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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 230, S. 1--9 (1957) Aus dem Pharmakologisehen Institut der Universit/~t Graz (Vorstand: Prof. Dr. H. F. HiiUSLE~) Untersuehungen fiber die AuslSsung afferenter Impulse* Von 1 ~. LEMBECK Mit 3 Textabbildungen (Eingegangen am 15. September 1956) W~hrend bei AuslOsung aft'el'enter Impulse an nlanchen Receptor- organen, wie beispielsweise den Chemoreceptoren oder den Receptoren des JAI~ISCH-BEZOLD-t~eflexes, die verursachten efferenten Wirkungen die Beobachtung fiber die ReflexauslSsung ermSglichen, sind Unter- suchungen fiber afferente Impulse aus der Haut im wesentlichen an die Beobachtung der AktionsstrSme der afferenten Nerven gebunden (BRowN u. GREY, 1948, DOUGLASu. G~EY, 1953, GOLLWITZEIC-MEIEICU. WITZLEB, 1954). Die chemische Beeinflussung dieser Receptoren gelang haupt- s~chlich durch Substanzen, welche am intermedi~ren Ganglion aus- gepr~gte erregende oder hemmende ~Virkungen haben (PAToN U. ZAIMIS, 1952). Doch liegt dieser Wirkung synaptotroper Substanzen in manchen Fi~llen, wie etwa bei den Pressoreceptoren oder den in der Haut gelegenen Schmerzreceptoren kein mit einer Synapse vergleichbares anatomisches Substrat zugrunde (KoI~ZETT u. }:~OTHLIN, 1953). Eine yon MIRZOJA~ u. DOBLATIAN (1956) beschriebene Methode schien geeignet, pharmakologische Einflfisse auf kutane Receptoren zu untersuchen: Das isoliert durchstr6mte Kaninchenohr, welches nur durch den N. auricularis mit dem K6rper zusammenhKngt, iibermittelt auf intraarterielle Injektion geeigneter Substanzen eine reflektorische Blutdrucksenkung und Atmungssteigerung. MIETKIEWSKI (1956) land diesen Reflex nach intraarterieller Injektion yon 1 mg Acetylcholin, 0,1 mg Nicotin oder 1 mg Adrenalin. I--5 mg Atropin hemmte voriibergehend die Nicotin- oder Adrenalineffbkte, ebenso konnte durch Procain und andere Lokalanaesthetica eine Reflexausl6sung unterdriickt werden. Der efferente Teil des Reflexes wurde nach Durchschneidung der Vagus- und Sympathicusfasern am Hals nicht unterbrochen. MIETKIEWSKI (1956) bezeichnete die gereizten Recep- toren als ,,Chemoreceptoren" ; dies schien uns im folgenden nicht angebraeht zu sein, da ehemisehe Substanzen bekanntlieh an vielen neuralen oder muskuli~ren Elemen- ten Erregungen auslSsen und als ,,Chemoreceptor" doch nur jene Receptoren ver- standen werden kSnnen, die in spezifischer Weise auf eine Anderung des Blut- chemismus anspreehen. * Herrn Prof. Dr. H. F. Hi4VSLER in Verehrung zum 60. Geburtstag gewidmet. Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 230 1

Untersuchungen über die Auslösung afferenter Impulse

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Page 1: Untersuchungen über die Auslösung afferenter Impulse

Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 230, S. 1--9 (1957)

Aus dem Pharmakologisehen Institut der Universit/~t Graz (Vorstand: Prof. Dr. H. F. HiiUSLE~)

Untersuehungen fiber die AuslSsung afferenter Impulse* Von

1 ~. LEMBECK

Mit 3 Textabbildungen

(Eingegangen am 15. September 1956)

W~hrend bei AuslOsung aft'el'enter Impulse an n lanchen Receptor- organen, wie beispielsweise den Chemoreceptoren oder den Receptoren des JAI~ISCH-BEZOLD-t~eflexes, die verursachten efferenten Wi rkungen die Beobachtung fiber die ReflexauslSsung ermSglichen, s ind Unter - suchungen fiber afferente Impulse aus der H a u t im wesentl ichen an die Beobachtung der AktionsstrSme der afferenten Nerven gebunden (BRowN u. GREY, 1948, DOUGLAS u. G~EY, 1953, GOLLWITZEIC-MEIEICU. WITZLEB, 1954). Die chemische Beeinflussung dieser Receptoren gelang haupt - s~chlich durch Substanzen, welche am intermedi~ren Ganglion aus- gepr~gte erregende oder hemmende ~Virkungen haben (PAToN U. ZAIMIS, 1952). Doch liegt dieser Wi rkung synapto t roper Subs tanzen in manchen Fi~llen, wie etwa bei den Pressoreceptoren oder den in der H a u t gelegenen Schmerzreceptoren kein mi t einer Synapse vergleichbares anatomisches Subs t ra t zugrunde (KoI~ZETT u. }:~OTHLIN, 1953).

Eine yon MIRZOJA~ u. DOBLATIAN (1956) beschriebene Methode schien geeignet, pharmakologische Einflfisse auf ku tane Receptoren zu un te r suchen : Das isoliert durchs t r6mte Kaninchenohr , welches nur durch den N. auricularis mi t dem K6rper zusammenhKngt , i ibermi t te l t auf intraar ter iel le In j ek t ion geeigneter Subs tanzen eine reflektorische B lu td rucksenkung u n d Atmungss te igerung.

MIETKIEWSKI (1956) land diesen Reflex nach intraarterieller Injektion yon 1 mg Acetylcholin, 0,1 mg Nicotin oder 1 mg Adrenalin. I--5 mg Atropin hemmte voriibergehend die Nicotin- oder Adrenalineffbkte, ebenso konnte durch Procain und andere Lokalanaesthetica eine Reflexausl6sung unterdriickt werden. Der efferente Teil des Reflexes wurde nach Durchschneidung der Vagus- und Sympathicusfasern am Hals nicht unterbrochen. MIETKIEWSKI (1956) bezeichnete die gereizten Recep- toren als ,,Chemoreceptoren" ; dies schien uns im folgenden nicht angebraeht zu sein, da ehemisehe Substanzen bekanntlieh an vielen neuralen oder muskuli~ren Elemen- ten Erregungen auslSsen und als ,,Chemoreceptor" doch nur jene Receptoren ver- standen werden kSnnen, die in spezifischer Weise auf eine Anderung des Blut- chemismus anspreehen.

* Herrn Prof. Dr. H. F. Hi4VSLER in Verehrung zum 60. Geburtstag gewidmet. Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 230 1

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2 F. LEMBECK:

I)a die Reflexausl6sung wm .~IIETKIEWSKI (1956) nut mit verh~ltnis-

mgBig hohen I)osen erzielt win'de, sollte eine Nachunte rsuehung zun/iehst zeigen, ob solehe Wirkungen aueh mit wesentlieh kleineren

Mengen der bm'eits verwendeten Stoffc ausgel6st werden k6nnen.

l)as besondere lnteresse gait der Untersuehung von Substanz P,

deren reiehliehes Vorkommen in dorsMen Riiekenmarkswm'zeh, (LEM- ~:C~, 1953) bei den von H~USLEg angeregten Arbei ten fiber die zentrale

{}bertragung afferenler Impulse (HXusLEg u. STI~:RZ, 1952) geflmden

wurde. Substanz P zeigte bei den bisherigen Untersuehungen fast nut

muskulgre Wirkungen (PE~NOW, 1953). Die eigentfimliehe Verteihmg in

einzelnen Gehirnpar t ien (KoPER* u. L.aZARIN,, 1953, PEgxOW, 1953,

ZETLEI¢ U. SCHLOSSER, 1953, 1954, AMIN, CgAW)'OgD U. GADDUM, 1954),

alas reiehliehe Vorkommen in der Re t ina (DuxEn, EuIa,:g u. PERNOW, 1954) und in bes t immten peripheren Nerven (Pnn~ow, 1953, AMIN,

(~RA~,VFORD /l. (}AI)DUM, 1954) lieBen die Annahme zu. (laf3 die Substanz

eine noch unbekann te Rolle bei der Funkt ion afferenter Nerven spielt. Zentrale Wirkungen konnten EULEI¢ U. Pnlc~OW (1954) bei intra-

vent r iku lgrer ln jek t ion und ZETLER (1956) bei in t raven6ser ln jek t ion

finden. Die Methode von MmZOJAN u. I)OmATla~ (1955) und MI~:T-

KIEWSKI (1956) sehien daher besonders geeignet aue| l an afferenten

St , 'ukturen eine Untersuehung der Sul)stanz P dtu'ehzufiihren.

Methodik Sic entsprach im wesentlichen den Angaben von MI~:TKIV:WSKI (1956), weshMb

hier imr Abweichungen davon angefiihrt werden. Die Kaninehen wurden 3 Std vor Versuchsbegilm mit 2 g/kg Urethan (subcutan) narkotisiert. Die Atmung wurde nach der Methode yon GADDUM (1941) registriert, der Blutdru(;k wie iiblich mit einem Quecksilbermanometer aus der A. earotis. [)as Ohr wurde nach Freilegung der Arterie und des N. auricularis inagnns auf etwa. 1,5 em Lgnge zun/tchst mit sauer- stoffges/~ttigter Locss-L6sung unter einem Druck yon 80 -90 cm Wasser dureh- str6mt. Dann wurde an der Ohrbasis unter sorgfgltiger Schommg des Nerven ein etwa 1 ('m breiter Ring des Ohres herausgeschnitten und (lt~s Ohr auf eine Abtropf- rinnc gelagert, wobei beachtct wurde, dab keine ausfliel3ende Perfllsionsfiiissigkeit zum iibrigen K6rper gelangen konnte. Der I)urchfluB wurde mit einem Zeit- koordinatenschreiber registriert (LEMBECK, 1954). Die Perfusionsfiiissigkeit wurde unmittelbar vor dent Einstr6men ins Ohr auf 39 " C erwiirmt, indem dcr zuleitende Polygthylenschlauch (lurch ein an einen Umlaufthermostaten angeschlossenes Glas- gefgl3 gefiihrt wurde. Die Injektion der Substanzen erfolgte durch einen vor diesem Gefitg in den Zuleitungsschlauch eingeffihrten Poly/tthylenschkmch yon 1 mm AuBendurchmesser, wodurch Temperaturschwankungen bei der InjekLion vermieden werdcn konnten. Die Injektionsmengen betrugen 0,2 bis 0,3 ml, (lie in der Geschwin- digkeit des Ausflusses injiziert wurden, mn Druckschwankungen zu vermeiden.

Kalimnchlorid wurde in isotoner L6sung verwendet. Alle iibrigen Substanzen wurden vor dem Versuch in LocsE-L6sung verdiinnt. Die Mengen sind jeweils auf die Base bezogen. Nicotin wurde als Bitartrat verwendet. Hydroxytryptamin als Creatininsulfat verdanken wir der Upjohn Comp., J~alamazoo, Mich., Tetramethyl- amn|oniumbromid, Tetra/ithylammoniumbromid und Hex~mmthonium-Dihydrat den Stickstoffwerken, Linz/Donau, Adenosintriphosphorsgure der Laevosan Ges.,

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Untersuehungen tiber die Ausl6sung afferenter impulse 3

Linz/Donau. Substanz P wurde naeh den Angaben von AMIx, CRAW~ORD U. GAD- DUM (1954) gereinigt, danach dureh Eisessig-J~therfiillung entsalzt und durch Dialyse yon Proteinen befreit. Das dureh lyophile Troeknung gewonnene Prgparat hatte eine Wirksamkeit yon 16 E/rag. Die Prgparation der Substanz P verdanken wir Herrn Dr. E. ~ERSeHBAVM, Fa. Sanabo, Wien.

Ergebnisse

1. Re/lexauslSsung. Sobald eine der ref lexauslSsenden Subs t anzen die Ohrgefiil3e erreichg ha t te , k a m es zu einem raschen B lu td ruekabfa l l , der in 2 - - 3 rain wieder zur N o r m zurf ickkehr te . Gleichzei t ig mi t dem

rrtml-lg lOOF

30see

9[ P 15~ HT 20~g AC'h '5~fJ Aclc

Abb. 1. Von oben nach un ten : A t m u n g (Zunahme nach obcn), Durchfluf3 durch das isoliert durch- s t r 6mte Ohr (VergrSBerung des Ausschlagcs bedeute t Gefiilavcrengung), Blu tdruck, Mark ie rung der ]n jckt ion , Zeit 30 scc. ln j ek t ionen in das du rchs t r0mte Ohr : 9 E Substanz P ; 15/*g H y d r o x y -

t r yp t a ln in ; 20/~g A(;etylcholii~; 5/~g Adrenal in

Abfa l len des B lu td ruekes waren ver t ie f te Atemzi ige zu beobaehten , au f die oft eine ganz ku rzdaue rnde Verf laehung der A t m u n g einsetzte , naeh der es erst zu einer mehrere Minuten anha l t enden vert, ief ten A t m u n g kam. Dieser Weehsel der Atemzi ige war bei raseh l au fendem K y m o - g raph ion meis tens gu t zu beobaeh ten (Abb. 1). Der Ref lexab lauf war, wie sehon MIETKIEWSK* (1956) besehrieb, naeh Dureh t r ennung der Vagus- und Sympa th i eus fa se rn am Hals n ieh t ver i inder t . Aueh die in t raven6se I n j e k t i o n bis zu 30 mg At rop in in den KSrpe rk re i s l au f lieg keine Vergnderung des lq, ef lexablaufes erkennen. Die Ausl6sung des t~eflexes konn te auger du tch den im folgenden besehr iebenen P h a r m a k a - Einflug, dureh Kne i fen der Ohrspi tze, dureh elektr isehe Reizung des

1"

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4 F. LE~BEeK:

N. auricularis und dureh Aufsetzen eines Beeherglases mit Wasser von 70" C erzielt werden. Manuelle Berfihrung oder Bewegung des Ohres hatte keinen Einflu6. ,'dmderung des Perfusionsdruekes zwisehen 105 und 35 cm Wassevsiiule zeigte wohl eine deutliehe "~nderung der DurchflulL menge, ohne aber einen Reflex ~mszulSsen.

2. Erregu'ng dutch Pharmaka. Aeetyleholin 15ste in Mengen von 20 -30 ug, in einigen Versuehen aber aueh sehon mit 5 [~g einen Reflex

i

a b

m m 30.~ 9 E 9 E 3ottgi aolxg ACh P P ACh ACh

Abb. 2. k n o r d n u n g wie in Ahb. 1. Zwischen a und b [njekt ion yon 4 lllg ]fexa, me thon ium in das dure l l s t r6nl tc Ohr

aus (Abb. 1). Mit Aeetylcholin konnte der Reflex bei Einh~dtung von mindestens 10 rain Abst/inden fiber Stunden unvergndert ,~usgel6st werden, in einem Versueh aueh noeh n~eh Sst/indiger Durehstr6mung bei bereits vorhandenem Odem des Ohres. Es sehien, Ms ob eine gewisse ,,Sehwellendosis" notwendig sei, die dann gleieh den vollen Reflex aus- 16ste; so zeigte sieh einmgd bei 3 pg Aeetyleholin noeh niehts, bei 5 l~g abet bereits ein heftiger Reflex. Aueh andore synaptotrope Stoffe waren wirksam : 10--40,ug Nieotin. 20/~g Lobelin, 20,ug Tetramethylammo- niumbromid. Nach Nieotin wurde bei wiederholter Injektion eine zu- nehmende Unempfindlichkeit mid sehliel31ieh eine Lghnmng beobachtet.

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Untersuchungen fiber die Ausl6sung afferenter Impulse 5

Tetraathytammoniumbromid fiihrte bei tnjektion in groJ~er Dosis (10 rag) zuerst, zu einer geflexa:usl6sung, dann erst zur L~hmung. 20,ug Nieo~in, 10 fig Lobelin rief~n eine geringe, I0 mg Tetra~thylammonium- bromid eine starke Verengung der Ohrgefi~Be hervor. Aueh die Injektion yon 2 mg KMiumehlorid butte einen i~eflex zur Folge.

Besonders auffaltend war, dal~ es bereit.s auf geringe ~{engen Sub- stanz P zmn R, eflex kam. Meis~ waren 10---20 E Substanz P erforderlich, in einem FMI geniigten aber auch sehon 2 E Substanz P (Abb. I).

a b

J

f-x, %,

m

2oEp eo,~r eoE K~ A~K P

Abb. 3. Anor(tnm~g wie in Abb, !. Zwischen a m~d b t~tjektion yon 10 lng Cocain ir~ das dutx~hs~rSmte Ohr. Kn Xneii~a der Ohrspitze

3. Unwirksame Pharmaka..40~tg Hist.a.min un(t bis zu 15 ~tg Hydroxy- t,ryptamin zeigten keine Reflex~msl6sung. Naeh Hist, amin und gelegent.- lieh aueh nach Hydroxytryptamin kam es zu einer kurzdauernden ge* ringen Verengung der Ohrgef~A3e. 500ttg Adenosintriphosphors~i,ure waren ohne Wirkung. Schon nach 1-5/,~g Adrenalin k~m es zu einer lang- anhaltenden ausgepr~gten Gefb;Bverengung ohne sonst, igen Einflui~ (Abb. 1).

4. tlemmung dutch Pkarma~a. Naeh 10 mg Tetm~thylammonium~ bromid, welches s,nf~nglieh eine Erregung austSste, kam es zu einer Blockade der Ace~ylcholinwirkung; Kneifen der Ohrspigze oder Be- riihrung des Ohres dureh ein mit 70 ° C heigem Wasser geNllten Beeherglas

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6 F. LEMBECK:

16sten aber danach noeh einen Reflex aus. Nieot in fiihrte naeh wieder- holter In jek t ion zu einer Unempfindl ichkei t gegeniiber Nieot in und Acetylcholin. Nach 4 mg Hexamet,honium war die Wirkung yon 30/tg Aeetylcholin thst v611ig aufgehoben, wghrend Substanz P unver / inder t wirksam blieb (Abb. 2). Die ]n jek t ion yon l0 mg Cocain rief eine voll- kommene H e m m u n g der Aeetylcholin- und Substanz P-Wirkung bervor. lediglieh dureh starkes Kneifen der Ohrspitze konnte man noch eine Reflexausl6sung sehen (Abb. 3).

Die ln jek t ion yon Atropin bis zu 0,5 mg in die l )urchst r6mungs- fliissigkeit war ohne EinfluB ~mf die nachfolgenden Acetylcholininjek- t ionen.

Bespreehung der Erg'ebnisse Die Wirkung von Subs tanzen auf die peripheren Endigungen von

Ha u tne rven wurde haupts/ichlich durch Able i tung der AktionsstrSme dieser Nerven un te r such t (BRow~ u. GREY, 1948, DOUGLAS II. GREY,

1953, GOLLWITZER-MEIEI~ u. WITZLEB, 1954). Die Methode von MIR- ZOJAN ll. DOBLATIAN (1955) und MIETKIEWSKI (1956) er6ffnete die MSglichkeit, den durch eine periphere Reizung ausgel5sten Reflex zu vevwerten. Die reflektorische Blu tdrucksenkung und Atmungss te igerung konnte untev geeigneten Bedingungen wiederholt und regelmi~itig fiber S tunden ausgelSst werden. Die zur ImpulsauslSsung verwendeten Mengen lagen in der GrSl~enordnung der auch andernor ts bei der (~rgan- naher in t raar ter ie l ler I n j ek t ion verwendeten Mengen.

Es ist unbekannt, ob am nichtnarkotisierten Tier immer derart ausgepr/igte Kreislauf- und Atemrefiexe auf periphere Reize hin erfolgen. In oberfl/~chlicher Urethannarkose konnten manchmal starke Blutdruek- und Atemsehwankungen bereits auf Beriihrung des Tieres, Umlagerung, Larm usw. beobachtet werden. Erst in ticfer Narkose, wenn Beriihrung und Bewegung des Ohres oder aueh des Ticres ohne jede Wirkung blieben, wurden daher die Versuehe durchgefiihrt. Dies bedeutnt, dag die injizierten Substanzen einen geniigend starken Reiz ausiiben miissen. Solehes ist bei Acetylcholin durehaus vorstellbar, da es bei Injektion in die Armarterie bei Menschen im Vorderarmbereich heftige Schinerzen ausl0st, die von Riickwirkung auf Kreislauf und Atmung sein kSnnten (HAI~VEY, LILIEI,:TttAL U. TALBOT, 1941). Doeh ist, mSglich, (tab der Grad der Narkose eine wesentliche Beeinflussung des Reflexes bedingt.

Viele synaptotrop erregend oder hemmend wirkende Substanzen zeigen die gleichen Eigenschaften auch an afferenten Strukturen (KoNZETT u. [~OTHLIN, 1953). Der Vergleich *nit einer ganglioni~ren Synapse ist in einem gewissen Grad mSglich, wenn besonders differenzierte Rnceptorzellen vorhanden sind, wie bei den Chemo- reeeptoren, den Dehnungs-Reeeptoren des Magens (LA~(;WORTHY u. ORTEGA, 1943) oder den Papillae ibliatae (BRt~CKE, HELLAUER U. UMRATtt, 1948), nicht aber dort. wo die Erregung ninnr freien sensiblen Nervenendigung angenommen wird (BRow~, ~ u. (~REY. 1948, I)OU(~'LAS u. (~REY, 19531. Aueh bei den vorliegenden Versuehen am Xaninchen ist die Erregung freier Nervenenden als Schmerz-Receptoren anzu- nehmnn (NEWTON, 1949).

Naeh DOUCLAS u. GREY (19531 wird durch Acetyleholin die frein Nervnn- endigung unmittelbar erregt und eine (Jbermittlung der Erregung durch Bewegungen

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Untersuchungen iiber die AuslOsung afferenter Impulse

glatter Muskelfasern nicht fSr mOglieh gehalten, da Atropin bei Lghmung der glatten Muskelfasern die ImpulsauslTsung dutch Acetylcholin unbeeinfluSt lies und auch die Ausschaltung der efferenten sympathischen Fasern wirkungslos war.

Da eine ganze Reihe yon Substanzen eine Erregung oder Sensibilisierung ver- schiedenster l~eeeptoren hervorrufen, wird eine Spezifitgt yon Acetyleholin vielfaeh abgelehnt (vgl. PAINTAL, 1956). Auch KO~ZETT U. ROTHLI~ (1953) sehen die spezi- fisch synaptotropen Eigenschaften einer Substanz nur als Sonderfall ihrer allgemein neurotropen WirkungsmOglichkeit an. Es ist aber nicht zu tibersehen, dal3 Aeetyl- eholin vom KOrper gebildet, an manehen Reeeptoren in hoher Konzentration ge- funden wird und auch an versehiedenen Receptoren oder BIervenendigungen eine deutliche Wirkung zeigt. So besitzt das Hornhautepithel einen ungewOhnlieh hohen Aeetylcholingehalt, wghrend die Trigeminusfasern nur sehr wenig Aeetyleholin enthalten (BROOKE, HELLAUER U. UMRATII, 1949, MOI~ToSH, 1941), woraus hervor- geht, daS Acetylcholin fast aussehlie$lieh in den Epithelzellen lokalisiert ist. Die Abnahme des Aeetylcholins der Hornhaut naeh Trigeminusdurchtrennung (BRUCKE, HELLAUER O. UMRATtt, 1949) und die Beziehung zur relativen ttornhautsensibilit~t (HELLAUER 1950) weist deutlieh auf eine spezifisehe Rolle des Acetyleholins an dieser ,,synapsenfreien" Stelle hin.

Die AuslTsung afferenter Impu l se durch Subs tanz P besag t noch nicht , dal~ der gleiehe Meehanismus wie bei Ace ty lchol in bes tehen mu6. Aueh am D a r m ble ib t bekann t l i eh die Subs tanz P - W i r k u n g nach At rop in erhal ten . I n den vor l iegenden Un te r suchungen 16ste Subs tanz P auch naeh H e m m u n g der Aee ty l cho l in -Wi rkung dureh H e x a m e t h o n i u m noch afferente Impu l se aus. Verg le ichbar d a m i t w/ire e twa, da6 im Carot iss inus nach Ausseha l tung n ico t ina r t ige r Subs t anzen noch immer eine l~eakt ion auf Sauers tof fmangel vo rhanden ist (DOUGLAS, 1951, 1952). Subs tanz P kSnnte demnaeh en tweder auf die N e r v e n in andere r Weise als Ace ty l - cholin oder aber fiber e inen muskul / i ren Angri f fsor t wirken, was sich mi t dem v e r m e h r t e n V o r k o m m e n von Subs tanz P in D a r m a b s c h n i t t e n mi t s t a rke r myogene r Aktivit /~t ve re inbaren liel~e (PER~OW 1951, DOUGLAS, FELDBERG, PATON U . SCHACI-ITEI:~, 1951). Gangl ienbloeker und Lokal - anaes the t i ca kSnnen d ie Ak t ions s t r5me der g l a t t en Muskelfaser und ihre l~eakt ion auf S t r eckung oder e lek t ro tonische Durehs t rSmung n ich t beeinflussen, so da6 ,,die g l a t t e Muskelzelle daher die E igenschaf ten eines sensorischen Organes und einer Y[uskelzelle in sich ve re in ig t " (BOLB- RING, 1955). W e n n DOUGLAS U. GREY (]954) die Mi twi rkung der g l a t t en Musku la tu r bei der Impulsaus lTsung dureh Ace ty lcho l in aussehl ie6en konnten , so wiire bei Subs tanz P doch mi t dieser MSglichkei t zu rechnen.

Ka l iumehlo r id , das mi t Ausnahme der PACINIschen KTrperehen und der Def la t ions-Receptoren yon PAINTAL (1956) fas t alle nervSsen oder muskul / i ren E lemen te erregt , f i ihr te aueh im vor l iegenden Fa l l zur Impulsaus lSsung, was den Ergebnissen yon DOUGLAS U. GREY (1954) am N. saphenus en tspr ich t .

A t rop in konn te in Dosen bis zu 0,5 mg die Iu lpulsaus lSsung d u t c h Ace ty lchol in n ieh t hemmen, was DOUGLAS u. GREY (1954) ebenfal ls beobach ten konnten .

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S F. LEMBECK:

MIETKIEWSKI (1956) fand cinc voriibergehende Hemmung der Nicotinwirkung din'oh 2 mg Atropin und nahm eine tokalanaesthctische Wirkung des Atropins an, (tie seit den Befunden von DEWS (1946) bekannt ist. AuBerdem wirkt Atropin in hoher Dosis ganglienb[ockierend (DUTTA, 1949, KONZETT u. ROTHLIN, 1949), so dab (tie Hemmung crst durch diesen Efibkt zustandekommen diirfte. Von einer spezi- fisehen Hemmung dutch Atropin, wie sie an den Chemoreceptoren (LAND(~gEN, LILJESTgAND 11. ZOTTERMANN, 1952) oder an den Dehnungsreceptoren des Magens (PA~X'rAL, 1956) nachgewiescn wurde, 15=Bt sich bei den Receptoren des Kaninchen- ohres nicht sprechen.

Wie am Ganglion fi ihrten Nicotin lllld Te t r a~ thy l ammoniumbromid erst nach a, nt~nglieher ImpulsauslSsung zu einer Li~hmung. I)iese an- f/ingliehe Reizung der Reeeptoren dureh Te t r ag thy lammoniumbromid k6imte die unangenehmen Empf induugen (Kglte, Priekeln) erkl~ren, die bei intraven6ser [njekt ion yon TetraS~thylammonimnbromid am Men- sehen beobaehtet werden und die bei dem yon vorneherein nur l~hmend wirkenden Hexamethouium fehlen. W/thrend naeh Coeain jede Art yon lmpulsausl6sung unterbroehen war, konnte man naeh einem Ganglien- blocker nieht yon einer , , lokalanaesthetisehen" Wirkung spreehen, denn Knei%n oder Hitzeapplikat ion ]6ste immer noch eiuen Reflex aus. Da der Wirklmgsort yon Aeetyleholin und Ganglienbh)ckern das freie Nerven- ende ist, kann man am~ehmen, da6 bei den dutch Ganglienbloeker nieht )>etroffenen Erregungsvorgi tngen eine Beeinflussung des Nervens ta inmes oder ein Angriffsort peripher vom Nervenende vorliegt. Aueh GOLL- WITZER-SIE[EI¢ U. WITZLEB (1954) fanden am N. saphenus-Prgpara t naeh Hexamethonium keine H e m m u n g der Impulsaus l6sung durch verschie- dene Sympathicolyt ica . l)iese Beobachtung, die bei den vorliegenden Versuehen mit Substanz P gemacht wurde, fi ihrt demnaeh zur Annahme, <tag ihr Wirkungsmeehanismus yon dem (ter synap to t ropen Substanzen v/illig versehieden ist.

Summary

The perfused rabbi t ' s ear, connected with the body only through the N. aurieularis magnus, has been used to s tudy the influenee of drugs on eutaneous sensory pathways. S t imula t ion of these afferent fibers elieted a reflex fall of the blood pressure and a rise of the respiration.

S t imula t ion has been possible by inject ion of aeetyleholine and other ganglionic exci tatory substances into the ear and could be inhibi ted by hexamethonium, bu t not by atropin. Substance P leads to a s t imula t ion of the afferent fibers which could not be inhibi ted by hexamethonium. (!oeain inhibite(t all kind of peripheral stimuli.

Literatnr AMIN, A. H., T. B. B. CRAWFORD alia ,]. H. BURN: ,J. of Physiol. 126, 596

(1954). - - BaOWN, (I. L., and J. A. B. Ganv: J. of Physiol. 107, 306 (1948). : - BthA~rCING. E. : J. of Pysiol. 128, 200 (1955). BI~i~CKE, H., H. HErA~AI:Eg und K. U=~InATH: Arch. f. Physiol. 55, 362 (1948). Ophthalmologica (Basel) 117, 19

Page 9: Untersuchungen über die Auslösung afferenter Impulse

Untersuehungen fiber die Auslhsung afferenter Impulse

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Doz. Dr. F. LEMBECK, Pharmakologisches Inst i tut der Universit~t Graz