Das Profil von PSRB1913+16 besteht aus zwei Komponenten. Solch ein Doppelpik des Pulssignals könnte man,laut Kapitel 3 in Lorimer (2012), durch die Intensitätsverteilung der Radiostrahlung in demEmissionskegel begründen. Das Intensitätsmaximum liegt nicht mittig des Emissionkegel, son-dern ist ringförmig um das Zentrum angeordnet was für den Beobachter bedeutet, dass dieserzwei Intensitätsmaxima beobachtet.

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1.2 Pulsprofile 7

Abb. 4: Zu sehen ist die Entstehung eines Pulsprofils mit mehreren Komponenten, wobei zweimögliche Modelle die Entstehung dieser Form beschreiben können. In (a) wird das Modell mitmehreren ineinander liegenden Emissionskegeln verwendet und in (b) wird von emission gapsüber den Polregionen ausgegangen. Abbildung aus Kapitel 3.4.3 von Lorimer (2012) entnom-men.

Bei Pulsprofilen mit mehreren Komponenten ist es schwer den Ursprung zu finden. Eine Be-gründung könnte sein, dass mehrere Intensitätsmaxima existieren, welche als äußere Ringe indem Emissionskegel angeordnet sind. Eine andere Annahme geht von sogenannten emissiongaps aus, welches Regionen an den magnetischen Polen sind, wo die Emission von Radiostrah-lung zunimmt. Es stellt sich heraus, dass Millisekundenpulsare komplexer sind als normalePulsare. In Mittel bestehen Profile von normalen Pulsaren aus etwa 3±1 Komponenten, wohin-gegen Millisekundenpulsare im Schnitt 4 ± 1 aufweisen. Manche Pulsare wie PSR B0826-34weisen Emission über die ganze Pulsperiode auf. Dies geschieht, da die magnetischen Achsenahe der Rotationsachse liegt. Wenn dann die Rotationsachse zu dem Beobachter gerichtet ist,verlässt die Sichtlinie des Beobachters nicht mehr den Emissionskegel. Wenn die magnetischeAchse hingegen fast 90 Grad zur Rotationsachse liegt und der Emissionskegel unser Sichtfeldpassiert kommt es zu sogenannten interpulse , was ein weiteres um 180 Grad phasenverschobe-nes Signal ist.

Ein weiteres Phänomen ist, dass sich bei einigen Pulsaren das Profil mit der Zeit ändern kann.Dies wird entweder laut Annahmen durch geodätische Präzession verursacht, wobei diese dasSignal aus unserer Sichtlinie bewegt, oder durch eine Änderung zwischen zwei konkurrieren-den Pulsprofilen, was auch als mode-changing bezeichnet wird. Ein Beispiel für geodätischePräzession wäre das Doppelpulsarsystem B1913+16 auf Abbildung 2.

Zuallerletzt kann man ebenfalls feststellen, dass die Form des Pulsprofils frequenzabhängig ist.In der Abbildung 2 ist dies für die Pulsare B1133+16 und J2145-0750 zu sehen. Die Pulsbreiteund damit die Abspaltung der einzelnen Profile nimmt bei kleineren Frequenzen zu. Man nimmtan, dass die höheren Frequenzen in direkter Nähe zum Pulsar und die kleineren weiter außenentstehen. Bei dem Millisekundenpulsar hingegen ist dieser Effekt deutlich schwächer was mitder Annahme übereinstimmt, dass die Emissionsregion eines Millisekundenpulsars kleiner ist.

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8 1 THEORETISCHE EINFÜHRUNG

Abb. 5: Messung bei verschiedenen Frequenzen von zwei Pulsaren. Auf (a) der PulsarB1133+16 mit einer Periode von 1.16 ms und auf (b) der Pulsar J2145-0750 mit einer Peri-ode von 16 ms Der Pulsar J2145-0750 weist eine ganze Periode auf, wobei in dem B1133+16,damit die Form des Profils besser zu erkennen ist, nicht die ganze Periode zu sehen ist. Abbil-dung entnommen aus dem Kapitel 1.1 von Lorimer (2012).

1.3 Pulsar Timing

Die hier beschriebene Verfahrensweise zu der Ermittlung der Ankunftszeiten wurden aus demKapitel 8 des Werkes Handbook of Pulsar Astronomy entnommen.

Die Ermittlung der genauen Ankunftszeiten eines Pulsarsignals, auch als Pulsar Timing be-zeichnet, ermöglicht in der Astronomie das untersuchen vieler Phänomene. Dazu zählen unteranderem Auswirkungen der allgemeinen Relativitätstheorie oder Abweichungen des Dispersi-onsmaßes in dem interstellaren Medium.

Das Signal des Pulsars ist allgemein sehr schwach. Daher wird dies durch folding über hunderte

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1.3 Pulsar Timing 9

Pulse mit der Periode P von einem Zeitraum von einigen Minuten bis zu einer Stunde integriert.Vorzugsweise integriert man über eine möglichst große Bandbreite. So erhält man ein Pulsprofileiner einzeilnen Observation P (t). Die Ankunftszeit, im englischen auch time of arrival (TOA),setzt sich aus dem exakten Zeitpunkt t der Observation und der Phasenverschiebung δ zwischendieser und dem Standardprofil zusammen. Für die Relation zwischen Pulsprofil der ObservationP (t) und dem Standardpulsprofil T (t) gilt:

P (t) = a+ b · T (t− τ) +N(t)

wobei a ein Offset, b ein Skalierungsfaktor und N(t) die Störgeräusche repräsentiert. Die Pha-sendifferenz δ kann in PSRCHIVE (siehe 3.3) mit einem Shift-Algorithmen ermittelt werden.Mit einem sogenannten Timing Model versucht man die Ankunftszeit eines Signals exakt zubestimmen, sodass man Phasendifferenzen messen kann, welche durch Effekte wie Dispersi-on verursacht werden(siehe Kapitel 1.4). Eine der wichtigsten Korrekturen im Timing Modelist der Roemer-Delay. Dieser berücksichtigt die Ankunftszeit am Schwerpunkt des Sonnensy-stems. Es folgen weitere Korrekturen wie zum Beispiel die Zeitkorrektur der Teleskopuhr mitdem internationalen Zeitstandard hinzu. Die Phasendifferenz, welche man messen kann, wirdals Residuum bezeichnet. Das Residuum ist negativ wenn das Signal früher als erwartet eintrifftund positiv wenn es Später als erwartet eintrifft.

Abb. 6: Auf der oberen Grafik ist, mit einer durchgezogenen Linie gekennzeichnet, das Stan-dardpulsprofil zu sehen. Das um die Phase δ verschobene Signal ist mit gestrichenen Liniengekennzeichnet. Aus dieser Phasendifferenzen resultiert die untere Grafik mit den entsprechen-den Residuen. Diese graphische Darstellung soll ein Signal simulieren, welches durch Einflüssewie Dispersion zeitverzögert wird. Grafik erstellt mit dem Programmpaket gnuplot.

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10 1 THEORETISCHE EINFÜHRUNG

1.4 Wechselirkung mit dem Interstellaren Medium

Das Signal von einem Pulsar wird durch Dispersion, Szintillation, Streuung und Faraday Rota-tion in dem interstellaren Medium (ISM) unserer Galaxie beeinflusst. Als Resultat erhalten wirverfälschte Ankunftszeiten, Pulsprofile, Pulsbreiten und Polarisationswinkel des ursprünglichenSignals. Die hier angegebenen Informationen stammen aus dem Kapitel 4 der Quelle Lorimer(2012).

1.4.1 Dispersion

Dispersion ist ein frequenzabhängiges Phänomen, welches sich durch die distanzabhängige Än-derung der Gruppengeschwindigkeit bei Propagation durch den ionisierten Teil des interstella-ren Mediums auszeichnet. Dies lässt sich durch die Wechselwirkung eines Elektrons im Plasmamit dem linear Polarisierten Signal erklären. Wenn das linear polarisierte Signal ein freies Elek-tron passiert, wird dieses durch das elektrische Feld der elektromagnetischen Welle in Schwin-gung gebracht. Die Zeitverzögerung des Signals ist invers proportional zu der Frequenz undproportional zur Distanz.

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1.4 Wechselirkung mit dem Interstellaren Medium 11

Abb. 7: Dispersion eines Signals des des 128 ms Pulsars B1356-60. Das DM beträgt295 pc/cm3. Man erkennt eine quadratische Abhängigkeit der Dispersionsrelation. Abbildungentnommen aus dem Kapitel 1.2 von Lorimer (2012).

Man geht von einer Propagation in einem homogenen Medium aus. Der Brechungsindex wirdmit folgender Gleichung errechnet:

µ =

√1−

(fpf

)2

(2)

wobei f die Frequenz und fp die Plasmafrequenz ist. Diese wird durch die Elektronendichtedes Mediums bestimmt. Daher gilt:

fp =

√e2neπme

wobei me die Masse des Elektrons ist. Es gilt für f < fp keine Propagation3. Die Gruppenge-schwindigkeit ist dann vg = cµ.

3Für die Plasmafrequenz gilt Reflexion für f < fp und Transparenz für f > fp (Meinert (2014)).

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12 1 THEORETISCHE EINFÜHRUNG

Für die Zeitverzögerung des Signals gilt:

t =

d∫0

dl

vg− d

c

Der Zweite Term dc

auf der rechten Seite der Gleichung ist die Zeit mit der das Signal mit Licht-geschwindigkeit die Distanz d überbrücken würde. Für hinreichend große Frequenzen fp << f

kann man µ um(fpf

)2 ≈ 0 entwickeln und erhält:

t =1

c

d∫0

(1 +

f 2p

2f 2

)dl − d

c=

e2

2πmec

1

f 2DM

wobei DM =∫ d0nedl als Dispersionsmaß definiert wird. Für die Zeitdifferenz mit der zwei

unterschiedliche Frequenzen f1 und f2 ankommen gilt:

∆t =e2

2πmec·(

1

f 21

− 1

f 22

d∫0

nedl (3)

Mit dem Wissen über die Beschaffenheit der Elektronendichte in dem ISM kann man also Rück-schlüsse über Distanzen von Pulsaren treffen. Andersherum kann man die Verteilung der Elek-tronendichte im interstellaren Medium unserer Galaxie errechnen, wenn man die Distanzen vonnah aneinanderliegenden Pulsaren kennt (siehe Kapitel 1.2.1 Lorimer (2012)) .

1.4.2 Faraday-Rotation

Neben dem Dispersionsmaß tritt auch eine Änderung des Polarisationswinkels beim Passierendurch ein innerhalb des ISM parallel zur Ausbreitung liegenden Magnetfeldes ein. Das durchdie lineare Polarisation in Schwingung gebrachte Elektron wird durch die Lorenzkraft in eineKreisbahn gelenkt. Da sich lineare Polarisation durch eine Superposition von einer rechtszir-kularen und linkszirkulare Polarisation (RCP und LCP) zusammensetzen können, kann mandiese nun seperat betrachten. Ohne Einschränkung kann man nun davon ausgehen, dass dieDrehrichtung der Kreisfrequenz ωL der LCP-Welle mit der Drehrichtung der Kreisfrequenz ωdes Elektrons übereinstimmen. Das Medium (indem Fall das Elektron) sieht eine linkszirkularepolarisierte elektromagnetische Welle, welche eine um ωL reduzierte Kreisfrequenz aufweist.Ebenso ist die Kreisfrequenz der rechtszirkularen polarisierten Welle für das Elektron erhöht(Endres (2009)). Dieses Phänomen wird als zirkulare Doppelbrechung bezeichnet, woraus un-terschiedliche Brechungsindizes für den LCP und RCP elektromagnetischen Wellen resultieren.

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1.4 Wechselirkung mit dem Interstellaren Medium 13

Abb. 8: Eine linear polarisierte elektromagnetische Welle beim Eintritt in ein Medium mit paral-lel zur Ausbreitungsrichtung liegendem Magnetfeld ~B erfährt eine Änderung in der Polarisati-on. Man erkennt, dass die Änderung der Polarisation abhängig von der zurückgelegten Distanzist. Die Abbildung stammt aus der Versuchsanleitung für den Faraday-Effekt der UniversitätSaarland, erstellt von Endres (2009).

Für die Phase bei hohen Frequenzen gilt ∆ψ = kd, wobei die Wellenzahl k = 2πλ

durch Wel-lenlänge λ ausgedrückt wird. Man geht von einem kalten magnetisiertem Plasma aus, wobei fürk dann folgt:

k(f)± =2π

cµf =

cf

√1−

f 2p

f 2±f 2p fB

f 3

mit fB der Cyclotronfrequenz, welche das Magnetfeld parallel zur Ausbreitungsrichtung B||wie folgt miteinbezieht:

fB =eB||

2πmec' 3MHz

(B||G

)Die±-Terme stehen für die unterschiedlichen Brechungsindizies der zirkulär Polarisierten Wel-len. Die Änderung der Phase ist dann:

∆ψFaraday =

d∫0

(kr − kl

)dl (4)

Für große Frequenzen f >> fp und f >> fB entwickelt:

∆ψFaraday =e3

πm2ec

2f 2

d∫0

neB||dl (5)

Für die Position des Polarisationswinkel (PPA) muss man den Term noch halbieren, da bei den

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14 1 THEORETISCHE EINFÜHRUNG

meisten Pulsaren die Periode des Polarisationswinkels nur π anstatt 2π beträgt 4. Daher:

∆PPA = ∆Faraday/2 ≡ λ2 ·RM (6)

Wobei λ die Wellenlänge und RM das Rotationsmaß ist mit:

RM =e3

2πm2ec

4

d∫0

neB||dl (7)

Man kann mit dem Rotationsmaß vieler Pulsare Rückschlüsse auf das Hintergrundmagnetfeldder Galaxie schließen.

1.4.3 Streuung und Szintillation

Die Radiowellen unterliegen bei Eintritt in das inhomogene ISM ebenfalls der Streuung. DieWellen werden von ihrem ursprünglichen Weg abgelenkt und treffen dann mit einem Umwegein. Dies hat zur Folge, dass das Signal zeitverzögert sein Ziel erreicht. So wird das Pulsprofilbei kleinen Frequenzen nach hinten gestreckt.

4 Je nach dem wie die Achse des Magnetfeldes und die Rotationsachse zum Beobachter ausgerichtet ist, wirddie Periode der Polarisationsphase also durch die geometrische Auslegung der Achsen und des Emissionskegelsbestimmt.

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1.4 Wechselirkung mit dem Interstellaren Medium 15

Abb. 9: Pulsprofil des Pulsars B1831-03 bei fünf unterschiedlichen Observationsfrequenzen.Man erkennt das der Effekt bei kleinen Frequenzen deutlich stärker wird. Die Exponentialfunk-tion sind gefittete Modelle (siehe Kapitel 4 Lorimer (2012)).Die Abbildung wurde aus demKapitel 1.2.3 aus dem Werk von Lorimer (2012) entnommen.

Eine weiterer Effekt ist die Szintillation, welche die beobachtbaren Sterne am Himmel funkelnlässt. Stellt man sich eine Radiowelle als kohärente Wellenfront vor. Trifft diese auf ein inhomo-genes Medium in dem Turbulenzen zwischen den unterschiedlichen Schichten herrschen, dannwird diese durch Interferenzen und Streuung verzerrt und deformiert. Wobei das Signal danndurchaus zeitlich und auch räumlich inkohärent wird. Der Beobachter nimmt dann ein Signalwar, welches in der Intensität stark variiert und als funkeln interpretiert wird.

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16 1 THEORETISCHE EINFÜHRUNG

Abb. 10: Zu sehen ist wie räumlich und zeitlich kohärente Strahlung auf ein turbolentes undinhomogenes ISM treffen. Das Resultat sind deformierte und verzerrte Wellenfronten, welchedurch Streu- und Szintillations-Effekte verursacht wurden. Die Wellenfronten werden beim pas-sieren des Mediums um den Winkel θ0 gestreut und bilden so ein gestrecktes Streubild. Szintil-lation entsteht, wenn die deformierten Wellenfronten interferieren und ein Interferenzbild aufden Beobachter projektieren. Die Abbildung wurde aus dem Kapitel 4.2.1 aus dem Werk vonLorimer (2012) entnommen.

1.5 Die Heliosphäre

Die Heliosphäre ist Einflussbereich der Sonnenwinde. Sonnenwinden sind Ströme von Parti-keln. Sie setzten sich vorwiegend aus geladenen Teilchen wie Elektronen, Protonen und Alpha-teilchen zusammen und bilden so ein Plasma. Man unterscheidet zwischen langsamen Sonnen-winden, welche vorwiegend in der Sonne emittiert werden, und den schnellen Sonnenwinden,welche ihren Ursprung in koronalen Löchern haben. Im sonnenahen Bereich, bis etwa 100 AU5,breiten die Sonnenwinde sich ungestört aus. Ab etwa dieser Grenze wechselwirkt das ISM mitden Partikelstrom und bremst so die Sonnenwinde ab. Man bezeichnet diese Grenze als Termi-nation Shock. Der darauf folgenden Bereich, wo das ISM die Sonnenwinde abbremst, wird alsHeliosheath bezeichnet. Die Grenze des Einflussbereichs der Sonnenwinde wird als Heliospau-se bezeichnet und liegt bei etwa 110− 150 AU.

5AU steht für astronomic unit, wobei diese die Distanz von Erde zur Sonne beträgt mit 1 AU = 149.598·109 m

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1.6 Low Frequency Array (LOFAR) 17

Abb. 11: Die Heliosphäre unserer Sonne in logarithmischer Darstellung der Entfernung biszu dem zu uns nächsten Doppelsternsystem α-Centauri. Die Abbildung wurde aus der QuelleLiewer (2000) entnommen.

Die Angaben hängen stark von der Beschaffenheit des ISM und dem interstellaren Magnetfeldab, wobei die äußeren Einwirkungen und die Eigenbewegung der Sonne die Form der Helio-sphäre stark prägen.

1.6 Low Frequency Array (LOFAR)Die folgenden Angaben und Informationen sind aus der offiziellen Webseite von Betreiberin-stitut ASTRON entnommen.

LOFAR ist ein Radioteleskop, welches in Frequenzbereichen unter 240 MHz arbeitet. Ent-wickelt und finanziert wurde dieses von dem Institut für Radioastronomie ASTRON in denNiederlanden. Die eigentlichen Elemente des LOFAR Radioteleskops bestehen aus einfachenund unbeweglichen Dipolantennen. Zur Zeit existieren in den Niederlanden 38 Stationen und9 internationale Stationen, davon 6 in Deutschland. Es wird mit 2 Frequenzbändern gearbeitet,wobei die Antennen für die Bereiche 30−80 MHz und 120−240 MHz optimiert sind. Da-bei wird das UKW-Band ausgelassen. Für die Bänder wurden Antennen mit zwei verschiedeneDipoltypen entwickelt. Im Unterschied zu den Parabolantennen, welche nur ein Objekt erfas-sen können, kann man mit den Dipolantennen mehrere Objekte gleichzeitig beobachten undmehrere Astronomen gleichzeitig mit Daten versorgen. Die Blickrichtung wird mithilfe einesSupercomputers bestimmt, der die digitalen Signale aller Dipole aufnimmt und kombiniert. DieAuflösung wird durch den Abstand der äußeren Dipole und der Stationen zueinander bestimmt.

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18 1 THEORETISCHE EINFÜHRUNG

Um eine Winkelauflösung von weniger als eine Bogensekunde und besser zu erreichen musstedas Netzwerk der Stationen über die Niederlande hinaus erweitert werden. Seit 2004 wurdenzusätzlich in Deutschland neue Stationen errichtet, wobei dann GLOW, was für German LongWavelength Consortium steht, entstanden ist(Max-Planck Institut für Radioastronomy (2003)).

Abb. 12: In der linken Abbildung ist der Strahlengang in einer klassischen Parabolantenne. DieStrahlen treffen in einer parallelen Wellenfront ein und werden in Richtung des Empfängers ge-bündelt. In der rechten Abbildung ist der Strahlengang in einem Phased Array zu sehen, wobeimithilfe eines künstlichen Widerstandes der Phasenunterschied korrigiert wird. Die Abbildungwurden aus der Internetseite des Max-Planck Institutes für Radioastronomy entnommen.

Zur Echtzeitdatenverarbeitung der großen Menge an Daten wird ein GPU-basierendes Systemnamens Cobalt verwendet. Die Daten können zur nachträglichen Bearbeitung in einem Lang-zeitarchiv, im Englischen long term archive (LTA), gespeichert werden. Das LTA ist auf Stand-orte in den Niederlanden und in Deutschland verteilt.Man erhofft sich mit dem LOFAR-Projekt das frühe Universum zu untersuchen. Da das Messver-fahren präzise in Frequenz und Zeitauflösung ist, kann man Effekte wie die Dispersion undFaraday-Rotation an linear polsarisierten Radioquellen in dem niedrigen Frequenzbereichen indem die LOFAR-Stationen operieren mit hoher Effizienz und Präzision beobachten.

1.7 TEMPO2Die Angaben zu dem Programmpaket TEMPO2 wurden aus der Internetseite TEMPO2 OVER-VIEW (2010) entnommen, auf welcher man das Softwarepaket auch herunterladen kann. Fürweitere Informationen wird auf die Einführung von ( siehe Hobbs and Edwards (2006) ) ver-wiesen.

TEMPO2 ist ein Pulsar Timing Package, welches weltweit für die Forschung an Pulsaren ge-nutzt wird. Entwickelt wurde dies an der Australia Telescope National Facility (ATNF) von

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1.7 TEMPO2 19

George Hobbs und Russell Edwards und wurde von Joris Verbiest und anderen Astronomen we-sentlich erweitert und verbessert. Es findet sowohl beim Pulsar Timing, als auch bei der Suchenach Gravitationswellen Anwendung. TEMPO2 basiert hauptsächlich auf dem ursprünglichenCode von TEMPO1 und funktioniert in ähnlicher Weise. Eine der grundlegenden Funktionenbietet das plk plug-in. Mit dem ausführen des Kommandos:

TEMPO2 -gr plk -f mypar.par mypar.tim

öffnet man ein graphisches Interface, in dem der Benutzer die Residuen von den Observationenanalysieren kann. Dies wird durch den Zusatz von plk ermöglicht.

Abb. 13: Das User-Interface von TEMPO2, wobei hier die Residuuen von den Observationendes Pulsars J0030+0451 zu sehen ist. Links neben dem Plotfenster stehen Plot-Optionen zurAuswahl. Zum Beispiel kann man sich den TOA-Error der Observationen plotten lassen und zuGroße Fehler rausschneiden. Abbildung mithilfe TEMPO2 erstellt.

Das Interface ermöglicht es dem Nutzer die Residuen der Ankunftszeiten in Abhängigkeit vonunterschiedlichen Variablen wie Frequenz, Zeit, Winkel oder Phase zu plotten. Führt man denCursor über das Interface und drückt die Taste h so erhält man Auskunft über weitere Funktio-nen. Eine ausführliche Einführung ist in der Publikation von Hobbs, Edwards und Manchester(2006) zu finden.

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Auswertung der Arbeit 12. November 2015 20

TEMPO2 berücksichtigt den Beitrag der Dispersion von den Sonnenwinden und geht von einersphärisch symmetrischen Verteilung des Elektronenplasmas aus, wobei eine quadratische Ab-nahme mit der Distanz zu der Sonne miteinberechnet wird und zeitliche Änderung ausgelassenwerden. Der Beitrag sieht dann wie folgt aus:

DMs=4.85·10−6n0ϑ

sin(ϑ)cm−3pc (8)

Wobei n0 die Elektronendichte bei einem Abstand von 1 AU zur Sonne ist und ϑ den Observa-tionswinkel Sonne-Pulsar repräsentiert. Für die Elektronendichte ist ein Wert von n0 = 4 cm−3

voreingestellt. Dieses Modell wird in Englisch auch als standard solar-wind-density model be-zeichnet.

2 Bisherige DM-Messungen der Heliosphäre

In dieser Arbeit wird erstmals die Dispersion der Heliosphäre im Bereich von 110− 190 MHzuntersucht. Untersuchungen dieser Art wurden bisher nur im hochfrequentigen Bereich (meistbei 1.4 GHz) getätigt, wobei im folgenden Absatz einige von Arbeiten zusammengefasst undderen Ergebnisse diskutiert werden.

In der Arbeit High-precision timing observation of the millisecond pulsar PSR 1821-24 atNançay von Cognard et al. (1996) wurden neben Messungen der Eigengeschwindigkeiten vonPSR B1821-24 und anderem auch Untersuchung der Dispersion der Sonnenkorona getätigt.Dort wurden Ankunftszeiten von PSR B1821-24 in Zeiträumen gemessen in denen dieser sicham beobachtbaren Himmel in Sonnennähe befand. Daher wird eine weitere frequenzabhängigeZeitverzögerung in Form von Dispersion der Sonnenkorona erwartet. Die Messungen wurdenjährlich vom 21’ten Dezember bis zum dritten Januar in dem Observatorium in Nançay im Fre-quenzbereich von 1.4 GHz getätigt, wobei von dem Zeitraum 1989 bis 1992 gemessen wurde.Die Observationen wurden zusammen mit einem Modell, welches von einer sphärisch symme-trischen Verteilung der Elektronendichte ausgeht, geplottet. Es wurden fast täglich Messungeninnerhalb eines Monats gemacht, wobei diese graphisch dargestellt dann einen gut erkennbarenEffekt zeigt.

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21

Abb. 14: Plot der Daten, welche Ende des Jahres 1992 aufgenommen wurden. Die durchgezo-gene Linie ist das sphärisch symmetrische Modell der Elektronendichte ne=n0(

rr0

)−α. Wobei αdas Rotationsmaß in Grad ist, n0 die Elektronendichte bei der Distanz r0 =10R� (1R� beträgteinen Sonnenradius) ist. Der Plot wurde aus dem Paper von Cognard et al. (1996) entnommen.

In der Grafik 14 erkennt man keinen deutlichen Verlauf entlang der von dem Modell vorher-gesagten Kurve, da die Fehler der Messungen zu groß sind und der Verlauf der Punkte imJahreswechsel von 92/93 zu sehr schwanken.

Eine weitere Veröffentlichung, welche unter anderem Daten aus der Publikation Cognard et al.(1996) verwendet, ist das Paper An improved solar wind electron density model for pulsartimingYou et al. (2007). In diesem wird ein verbessertes Modell der Elektronendichte vorge-schlagen, welches die Elektronendichte der Sonnenwinde anhand Messungen des solaren Ma-gnetfeldes aus dem Wilcox Solar Observatory berücksichtigt. Die Daten aus dem Paper vonCognard et al (1996) und Observationen von drei weiteren Pulsaren werden mit drei unter-schiedlichen Modellen graphisch veranschaulicht (siehe 15), wobei man in dem ersten Modellvon einer sphärisch symmetrischen Verteilung der Elektronendichte ausgeht. Das zweite Mo-dell verwendet das standard solar-wind-density model aus dem pulsar timing package TEMPO2(siehe 1.7). In dem dritten Modell wird das verbesserte Sonnenwindmodell verwendet.

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22 2 BISHERIGE DM-MESSUNGEN DER HELIOSPHÄRE

Abb. 15: Die linke Abbildung zeigt den Vergleich der Messungen von PSRJ1022+1002(Dreiecke) , PSR J1744-1134(Quadrate) und PSR 1909-3744(Kreise) mitden Modellvorhersagen. Die rechte Abbildung verwendet die Werte von PSR B1821-24 ausCognard et al. (1996), welche in dem Zeitraum 1989,1990,1991 und 1992 aufgenommenwurden. Die oberen Abbildungen sind mit dem einem sphärisch symmetrischen Modelgeplottet. Für die mittleren Abbildungen wurde das Modell aus TEMPO2 und in den unterenwurde das verbesserte Sonnenwindmodell verwendet. Die Abbildung wurde aus You et al.(2007) entnommen.

In den von You et al. (2007) getätigten Messungen kann man keine Aussage über den Effektmachen, da wenig Messpunkte vorhanden sind und die Messunsicherheiten ziemlich groß aus-fallen. Jedoch sind in den Messdaten von Cognard et al.(1996) deutliche Änderungen zu denunterschiedlichen Modellen zu erkennen. Bei der Verwendung des verbesserten Sonnenwind-modells stimmen die Werte am besten mit der Vorhersage überein.

In dem Paper The Magnetic Field of the Solar Corona from Pulsar Observations von Ord andJohnston (2007) werden Pulsare mit einem Mindestwinkel zwischen Pulsar und Sonne von we-niger als 1◦ untersucht, wobei das Rotationsmaß und das Dispersionsmaß der Sonnenkoronagemessen wurden. Es wurden Messungen aus dem Parkes Radio Teleskop von vier Pulsarenaufgenommen. Dabei wurde mit drei unterschiedlichen Frequenzbänder, und zwar bei 50 cm,20 cm und 10 cm, gemessen. Daher bei Frequenzen von: 690 MHz mit einer Bandbreite von35 MHz , 1369 MHz mit einer Bandbreite von 256 MHz und 3100 MHz mit einer Bandbreite

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von 512 MHz. Die Daten wurden mit PSRCHIVE (siehe 3.3) aufbereitet. Die Messungen desPulsares J1801-2304 werden in folgender Tabelle gezeigt:

Abb. 16: Ergebnisse der Observation von PSR J1801-2304. Die Tabelle wurde aus Ord andJohnston (2007) entnommen.

Es wurden Observationen innerhalb einer Woche getätigt, jedoch wurden an den 21’sten und22’sten Dezember keine Daten aufgezeichnet. Dies ist darauf zurückzuführen, dass bei kleinenWinkeln zwischen Pulsar und Sonne die Intensität des Signals sehr niedrig war. Das Modell fürein sphärisch symmetrisch angeordnetes Elektronenplasma für den Pulsar PSR J1801-2304 hatin dem Zeitraum 19-25 Dezember folgenden Verlauf:

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24 2 BISHERIGE DM-MESSUNGEN DER HELIOSPHÄRE

Abb. 17: Das in Ord and Johnston (2007) verwendete Modell für das DM der Sonnekorona.

Da die Ankunftszeiten nicht präzise genug gemessen werden konnten und zwei Messungenausfielen, konnte in dem relevantem Zeitraum 21-23 Dezember keine gute Beobachtung getä-tigt werden.

In dem Paper Measurement of the electron density and magnetic field of the solar wind usingmillisecond pulsars befasst sich die Arbeitsgruppe You et al. (2012) erneut mit dem untersuchendes Rotationsmaßes und auch der Elektronendichte der Sonnenwinde. Die Messdaten wurdenaus dem Parkes Pulsar Timing Array (PPTA) entnommen, welches seit 2004 Daten von 20Millisekundenpulsaren aufzeichnet. Dabei wurden Daten von dem Millisekundenpulsar PSRJ1022+1001 mit einem Mindestwinkel zur Sonnenbahn von 0.06◦ und in einem Frequenzbe-reich von 1.4 GHz ausgewertet und graphisch dargestellt.

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Auswertung der Arbeit 12. November 2015 25

Abb. 18: Observation von PSR J1022+1001 bei kleinen Sonne-Pulsar-Winkeln. Die horizontaleAchse ist die Distanz zu der Sonne. Mit den negativen Distanzen ist gemeint, dass der Pulsardie Sonne an dem Punkt 0 passiert hat. Der Sonne-Pulsar-Winkel ist dann ebenfalls negativ. DieFehler von dem RM sind kleiner als die Größe der Datenpunkte. Die Abbildung wurde aus demPaper von You et al. (2012) entnommen.

Die Messungen wurden im Zeitraum von 2005-2009 getätigt und die Abstände bei denen dasSignal des Pulsars die Sonne passiert hat betrugen etwa 6− 20 R�

6. Aus diesem Plot lässt sichkein gutes Ergebnis ablesen, da eine relativ geringe Anzahl an Messdaten vorhanden ist und derFehler der Messungen relativ groß ausfällt. Daher lässt sich keine genaue Aussage treffen.

3 LOFAR-Messungen der HeliosphäreIn dieser Arbeit soll der Einfluss der Heliosphäre in Form von Dispersion auf ein Signal voneinem Pulsar im niedrigen Frequenzbereich von 110 MHz bis 190 MHz untersucht werden.In dem folgenden Kapitel wird die Verfahrensweise der Datenaufbereitung erläutert und dieErgebnisse der Untersuchung der Dispersionseffekte vorgestellt.

3.1 Ziel der UntersuchungMit den LOFAR-Stationen in Deutschland wurden Observationen in einem Zeitraum von 3 Jah-ren von drei Pulsaren getätigt, welche in dem Kapitel 3.2 aufgelistet sind. Die Pulsare hattenMindestwinkel zwischen Pulsar und Sonne von weniger als 10◦. Das Dispersionmaß der einzel-nen Beobachtungen wurden mithilfe des Pulsar Timing Package TEMPO2, welches in Kapitel

6R� ist der Radius der Sonne, welcher etwa 1.5·106 km beträgt.

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26 3 LOFAR-MESSUNGEN DER HELIOSPHÄRE

1.7 erläutert wird, ermittelt und anschließend mit den entsprechenden Fehlern graphisch veran-schaulicht. Aus diesen Grafiken soll dann geschlussfolgert werden, ob der Effekt erkennbar ist.

3.2 Daten zu den beobachteten Pulsaren

Hier werden im Folgenden Daten von den beobachteten Pulsaren aufgelistet. Insbesondere wirdhier deren Dispersionsmaß angegeben.

Pulsar Periode[ ms] DM pc/cm3 δDM

PSR J0034-0534 1.877 13.76517 4 · 10−5

PSR J0030+0451 31 4.333 1 · 10−3

PSR J0051+0423 354.7 13.9 0.1

Tab. 1: Angaben zu den in der Arbeit verwendeten Pulsaren. Die Angaben wurden aus Manchester et al. (2005a)entnommen.

Es wurde bei etwa 114 MHz, 130 MHz und 160 MHz gemessen, wobei die Bandbreite etwa71 MHz betrug.

Für weitere Informationen kann man in dem ATNF-Onlinepulsarkatalog Manchester et al. (2005a)nachschlagen. Eine Einführung in den Pulsarkatalog kann man in der Publikation The AustraliaTelescope National Facility Pulsar Catalogue von Manchester et al. (2005b) finden.

3.3 RFI-Filterung mit PSRCHIVE

Die Daten wurden mit dem Open-Source Paket PSRCHIVE, welches einzig für die Analyse vonPulsarmessungen entwickelt wurde, bearbeitet. Das Paket bietet eine Bandbreite an Funktionen,welche sowohl das Filtern von Störgeräuschen in Englisch Radio Frequency Interferenz (RFI),als auch das Erstellen von Standardpulsprofilen, welche als templates genutzt werden, ermög-licht. Eine Einführung in PSRCHIVE ist bei Hotan and van Straten (2004) zu finden. WeitereInformationen kann man auf der Webseite zu PSRCHIVE von van Straten (2006) finden.

Die Daten der Observationen werden zu Anfang auf einen lokalen Rechner geladen. Die unbe-arbeiteten Datensätze haben folgende Gestalt:

J0030+0451.2013-04-10-09:19.lofar1.ar

wobei J0030+0451 den Pulsar bezeichnet, 2013-04-10-09:19 den Zeitpunkt der Messung kenn-zeichnet, hier ist diese am 10 April um 09:19 Uhr gemacht worden, lofar1 steht für das Tele-skop und .ar ist die gängige Endung für Pulsardaten. Die Ziffer hinter der lofar-Kennzeichnungnummeriert die Messung, da mehrere Messungen unter unterschiedlichen Frequenzen zugleichgetätigt werden.

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3.3 RFI-Filterung mit PSRCHIVE 27

Auf diese Archiv-Dateien wird der Befehl Zapthis.csh *.ar angewendet. Dieser filtertRFI raus und bringt die Daten in ein neues Format. Die Ausgabe sieht dann wie folgt aus:

J0030+0451.56390.469444.120.898.ar

wobei J0030+0451 der Name, 56390.469444 das MJD-Format 7 , 120.898 steht für den Mittel-wert des Frequenzbereichs (in MHz), in der die Messung getätigt wurde.

Zum Vergleich und um zu verdeutlichen, welche Funktion das Zapthis.csh-Script übernimmtwird mithilfe des Kommandos pazi J0030+0451.2013-04-10-09:19.lofar1.ardie ursprüngliche Datei geöffnet (siehe rechte Grafik auf Abbildung 19 ). Die Grafik zeigt einPuls-Phasen-Fluss-Plot. Man erkennt deutliche Störsignale bei etwa 8 min und auch bei 52 min.Das Signal des Pulsars ist kaum bzw. gar nicht zu erkennen. Nachdem das Zapthis.csh-Script angewendet wurde kann man erkennen, dass die meisten Störgeräusche herausgefiltertwurden. Das Signal to Noice Verhältnis (S/N) des Signals ist deutlich gestiegen.

Abb. 19: In linken Abbildung ist ein Puls-Phasen-Zeit-Plot zu sehen in dem Störung vorhandensind, welche ein hohes Signal to Noice Verhälnis aufweisen. In der rechten Abbildung ist die-selbe Observation zu sehen, jedoch wurden hier mithilfe der pazi-Funktion die Störgeräusche

Die von Zapthis.csh-Script erstellte Datei beinhaltet das Pulsprofil der Observation, wobeidafür über hunderte von Signalen mit Pulsperiode des Pulsars integriert wird. Für die Analy-se der Messungen wird ein Standardprofil für unterschiedliche Frequenzbänder erstellt, was mitder Eingabe von paas -d /xs -i J0030+0451.56390.469444.120.898.ar er-möglicht wird. Hier wird die Funktion paas aus PSRCHIVE verwendet. Diese öffnet ein gra-phisches Interface mit dem Pulsprofil der Observation.

7 MJD steht für Modified Julian Date und ist eine Datierungskonvention, welche die Zeitrechnungen vereinfa-chen soll((Ray, 2000)).

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28 3 LOFAR-MESSUNGEN DER HELIOSPHÄRE

Abb. 20: Die weiße Kurve (glatter Verlauf) stellt ein mit PSRCHIVE erstelltes Standardpul-sprofil dar. Die blaue Kurve zeigt das integrierte Pulsprofil der Observation. Aus dieser wirdmithilfe Gaußkurven das Standardpulsprofil herausgeschnitten. Die rote Kurve zeigt die Dif-ferenz von Standardpulsprofils und dem eigentlichem Pulsprofil. Die Differenz beinhaltet dieStörgeräusche.

Das Pulsprofil der Observation wird nun mit Gaußfunktionen geglättet, da dieses noch Stör-geräusche beinhaltet. Der Zusatz von -d <PGPlot device> in dem Kommando setzt dieEinstellung des Plotfensters fest, wobei /xs für X-window steht. Der Zusatz von -i in dem Be-fehl ermöglicht das hinzufügen und fitten von Gaußkurven.

3.4 DispersionsmessungenNach der Aufbereitung der Observationen mit dem Zapthis.csh-Script und dem Erstel-len der templates, kann man die Ankunftszeiten (TOA) bestimmen. Dafür wird die Funkti-on pat aus PSRCHIVE verwendet, welcher das Bestimmen der Phasenverschiebung relativzu dem Standardpulsprofil mit verschiedenen Shift-Algorithmen ermöglicht. Die Ankunfts-zeiten ergeben sich dann aus dem Zeitpunkt t der Messung und der entsprechenden Phasen-verschiebung δ. Daher tTOA = t + δ. Um die TOA’s für jede Observation zu ermitteln undin eine Datei init.tim zu schreiben, welche von TEMPO2 eingelesen werden kann, wurdedie Eingabe pat -a ”templates/*.std” -f ”tempo2 <IPTA>” -A FDM -c

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3.4 Dispersionsmessungen 29

gof */*.FTp > init.tim getätigt. Mit -a ”templates/*.std” wird die Stan-dardprofile abgerufen, dabei sucht das Programm das ein passendes Template aus. Zusätzlichgibt man mit -f ”tempo2 <IPTA>” das Format an. Die Methode mit der die Phasenver-schiebung ermittelt werden soll wird mit -A <Methode> angegeben. Die hier gewählteMethode ist der FourierDomainMonteCarlo-Shift-Algorithmus, kurz FDM. Dieser nutzt aus,dass die Phasendifferenz zwischen Pulsprofilen δ, im Fourierraum eine linear zunehmende Grö-ße ist (Taylor (1992)). Damit TEMPO2 nun ausgeführt werden kann, wird die J0034-0534.parDatei, welche bereits vorhanden ist und welche das timing model des Pulsares beinhaltet, aufden neusten Stand gebracht. Dafür wird pam -m -E J0034-0534.par *ar in dieKommandozeile eingegeben.

Führt man nun TEMPO2 mit der Eingabe von TEMPO2 -gr plk -f J0034-0534.par

init.tim aus, öffnet sich das User-Interface (siehe Abb. 13). Das Interface zeigt das Re-siduum einer Observation zu dem entsprechendem Zeitpunkt an. Es fallen immer etwa 8 Ob-servationen zu einem Zeitpunkt an. Die Zeitpunkte sind das arithmetische Mittel des Anfangs-zeitpunktes einer Observation und dessen Endzeitpunktes. Die Observationen werden gefittet,wobei man dann ein Dispersionmaß und einen entsprechenden Fehler δDM für den Zeitpunktdieser Observationen erhalten.

Da TEMPO2 mit dem standard solar-wind-density model die Dispersion der Heliosphäre be-rücksichtigt (siehe Absatz 1.7), werden die Residuen zum Vergleich einmal mit der sphärischsymmetrischen Verteilung und einmal ohne Elektronenverteilung graphisch Dargestellt (Abbil-dung 21).

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30 3 LOFAR-MESSUNGEN DER HELIOSPHÄRE

Abb. 21: Residuen einer Observation des Pulsars J0030+0451. Oben wurde das von TEMPO2verwendete Modell für die Dispersion der Heliosphäre ausgelassen. Unten wurde mit dem Di-spersionsmodell in TEMPO2 geplottet. Die Abbildung wurde mit TEMPO2 erstellt.

Betrachtet man den oberen Plot aus Abbildung 21 in dem im Timing Model die Dispersionder Sonnenwinde ausgelassen wird, sieht man einen deutlichen Effekt zu dem Zeitpunkt woder Sonne-Pulsar-Winkel klein wird. Man kann denselben Effekt in dem unteren Plot erkennen,wenn auch weniger stark. Daher kann man schließen, dass das in TEMPO2 verwendete Modellfür die Verteilung der Elektronendichte das timing model verbessert.

3.4.1 PSR J0034-0534

Dem Zeitpunkt der Observationen wird dann der entsprechende Sonne-Pulsar-Winkel zugeord-net. Das Dispersionsmaß zu dem Zeitpunkt der Observationen wird dann mit dem zugehörigemWinkel graphisch dargestellt. Für den Pulsar J0034-0534 erhalten wir für die Observationeninnerhalb von 3 Jahren folgenden Plot:

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3.4 Dispersionsmessungen 31

Abb. 22: Oberservation des Pulsares J0034-0534 in den Jahren 2013, 2014 und 2015. Die Mes-sungen wurden im niedrigen Frequenzbereich getätigt. In dem Plot ist das Dispersionsmaß(DM) gegen den Sonne-Pulsar-Winkel (in Englisch solar angle) aufgetragen. Der Plot wurdemit dem Programm gnuplot erstellt.

In der folgenden Tabelle werden einige Zahlenangaben zu den Observation von PSR J0034-0534 gemacht:

Jahr Anz. Messungen Median ∆DM [ cm−3pc] Zeitspanne[ Monate] min sol angle [ ◦] Abweichung vom Modell

2013 32 3.211 · 10−5 13.5 −9.15 Ja2014 44 3.721 · 10−5 11.6 12.39 Ja2015 44 2.762 · 10−5 6.3 −8.7 nein

Tab. 2: Angaben zu den Messdaten der Observationen des Pulsars J0034-0534. Die Winkel des Pulsars werdennach dem Durchgang bei 0◦ zur Sonne negativ.

Die Observationen des Pulsars J0034-0534 wurden mit den LOFAR-Stationen Core, DE601,DE602 und DE603 getätigt. Die Observationen starteten am 17.08.2012 und endeten am 28.04.2015.

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32 3 LOFAR-MESSUNGEN DER HELIOSPHÄRE

Pulsar J0034-0534Eclip. Lat. −8.5◦

Anzahl Obsrv. 120DM 13.765

Tab. 3: Angaben zu dem Pulsar J0034-0534 und zu den Observationen.

In dem Plot 22 von den Messungen des Pulsars J0034-0534 ist der Effekt, trotz des sphärischsymmetrischen Modells der Elektronendichte, in den Jahren 2013/14 am besten zu erkennen.Da die Fehler hier deutlich kleiner Ausfallen, kann man dem Verlauf des Messwerte gut folgenund man erkennt bei kleinen Sonne-Pulsar-Winkeln eine höheres DM des Signals. In dem Jahr2015 scheinen die Werte kurz vor dem Transit bei 0◦ zur Sonne wieder einen normalen Verlaufanzunehmen.

Das Modell scheint für diesen Pulsar abzuweichen. Die Werte schwanken stark, was auf diestarken Variationen im Plasma hinweisen könnte. Daher ist die Verteilung der Elektronendichtenicht sphärisch symmetrisch sondern eher inhomogen und es existiert lokal Dichteres Plasma.

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3.4 Dispersionsmessungen 33

3.4.2 PSR J0030+0451

Abb. 23: Oberservation des Pulsares J0030+0451 in den Jahren 2013, 2014 und 2015. DieMessungen wurden im niedrigen Frequenzbereich getätigt. Der Plot wurde mit dem Programmgnuplot erstellt.

In der folgenden Tabelle werden einige Zahlenangaben zu den Observation von PSR J0030+0451gemacht:

Jahr Anz. Messungen Median ∆DM [ cm−3pc] Zeitspanne[ Monate] min sol angle [ ◦] Abweichung vom Modell

2013 13 1.2926 · 10−3 5.6 10.1 nein2014 60 1.186 · 10−3 11.2 7.2 Ja2015 6 9.032 · 10−4 1.8 −29.5 kein transit

Tab. 4: Angaben zu den Messdaten der Observationen des Pulsars J0030+0451.

Die Observationen des Pulsars J0030+0451 wurden mit den GLOW-Stationen DE601, DE603und DE605 getätigt. Die Observationen starten am 05.04.2013 und endeten 26.02.2015.

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34 3 LOFAR-MESSUNGEN DER HELIOSPHÄRE

Pulsar J0030+0451Eclip. Lat. 1.4◦

Anzahl Obsrv. 79Teleskop DE601, DE603, DE605DM 4.333

Tab. 5: Angaben zu dem Pulsar J0030+0451 und zu den Observationen.

In dem Plot 23 des Pulsars J0030+0451 scheint vor dem Durchgang bei 0◦ zur Sonne des Jahres2014 das Modell von TEMPO2 die Dispersion der Sonnenwinde gut zu beschreiben. Kurz nachdem Transit der Sonne bei 0◦ ist ein deutlicher Anstieg der Werte zu erkennen und auch danachSchwanken die Werte.

Da in diesem Plot teilweise auch Schwankungen zu sehen sind, unterstützt dies die Annahme,dass das Plasma nicht sphärisch symmetrisch Verteilt ist. Zum Teil beschreibt das Modell vonTEMPO2 die Verteilung Dichte ausreichend.

3.4.3 PSR J0051+0423

Abb. 24: Oberservation des Pulsares J0051+0423 in den Jahren 2013, 2014 und 2015. Der Plotwurde mit dem Programm gnuplot erstellt.

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Fazit 12. November 2015 35

In der folgenden Tabelle werden einige Zahlenangaben zu den Observation von PSR J0051+0423gemacht:

Jahr Anz. Messungen Median ∆DM [ cm−3pc] Zeitspanne[ Monat] min sol angle [ ◦] Abweichung vom Modell

2013 9 1.4373 · 10−3 1.9 −140 kein transit2014 32 1.03 · 10−3 11.7 9.03 nein2015 35 1.326 · 10−3 8.5 −7.8 ungenau

Tab. 6: Angaben zu den Messdaten der Observationen des Pulsars J0051+0423.

Die Observationen des Pulsars J0051+0423 wurden mit den GLOW-Stationen DE601, DE603und DE605 getätigt. Die Observationen starteten am 07.08.2013 und endeten am 27.06.2015.

Pulsar J0051+0423Eclip. Lat. −1.5◦

Anzahl Obsrv. 76Teleskop DE601, DE603, DE605DM 13.9

Tab. 7: Angaben zu dem Pulsar J0051+0423 und zu den Observationen.

In dem Plot der Observationen des Pulsars J0051+0423 ist nach dem Transit der Sonne bei 0◦ inden Jahren 2015 und 2013 keine deutliche Abweichung vom TEMPO2-Modell zu sehen. Kurzvor dem Transit der Sonne bei 0◦ sind in den Jahren 2015 und 2013 ein Anstieg der Werte zusehen.

In diesem Modell sind keine starken Schwankungen erkennbar, was bedeutet, dass für diesenPulsar das Modell aus TEMPO2 eine gute Wahl für die Dichteverteilung ist.

3.5 Diskussion

Alle drei Plots der Observationen der Pulsare J0034-0534, J0030-0451 und J0051-0423 liefernein gutes Resultat der Dispersionsmessungen der Heliosphäre. Der Winkel eines Pulsars nachdem transit der Sonne bei 0◦ ist negativ. Die Ursache für die Schwankungen in der Präzisionder Messfehler liegt darin, dass die Präzision einer Messung von der Verfahrensweise der Ob-servation abhängig ist. Faktoren, welche die Messung beeinflussen, sind zum Beispiel, welcheund wie viele Antennen verwendet werden, welche Frequenzbandbreite beobachtet wird undwie lang eine Observation getätigt wird. Auch Effekte wie Szintillation tragen zu einem erhöh-tem Fehler bei. Der mit LOFAR beobachtete Bereich lässt sich nicht auf kleine Winkel wie inden Pulsarbeobachtungen aus Kapitel 2 erweitern, da der Beobachtungswinkel in LOFAR vielgrößer ist und so bei kleinen Winkeln die Sonne sehr starke Störgeräusche verursacht.

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36 4 FAZIT UND WEITERFÜHRENDE ARBEIT

4 Fazit und weiterführende ArbeitIn diesem Kapitel werden die Resultate der Untersuchung der Heliosphäre mit GLOW zusam-mengefasst. Anschließend wird über die mögliche Erweiterungen in dieser Untersuchung mitLOFAR diskutiert.

4.1 Fazit

Anhand der guten Resultate der Observationen der drei beobachteten Objekte und der großenAnzahl an brauchbaren Messwerten, welche die GLOW-Stationen ermöglichen, lassen folgendeAussagen treffen:

• Man erkennt bei dem Pulsar J0034-0534, selbst mit dem Dispersionsmodell aus TEM-PO2, noch Abweichungen der Werte von dem charakteristischen DM dieses Pulsars. Fastbei allen Grafiken lassen sich Schwankungen im Verlauf der Messwerte erkennen. Diesweißt darauf hin, dass die Elektronendichte nicht symmetrisch Verteilt ist. Das Plasmaweißt also zeitlich und lokal dichtere Regionen auf, daher ist die Verteilung inhomogen.

• Es lassen sich bei der Observation des Pulsars J0034-0534 sogar Änderung von Jahr zuJahr feststellen. Dies könnte indirekt auf Phänomene wie Sonnenflecken hinweisen, dadiese Phänomene eine höhere Dichte das Teilchenplasmas zur Folge haben (siehe Kapitel1.5).

• Man erkennt anhand der Observationen von PSR J0030+0451 und PSR J0051+0423, dassfür einige Pulsare das Dispersionsmodell in TEMPO2 in manchen Jahren recht gut dieElektronendichte der Heliosphäre berücksichtigt.

4.2 Weiterführende Arbeit

Die Untersuchung der Heliosphäre hat gute Ergebnisse geliefert. Nun könnte man diese auf wei-tere Pulsare ausweiten. Im Vergleich zu den hochfrequentigen Untersuchungen kann man mitLOFAR schon bei großen Sonne-Pulsar-Winkeln Änderung messen und sogar deutlich Schwan-kungen im Verlauf erkennen. Denn man kann den Effekt in einem Zeitraum von 3 Monatedeutlich erkennen. Bei den Messungen von Cognard et al. (1996) ist der Effekt nur etwa für2 Wochen zu erkennen, was bedeutet das dieser im hochfrequentigen Bereich nur bei kleinenSonne-Pulsar-Winkeln erkennbar ist.

Hier ist eine Tabelle zum Vergleich dieser Arbeit mit Untersuchungen im hochfrequentigenBereich.

Referenz Anz. Pulsare Anz. Messungen typ. Fehler δDM[ pc/cm3] min solar angle [ ◦] Anz. Messungen pro Jahr Kadenz

Congnard(1996) 1 78 2 · 10−3 2 26 1 TagYou(2007) 3+1 11+73 1.7 · 10−3 2 11+26 1 WocheOrd(2006) 4 17 4 · 103 1.1 17 1 TagDiese Arbeit 3 275 5 · 10−4 −7.8 91 1 Woche

Tab. 8: Informationen über die Arbeiten im hochfrequentigen Bereich und zu dieser Arbeit.

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LITERATUR 37

Aus der Tabelle kann man ablesen, dass LOFAR deutlich mehr brauchbare Messdaten und mithoher Präzision arbeitet. Zünftig sollte man mehr Messungen bei kleinen Sonne-Pulsar-Winkeltätigen, was die Untersuchung und Interpretation der Phänomene deutliche erleichtern wird, dabisher die Messungen immer mit einer Kadenz von 1 Woche getätigt wurden.

Für zukünftige Observation über einen langen Zeitraum mit GLOW bedeutet das, dass die Di-spersion der Heliosphäre für Signale von Pulsaren, welche die Sonnenkorona passieren, nichtzu vernachlässigen ist. Die hohe Auflösung, die Präzision der Messungen, welche LOFAR bie-tet, und der verstärkte Effekt der Dispersion im niedrigen Frequenzbereich erlauben es dannauch bei zwei nah aneinander liegenden Objekten nach größeren Strukturen wie Gaswolkenim ISM zu suchen. Auch die Verteilung des Plasmas der Heliosphäre lässt viel besser analy-sieren, wenn man eine große Anzahl an Pulsaren untersucht. Die Einzelnen Dichtevariationenkönnen dann identifiziert werden und es könnte dann eine Dichteverteilung des Plasmas in derHeliosphäre ermittelt werden. Zusätzlich könnte man in der Zukunft mit LOFAR mithilfe desRotationsmaßes das Magnetfeld der Sonne untersuchen.

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38 LITERATUR

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