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Untersuchungen iiber die katalytische Oxydation von Chlorwasserstoff mit Sauerstoff zu Chlor (DEACON-ProZen) Von FRIEDRICH WOLF, FRANZ RUNGF, und REINHARD KORN~) Mit 4 Abbildungen Herrn Professor H. Funk (Halle) xum 65. Geburtstage am 24. April 1960 gewidmet Inhaltsubersicht Es konnte nachgewiesen werden, da13 die beim DEACON-ProzeR verwendeten fliich- tigen Metallsalze in der Gasphave ihre katalytische 'ilrirksamkeit entfalten. Im Rahmen von reaktionskinetischeri Arbeiten uwrden die REYNoLDschen Zahlen und die Abkling- langen in DEACON-Kontaktschichten ermittelt. Summary The volatible metal salts being used in the DEACON-process are catalytically active in the gas phase. The corresponding REYNOLD numbers and the lengths of fading have been estimated by kinetic measiirements. - Einleitung Die in der Chloralkalielektrolyse vorliegende Kopplung dcr Er- zeugung von Chlor und Atzalkalien bringt wirtschaftliche Nachteile mit sich, wenn fur beide Produkte mengenmal3ig nicht dieselbe Verwendung vorhanden ist z, 3). Da auf der anderen Seite Salzsgure in grijl3erer Menge automatisch anfallt (Chlorierung organischer Verbindungen) oder leicht zu crzeugen ist (z. B. Hydrolyse von Magnesiumchlorid), hat man der Oxydation von Chlorwasserstoff zu Chlor immer wieder Interesse ent- gegengebracht. Die Oxydation von Chlorwasserstoff kann im technischen IClal3stab durch Elektrolysc waBriger Xalzsaure oder mit Hilfc von T,ufts;tucrstoff erfolgen. 1) K. KORN, Dissertation. Halle 1959. 2) H. F. JOHNSTONE, Chem. Engng. Progr. 44,657 (1918). 9 H. F. JOHNSTONE, Chem. Rngng. News 29, 364 (19.51).

Untersuchungen über die Katalytische Oxydation von Chlorwasserstoff mit Sauerstoff zu Chlor (DEACON-Prozeß)

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Untersuchungen iiber die katalytische Oxydation von Chlorwasserstoff mit Sauerstoff

zu Chlor (DEACON-ProZen)

Von FRIEDRICH WOLF, FRANZ RUNGF, und REINHARD K O R N ~ )

Mit 4 Abbildungen

Herrn Professor H . Funk (Halle) xum 65. Geburtstage a m 24. April 1960 gewidmet

Inhaltsubersicht Es konnte nachgewiesen werden, da13 die beim DEACON-ProzeR verwendeten fliich-

tigen Metallsalze in der Gasphave ihre katalytische 'ilrirksamkeit entfalten. Im Rahmen von reaktionskinetischeri Arbeiten uwrden die REYNoLDschen Zahlen und die Abkling- langen in DEACON-Kontaktschichten ermittelt.

Summary The volatible metal salts being used in the DEACON-process are catalytically active

in the gas phase. The corresponding REYNOLD numbers and the lengths of fading have been estimated by kinetic measiirements.

-

Einleitung Die in der Chloralkalielektrolyse vorliegende Kopplung dcr Er-

zeugung von Chlor und Atzalkalien bringt wirtschaftliche Nachteile mit sich, wenn fur beide Produkte mengenmal3ig nicht dieselbe Verwendung vorhanden ist z, 3). Da auf der anderen Seite Salzsgure in grijl3erer Menge automatisch anfallt (Chlorierung organischer Verbindungen) oder leicht zu crzeugen ist (z. B. Hydrolyse von Magnesiumchlorid), hat man der Oxydation von Chlorwasserstoff zu Chlor immer wieder Interesse ent- gegengebracht.

Die Oxydation von Chlorwasserstoff kann im technischen IClal3stab durch Elektrolysc waBriger Xalzsaure oder mit Hilfc von T,ufts;tucrstoff erfolgen.

1) K. KORN, Dissertation. Halle 1959. 2) H. F. JOHNSTONE, Chem. Engng. Progr. 44,657 (1918). 9 H. F. JOHNSTONE, Chem. Rngng. News 29, 364 (19.51).

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F. WOLF u. Nitarb., Katalytische Oxydation von Chlorwasserstoff 49

Das in den letzten Jahrcn stark angestiegene Interesse fur den DExoN-ProzeQ spicgelt sich im Erscheinen zahlreicher Patente wider 1). In der Patentliteratur wurden als ltatalytisch wirksame Sake die Ver- bindungen folgender Elemente vorgeschlagen :

K, Be, Mg, Sc, Y, Lanthaniden, Ti, Zr, Cr, Mo, W, Mn, Fe, Co, Ni, Cu, Au, Zn, Cd, Al, Sn, Pb, Sb, Bi, Pt , Th, U - xusammen 41 Elcmente.

Als Tragersubstsnzen der katalytisch wirksamen Metallsal ze wurden vorgeschlagen :

Kieselgur (Diatomeenerde), Fuller-Erden, Feuer-Ton, Bimsstein, Ti tandioxyd- Gel, Ziegels tein - Brockcn, Schamot temehl, Kaolin, Tonerde, Sililtagel, Gips, Kohle, Magncsiumoxyd.

Versuehsdurchfuhrung Im Rahmen von Kontaktversuchsreihen wurden sowohl bekannte

als auch neu entwickelte Mehrstoffkoiitakte hergestellt und unter gleiehen Versuchsbcdingungen - einer Reakt'ionstemperatur von 430 O C, einer Gasmenge von 13 cm3 IICl + 3,25 cm3 O,/sec und einer Einsatzxeit von 20 Stunden - auf ihre katalytische Wirksamkeit gcpruft.

Das Reaktionsgleichgewicht des DEACON-PrOZeSSeS : 4 HC1+ 0,z 2 C1, + 2 H,O (1)

ist bei Verwendung der stiichiometrischcn Mengen HC1 uncl 0, sowie einer Temperahr von 430" C zu 6 8 y L nach den Reaktionscndprodukten hin verschoben (s. Abb. 1).

Der Chlorwasserstoff wurde durch 800 Unisetmng von Ammoniumchlorid mit $700 t,echnischer konzentrierter Schwefelsaiire 6oo die in KIrrschen Umsetzung Apparaten wurde ein hergestellt. clektrisch Fur ge- kgoub~ 1 500

heizter Rohrenofen mit Kontaktrohrcn 40%0 60 70 80 90 lOd aus Jenaer Glas vemendet,. Es wurde -Tin %

eine Kontaktschicht von 400 mm Liinge ilbh. 1. Abhiingigkeit des Umsetzungsgrades und 27 mm Durchmesser cingefullt. .,y" von der Tempcrutur fur 4HCl + 0,

Die Kontakte wurden aus MettLllsalz- f 2 C1, -t 2 H,O bei 1 atm losungen bzw. Kupfer-Zeolithen und Kaolin I Kieselgelmehl als Triigersubstanz hergestellt nnd zu zylindrischen PrelJlingen von 4 mm Uurchrnevser iind 12 mm Linge verformt.

Weitere experimentelle Einzelheiten sind der Originalarbeit z u cntnchmenl).

Abb. 2 zcigt die benutzte Versuchsanordnung. Der erreichte Umsetzungsgrad wurde laufend durch Gasanalysen ermittelt. Die Re-

stimmung von Chlorwasscrstoff lind Chlor nebeneinander erfolgte in Anlelinung an An-

Z. anorg. alk. Chemie. Bd. 301. 4

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50 Zeitschrift fur anorganische und allgemeinc Chemie. Rand 304. 1960

gaben der Literaturd-e), indom in einer 15-ml-Gasburette HC1 und C1, in 8 ml 4 KJ-

Losung absorbiert und das ausgeschiedene Jod mit - Na,S,O,-Losung titriert w-urden.

AnschlicBend wurde der Losung ein OberschuB von 25 ml - AgN0,-LBaung zugesetzt 10

n und mit - NH,SCN-Losung nach VoLIrnRD zuriicktitriert. So war es moglich, die 10 HCl + C1,-Bestimmung mit Hilfe eincr Gasburettc und durch Titration aufeinander- folgend in einer Losung durchzufuhren.

5 n 10

n

%txchfiasche Konienswasserf[asche Abb. 2. Apparatur zur Durchfuhnmg des DEACON-Prozesses (Schema)

Die Brgebnisse der Kontakt-Versuehsreihen Zunachst sollen die katalytisch wirksamen Metallsalze betrachtet

Von allen Elementen besitzen die Salze des Kupfcrs die beste kata- lytische Wirkung fur den nEncoN-ProzeB, wie bereits DEACOK fand. Besonders gut wirksam sind die leicht fluchtigen Salze, die sich im HC1- Strom glatt zu CuC1, urnsetzen lassen. Schwerer fluchtige Salzc dcs Kupfers, wie z. B. Kupferphosphat, haben eine geringere katalytische Wirkung. Es ist ferner bemerkenswert, daB cin Zusatz von geringcn Mengen an Kupfersalzcn die katalytische Wirkung eines Kontaktes mit, anderen geeigneten Metallchloriden wesentlich vcr bessern kann.

werden.

4) LUNGE-BERL, Chemisch-technische Untcrsucliungsmethoden, 7. Aufl., Bd. I, S. 981. 5) E. YOUNGER, J. SOC. chem. Ind. 8, 88 (1889). 8) A. SABLATNOG, Osterr. Chcmiker-Ztg. 50, 8 (19-29).

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3'. WOLT u. Mitarb., Katalytische Oxydation von Chlorwasserstoff 51

Die Verfliichtigung der katalytisch wirksamen Metallsalze wahrend der Umsetzung wurde durch Entnahmc von Proben aus der Kontakt- schicht untersucht. Dabei wurde festgestellt, dal3 in katalytisch gut wirksamen Kontakten die Chloride von Cu, Fe, Cr und den Seltencn Erden eine nicht unbctrachtliche Fluchtigkeit aufweisen. In cler Literatur war bisher noch nicht uber die Fluchtigkeit der SE-Chloride berichtet worden. Wahrscheinlich wurde bei diesen eine Fluchtigkeit nicht ver- mutet, da auflerlich ein Auftreten von Sublimat nicht zu erkennen ist. Vielleicht spielt der gebildete Wasserdampf dabei eine Rolle.

Von den in der Patentliteratur beschriebenen Katalysatoren ist die Kombination Cu/SE in einem Gewichtsverhaltnis 1 : 10 mit Abstand am besten wirksaml). Im Rahmen unserer Arbeiten wurden ferner als beste Kontakttypen gefunden :

Kupfer-Zeolith/SE im Gewichtsverhaltnis 1 : 10 und Cr/Cu/SE in einem Gewichtsverhaltnis 10 : 1 : 1, beides auf Kaolin/Kieselgelmehl als Tra gersubstanz.

Ferner wurde festgestellt, dal3 die in dcr Patentliteratur bisher nicht erwahnten Salze des Silbers bei Abwesenheit von Kupfer die katalytische Wirkung von Kontakten etwas verbessern konnen ; bei Anwesenheit von Kupfer wirken die Silbersalze jedoch negativ.

,411s der Tabelle der Sattigungsdampfdrucke von Metalhhloriden 7)8) ist zu ersehen, dall bei einer Verwendung der Chloride von Bi, Sb, Sn und Fe mit einer schnellen Ver- fliichtigung zu rechnen ist. Eine Verwendung dieser Salze in DEACON-Katalysatoren, wic sie von einigen Autoren vorgeschlagen wurde, ist daher nicht angebracht.

Es wurde auch cine Rcihe kupferfreier Kontakte untersucht und dabei als beste Kombination Ag/SE/Th/U in einem Gewichtsverhaltnis van 1 : 10 : 1 : 1 gefunden. Unter modifizierten Bedingungen -- Erhohung der Reaktionstemperatur auf 480-500" C und Verwendung von 600 cm3 Kontakt - konnte dabei in Versuchen auDerhalb dieser Reihe die volle thermodynamisch mogliche Ausbeute von 62 % erreicht werden.

Von den wichtigsten der hier verwendeten Kontakte wurden Makro- porenradienbestimmungen durchgefiihrt. Fur die Untersuchungen diente eine Apparatur, wie sie von GREBER 9) 10) beschrieben ist.

Es konnte festgestellt werden, da13 die Makroporen im sllgemeinen im Verlauf des Prozesses in der Stromungsrichtung der Reaktionsgase durch Abscheidung von Sublimat fluchtiger Metallchloride zuwachscn ;

7) LANDOLT-BORNSTEIN, Physikalisch-chemische Tabellen, 5. Auflage Hw 11, S. 1340;

8 ) H. U. YON VOCEL, Chemiker-Kalender, Berlin 1956, S. 550. 9 ) W. GREBEB, J. prakt. Chem. [4] 1, 98 (1955). lo) W. GREBER, J. prakt. Chem. [4] 3, 162 (1956).

E, I, 8. 724; I Ib , S. 1925; 111, S. 2437.

4*

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bei einigcn Kontakten wurde durch Absublimieren der katalytisch wirksamen Salze eine Aufweitung des Kanalsystems festgestcllt. Es zeigte sich aber auch, da13 Kontaktc nach vollstiindigem Zuwachsen dcr Makroporen noch voll katalytisch wirlisam sein konnen.

Dieser Sachverhalt zeigt offenbar, daB im Fall des DEACON-Pro- zesses die Transportvorgange in Makroporen nicht allcin entscheideiid sind, vielmehr die Umsetzungen schon an der Oberflache voll wirksam verlaufen.

Bei der Verwcndung verschiedener Kontakt-Tragersubstanzen konnte - abgesehen von dem unten erwiihnten Zeolith - kein wesentlicher EinfluB auf die katalytische Wirksamkeit gefunden werden. Von grund- satzlicher Bcdcutung fur die katalytische Wirkung von Kontakten des DEacoiv-Prozesses scheint vielmehr cin bestimmt'er Dampfdruck der katalytisch wirksamen Metallchloride, d. h. speziell von CuCl,, CrCl, und SECI, zu sein.

In Kontaktvcrsuchsreihen wurde festgestellt, daB eine Umsetzung von Chlorwasserstoff mit Sauerstoff zu Chlor nur moglich ist, wcnn die katalytisch wirksamen Metallsalze fluchtig sind. Die Fluchtigkeit ist auch oft rein visuell durch dns Auftreten von Sublimat des Metall- chlorides zu erkennen. Diese Beobachtung lieB vermuten, daB die Um- setzung des DEAcoK-Prozesses homogen in der Gasphase verlauft (Metallsalzdampf-Katalyw), auch wenn ein fester Trager zugegen ist.

Abb. 3. Reaktionsrohr

Urn dicsc Vermutung zu untermnucrn, wurden in einem Reaktions- rohr aus Jenaer Rupremax-Glas (s. Abb. 3 ) 30 g CuCI, cingefullt und ein Gasstrorn von 8 cm3 HCl/sec in den Rolben uiid 2 cm3 O,/sec in die Reaktionskammer eingclcitct . Aul3en wurde mit 2 Geblgsebrennern

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fachelnd behcizt. Kupferchlorid sublimiertc im HCI-Strom reichlich ab und kondensierte sich im oberen Teil der Reaktionskammer. Bei 500" C wurde eine Umsetzung von 15% und bei 650" C eine Umsetzung von 35 % erreicht. Mit diesen Versuchen wurde wahrscheinlich gemacht, daB die Umsetzungen des DEACON-Prozesses homogen in der Gasphase verlaufen konnen.

Rin IvIitreiSen von CuC1,-Staub durch den HC1-Strom kann nicht vorliegen, da CuCI, beim Erhitzen ah 200" C zusammenbackt. Eine Katalyse an dem kondensierten Kupfer- chlorid ist wenig wahrscheinlich, da das Kondensat eine griine Fa'rbe besitzt, somit aus CuC1, . 2 H,O besteht. Diese Verbindung ist nur bei Temperaturen unter 150" C bestlndig. Wird es dem EinfluB einer hiiheren Temperatur ausgesetzt, so gibt es sein Kristallwasser ah und geht in braunes CuC1, uber.

Es lag nahe, die Fluchtiglieit der Kupfersalze im HC1-Strom bei hijheren Temperaturen dadurch herabzusctzen, dalj das Kupfer-Ion Cu+r auf einem synthetischen Gel-ZeoIith chemisch gebunden wird. Bei den bisher vorgeschlagenen Kontakten fur den Dmcox-ProzeB waren die Metallsalze lediglich rcin adsorptiv auf der Oberflache inerter Tragersubstanzen gebunden. Bei Verwendung von Gel-Zeolithen als Tragersubstanz wurde die Fluchtigkeit von Kupfersalzen tatsachlich merklich herabgesetzt; dafur wurde bei gleicher Kontaktschichtlange aber die thermodynamisch mogliche Ausbeutc nicht voll erreicht. Des- gleichen konnte durch Zusatz des Kupfers in Form von Kupferzeolith zu einem groBeren ifbcrschul3 an Salzen der Seltenen Erden die Fluchtig- lieit der Kupfersalze etwas herabgesetzt werden, und dieses bei gleich- bleibender katalytischer Wirkung. Damit wurdc cine vorteilhaf te Ver- wendung von Gel-Zcolithen als Tragersubstanzen gefunden, die auf der durch chemische Bindungcn hervorgerufenen Anderung der Dampf- druckverhaltnisse beruht.

Fur den Reaktionsmechanismus der Umsetzung von IICl mit Luft- sauerstoff nach dem DEAcos-Prozefi unter der Einwirkung von Kupfer- chlorid als Katalysator darf man annehmen, daB sie nach den folgenden Gleichungen verlauft :

(a) %CuC12 + 0,

(b) 2 Cu0 + 4 HC1-> 2 CuCl, -t 2 H 2 0

( c ) 4 HC1 + 0,

+ 2CuO + 2C1, - 29,8 kcal

4- 57,9 kcal

+ 28,l kcal. ___

+ 2 C1, + 2 H,O

Bei Verwendung von andereri Metallchloridcn als Kontaktsubstanzen ist der Rcaktionsverlauf analog zu formulieren.

Die gegenuber anderen Metallsalzen hervorragende katalytische Wirkung der Kupfersalze, genauer gesagt des Kupferchlorids, ist nach unserer Meinung auf drei Umstandc zuruckzufuhren.

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Bei der Umsetzungstemperatur von 430 O C betragt der Dampf- druck des Kupferchlorids 60 mm. Damit steht genugend Kupferchlorid- dampf zur Umsetzung zur Verfugung. Zugleich liegt der Dsmpfdruck im Gegensatz zu z. B. AlCl,, FeCI, niedrig genug, um eine zu schnelle Verfluchtigung der Kupfersalze aus den Kontakten zu vermeiden.

Formuliert man die Umsetzung mit den anderen Metallchloriden wie oben beschrieben, so ist die Differenz der Warmetonungen der Gleichungen (a) und (b) beim Kupferchlorid gering gegenuber anderen Metallchloriden, z. B. NaCl, CaCI,, MnCl, und AgCl.

Zudem darf man annehmen, daB beim Kupfer der wechselseitige tfbergang Kupferoxyd-Kupferchlorid besonders leicht erfolgt und damit die Umsetzung begunstigt.

Um Aussagen uber den Ablauf der Reaktion dcs DaAco N-Prozesses machen zu konnen, wurden realrtionskinetische Untersuchungen im durchstromten Reaktionsrohr durchgefiihrt. Fur die Arbeiten wurde ein elektrisch geheizter Reaktionsofen mit 5 seitlichen Gasentnahme-

Anrichl in Pfeilrichlung d Sertenanslcht (Ofenholfle I abgeklappt und abgenommenl

Abb. 4. Kontaktofen (Schema)

stellen verwendet (s. Abb. 4). Dieser Ofen erlaubte es, an versehiedenen Stellen des Reaktionsraumes Proben zu entnehmen und damit den Ab- lauf der Reaktion quantitativ zu verfolgen.

Der Reaktionsofen wurde in Anlehnung an eine yon DARBY und KEMBALL~~) be- schriebenc Apparatur angefertigt. Die Autoren untersuchten damit die Zersetzung von Methanol an einem Koba~t-~~sC~~~-TRoPsCH-Kata~ysator.

Es wurden 2 Stromungsgeschwindigkeiten benutzt:

a)

b) 13 em3 HC1 + 3,26 em3 O,/sec

8 em3 HC1 1- 2 om3 O,jsec,

und als Reaktionstemperaturen 425" C, 416" C, 408" C und 39.5' C gewahlt.

Durchmesser eingefiillt, entsprcchend 320 em3 Kontakt. In dem Reaktionsofen war eine Kontaktschicht von 400mm LBnge urid 32mm

Die Kontakte hatten zylin- __

11) 1'. W. D ~ K B Y 11. c. KEXB~LI,, Trans. E'araday soc. 58, 832 (1957).

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drische Form und waren 12 mm lang und hatten einen Durchmesser von 4 mm. Bei einer Raumerfiillung von 0,5 ergibt sich fur die Reaktionsgase ein freier Raum von 160 cm3 in der Kontaktschicht.

Die Bestimmung der Abklinglange d (em)

Die Abklinglange A ist nach W I C K E ~ ~ ) durch die nachfolgende Be- ziehurig gegeben :

1 u . c = - * 17, * C, s A.

Rs bedruten hier: TJ, = lineare Gasgeschwindigkeit in cm/sec; C, = molare Gaskonzentration in Mol HCl/cm3 am Anfang der

Kontaktschicht.

U und C gelten fur einen bestimmten Punkt langs der Kontaktschicht. Die Bestimmung der linearen Gasgeschwindigkeit U,,: Bei einem Rohrdurchmesser von 3,20 cm hat der Rohrquerschnitt die GroBe von

5,04 cmp. Im leer gedachten Rohr betragt dann ITo bei 0" C:

2,02 cm/sec bci einer Gasmenge yon 16,25 cm3/sec bzw.

1,24 cmisec bei emer Gasmenge von 10,O cm3/see

Bei den Reaktionstemperaturen betragen die Werte fur U,:

Temperatur

426" c 415. C 306" c 395" C

I

1

Gasmenge 10 cm3/sec

3,17 cmjsec 3,12 cm/sec 3,07 cmjsec 3,02 cm/sec

5,18cm/sec I

5,lO cm/sec I 5,02 cm/seo 1 4,94 cm/sec -

Die molare Gaskonzentration C, betragt bei 0' C:

C, = 337 - 10-5 Mol HCl/cm3

und bei den Keaktionstemperaturen :

425" C 415" C: 405" C 395" C

1,39 . 10-5 Mol HCl/cm3 1,41 . 10-5 No1 HCl/cm3 1,43 . 10-5 MoI HCl/cms 1,45 . 10-6 Mol HCl/cm3.

Der jeweilige in Abhangigkeit von der Kontaktschichtlange ermittelte Wert yon C wird durch Multiplikation von C, mit (1 - y ) erhalten, der entsprechende Wert von U durch Multiplikation von U, mit aY.

Dabei bedeutet y den experimentell gefundenen Umsetzungsgrad entsprechend

el. (1); der Faktor a = - tragt der Volumenanderung beim Umsatz Rechnung. 3ei

vollstandiger TJmsetzung verkleinert sich das Gasvolumen bekanntlich von 5 auf 4 Raum- teile.

4 5

~- ~ ~

"f E. WIGICE, Vortrag, Dechema-Kolloquium Berlin, Februar 1958.

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Zum Ermitteln der Ablilingllnge A werden in einem linearen Koor- dinatensystem auf der Abszisse die MeBstellen der Kontaktschicht (cm) und auf der Ordinate das Produkt U * C 1x4 der entsprechenden Reak- tionstemperatur aufgetragen. Dabei wird auf der Ordinate das Produkt U, - C, noch vermerkt, ebenfalls das Produkt von UEnde * CEnde. Der letztgenannte Wert entspricht den Verhlltnissen bei Erreichung des thermodynamisch moglichen Reaktions-Gleichgewichtes.

Die ltls Abklingllngc A (cm) definicrte Kontaktschichtlange i s t

dann gegeben, weiin - wie schon angefiihrt - U * C = - - U . C (d. h . U - C ist gleich 36,8% von U, * Co bis UEnde - CEnde).

1 e 0 0

Die Bestimrnung wurde mit beiden genannten Gasgeschwindigkeiten durchgcfuhrt .

Fur die Abklinglange A wurden so von einem Kontakt. dcr CriCu/SE in einem Gewichtsverhaltnis 10 : 1 : 1 auf Kaolin + Kieselgehchl als Trager enthielt, folgende Werte erhalten :

Aus diesen MeBergebnissen geht hervor, dalj die AbklinglBngeii mit steigcnder Temperatur und abnehmender Gasgeschwindiglieit kleinerc Werte annehmen, d. h., daIS untcr diesen Reaktionsbedingungcn tine kurzere Kontaktschicht benotigt wird. Die erforderlichen Kontakb schichtllngen sind relativ kurz. MaBgeblichen Anteil hat daran die VergroBerung der Reaktionsgeschwindigkeit mit zunehmender Tem- peratur. Die kleinere Abklinglange bei geringerer Gasgeschwindigkeit ist damit zu rrklaren, daB dann die Porenumsetzung stlrker zur Gcltnng koinrnt.

Die Bererhnung der I1zmomschen Zahl

Die REYxoLDsche Zahl charakterisiert den Strornungszustand yon Gasen und Fliissigkeiten und gibt den Turbulenzgrad an. Sie wird er-

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F. WOLF u. Mitarh., ICatalytische Oxydation von Chlorwasserstoff 57

rechnet nach der FormelI3) 14)

m . d R e = ~~. V

Darin bedeliten: wr = Gasgeschwindigkdt in mjsec, d = Durchmesser des Kontaktkorns in m, v = kinemutische Zahigkeit in m2/sec.

Fur die 400mm lange Kontaktschicht ergibt sich bei einer Raum- erfullung von 0,5, einer Temperatur von 415°C und einem Kontakt- korndiirchmesser von 0,004 m die REYNoLDsche Zahl

fur cine Gasmenge von 10 cm3/sec zu Re = 5,38; und fur eine Gasmenge yon 16,25 cm3/seo zu Re = 8,60.

Die Turbulenz, angegeben durch die REYNoLDsche Zahl, ist bei den nngefuhrten Versuchen also relativ gering. Diese Tatsache ist haupt- slchlich durch die fur technische Verhaltnisse kleine Gasgeschwindigkei t bedingt. Im Fall des DEACON-Prozesses darf allerdings die Gasge - schwindigkeit nicht zu hoch gewahlt werden, da dann die katalytisch wirksamen Metallsalze schneller absublimieren lionnen.

Wjr danken dem Anorganisch-wissenschaftlichen Lahoratoriiim des VEB Farben- fabrik Wolfen, Wolfen/Kreis Bitterfeld, fiir die gro5ziigig gowahrte Unterstiitximg hei der Durchfiihrung vorliegender Arbeit.

13) K. WINNACKER u. E. WEINGARTNER, Chemisclie Technologie, Munchcn 1950,

14) H. FALTIN, Technische Warmelehre, Halle 1953, S. 269. Anorgan. I, S. 17.

Halle- Wittenberg, In,stitut fiir Technische Chemie der Martiiz-Luther- Universitat .

Bei der Redaktion eingegangen am 31. August 1959.