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418 G. C. Wittstein, Die Siggelkon'schen Haarmittel. Da nun der Verkauf von Schmefeleisen frei ist, selbiges iiberhaupt aueh kein Arzneimittel, so wurde die erste An- klage wegen unbefugten Verkaufs eines Arzneimittels fallen gelassen, und die Anklage wegen Betrugs erhoben. Von der Strafkammer des Kreisgerichts zu Itzehoe wurde Popp jedoch frci gesprochen. Ob Popp jetzt sein Mittel veriindert hat und Ferr. hydrog. reduct. anwendet oder ein Gemenge davon mit Schwefel- cisen, ist mir nicht bekannt. Da ich den-Werth des frag- lichen Pulvers per Pfund auf 30 Pf. angab, so machte Herr Popp mir das Anerbieten, ihm fir einen hohern Preis, w-ie 30 Pf. das Schwefeleisen zu liefern, noch dazu, weil die Be- reitung nicht angenchm sei. Ich lehnte dies natiirlich ab, muthmasse jedoch, dass er jetzt von einem kleinen Droguisten bezieht, der ihn vielleicht den Rath gegeben hat, Ferr. reduct. mi t zii gebrauchen. Un t ersnchaii g eiiiiger Gcheirmuit tel. Von G. C. Wittstein. 1. Die Siggelkow'schen Haarmittel. Der Hamburger Bader Heinrich Siggelkow, bekannt durch seine wiederholtcn Rundreiscn in Dcutschland zum Zweck der Ertheilung von Rath und Hiilfe an Haarleidende und harbediirftige , tauchte auch mehr als einmal in Miinchen auf, erfreute sich hier eines mehr als ge\yohnlichen Zulaufs, namentlich aus den ,, gebildeten " Schichten der Bevolkerung, und diesem Umstande rerdanke ich die niihere 'Bekanntschaft mit den Nitteln des Haardoctors. Es sind ihrer drei, nemlich zxei Haarbalsame und eine Haarpommade; doch weiss ich nicht, ob S. nicht auch noch uber andere Mittel verfugt. Der Haarbalsam No. 1, empfohlen zur Starkung des IIaarbodens und der unthatig gexordenen Haarwnrzeln, envies sich als ordinarer saurer, kaum 6 Proc. Alkohol enthaltender Rothwein. Die 150 g. enthaltende Flasche kostet 4 Mark; wirklicher Werth 20 Pfennige.

Untersuchung einiger Geheimmittel

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Page 1: Untersuchung einiger Geheimmittel

418 G. C. Wittstein, Die Siggelkon'schen Haarmittel.

Da nun der Verkauf von Schmefeleisen frei ist, selbiges iiberhaupt aueh kein Arzneimittel, so wurde die erste An- klage wegen unbefugten Verkaufs eines Arzneimittels fallen gelassen, und die Anklage wegen Betrugs erhoben. Von der Strafkammer des Kreisgerichts zu Itzehoe wurde Popp jedoch frci gesprochen.

Ob Popp jetzt sein Mittel veriindert hat und Ferr. hydrog. reduct. anwendet oder ein Gemenge davon mit Schwefel- cisen, ist mir nicht bekannt. Da ich den-Werth des frag- lichen Pulvers per Pfund auf 30 Pf. angab, so machte Herr Popp mir das Anerbieten, ihm fir einen hohern Preis, w-ie 30 Pf. das Schwefeleisen zu liefern, noch dazu, weil die Be- reitung nicht angenchm sei. Ich lehnte dies natiirlich ab, muthmasse jedoch, dass er jetzt von einem kleinen Droguisten bezieht, der ihn vielleicht den Rath gegeben hat, Ferr. reduct. mi t zii gebrauchen.

Un t ersnchaii g eiiiiger Gcheirmuit tel. Von G. C. W i t t s t e i n .

1. D i e S i g g e l k o w ' s c h e n H a a r m i t t e l .

Der Hamburger Bader Heinrich Siggelkow, bekannt durch seine wiederholtcn Rundreiscn in Dcutschland zum Zweck der Ertheilung von Rath und Hiilfe an Haarleidende und harbediirftige , tauchte auch mehr als einmal in Miinchen auf, erfreute sich hier eines mehr als ge\yohnlichen Zulaufs, namentlich aus den ,, gebildeten " Schichten der Bevolkerung, und diesem Umstande rerdanke ich die niihere 'Bekanntschaft mit den Nitteln des Haardoctors. Es sind ihrer drei, nemlich zxei Haarbalsame und eine Haarpommade; doch weiss ich nicht, ob S. nicht auch noch uber andere Mittel verfugt.

Der H a a r b a l s a m No. 1, empfohlen zur Starkung des IIaarbodens und der unthatig gexordenen Haarwnrzeln, envies sich als ordinarer saurer, kaum 6 Proc. Alkohol enthaltender Rothwein. Die 150 g. enthaltende Flasche kostet 4 Mark; wirklicher Werth 20 Pfennige.

Page 2: Untersuchung einiger Geheimmittel

G. C. Wittstein, alpenkriuter - Eisenbitter. 419

Der H a a r b a l s a m No. 2 ist ebenfalls ordinarer Roth- wein, worin aber 2 Proc. Tannin aufgeiost sind.

Die H a a r p o m m a d e , zur Beforderung des Haarwuch- scs jeden Morgen den Kopf dsmit einzureiben, ist eine JTi- schung von 1 Thcil weingeistigem Chinarindenextract und 8 Theilen Schweinefett.

2. A 1 p e n k r a u t e r - E is e n b i t t cr. (Bitter ferrugineux).

Von Apotheker A. F. D e n n l e r in Interlakcn.

Dieser ,, wiirdige College " wohnt allerdings so recht mit- ten in der grossartigsten Alpenwelt, hatte daher die beste Gelegenheit , sich mit den kostbarsten Alpenkrautern zu ver- sehen, und d a r a u s einen Schnaps zu bereiten. Allein er hat, wie wir sogleich sehen werden, sich die Sache vie1 be- quemer gemacht und einen neuen Beweis dafiir geliefert, dass der Geheimmittelschwindel ohne Luge nicht bestehen kann.

Das Praparat bildet eine braunlich - gelbliche, geistig und aromatisch, nach Anis riechende, geistig, aromatisch, bitter und hinterher sehr schwach zusammenziehend schmeckende Flus- sigkeit , und- wird angeriihmt gegen Bleichsucht, Blutarmuth, Schwachezustando etc.

Nach der bei mir von Herrn L o r e n z G e y e r vorge- nommenen Untersuchung ist dasselbe eine Losung von

1 Proc. Aloe, 0,12 ,, Eisenvitriol

und einigen Tropfen Anisol in verdiinntem Weingeist. Da weder die Aloe, noch der Anis auf den Alpen vor-

kommt, so muss Herr Dennler es sich schon gefallen lassen, dass ich ihn der geflissentlichen Unwahrheit bezichtige.

Fur die 350 g. enthaltende Flasche 1Zsst er sich 2 M. 40 Pf. (3 Frcs.) bezahlen ; wirklicher Werth (incl. Flasche) 40 Pf.

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