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Arbeitsphysiologie, Bd. 14, S. 328--331 (1951). .&us dem Johanniter-Krankenhaus Oberhausen-SCerkrade (Chefarz~: Dr. reed. H. SC~EFFLER). Untersuehungen fiber den Einflu8 der Untertagearbeit auf das wei~e Blutbild des Bergmannes. Von WOLFGANG SCHULZ. Mit 1 Textabbildung. (Eingegangen am 1. Dezember 1950.) Die Frage, ob die Besonderheiten des Grubenklimas zu charakteri- stischen Reaktionen des Organismns fiihren, veranlal]te nns zu einer Untersnchnng des weiSen Blu*bildes untertage ti~tiger Bergleute. Um mSglichs~ alle anderen Faktoren auszuschalten, die auf das wei•e Blut- bild yon Einflu8 sein konnten, kamen nur gesunde MAnner zur Unter- suchung. V e r suc hsa nordn u ng. Die Untersuehungen wurden an 100 Bergleuten der Zeehen ffaeobi, Concordia, Osterfeld und Alst~den in der Zeit vom 22. 10. 49 bis 28. 2. 50 durchgeftihrt. Bei jedem der Bergleute wurde zur Ermittlung des Ausgangsruhewertes eine Blutprobe vor der Einfahrt zur Frfihschieht entnommen. Die Bergleute waren angewiesen, niiehtern zur Schicht zu kommen, durften aber naeh der Blutentnahme friihstiieken. Die zweite Entnahme wurde jeweils am gleichen Tage etwa 2--3 Std spgter un~er- *age durehgefiihrt. Die untersuehten Bergleute arbeiteten bis zu dem Moment der Blutentnahme. Das Auszghlen der entnommenen Proben erfolgte einige Stunden sparer in der tibliehen Weise mit der Kammer nach N~.UBAvE~. Jede Probe wurde 2--3real gezghlt, um Beschiekungs- und ZAhlfehler einzuschrgnken. Ergebnisse. In Abb. 1 sind die Ergebnisse an den 100 untersuchten Bergleuten nach Zechen geordnet dargestellt. Auf den ersten Blick ist erkenntlich, dal~ die Untertage-Messungen im allgemeinen niedrigere Werte ergaben als die ~bertage-Zghlungen. 5[ur in 5 F~llen lagen die Leukocytenwerte nntertage gleich hoch oder etwas hSher als iibertage; in allen iibrigen Fi~llen trat eine Senknng ein. Im Durchschnitt ergab sich eine Senkung um 36% bei einer Streunng yon ~ = 16,3%. Die beobachtete Senkung kann daher als sta*istisch gesichert angesehen werden. In ihrer Ursache nicht gekl~rt ist die verh~ltnismi~ig hohe Lage der Ausgangswerte um 6 Uhr morgens mit einem Durchschnittswert, der bei 8000 liegt, wghrend 2--3 Std spgter ein Durchschnittswert yon etwa 5000 gefnnden wird. Dieses Verhalten ist um so auff~lliger, als nach dem bekannten tagesrhythmischen Gang der Lenkocytenzahlen

Untersuchungen über den Einfluß der Untertagearbeit auf das weiße Blutbild des Bergmannes

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Page 1: Untersuchungen über den Einfluß der Untertagearbeit auf das weiße Blutbild des Bergmannes

Arbeitsphysiologie, Bd. 14, S. 328--331 (1951).

.&us dem Johanniter-Krankenhaus Oberhausen-SCerkrade (Chefarz~: Dr. reed. H. SC~EFFLER).

Untersuehungen fiber den Einflu8 der Untertagearbeit auf das wei~e Blutbild des Bergmannes.

Von WOLFGANG SCHULZ.

Mit 1 Textabbildung.

(Eingegangen am 1. Dezember 1950.)

Die Frage, ob die Besonderheiten des Grubenklimas zu charakteri- stischen Reaktionen des Organismns fiihren, veranlal]te nns zu einer Untersnchnng des weiSen Blu*bildes untertage ti~tiger Bergleute. Um mSglichs~ alle anderen Faktoren auszuschalten, die auf das wei•e Blut- bild yon Einflu8 sein konnten, kamen nur gesunde MAnner zur Unter- suchung.

V e r suc hsa nordn u ng.

Die Untersuehungen wurden an 100 Bergleuten der Zeehen ffaeobi, Concordia, Osterfeld und Alst~den in der Zeit vom 22. 10. 49 bis 28. 2. 50 durchgeftihrt. Bei jedem der Bergleute wurde zur Ermittlung des Ausgangsruhewertes eine Blutprobe vor der Einfahrt zur Frfihschieht entnommen. Die Bergleute waren angewiesen, niiehtern zur Schicht zu kommen, durften aber naeh der Blutentnahme friihstiieken. Die zweite Entnahme wurde jeweils am gleichen Tage etwa 2--3 Std spgter un~er- *age durehgefiihrt. Die untersuehten Bergleute arbeiteten bis zu dem Moment der Blutentnahme.

Das Auszghlen der entnommenen Proben erfolgte einige Stunden sparer in der tibliehen Weise mit der Kammer nach N~.UBAvE~. Jede Probe wurde 2--3real gezghlt, um Beschiekungs- und ZAhlfehler einzuschrgnken.

Ergebnisse.

In Abb. 1 sind die Ergebnisse an den 100 untersuchten Bergleuten nach Zechen geordnet dargestellt. Auf den ersten Blick ist erkenntlich, dal~ die Untertage-Messungen im allgemeinen niedrigere Werte ergaben als die ~bertage-Zghlungen. 5[ur in 5 F~llen lagen die Leukocytenwerte nntertage gleich hoch oder etwas hSher als iibertage; in allen iibrigen Fi~llen trat eine Senknng ein. Im Durchschnitt ergab sich eine Senkung um 36% bei einer Streunng yon ~ = 16,3%. Die beobachtete Senkung kann daher als sta*istisch gesichert angesehen werden.

In ihrer Ursache nicht gekl~rt ist die verh~ltnismi~ig hohe Lage der Ausgangswerte um 6 Uhr morgens mit einem Durchschnittswert, der bei 8000 liegt, wghrend 2--3 Std spgter ein Durchschnittswert yon etwa 5000 gefnnden wird. Dieses Verhalten ist um so auff~lliger, als nach dem bekannten tagesrhythmischen Gang der Lenkocytenzahlen

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EinfluB der Untertage~rbeit auf das weiBe Blutbild des Bergmannes. 329

eher ein nmgekehrtes Verhalten zu erwarten war. Auch wird als Folge kSrperlicher Arbeit und hoher Temperaturen (K. ~Bi)RKER 1) al]gemein ein Anstieg der Leukocytenzahlen angenommen.

Die HKuilgkeitsverteilung der prozentualen Ver~nderung der Leu- kocytenzahlen e~gibt bei Abstufung yon 10 zu 10% folgendes Bild:

Tabelle 1.

I Plus in Prozent Minus in Prozent

o- o i.o- o !3o- o1 o- o I

AnzahlderBergleute 3 2 2 11 ! 14 ! 19~ 31 I 18

Die Aufstellung zeigt, dab die grSgte H~uilgkeit in das Intervall 40--50 % Senkung f/s und dab etwa 70 % aller untersuchten Bergleute eine Senkung yon mehr als 30% aufweisen.

Der durchgeffihrte Differentia]blutausstrich ergab keine charakte- ristischen Veri~nderungen, so dab wir auf eine Wiedergabe der Werte verzichten kSnnen.

Zur K1/~rung der Frage, welche Faktoren a]s Ursaehe ffir die beob- achtete Senkung der Leukocy~enwerte in Frage kommen, ist zun~tchst festzustel]en (Tabe!le 2), dab zwischen den einzelnen Zechen nieht un- erhebliche Unterschiede bestehen. So ]iegt z. B. der Durehsehnittswert bei Concordia bei '44, bei Osterfeld aber nur bei 27,5%.

TabeUe 2.

Zeche

Jacobi Concordia Osterfeld Alstaden

Untersuchte ]3ergleute

14 39 23 24

~r Leukocytenwer~e

fiber~age untertage

8000 5300 8400 4700 8000 5800 7700 4900

prozent. Abfa]l

33,7 44,0 27,5 36,3

Zur ngheren Analyse wurden die in Tabe]le 3 wiedergegebenen klimatisehen Daten ermittelt. Die in dieser Tabe]le angegebenen ~qum- mern der Bergleute entsprechen der Reihenfo]ge in Abb. 1. Es fgll~ hierbei auf, dab die Zeche Coneordia, bei der die grSl3te Senkung beob- achtet wurde, die hSchsten Temperaturen aufweist, Osterfe]d mit der geringsten Senkm]g dagegen die niedrigsten Temperaturen.

Da dieses Durchsehnittsergebnis daffir spricht, dal~ bei der beob- aehteten Erscheinung die Temperatur eine Rolle spielt, wurde ffir die einzelnen Betriebspunkte aus der Temperatur des trockenen und nassen Thermometers die effektive Temperatur bereehnet und die Korrelation

1 BO~r:ER, K.: ]3ET~, Handbuoh, Bd. VI/1, S. 55.

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330 WO~F~AN~ Sc~u~z:

zwische~ der prozentualen Senkung und der effektiven~ Temperatur ermittel~. Es ergub sich eine Korre]~tion yon 0,301, w~hread zwischea der prozentuale~ Leukocytensenkung und der Teufe eine positive Kor- relation yon 0,291 ermittelt werde~ kon~te. Da naturgem~l~ die Kor- teuko.

IiIIIIiI!:IIIi IIIiilII:iliilIiiilli1121:111i,i111111:11111 '70000 il ' ] o ;o 2o ) ~o ~o

~, Jczcobi-- -: Concord/a "

Leuko. 1 0 0 , , -

3 000 -

8 , 0 0 -

7 0 0 0

8 0 0 0 "

5 0 0 ' "

q 000 -

3 000 -

2 0 0 0 -

1 0 0 o -

o IIItlll[!lIItl Iltilltlllll IIIII

t ,o 7o s ,, ,~o Os/erfeld-- A/s/aden

Abb. 1. Untersuehungsergebnisse fiber das Verhalten der Leukoeyten fiber- und untertage.

Zeche

Jacobi

Concordia

Osterfeld

Als~aden

Tabelle 3. ~ I ~.

1--7 7--14

15--17 18--25 26--34 35--43 44--53 54--57 58--65 66--70 71--76 77--85 86--87 88--91 92--93

94

~ ~o

Temperaturen o C

troeken I feueht - - ' ' ' " - - ' W ' " - - - - - -

27 26 26 25 31,5 28,5 34 27 39 29 35 29 30 24 23 21 27 25 24 21 22 19 28 25,5

28 28 31 28

28/129 26 28

Relative Feuchtigkeii

%

93 92 81 58 48 64 61 71 85 77 76 81 78 72 78 79 79 79

Luftdruek Tiefe untertage

m ram Hg

650 800 535 793 645 840 797 830 957 840 770 820 710 815 355 791 586 810 586 806 490 796 650 793 650 804 650 804 650 804 650 818 750 818 650 818

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Einflug der Untertagearbeit auf das weil3e Blugbild des Bergm~nnes. 331

relation zwischen Teufe und Temperatur eine relativ groBe ist, so ist es nieht verwunderlieh, dag die Korrelation zu beiden GrSl~en yon ~hn]icher GrSBenordnnng ist. Der Befund besagt, dag eine - - Mlerdings nicht sehr enge - - Beziehung zur effektiven Temperatur nnd zur Teufe be- steht, ]gBt aber die Frage often, ob fiir das Znstandekommen der beob- achteten Erscheinungen noeh andere Faktoren eine Rolle spie]en oder ob sich die verh~ltnismggig niedrigere Korrelation aus Unterschieden der individuellen Reaktionsbereitschaft erkliirt.

Zusammen[assung. Bei 100 Bergleuten wurden bei Beginn der Arbeit und nach mehr-

stfindiger Untertage~rbeit Leukocytenzghlungen vorgenommen. Durch die Untertagearbeit t r a t eine durchschnittliche Senkung der

Leukocytenzahl llm 36 % ein. Zwischen dem Grad der Senkung einer- seits, der eftektiven Temper~tur und der Teufe andererseits besteht eine geringe positive Korrelation.

WOLFGA~O ScmrLZ, Oberhausen-Osterfeld (Rheinland), Osterfelder Str. 159.