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J. prakt. Chem. 336 (1994) 237-242 Journal fur praktische Chemie Chemiker-Zeitung 0 Johann Ambrosius Barth 1994 Untersuchungen zur Kinetik der Diffusion von Ethen in 4A-Zeolithen Rolf Schollner und Reiner Schaller Leipzig, Institut fur Technische Chemie der Universitat Eingegangen am 9. Dezember 1992 bzw. 1. Juni 1993 Investigation on the Kinetics of Diffusion of Ethene on 4A Zeolites Abstract. The kinetics of diffusion of ethene on 4A zeolites was examined. Conclusions on the transport mechanism were obtained by the loading dependence on the diffusion coeffi- cients. Contrary to propene and the n-butene isomers, ethene can cross the windows to the cavities blocked up by Na+ ions in the NaA and Mei$Nao,sA zeolites (Me = Mg, Ca, Zn, Ba) by a translatory jump motion. In NaKA zeolites - by reason of additional blocking up of windows with K+ ions - the ethene molecules overcome the barrier only through the ethene/Na+(l) addition complexes. Einleitung Der Transportmechanismus von niederen Olefinen, wie Propen und trans-But-2-en, in 4A Zeolithen wurde be- reits vor langerer Zeit untersucht [l-31. Infolge der spe- zifischen Wechselwirkungen zwischen einem Na+-Ionim 8er Sauerstoffring (Sl-Position) und dem Olefinmolekiil kommt es zur kurzzeitigen Anlagerung des Olefins an das Kation und zu gemeinsamen Translations- und Ro- tationsbewegungen, in deren Verlauf das Olefinmolekiil die Barriere iiberwindet. Die Diffusionsgeschwindigkeit der Olefine wird mit Einbau von zweiwertigen Kationen, wie Sr2+, Ca2+, Mg2+ oder Zn2+ verandert, wenn gleichzeitig die 4A-Struktur erhalten bleibt, d. h. alle Eingange zum a-Kafig sind weiterhin durch Na+-Ionenverschlossen [4]. Kohlenwas- serstoffe, wie Propan und n-Butan, konnen auf Grund der fehlenden spezifischen Wechselwirkungen mit den blockierenden Kationen die Barriere nicht iiberwinden. Die Trennung Propan/Propen erfolgt nahezu quantitativ Der effektive Porendurchmesser eines mit einem Na+- Ion blockierten 8er Sauerstoffringes betragt ca. 0,35 nm. Die kritischen Molekiildurchmesser von Ethen und Et- han betragen 0,408 bzw. 0,436 nm [6]. Die kinetische Trennung Ethan/Ethen ist auf Grund der Daten schwie- rig. Ethen kann wie die anderen Olefine die Barriere iiberwinden. Andererseits gestatten die kritischen Mo- lekiildurchmesser der beiden Molekiile die Uberwin- dung der blockierenden Kationen mittels ihrer kineti- schen Energie durch Verschieben der Ionen aus ihrer Lage. Die adsorptive Abtrennung von Ethen und Propen aus Crackgasen gelingt mit Hilfe von kationenmodifi- ~51. zierten 4A-Zeolithen [5,7]. Der Reinheitsgrad der Ole- finfraktion ist abhangig von der Trennung des kriti- schen Paares EthadEthen. Die Kenntnis iiber die Dif- fusionsgeschwindigkeit und den Transportmechanismus des Ethens an unterschiedlich kationenmodifizierten 4A- Zeolithen ist daher von hohem Interesse fur die Optimie- rung technischer Trennprozesse der Adsorption. Beschreibung der Versuche Die kinetischen Messungen wurden an einer statischen, gravi- metrischen Sorptionsapparatur, bestehend aus Vordosier- und Dosierteil, HV-Pumpstand und Sorptionsteil gemessen. Die Apparatur, die Aktivierung der Zeolithe und die Probenher- stellung sind ausfiihrlich in [8] beschrieben. MeRvorgang Uber ein Ventil lieR sich der gewunschte Adsorptivvordruck im Dosierteil der Sorptionsapparatur einstellen. Nach Tarie- rung der Waage begann der Meavorgang mit dem Offnen des Ventils, das den Dosierraum rnit dem Sorptionsraum verband. Die vom Drucker registrierte Beladungsanderung wurde in der ersten Minute sekundenweise, so dann im Abstand von 10 s und ab 3 min nur noch minutenweise erfaRt. Die Messung wurde beendet, wenn die zeitliche Anderung der adsorbierten Masse unterhalb von 0,5 . g/min lag. Auswertung der Mefiergebnisse Die Auswertung der kinetischen Kurven der Ethenad- sorption an 4A-Zeolithen erfolgte nach dem Model1 zur nichtisotherrnen Adsorption nach Ruthven [9, 101. Der zeitliche Verlauf der Sorption unter Beriicksichtigung der Nichtisothermie 1al3t sich als Funktion dreier dimen-

Untersuchungen zur Kinetik der Diffusion von Ethen in 4A-Zeolithen

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J. prakt. Chem. 336 (1994) 237-242

Journal fur praktische Chemie Chemiker-Zeitung 0 Johann Ambrosius Barth 1994

Untersuchungen zur Kinetik der Diffusion von Ethen in 4A-Zeolithen

Rolf Schollner und Reiner Schaller Leipzig, Institut fur Technische Chemie der Universitat

Eingegangen am 9. Dezember 1992 bzw. 1. Juni 1993

Investigation on the Kinetics of Diffusion of Ethene on 4A Zeolites

Abstract. The kinetics of diffusion of ethene on 4A zeolites was examined. Conclusions on the transport mechanism were obtained by the loading dependence on the diffusion coeffi- cients. Contrary to propene and the n-butene isomers, ethene can cross the windows to the cavities blocked up by Na+ ions

in the NaA and Mei$Nao,sA zeolites (Me = Mg, Ca, Zn, Ba) by a translatory jump motion. In NaKA zeolites - by reason of additional blocking up of windows with K+ ions - the ethene molecules overcome the barrier only through the ethene/Na+(l) addition complexes.

Einleitung

Der Transportmechanismus von niederen Olefinen, wie Propen und trans-But-2-en, in 4A Zeolithen wurde be- reits vor langerer Zeit untersucht [l-31. Infolge der spe- zifischen Wechselwirkungen zwischen einem Na+-Ion im 8er Sauerstoffring (Sl-Position) und dem Olefinmolekiil kommt es zur kurzzeitigen Anlagerung des Olefins an das Kation und zu gemeinsamen Translations- und Ro- tationsbewegungen, in deren Verlauf das Olefinmolekiil die Barriere iiberwindet.

Die Diffusionsgeschwindigkeit der Olefine wird mit Einbau von zweiwertigen Kationen, wie Sr2+, Ca2+, Mg2+ oder Zn2+ verandert, wenn gleichzeitig die 4A-Struktur erhalten bleibt, d. h. alle Eingange zum a-Kafig sind weiterhin durch Na+-Ionen verschlossen [4]. Kohlenwas- serstoffe, wie Propan und n-Butan, konnen auf Grund der fehlenden spezifischen Wechselwirkungen mit den blockierenden Kationen die Barriere nicht iiberwinden. Die Trennung Propan/Propen erfolgt nahezu quantitativ

Der effektive Porendurchmesser eines mit einem Na+- Ion blockierten 8er Sauerstoffringes betragt ca. 0,35 nm. Die kritischen Molekiildurchmesser von Ethen und Et- han betragen 0,408 bzw. 0,436 nm [6]. Die kinetische Trennung Ethan/Ethen ist auf Grund der Daten schwie- rig. Ethen kann wie die anderen Olefine die Barriere iiberwinden. Andererseits gestatten die kritischen Mo- lekiildurchmesser der beiden Molekiile die Uberwin- dung der blockierenden Kationen mittels ihrer kineti- schen Energie durch Verschieben der Ionen aus ihrer Lage.

Die adsorptive Abtrennung von Ethen und Propen aus Crackgasen gelingt mit Hilfe von kationenmodifi-

~51.

zierten 4A-Zeolithen [5,7]. Der Reinheitsgrad der Ole- finfraktion ist abhangig von der Trennung des kriti- schen Paares EthadEthen. Die Kenntnis iiber die Dif- fusionsgeschwindigkeit und den Transportmechanismus des Ethens an unterschiedlich kationenmodifizierten 4A- Zeolithen ist daher von hohem Interesse fur die Optimie- rung technischer Trennprozesse der Adsorption.

Beschreibung der Versuche

Die kinetischen Messungen wurden an einer statischen, gravi- metrischen Sorptionsapparatur, bestehend aus Vordosier- und Dosierteil, HV-Pumpstand und Sorptionsteil gemessen. Die Apparatur, die Aktivierung der Zeolithe und die Probenher- stellung sind ausfiihrlich in [8] beschrieben. MeRvorgang

Uber ein Ventil lieR sich der gewunschte Adsorptivvordruck im Dosierteil der Sorptionsapparatur einstellen. Nach Tarie- rung der Waage begann der Meavorgang mit dem Offnen des Ventils, das den Dosierraum rnit dem Sorptionsraum verband. Die vom Drucker registrierte Beladungsanderung wurde in der ersten Minute sekundenweise, so dann im Abstand von 10 s und ab 3 min nur noch minutenweise erfaRt. Die Messung wurde beendet, wenn die zeitliche Anderung der adsorbierten Masse unterhalb von 0,5 . g/min lag.

Auswertung der Mefiergebnisse

Die Auswertung der kinetischen Kurven der Ethenad- sorption an 4A-Zeolithen erfolgte nach dem Model1 zur nichtisotherrnen Adsorption nach Ruthven [9, 101. Der zeitliche Verlauf der Sorption unter Beriicksichtigung der Nichtisothermie 1al3t sich als Funktion dreier dimen-

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sionaler Parameter (7, a, p) beschreiben. Unter der po- stulierten Voraussetzung, daB allein die intrakristalline Diffusion und der Warmeubergangswiderstand zwischen auBerer Oberflache der Probe und ihrer Umgebung be- stimmend sind, stehen die Parameter 7, a und p uber die Gleichungen (1) bis (3) mit den Koeffizienten der intra- kristallinen Diffusion D, dem Warmeubergangskoeffizi- enten h und der Adsorptionswarme AH in Beziehung.

h . aOF R2 a(JF = auRere Oberfl. der Probe p.c, D C, = Warmekap. der Probe

p = - - R = aquival. Radius eines cp ( ST kugelf. Adsorbensteilchens

D . t T = - p = Dichte der Kristallsch.

R2

(1)

(2)

(3)

a=-.-

(Zeolith und Schalchen) AH Sam

Zur Bestimmung dieser Modellparameter wurden die kinetischen Kurven mit Hilfe eines Rechenprogrammes zur nichtlinearen Optimierung nach Marquardt [ll] an- gepal3t.

Alle angefiihrten, durch Optimierung erhaltenen Dif- fusionskoeffizienten waren signifikant, die Standardab- weichungen betrug 5...20 %. Die Diffusion des Ethens in den untersuchten 4A-Zeolithen verlief langsam, ther- mische Effekte spielten nur eine untergeordnete Rolle. Wenn der Warmeiibergang stark eingeschrankt war und eine relativ hohe Adsorptionswarme frei wurde, gewann der Warmetransport von der Probe zur Umgebung ei- nen EinfluB auf die Kinetik. Das betraf lediglich den untersten Druckbereich jeder Isotherme. Abb. 1 zeigt kinetische Kurven der Ethensorption an CaNaA bei 310 K. Die errechneten a- und p-Werte verdeutlichen, dal3 die durch die Nichtisothermie verursachten Abwei- chungen der kinetischen Kurven vom isothermen Ver- lauf mit erhohtem Adsorptionsdruck abnehmen und schlieBlich nicht mehr quantitativ erfaBt werden konnen. Bei 0,248 kPa betragt der Wert des Quotienten a / p be- reits 15,1, bei 0,055 kPa noch 4,71. Nach Ruthven ist aber die Annahme einer isothermen Sorption fur a/p-Werte > 60 statthaft 191.

Nach Barrer [ 121 stehen der differentielle Diffusions- koeffizient D und der integrale Diffusionskoeffizient D eines Konzentrationsbereiches (al, a2) iiber folgende Be- ziehung im Zusammenhang.

Die vorliegenden Diffusionskoeffizienten wurden im Be- reich der starksten Beladungsabhangigkeit fur hinrei- chend kleine Beladungsintervalle (al, a2) bestimmt, so dafi die Transportkoeffizienten als differentielle Werte anzusehen sind. Zum Vergleich ermittelte Diffusionsko- effizienten, die bei ausgewahlten kinetischen Kurven fur verkleinerte Beladungsschritte errechnet wurden, zeig-

Abb. 1 Kinetische Kurven der Ethensorption am Ca~Na0,gA- Zeolith bei 310 K (0 = durchschnittlicher Wert der dimensions- losen Beladung) 0 A 0 nichtisothermes Modell, 0 A W isothermes Modell,

W 0,013 0,055 kPa, D = 2,94 . lo-" cm2s. 0 0 0,133 ~ 0,248 kPa, D = 8,99 . lo-" cm2s-l A A 1,89 ~ 2,72 kPa, D = 6,6 crn2sp1

ten keine Abhangigkeit von der Schrittweite der redu- zierten Beladungszunahme, d. h. die Linearitat der uber- strichenen isothermen Abschnitte kann als gegeben be- trachtet werden.

Die Verdopplung der Schiitthohe rief keine Verande- rung der Sorptionskinetik hervor (Abb. 4a, NaA, 317 K). Die Temperatur des Dosierteiles TD wurde bei 303 K konstant gehalten und lag daher jederzeit unter der der Versuchstemperatur des Sorptionsteiles. Dies war notig, um die lokale Temperaturerhohung der Grenzschicht der Zeolithkristalle infolge schneller Sorption auszuschalten. Einige Messungen mit TD = 298 K bzw. TD = 318 K er- gaben gleiche Diffusionskoeffizienten wie jene bei TD = 303 K (s. Abb. 4a, NaA, 309 K; s. Abb. 4d, CaNaA, 332 K).

Die erfolgreiche Demonstration einer Oberflachen- limitierung am System n-Decan/MgA-Zeolith durch Darstellung der kinetischen Kurven im (Q, Dia- gramm [13] bewog uns, die vorliegenden Systeme in glei- cher Weise zu untersuchen. Die entsprechende Darstel- lung der Anfangsbereiche der kinetischen Kurven ergab fur die Ethenadsorption, auljer beim MgNaA, keine Hin- weise auf die Existenz einer solchen Transportbarriere (Abb. 2). Leider gab die verwendete Satorius-Waage erst nach 3 s zuverlassige Werte.

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1 2 3 4 5

Abb. 2 Verlauf der Sorptionskinetik von Ethen an Me2+ NaA- Zeolithen bei niedriger Beladung

- _ _ theoretischer Kurvenverlauf bei reiner intrakristalliner Diffusion

0 Nao,xZno,2A, Cao,2Nao,sA, 0 Mgo,zNao,sA

Diskussion der MeBergebnisse

Die untersuchten Zeolithe fuhrten im Hinblick auf die eingetauschten Kationen zu folgender, nach steigendem Diffusionskoeffizienten geordneter Reihe (Abb. 3):

K+ << Ba2+ < Na+ < Mg2+ < Ca2+ < Zn2+

Das widerspricht hinsichtlich der Einordnung des Mg2+- Ions den Ergebnissen vorangegangener Arbeiten, da stets fur die Mg2+-ausgetauschte Form hohere Olefin- Transportkoeffizienten als beim Ca2+ fur die niederen Olefine Ethen, Propen und But-1-en gefunden wurden [3, 4, 141. Der EinflulS einer barriereuberlagerten intra- kristallinen Diffusion konnte dafur verantwortlich sein.

Die eingetauschten Kationen im 4A-Zeolith verandern nicht nur die Absolutwerte der Diffusionskoeffizienten bei gegebener Temperatur und Beladung, sondern auch die Form der Beladungsabhangigkeit der Sorptionsge- schwindigkeit des Ethens. Bei allen 4A-Zeolithen mit zweiwertigen Kationen in Position S2 (6er Sauerstoff- ring) finden wir eine prinzipielle Ubereinstimmung der Kurvenform und die Ausbildung eines Maximums bei ei- ner Beladung von ca. 1 Mol/HR. Beim Grundtyp NaA ist dieses Maximum nur schwach ausgepragt (Abb.3). Keine nennenswerte Abhangigkeit des Diffusionskoeffizien- ten von der Beladung zeigt das System Ethen/BaNaA- Zeolith. Das Fehlen des Maximums der Sorptionsge- schwindigkeit deutet in Ubereinstimmung mit der ge-

,' / ,+, ,

Abb. 3 Beladungsabhangigkeiten der Diffusionskoeffizienten von Ethen in 4A-Zeolithen + Nao,sZno,2A bei 330 K, Cao,2Nao,sA (3 bei 331 K, 0 bei 332 K, 1 Mgo,2Nao,xA bei 329 K, A Bao,zNao,sA bei 328 K, 0 NaA bei 326 K, 0 Ko,ossNao,slsA bei 328 K

ringen Beladungsabhangigkeit der isosteren Adsorpti- onswarme darauf hin, daJ3 im BaNaA-Zeolith energe- tisch gleichwertige Adsorptionszentren besetzt werden [8]. Bei den MgNaA-, CaNaA- und ZnNaA-Zeolithen finden wir bei geringer Beladung die hochste isostere Adsorptionswarme, ein Zeichen fur die bevorzugte Ad- sorption des Ethens an den zweiwertigen Kationen [8]. Die Temperaturabhangigkeit der Diffusionskoeffizien- ten von der Ethenbeladung zeigen die Abbildungen 4a-f. Mit zunehmender Temperatur pragt sich das Maximum starker aus. Auch beim NaBaA-Zeolith kommt es bei hoheren Temperaturen zur Maximabildung des Diffusi- onskoeffizienten bei einer Beladung von ca. 1 Mol/HR.

Das v o n uns zugrunde gelegte Transportmodell geht von der Annahme aus, dal3 die Uberwindung der blockierten Fenster im 8er Sauerstoffring durch niedere Olefine auf Grund der moglichen spezifischen Wech- selwirkung zwischen Ion und Olefin uber eine Ad- duktbildung erfolgt. Je starker die Adsorptionsplatze im a-Kafig des 4A-Zeoliths sind, desto schneller er- folgt die Wanderung des Olefins zum starken Adsorp- tionsplatz und damit die Diffusion in das Zeolithin- nere. Das konnte an Ag+-modifizierten 4A-Zeolithen demonstriert werden [15]. Damit erfullt das zweiwer- tige Kation als starkes Adsorptionszentrum eine dop- pelte Funktion. Mit zunehmender Beladung des Me2+- Ions mit Ethen verringert sich die Triebkraft zur Diffu-

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1 2 3 [ M o I . H R - ' l 1 2 3 aL:Moi.HR-l I

Abb. 4 Beladungsabhangigkeit der Diffusionskoeffizienten des Systems EthedZeolith bei unterschiedlichen Temperaturen a) System Ethen/NaA V Einwaage 29 mg hydratisierter Zeolith anstelle von 20 mg 0 To = 298 K anstelle von 303 K b) System Ethen/Bao,2Nag,~A c) System Ethen/MgO,ZNaO,sA d) System Ethen/Cao,zNao,*A 0 TD = 318 K anstelle von 303 K bei der MeBtemp. von 332 K e) System Ethen/Nao,gZno,2A f) System Ethen/Kg,OgS Nao,gl5 A

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sion in das Zeolithinnere. Gleichzeitig beeinflufit das sich bildende Me2+/Ethen-Addukt auf Grund verander- ter eigener Bindungsverhaltnisse zum Zeolithgerust die Bindungen zum blockierenden Na+-Kation. Die durch die zweiwertigen Kationen beobachtbare hohere Beweg- lichkeit der Na+-Ionen muBte partiell abnehmen. Beide Effekte fuhren zu einer Verringerung der Diffusionsge- schwindkeit des Ethens mit zunehmender Beladung im Bereich von 0...1 Mol/HR. Das widerspricht dem expe- rimentellen Befund.

Einen zweiten Transportweg konnte das kleine Ethen- molekul realisieren. Bei einer gegebenen Temperatur verschieben die energiereichsten Molekule die blockie- renden Na+-Ionen aus ihrer Position und uberwinden die Barriere. Je hoher die Temperatur, desto mehr Mo- lekule besitzen die notwendige kinetische Energie, desto grofier wird der Diffusionskoeffizient. Durch die selek- tive Besetzung der Adsorptionsplatze der zweiwertigen Kationen rnit Ethen kommt es auf Grund der schritt- weisen Erhohung des Sorptionsdruckes im Beladungs- bereich von 0...1 Mol/HR zu einer allmahlichen Abschir- men der Me2+-Ionen und damit zu einer fortschreitenden Verminderung der Wechselwirkungen der diffundieren- den Ethenmolekule rnit diesen Zentren. Die Diffusions- geschwindigkeit steigt deshalb stetig an, bis alle zweiwer- tigen Kationen durch adsorbierte Ethenmolekiile abge- schirmt sind. Die Wechselwirkung der Ethenmolekule rnit den Me2+-Ionen beeinflufit den Charakter und die Starke der Bindung dieser Ionen rnit dem Zeolithgitter. Die Abschirmung der zweiwertigen Ionen durch Ethen- molekule sollte sich zusatzlich in einer partiell reduzier- ten Na+-Beweglichkeit und somit in einer verminderten Diffusionsgeschwindigkeit zeigen. Dieser Geschwindig- keitsabfall ist tatsachlich zu beobachten und fuhrt zu ei- nem ausgepragten D,,,-Wert nahe 1 Mol/HR.

Im mittleren Beladungsbereich sind fur alle bisher dis- kutierten 4A-Zeolithe die Diffusionsgeschwindigkeiten nahezu konstant und unabhangig von der Beladung. Als Adsorptionszentren wirken nunmehr die drei gleichwer- tigen Na+( 1)-1onen und die verbleibenden gleichwerti- gen Na+(2)-Ionen. Die Unterschiede in den Wechselwir- kungsenergien zu Ethen sind gering, sonst waren kon- stante Diffusionskoeffizienten auch bei hoheren Bela- dungen als 4 Mol/HR nicht gegeben. Der EinfluB zuneh- mender Adsorpt-Adsorpt-Wechselwirkungen wird ledig- lich bei tiefen Temperaturen in einer Abnahme der Dif- fusionskoeffizienten bei hohen Beladungen sichtbar.

Ein vollig anderes Bild erkennen wir bei der Be- ladungsabhangigkeit der Diffusionskoeffizienten des Ethens am Ko,ogsNao,91sA-Zeolith (Abb. 4f). Mit Ein- bau eines K+-Ions in Position S 1 kommt es zu einer be- deutenden Verringerung der Beweglichkeit der blockie- renden Na+-Ionen, sichtbar an der Verringerung der Diffusionskoeffizienten des Ethens. Die im Verlauf der Ethenadsorption am NaA zuerst besetzten Na+(3)-Ionen hatten auf die Beladungsabhangigkeit des Diffusions- koeffizienten einen geringeren EinfluB als die zweiwer-

tigen Kationen Mg2+, Ca2+ und Zn2+. Das im Verlauf der Ethensorption am Ko,ossNao,glsA zuerst besetzte Ad- sorptionszentrum ist ebenfalls das delokalisierte Na'(3)- Ion. Darauf deuten die beladungsabhangige QisOsl-Werte hin, die fur das erste Ethenmolekul eine deutlich hohere Adsorptionswarme anzeigen als fur die folgenden Mo- lekule. Sowohl die Qisost.-Daten als auch die Werte der Entropie des Adsorpts verdeutlichen, daB der K+- Eintausch eine erhohte Heterogenitat der Adsorptions- zentren im Ko,ossNao,glsA zur Folge hat [8].

Die Abhangigkeit des Diffusionskoeffizienten von der Beladung beruht beim KNaA auf einem prinzipiell vom Ethentransport in den ubrigen Zeolithen unterschiedli- chen Mechanismus. Die Diffusionsgeschwindigkeit liegt in etwa eine Grofienordnung unter der am NaA. Die Blockierung durch die relativ unbeweglichen Na+( 1)- Ionen ist so auffallend, daR eine Uberwindung der Poren- fenster durch eine einfache Sprungbewegung der Ethen- molekule stark erschwert ist und der Transport uber eine Additionsverbindung an das blockierende Ion erfolgen muB.

Im Gegensatz zum NaA-Zeolith und den Me2+NaA- Zeolithen bildet sich mit zunehmender Temperatur im Anfangsbeladungsbereich von 0...1 Mol/HR ein deut- liches Minimum aus, bei weiterer Beladungszunahme uber 1 Mol/HR wird eine bedeutende Erhohung des Diffusionskoeffizienten beobachtet. Offensichtlich ver- ringert sich der effektive Porendurchmesser auf Grund der verringerten Beweglichkeit der Na+-Ionen rnit zu- nehmender Beladung im Bereich von 0...1 MollHR. Liegt ein Transportmechanismus uber eine Adduktbil- dung vor, so wurde sich rnit Absattigung der bevor- zugten Na+(3)-Position die Beweglichkeit der blockie- renden Na+-Ionen (S1-Position) verringern. Gleichzeitig vermindert sich die Triebkraft der Ethenwanderung vom Addukt Na+(l )/Ethen zu den beiden anderen moglichen Addukten Na+(3)/Ethen und Na+(2)/Ethen mit zuneh- mender Beladung der Position S3 ebenfalls. Beide Ef- fekte wirken in gleicher Richtung und erniedrigen die Diffusionsgeschwindigkeit rnit steigender Beladung im Bereich von 0...1 Mol/HR.

Mit steigender Temperatur erhoht sich die Beweglich- keit der blockierenden Kationen. Die gleichzeitig b e d - achtbare Vertiefung des Minimums mit steigender Tern- peratur basiert auf den in gleicher Richtung wirken- den beiden Effekten. Sind alle Na+(3)-Ionen gesattigt, die geringste Beweglichkeit der blockierenden Kationen und damit auch die kleinsten Diffusionskoeffizienten er- reicht, werden sich rnit steigendem Sorptionsdruck im Bereich der Beladung uber 1 Mol/HR Ethenmolekiile an den verbleibenden Na+-Kationen anlagern.

Offensichtlich erhoht sich infolge standiger Addukt- bildung die Beweglichkeit der Na+ (1)-Ionen, ist doch oberhalb der Beladung von 1 Mol/HR eine markante Zunahme der Diffusionsgeschwindigkeit zu beobachten. Diese Zunahme wird um so starker, je hoher die Tempe- ratur ist und erreicht bei 350 K den Bereich der Dif-

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fusionskoeffizienten des Ethens im NaA. Durch den erhohten Sorptionsdruck und die bevorzugte Adsorp- tion von Ethen am Na+ (l)-Ion kommt es zur standi- gen Ausbildung von Na+ (1)/Ethen-Addukten mit hoher Beweglichkeit. Dies fiihrt zur leichten Uberwindung der Blockierung durch nachfolgende Ethenmolekule. Das Maximum der Diffusionsgeschwindigkeit mul3te mit der vollstandigen Absattigung der zwei Na+ (l)-Ionen, d.h. bei einer Belastung von 3 Molekulen pro Hohlraum, er- reicht werden (s. Abb. 4f).

Aus den Diffusionskoeffizienten wurden uber die Darken-Beziehung mit Hilfe des Korrekturtermes dlnp/dlnc (nach Langmuir) die konzentrationskorrigier- ten Diffusionskoeffizient Do berechnet (s. Abb. 5) . Die Do-Werte sind mit den Selbstdiffusionskoeffizienten Ds vergleichbar, sofern diese aus NMR-Messungen zugang- lich sind. Die aus Koeffizienten der intrakristallinen Dif- fusion bestimmten Do-Werte kennzeichnen die intrakri- stalline Molekiilbeweglichkeit. Die errechneten Daten der Ethensorption an 4A-Zeolithen zeigen eine starkere Beeinflussung durch die aktuelle Beladung als Adsor-

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Abb. 5 Konzentrationskorrigierte Difffusionskoeffizienten Do in 4A-Zeolithen (Zeichenerklarung siehe Abb. 3)

bentien mit groBeren Hohlraumen bzw. groReren effek- tiven Porenquerschnitten (n-Hexan, Cyclohexan, Ben- zol, Toluol in NaX [16, 171, oder Ethan, Propen, But- 1-en, trans-But-2-en in 5A-, X- und Y-Zeolithen [14, IS]). Die Beweglichkeit der Ethenmolekiile nimmt be- reits bei vergleichsweise niedrigen Beladungen ab, die Adsorpt-Adsorpt-Wechselwirkung in solch engporigen zeolitischen Hohlraumsystemen wie im betrachteten 4A- Typ wirkt bereits bei niedrigen Hohlraumausfullungsgra- den beweglichkeitseinschrankend.

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Korrespondenzanschrift: Prof. Dr. R. Schollner Universitat Leipzig, Fachbereich Chemie, Institut fur Technische Chemie Linnestr. 3 D-04103 Leipzig