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27 UNTERSUCHUNGEN ZUM GLUCOSESTOFFWECHSEL A. BIOCHEMISCHE GRUNDLAGEN Beim gesunden Menschen wird der Blutglucosespiegel durch Insulin (Konzentration im Serum ca. 10 -9 mol/l) und seine Antagonisten (Glucagon, Adrenalin und Glucocorticoide) innerhalb enger Grenzen konstant gehalten. Der normale Nüchternblutglucosewert liegt zwischen 3,3- 5,5 mmol/l. Insulin, das Hormon der B-Zellen der Langerhans'schen Inseln des Pankreas, wirkt blutglucosesenkend, indem es nach Bindung an einen Rezeptor in Fett- und Muskelzellen die Glucoseaufnahme durch Rekrutierung des Glucosetransporters Glut4 in die Plasmamembran erhöht. In der Leber werden Glykolyse und Glykogensynthese durch Induktion von Schlüsselenzymen gefördert und die Glykogenolyse gehemmt. Die Antagonisten erhöhen durch Glucosefreisetzung aus Leberglykogen den Blutglucosespiegel. Bei Insulinmangel verarmen besonders Fett- und Muskelzellen an Glucose, obwohl der Blut- glucosespiegel ansteigt. Dies führt zu einer entsprechenden Umstellung des Stoffwechsels (Hyperlipämie, Ketoacidose). Von einem bestimmten Wert an (ca. 8,6 mmol/l) wird die Nierenschwelle (Transportmaximum der aktiven Rückresorption) für Glucose überschritten und es kommt zur "Glucosurie". Darauf gründet sich der Name "Diabetes Mellitus" (= Zuckerharnruhr). Die Regulation des Blutglucosespiegels ist beim Diabetes mellitus gestört. Man unterscheidet primäre und sekundäre Diabetesformen, wobei die sekundären Diabeteserkrankungen z. B. nach Pankreaserkrankungen (Entzündungen, Tumoren), Pankreasentfernungen, chronischen Lebererkrankungen auftreten oder durch das Überwiegen kontrainsulinärer Hormone bedingt sind (z. B. bei Akromegalie, Morbus Cushing, Phäochromozytom). Die primären Diabetesformen teilt man in zwei Hauptgruppen, nämlich den Typ I Diabetes, den so genannten juvenilen Diabetes, für dessen Ursache heute immunologische Faktoren, die zur Zerstörung der B-Zellen und somit zum Insulinmangel führen, angenommen werden, auf der anderen Seite den Typ II Diabetes (Altersdiabetes), für den andere, teilweise noch unbekannte Mechanismen ausschlaggebend sind. Hierbei kommt es in der Regel nicht zum Insulinmangel, sondern zu einer verminderten Insulinwirkung z.B. durch einen Mangel an Insulinrezeptoren. Gerade beim Typ II Diabetes, der über längere Zeit schleichend verlaufen kann und somit unerkannt bleibt, kann man die Progredienz der Erkrankung verhindern, wenn die Risikofaktoren Adipositas, Fettstoffwechselstörungen, körperliche Inaktivität und das Überwiegen antiinsulinärer Hormone behandelt werden. Zur Erkennung spielt der im Praktikum durchgeführte Glucosetoleranztest eine wichtige Rolle.

UNTERSUCHUNGEN ZUM GLUCOSESTOFFWECHSEL · so die Folgeerkrankungen wie Arteriosklerose, Erblindung, Nierenschäden, Gangrän, und Neuropathien zu verzögern. Hierzu ist die im Praktikum

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UNTERSUCHUNGEN ZUM GLUCOSESTOFFWECHSEL

A. BIOCHEMISCHE GRUNDLAGEN

Beim gesunden Menschen wird der Blutglucosespiegel durch Insulin (Konzentration im Serum

ca. 10-9 mol/l) und seine Antagonisten (Glucagon, Adrenalin und Glucocorticoide) innerhalb

enger Grenzen konstant gehalten. Der normale Nüchternblutglucosewert liegt zwischen 3,3-

5,5 mmol/l. Insulin, das Hormon der B-Zellen der Langerhans'schen Inseln des Pankreas,

wirkt blutglucosesenkend, indem es nach Bindung an einen Rezeptor in Fett- und Muskelzellen

die Glucoseaufnahme durch Rekrutierung des Glucosetransporters Glut4 in die

Plasmamembran erhöht. In der Leber werden Glykolyse und Glykogensynthese durch

Induktion von Schlüsselenzymen gefördert und die Glykogenolyse gehemmt. Die Antagonisten

erhöhen durch Glucosefreisetzung aus Leberglykogen den Blutglucosespiegel.

Bei Insulinmangel verarmen besonders Fett- und Muskelzellen an Glucose, obwohl der Blut-

glucosespiegel ansteigt. Dies führt zu einer entsprechenden Umstellung des Stoffwechsels

(Hyperlipämie, Ketoacidose). Von einem bestimmten Wert an (ca. 8,6 mmol/l) wird die

Nierenschwelle (Transportmaximum der aktiven Rückresorption) für Glucose überschritten

und es kommt zur "Glucosurie". Darauf gründet sich der Name "Diabetes Mellitus"

(= Zuckerharnruhr).

Die Regulation des Blutglucosespiegels ist beim Diabetes mellitus gestört. Man unterscheidet

primäre und sekundäre Diabetesformen, wobei die sekundären Diabeteserkrankungen z. B.

nach Pankreaserkrankungen (Entzündungen, Tumoren), Pankreasentfernungen, chronischen

Lebererkrankungen auftreten oder durch das Überwiegen kontrainsulinärer Hormone bedingt

sind (z. B. bei Akromegalie, Morbus Cushing, Phäochromozytom).

Die primären Diabetesformen teilt man in zwei Hauptgruppen, nämlich den Typ I Diabetes,

den so genannten juvenilen Diabetes, für dessen Ursache heute immunologische Faktoren,

die zur Zerstörung der B-Zellen und somit zum Insulinmangel führen, angenommen werden,

auf der anderen Seite den Typ II Diabetes (Altersdiabetes), für den andere, teilweise noch

unbekannte Mechanismen ausschlaggebend sind. Hierbei kommt es in der Regel nicht zum

Insulinmangel, sondern zu einer verminderten Insulinwirkung z.B. durch einen Mangel an

Insulinrezeptoren.

Gerade beim Typ II Diabetes, der über längere Zeit schleichend verlaufen kann und somit

unerkannt bleibt, kann man die Progredienz der Erkrankung verhindern, wenn die Risikofaktoren

Adipositas, Fettstoffwechselstörungen, körperliche Inaktivität und das Überwiegen antiinsulinärer

Hormone behandelt werden. Zur Erkennung spielt der im Praktikum durchgeführte

Glucosetoleranztest eine wichtige Rolle.

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Beim Typ I Diabetes werden in Zukunft immunologische Suchtests (für Antikörper gegen Teile

der Inselzellen) eine größere Rolle spielen, da sie schon lange vor dem für den Patienten meist

plötzlich auftretenden Ausbruch der Krankheit auftreten. Zu diesem Zeitpunkt sind aber meist

schon 80% der Inselzellen zerstört.

Ist die Erkrankung einmal ausgebrochen, ist es die wichtigste Aufgabe, den Blutglucosespiegel

durch eine strenge Stoffwechseleinstellung (Insulin, Diät, Bewegung) konstant zu halten, um

so die Folgeerkrankungen wie Arteriosklerose, Erblindung, Nierenschäden, Gangrän, und

Neuropathien zu verzögern.

Hierzu ist die im Praktikum durchgeführte Bestimmung des glykíerten Hämoglobins ein

wichtiges Hilfsmittel.

Patienten, die an einem unkontrollierten Diabetes leiden, haben häufig hohe Blutglucosekon-

zentrationen im Plasma. Dies führt zu erhöhten Konzentrationen an glykiertem Hämoglobin in

den Erythrocyten. Erythrocyten gesunder Personen mit normalen Blutglucosespiegel

enthalten 4-7% ihres gesamten Hämoglobins in glykierter Form. Bei wenig oder schlecht

kontrollierten Diabetikern kann dieser Wert 18-20% erreichen. Die Bestimmung des glykierten

Hämoglobins erlaubt eine Langzeitbeobachtung des Blutglucosespiegels. Einmal modifiziertes

Hämoglobin bleibt im Blutkreislauf, solange der Erythrocyt lebt (ca. 120 Tage). Ein erhöhter

Spiegel an glykiertem Hämoglobin beginnt erst 5-6 Wochen nach Einstellung des

Glucosespiegels zu fallen und erreicht nach ca. 20 Wochen den Normbereich. Während die

übliche Blutglucosebestimmung die aktuelle Glucosekonzentration im Blut anzeigt, stellt die

Konzentration an glykiertem Hämoglobin eine Art Integral über den Blutglucosespiegel

mehrerer Wochen dar.

GLUCOSETOLERANZTEST

Beim Glucosetoleranztest wird über 1,5 h nach einer oralen Glucosebelastung der Blutgluco-

sespiegel gemessen und dessen zeitlicher Verlauf mit dem eines Normkollektivs verglichen.

Neben dieser indirekten Prüfung der Funktionstüchtigkeit der B-Zellen der Langerhans'schen

Inseln kann auch direkt der zeitliche Verlauf der Insulinkonzentration im Serum mit

aufwendigen immunologischen Techniken bestimmt werden.

Der mit dem Glucosetoleranztest beim Gesunden (Normalkollektiv) bzw. beim Diabetiker be-

obachtete Anstieg und Abfall der Glucosekonzentration im Blut ist in Tabelle I dargestellt.

Verdacht auf asymptomatischen Diabetes mellitus besteht, wenn der nach 30-60 Minuten

erwartete Maximalwert von 11,1 mmol/l überschritten wird. Diagnostisch wertvoller ist der 2-

Stunden-Wert; liegt er über 7,8 mmol/l, so handelt es sich um einen Diabetes mellitus. Dagegen

charakterisieren Maximalwerte unter 8,9 mmol/l und Zweistundenwerte unter 6,7 mmol/l den

Normbereich. Werte im Zwischenbereich sind verdächtig und bedürfen der Kontrolle. Um den u.

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U. diabetischen Patienten nicht durch einen Provokationstest zu gefährden, wird zuvor durch ein

"Blutglucosetagesprofil" ein manifester Diabetes ausgeschlossen.

Tabelle I: Bewertung der oralen Blutglucosebelastung nach Gabe von Glucose

Blutglucosekonzentration im Kapillarblut in mmol/l

0' 30' und 60' 120'

normal < 5,5 < 8,9 < 6,7

Grenzbereich 5,5 - 7,2 8,9 - 11,1 6,7 - 7,8

pathologischer

Bereich

> 7,2

> 11,1

> 7,8

Mit dem Glucosetoleranztest können auch pathologische Hypoglykämien verschiedener Ur-

sachen erkannt (und ausgelöst) werden (funktioneller Hyperinsulinismus; Inselzelladenom),

bei denen die Maximalwerte nach oraler Glucosegabe unter der Norm bleiben.

Der primäre Diabetes mellitus lässt sich in vier Stadien unterteilen:

1. Potentieller Diabetes: keine diabetische Stoffwechsellage, Diabetessuchtests normal,

aber familiäre Belastung; ca. 25% unserer Bevölkerung

2. Latenter Diabetes: unter Belastung, bei Schwangerschaft oder Übergewicht kann auch

der Glucosetoleranztest positiv sein.

3. Asymptomatischer ("subklinischer" oder "chemischer") Diabetes: Glucosetoleranztest

positiv; ca. 8% der Bevölkerung.

4. Klinischer Diabetes: manifester Diabetes; ca. 3% der Bevölkerung. Hyperglykämie und

ggf. Glucosurie. Diabetessuchtests nicht erforderlich. Die Tests können in diesem Fall

den Patienten gefährden!

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GLYKIERTES HÄMOGLOBIN

Glykiertes Hämoglobin entsteht durch nichtenzymatische Addition von Glucose an Ami-

nogruppen des Lysins in der Peptidkette oder an das N-terminale Ende der - und der -

Untereinheiten. Ein Glucosetransporter in der Erythrocytenmembran gewährleistet einen ra-

schen Glucoseaustausch, sodass in den Erythrocyten die gleiche Glucosekonzentration wie

im Plasma vorliegt. Aldosen reagieren mit freien Aminogruppen unter Bildung einer Schiff'-

schen Base. Durch Amadori-Umlagerung wird die Glucose im zweiten Schritt irreversibel

kovalent fixiert (Abb. 1).

Abb. 1 Nicht enzymatische Glykierung eines Proteins

Die spezifische Bestimmung von glykiertem Hämoglobin (HbA1) im Hämolysat ist nach vorheriger

Auftrennung der Hämoglobinfraktionen durch Ionenaustausch-Chromatographie möglich. Dieses

Trennverfahren beruht auf der elektrostatischen Wechselwirkung von Ionen in der zu

untersuchenden Probe mit einem Ionenaustauscher, der Gruppen entgegengesetzter Ladung

enthält, die kovalent an einem unlöslichen Trägermaterial (Matrix) fixiert sind. Die mit dem

Ionenaustauscher in Wechselwirkung stehenden Gegenionen können dabei gegen andere Ionen

mit gleichgerichteter Ladung ausgetauscht werden. Je nach Ladung des Ionenaustauschers

unterscheidet man zwischen Anionenaustauschern (basischen Ionenaustauschern), die positiver

geladen sind und Kationenaustauschern (sauren Ionenaustauschern) mit negativer Ladung.

Hämoglobin trägt, wie fast alle Proteine, in wässriger Lösung eine elektrische Ladung, die

durch saure oder basische Gruppen der Aminosäurenseitenketten, sowie durch terminale -

Amino- und -Carboxylgruppen bedingt ist. Die Nettoladung des Moleküls ergibt sich aus der

Summe der positiven und negativen Einzelladungen und ist abhängig vom pH-Wert der

Proteinlösung. Der pH-Wert, bei dem die Zahl der positiven Ladungen derjenigen der

negativen entspricht und bei dem das Molekül nach außen hin ungeladen erscheint, wird als

Isoelektrische Punkt bezeichnet. Unterhalb des isoelektrischen Punktes (IP) ist die Ladung

des Moleküls positiv (Kation), und es kann daher an einen Kationenaustauscher gebunden

werden, wohingegen oberhalb des IP eine negative Nettoladung vorliegt (Anion), die die

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Bindung des Proteins an einen Anionenaustauscher ermöglicht. Die elektrostatische Wirkung

zwischen Protein und Ionenaustauscher kann durch Veränderung des pH-Wertes oder durch

Erhöhung der Salzkonzentration (kompetitive Ionen) geschwächt oder gar vollständig gelöst

werden.

Zur Auftrennung der unterschiedlichen Subfraktionen des Hämoglobins wird in diesem

Versuch ein schwach saurer Kationenaustauscher eingesetzt. Ein Aliquot des Hämoglobins

wird mit einer Ionenaustauscher Suspension gemischt. Unter den gewählten Bedingungen

(pH=7,0) wird lediglich das normale Hämoglobin gebunden, wohingegen das glykierte

Hämoglobin (HbA1) im Überstand verbleibt. Das unterschiedliche Adsorptionsverhalten der

beiden Hämoglobinfraktionen beruht auf dem Ladungsunterschied zwischen dem glykierten

und dem normalen Hämoglobin, der dadurch zustande kommt, dass durch die irreversible

Bindung von Glucose an eine Aminogruppe des Proteins, bei unverändertem pH-Wert, dessen

Gesamtladung zum negativen Bereich hin verschoben wird und somit die Bindungskräfte

zwischen glykiertem Hämoglobin und dem Ionenaustauscher verringert werden.

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ALLGEMEINE FRAGESTELLUNGEN:

Glucosestoffwechsel

Regulation des Blutglucosespiegels

Wirkung von Insulin und den Insulinantagonisten

Chemie der genannten Hormone

Stoffwechselveränderungen beim Diabetes mellitus

Hämoglobin (Struktur, Funktion, Sauerstoffbindungskurve, Bohr-Effekt, Puffer-

Wirkung pathologische Veränderungen: quantitativ und qualitativ bedingte

Hämoglobinopathien Sichelzellhämoglobin)

Myoglobin

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B. ZIELSETZUNG DER EXPERIMENTE

GLUCOSETOLERANZTEST

Nachdem die Versuchsperson eine definierte Menge an Glucose oral zu sich genommen hat,

steigt die Blutglucosekonzentration - nach Resorption der Glucose aus dem Darmlumen -

rasch an. Innerhalb einer bestimmten Zeit nach Beginn der Belastung normalisiert sich die

Blutglucosekonzentration wieder. Dieser Vorgang soll anhand der Bestimmung der Glucose-

konzentration im Kapillarblut verfolgt werden. Der beobachtete Anstieg und Abfall der Blut-

glucosekonzentration soll graphisch dargestellt und anschließend interpretiert werden.

GLYKIERTES HÄMOGLOBIN

Die Bestimmung des Anteils an glykiertem Hämoglobin erfolgt mit einem handelsüblichen

Reagenziensatz, der eine gebrauchsfertige Suspension eines schwach sauren Kationen-

austauschers enthält.

Es soll die Menge an glykiertem Hämoglobin im eigenen Blut sowie in einer Probe mit

erhöhtem Wert (Diabetikerblut) bestimmt werden.

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C. VERSUCHSDURCHFÜHRUNG UND VERSUCHSPROTOKOLL

Mitbringliste: Kittel, Taschenrechner

GLUCOSETOLERANZTEST

1. PROBENVORBEREITUNG:

Fünf Eppendorf-Gefäße mit je 0,5 ml Perchlorsäure (0,35 mol/l) vorbereiten. Nach 0, 30, 60

und 90 Minuten werden je 0,05 ml Kapillarblut mit Hilfe einer Kapillarpipette aus der

Fingerbeere entnommen und die Kapillare in die Eppendorfgefäße mit Perchlorsäure gegeben

und gut geschüttelt (Enteiweißung!).

Nach Abnahme von 0,05 ml Kapillarblut zur Bestimmung des Nüchternblutglucosewertes (Probe

1) trinkt die Versuchsperson ein glucosehaltiges Getränk (500ml). Die Zeit wird protokolliert. 10

Min. nach Entnahme und Enteiweißung der letzten Probe mit Perchlorsäure wird für 4 Min. bei

einer Drehzahl von 10.000 mit der Kapillare zentrifugiert. Die Überstände werden vorsichtig

dekantiert, in neue Eppendorfgefäße überführt und erneut 4 Min. zentrifugiert. Die Überstände

werden zur Blutglucosebestimmung (Abschnitt C.3.) benutzt. Die Gefäße bitte mit der

Gruppennummer sowie der Probennummer beschriften und die Reste der Proben nach

Beendigung des Versuches beim Assistenten abgeben!

2. BLUTGLUCOSEBESTIMMUNG

Glucose-Reagenz: Glucose-Oxydase (GOD) oxidiert Glucose zur Gluconsäure unter Bildung

von H2O2. Wasserstoffperoxid oxidiert in einer durch Peroxydase (POD) katalysierten Reak-

tion den Wasserstoffdonator (Phenol und 4-Aminophenazon) zu einem Farbstoff D:

GOD (1) Glucose + H2O + O2 Gluconsäure + H2O2

POD (2) H2O2 + DH2 2 H2O + D

Die Menge des gebildeten Farbstoffes D ist ein Maß für die Menge der umgesetzten Glucose.

Da der molare Extinktionskoeffizient von D von den Versuchsbedingungen abhängt, wird die

gemessene Extinktion (Wellenlänge 500 nm) auf die Extinktion eines Glucose-Standard-

Wertes bezogen.

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3. DURCHFÜHRUNG DER BLUTGLUCOSEBESTIMMUNG:

Die notwendigen Lösungen stehen am Arbeitstisch:

I: Perchlorsäure, 0,35 mol/l

II: Glucose-Reagenz Phosphat-Puffer, 0,10 mol/l, pH = 7.0; 50 µg Chromogen (0,75

mmol/l Phenol und 0,25 mmol/l 4-Aminophenazon); >1,5 KU/l POD; >15 KU/l GOD;

>2,0 KU/l Mutarotase

III: Glucose-Standard (5,55 mmol/l).

50µl des Glucosestands in 0,5 ml Perchlorsäure verdünnen. Mit den vorbereiteten Proben

(Abschnitt C.1.) die Ansätze entsprechend der folgenden Tabelle anfertigen, invertieren

(schwenken) und 10 Min. bei Raumtemperatur stehen lassen.

TABELLE 1

Leerwert Standard Proben 1-4

ml Aqua dest. 0,05 - -

ml Standard, enteiweißt - 0,05 -

ml Probe, enteiweißt - - 0,05

ml Glucose-Reagenz 1,0 1,0 1,0

Photometer bei 500 nm kalibrieren, die Extinktion des Standards und der Proben gegen den

Leerwert bestimmen.

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GLYKIERTES HÄMOGLOBIN

1. Blutentnahme und Herstellung des Hämolysates:

250 μl Lysereagenz in einem mit "E" beschrifteten Eppendorf-Gefäß (Eppi) vorlegen; Blut mit

einer 50 μl-Kapillarpipette aufnehmen; gefüllte Kapillare sofort in das Eppi geben und gut

mischen, so dass das Blut herausgespült wird; 5 min bei Raumtemperatur inkubieren

2. HbA1-Ansatz

Die Ansätze werden mit Lysereagenz aus Standardblut (Eppi "S"), Eigenblut (Eppi "E") und

Diabetikerblut (Eppi "D") parallel angesetzt. Diese auch 5 min bei Raumtemperatur

inkubieren

3. HbA1- Trennung

In drei weiteren 2,0 ml Eppis befindet sich jeweils schon vorpipettiert 1,5ml

Ionenaustauschermatrix, die Eppis mit ("S", "E" bzw. "D") beschriften, vorsichtig

aufschütteln und jeweils 50 μl Hämolysat (Ansätze von 1 und2) dazu pipettieren;

Ionenaustauscher und Probe 5 min möglichst gleichmäßig sanft schütteln. Andernfalls kann

es zu Sedimentierungen des Ionenaustauschermaterials kommen und die Reaktion läuft

nicht unter gleichmäßigen Bedingungen ab.

4. Zentrifugation

Die Proben 10 min bei 2000rpm zentrifugieren, vorsichtig den Überstand (ca. 700µl)

abpipettieren, in ein neues Eppi überführen und nochmals 10 min bei 2000 rpm

zentrifugieren. Den klaren Überstand vorsichtig in eine Küvette pipettieren.

[Punkt 4 Berechnung (E1)].

5. Gesamt-Hb-Ansatz

In drei parallelen Ansätzen werden jeweils 20 μl Hämolysat "S", "E" bzw. "D" in einem

Reagenzglas mit 5 ml Aqua dest. pipettiert, mit Parafilm abgedeckt und vorsichtig gemischt.

(Beschriftung nicht vergessen)! 5 min stehen lassen und dann Extinktion im Photometer

messen

[Punkt 4 Berechnung (EG)]

6. Extinktionsmessung der Blutproben

bei = 405 nm (die Abgleichung des Photometers erfolgt gegen Wasser)

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GLUCOSETOLERANZTEST (VERSUCHSDURCHFÜHRUNG ) KURZFASSUNG

Punkt 1-4 sofort durchführen, dann weiterlesen!!

Versuch 1

1) 4 Eppis mit je 500 µl Perchlorsäure versetzen (Beschriftung 0,30,60,90 Min.) 2) Blut abnehmen. Dazu Kapillare benutzen. (Kapillare muss voll sein, keine Luftblase) 3) Kapillare in das Gefäß mit Zeitpunkt „0 Min“ werfen und sofort gut schütteln. 4) Cola trinken, Zeitpunkt aufschreiben.

Zeit sich das Protokoll genauer durchzulesen

5) Nach 30, 60 und 90 Min jeweils Blut mit der Kapillare entnehmen und in den beschrifteten Eppi mit vorgelegter Perchlorsäure werfen. Schütteln.

6) Zu irgendeinem Zeitpunkt ein 5. Eppi mit 500 µl Perchlorsäure versetzen und 50 µl Glucosestandard zusetzen.

7) 10 Min nach Enteiweißung (so nennt man den Prozess: Blut + Perchlorsäure) der letzten Blutprobe werden alle 5 Eppis mit der Kapillare 4 Min zentrifugiert. 1 Eppi noch mit 500 µl Wasser füllen, dient als Gegengewicht bei der Zentrifugation, 10.000 rpm)

8) Überstände abkippen und in neue Eppis überführen und nochmals 4 Min zentrifugiert. Als Gegengewicht dient wieder das mit Wasser gefüllte Eppi.

9) 6 Küvetten bereitstellen und diese jeweils mit 1ml Glucose-Reagenz füllen. 10) Nach Tabelle 1(Seite 35) die Ansätze pipettieren 11) 10 min warten, Inkubation des Reagenzes mit der Glucose 12) Nach Tabelle 1(Seite 35) die Ansätze pipettieren 13) Bei 500nm (eingestellten Wert kontrollieren) alle 5 Küvetten (Standard, Blutproben) mit dem

Photometer gegen die Küvette 6 (Wasser + Glucosereagenz) als Nullabgleich messen. (Dazu muss die Küvette 6 in das Photometer gestellt werden, Zero drücken. Alle weiteren Proben werden danach vermessen.

Versuch 2:

Kann jederzeit durchgeführt werden (wobei sich der Zeitpunkt 30 bzw. 60 Min aus Versuch 1 anbietet).

Teil A)

14) 250 µl Lysereagenz in einem Eppi vorlegen (mit „E“ für Eigenblut beschriften) 15) Blut mit einer Kapillare abnehmen. Dieses in das Eppi „E“ werfen und gut schütteln. 16) 5 Min stehen lassen. 17) Das gleiche wird mit dem grünen „S“ und rotem „D“ Eppi gemacht („S“ Standard-/“D“ Diabetikerblut).

Dazu gibt man 250 µl Lysereagenz in das grüne und rote Eppi (50 µl Blut sind schon vorgegeben) und wartet ebenfalls 5 Min.

18) Von allen drei Hämolysaten (vorher schütteln) wird nun 50 µl in die bereitgestellten Eppis (2ml, farblos) mit Ionenaustauschermatrix gegeben und 5min vorsichtig geschüttelt.

19) 10 min bei 2000 rpm/min zentrifugieren. 20) Überstand (ca. 700µl) abnehmen, in ein neues Eppi pipettieren und erneut 10 min bei 2000rpm

zentrifugieren 21) Den klaren Überstand in eine Küvette pipettieren. 22) Eine weitere Küvette mit Wasser befüllen (Beschriftung „W“) 23) Bei 405 nm (eingestellten Wert kontrollieren) alle Küvetten mit dem Photometer gegen die

Wasserküvette („W“) als Nullabgleich messen (Dazu nachdem die Wasserküvette ins Photometer gestellt wurde, „Zero“ drücken und danach die zu messenden anderen Küvetten reinstellen und Wert ablesen).

Teil B)

24) Drei Reagenzgläser jeweils mit 5 ml Wasser füllen (Beschriftung „E“, „S“, „D“) 25) Aus den Eppis („E“, „S“, „D“) jeweils 20 µl Hämolysat in die mit Wasser gefüllten Reagenzgläser

geben, mit Parafilm abdecken und schwenken. 26) Gut mischen und 5 Min stehen lassen. 27) Extinktion wieder gegen Wasser bei 405 nm messen.

Am Ende aufräumen. Glucosestandard-, Glucosereagenz- und Lysereagenzgefäße bitte nicht wegwerfen. Alle weiteren Probengefäße werden in den bereitstehenden Blutabfallgefäßen entsorgt.

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D. AUSWERTUNG UND FEHLERDISKUSSION

GLUCOSETOLERANZTEST

Tragen Sie die gemessenen Extinktionen und die Ergebnisse der Glucosebestimmung in die

folgende Tabelle ein und zeichnen Sie den Kurvenverlauf! Wie interpretieren Sie die Ergeb-

nisse?

Leerwert Glucose-

standard

0 min 30 min 60 min 90 min

E500

Blutglucose-konzentration (mmol/l)

Die Blutglucosekonzentration wird folgendermaßen berechnet:

𝑐[𝑚𝑚𝑜𝑙 ∙ 1−1] =𝐸𝑃𝑟𝑜𝑏𝑒

𝐸𝑆𝑡𝑎𝑛𝑑𝑎𝑟𝑑∙ 5,55

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GLYKIERTES HÄMOGLOBIN

Tragen Sie die gemessenen Extinktionen in die folgende Tabelle ein, bestimmen Sie den Faktor F

und berechnen Sie den prozentualen Anteil der Fraktion HbA1 am Gesamthämoglobin von

Eigenblut und Diabetikerblut. Der HbA1-Anteil des Standardblutes (Standardwert) beträgt 6,8 in %.

𝐹 =𝐸𝐺 (𝑆𝑡𝑎𝑛𝑑𝑎𝑟𝑑)

𝐸1 (𝑆𝑡𝑎𝑛𝑑𝑎𝑟𝑑)∙ 𝑆𝑡𝑎𝑛𝑑𝑎𝑟𝑑𝑤𝑒𝑟𝑡

%𝐻𝑏𝐴1 = 𝐹 ∙𝐸1 (𝑃𝑟𝑜𝑏𝑒)

𝐸𝐺 (𝑃𝑟𝑜𝑏𝑒)

E1 EG F % HbA1

Standardblut 6,8

Eigenblut = F Standardblut

Diabetikerblut = F Standardblut

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E. SCHLUSSFOLGERUNGEN