17
16 G. Schroeder und W. Liittke Bd. 136 Liebigs Ann. Chem. 736, 16-32 (1970) Untersuchungen iiber den Bildungsmechanismus des Phenylrosindulins in der Indulin-Schmelze, II von Gerhard Schroeder und Wolfgang Luttke *) Aus dem Institut fur Organische Chemie der Universitat, D-34 Gottingen Eingegangen am 3. Juli 1969 In der Indulin-Schmelze wird die p-Aminoazoverbindung 1 reduktiv in einer autokatalytischen Reaktion in 2 und Anilin gespalten. Aus 2 wird auf den Reaktionswegen a und c (c1 und c2) 5 gebildet, das in einer Redoxreaktion leicht in Phenylrosindulin (7) und 1.2.4-Trianilino- naphthalin (4) ubergcht. Ausgangsprodukt und Zwischenprodukte konnen nach Protonierung ihre Anilinogruppen gegen Anilin aus der Schmelze austauschen. Diese Austauschreaktionen haben daher einen groBen EinfluR auf die Isotopen-Verteilung im Endprodukt, wenn die Indulinschmelze mit definiert 15N-markierten Ausgangsverbindungen durchgefiihrt wird. Die Ergebnisse friiherer Untersuchungen werden mit den eigenen Befunden verglichen und diskutiert. Investigation of the Mechanism of Formation of Phenylrosinduline in the Induline Melt Reaction, II 1) In the induline melt the p-aminoazo compound 1 is reductively cleaved into 2 and aniline by an autocatalytic reaction. 5 which is formed from 2 via reaction paths a and c (c1 and c~) reacts easily to 7 and 4 in a redox reaction. Protonated starting and intermediate compounds exchange their anilino groups with aniline. These reactions therefore influence the isotopic distribution in the end product when the melt reaction is carried out with starting com- pounds 15N-labelled in known positions. Our results are compared with the conclusions of earlier investigations and are discussed. In der I. Mitteilungl) war gezeigt worden, darj die p-Aminoazoverbindung 1 in einer autokatalytisch verlaufenden Reaktion reduktiv in die p-Diaminoverbindung 2 und Anilin gespalten wird. Als Reduktionsmittel wirken hierbei 1.4-Diamine. NH- CcH5 NH-C6H5 @ + C6H5-NH, N*N NHZ I 1 c6H5 2 - *) Herrn Prof. Dr. Eugen Miiller zum 65. Geburtstag gewidmet. 1) I. Mitteilung: G. Schroeder und W. Liitrke, Liebigs Ann. Chem. 723, 83 (1969).

Untersuchungen über den Bildungsmechanismus des Phenyirosindulins in der Indulin-Schmelze, II

Embed Size (px)

Citation preview

16 G . Schroeder und W. Liittke Bd. 136

Liebigs Ann. Chem. 736, 16-32 (1970)

Untersuchungen iiber den Bildungsmechanismus des Phenylrosindulins in der Indulin-Schmelze, II von Gerhard Schroeder und Wolfgang Luttke *)

Aus dem Institut fur Organische Chemie der Universitat, D-34 Gottingen

Eingegangen am 3. Juli 1969

In der Indulin-Schmelze wird die p-Aminoazoverbindung 1 reduktiv in einer autokatalytischen Reaktion in 2 und Anilin gespalten. Aus 2 wird auf den Reaktionswegen a und c (c1 und c2) 5 gebildet, das in einer Redoxreaktion leicht in Phenylrosindulin (7) und 1.2.4-Trianilino- naphthalin (4) ubergcht. Ausgangsprodukt und Zwischenprodukte konnen nach Protonierung ihre Anilinogruppen gegen Anilin aus der Schmelze austauschen. Diese Austauschreaktionen haben daher einen groBen EinfluR auf die Isotopen-Verteilung im Endprodukt, wenn die Indulinschmelze mit definiert 15N-markierten Ausgangsverbindungen durchgefiihrt wird. Die Ergebnisse friiherer Untersuchungen werden mit den eigenen Befunden verglichen und diskutiert.

Investigation of the Mechanism of Formation of Phenylrosinduline in the Induline Melt Reaction, II 1)

In the induline melt the p-aminoazo compound 1 is reductively cleaved into 2 and aniline by an autocatalytic reaction. 5 which is formed from 2 via reaction paths a and c (c1 and c ~ ) reacts easily to 7 and 4 in a redox reaction. Protonated starting and intermediate compounds exchange their anilino groups with aniline. These reactions therefore influence the isotopic distribution in the end product when the melt reaction is carried out with starting com- pounds 15N-labelled in known positions. Our results are compared with the conclusions of earlier investigations and are discussed.

In der I. Mitteilungl) war gezeigt worden, darj die p-Aminoazoverbindung 1 in einer autokatalytisch verlaufenden Reaktion reduktiv in die p-Diaminoverbindung 2 und Anilin gespalten wird. Als Reduktionsmittel wirken hierbei 1.4-Diamine.

NH- CcH5 NH-C6H5

@ + C6H5-NH,

N*N NHZ I

1 c6H5 2 - *) Herrn Prof. Dr. Eugen Miiller zum 65. Geburtstag gewidmet. 1) I. Mitteilung: G . Schroeder und W. Liitrke, Liebigs Ann. Chem. 723, 83 (1969).

1970 Bildungsmechanismus des Phenylrosindulins, I1 17

Die vorliegende Arbeit befal3t sich mit der Bildung des Phenylrosindulins (7) aus

Die Phenylrosindulin-Schmelze enthalt u. a. stets folgende Verbindungen : der Verbindung 2.

N-C&

NH-CCHs N H - C & , N - C G H ~

3 4 5

In einer Reaktionsfolge, die fur Chinone und ahnlich auch fur Chinonimine charak- teristisch ist, konnen 3 -6 aus Naphthochinon-(1.4)-imin-anil (9) gebildet werden. Von den so entstehenden Verbindungen geht 2-Anilino-naphthochinon-(1.4)-dianil (S), wie schon Fischer und Heppz) fanden, durch Disproportionierung leicht in 7 und 4 iiber. 5 kann daher als unmittelbare Vorstufe von 7 betrachtet werden:

5 + 5 + 7 + 4

Das Schema 1 (S. 18) zeigt die zur Bildung von 7 fiihrenden Reaktionsmoglichkeiten.

Die Reaktionsschritte, die zu einer Anlagerung von Anilin an ein Chinondiimin fiihren (9 + 10, 9 + 11, 3 --f 4, 3 -+ 4 ) , erwiesen sich, anders als die Oxydation der 1.4-Diamine zu den entsprechenden Chinondiiminen (10 --f 12, 11 --f 13, 4 -+ 5, 4 -+ S), als stark saurekatalysiert. Durch geeignete Wahl der Aniliniumionen- Konzentration lafit sich die Geschwindigkeit der Anilin-Anlagerung und damit der Gesamtreaktionsablauf so steuern, da13 entweder die Anlagerung oder aber die Oxydation schnell ablauft ; die Aniliniumionen-Konzentration bestimmt das Verhaltnis der Endprodukte. Dies wird durch die beiden folgenden Versuche belegt:

1) Werden 1 mMol 3 und 3 mMol Anilin-hydrochlorid in 50 mMol Anilin 15 Min. bei 140" gehalten, so erhalt man:

5 % Phenylrosindulin (7) 12 % 1.4-Dianilino-naphthalin (8) 80 % 1.2.4-Trianilino-naphthalin (4)

2 % 2-Anilino-naphthochinon-(l.4)-dianil (5)

2) 0. Fischer und E. Hepp, Liebigs Ann. Chem. 256, 233 (1890), und zwar S. 251. Liebigs Ann. Chem. Bd. 736 2

18 G. Schroeder und W. Luttke Bd. 136

2) Setzt man der Reaktionsmischung aus 3 und der 50fachen Menge Anilin jedoch nur eine Spur Anilin-hydrochlorid zu, so findet man nach einer Reaktionsdauer von 15 Min. bei 140":

33 % Phenylrosindulin (7) 64 % 1.4-Dianilino-naphthalin (8)

2 % Naphthochinon-(1,4)-dianil (3; Ausgangsprodukt)

Schema l a ) . Ringschlufl Phenylrosindulin-Bildung aus

1 -Amino-4-anilino-naphthalin (2)

NH-Ph 5 N-Ph

Anilinaddition

NH-Ph N - P h

NH-Ph

Oxydation

NH-Ph

Nucleophile Substitution

NH-Ph

@ - dh \ / \ \ \

W - P h a f i k H - p h s \ h

8 NH-Ph 3 N-Ph 4 NH-Ph 5 N-Ph 7 -Ph

Ph = CeH,

*kennzeichnet das',N-tragende C-Atom

a) Abgesehen von dem mil d bezeichneten Weg, is1 stets nur der Austausch einer Imino- gegen eine Phenylimino- Gruppe beriicksichtigt. Selbstverstandlich kann auch eine Substitution der Amino- gegen eine Anilino-Gruppe erfolgen. Diese Reaktionsfolge wurde nur fur Vcrbindung 2 eingezeichnet (Weg d).

Im Versuch 1) verlauft die Anlagerung (3 + 4) des Anilins an das Chinondianil 3 schneller als die Weiteroxydation des zunachst gebildeten 5 zum Phenylrosindulin (7), vermutlich deshalb, weil 3 hier protoniert wird und dann als kraftiges Elektrophil gegeniiber dem Anilin fungiert. In diesem Fall ist also k l > k2.

1970 Bildungsmechanismus des Phenylrosindulins, I1 19

.@ C6HSNH2, a - 2 H ki T

NH-C,H5 N-C6H5 NH-CgH,

3 4

-2 H - k3

Die Folge ist, daR im Reaktionsprodukt zwar vie1 4, aber nur wenig 5, 7 und 8 ge- funden werden.

Anders sind die Verhaltnisse im Versuch 2): Hier ist die Geschwindigkeit der Oxydation 4 + 5 + 7 groR gegenuber der Anlagerung von Anilin an 3 (d. h. kz und k3 > kl ) . Die gesamte entstehende Trianilino-Verbindung 4 wird sofort von uber- schussigem Chinondianil 3 zu 5 oxydiert, so daB man die theoretisch mogliche Aus- beute an Phenylrosindulin (7) erhalt.

Moglicherweise liegt diese Reaktionsfolge auch der Phenylrosindulin-Bildung in der Indulin-Schmelze zugrunde. Urn diese Vermutung zu priifen, wurde die Phenyfros- indulin-Schmelze mit markierter Azoverbindung 1 durchgefuhrt, wobei der Anilino- stickstoff (N-1) durch 15N ersetzt worden war.

I 1 I NH-C6H, N-C6H5 N-C6H5

N €1- C gH5 Q N6FH5 N'-CgH5 N'

I Nz;.

1 c6135 5 7

Setzt man voraus, daB keinerlei Austausch zwischen der 15N-markierten Anilinogruppe von 1 und dem Anilin der Schmelze stattfindet, dann ist fur die einzelnen im Schema 1 (S. 18) aufgefuhrten Wege folgende Isotopen-Verteilung (in % l5N) zu erwarten:

Wega (2 + 9 -10 +12 +5' +7'): N-1 = 100%; N-2 = 0%; N-3 = 0% Weg b (2 --f 9 + 11 + 13 + 7): 0 %; N-2 = 100%; N-3 = 0 % W e g c ( 2 + 9 + 3 + 4 + 5 + 7 ) : N - l = 5 0 % ; N - 2 = 5 0 % ; N - 3 = 0 %

Wird dagegen vorausgesetzt, daB in 5 die (N-2)-Phenyliminogruppe mit der Schmelze in einem Austauschgleichgewicht steht3) und dab diese Austauschreaktion schnell gegen-

N-1 =

3) R. Lantz, Ann. Chimie [ l l ] 2, 58, 101 (1934). 29

20 G . Schroeder und W. Luttke Bd. 736

iiber der Phenylrosindulin-Bildung ist, dann iscim Phenylrosindulin (7) folgende Isotopen- Verteilung (in % 15N) zu erwarten:

Weg a: N-1 = 100%; N-2 = 0%; N-3 = 0% Weg b: N-1 : 0%; N-2 = y%; N-3 = y”/ ,, Weg c: N-1 = 50%; N-2 = y%; N-3 = y%

Sind die Austauschreaktionen jedoch nicht wesentlich schneller, sondern langsamer oder vergleichbar mit der Phenylrosindulin-Bildung, dann sollte folgende Isotopen-Verteilung (in % 15N) vorliegen:

y = IsN-Gehalt im Anilin der Schmelze

Weg a: N-1 = 100%; N-2 =

Weg b: N-1 = 0%; N-2 < loo”/, > y x ; N-3 < y% Weg c: N-1 = 50%; N-2 < 50% > y%; N-3 < y%

Die experimentelle Bestimmung der Isotopen- V e r t e i h g im Reaktionsprodukt ergab

0%; N-3 = 0% y = IsN-Gehalt im Anilin der Schmelze

folgende IsN-Gehalte: Phenylrosindulin: N-1 = 21 %; N-2 = 6.2%; N-3 = 6 % Anilin der Schmelze: 7.8 %

Die gefundene Isotopen-Verteilung entspricht also in keiner Weise den Erwartungs- werten fur die Wege a, b ode1 c ; sie zeigt vielmehr, daB mindestens eine der Annahmen, auf die sich die Vorausberechnung der Isotopen-Verteilung griindet, unzutreffend ist. Es miissen deshalb auBer den von Lantz3) beschriebenen Austauschgleichgewichten noch weitere existieren, oder das Reaktionsschema 1 (S. 18) entspricht nicht der Wirklichkeit. AuBerdem konnte das Phenylrosindulin (7) nicht nur auf einem Weg allein, sondern auf mehreren Parallelwegen gebildet werden.

Um hieruber AufschluB zu gewinnen, muBte zunachst der Austausch von Phenyl- amino- bzw. Phenylimino-Gruppen an verschiedenen Zwischenprodukten der Indulin- Schmelze naher untersucht werden.

Austauschgleichgewichte in der Indulin-Schmelze

1. Austausch am 4-Benzolazo-1-anilino-naphthalin (1)

0.2 mMol 1, dessen Aminostickstoff 15N-markiert war (96 % *5N), wurden mit 1.4 mMol Anilin und 0.2 mMol Anilin-hydrochlorid der Phenylrosindulin-Schmelze unterworfen. Nach 18 Min. bei 140” wurde die Reaktion abgebrochen, die nicht- umgesetzte Azoverbindung 1 isoliert und ihr 1sN-Gehalt bestimmt. Ihr Aminostick- stoff bestand nur noch zu 51 % aus 15N.

Es findet also bereits Austausch der (-NH-CsHs)-Gruppe der Azoverbindung 1 mit dem Anilin der Schmelze statt. Berucksichtigt man, daO wahrend der Induktions- zeit der Gesamtreaktion (in der fast keine Azoverbindung reduktiv gespalten wird) der (-NH -CsH5)-Austausch schon stattfindet, so mu13 man annehmen, daB das

1970 Bildungsrnechanismus des Phenylrosindulins, 11 21

unter den zuvor angegebenen Reaktionsbedingungen nach der reduktiven Spaltung von 1 entstandene 2 im Mittel nur noch ca. 60% des ursprunglich in der Azoverbin- dung vorhandenen 15N enthalt.

2. Austausch am Naphthochinon-(l.4)-dianil (3)

0.2 mMol 3 wurden mit einer Spur Anilin-hydrochlorid und 4 mMol 1sN-Anilin (ca. 34% 15N) 10 Min. bei 140" gehalten. Danach enthielt N-1 des Phenylrosindulins 14.5 % 15N; N-2 und N-3 wiesen beide einen Gehalt von ca. 30% 15N auf. Das Anilin der Schmelze war noch zu 31.5% 15N-markiert. Damit steht fest, daB im Naghtho- chinon-( I .4) -dianiZ (3) beide ( = N - C&s)-Gruppen langsam ausgetauscht wurden.

3. Austausch am 2-Anilino-naphthochinon-(l.4)-dianil (5)

0.2 mMol 5 wurden mit einer Spur Anilin-hydrochlorid und 4 mMol 1sN-Anilin (35 % 15N) 10 Min. bei 140" gehalten. Die anschlieBende Isotopenanalyse des Phenyl- rosindulins ergab 10% 15N fur N-1 und zusammen 17% 1SN fur N-2 und N-3. Aus dem Intensitatsverhaltnis der Peaks der Molekul-Ionen im Massenspektrum ging eindeutig hervor, daB nicht N-2 und N-3 je 17 %, sondern nur eines (N-2 oder N-3) 32 % und das andere weniger als 2 % 1SN enthielt.

Ob N-2 oder N-3 zusammen rnit seinem Phenyl-Rest gegen Anilin aus der Schmelze ausgetauscht wird, konnte auf folgende Weise entschieden werden: 1 mMol 3 wurde rnit 3 mMol p-Toluidin-hydrochlorid und 60 mMol p-Toluidin in 50 ccm Athanol 3 Min. bei 80" gehalten. Hierbei lagerte sich p-Toluidin an das Chinondiimin-System von 3 an unter Bildung eines Triamino-Derivates, das durch uberschussiges 3 dehydriert wurde. Die eine Halfte der hierbei erhaltenen Substanz wurde in Benzol gelost, rnit gelbem Quecksilberoxid (HgO) erhitzt und das gebildete Phenylrosindulin-Derivat anschlieBend zum entsprechenden Rosindon-Derivat 16 abgebaut. Das Kernresonanz- spektrum von 16 zeigte zwei unterschiedliche Methylgruppen an ; die beiden Signale hatten gleiche Intensitat und lagen bei T = 7.70 und 7.45.

Bei diesem Versuch sind folglich zwei Toluidin-Reste ins Molekiil eingetreten; der eine durch Addition an 3, und der andere durch Austausch an Verbindung 14. Das wurde dadurch bewiesen, darj sich die durch Austausch eingetretene Gruppe leicht gegen Anilin rucktauschen la&. Hierzu wurde die andere Halfte der in obigem Versuch erhaltenen Verbindung 15 3 Min. rnit 30 mMol Anilin und 2 mMol Anilin-hydrochlorid in 50 ccm Athanol auf 80" erwarmt. Die hierbei erhaltene Verbindung 14 wurde analog 15 in das entsprechende Rosindon-Derivat 17 uberge- fuhrt. Dessen NMR-Spektrum zeigte nur noch eine Methylgruppe bei T = 7.48 an. Der ( N - ~ ) - C ~ H ~ - C H ~ - R ~ S ~ war also gegen Anilin ruckgetauscht worden.

In dern angegebenen Reaktionsscherna wurde der Austausch der (N-l)-C&-Gruppe nicht beriicksichtigt, da er auf andere Weise bereits nachgewiesen wurde. Das Gleichgewicht zwischen 14 und 5 stellte sich so langsam ein, daB es bei den gewahlten kurzen Reaktions- zeiten nicht beobachtet werden konnte.

22

kz Anilin-"N

\

G . Schroeder und W. Liittke Bd. 736

4

k-z Anilin-I4N

1) HgO 2) HISO, I 1) HgO

2) H,SO, I N-CsH, N - C ~ H S

p-Toluidin p-Toiuidin (Uherschuss yon 3)) gc6H5 NH-C,H, - CH,

3 N-C6HS N - c ~ H 4 - c H, 15 'k I !

t i Ani l in i; p-Toiuidin

I: I:

Damit ist bewiesen, darj N-2 mit seinem Rest sehr vie1 schnelier ausgetauscht wird ais N-3. Aus den IsN-Gehalten des Phenylrosindulins (7) in den einzelnen Positionen folgt fur die relativen Geschwindigkeitskonstanten des Anilin-Austausches:

kl : k2 : k3 verhalt sich etwa wie 100 : 10 : 1

1970 Bildungsmechanismus des Phenylrosindulins, I1 23

Die Phenylrosindulin-Bildung aus den Spaltprodukten der p-Aminoazoverbindung 1

Nachdem geklart worden ist, welche Austauschgleichgewichte zu beriicksichtigen sind, IaRt sich auch die Isotopen-Verteilung in der Indulinschmelze bei dem auf S. 19 beschriebenen Markierungsversuch verstehen, so dalj Riickschliisse auf den Reaktions- weg (a, b oder c im Schema 1, S. 18) gezogen werden konnen.

Bei diesem Markierungsversuch (S. 19) enthielten N-2 sowie N-3 des Phenylrosindulins 6.2% und N-1 21 % 15N. Die noch nicht umgesetzte Azoverbindung wies nur noch 51 % des urspriinglichen 15N-Gehaltes auf (vgl. S. 20). Im Anilin der Schmelze wurden 7.8 % 15N gefunden.

Wie die Untersuchung der Austauschgleichgewichte in der Indulin-Schmelze gezeigt hat, tauscht die Phenyliminogruppe (N-2)-C#5 von 5 rasch mit dem Anilin der Schmelze aus. Aus diesem Grunde ist zu erwarten, dalj der IsN-Gehalt von N-2 im Phenylrosindulin (7) der gleiche ist wie der des Anilins in der Schmelze zum Zeitpunkt des Ringschlusses. Dies gilt fur alle drei Reaktionswege a, b und c.

Die Untersuchung der Austauschgleichgewichte zeigte weiter, dalj die Anilino- gruppe (N-3)H -C6H5 in 5 ausschlieljlich aus dem Anilin der Schmelze stammt, und dalj sie auf dem weiteren Reaktionsweg zum Phenylrosindulin nur zu einem sehr geringen Teil ausgetauscht wird. Das Stickstoffatom N-3 im Phenylrosindulin mu8 deshalb nahezu den gleichen IsN-Gehalt besitzen wie ihn das Anilin der Schmelze zu dem Zeitpunkt besalj, als N-3 in das Chinondiimin 9 oder 3 eintrat. Auch hiernach kann zwischen den Reaktionswegen a, b und c nicht unterschieden werden.

Dem entspricht auch der experimentelle Befund : N-2 und N-3 des Phenylrosindulins (7) besaljen nahezu den gleichen 1sN-Gehalt (6.2%). Er lie@ etwas niedriger als der Endwert des Anilins der Schmelze (7.8%). Das ist auch verstandlich, denn fur den IsN-Gehalt von N-2 und N-3 ist die 1sN-Anilin-Konzentration der Schmelze beim Zeitpunkt des Ringschlusses zum Phenazin-Derivat oder der Anlagerung der Anilino- gruppe an 3 maljgebend und nicht die Endkonzentration. Diese muB selbstverstand- lich groljer sein, da ja der 15N-Gehalt des Anilins bis zum Schlulj der Umsetzung standig durch Austauschreaktionen ansteigt.

Der IsN-Gehalt des Stickstoffatoms N-1 in 7 ist dagegen fur jeden der drei Wege a, b und c verschieden zu erwarten: fur Weg a ca. 25-30% 15N; fur Weg b und c1

ca. 6% 15N und fur c2 ca. 25-30% 15N. Die Wege c1 (3 4 4 + 5 + 7) und c2 (3 + 4 + 5’ --z 7’) sind aus Symmetrie-

griinden gleichberechtigt. Es wird stets ebensoviel 3 nach c1 wie nach c2 umgesetzt. Daraus folgt, daB fur die Wege c ca. [6.2 + (25 . . . 30)]/2 = 15 . . . 18% 15N im N-2 von 7 zu erwarten sind. Fur diese Abschatzung wurde auf der Stufe des Naphtho- chinon-(l.4)-imin-anils (9) ein Austausch der (=N-C&I5)-Gruppe von 20 % zu- grunde gelegt.

24 G. Schroeder und W. Liittke Bd. 136

Man sieht sofort, daR die Reaktion nicht auf einem der drei vorgeschlagenen Wege allein abgelaufen sein kann; denn die in N-1 des Phenylrosindulins gefundenen 21 % 15N konnen auf diese Weise nicht erklart werden. Mit Sicherheit ist Weg c beteiligt, da aus der Indulinschmelze stets 3 isoliert werden kann. Wie bereits S. 19 gezeigt wurde, entsteht aus 3 unter den Bedingungen der Indulin-Schmelze quantitativ Phenyl- rosindulin (7). Da nun der fur N-1 gefundene IsN-Gehalt groBer ist als nach Weg c zu erwarten war, mu13 auch Weg a beteiligt sein, weil nur so ein hoherer 1sN-Gehalt als 15-18% zustande kommen kann. Ob und inwieweit auch Weg b beteiligt ist, 1aRt sich durch Untersuchungen mit 15N-markierten Verbindungen nicht entscheiden.

Ein anderer Versuch zeigt ebenfalls, da13 die Reaktionswege a und c wesentlich an der Phenylrosindulin-Bildung beteiligt sind: 1 mMol 9 wurde mit 1.2 mMol Anilin- hydrochlorid 10 Min. bei 140" gehalten. Neben zahlreichen anderen Produkten ent- standen :

2 "/u Phenylrosindulin (7) 1 1 % 1.4-Dianilino-naphthalin (8)

28 "/u 1.2.4-Trianilino-naphthalin (4) 2 % 1-Amino-2.4-dianilino-naphthalin (10)

Bei dieser Reaktion wurde verhaltnismaRig vie1 8, die Vorstufe des Chinondianils 3, gebildet. Da 3 unter den Bedingungen der Indulin-Schmelze auf den Reaktionswegen c1 und c2 leicht in Phenylrosindulin (7) ubergefiihrt wird, muB angenommen werden, dal3 ein grol3er Teil des Phenylrosindulins auf diesem Wege gebildet wird. Gleich- zeitig erweist dieser Versuch, daR auch uber den Reaktionsweg a Phenylrosindulin entsteht ; denn nur hier ist 1-Amino-2.4-dianilino-naphthalin (10) Zwischenprodukt der Phenylrosindulin-Bildung.

Es gibt Anhaltspunkte dafiir, daR bei der Phenylrosindulin-Bildung auch Weg b beschritten wird; denn nach alkalischer Aufarbeitung der Indulin-Schmelze kann man in sehr geringer Menge (< 1 %) die beiden Naphthochinonanile 18 und 19 isolieren. Diese konnen erst bei der alkalischen Aufarbeitung (1 n NaOH) aus entsprechenden Iminoverbindungen durch Hydrolyse entstanden sein, weil die Schmelze keine Sauer- stoff-haltigen Verbindungen enthielt und unter AusschluR von Sauerstoff gearbeitet wurde. Auch sind 18 und 19 nicht aus 5 entstanden, da 5 unter den Reaktionsbedin- gungen der Aufarbeitung nicht hydrolysiert wird. Folglich kann 19 nur uber Weg b entstanden sein (Schema 1, S. 18); denn nach Weg a wird 18 gebildet, und Weg c fuhrt weder zu 18 noch zu 19.

1970 Bildungsmechanismus des Phenylrosindulins, 11 25

Die Strukturen 18 und 19 wurden auf folgende Weise zugeordnet: 18 weist im I R eine NH-Bande bei 3345 cm-1 auf, 19 eine bei 3287 cm-1. In Verbindung 5 liegt sie bei 3290 cm-1. Dies deutet darauf hin, dalj auch in 19 die (-NH-C&)- und (=N-C6H5)-Gruppen benachbart sind. Die Hydrolyse von 5 in Essigsaure fiihrte zu 18 (vNH = 3345 cm-1); 19 wurde nicht gefunden. Da in saurer Losung nur (N-z)-C,jHs rasch substituiert wird, ist dies ein Beweis dafiir, dalj die Verbindung rnit der NH-Bande bei 3345 crn-1 die Struktur 18 haben mulj.

Im 2-Anilino-naphthochinon-( 1.4)-dianiI (5) wird die der Anilinogruppe benach- barte Phenyliminogruppe (N-~) -C~HS wesentlich schneller ausgetauscht als die andere. Unter der Annahme, da13 Ahnliches auch fur den Austausch der Iminogruppe von 12 und 13 gegen eine Phenyliminogruppe gilt, ist zu erwarten, daB 12 vie1 schneller zu 5’ weiterreagiert als 13 zu 5. Liegt also im Reaktionsgemisch der Indulin-Schmelze ebensoviel12 wie 13 vor, dann besagt dies, darj wesentlich mehr Phenylrosindulin (7) bzw. (7’) uber das Zwischenprodukt 12 als iiber 13 gebildet worden ist. Folglich mu13 Reaktionsweg a starker an der Phenylrosindulin-Bildung beteiligt sein als Weg b. Tatsachlich wurde aus der Indulin-Schmelze nach alkalischer Aufarbeitung stets etwas mehr 18 als 19 isoliert. Daraus kann geschlossen werden, da13 in der Schmelze ur- sprunglich mehr 12 als 13 vorhanden war, d. h., daB sehr vie1 mehr Phenylrosindulin (7‘) bzw. (7) iiber Weg a als iiber Weg b gebildet wird.

Diskussion Die vorliegenden Untersuchungen haben gezeigt, dalj das Phenylrosindulin in der

Indulin-Schmelze iiberwiegend auf den Reaktionswegen c (q und c2) sowie a entsteht; nur in ganz untergeordnetem MaBe lauft die Reaktion uber b ab (vgl. Schema 1, S. 18).

Verschiedene Autoren4-7) haben schon friihzeitig versucht, die Bildungsweise der Induline (und verwandter Farbstoffe) aus Azoverbindungen aufzuklaren. Die meisten Arbeiten be- faljten sich mit der Bildung von Phenylindulinen aus p-Arninoazobenzol bzw. p-Phenylen- diamin.

Die Phenylrosindulin-Bildung wurde von Fischer und Hepp 5,6,8) genauer unter- sucht. Sie fanden, da13 in der Phenylrosindulin-Schmelze primar die Aminogruppe von 20 durch eine Anilinogruppe ersetzt wird6). Dies stimmt mit unseren Unter- suchungen iiberein, sofern ein groBer uberschul3 an Anilin in der Schmelze vorhanden ist. In diesem Fall ist namlich die Anlaufzeit der autokatalytischen Folgereaktion lang gegenuber dem Zeitaufwand fur den Austausch der Aminogruppe gegen eine Anilino- gruppe.

4) 0. N. Witt, Ber. dtsch. chem. Ges. 20, 1538 (1887). 5 ) 0. Fischer, E. Hepp und J. Bredt, Liebigs Ann. Chem. 256, 314 (1890), und zwar S. 333. 6) 0. Fischer und E. Hepp, Liebigs Ann. Chem. 262, 237 (1891). 7) A. G. Green, J. chern. SOC. [London] 103, 925 (1913). 8) 0. Fischer und E. Hepp, Ber. dtsch. chem. Ges. 25, 2731 (1892).

26 G . Schroeder und W. Liittke Bd. 736

Wird jedoch die Induktionszeit durch einen Zusatz von 1.4-Diamino-naphthalin, p-Phenylendiamin, Phenylhydrazin, Athanol und anderen Reduktionsmitteln, weiter auch durch Niedrighalten der Anilin-Konzentration in der Schmelze stark verkurzt oder ganz aufgehoben, so tritt zunachst uberwiegend Reduktion und Spaltung der p-Aminoazoverbindung und erst dann Austausch der Aminogruppe ein. Dies erkliirt auch die Beobachtung von Fischer und Hepps), wonach aus 1, Anilin, Anilin-hydro- chlorid und vie1 Athanol im Bombenrohr bei 160" nicht Phenylrosindulin (7), sondern Rosindulin (30) entstehen sol1 (Schema 4, S. 30, 31).

Als anschliel3enden Reaktionsschritt haben Fischer und HeppS) eine Umlagerung diskutiert, die sie fur Verbindung 20 folgendermal3en formulieren:

k-C,H,

d4d-rJ?J3 N,+H *NH NH-CGH, -Q &/C6H5 "-0 "-:$

I 20A 'sH5 20B C6H5 21 7

Diese Umlagerung lal3t sich experimentell ausschliel3en : Die p-Aminoazoverbindung 20, deren Stickstoffatom N-3 1sN-markiert worden war, wurde der Indulinschmelze unterworfen. Bei einer Umlagerung im oben angegebenen Sinne hatte man das ge- samte 15N als N-3 im entstandenen Phenylrosindulin (7) wiederfinden mussen ; denn wir konnten an der Verbindung 5 zeigen, da8 die zur Phenyliminogruppe o-stan- dige Anilinogruppe mit dem Anilin der Schmelze nur sehr langsam austauscht. Tat- sachlich lag aber nach der Reaktion nahezu das gesamte 15N im Anilin vor. Damit ist direkt bewiesen, daR die von Fischer und Heppg) vorgeschlagene Umlagerung der Azoverbindung nicht erfolgt. Die Azoverbindung wird, wie wir zeigen konntenl), reduktiv gespalten.

Der weitere Reaktionsablauf wird durch eine Reaktionsfolge bestimmt, die bereits von Green7) und spater von Meyer und Jacobson9) fur die Bildung von Indulinen vorgeschlagen worden war (Schema 2). Darin wechseln die Oxydation des 1 .4-Diamins zum Chinon-(1.4)-diimin und die Anlagerung von Anilin an dieses einander ab. Zu- satzlich werden die freien Amino- bzw. Imino-Gruppen nach Protonierung mehr oder weniger vollstandig durch Phenylamino- bzw. Phenylimino-Gruppen substituiert. So gelangt man letztlich zum 2.5-Dianilino-benzochinon-(l.4)-dianil(22) bzw. 2-Anilino- naphthochinon-( 1.4)-dianil (5). Sie sind die unmittelbaren Vorstufen der entsprechen- den Induline, in die sie unter den Bedingungen der Indulin-Schmelze leicht ubergehen.

Die von Lantz3) beobachteten Amin-Austauschreaktionen haben die Aufklarung des Reaktionsablaufes in der Indulin-Schmelze wesentlich erschwert, zumal sich im

9) V. Meyer und P. Jacobson, Lehrbuch der organischen Chemie, Cyclische Verbindungen- Naturstoffe, Bd. 2, S. 141 1, W. de Gruyter & Co., Berlin 1923.

1970 Bildungsmechanismus des Phenylrosindulins, I1 27

Verlauf dieser Arbeit herausstellte, daR beim Dianil5 alle drei Substituenten mit dem Anilin der Schmelze austauschen. Die Austauschgeschwindigkeiten der Substituenten (N-l)-C6& : (N-~) -C~HS : (N-~)H-C~HS verhalten sich etwa wie 10 : 100 : 1.

Schema 2. Indulin-Bildung nach Green7) sowie Meyer und Jacobson9)

Aus der Tatsache, daR sich einige Azoverbindungen an Aromaten anlagern konnen (z. B. Azodicarbonsaure an 2-Amino-naphthalin), haben Bradley und Watkinson 10)

gefolgert, daR auch bei den zahlreichen Schmelzreaktionen von p-Aminoazoverbin- dungen mit aromatischen Aminen, die zu Phenazin-Farbstoffen fuhren, primar eine Anlagerung der Azoverbindung an das Amin der Schmelze erfolgt. So formulieren sie fur die Bildung des Safranins den im Schema 3 unter a) wiedergegebenen Reaktions- ablauf.

Einen analogen Mechanismus fur die Phenylrosindulin-Bildung zeigt das Schema 3 unter b). Bei Markierung von N-2 der Azoverbindung 1 hatte man hiernach nur maximal 50% dieses Stickstoffs im Ammoniumchlorid finden durfen. Da wir

10) W. Bradley und L. J. Wutkinson, Chem. and Ind. 1954, 1482.

28 G . Schroeder und W. Liittke Bd. 736

aber stets uber 90% fanden, und dieser Mechanismus auch die autokatalytische Spaltung der Azoverbindung nicht erklart, ist er auszuschlieljen.

t

t

t

t

t

T

t

Das Schema 3 zeigt unter c) schlieljlich einen Reaktionsablauf, bei dem nicht N-2, sondern N-3 mit dem Anilin der Schmelze reagiert. Hier ist ein autokatalytischer Reaktionsablauf nur dann moglich, wenn auch das N-Phenyl-p-phenylendiamin (24)

1970 Bildungsmechanismus des Phenylrosindulins, I1 29

zu einem Indulin weiterreagiert. In diesem Fall wurde aber - anders als wir fanden - das bei der Reaktion gebildete Ammoniumchlorid nicht ausschlieRlich aus dem Stickstoff der Azoverbindung stammen. Folglich trifft auch dieser Mechanismus nicht zu.

Ubertragt man nun die bei unserer Untersuchung der Indulinschmelze gewonnenen Erkenntnisse auf die Azotoluidin-Schmelze, die zum Safranin (23) fuhrt, so ergibt sich folgender, der Indulin-Bildung analoger Reaktionsablauf :

1 Mol.

2

NH2 - -1 M o l . o-Toluidin

+8H_

2

NH

C H3

NHa

Fur die Bildung von 1 Mol Safranin (23) werden 2 Mol Azoverbindung benotigt. Es mussen also acht Reduktionsaquivalente fur die Reduktion der Azoverbindung bereitgestellt werden. Die Folgereaktionen liefern jedoch nur sechs. Bei dieser Um- setzung ist daher kein autokatalytischer Reaktionsablauf zu erwarten. Der Mecha- nismus der Indulin-Bildung aus einer p-Aminoazoverbindung kann also nicht ohne weiteres auf die Safranin-Bildung iibertragen werden; denn durch die Autokatalyse wird bei der Indulin-Bildung die Geschwindigkeit nur einer ganz bestimmten Teil- reaktion - namlich der reduktiven Spaltung der p-Aminoazoverbindung - stark beschleunigt. Andere Parallelreaktionen konnen mit ihr nicht mehr konkurrieren. Fehlt jedoch die Autokatalyse, wie dies nach Schema 3 fur die Safranin-Bildung zu erwarten ist, dann ist die reduktive Spaltung der Azoverbindung in der von uns fur die Indulin-Bildung angegebenen Weise nicht mehr besonders ausgezeichnet gegen- uber anderen Parallelreaktionen, und diese kommen nun starker zum Zuge. Fur die Safranin-Bildung ist daher ein noch komplexerer Reaktionsablauf zu erwarten als fur die Indulin-Bildung.

30 G . Schroeder und W. Liittke Bd. 136

NH7

+ 27 NHz

Schema 4 . Gesamtuberblick iiber die Phenylrosindulin-Bildung in der 4-Benzolazo-1 -amino-naphthalin-Schmelze

Anders liegen die Verhaltnisse, wenn bei der Azotoluidin-Schmelze nebenbei erheb- liche Mengen Induline oder andere Verbindungen, die eine groI3ere Anzahl von Anilinogruppen tragen, gebildet werden. Derartige Nebenreaktionen konnen dann die fehlenden Reduktionsaquivalente liefern und somit auch bei dieser Umsetzung einen der Indulinschmelze analogen Reaktionsablauf herbeifuhren.

Die Bildung von Phenylrosindulin (7) aus 2-Anilino-naphthochinon-( I .4)-dianil (5) ist ein besonders wichtiger und interessanter Reaktionsschritt, der aber in keiner Arbeit bisher naher diskutiert worden ist. Hieruber werden wir in einer weiteren Abhandlung berichten.

Einen Gesamtiiberblick iiber die Phenylrosindulin-Bildung gibt Schema 4. Der hierin umrahmte Teil der Reaktionen ist nur dann wesentlich am Reaktionsgeschehen be- teiligt, wenn die Induktionsperiode durch Zusatz von Reduktionsmitteln aufgehoben wird.

Den Herren Prof. Dr. G. Spiteller, Dr. N. Neuner-Jehle, Dip1.-Chem. G . Remberg und R . Houriet, Gottingen, sind wir fur die Aufnahme der Massenspektren zu groBem Dank verpflichtet. - Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Badischen Anilin- & Soda-Fabrik und dem Fonds der Chemischen Industrie fur die nachhaltige Forderung dieser Arbeit.

1970 Bildungsmechanismus des Phenylrosindulins, I1 31

NH-C.H5 29 NII

Beschreibung der Versuche

Die NMR-Spekhen wurden rnit einem Varian-Gerat A 60 in CDCI3-Losung und Tetra- methylsilan als innerem Standard aufgenommen. - Die Massenspektren wurden mit einem Spektrometer CH4 der Firrna Varian-MAT gemessen. - Die Zsotopen-Gehalre wurden durch Auswertung der Intensitatsverhaltnisse der Molekiilionen-Peaks bei 12 -14 eV Ionisierungs- energie bestirnrnt.

Abbau des Phenylrosindulins (7) zum Rosindon: 30 mg 7 wurden rnit 0.2 ccrn konz. Schwefel- suurelwasser ( 1 : 1) in einem abgeschmolzenen Glasrohrchen 2 Stdn. bei 155" gehalten. Dann wurde mit 2 ccm Wasser versetzt und 2mal mit je 5 ccm Chloroform extrahiert. Die Chloro- formlosung wurde auf ca. 1 ccm eingeengt und an 5 -7 g Kieselgel (< 0.08 mm, Merck) rnit Chloroform chrornatographiert. Das so erhaltene sehr reine Rosindon kristallisierte aus Athanol in diinnen, orangeroten Blattchen vorn Schmp. 262"; Ausbeute 15 -20 rng (70 %).

32 G. Schroeder und W. Liittke Bd. 736

1.4-Dianilino-naphthalin (8). - 2.3 g N-Phenyl-p-phenylendiamin (24) wurden rnit 10 ccm Anilin und 2.5 g Anilin-hydrochlorid 1 Stde. bei 150" gehalten. AnschlieBend wurde mit 15 ccm 2n NaOH versetzt und rnit Chloroform ausgeschiittelt. Aus dem Extrakt verdampfte man das Chloroform und iiberschiissiges Anilin, Ioste den Riickstand in moglichst wenig heil3em Benzol und filtrierte das ausgeschiedene 8 nach Erkalten der Losung ab. Schmp. 143"; Ausbeute 2.8 g (90 %).

1.2.4-Trianilino-naphthalin (4). - 1 g Naphthochinon-(1.4)-dianil (3) wurde mit 3 ccm Anilin und 1 g Anilin-hydrochlorid 10 Min. auf 140" erhitzt. Dann wurde mit 4 ccm 2n NaOH versetzt und rnit Chloroform ausgeschiittelt. Aus dem Chloroformextrakt wurden Losungs- mittel und iiberschiissiges Anilin i. Vak. abgezogen; der Riickstand wurde an Kieselgel (< 0.08 mm) rnit Benzol chromatographiert. Das zuerst erscheinende intensiv blau fluoreszie- rende Eluat enthielt die Trianilino-Verbindung 4 zusammen rnit etwas Dianilino-Verbindung 8, die durch fraktionierte Kristallisation aus Benzol oder Athanol abgetrennt werden konnte. Schmp. 176-178" (Lit.4) 148"); Ausbeute 0.95 g (75%).

Naphthochinon-(1.4)-dianil (3), N~-Phenyl-naphthochinon-(1.4)-diimin (9) und 2-Anilino- naphthochinon-(1.4)-dianil (5) wurden nach Fischer und Hepp4) durch Oxydation der ent- sprechenden Amine mit gelbem Quecksilberoxid in Benzol dargestellt.

Darstellung der IsN-markierten Verbindungen: Sie wurde bereits beschrieben 1) .

[ 160/69]