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1 IZA Research Report No. 1 Ursachen und Wege zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit Klaus F. Zimmermann Holger Hinte Anja Thalmaier May 1999 RESEARCH REPORT SERIES

Ursachen und Wege zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeitftp.iza.org/report_pdfs/iza_report_01.pdf · 6 Vorbemerkung Das IZA-Gutachten "Ursachen und Wege zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit"

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IZA Research Report No. 1

Ursachen und Wege zur Bekämpfungvon Arbeitslosigkeit

Klaus F. Zimmermann Holger HinteAnja Thalmaier

May 1999

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Klaus F. Zimmermann · Holger Hinte · Anja Thalmaier

URSACHEN UND WEGE ZUR BEKÄMPFUNG VON ARBEITSLOSIGKEIT

Bonn · Mai 1999

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Inhaltsverzeichnis

Seite

Vorbemerkung 9

Zusammenfassung 9

I. Arbeitslosigkeit: Ursachen und status quo 14

1. Volkswirtschaftliche Theorien im Überblick 14

1.1 Geht uns die Arbeit aus? 14

1.2 Beeinflussende Faktoren der Weltwirtschaft 161.2.1 Handel als Krisenursache 161.2.2 Kapitalflucht 161.2.3 Zuwanderung 16

1.3 Politikabstinenz 171.3.1 Politikunfähigkeit 171.3.2 Natürliche Arbeitslosenquote 181.3.3 Rationale Erwartungen 191.3.4 Intertemporale Substitution 191.3.5 Realer Konjunkturzyklus 20

1.4 Beschäftigungsmanagement durch Globalsteuerung 201.4.1 Keynesianismus 201.4.2 Träge Lohn- und Preismechanismen 211.4.3 Geldillusion und adaptive Erwartungen 22

1.5 Angebotsorientierte Beschäftigungstheorien 231.5.1 AngebotsorientierteWirtschaftspolitik 241.5.2 Determinanten des Wirtschaftswachstums 25

1.6 Institutionen und Sektoren 261.6.1 Strukturwandel 261.6.2 Lohnbildung und Lohnrigiditäten 261.6.3 Das Hysteresis-Phänomen 281.6.4 Rolle des Wohlfahrtsstaates 29

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2. Allgemeine wirtschaftspolitische Erklärungsansätze 29

2.1 Globalisierung 30

2.2 Zuwanderung 30

2.3 Struktureller und technischer Wandel 31

2.4 Immobilität 33

2.5 Inflexibilität 34

2.6 Qualifikation 36

2.7 Gesundheitliche Beeinträchtigungen 39

2.8 Überstunden 39

2.9 Lohnkosten 40

2.10 Schattenwirtschaft 41

3. Arbeitslosenstatistik für Deutschland und Nordrhein-Westfalen 42

3.1 Vorbemerkungen 42

3.2 Globale Arbeitslosigkeit 42

3.3 Arbeitslosenquoten nach Geschlecht und für Ausländer 44

3.4 Alter und Arbeitslosigkeit 47

3.5 Berufsausbildung und Arbeitslosigkeit 53

3.6 Qualifikation und Arbeitslosigkeit: Internationale Vergleiche 56

3.7 Langzeitarbeitslosigkeit 67

3.8 Gesundheit und Arbeitslosigkeit 71

II. Prognosen zur Entwicklung von Beschäftigung und 74

Arbeitslosigkeit bis 2010

1. Erkennbare Trends 74

1.1 Standort im Wettbewerb 74

1.2 Demographischer Wandel 76

1.3 Chancen des technischen Fortschritts 78

1.4 (Schlüssel-)Qualifikationen 79

2. Entwicklung von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit bis 2010 81

lll. Möglichkeiten zum Abbau von Arbeitslosigkeit 85

1. Regionalisierung vorantreiben 85

2. Neue Wege in Steuerpolitik und Arbeitsförderung 86

3. Arbeitszeitflexibilisierung 90

4. Einfache Dienstleistungen anbieten 92

5. Bürgerarbeit marktfähig machen 94

6. Selbständigkeit erleichtern 95

7. Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmen forcieren 95

8. Tarifrecht überprüfen 96

9. Qualifikation verbessern 97

10. Initiativen aus Wirtschaft und Gesellschaft 98

Bibliographie 102

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Vorbemerkung

Das IZA-Gutachten "Ursachen und Wege zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit"ist von der VEBA AG, Düsseldorf, in Auftrag gegeben worden (für die vor-liegende Druckfassung wurde der Text geringfügig überarbeitet und gekürzt).

Zusammenfassung

Nach einer theoretischen Grundlegung, die die wichtigsten wirtschaftswis-senschaftlichen Erklärungsansätze skizziert, werden im ersten Kapitel derIZA-Studie zunächst die wesentlichen Entwicklungslinien aufgezeigt, diezum Entstehen von Arbeitslosigkeit führen. Im Anschluß werden detaillierteDaten zur Arbeitslosigkeit in Deutschland und Nordrhein-Westfalen präsen-tiert. Auf der Grundlage im einzelnen genannter Trends der zukünftigenEntwicklung wird im zweiten Kapitel eine Prognose zu Beschäftigung undArbeitslosigkeit bis zum Jahr 2010 gegeben. Das dritte Kapitel schließlichstellt Möglichkeiten zum Abbau von Arbeitslosigkeit vor und formuliertdenkbare Zielrichtungen der vom Auftraggeber einzusetzenden Kommission.

I.

Die Globalisierung hat auf das deutsche Wirtschaftswachstum einen günsti-gen Einfluß, während die Beschäftigung von ihr bislang tendenziell negativbeeinflußt worden ist. Insbesondere das Angebot geringqualifzierter Arbeitgeht infolge der weltweiten Wettbewerbs- und Rationalisierungszwängeweiter zurück. Die EU-Osterweiterung wird diesen Effekt weiter verstärken.

Immigration hat insgesamt keinen negativen Beschäftigungseffekt. Dort,wo Migranten Tätigkeiten übernehmen, für die einheimische Arbeitnehmernicht zur Verfügung stehen, oder neue Produkte und Dienstleistungen anbie-ten, schaffen sie im Gegenteil zusätzliche Beschäftigung. Allerdings sindImmigranten aufgrund häufig nicht marktgerechter Qualifikation undZugehörigkeit zu Risikogruppen, aber auch verursacht durch einengendearbeitsrechtliche Vorschriften, in besonderer Weise von Arbeitslosigkeitbetroffen. Eine gezieltere Auswahl von Zuwanderern im Rahmen gesetz-licher Regelungen und eine gezielte Qualifikation könnten dazu beitragen,die Arbeitslosigkeit von Ausländern zu reduzieren.

Der strukturelle und technische Wandel sind entscheidende Ursachen vonArbeitslosigkeit, bergen aber auch erhebliche Beschäftigungspotentiale. Der

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Bedeutungsverlust des industriellen Sektors und der Fortschritt in derInformations- und Kommunikationstechnologie haben bislang vor allemzum Verlust von Arbeitsplätzen geführt. Die gestiegene Frauenerwerbstätig-keit hat gleichzeitig das Angebot an Arbeitskräften ausgeweitet. Arbeits-losigkeit betrifft aufgrund dieser Entwicklung in immer stärkerem UmfangGeringqualifizierte, deren Arbeitsplätze im sekundären Sektor wegfallen undim Dienstleistungsbereich noch nicht in hinreichendem Maße neu geschaffenworden sind.

Der unsicherer gewordene Arbeitsmarkt hat - bei strukturbedingt gewach-senen Mobilitätsanforderungen der Unternehmen an ihre Beschäftigten –vielfach zu Immobilitätsreaktionen geführt. Mobilitätsvorteile durchIndividualisierungstendenzen werden mehr als ausgeglichen durch Mobili-tätsnachteile aufgrund einer Zunahme von Mehrverdienerhaushalten undempfundener sozialer Barrieren. Während diese räumliche Immobilität durchden technischen Wandel und die virtuelle Organisation von Arbeit überwind-bar erscheint, stellt die eingeschränkte berufliche Mobilität, die durch eine zubetriebsspezifische Ausbildung hervorgerufen wird, hohe Anforderungen aneine Reform des Ausbildungswesens.

Mangelnde Flexibilität des Arbeitsmarktes drückt sich unter anderem ineinem noch nicht ausreichenden Angebot von Teilzeitbeschäftigungsformenaus, die von Arbeitnehmerseite sehr stark nachgefragt werden. Gleichzeitigbehindern starre arbeitsrechtliche und tarifvertragliche Regelungen dasEntstehen flexibler Beschäftigungsstrukturen, die zusätzliche Arbeitsplätzehervorbringen könnten. Neue Beschäftigung wird nur in Bereichen entste-hen, die ein hohes Maß an Flexibilität voraussetzen. Das reguläre Norm-arbeitsverhältnis wird in seiner Bedeutung zwangsläufig weiter zurückgehenund Formen der geringfügigen, gering entlohnten und zeitlich befristetenTätigkeit Raum geben, die ihrerseits vor allem die Altersvorsorge vor erheb-liche Probleme stellen werden.

Arbeitslosigkeit ist wesentlich durch geringe Qualifikation verursacht.Angesichts des Rückgangs des Volumens einfacher Arbeit in der industriel-len Fertigung reicht ein geringes Ausbildungsniveau nicht mehr aus, die imDienstleistungs- und Technologiebereich nachwachsenden Arbeitsplätze aus-zufüllen. Ungelernte drohen zu den Verlierern des Strukturwandels zu wer-den, zumal auch im Dienstleistungssektor Rationalisierungen anstehen, diehier gleichfalls einfache Tätigkeiten zum Verschwinden bringen werden. Dasmacht die hohe Bedeutung von Qualifikation und Weiterbildung deutlich,weist aber insbesondere auf die dringende Notwendigkeit hin, neueBeschäftigungschancen für Geringqualifizierte zu schaffen.

Demgegenüber ist die vieldiskutierte Höhe der deutschen Lohnneben-kosten nicht von solch ursächlicher Bedeutung für die hohe Arbeitslosig-keit. Deutschland hat keine Alternative zu einer Hochlohnstrategie, wenn eshochqualifizierte Arbeit im Land halten will. Gleichwohl bedürfen dieLohnzusatzkosten unter sozialpolitischen Erwägungen einer Reduzierung.Auch wird es darum gehen müssen, durch eine größere Lohnspreizung dieNachfragen nach geringqualifizierter Beschäftigung zu steigern.

II.

Die Beschäftigungsperspektiven der nächsten Jahre werden von einigenschon jetzt erkennbaren Trends geprägt sein. Der Standortwettbewerb wirddurch die weiter voranschreitende Globalisierung, durch die Herstellungdes EURO-Raumes und die EU-Osterweiterung an Dynamik gewinnen.Der demographische Wandel wird – beschleunigt nach dem Jahr 2010 – zueiner Alterung der Gesellschaft führen, der den Anteil jüngerer Erwerbs-personen erheblich zurückgehen lassen wird. Dieser Alterungsprozeß kanndurch Zuwanderung nicht aufgefangen werden, denn hierzu müßte sie ineinem Ausmaß erfolgen, das sozial nicht verkraftbar wäre. Auf dieArbeitslosigkeit wird diese Entwicklung jedoch erst nach 2010 Einfluß neh-men.

Der technische Wandel bietet erhebliche Beschäftigungschancen durchkreative Formen der Telearbeit und ein wachsendes Bedürfnis nach"Informations- und Zeitmanagement". Allerdings werden Arbeitsangeboteein hohes Maß an Qualifikation und Weiterbildungsbereitschaft erfordern.Geringqualifizierte werden nur dann an den neuen Chancen teilhaben kön-nen, wenn es gelingt, die Handhabung der Technik selbst zu vereinfachen.Auch die aufgrund der technisch bedingten Arbeitsflexibilität und Indivi-dualisierungstrends potentiell steigende Nachfrage nach personenbezoge-nen Dienstleistungen wird nur dann tatsächlich Beschäftigung erzeugenkönnen, wenn sie aus dem Bereich der Eigenarbeit heraus in einen Niedrig-lohnsektor überführt werden kann.

Das IZA rechnet nicht mit einer merklichen Reduzierung der Arbeits-losigkeit bis zum Jahr 2010. Insgesamt werden diejenigenWirtschaftszweige überwiegen, deren Arbeitskräftebedarf in Zukunft gerin-ger sein wird. Bis zu 900.000 Stellen dürften in diesem Zeitraum allein imverarbeitenden Gewerbe wegfallen; das entspräche einem Rückgang ummehr als 10 Prozent seit 1997. Spürbare Arbeitsplatzverluste werden in denBranchen auftreten, die verstärkt dem freien Wettbewerb ausgesetzt sein

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werden. Das betrifft beispielsweise Landwirtschaft (minus ca. 350.000Stellen bis 2010) und Bergbau (minus 70.000 Stellen). Daneben werdenRationalisierungen etwa im Bank- und Kreditgewerbe Arbeitsplatzverlustenach sich ziehen.

Umgekehrt wird die Beschäftigung im weiteren Bereich der Dienst-leistungen kräftig steigen und diese Verluste weitgehend ausgleichen können.Steigende Freizeitanteile, wachsende Nachfrage etwa nach Altenbetreuungs-diensten oder hochqualifizierter Beratung werden neue, Beschäftigungschaffende Produkte und Service-Angebote entstehen lassen; ehemals staat-liche Leistungen werden durch Dienste halböffentlicher und privaterAnbieter ersetzt werden. Mehrere hunderttausend Arbeitsplätze könntenallein in Privathaushalten und Organisationen ohne Erwerbscharakter entste-hen. Bei optimistischer Prognose der Entwicklung einer deutschen"Dienstleistungskultur" erscheinen darüber hinaus im Feld personenbezoge-ner und im Technologiebereich angesiedelter Dienstleistungen über eineMillion neuer Stellen möglich.

Bis zum Jahr 2010 wird sich die Entwicklung der Arbeitslosigkeit inWellenbewegungen vollziehen, die durchaus eine allmähliche Reduktionbewirken können. Dabei wird der Anteil der Langzeitarbeitslosen voraus-sichtlich weiter wachsen. Ein deutlicher Rückgang der Arbeitslosigkeiterscheint nur dann wahrscheinlich, wenn einschneidende arbeitsmarkt- undsozialpolitische Schritte eingeleitet würden.

III.

Zu nennen wären hier unter anderem eine konsequente Regionalisierung derArbeitsvermittlung und Arbeitsmarktpolitik, die eine unmittelbare Koor-dination von Arbeitsnachfrage und –angebot zulassen, sowie neue Wege inder Steuerpolitik und Arbeitsförderung. Neben einer Leistung förderndenAbkehr von der direkten Besteuerung sollte dabei durch gezielte Anreiz-mechanismen nicht länger Arbeitslosigkeit finanziert, sondern die Aufnahmeeiner Tätigkeit stärker als bisher gefördert werden. Dies könnte durch ein"Gutscheinsystem" sichergestellt werden. Modelle, die in Richtung eines"Kombilohnes" zielen, könnten sich dann als sinnvoll erweisen, wenn sieverknüpft würden mit der Schaffung eines expliziten Niedriglohnsektors.Gleichwohl sind die negativen Anreizwirkungen hierbei nicht zu unterschät-zen.

Die Arbeitsflexibilisierung sollte durch ein systematisch ausgeweitetesAngebot an Teilzeitarbeitsformen vorangetrieben werden. Trotz vielfältiger

Bemühungen ist hier - in Wirtschaft und Öffentlichem Dienst – nochHandlungsbedarf vorhanden. Jahresarbeitszeitmodelle, Zeitsparkonten undandere denkbare Flexibilisierungsvarianten kommen sowohl dem unterneh-merischen Interesse als auch den Wünschen vieler Arbeitnehmer entgegen.Um den größtmöglichen Beschäftigungseffekt sicherzustellen, muß aller-dings darauf verzichtet werden, eintretende Produktivitätsgewinne unter den"Insidern" aufzuteilen. Zu berücksichtigen ist jedoch auch, daß ein Wegfallvon Möglichkeiten zur Einkommensaufbesserung durch bezahlte Überstun-den ein zusätzliches Potential von schattenwirtschaftlicher Aktivität undneues Interesse an geringfügiger Beschäftigung freisetzen wird.

Über eine "Dienstleistungsoffensive" hinaus, die insbesondere eineVerbesserung des Arbeitsplatzangebots für Geringqualifizierte zum Zielhaben muß, könnten sich zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten zudemdurch eine konsequente Verbesserung der Marktfähigkeit bislang fast aus-schließlich ehrenamtlicher Tätigkeiten erzielen lassen. Gerade im beschäfti-gungsintensiven Bereich etwa des Gesundheitswesens, der Kinder- undAltenpflege, sind Regulierungen zu beobachten, die aufgebrochen werdensollten, um Beschäftigung zu erzeugen.

Das deutsche Tarifrecht kann durch eine systemimmanente Reformsicherstellen, daß Spielräume für Flexibilität im Einvernehmen von Betriebund Belegschaft geschaffen werden, die Beschäftigung finanzierbar machenoder Entlassungen verhindern. Gewerkschaftliche Kontrolle muß dabeigewahrt bleiben, aber auf offenkundige Mißbrauchsfälle beschränkt sein.Auch an einer Dezentralisierung tarifvertraglicher Bestimmungen wird keinWeg vorbeiführen.

Schließlich ist eine Verbesserung der Qualifikation dringend erforderlich.Dazu sollte zum einen die Nutzung von Zeiten der Arbeitslosigkeit zumZwecke der Weiterbildung mit entsprechenden Anreizen (Gutschein) geför-dert werden. Zum anderen muß die duale Ausbildung verstärkt Wert aufSchlüsselqualifikationen legen, die eine vielseitigere berufliche Verwendbar-keit gewährleisten. Im übrigen wird Weiterbildung im Sinne "lebenslangenLernens" in Zukunft fester Bestandteil von Erwerbsbiographien sein müssen.

Auch wenn der Abbau der Arbeitslosigkeit vorrangig strukturellerReformen und einer kritischen Bestandsaufnahme des bisherigen arbeits-marktpolitischen Instrumentariums bedarf, zeigt der Erfolg zahlreicherEinzelinitiativen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft die Notwendigkeit,auch "im Kleinen" weiter nach kreativen Wegen zu mehr Beschäftigung zusuchen.

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I. Arbeitslosigkeit: Ursachen und status quo

1. Volkswirtschaftliche Theorien im Überblick

1.1 Geht uns die Arbeit aus?

Arbeitslosigkeit ist das bedeutsamste Thema unserer Zeit. Trotz aller sozia-len Sicherungssysteme bedeutet Arbeitslosigkeit Leid, häufig materielle Notoder gar Armut und einen Verlust an individueller Identität. Volkswirtschaft-lich betrachtet entsteht durch den Ausfall von Produktionspotential undschleichende Dequalifikation der Arbeitslosen langfristiger Schaden. Unseresozialen Netze und Wohlfahrtssysteme wurden für Schönwetterzeitengebaut. Folglich drohen gegenwärtig nicht nur die Netze zu reißen, sonderndie Systeme selbst scheinen das Beschäftigungssystem in Gefahr zu bringen.Rasche Hilfe tut not, ist aber nicht in Sicht. Entweder muß die Arbeitslosig-keit substantiell reduziert oder der Wohlfahrtsstaat gründlich reformiert(nicht abgebaut) werden - am besten beides.

Traditionell wird die Entwicklung der Beschäftigung im Einklang mit derallgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung gesehen. Der Wirtschaftsprozeßist auf seiner mikroökonomischen, sektoralen Basis durch einen permanen-ten Strukturwandel gekennzeichnet. Er hat mit dem Aufstieg und Fall imLebenszyklus bestimmter Produkte, mit technischem Fortschritt, aber auchmit Veränderungen in der internationalen Wettbewerbsfähigkeit zu tun.Dieser Strukturwandel generiert strukturelle Arbeitslosigkeit. Im Rahmeneines funktionsfähigen Marktsystems findet aber eine Reallokation derProduktionsfaktoren statt, die die Arbeitslosigkeit zum Verschwinden bringtoder doch zumindest auf ihr "natürliches" Maß zurückführt.

Der Wirtschaftsprozeß ist durch eine permanente Zerstörung undSchaffung von Arbeitsplätzen gekennzeichnet. Dies erfordert Fluktuationender Arbeitskräfte auf sektoraler, regionaler, berufsspezifischer und innerbe-trieblicher Ebene, die nur langsam, wenn überhaupt erfolgen. DieseAnpassungsmängel führen zu friktioneller Arbeitslosigkeit. Ein bestimmterProzentsatz dieser Arbeitslosigkeit wird sich auch in einer idealen Welt erhal-ten. Friktionelle Arbeitslosigkeit ist aber keine Konstante, sondern kann sichim Wirtschaftsprozeß verändern.

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Stationäre Volkswirtschaften, Ökonomien also, die im Zeitablauf wederwachsen noch schrumpfen, können dennoch zyklische Veränderungen derBeschäftigung erfahren. Jahreszeitlich bedingte Beschäftigungswirkungen(etwa in der Tourismusbranche oder dem Baugewerbe) werden als saisonaleArbeitslosigkeit, längere Schwingungen als konjunkturelle Arbeitslosigkeitbezeichnet. Der Konjunkturzyklus zwingt die Volkswirtschaft wie in einerSchaukel zum regelmäßigen Wechsel zwischen Boom und Krise.Arbeitslosigkeit und Überbeschäftigung bleiben demnach ein temporäresPhänomen.

Strukturwandel findet häufig in Verbindung mit Wirtschaftswachstumstatt, Wachstum benötigt aber keine strukturellen Veränderungen. Wirt-schaftswachstum hat in der Vergangenheit immer auch Beschäftigungs-wirkungen zur Folge gehabt. Insoweit war Wachstum immer eine ArtAllheilmittel, das generelle Hilfe anbot, wenn spezifische Rezepte nichtgefragt oder nicht durchführbar waren. Keinesfalls ist Wachstum in diesertraditionellen Vorstellung zwingend, um Vollbeschäftigung zu erreichen.Wenn auch die wirtschaftliche Entwicklung nach den "goldenen" sechzigerJahren in den westlichen Industriestaaten global stagnierte, so gab es keineSchrumpfung, die einen dauerhaften Rückgang der Beschäftigungsmöglich-keiten verursacht haben könnte.

Die gegenwärtigen, weltweiten Erschütterungen der Arbeitsmärkte lassensich allerdings nicht einfach mit dieser konzeptionellen Sicht in Einklangbringen. Es vollzieht sich vielmehr eine Entkoppelung von wirtschaftlicherEntwicklung und Beschäftigung; das Wirtschaftssystem entledigt sich seinesSchöpfers. Arbeitslosigkeit verschwindet nicht über die Zeit, vielmehrerreicht sie seit dem Beginn der siebziger Jahre immer neue Höhen. InRezessionen entstehende Arbeitslosigkeit baut sich bei wirtschaftlicherErholung nicht mehr ab. Mehr und mehr Menschen drängen auf denArbeitsmarkt: die nachrückende Generation, Frauen und Zuwanderer. DieArbeitsnachfrage der Unternehmen kollabiert. Technischer Fortschritt über-lagert effizienzsteigernd alle Sektoren. Die globalisierte Konkurrenz scheintkeinen Spielraum mehr für nationale Beschäftigungsnischen zu lassen. ImWettbewerb um die richtigen Konzepte herrscht eine gewisse Orientierungs-losigkeit.

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1.2 Beeinflussende Faktoren der Weltwirtschaft

1.2.1 Handel als Krisenursache

Eine unter anderem von Adrian Wood vorgetragene Theorie sieht im Handeleine Gefahr für die lokalen Arbeitsmärkte. Durch Güterströme wird unsicht-bar Arbeit transportiert. So ist etwa in den importierten Konkurrenzproduk-ten zu einheimischer Produktion ausländische, möglicherweise billigereArbeitskraft enthalten. Nun hat sich in allen industralisierten Staaten dierelative Einkommens- und Beschäftigungsposition der manuellen wie derunqualifizierten Arbeit verschlechtert. Dies kann auf die vermehrteImportkonkurrenz in entsprechenden Produktgruppen für Waren aus denEntwicklungsländern zurückgeführt werden. Es ist allerdings umstritten, obdamit der starke Zuwachs der Arbeitslosigkeit in allen westlichen Industrie-nationen wirklich zufriedenstellend quantitativ ermittelt werden kann.

1.2.2 Kapitalflucht

Häufig wird Deutschland in einer Standortkrise gesehen, die einheimischeUnternehmungen dazu bewege, das Land zu verlassen, und die Bereitschaftausländischer Unternehmen schmälere, in Deutschland zu investieren. Dieswird auf die Bürokratisierung, die Steuer- und Abgabenlast und auf diehohen relativen Lohnkosten zurückgeführt. Dabei sollte aber nicht verkanntwerden, daß sich Nettokapitalexporte eines Landes zahlungsbilanztechnischzwingend ergeben, wenn es Exportüberschüsse generiert. Die deutschenExporterfolge wiederum sind aber zweifellos eine der Quellen vonBeschäftigungsstabilität.

1.2.3 Zuwanderung

Als de facto-Zuwanderungsland ist Deutschland mit der Frage konfrontiert,ob ein Teil der Arbeitslosigkeit durch Verdrängungseffekte entstanden ist. Jegleichartiger Zuwanderer Einheimische ersetzen können und je stärker diespezifischen Arbeitsmärkte nicht den Regeln des Wettbewerbs folgen, um sowahrscheinlicher ist es, daß es zu problematischen Lohn- und Arbeitslosig-keitwirkungen kommt. Ergänzen sich Zuwanderer und Einheimische aber,etwa indem Immigranten Tätigkeiten wahrnehmen, von denen sich deutscheArbeitnehmer zurückgezogen haben, so profitieren alle von der Zuwan-derung.

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1.3 Politikabstinenz

Das immer noch geltende Stabilitäts- und Wachstumsgesetz aus dem Jahre1967 verpflichtet die deutsche Bundesregierung zur Bekämpfung vonArbeitslosigkeit und Inflation sowie zur Sicherung von Stabilität undWachstum. Die Deutsche Bundesbank sowie die Europäische Zentralbanksind primär der Preisstabilität verpflichtet. Trotz aller Erfolge bei derPreisstabilität und den wachsenden Beschäftigungsproblemen ist dieOrientierung an der Arbeitslosigkeitsproblematik seit den achtziger Jahreneher zögerlich gewesen. Vielmehr wurde die Beschäftigung primär als Auf-gabe der Tarifvertragsparteien im Rahmen ihrer autonomen Lohnbildung undals Folge unternehmerischer Beschäftigungsentscheidungen angesehen. Diesist sowohl Folge einer Frustration über die Erfolgschancen wirtschaftspoliti-scher Handlungen wie eines Umschwungs in der dominanten Wirtschafts-theorie an den Universitäten.

Die Theorien der Politikabstinenz basieren generell auf der Annahme, daßMärkte prinzipiell wohlgeordnet funktionieren. Staatsaktivität kann dann nurUnruhe stiften und Probleme generieren. Eine extreme Form postuliert diePolitikunfähigkeit politischer Instanzen, auch wenn sie prinzipiellWirkungen erzielen könnte. Die andere sieht grundsätzlich wenig Möglich-keiten, die Arbeitslosigkeit kurz- oder langfristig zu beeinflussen. Arbeits-losigkeit wird vielmehr als Folge rationaler, optimaler Entscheidungen vonHaushalten und Unternehmungen angesehen, und ist damit freiwillig.Arbeitsmarktpolitik wäre deshalb in dieser Sicht gefährlich, da sie in die freieWahlhandlung der Individuen eingreift, und - gewissermaßen - Adam Smith's"invisible hand" in den Arm fällt. Varianten dieses Ansatzes sind die Theorieder natürlichen Arbeitslosigkeit, die kurzfristige Interventionen zuläßt, dasKonzept der rationalen Erwartungen, das systematische Politikmaßnahmenauch kurzfristig für wirkungslos hält, und die Theorien der intertemporalenSubstitution und des realen Konjunkturzyklus, die auch zyklischeInterventionen für problematisch ansehen.

1.3.1 Politikunfähigkeit

Auch wenn wirtschaftspolitische Maßnahmen prinzipiell wirken sollten, gibtes dennoch Zweifel, ob die politischen Instanzen sie richtig einsetzen kön-nen. Denn diese sind nicht nur ökonomischen, sondern auch politischenRationalitäten verpflichtet und wollen wiedergewählt werden. EineWiederwahl folgt nicht automatisch aus einer guten ökonomischenPerformance, sondern erfordert politische Kompromisse an Interessen-

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gruppen. Oft sind die Wirkungsverzögerungen wirtschaftspolitischer Maß-nahmen unklar oder unstabil, so daß Maßnahmen zum falschen Zeitpunktwirksam werden. Diese Position wurde insbesondere von den Monetaristenum Milton Friedman bereits in den sechziger Jahren eingenommen. Es gibtdanach nur schlechte Wirtschaftspolitik, die Konjunkturschwankungen unddamit Arbeitslosigkeit erzeugt.

Als Konsequenz wurden häufig regelgebundene wirtschaftspolitischeMaßnahmen empfohlen. Ferner wurden bei aktiver Fiskalpolitik zurKonjunkturstabilisierung Asymmetrien deutlich: Kontraktive Maßnahmenzur Budgetstabilisierung in wirtschaftlichen Boomphasen erfolgten meistensnicht. Somit weitete sich die Staatsverschuldung unzulässig aus. Alsbesonders schmerzlich für eine aktive Wirtschaftspolitik gilt der als Lucas-Kritik (u.a. von Robert Lucas) bekannt gewordene Ansatz, nach dem aktiveWirtschaftspolitik zu einer Änderung der Verhaltensweise der Wirtschafts-subjekte führt, die die Wirkung der angestrebten Maßnahmen konterkariertund "Experimente" zum Scheitern verurteilt.

1.3.2 Natürliche Arbeitslosenquote

Das von Milton Friedman eingeführte Konzept der natürlichen Arbeitslosig-keit bezeichnet die Arbeitslosenquote, die durch geld- oder fiskalpolitischeMaßnahmen zur Steuerung der Güternachfrage dauerhaft nicht verändertwerden kann. Regierung oder Zenteralbank können in einer Wirtschaftskriseeinen Nachfrageausfall kurzfristig kompensieren und die Beschäftigungstabilisieren, sie können aber nicht dauerhaft mehr Beschäftigung schaffenund von dieser Quote abweichen. Die natürliche Arbeitslosenquote ist nichtunveränderlich - sie hängt von vielen mikroökonomischen Rahmen-bedingungen, wie beispielsweise den Präferenzen der Haushalte, denProduktionstechnologien, den Ressourcenbeständen, den Wettbewerbs-bedingungen auf Produkt- und Gütermärkten und der Funktionsweise derLohnbildungsinstitutionen, ab. Irren sich die Wirtschaftssubjekte über diekünftige Lohn- und Preisentwicklung, so weicht die beobachtete Arbeits-losenquote von der natürlichen ab. Ist etwa der tatsächliche Reallohn gerin-ger als von den Arbeitnehmern erwartet, so werden sie mehr und (für dieUnternehmen) preisgünstiger arbeiten, als sie langfristig für optimal halten,und die Arbeitslosigkeit sinkt. Auf Dauer werden sie ihren Irrtum korrigierenund die Arbeitslosigkeit steigt wieder auf das "natürliche” Niveau.

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1.3.3 Rationale Erwartungen

Dieser Ansatz stellt eine Radikalisierung der Theorie der natürlichenArbeitslosenquote dar und wurde von Robert Lucas weiterentwickelt. Beidiesem Ansatz kennen die Wirtschaftssubjekte alle systematischenDeterminanten der zu antizipierenden Variablen und die relevanten wirt-schaftlichen Zusammenhänge. Folglich machen sie auf der Grundlage ihnenzur Verfügung stehender Informationen keine systematischen Fehler. Dasheißt aber weder, daß keine Fehler vorkommen, noch daß diese Fehlergeringfügig sind. Sie können sogar sehr folgenreich sein, wenn die Unsicher-heit in der Volkswirtschaft groß ist. Es bedeutet nur, daß alle Fehler zufälligsind, und folglich die tatsächliche Arbeitslosenquote zufällig um die natürli-che Arbeitslosigkeit fluktuiert. Da die Erwartungen der Individuen nicht allegleich sind, und sie in der Regel auch nicht beobachtet werden können, istdiese Theorie besonders schwer zu überprüfen. Das hat allerdings dieAkzeptanz der Theorie rationaler Erwartungen auch für die Beurteilung derErfolgschancen von Wirtschaftspolitik nicht behindert. Was immer dieWirtschaftspolitik tut, sie kann nach dieser Theorie Abweichungen von dernatürlichen Arbeitslosenquote nicht systematisch beeinflussen.

1.3.4 Intertemporale Substitution

Dieser von Robert Lucas und Robert Barro entwickelte Ansatz hält aktiveKonjunkturstabiliserung für gefährlich. Individuen optimieren ihreWahlhandlung zwischen Freizeit und Arbeitsangebot im Kontext einesMehrperiodenansatzes. Wenn die Reallöhne gegenwärtig niedrig sind, aberin der Zukunft ansteigen werden, dann bieten rational optimierendeIndividuen heute weniger Arbeit an und konsumieren mehr Freizeit. So kön-nen zyklische Schwankungen in Beschäftigung und Arbeitslosigkeit die opti-male Reaktion auf temporäre Schocks darstellen.

1.3.5 Realer Konjunkturzyklus

Diese von Finn Kydland, Edward Prescott und anderen auf der Basis desAnsatzes der intertemporalen Substitution entwickelte Theorie führt makro-ökonomische Schwankungen primär auf Technologieschocks zurück. Perfektinformierte Individuen maximieren ihren Nutzen im Rahmen eines intertem-poralen Mehrperiodenmodells, das neben einer Vermögensrestriktion auchtechnologische Restriktionen der Volkswirtschaft beinhaltet. Technologie-schocks werden durch intertemporale Substitution von Arbeit, Freizeit undKonsum beantwortet, was zu Konjunkturzyklen führen kann. Es wäre aber

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falsch, diese Zyklen durch Stabilitätspolitik bekämpfen zu wollen - schließ-lich sind sie durch optimales Verhalten generiert worden.

1.4 Beschäftigungsmanagement durch Globalsteuerung

Die traditionelle Orientierung der Deutschen Bundesbank an einem weitge-hend konstanten Geldmengenziel - jetzt fortgeführt durch die EuropäischeZentralbank - und die Bemühungen der deutschen Fiskalpolitik um einenBudgetausgleich (europäisch im Rahmen des Stabilitätspaktes) sind Indizien,daß die wissenschaftliche Position der Politikabstinenz auch stark in diepraktische Wirtschaftspolitik gewirkt hat. Gegen die Politikabstinenz in derkurzen Sicht wird insbesondere die nachfrageorientierte Wirtschaftspolitk,aus langfristiger Sicht die angebotsorientierte Wirtschaftspolitk formuliert.Die Angebotsseite steht dabei für die wirtschaftlichen Bedingungen am Ar-beitsmarkt und der Produktionsprozesse. Die gesamtwirtschaftliche Nachfra-geseite erfaßt die Funktionsweise der Güter- und Geldmärkte. Auf derNachfrageseite stellt der Keynesianismus den Ausgangspunkt dar, derArbeitslosigkeit aus einem gesamtwirtschaftlichen Nachfragemangelbegründet. Er erfordert träge Lohn- und Preisanpassungsmechanismen, dievon der Mengenrationierungstheorie (einem neukeynesianischen Ansatz)analysiert und durch diverse Ansätze (Speisekartenkosten-Theorie, Konzeptungefährer Rationaliät, Theorie gestaffelter Lohn- und Preisänderungen)erklärbar gemacht werden. Die Theorien der Geldillusion und der adaptivenErwartungen können die Wirksamkeit der Nachfragepolitik auch bei flexib-len Löhnen und Preisen erklären. Es muß allerdings betont werden, daß dieseAnsätze von einem kurzfristigen Nachfragemangel ausgehen, der zu kurz-fristigen Beschäftigungsverlusten führt. Keinesfalls kann damit dauerhafteArbeitslosigkeit erklärt und bekämpft werden. Die modelliertenZusammenhänge sind nur in kurzer Sicht stabil.

1.4.1 Keynesianismus

Der nachfragepolitische Ansatz wurde in den dreißiger Jahren durch JohnMaynard Keynes begründet und war bis in die siebziger Jahre der dominan-te Ansatz in der makroökonomischen Beschäftigungspolitik. Er basiert aufder kurzfristigen Inflexibilität von Löhnen und Preisen insbesondere in derWirtschaftskrise. Sind bei einem Nachfrageausfall nach Gütern (etwa verur-sacht durch pessimistische Unternehmererwartungen) Löhne und Preisestabil, so schränken die Firmen ihre Produktion ein. Wegen diesesProduktionsrückgangs sinkt die Beschäftigung und die Arbeitslosigkeit

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steigt, was wiederum zu einem Nachfrageausfall führt, der weiterenBeschäftigungsrückgang verursacht. Nachfrageschwächen in Güter- undArbeitsmärkten verstärken sich also wechselseitig.

In dieser Krise empfiehlt der Keynesianismus stabilitätspolitischeSchritte durch Staat oder Notenbank. Der präferierte Akteur ist der Staat.Durch Erhöhung der Staatsausgaben (oder Senkung der Steuern) wird dieGüternachfrage angeregt, die Mehrproduktion sorgt für steigendeBeschäftigung, für mehr Einkommen und weitere Güter- und Arbeitsnach-frage. Wieder verstärken sich in der Lösung des BeschäftigungsproblemsGüter- und Arbeitsmärkte wechselseitig. Die dabei entstehendenBudgetdefizite und die daraus folgende Staatsverschuldung werden hinge-nommen, da es sich um kurzfristige Maßnahmen handelt und die Defizite inBoomzeiten durch Überschüsse kompensiert werden können. Aber die key-nesianische Kur bedarf nicht der Budgetdefizite. Steigende Staatsausgabenkönnen mit einem ausgeglichenem Zusatzbudget durch Steuererhöhungenfinanziert werden. Der Nettoeffekt bleibt expansiv, ist aber schwächer alseine einseitige Staatsausgabenerhöhung, da die Steuererhöhung denHaushalten Kaufkraft entzieht. Die vom Staat eingesetzte zusätzliche Markist aber nachfragewirksamer, als bei den privaten Haushalten, denen sie ent-zogen wurde, da die Haushalte einen Teil davon gespart hätten.

Die expansive Wirkung ist um so schwächer, je stärker die Fiskalpolitikzinstreibende Wirkungen hat. Steigen nämlich die Zinsen, so werden dieunternehmerischen Investitionen teurer und gehen zurück. Dann wird priva-te Nachfrage zumindest teilweise durch Staatsnachfrage verdrängt, undnichts ist gewonnen. Dies kann die Zentralbank verhindern, in dem sie durchBereitstellung billigen Geldes, durch eine expansive Geldpolitik, dasZinsniveau niedrig hält. Sie kann auch alleine stabilitätspolitisch wirksamwerden, wenn sie das Zinsniveau senkt und dadurch unternehmerischeInvestitionen zunehmen. In der Folge steigen dann Output undBeschäftigung wie beim fiskalpolitischen Wechselspiel.

1.4.2 Träge Lohn- und Preismechanismen

Die neukeynesianischen Modelle gehen davon aus, daß Markträumungs-modelle die kurzfristigen gesamtwirtschaftlichen Schwankungen nicht erklä-ren können. Die unter anderem von Edmond Malinvaud und Jacques Drèzeentwickelte Mengenrationierungstheoriebeschreibt die Makroökonomie inMärkten im Ungleichgewicht und nimmt dabei starre Löhne und Preise an.Andere Ansätze versuchen hingegen, die Zusammenhänge hinter den

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Starrheiten aufzudecken und prognostizierbar zu machen. Erst dann wirderkennbar, warum und wie lange eine keynesianische Politik wirksam bleibt.

Die Theorie der Speisekarten-Kosten(menu costs) etwa von GregoryMankiw erklärt träge Preise als Folge von Anpassungskosten. Wenn eineUnternehmung ihre Preise verändert, kann es nötig sein, neue Kataloge undPreislisten zu drucken. Mögen diese Effekte auch marginal erscheinen, sowerden sie dennoch durch Gesamtnachfrage-Externalitäten verstärkt.Unterlassene Preissenkungen der Unternehmen führen zu einem Verzicht aufdie expansiven makroökonomischen Externalitäten, die aufgrund einer(durch die Preissenkung verursachte) Erhöhung der realen Geldmenge ent-standen wären. Diese realen Geldmengenerhöhungen wären gesamtwirt-schaftlich belebend für Produktion und Beschäftigung gewesen. Allerdingsscheinen in der Praxis Anpassungskosten bei der Variation der Beschäftigung(zumindest in Europa) in Form von Einstellungs-, Ausbildungs- undEntlassungskosten bedeutsamer zu sein als diese Preisanpassungskosten.Dies problematisiert wiederum den zu erwartenden keynesianischenZusammenhang von Produktnachfrageänderung und Änderung derBeschäftigung.

DasKonzept der ungefähren Rationalitätder Erwartungen (etwa bei PaulKrugman) bezweifelt, daß die Wirtschaftssubjekte vollkommen rationaleErwartungen haben, wie es von den Vertretern der Neoklassik unterstelltwird. Es reicht aber bereits aus, wenn sie nur marginal davon abweichen, umsubstantielle Nachfrageeffekte erzielbar zu machen. Für eine solche Sichtspricht auch, daß empirische Studien wenig Belege für eine strikteRationalität der Wirtschaftserwartungen gefunden haben.

Die Theorie der Staffelung von Lohn- und Preiskontraktenetwa bei JohnTaylor weist darauf hin, daß sich Löhne und Preise in aller Regel gestaffeltund in Mehrperiodenkontrakten bilden. So werden Preise häufig in besonde-ren jahreszeitlichen Intervallen festgelegt, und Lohnabschlüsse werden zuBeginn eines Jahres vereinbart. Dies verzögert Preis- und Lohnanpassungs-prozesse erheblich.

1.4.3 Geldillusion und adaptive Erwartungen

Feste oder träge Löhne und Preise sind aber nicht zwingend für die kurz-fristige Wirksamkeit nachfrageorientierter Wirtschaftspolitik im keynesiani-schen Stil. Fallen Konsum- und Arbeitsangebotsentscheidungen auseinander,weil die Haushalte ihr Arbeitsangebot vom Nominallohn und nicht vom

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Reallohn abhängig machen, so realisieren sie etwa nicht, wenn die Löhne alsFolge einer Güterpreissteigerung zunehmen. Sie weiten deshalb ihrArbeitsangebot bei fallenden Reallöhnen aus, offensichtlich zum Vorteil derUnternehmer. Die Beschäftigung steigt deshalb als Folge einer Geldillusion.

Ähnliche Zusammenhänge ergeben sich beim Ansatz der adaptivenErwartungen, der auch von Milton Friedman in der Beschäftigungs-diskussion benutzt wurde. Hier wird prinzipiell akzeptiert, daß die Haushalteihr Arbeitsangebot vom Reallohn abhängig machen. Nur ist das Preisniveauder Volkswirtschaft bei der Vereinbarung des Arbeitskontraktes noch nichtbekannt. Sind nun die Erwartungen darüber adaptiv, so ergeben sie sich suk-zessive durch Lernen aus den Erfahrungen der Vergangenheit. Kommt esnach einer Phase der Preisstabilität durch expansive wirtschaftspolitischeMaßnahmen plötzlich zu Preissteigerungen, so werden sie durch die Haus-halte zunächst unterschätzt. Auch dann arbeiten sie - bei fallendenReallöhnen – mehr, und die Arbeitslosigkeit geht zurück.

Es ist allerdings fraglich, ob Wirtschaftssubjekte dauerhaft einerGeldillusion unterliegen. Adaptive Erwartungen führen jedenfalls nach einerhinreichenden Anpassung zum Erkennen der richtigen Zusammenhänge.Dennoch mag die Zeitverzögerung ausreichen, die gewünschte kurzfristigeStabilisierung der Beschäftigung zu erreichen.

1.5 Angebotsorientierte Beschäftigungstheorien

Einige Arbeitsmarkttheorien setzen an den Produktionsbedingungen und denFunktionsweisen der Arbeitsmärkte an. Ein Teil der Theorien geht explizitvon einem Modellrahmen aus, in dem nachfrageorientierte Maßnahmen wir-kungslos für die Beschäftigungsentwicklung bleiben, bei anderen ist diesnicht erforderlich. Angebotsorientierte Theorien beschäftigen sich fernerhäufig mit langfristig wirksamen Zusammenhängen, die Beschäftigungs-wirkungen haben. Arbeitslosigkeit ist dann freiwillig, sofern sie überhauptexistiert. Die Trennung von angebots- und nachfrageorientierter Wirtschafts-politik ist im übrigen keineswegs immer so eindeutig, wie das in der öffent-lichen Diskussion erscheint. So impliziert beispielsweise ein Steuerausfallzwar einen Verlust an Nachfrage, er kann aber die Angebotsbedingungen ver-bessern. Eine Stimulierung der Nachfrage kann auch Angebotswirkungenhaben, indem sie etwa Innovationen anregt und die Angebotsbedingungenverbessert.

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1.5.1 Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik

Diese aus der Praxis kommende und in den USA während der Regierungszeitvon Ronald Reagan als “Supply-Side Economics“ aufgekommene Richtungversteht makroökonomische Krisen ganz im Sinne der Neoklassik als Folgevon schlechter Politik und zu viel Staat. Bürokratien, Abgaben, Steuern undRegulierungen sind Leistungshemmnisse, die zur wirtschaftlichenStagnation und folglich zu Arbeitslosigkeit führen. Der Abbau dieserHemmnisse führt zu Leistungsanreizen, die Produktion und Beschäftigungerzeugen. Die Argumentationsschwerpunkte sind also Betonung derRelevanz des aggregierten Angebots, Verzicht auf staatliche Eingriffe, einePolitik der Steuerreduktion und ein staatlicher Budgetausgleich.

Ein geschlossenes eigenes Rahmenmodell dieses Denkansatzes existiertnicht. Er läßt sich aber mit bekannten ökonomischen Instrumentarien plausi-bel machen. Mikroökonomisch hängt das Arbeitsangebot vom Grenzertragder zusätzlichen Arbeitsleistung ab. Für die Bereitschaft, eine Stunde längerzu arbeiten, ist der marginale reale Nettolohn entscheidend, der im Rahmeneines progressiven Steuersystems sehr niedrig sein kann. Folglich unterblei-ben zusätzliche Leistungsangebote gerade der Leistungsfähigen. EineSenkung der Grenzsteuerbelastung, so wird argumentiert, führt dann zu einerZunahme des Arbeitsangebots bei gegebenem Bruttolohn und damit letztlichzu einer Reduktion des markträumenden Lohnes und der Kosten der Unter-nehmen.

Im Gegensatz zum Keynesianismus, der die Lösung der Beschäftigungs-problematik durch ein ausgeglichenes staatliches Zusatzbudget betreibenkann, geht die angebotsorientierte Wirtschaftspolitik von der Unwirksamkeitder Nachfragepolitik auf Produktion und Beschäftigung aus, die es nicht zudem aus keynesianischer Sicht zu erwartenden Beschäftigungsrückgangkommen lasse. Vielmehr setzten sich die Verbesserungen der Angebots-bedingungen mit ihren Leistungsanreizen durch und daraus resultiere mehrProduktion und Beschäftigung.

Die Euphorie der Anhänger angebotspolitischer Theorien geht gelegen-lich sehr weit. So impliziert die von Arthur Laffer in die Diskussion einge-brachte Laffer-Kurve, daß eine Steuersatzreduktion auch zu einer Zunahmeder Steuereinnahmen führen kann. Dies erfordert aber empirisch gesehenunplausibel große Anreizwirkungen.

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1.5.2 Determinanten des Wirtschaftswachstums

Die Bedingungen der Angebotsseite werden freilich auf vielseitige Weisebeeinflußt. Obenan stehen hier technologische Ursachen. Durch den techni-schen Fortschritt werden in der Anfangsphase häufig mehr Arbeitsplätze ver-nichtet als geschaffen. So sorgen arbeitssparende Erfindungen dafür, daß dieProduktion in einigen Branchen weniger arbeitsintensiv wird, die Effizienzder Produktion steigt. Zwar müssen auch die arbeitssparenden Maschinenproduziert werden, allerdings reichen häufig die dadurch entstehendenArbeitsplätze nicht aus, die entfallenen Stellen zu ersetzen. DieseZusammenhänge sind insbesondere bei Prozeßinnovationen von Bedeutung.Produktinnovationen sind nicht notwendigerweise mit Beschäftigungs-ausfällen verbunden.

Technologienutzung ist nun aber eine endogene Entscheidung derUnternehmen. Sie fällt genauso wie die Sachkapitalbildung durchInvestitionsentscheidungen im Rahmen eines optimalen Kalküls, das einealternative Nutzung von Produktionsfaktoren in Abhängigkeit vonRelativkosten und Absatzerwartungen erwägt. Die Theorie endogenerInnovationen führt die Nutzung von technologischen Neuigkeiten haupt-sächlich auf Absatzerwartungen zurück. Kapitalmangelarbeitslosigkeit ent-steht dadurch, daß als Folge geringer Absatzerwartungen der Kapitalstockeiner Volkswirtschaft zu niedrig ist, um selbst bei voller Auslastung bei danngültigen Lohnsätzen alle Arbeitswilligen in Beschäftigung zu bringen. Zuhohe Lohn- und Lohnnebenkosten führen zu einer Substitution von Arbeitdurch Kapital.

Wachstum und Beschäftigung werden immer stärker von der Infrastrukturgetrieben. Dazu gehören die transeuropäischen Verkehrs-, Energie- undKommunikationsnetze. Insbesondere die Kommunikationsnetze erscheinenlangfristig von elementarer Bedeutung. Versäumnisse bei den Infrastruktur-investitionen führen zwangsläufig langfristig zu Wachstumsverlusten undArbeitslosigkeit.

Bedeutsam ist ferner die demographische Entwicklung. Reagiert derArbeitsmarkt nicht flexibel auf Veränderungen im Bestand der Bevölkerung,so können geburtenstarke Jahrgänge von Arbeitslosigkeit bedroht werden.Allerdings reagieren auch Geburtenentscheidungen auf ökonomischeRahmenbedingungen - ebenso wie die Frauenerwerbstätigkeit -, wenngleichmit längeren Wirkungsverzögerungen für den Arbeitsmarkt. Wichtig ist indiesem Zusammenhang auch die Humankapitalkomponente des Erwerbs-

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personenpotentials. Bildung und Ausbildung schützen im hohem Maße vorArbeitslosigkeitsrisiken. Wirtschaftspolitiken, die diese Komponenten beein-flussen, verbessern letztlich die Angebotsbedingungen der Volkswirtschaftund ihre Wettbewerbsfähigkeit und begünstigen Wachstum und Beschäf-tigung.

1.6 Institutionen und Sektoren

Zahlreiche Theorien zur Erklärung der Arbeitslosigkeit wählen einen institu-tionellen Rahmen, einen sektoralen Ansatz oder entwickeln eine mikroöko-nomische Betrachtung. Relevante Themenbereiche sind sektorale Trends undstrukturelle Arbeitslosigkeit, Lohnbildung und Lohnrigiditäten, dasHysteresis-Phänomen und die Rolle des Wohlfahrtsstaates.

1.6.1 Strukturwandel

Volkswirtschaften sind in einem permanenten Umbruch begriffen.Beispielsweise verlagert sich die wirtschaftliche Aktivität ständig aus derLandwirtschaft (dem primären Sektor) und der Industrie (dem sekundärenSektor) in den tertiären Sektor, zu den Dienstleistungen. Es ist ferner einUmbruch von manuellen zu nichtmanuellen und von ungelernten zu gelern-ten Tätigkeiten festzustellen. Mangelt es Arbeitnehmern und Unternehmernan Mobilität und Flexibilität, so kommt es zu struktureller Arbeitslosigkeit.Erforderlich kann es sein, den Wohnort, den Beruf oder die Branche zuwechseln - manchmal auch alles gleichzeitig. Im Strukturwandel ändern sichdie Qualitätsanforderungen an Arbeitnehmer, die wegen längererAusbildungszeiten nur zögerlich angepaßt werden können. Es kann aberauch durch Änderungen im Angebotsverhalten der Haushalte zuVerschiebungen im Profil der Arbeitnehmer kommen, etwa wenn mit stei-gender Frauenerwerbstätigkeit vermehrt Teilzeitarbeitsplätze nachgefragtwerden. Hier helfen Maßnahmen, die die Flexibilität von Arbeitnehmern undFirmen erhöhen, etwa Umschulungen und innerbetriebliche Ausbildung.

1.6.2 Lohnbildung und Lohnrigiditäten

Einige Ansätze versuchen darzulegen, weshalb es zu Lohnstarrheiten undeiner Lohnbildung kommt, die Arbeitslosigkeit hervorruft. Einen Denkansatzliefern Suchmodelle, etwa von Dale Mortensen. Arbeitnehmer und Firmenfinden nach diesem Ansatz nicht direkt zueinander, sondern der "Match" istdas Ergebnis eines Anpassungs- und Informationsgewinnungsprozesses. Am

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Beginn einer Rezessionsphase überschätzt der Arbeitsplatzsucher die tat-sächliche Arbeitsmarktlage und korrigiert im Laufe der Suche seinenAnspruchslohn nach unten. Gleichfalls wird mancher Unternehmer eineEinstellung hinauszögern, weil er noch nach besser geeigneten Bewerbernsucht. Ein Gutteil der Suche von Arbeitnehmern findet - gerade in Europa -allerdings aus gesicherten Beschäftigungsverhältnissen heraus statt. DieDauer des Suchprozesses hängt auch davon ab, wie effizient Arbeitsver-mittlungsstellen organisiert sind und wie einfach und preiswertInformationsgewinnung möglich ist. Sucharbeitslosigkeit ist friktionelleArbeitslosigkeit.

Die Theorie impliziter Kontrakte(etwa von Donald Gordon) erklärt, wiedie Lohnentwicklung von Nachfrageschwankungen abgekoppelt werdenkann. Arbeitnehmer und Firmen vereinbaren dabei stillschweigend, nur einemittlere Lohnentwicklung vorzunehmen. Das kann bei existierendem fir-menspezifischen Humanka-pital, das bei einem Wechsel verlorengeht, undbei Risikoaversion für den Arbeitnehmer und bei Einstellungs- undEntlassungskosten für die Firma rational sein. Diese impliziten Verträge sindallerdings kein genereller Versicherungsschutz gegen Entlassungen, sieerklären nur eine Lohnpersistenz.

Der Effizienzlohnansatz(von Carl Shapiro, Josef Stiglitz und anderen)beschreibt ein optimales Unternehmerverhalten, bei dem die Firma denLohnsatz über das markträumende Niveau setzt und so Arbeitslosigkeiterzeugt. Löhne sind nicht nur ein Kostenfaktor, sie stellen auchArbeitsanreize dar. Dies kann für die Firma profitabel sein, dennEffizienzlöhne können die Leistungsintensität erhöhen, die Beschäftigungs-fluktuationen verringern, das Bummeln am Arbeitsplatz einschränken undeine bessere Auslese von Bewerbern für freie Stellen ermöglichen.

Insider-Outsider-Modelle (von Assar Lindbeck und Dennis Snower)erklären die Arbeitslosigkeitsproblematik aus der Organisationsmacht derInsider und ihrer Gewerkschaften. Insider - die Beschäftigten - berücksichti-gen die Lage der Outsider - die Arbeitslosen - bei ihren Handlungen undEntscheidungen nicht. Sie interessiert vielmehr nur ihre eigeneEinkommenssituation. Werden deshalb einige Arbeitnehmer in einer Krisearbeitslos, so nutzen die dann noch Beschäftigten die Situation zu einerLohnerhöhung, die es für die Unternehmen auch bei wirtschaftlicherErholung nur noch optimal macht, das reduzierte Beschäftigungsniveauanzustreben.

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1.6.3 Das Hysteresis-Phänomen

Die natürliche Arbeitslosigkeit ist die Summe aus friktioneller und konjunk-tureller Arbeitslosigkeit. Empirische Messungen ergaben, daß sie in den letz-ten zwei Jahrzehnten in Europa stark angestiegen ist. Nach jeder neuenRezession kehrte die Arbeitslosigkeit nicht mehr auf das alteDurchschnittsniveau zurück, sondern verharrte auf dem neu erreichtenNiveau. Offensichlich ist die natürliche Arbeitslosigkeit keine Konstante,wie dies von den Anhängern dieser Theorie vermutet wurde. Tatsächlichwird mit dem Begriff der Hysteresis der langfristige Einfluß vergangenerwirtschaftlicher Ereignisse auf die natürliche Quote bezeichnet.

Vier mögliche Erklärungsansätze (von R. Cross und anderen) sind für die-ses Phänomen entwickelt worden. Der erste baut auf dem Konzept derKapitalmangelarbeitslosigkeit auf. Ein negativer Angebotsschock (z. B. eineEnergiepreiskrise) verschlechtert die Angebotsbedingungen, führt in eineRezession und zu einem Abbau des Kapitalstocks. Auch wenn die Krise vor-bei ist, kann dennoch das alte Beschäftigungsniveau nicht mehr erreicht wer-den.

Der zweite Ansatz geht von einer Dequalifikation des Humankapitals derArbeitnehmer aus. Arbeitslose verändern sich, je länger die Arbeitslosigkeitdauert und je häufiger sie auftritt. Durch Arbeitslosigkeit werden wertvolleberufsbezogene Fähigkeiten eingebüßt und die Arbeitsmotivation und dasEngagement, einen Arbeitsplatz zu finden, mag sich ändern. Dadurch wirdder Prozeß der Arbeitssuche behindert und die friktionelle Arbeitslosigkeiterhöht.

Konkurrierend zum Humankapitalansatz steht als dritter Ansatz dieFiltertheorie. Für sie ist Arbeitslosigkeit ein Identifikations- undSelektionsprozeß der schlechten Arbeitnehmer. In guten Zeiten sind alleArbeitnehmer beschäftigt und am Arbeitsplatz können unterschiedlicheQualifikationen und Motivationen nicht hinreichend gut identifiziert werden.Gut qualifizierte Arbeitnehmer werden es aber in Krisenzeiten vermeidenkönnen, arbeitslos zu werden. Folglich übernimmt der Marktprozeß eineInformationsfunktion, die sinnvoll ist.

Rezessionen können ferner den Lohnbildungsprozeß verändern. Hiersetzt wiederum die Insider-Outsider-Theoriean: Eine Krise führt zurReduktion der Gruppe der Insider, die an der Sicherung ihrerEinkommenssituation interessiert sind und höhere Reallöhne anstreben.Höhere Reallöhne bei niedriger Beschäftigung sind die Folge.

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1.6.4 Rolle des Wohlfahrtsstaates

Durch die hohen und steigenden Arbeitslosenraten ist das Konzept desWohlfahrtsstaates erschüttert worden. Leistungskürzungen scheinen zurSicherung des Systems unvermeidlich. Immer häufiger ist auch dasArgument anzutreffen, der Wohlfahrtsstaat selbst sei Ursache derBeschäftigungskrise. Dies läßt sich mikrotheoretisch begründen und hat auchBezüge zur Theorie der Angebotspolitik. Die mikroökonomische Theoriekommt zu dem Schluß, daß Haushalte ihr Arbeitsangebot positiv mit demrealen Nettolohn, aber negativ mit ihrem Transfereinkommen variieren.Erhalten sie staatliche Vergünstigungen, so sind darin Anreize enthalten,Arbeitsanstrengungen und Bemühungen um einen Arbeitsplatz einzuschrän-ken oder weniger engagiert zu betreiben. Höhere Steuern reduzieren denNettolohn und haben die gleiche Wirkung. Immer neue Sozialleistungen füh-ren in dieser Logik zu einer Demotivierung ihrer Empfänger. Gleichzeitigwerden diejenigen demotiviert, die ihre Finanzierung tragen. Kommen nochexogene Erschütterungen (etwa aus dem Ausland) und endogene Verstär-kungen (wie die Hysteresis) hinzu, erscheint der Kollaps unvermeidlich.Vorraussetzung für die Gültigkeit eines solchen Szenarios ist allerdings, daßdie negativen Anreizwirkungen tatsächlich empirisch belegbar sind.

2. Allgemeine wirtschaftspolitische Erklärungsansätze

Die Ursachen des Phänomens der dauerhaften Massenarbeitslosigkeit inEuropa sind eng verwoben mit den Ursachen für die Veränderungen des sozi-alen Gesichts der westeuropäischen Gesellschaften. Der unverkennbaregesellschaftliche Individualisierungsprozeß ist geprägt durch veränderteBedürfnislagen, erweiterte Zeitmanagement-Optionen und einen Wunschnach Selbstverwirklichung auf der Basis staatlicherseits garantierter sozialerSicherung. Er geht einher mit dem massiven Bedeutungsrückgang vormalsim Zentrum des volkswirtschaftlichen Produktionsprozesses stehenderWirtschaftszweige des primären und sekundären Sektors sowie dem zuse-hends mehr Dynamik annehmenden technischen Fortschritt. Der demogra-phische Wandel sorgt für eine Umschichtung des Gefüges zwischen jungerund alter Bevölkerung und damit für Erschütterungen des Systems der kol-lektiven Altersvorsorge im Rahmen eines Generationenvertrages. Die inter-nationale Arbeitsteilung verändert die Rahmenbedingungen nationalenWirtschaftens, schafft Wettbewerb und Rationalisierungszwänge. In derFolge dieser Trends ist der Druck auf den Faktor Arbeit massiv gewachsen.

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2.1 Globalisierung

Der Einfluß der weltweiten Wirtschaftsverflechtungen auf die deutscheBeschäftigungssituation ist zu unterscheiden von ihren Konsequenzen fürWirtschaftswachstum und volkswirtschaftliche Wohlstandsmehrung.Während das Wirtschaftswachstum aufgrund von positiven Effekten derNutzung neuer Informations-, Kommunikations- und Transporttechnikenund Dynamik freisetzender Wettbewerbssituationen von der Globalisierungbislang insgesamt eher profitieren konnte, wird die Beschäftigung von denökonomischen Anpassungsnotwendigkeiten tendenziell negativ beeinflußt.

Der potentiell Arbeitsplätze sichernde oder schaffende Warenexport istgegenwärtig rückläufig; der Dienstleistungsbereich, der auch in Deutschlandan Bedeutung weiter zunimmt, weist für die Bundesrepublik dagegen einennegativen Handelssaldo auf, von dem keine positiven Beschäftigungseffekteausgehen. Hinzu kommt der unter Kostendruck stattfindende Bezug vonVorleistungen für die Güterproduktion aus dem Ausland ("global sourcing").Dürften hiervon schon vor allem geringer qualifizierte Tätigkeiten imBereich der Zulieferindustrie betroffen sein, ist dieser Effekt in bezug auf diegenerellen Rationalisierungsschübe in arbeitsintensiven Produktions-bereichen gegenwärtig bereits existent und in näherer Zukunft verstärkt zuerwarten, wenn auch Reformstaaten aus Mittel- und Osteuropa alsMitbewerber auf den Plan treten. Überdies wird die Beschäftigung durchAuslagerung arbeitsintensiver Produktion in ausländische Standorte und dendeutlichen Negativsaldo der Direktinvestitionen beeinträchtigt. ObschonInvestitionen deutscher Firmen letztlich auch zum Erhalt einheimischerArbeitsplätze beitragen, indem sie die globale Wettbewerbsfähigkeit stärken,schlägt der Effekt durch den auch im europäischen Vergleich geringerenUmfang ausländischer Investitionen in Deutschland ins Negative um.Zugleich liegt der Schwerpunkt der ausländischen Investitionen in der kapi-tal- und wissensintensiven Produktion und nicht im verarbeitenden Gewerbe.Das erhöht wiederum - zu Lasten der Beschäftigung - den Konkurrenzdruckfür einheimische Unternehmen.

2.2 Zuwanderung

Immigration wird häufig als wesentliche - negative - Einflußgröße für dieBeschäftigung betrachtet. Diese These hat allenfalls insoweit eine gewisseBerechtigung, als es durch eine Regulierung der Zuwanderung mit Hilfe vonAuswahlkriterien und Höchstquoten gelingen könnte, Quantität und Qualität

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der Immigration besser entsprechend der Bedarfslage am Arbeitsmarkt zulenken und insoweit im Vergleich zur gegenwärtigen Situation eineOptimierung zu erreichen. Insgesamt jedoch hat die Zuwanderung nachDeutschland auch heute keinen negativen Arbeitsmarkteffekt. Gerade dort,wo Migranten Tätigkeiten übernehmen, für die einheimische Arbeitnehmernicht zur Verfügung stehen, oder neue Produkte und Dienstleistungen anbie-ten, schaffen sie im Gegenteil zusätzliche Beschäftigung.

Demgegenüber steht der überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenanteilunter Ausländern in Deutschland, der auf ihre überproportionaleZugehörigkeit zu Berufsgruppen zurückzuführen ist, die in besonderer Weisedem Strukturwandel unterliegen, aber auch mit eklatanten Ausbildungs-defiziten (u. a. hervorgerufen durch abweichendes Bildungsverständnis,unzureichende Information, Sprachprobleme) zu erklären ist, die in die(Jugend-)Arbeitslosigkeit münden. Das rigide Arbeitserlaubnisrecht verhin-dert im übrigen einerseits die unmittelbare Substitution einheimischer durchnicht im Besitz einer allgemeinen Arbeitserlaubnis befindliche ausländischeArbeitnehmer, andererseits behindert es durch bürokratische Bevorrechti-gungsprüfungen die rasche Besetzung frei gewordener Stellen - mit derFolge, daß nicht ausgeschlossen werden kann, daß anstehende Arbeit inForm von Überstunden oder Schwarzarbeit geleistet wird, statt in zusätzlichereguläre Beschäftigung zu fließen.

2.3 Struktureller und technischer Wandel

Daß die Industriegesellschaft sich im Wandel hin zur Informations- oderWissensgesellschaft befindet, gehört mittlerweile zu den Allgemeinplätzen.Die Dimension dieses strukturellen Umbruchs und seiner Folgen (wenigernoch seiner Chancen) beginnt sich immer deutlicher abzuzeichnen. DerRückgang des Arbeitsvolumens in Agrarbereich und produzierendemGewerbe ist unaufhaltsam und kann durch das anwachsende Volumen imDienstleistungssektor bislang bei weitem nicht aufgefangen werden. DasAusmaß der daraus resultierenden Arbeitslosigkeit wird durch parallel statt-findende Strukturveränderungen weiter erhöht. Der massive, politisch ge-wollte und binnen kurzer Frist erfolgte Arbeitsplatzabbau von rund 900.000Stellen in Bundeswehr/NVA, ehemaliger DDR-Staatssicherheit, DDR-Blockparteien und Rüstungsindustrie hat das Problem der Arbeitslosigkeiterheblich verschärft. Die Umstellung des Wirtschaftssystems der ehemaligenDDR auf marktwirtschaftliche Prinzipien hat in erheblichem Umfang zurFreisetzung von Arbeitskräften geführt. Gemessen daran überrascht es nicht,

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daß die gesamtdeutschen Arbeitslosenziffern der Bundesrepublik im interna-tionalen Vergleich einen ungünstigen Platz verschaffen. Zieht man allein diewestdeutsche Arbeitslosenquote heran, steht Deutschland vergleichsweisegünstig dar (vgl. Kapitel I. 3).

Dennoch sind die Schwierigkeiten des Strukturwandels unübersehbar. DieBedeutungszunahme des tertiären Sektors spiegelt sich insbesondere inDeutschland noch nicht in einem entsprechenden Dienstleistungsangebotwider. Hier liegt im Gegenteil ein beachtliches Beschäftigungspotential ver-borgen, das zu einer Reduzierung der Arbeitslosigkeit beitragen könnte (vgl.Kapitel II. 2). Derzeit ist festzustellen, daß im Vergleich etwa zu den USA dieErschließung neuer Beschäftigungsfelder vor allem im Bereich personenbe-zogener Dienstleistungen nur schleppend verläuft - mitverursacht durch eineandere "Dienstleistungsmentalität" - und auch die Möglichkeiten des techni-schen Fortschrittes in bezug auf neue Arbeitsformen Vorbehalten begegnen.

Der Fortschritt in der Informations- und Kommunikationstechnologie hatdie Phase, in der er überwiegend zum Abbau und zur Gefährdung vonArbeitsplätzen beiträgt, derzeit noch nicht beendet. Der verstärkte Einsatzvon Wissen und Kapital bei Produkt- und Prozeßinnovationen hat denVerlust von Beschäftigung gerade im Bereich standardisierbarer Tätigkeitennach sich gezogen und Arbeitslosigkeit vor allem Geringqualifiziertererzeugt.

Parallel dazu hat sich das Arbeitskräfteangebot ausgeweitet. Unverändertist die Erwerbsorientierung zentraler individueller Identifikationspunkt undGradmesser gesellschaftlicher Akzeptanz. Auch ist der Erwerb wohlfahrts-staatlicher Ansprüche unmittelbar an die Erwerbstätigkeit geknüpft. DurchZuwanderung im Durchschnitt jüngerer Erwerbsfähiger hat sich dasArbeitskräfteangebot insbesondere in der ersten Hälfte der neunziger Jahremerklich erhöht – wenn auch vorwiegend in Bereichen, die die Beschäfti-gungschancen Einheimischer nicht oder kaum tangiert, sondern im Gegenteilzur Sicherung bestehender und zur Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze bei-getragen hat.

Entscheidend ist jedoch, daß die Erwerbsbeteiligung von Frauen starkzugenommen hat. Frauen erwerben immer häufiger einen hochwertigenBildungs- und Ausbildungsabschluß, der sie zur Aufnahme einerBerufstätigkeit motiviert. Auch spielt das Ziel ökonomischer Unabhängigkeitbei gewachsenem gesellschaftlichen Selbstbewußtsein von Frauen ("emanzi-patorischer Trend"), gestiegener Zahl weiblicher Single-Haushalte und ange-sichts materieller Risiken im Zuge hoher Scheidungsraten eine wesentliche

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Rolle. Nicht zuletzt muß aber in Zeiten arbeitsmarktpolitischerUnsicherheiten das Motiv der Absicherung des Lebensstandards der eigenenFamilie hoch eingeschätzt werden. Je gefährdeter der Arbeitsplatz desMannes erscheint, je fraglicher Einkommenssteigerungen werden, um somehr wächst - bei tendenziell zunehmenden Konsumansprüchen – dasInteresse an zusätzlicher Erwerbsarbeit. Dies drückt sich neben der hohenAttraktivität von Überstunden, geringfügiger Nebenbeschäftigung undSchwarzarbeit vor allem im Anstieg der regulären Frauenerwerbstätigkeit inden letzten Jahren und Jahrzehnten aus.

Trotz diverser Initiativen aus Politik und Wirtschaft hat demgegenüber die"Kultur der Selbständigkeit" bislang nicht nennenswert angeregt werdenkönnen, wodurch wiederum potentielle Chancen für belebendeBeschäftigungseffekte ungenutzt geblieben sind. Dies hat im wesentlichen zutun mit einer in Deutschland eher unterentwickelten Risikobereitschaft, aberauch mit Defiziten im Hinblick auf Risikokapitalzugang und Abgabenlast.Im übrigen wird die vorhandene Bereitschaft Arbeitsloser, dieSelbständigkeit anzustreben, durch rechtliche Vorschriften (Arbeits-förderungsgesetz) und bislang noch zu geringe Startbeihilfen eher behindertals gefördert.

2.4 Immobilität

Obwohl der Strukturwandel nur allzu offensichtlich veränderteMobilitätsanforderungen an den Faktor Arbeit stellt, da er inzwischen grund-sätzlich weltweit verfügbar ist, "global players" mit ihm strategisch operie-ren wollen, er andererseits in Problemregionen (Bergbau etc.) weitgehendzur Disposition zu stehen droht, ist insbesondere die räumliche Mobilität ten-denziell rückläufig. Zwar hat die zunehmende Individualisierung auchMobilitätspotentiale geschaffen, sie werden aber mehr als ausgeglichendurch Immobilitätsreaktionen in Folge empfundener wirtschaftlicherUnsicherheit und damit für den einzelnen wichtiger werdender sozialerBindungen. Auch die Frauenerwerbstätigkeit trägt zu Immobilität bei –sofern beide Lebenspartner einer Beschäftigung nachgehen, ist dieWahrscheinlichkeit eingeschränkt, beim Ortswechsel des einen auch für denanderen einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden. Im übrigen ist redu-zierte Mobilität auch eine Konsequenz regional unterschiedlicher Kinderbe-treuungsangebote; eine diesbezügliche Verschlechterung am denkbarenneuen Wohnort wird schwerlich in Kauf genommen, wenn dies die Aufgabeeiner Erwerbstätigkeit nach sich zieht.

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Insoweit Mobilität stets auch kostenverursachend ist, läßt sich feststellen,daß die Bereitschaft zu räumlicher Mobilität mit sinkendem Einkommenzumeist nachläßt. Allerdings sind neben jungen Arbeitnehmern ohne Familieinsbesondere Arbeitslose überdurchschnittlich räumlich mobil; bei letzterenwirkt sich wiederum vor allem die defizitäre berufliche Mobilität nachteiligaus. Sie ist auch deshalb als schwerwiegender anzusehen, weil der technischeWandel prinzipiell - hier liegen erhebliche Potentiale brach - die Überwin-dung räumlicher Mobilitätsgrenzen in vielen Wirtschaftszweigen zuläßt(Telearbeit, virtuelle Vernetzung; vgl. Kapitel II. 1).

Anders ist es um die berufliche Mobilität bestellt. Sie hängt entscheidendvon der Art und Qualität der Berufsausbildung und Weiterbildung ab. Da dasdeutsche Ausbildungssystem insgesamt noch stark in überlebten Traditionenvon Berufsbildern und einlinigen Ausbildungs- und Berufsbiographien ver-haftet ist, schränkt dies die berufliche Mobilität unweigerlich ein und fördertbei den Erwerbspersonen das Denken und Handeln in eindimensionalenAusbildung-Beruf-Verknüpfungen. Auch ist im Unterschied zu anderenVolkswirtschaften in Deutschland ein häufigerer Berufswechsel zu oft nochmit Akzeptanzschwierigkeiten bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern verbun-den.

Räumliche und berufliche Immobilität hatten und haben ohne Zweifeleinen negativen Beschäftigungseffekt, wie er sich etwa an der Zahl gemel-deter offener Stellen im Bundesgebiet ablesen läßt. Hinsichtlich der räum-lichen Mobilität ist fraglich, ob sie - sieht man vom Bereich der Ausbildungab - sinnvoll gefördert werden kann. Erfolgversprechender und naheliegen-der erscheint hier die Forcierung technischer Möglichkeiten, Arbeitsplatzund Arbeitsort flexibel zu entkoppeln. Dagegen bedarf die beruflicheMobilität dringend neuer Perspektiven.

2.5 Inflexibilität

Die "Flexibilisierung des Arbeitsmarktes" gehört zu den markantestenSchlagworten der Debatte um den "Standort Deutschland". In der Tat hält diebislang anzutreffende Flexibilität des deutschen Arbeitsmarktes nicht mit denaus dem internationalen Wettbewerbsdruck resultierenden Erfordernissenund dem erreichten Status quo anderer westlicher Staaten Schritt. Einerseitstrifft der durch Individualisierung gewachsene Bedarf an flexiblenArbeitsformen, -zeiten und -verträgen noch auf ein zu wenig attraktivesAngebot von Arbeitgeberseite sowie auf gewerkschaftliche Widerstände.

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Andererseits entspricht die Bereitschaft vieler Arbeitnehmer, flexibel auf dieBedürfnisse des Arbeitgebers zu reagieren, nicht deren hohen, an technischenMöglichkeiten orientierten Erwartungen, die wiederum tarifvertraglichenHindernissen begegnen.

Der Einfluß dieser Konstellation auf das Ausmaß der Arbeitslosigkeit läßtsich nur schwer abschätzen. Fraglos verhindert etwa die im Grundsatz nichtbeabsichtigte, mangels adäquater Alternativen angenommene Vollzeit-beschäftigung beispielsweise von Müttern oder Höherqualifizierten, die mitgestiegenem Einkommen auch ein gestiegenes Eigenzeit-Interesse mitbrin-gen, daß zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten entstehen. Ebenso trifft eszu, daß Unternehmen auf ein Angebot zusätzlicher Beschäftigung verzichten,wenn ihnen dies keine Flexibilitätsvorteile, sondern vorrangig arbeitsrechtli-che Verpflichtungen verschafft. Betriebsinternen Lösungen (Überstunden,Rationalisierung) wird dann zumeist der Vorzug gegeben. Diese Tendenzwird von der prinzipiell an ihrer Klientel der Arbeitsplatzbesitzer, wenigerhingegen an den Interessen der Arbeitslosen orientierten Politik derGewerkschaften flankiert, die bisher etwa veränderten Kündigungsschutz-vorschriften oder außertariflichen Betriebsvereinbarungen kritisch gegen-überstehen. Das System des Flächentarifvertrages scheint zusehends wenigerin der Lage, den Flexibilitätsanforderungen gerecht zu werden. Es böte aber- richtig genutzt - die Chance, Spielräume zu eröffnen, ohne Entsoli-darisierungseffekte zu erzeugen, die heute schon allein daraus resultieren,daß sich immer weniger Unternehmen überhaupt tarifvertraglichenVerpflichtungen unterwerfen. NIcht übersehen werden darf in diesemZusammenhang, daß im Falle einer systematischen Verlagerung vonVerhandlungen auf die Betriebsebene die Gefahr neuer volkswirtschaftlicherKosten entstünde. Auch dies spricht für eine systemimmanente Reform.

Gleichwohl wäre es zu kurz gedacht, hinsichtlich der Arbeitsmarkt-flexibilität allein in Kategorien von gelösten Tariffesseln, reduziertenBeschäftigungszeiten und optimalen Maschinenlaufzeiten zu planen. Jenseitssinnvoller Erweiterungen von Unternehmensspielräumen zur Gestaltungihrer Betriebsabläufe sowie einer realistischen Koordination der Nachfragenach flexibler Arbeitszeit und einem darauf abgestimmten Angebot, kannnicht die Umverteilung der gleichen Arbeitsmenge auf eine größere Zahl vonErwerbstätigen das eigentliche Ziel sein. Dies würde zwar Ziele gesell-schaftlicher Solidarität vordergründig erreichen, stellte aber - ohne damit ein-hergehende sozialpolitische Maßnahmen - nicht zuletzt die ohnehin fragilensozialen Sicherungssysteme vor die Existenzfrage. Schon heute ist dasVollzeit-Normarbeitsverhältnis erkennbar im Rückgang begriffen. Immer

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mehr Menschen arbeiten in weniger Sicherheit und weniger Altersvorsorgebietenden Arbeitsformen. Würde diese Zahl massiv ausgeweitet, brächte diesentsprechend reduzierte Ansprüche der noch am Beginn des Arbeitslebensstehenden Generation an den Wohlfahrtsstaat mit sich, denen im Vergleichhohe – und dann kaum mehr finanzierbare – Ansprüche der aus der Vollzeit-Erwerbsarbeit Ausscheidenden gegenüberstünden. Hohe Sozialbeiträgewären bei niedrigem Anspruchserwerb die Folge.

Nun ist Flexibilität in dem - ungünstigen - Sinne, daß eine zusehends grö-ßere Zahl von Erwerbstätigen alternativlos auf das Angebot an geringfügiger,gering entlohnter, zeitlich befristeter Tätigkeiten angewiesen ist, heutebereits eingetreten. Betroffen sind hiervon insbesondere Geringqualifizierte.Das macht - ungeachtet des Fingerzeigs für eine umfassende Reform derAlterssicherung - die Wichtigkeit einer beruflichen Flexibilität nur nochdeutlicher, die auf weniger an einem starren beruflichen Korsett orientiertenQualifikationen basieren muß. Wenn statt einer Umverteilung von Arbeit dieSchaffung zusätzlicher Beschäftigung angestrebt werden soll, dann wirddiese neben dem unterentwickelten Bereich einfacher Tätigkeiten nur inBereichen (Beratung, Betreuung etc.) entstehen können, die diese Form derFlexibilität voraussetzen, weil sie ständigen Bedürfnisänderungen undAnpassungsprozessen unterliegen werden.

2.6 Qualifikation

Ein Großteil der in Deutschland heute Arbeitslosen verfügt über keine abge-schlossene Berufsausbildung oder eine geringe Qualifikation. Deutschlandweist eine im internationalen Vergleich sogar sehr hohe Quote ungelernterArbeitsloser von rund 13 Prozent auf (vgl. Kapitel I. 3, Abbildung 7). Dabeiist geringe Qualifikation als Ursache von Arbeitslosigkeit in Deutschland,anders als in den Vergleichsstaaten, "weniger" ein Problem der jüngeren alsvielmehr der älteren Arbeitnehmergeneration. Bei Arbeitnehmern unter 25Jahren liegt die Quote der Geringqualifizierten unter den Arbeitslosen deut-lich niedriger als etwa in den USA, Neuseeland oder Schweden (vgl. KapitelI. 3, Abbildungen 8/9). Das ist ein Hinweis auf das generell höhere Qualifika-tionsniveau in Deutschland.

Demnach haben aber auch die Vergleichsstaaten potentiell mehrSpielraum als Deutschland, die Jugendarbeitslosigkeit durch Qualifikationherabzusetzen. Für Deutschland gilt, daß die zeitweise über demGesamtdurchschnitt gelegene und heute in Westdeutschland in etwa den

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Schnitt aller Altersgruppen widerspiegelnde Jugendarbeitslosigkeit in hohemUmfang auch qualifizierte junge Menschen betrifft. Das weist zum einen aufgravierende Probleme in der Jugendbeschäftigung und ein defizitäresAngebot höherwertigerer Ausbildungsplätze hin, es heißt zum anderen abernicht, daß Bemühungen um eine qualifiziertere Ausbildung in Deutschlandver-gebens wären. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die Arbeitslosigkeitjunger Geringqualifizierter ansonsten fast unweigerlich in die Dauerarbeits-losigkeit mündet. Deshalb muß die wirksame Bekämpfung der Jugend-arbeitslosigkeit einen Schwerpunkt der Arbeitsmarktpolitik bilden.

Ausländische Jugendliche sind überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeitbetroffen. Besonders alarmierend ist, daß nahezu 80 Prozent der arbeitslosenausländischen Jugendlichen über keine abgeschlossene Berufsausbildungverfügen. Im Unterschied zu ihren Eltern, deren etwaige Arbeitslosigkeit vorallem auf Sprachprobleme und die aus dem Herkunftsland mitgebrachte, nurbedingt marktgerechte Qualifikation zurückzuführen ist, sind dieQualifikationsdefizite bei den Jugendlichen der zweiten Ausländergenerationgewissermaßen "hausgemacht". Sie gehen zurück auf ein teils anderesBildungs- und Rollenverständnis der Familie (davon sind insbesondere jungeFrauen betroffen), deren Wunsch nach möglichst rascher eigenständigerExistenzsicherung, Informationslücken über das duale Ausbildungssystemsowie Vorbehalte von Ausbildungsbetrieben

Besonders dramatische Ausmaße nimmt die Arbeitslosigkeit Ungelernterin Ostdeutschland an, die im Durchschnitt des Jahres 1995 bei annähernd 45Prozent lag (vgl. Kapitel I. 3, Tabelle 3). Demgegenüber bewegt sich dieArbeitslosigkeit Höherqualifizierter in international "wettbewerbsfähigen"Dimensionen, für Universitätsabsolventen liegt sie durchschnittlich in derNähe der natürlichen Arbeitslosigkeit. Eine der Hauptursachen vonArbeitslosigkeit ist demnach ein zu geringes Qualifikationsniveau, das - beieinem Rückgang des Arbeitsvolumens in klassischen, industriellenProzessen - nicht genügt, die im Dienstleistungs- und Technologiebereichnachwachsenden Arbeitsplätze auszufüllen. Dies belegt die Unverzicht-barkeit einer adäquaten Ausbildung für den Beschäftigungserfolg, wenn-gleich zu berücksichtigen ist, daß der Qualifizierbarkeit auch Grenzengesetzt sind.

Erschwerend kommt hinzu, daß strukturelle Bildungs- und Ausbildungs-defizite zusehends offensichtlicher werden. Angesichts der immer rascherenVeraltung von Spezialwissen ist zwar unverändert das hohe Qualifikations-niveau dasjenige Pfund, mit dem Deutschland auch im internationalen

35

Wettbewerb wuchern kann und muß; jedoch resultiert Arbeitslosigkeit teilsauch aus den zu langen Bildungszeiten, die deutsche Absolventen verspätetauf den Arbeitsmarkt kommen lassen sowie – unter nationalem Blickwinkel– daraus, daß noch zu wenig Wert auf eine breiter einsetzbare Qualifikationgelegt wird. Hier tritt wie im Problemfeld der beruflichen Mobilität alsNachteil in Erscheinung, daß damit die Einsetzbarkeit des Arbeitsuchendenvon vornherein eingeschränkter ist, als dies notwendig wäre.

An dieser Stelle ist die Weiterqualifizierung von besonderer Bedeutung.Die Bereitschaft hierzu und die Einsicht in deren Notwendigkeit sind bislangeher unterentwickelt. Vom Unternehmen initiierte Weiterbildung konzen-triert sich durchweg auf Höherqualifizierte, für die sie ohne Zweifel sinnvollist, aber nur einen mittelbaren – arbeitsplatzsichernden bzw. einen beruf-lichen Wechsel erleichternden – Effekt besitzt. Die WeiterbildungGeringqualifizierter ist aus betrieblichen Gründen nur eingeschränkt sinn-voll; sie führt auch in den öffentlichen Maßnahmen zur Arbeitsförderung inmancher Hinsicht noch ein Stiefmütterchendasein, womit diese Gruppe denAnschluß an die Entwicklung endgültig zu verpassen droht. ImDienstleistungsbereich ist der Anteil Höherqualifizierter besonders hoch,während sich der Anteil Geringqualifizierter kaum unter ihrem Anteil imindustriellen Bereich bewegt. Allerdings stehen auch dem Dienstleistungs-sektor Rationalisierungsschübe bevor, die den Bedarf an geringqualifizierterArbeit zurückgehen lassen dürften. Das macht die Problematik geeigneterMaßnahmen zur Qualifzierung um so bedeutsamer.

Ein weiterer Grund für die hohe Arbeitslosigkeit Geringqualifizierter liegtim übrigen in einem ausgeprägten Verdrängungseffekt. Vielfach – und mitsteigender Tendenz – sind Erwerbstätige für ihren Arbeitsplatz überqualifi-ziert; Unternehmen decken ihren Bedarf aus einem Überangebot qualifizier-ter Bewerber, da sie von diesen – bei gleicher Entlohnung – eine vielfälti-gere Einsetzbarkeit erwarten können. Diese Tendenz wird noch dadurchunterstützt, daß Hochschulabsolventen zusehends häufiger auch einen vor-herigen beruflichen Abschluß mitbringen. Diese Entwicklung ist ein erneuterHinweis auf das Mißverhältnis von Arbeitsvolumen und Arbeitskräfte-potential und die Notwendigkeit, unter Inkaufnahme einer größerenLohnspreizung zusätzliche Arbeitsplätze insbesondere für Geringqualifzierteim Dienstleistungsbereich zu schaffen.

Langzeitarbeitslosigkeit, zumal wenn sie mit geringer Qualifikation odergesundheitlichen Beeinträchtigungen zusammenfällt, gerät unter demEinfluß dieser Trends schnell in den Strudel der Hoffnungslosigkeit. Die

36

Dauer der Arbeitslosigkeit beeinflußt den Bestand an Qualifikationen unwei-gerlich negativ, Kenntnisse gehen verloren, technische Neuentwicklungenkönnen nicht aufgenommen werden. Die Absicherung von Arbeitslosigkeitist überdies so strukturiert, daß sie kaum Anreize bietet, die Dauer desAusscheidens aus dem Erwerbsprozeß durch Qualifizierungsaktivitäten ab-kürzen zu wollen. Staatliche und tarifpolitische Maßnahmen (Lohnkosten-bezuschussung, Zeit- und Leiharbeit, befristete Lohnabschläge, etc.) habendas Ausmaß der Langzeitarbeitslosigkeit bislang nicht meßbar eindämmenkönnen. Erforderlich ist eine Integration gerade der Langzeitarbeitslosen inden Prozeß des "lebenslangen Lernens", so daß anhaltende Zeiträume vonArbeitslosigkeit zu sinnvoller Qualifikation genutzt - und auch von poten-tiellen Arbeitgebern nicht wie bislang ausschließlich als stigmatisierend, son-dern vor allem positiv als Phase der beruflichen Orientierung undFortbildung begriffen werden (können).

2.7 Gesundheitliche Beeinträchtigungen

Die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß wird durch gesundheitlicheBeeinträchtigungen erheblich erschwert. Ein wachsender Anteil vonArbeitslosen muß aufgrund solcher Einschränkungen als weitgehend chan-cenlos auf dem heutigen Arbeitsmarkt angesehen werden. Bei Langzeit-arbeitslosen liegt der Prozentsatz gesundheitlicher Beeinträchtigungenbesonders hoch (vgl. Kapitel I. 3, Tabelle 9). Unabhängig von der Frage, obein Teil dieser eingeschränkten Einsetzbarkeit von manchen Betroffenenauch mißbräuchlich zu verstärkter Schwarzarbeit genutzt wird, könnten sichallerdings durch die im Zeichen virtueller Vernetzung verändertenArbeitplatzanforderungen möglicherweise gewisse neue Beschäftigungs-chancen ergeben.

2.8 Überstunden

Häufig wird eine zu große Zahl geleisteter Überstunden als eine Ursache derhohen Arbeitslosigkeit angesehen. Immer weniger Erwerbspersonen arbeite-ten immer mehr, während zugleich immer mehr Menschen immer wenigerAussichten hätten, dauerhaft einer vollwertigen Erwerbsarbeit nachzugehen.Empirisch läßt sich freilich nachweisen, daß dieser Zusammenhang so nichtbesteht. Zwar ist die effektive Jahresarbeitszeit aller Beschäftigten inDeutschland in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zurückgegangen, wäh-rend der Überstundenanteil zu Beginn der neunziger Jahre geringfügig

37

gestiegen ist und seitdem auf niedrigem Niveau stagniert. Gleichzeitig istjedoch der Anteil transitorischer Überstunden, die ausschließlich durchFreizeit ausgeglichen werden, also weder entlohnt werden noch unbezahltbleiben, deutlich von unter 20 Prozent vor einem Jahrzehnt auf rund 30Prozent zum Ende der neunziger Jahre gewachsen.

Hierbei handelt es sich demnach nicht um in positive Arbeitsmarkteffekteumsetzbare zusätzliche Arbeit, sondern um einen Ausdruck vonArbeitszeitflexibilisierung. Bezahlte Überstunden machen nach knapp 40Prozent vor zehn Jahren heute nur noch wenig mehr als 20 Prozent aus. Ziehtman weiterhin in Betracht, daß Geringqualifizierte den Hauptanteil unter denArbeitslosen ausmachen, Überstunden hingegen zum weit überwiegendenTeil von qualifizierten Arbeitnehmern geleistet werden, ergibt sich ein allen-falls begrenzter Entlastungseffekt etwaiger gesetzlicher Einschränkungenvon Überstunden für den Arbeitsmarkt. Neue Initiativen der Arbeitsämter,bezahlte Überstunden durch befristete Beschäftigung zu ersetzen (vgl.Neuwiedener Modell 1999) mögen punktuell - insbesondere für Arbeitslosemit qualifizierenden Abschlüssen - wirksam sein und insofern durchaus ihreBerechtigung haben, sie ändern jedoch nichts an dem generellen Befund.Sinnvoller erscheint es, Überstundenregelungen innerbetrieblich strukturellaufzulösen und durch flexible Arbeitszeitmodelle (Jahreskonten, Sabbaticalsetc.) kreativ zu ersetzen.

2.9 Lohnkosten

Es ist mittlerweile zum Schlagwort geworden, daß die Lohnzusatzkosten inDeutschland die Beschäftigung beeinträchtigen. Insbesondere geringproduk-tive Tätigkeiten verteuern sich auf diese Weise, so daß Neueinstellungen vonGeringqualifizierten ausbleiben. Hinzu kommt die im internationalenVergleich als gering anzusehende Lohnspreizung, die einfache Arbeiten pro-portional zu teuer werden läßt. Beide Faktoren behindern im Zusammenspielmit anderen Standortfaktoren wie der Regulierungsdichte (Genehmigungs-zeiten) tendenziell ausländische Investitionen, dürften aber auchInvestitionen inländischer Unternehmen ins Ausland umgeleitet haben.Allerdings muß nachdrücklich darauf hingewiesen werden, daß es fürDeutschland letztlich keine Alternative zu einer Hochlohnstrategie gebenkann, will es hochqualifizierte Arbeit im Land halten. Auch wird die Qualitätdes Standortes Deutschland neben den Lohnkosten vor allem von den vor-teilhaften Infrastrukturgegebenheiten und dem hohen Qualifikationsstand derArbeitnehmer oder aber – negativ – von bürokratischen Hemmnissen, unter-nehmensinternen Widerständen und ähnlichem bestimmt.

38

Die hohen Lohnnebenkosten haben freilich einen unmittelbaren Einflußauf die Attraktivität der Schwarzarbeit, die gleichwohl wiederum ambiva-lente - aufgrund der Tatsache, daß sie nicht zuletzt Leistungen erbringt, dieansonsten ganz entfallen wären - keineswegs nur nachteilige Auswirkungenauf Volkswirtschaft und Arbeitsmarkt hat.

Inzwischen ist unumstritten, daß die Lohnzusatzkosten auch unter sozial-politischen Erwägungen einer Reduzierung bedürfen. Hier stößt derReformwille jedoch nur allzu schnell an die Grenze der Finanzierbarkeit unddamit der Notwendigkeit eines umfassenden Systemwandels. Dies-bezügliche Reformkonzepte sind gleichwohl politisch höchst umstritten unddrohen schon vor Implementierung an den von den jeweiligenInteressengruppen ausgehenden Widerständen zu scheitern. Ebenso wichtigwird die Antwort auf die Frage werden, ob eine größere Lohnspreizunggegen die abzusehenden Widerstände durchgesetzt werden kann. Von ihrwäre ein erheblicher Beschäftigungseffekt zu erwarten, wobei im gleichenZusammenhang das zu starke Auseinanderklaffen der Einkommensscherewohl nur in Form einer Flankierung durch eine steuerfinanzierteMindestsicherung zu verhindern wäre.

Die moderate Tarifpolitik der vergangenen Jahre hat zweifellos zurSicherung von Arbeitsplätzen oder zumindest doch zur Verlangsamung ihresAbbaus beigetragen. Angesichts der unterdessen in manchen Branchenmerklich gestiegenen Unternehmensgewinne ist eine Politik derLohnzurückhaltung zwar immer schwerer durchsetzbar, doch ohne sie istneue Beschäftigung schwer zu erreichen.

2.10 Schattenwirtschaft

Ein Bündel von Ursachen ist für das Anwachsen der Schattenwirtschaft inDeutschland verantwortlich. Neben zu wenig Flexibilität, den als zu hochempfundenen Lohn- und Lohnnebenkosten sowie Steuern und der entspre-chend rückläufigen "Auftrags- und Arbeitsmoral" ist der Mangel an einfa-chen Dienstleistungen, aber ebenso die unterentwickelte Kundenorientierungvieler Unternehmen, hierfür ausschlaggebend. Der volkswirtschaftlicheSchaden, der infolge von Schwarzarbeit entsteht, ist außerordentlich.Schätzungen, die sich zwischen etwa 140 und über 200 Milliarden DM jähr-lich belaufen, müssen jedoch um die Aufwendungen für diejenige Arbeitbereinigt werden, die im Falle regulärer Beauftragung gar nicht erst geleistetworden wäre, so hingegen ihrerseits einen volkswirtschaftlichen und indi-

39

rekten Beschäftigungsnutzen erbracht haben dürfte. Dennoch wird sich dieWertschöpfung aus Schwarzarbeit auf deutlich über 100 Milliarden DM proJahr belaufen und könnte – rein rechnerisch – bis zu einem Drittel derArbeitslosen eines Jahres in reguläre Beschäftigung bringen. Der gesetzge-berischen Kontrolle sind freilich recht enge Grenzen gesetzt, und es ist davonauszugehen, daß eine veränderte "Moral" erst im Zuge einer spürbarenNettoentlastung der Arbeitseinkommen zum Tragen kommen und dieSchwarzarbeit eindämmen können wird.

3. Arbeitslosenstatistik für Deutschland und Nordrhein-Westfalen

3.1 Vorbemerkung

Die statistischen Erhebungen zur Arbeitslosigkeit liefern ein zwar hinrei-chend aussagekräftiges, gleichwohl aber noch viele Fragen aufwerfendesBild, die aufgrund fehlender Daten nicht beantwortet werden können. Hinzukommt eine nur bedingte internationale Vergleichbarkeit, die in unterschied-lichen Erhebungs- und Berechnungsverfahren begründet liegt. FürDeutschland ist eine Einschränkung der Aussagekraft mancher Daten imHinblick auf die stark abweichende Situation in den alten und neuenBundesländern zu berücksichtigen. Die nachfolgend vorgelegten Berechnun-gen, die das IZA auf der Grundlage im einzelnen genannter Quellen vorge-nommen hat, können naturgemäß nur einen Ausschnitt des Status quo derArbeitslosigkeit in Deutschland vermitteln. Besonderer Wert wurde auf eineAufschlüsselung nach Alters- und Qualifikationsgruppen gelegt.

3.2 Globale Arbeitslosigkeitsquoten

Abbildung 1: Standardisierte Arbeitslosenquoten 1984-1998

Die westdeutsche Arbeitslosigkeit bewegt sich im internationalen Vergleichauf nicht allzu hohem Niveau. Nur USA und Niederlande weisen eine umrund zwei Prozentpunkte geringere Arbeitslosigkeit auf. Im Jahr 1998 wardie Arbeitslosigkeit erstmals seit Beginn der neunziger Jahre rückläufig. EineTrendwende bedeutet dies aber nicht. Standardisierte Arbeitslosenquotenwerden von der OECD auf der Basis von Hochrechnungen aus repräsentati-ven Arbeitskräftebefragungen im jeweiligen Land ermittelt, die eine relativeUngenauigkeit nicht ausschließen können. Dagegen basiert die offizielle

40

0 2 4 6 8 10 12

8485

8687

8889

9091

9293

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9697

98

Ar beitslosenquoten in Prozent

USA

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Abbildung 1: Standardisierte A

rbeitslosenquoten

1984 - 1998

Quelle: O

EC

D, B

undesanstalt für A

rbeit, IZ

A- B

erechnungen.Q

uelle: OE

CD

, Bundesanstalt

e B

erechnungen.

41

deutsche Arbeitslosenstatistik auf den registrierten Arbeitslosen; es werdennur diejenigen Personen erfaßt, die sich arbeitslos gemeldet haben. Die StilleReserve findet keine Berücksichtigung, während Erwerbspersonen, die sichzwar arbeitslos melden, tatsächlich aber aus unterschiedlichen Gründen demArbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, Eingang in die Statistik finden.

Abbildung 2: Offizielle Arbeitslosenquoten 1984-1998

In Westdeutschland ist die offizielle Arbeitslosenquote im Jahr 1998 gesun-ken, während sie sich in Ostdeutschland auf sehr hohem Niveau von annä-hernd 20 Prozent stabilisiert hat. Damit ist die Arbeitslosenquote inOstdeutschland fast doppelt so hoch wie in Westdeutschland.

Im gesamten hier betrachteten Zeitraum bewegt sich die nordrhein-westfälische Arbeitslosenquote über dem westdeutschen Durchschnitt, wobeisich der Unterschied etwas vermindert hat. Die offizielle Arbeitslosenquotefür Westdeutschland liegt rund 3 Prozent über der in Abbildung 1 herange-zogenen standardisierten Arbeitslosenquote.

3.3 Arbeitslosenquoten nach Geschlecht und für Ausländer

Abbildung 3: Offizielle Arbeitslosenquoten nach Geschlecht 1990-1997

Die Arbeitslosenquote für Frauen hat bis Mitte der neunziger Jahre stetsdiejenige der männlichen Erwerbspersonen übertroffen. Seitdem weisen dieweiblichen Beschäftigten eine geringere Arbeitslosigkeit auf, wobei sich ins-gesamt die Unterschiede zwischen den Geschlechtern nivelliert haben. Vonder akuten Krise des Arbeitsmarktes in der zweiten Hälfte der neunzigerJahre waren Frauen demnach weniger stark betroffen als männlicheErwerbstätige. Dafür spricht auch die Beobachtung, daß dieFrauenerwerbstätigkeit seit längerem deutlich zunimmt.

In Nordrhein-Westfalen werden die gleichen Tendenzen wie inWestdeutschland wirksam, allerdings wiederum auf einem höheren Niveau.

42

Quelle: B

undesanstalt für Arbei

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20

8485

8687

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Arb eitslosenquoten in Prozent

Westde

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Abbildung 2: O

ffizielle Arb

eitslosenquoten

1984 - 1998

Quelle: B

undesanstalt fr A

rbeit, IZA

-Berechnungen.

43

Quelle: B

undesanstalt für Arbeit, IZ

A-B

erechnungen.

0 2 4 6 8 10 12 14

9091

9293

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Arb eitslosenquoten in Prozent

Westde

utschland - Männer

Westde

utschland - Frauen

No

rdrhein-W

estfalen - Männer

No

rdrhein-W

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Abbildung 3: O

ffizielle Arb

eitslosenquoten nach G

eschlecht

1990 - 1997

44

Abbildung 4: Offizielle Arbeitslosenquoten für Ausländer 1990-1997

Sowohl bezogen auf Westdeutschland insgesamt als auch allein aufNordrhein-Westfalen liegt die Arbeitslosenquote von ausländischenErwerbspersonen wesentlich über der durchschnittlichen Arbeitslosigkeitvon Inländern. Seit Beginn der neunziger Jahre haben sich diese Unter-schiede verstärkt: Betrug die Differenz der Arbeitslosenquoten zwischenIn- und Ausländern 1990 für Westdeutschland noch rund 3 Prozent, soerhöhte sie sich bis 1997 auf etwa 6 Prozent. Die ausländische Erwerbs-bevölkerung wurde somit von der Krisensituation auf dem Arbeitsmarktbesonders stark getroffen. Dies erklärt sich vor allem daraus, daß Ausländerüberproportional den besonderen Risikogruppen angehören.

In Nordrhein-Westfalen sind Ausländer in noch größerem Maß als in ganzWestdeutschland arbeitslos. 1997 waren fast 24 Prozent der ausländischenErwerbspersonen in diesem Bundesland arbeitslos, während dieArbeitslosigkeit für Inländer bei 12 Prozent lag. Infolgedessen versprechenMaßnahmen, die gezielt bei der ausländischen Bevölkerung ansetzen undderen spezielle Probleme hinsichtlich Qualifikation und Sprachkompetenzberücksichtigen, besonderen Erfolg.

3.4 Alter und Arbeitslosigkeit

Abbildung 5: Offizielle Arbeitslosenquoten für Jugendliche 1990-1997

Die offiziellen Arbeitslosenquoten für Jugendliche unter 20 Jahren liegen fürWestdeutschland deutlich unter den Arbeitslosenquoten für alle Alters-gruppen. Für Nordrhein-Westfalen gilt dies nur für den Beginn der neunzigerJahre. Danach ist die Arbeitslosigkeit von Jugendlichen unter 20 Jahren dortstark gewachsen, so daß sie sich 1997 nurmehr geringfügig von der durch-schnittlichen Arbeitslosenquote aller Altersgruppen in Nordrhein-Westfalenunterschied. Angesichts der relativ schlechten Arbeitsmarktposition vonJugendlichen unter 20 Jahren sind arbeitsmarktpolitische und Ausbildungsichernde Maßnahmen für sie von besonderer Bedeutung.

45

0 5 10 15 20 25

9091

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9697

Arbeitslosenquoten in Prozent

Westdeutschland

Westdeutschland - A

usländerN

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estfalen - Auslä

nder

Quelle: B

undesanstalt für Arbeit, IZ

A-B

erechnungen.

Abbildung 4:O

ffizielle Arbeitslosenquoten für A

usländer

1990 - 1997

46

0 2 4 6 8 10 12 14

9091

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Arbeitslosenquoten in Prozent

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ltersgruppen

Nordrhein-W

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ltersgruppe

Abbildung 5:

Offizielle A

rbeitslosenquoten für Jugendliche

1990 - 1997

Quelle: B

undesanstalt für Arbeit, IZ

A-B

erechnungen.

47

Tabelle 1: Offizielle Arbeitslosenquoten nach Altersgruppen 1997

Die vergleichsweise überaus problematische Arbeitsmarktsituation vonJugendlichen unter 20 Jahren in Nordrhein-Westfalen wird auch daran deut-lich, daß die Arbeitslosenquote dieser Gruppe sogar über derjenigen der unter20jährigen in Ostdeutschland liegt, wo Sonderfaktoren negativ ins Gewichtfallen.

Auch die Arbeitslosigkeit der Altersgruppe der 20-25jährigen rangiert fürNordrhein-Westfalen über dem westdeutschen Durchschnitt, allerdings fälltder Unterschied hier nicht mehr so gravierend aus. Demgegenüber liegt dieArbeitslosenquote dieser Altersgruppe in Ostdeutschland mit über 20 Prozentdramatisch hoch.

Tabelle 2: Offizielle Arbeitslosenquoten nach Altersgruppen 1997

Werden die Arbeitslosenquoten weiter nach Altersstufen differenziert, sowird deutlich, daß Arbeitskräfte im Alter zwischen 55 und 60 Jahren inbesonderem Maße von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Hier erreicht dieArbeitslosenquote annähernd 20 Prozent und fällt damit fast doppelt so hochaus wie für den Durchschnitt aller Altersgruppen. Zugleich sind für diesenPersonenkreis die erheblichsten Vermittlungsschwierigkeiten anzutreffen.

Erwartungsgemäß bewegt sich die Arbeitslosenquote für die Altersgruppeder 25-45jährigen mit knapp 9 Prozent auf etwas niedrigerem Niveau als derDurchschnitt. Für Nordrhein-Westfalen lagen Vergleichsdaten nicht vor.

48

Unter 20

Jahren20−25 Jahre

Gesam

t

Westdeutschland

8,711,0

10,5

Ostdeutsch

land10,8

20,519,4

Nordrhein-

Westfalen

11,6

12,51

1,7

Tabelle 1: O

ffizielle Arbeitslosenquoten nach A

ltersgruppen 1997

Quelle: B

undesanstalt für Arbeit, IZ

A-B

erechnungen.

49

Altersgruppe

Westdeutschland

15−25 Jahre

10,3

25−45 Jahre8,7

45−50 Jahre8,1

50−55 Jahre

10,1

55−60 Jahre

19,4

60−65 Jahre14,3

Gesam

t10,5

Tabelle 2: O

ffizielle Arbeitslosenquoten nach A

ltersgruppen 1997

Quelle: B

undesanstalt für Arbeit, IZ

A-B

erechnungen.

50

3.5 Berufsausbildung und Arbeitslosigkeit

Abbildung 6: Offizielle Arbeitslosenquoten nach Berufsausbildung 1984-1995

Die Betrachtung der Arbeitslosenquoten nach beruflicher Qualifikation fürdas Jahr 1995 (neuere Daten liegen derzeit nicht vor) läßt den Schluß zu, daßannähernd jede fünfte Erwerbsperson ohne berufliche Qualifikation arbeits-los war. Während die Arbeitslosigkeit bei Ungelernten 20 Prozent betrug, lagsie für gelernte Personen mit einer betrieblichen Ausbildung oder Berufs-fachschulausbildung bei lediglich 6 Prozent.

Auffallend ist, daß die Arbeitslosenquote für Ungelernte im Verlauf derletzten zehn Jahre überdurchschnittlich gestiegen ist: Betrug die Differenzzur Quote für Gelernte im Jahr 1984 noch deutlich weniger als 10 Prozent,so stieg sie bis 1995 auf annähernd 15 Prozent an. Diese Entwicklung ist alseine Folge des technischen Fortschritts zu werten, der einen Wegfall vongeringqualifizierten Tätigkeiten zugunsten von Arbeitsplätzen bewirkt, dieein hohes Maß an Ausbildung erfordern.

Tabelle 3: Arbeitslosenquoten nach Berufsausbildung 1995

Verdeutlicht wird das Problem der Arbeitslosigkeit von Personen ohne beruf-liche Qualifikation, wenn neben der betrieblichen Ausbildung noch andereQualifikationsgruppen berücksichtigt werden. So lagen die Arbeitslosen-quoten für die Absolventen von Fachschulen, Fachhochschulen undUniversitäten 1995 sowohl in West- als auch Ostdeutschland teils deutlichunter bzw. nicht höher als 5 Prozent - die Angleichung der Arbeitslosen-quoten für alte und neue Bundesländer für diese Gruppen ist bemerkens-wert -, während für Ungelernte 20 Prozent, in den neuen Bundesländern garannähernd 45 Prozent zu Buche schlagen. Damit nimmt die Arbeitslosigkeitvon Geringqualifizierten in Ostdeutschland dramatische Ausmaße an. Auchdie Arbeitslosenquote für Gelernte liegt dort mit 15 Prozent mehr als doppeltso hoch wie in Westdeutschland.

51

Abbildung 6:

Offizielle A

rbeitslosenquoten nach Berufsausbildung

1984 - 1995

0 5 10 15

20

84

85

8687

88

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909

192

939

49

5

Arbeitslosenquoten in Prozent

Ungele

rntG

elernt

Ge

samt (W

estdeutschland)

Quelle: B

undesanstalt für Arbeit, S

tatistisches Bundesam

t, IZA

-Berechnungen.

52

Tabelle 3: A

rbeitslosenquoten nach Berufsausbildung

1995

West

Ost

Ungelernt

20,0

44,7

Gelernt

6,215,2

Fachschule

2,94,9

Fachhochschule

3,43,5

Universität

4,05,0

Insgesamt

9,314,9

Quelle: B

undesanstalt für Arbeit, S

tatistisches Bundesam

t, IZA

-Berechnungen.

Angaben in Prozent.

53

Tabelle 4: Anteil an allen Arbeitslosen nach Berufsausbildung 1997

In Westdeutschland liegt der Anteil der Ungelernten fast gleichauf mit dem-jenigen der Gelernten bei knapp 46 Prozent bzw. rund 44 Prozent. Bald jederzweite Arbeitslose ist somit ohne berufliche Qualifikation; Ungelernte undGelernte stellen zusammen 90 Prozent aller Arbeitslosen in den altenBundesländern, während der Anteil der Höherqualifizierten etwa 10 Prozentausmacht.

In Ostdeutschland weisen die Anteile - bedingt auch durch Nachwir-kungen des Bildungswesens der DDR - eine etwas andere Struktur auf. Hierhaben über zwei Drittel der Arbeitslosen eine betriebliche Ausbildung absol-viert, der Anteil der Ungelernten ist kaum halb so groß wie inWestdeutschland. Das deutet darauf hin, daß in den neuen Bundesländern dieNachfrageseite auf dem Arbeitsmarkt eine wesentlich größere Rolle spieltund folglich, anders als in der alten Bundesrepublik, durch Investitionen indas Bildungs- und Ausbildungswesen nicht von vornherein eine spürbareVerbesserung der Arbeitsmarktsituation zu erwarten ist.

3.6 Qualifikation und Arbeitslosigkeit: Internationale Vergleiche

Abbildung 7: Standardisierte Arbeitslosenquoten nach Qualifikation 1995

In allen hier zum Vergleich herangezogenen Staaten fällt die überdurch-schnittlich hohe Arbeitslosigkeit ungelernter Arbeitskräfte auf. FürGesamtdeutschland erscheint die Situation gleichwohl besonders problema-tisch, die Arbeitslosenquote für Geringqualifizierte bewegt sich erheblichüber dem Niveau in den Vergleichsstaaten. Darin kommt die besondereDimension der Arbeitslosigkeit Ungelernter in Deutschland zum Ausdruck.

54

Tabelle 4: A

nteil an allen Arbeitslosen nach B

erufsausbildung 1997

West

Ost

Ungelernt

45,7

21,1

Gelernt

43,467,2

Fachschule

5,37

,2

Fachhochschule

Universität

5,64,6

Quelle: B

undesanstalt für A

rbeit, IZ

A-B

erechnungen, Angaben in Prozent.

55

0 2 4 6 8 10

12

14

Arbeitslosenquoten in Prozent

De

utschland

US

AN

euse

ela

ndN

iede

rlande

Schw

ede

n

Abbildung 7:

Standardisierte A

rbeitslosenquoten nachQ

ualifikation1995

Ung

ele

rntG

ele

rntF

achho

chschuleU

niversität

Ge

sam

t

Quelle: O

EC

D, IZ

A-B

erechnungen.

56

Abbildung 8: Standardisierte Arbeitslosenquoten nach Qualifikation für15-19jährige 1996

Eine Differenzierung der Arbeitslosenquoten nach Qualifikation und Alterergibt ein verändertes Bild. In der Altersstufe der 15-19jährigen rangiert dieArbeitslosenquote der ungelernten Arbeitskräfte in Deutschland bemerkens-werterweise unter derjenigen der Gelernten, die wiederum ebenfalls unterder durchschnittlichen Arbeitslosenquote für alle Qualifikationsstufen liegt.Damit schneidet Deutschland im internationalen Vergleich dieserAltersgruppe sehr gut ab. Die Arbeitslosenquote aller 15-19jährigen liegtunterhalb der durchschnittlichen Arbeitslosenquote für alle Altersstufen,während sich in allen anderen betrachteten Ländern die Arbeitslosenquotendieser Altersstufe nicht nur auf wesentlich höherem Niveau bewegen, son-dern auch deutlich über dem dortigen Durchschnitt aller Altersstufen.

Abbildung 9: Standardisierte Arbeitslosenquoten nach Qualifikation für20-24jährige 1996

Demgegenüber zeigt sich für die Altersgruppe der 20-24jährigen fürDeutschland wieder das gewohnte Bild: Die ungelernten Arbeitskräfte sindmit 15 Prozent weit überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen. DieGesamtarbeitslosenquote dieser Altersgruppe liegt über dem Durchschnittaller Altersstufen. Ähnliches gilt für die Vergleichsländer.

Abbildung 10: Standardisierte Arbeitslosenquoten nach Qualifikation für25-29jährige 1996

Nicht anders sieht es für die Altersgruppe der 25-29jährigen aus, hier sindsogar mehr als 17 Prozent der Ungelernten in Deutschland arbeitslos. Damitliegt die Arbeitslosenquote für diese Qualifikationsstufe annähernd doppeltso hoch wie die durchschnittliche Arbeitslosigkeit aller ungelerntenErwerbspersonen. Die vergleichsweise geringe Arbeitslosigkeit besserQualifizierter sorgt dafür, daß sich die durchschnittliche Arbeitslosenquotedieser Altersgruppe in Deutschland dennoch knapp unter der durchschnitt-lichen Arbeitslosigkeit aller Altersstufen bewegt.

57

0 5 10

15

20

25

Arbeitslosenquoten in Prozent

De

utschland

US

AN

euse

ela

ndN

iede

rlande

Schw

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n

Abbildung 8: S

tandardisierte Arbeitslosenquoten nach

Qualifikation für 15-19jährige 1996

Quelle: O

EC

D, IZ

A-B

erechnungen.

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rnt: 15

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58

0 5 10

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Arbeitslosenquoten in Prozent

De

utschland

US

AN

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Schw

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Abbildung 9:

Standardisierte A

rbeitslosenquoten nachQ

ualifikation für 20-24jährige 1996

Quelle: O

EC

D, IZ

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Jahre

Ge

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t: 20

-24

Jahre

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t: Alle

Alte

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59

0 5 10

15

20

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Arbeitslosenquoten in Prozent

De

utschland

US

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Schw

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n

Abbildung 10:

Standardisierte A

rbeitslosenquoten nachQ

ualifikation für 25-29jährige 1996

Quelle: O

EC

D, IZ

A-B

erechnungen.

Ung

ele

rnt: 25

-29

Jahre

Unive

rsität: 2

5-2

9 Ja

hreG

ele

rnt: 25

-29

Jahre

Ge

sam

t: 25

-29

Jahre

Fa

chhochschule

: 25

-29

Jahre

Ge

sam

t: Alle

Alte

rsstufen

60

Abbildung 11: Standardisierte Arbeitslosenquoten nach Qualifikation für30-44jährige 1996

Das Gesamtbild in bezug auf die Arbeitslosigkeit für die Altersgruppe der30-44jährigen unterscheidet sich kaum von der Situation für die 25-29jähri-gen. Lediglich die Arbeitslosenquote der Ungelernten geht in dieserAltersstufe wieder um etwa 3 Prozentpunkte auf weniger als 14 Prozentzurück. Für die Vergleichsstaaten stellt sich die Arbeitsmarktlage der30-44jährigen sehr ähnlich dar.

Abbildung 12: Standardisierte Arbeitslosenquoten nach Qualifikation für25-64jährige 1996

Aus der jeweils sehr verwandten Struktur der Arbeitslosigkeit aller betrach-teten Altersstufen mit Ausnahme der unter 19jährigen ergibt sich in derZusammenschau wiederum das Resultat, daß die Arbeitslosenquote derungelernten Arbeitskräfte weitaus höher liegt als die durchschnittlichenArbeitslosenraten sowohl der Altersgruppe der 25-64jährigen als auch derErwerbspersonen insgesamt. Dabei hebt sich die für alle über 24jährigenfeststellbare hohe Arbeitslosigkeit Ungelernter negativ von den niedrigerenArbeitslosenquoten für Ungelernte in den Vergleichsstaaten ab.

Abbildung 13: Standardisierte Arbeitslosenquoten nach Qualifikation,Altersgruppen und Geschlecht für Deutschland 1996

Die Unterscheidung der Arbeitslosenquoten für Männer und Frauen zeigteine durchweg stärkere Arbeitslosigkeit von Männern ohne beruflicheQualifikation; nur in der Altersstufe der 15-19jährigen liegen sie mit unge-lernten Frauen gleichauf. Mit zunehmendem Alter stellt sich bei Frauen inhöheren Qualifikationsstufen eine stärkere Arbeitslosigkeit als bei Männernein. Bei den über 30jährigen liegt die Gesamtarbeitslosigkeit von Frauenüber alle Alters- und Qualifikationsstufen hinweg deutlich über derjenigenmännlicher Erwerbspersonen.

61

0 2 4 6 8 10 12 14

Arbeitslosenquoten in Prozent

Deutschland

US

AN

iederlandeS

chweden

U

Abbildung 11:

Standardisierte A

rbeitslosenquoten nachQ

ualifikation für 30-44jährige 1996

Quelle: O

EC

D, IZ

A-B

erechnungen.

Ungelernt

Gelernt

Fachhochschule

niversitätG

esamt: 30-44 Jahre

Gesam t: A

lle Altersstufen

62

0 2 4 6 8 10 12 14 16

Arbeitslosenquoten in Prozent

Deutschland

US

AN

iederlandeS

chweden

Un

Abbildung 12:

Standardisierte A

rbeitslosenquoten nachQ

ualifikation für 25-64jährige 1996

Quelle: O

EC

D, IZ

A-B

erechnungen.

Ungelernt

Gelernt

Fachhochschule

iversitätG

esamt: 25-64 Jahre

Gesam

t: Alle A

ltersstufen

63

Abbildung 13:

Standardisierte A

rbeitslosenquoten nach Qualifikation,

Altersgruppen und G

eschlecht für Deutschland 1996

15-19 Jahre20-24 Jahre

25-64 Jahre30-44 Jahre

25-29 Jahre

Quelle: O

EC

D, IZ

A-B

erechnungen.

201612

8 4 0

Ungelernt: M

änner

Universität: M

änner

Gelernt: F

rauen

Ungelernt: F

rauen

Gesam

t: Frauen

Fachhochschule: M

änner

Gesam

t: Männer

Gelernt: M

änner

Fachhochschule:

Universität: F

rauen

64

3.7 Langzeitarbeitslosigkeit

Tabelle 5:Anteil an allen Langzeitarbeitslosen nach demographischen Merkmalen 1997

Mehr als ein Drittel aller Arbeitslosen in Deutschland ist länger als 12Monate ohne Erwerbsarbeit und zählt damit zur Gruppe derLangzeitarbeitslosen. Männer sind von ihr häufiger betroffen. Der Anteilausländischer Langzeitarbeitsloser liegt zwar deutlich über ihrem Anteil anden Beschäftigten, gemessen an der überaus hohen Ausländerarbeitslosig-keit von rund 20 Prozent jedoch bemerkenswert niedrig. Hierin drückt sichdie hohe räumliche Mobilität und Bereitschaft zu Übernahme unattrakti-verArbeit aus.

Tabelle 6: Anteil an allen Langzeitarbeitslosen nach Berufsausbildung 1997

Jeder zweite Langzeitarbeitslose verfügt über keine abgeschlosseneBerufsausbildung. Das muß auch deshalb als besonders problematisch ange-sehen werden, weil Ungelernte einen wesentlich kleineren Anteil an allenArbeitskräften ausmachen.

Die Wichtigkeit von Maßnahmen, die auf eine verbesserte beruflicheQualifikation von Langzeitarbeitslosen zielen, wird hieraus unmittelbaroffensichtlich.

Tabelle 7: Anteil an allen Langzeitarbeitslosen nach Altersgruppen 1997

Dies wird durch den Umstand, daß allein die Altersgruppe der 55-60jährigenein Drittel der Langzeitarbeitslosen stellt, nicht in Zweifel gezogen, dennauch die Gruppe der für Qualifizierungsmaßnahmen besonders zugänglichen30-45jährigen nimmt mit knapp 30 Prozent einen ähnlich großen Umfang an.Erwartungsgemäß sind nur wenige unter 30jährige länger als 12 Monatearbeitslos.

65

Westdeutschland

Männer

55,0

Frauen44,5

Deutsche

85,3

Ausländer

14,7

Anteil der L

angzeitarbeitslosenan allen A

rbeitslosen36,1

Tabelle 5: A

nteil an allen Langzeitarb

eitslosen nach dem

ographischen Merkm

alen 1997

Quelle: B

undesanstalt für A

rbeit, IZA

-Berechnungen, A

ngaben in Prozent.

66

Westdeutschland

Ohne abgeschlossene

Berufsausbildung

48,2

Mit abgeschlossen

erB

erufsausbildung5

1,8

Facharbeiter20,3

Nichtfacharbeiter

43,3

Angestellte m

itgehobener T

ätigkeit21,4

Angestellte m

it einfacher

Tätigkeit

15,0

Tabelle 6: A

nteil an allen Langzeitarb

eitslosen nach Berufsausbildung 1997

Quelle: B

undesanstalt für Arbeit, IZ

A-B

erechnungen, Angaben in Prozent.

67

Westdeutschland

Unter 25

Jahre3,0

25−30 Ja

hre5,9

30−35 Ja

hre9,2

35−40 Jahre

10,2

40−45 Ja

hre9,9

45−50 Jahre

10,9

50−55

Jahre

12,7

55−60 Ja

hre3

3,2

60−65 Ja

hre4,9

Tabelle 7: A

nteil an allen Langzeitarb

eitslosen nach Altersgruppen 1997

Quelle: B

undesanstalt für A

rbeit, IZA

-Berechnungen, A

ngaben in Prozent.

68

3.8 Gesundheit und Arbeitslosigkeit

Tabelle 8: Anteil an allen Arbeitslosen mit gesundheitlichen Einschrän-kungen nach Berufsausbildung 1997

Insgesamt weist ein Viertel aller Arbeitslosen eine gesundheitlicheEinschränkung auf. Seine besondere Bedeutung erhält dieser Umstand durchden häufigen Zusammenfall von fehlender Qualifikation und gesundheit-licher Beeinträchtigung. Über die Hälfte aller Arbeitslosen mit solchenEinschränkungen verfügt über keine Berufsausbildung und muß deshalb alssehr schwer vermittelbar gelten.

Tabelle 9: Anteil an allen Arbeitslosen mit gesundheitlichen Einschrän-kungen nach Altersgruppen 1997

Wie bei den Langzeitarbeitslosen ergibt sich auch für Arbeitslose mitgesundheitlichen Einschränkungen bei einer Differenzierung nachAltersgruppen, daß die 55-60jährigen ein Drittel der Arbeitslosen stellen.Eine besonders dramatische Situation entsteht, wenn sich bestimmteMerkmale akkumulieren. So ist fast die Hälfte aller Arbeitslosen mit gesund-heitlichen Einschränkungen langzeitarbeitslos.

69

Westdeutschland

Mit B

erufsausbildung47 ,0

Ohne B

erufsausbildung

53,0

Facharbeiter27,4

Nichtfacharbeiter

44,4

Angestellte m

it gehobenerT

ätigkeit15,5

Angestellte m

it einfacher Tätigkeit

12,7

Anteil der A

rbeitslosen mit

gesundheitlichen Einschränkun

genan allen A

rbeitslosen

25,3

Quelle: B

undesanstalt für Arbeit, IZ

A-B

erechnungen, Angaben in Prozent.

Tabelle 8: A

nteil an allen Arb

eitslosen mit gesundheitlichen

Einschränkungen nach Berufsausbildung 1997

70

Altersgruppe

Westdeutschland

Unter 25

Jahre4 ,0

25−45

Jahre

32,7

45−50 Jahre

11,6

50−55

Jahre

14,4

55−60 Ja

hre32,2

60−65 Ja

hre5,1

Anteil der L

angzeitarbeitslosen

an allen Arbeitslo

sen mit

gesundheitlichenE

inschränkungen

48,3

Tabelle 9: A

nteil an allen Arbeitslosen m

it gesundheitlichen Einschränkungen nach A

ltersgruppen 1997

Quelle: B

undesanstalt für A

rbeit, IZA

-Berechnungen, A

ngaben in Prozent.

71

II. Prognosen zur Entwicklung von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit bis 2010

1. Erkennbare Trends

Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit wird durch eine Vielzahl gleichzeitigerTrends in den kommenden Jahren geprägt sein. Dabei ist grundsätzlichdavon auszugehen, daß es bis auf weiteres zu keiner spürbaren Entlastungdes Arbeitsmarktes kommen wird. Zwar dürfte es zu einer gewissenGewichtsverlagerung zwischen offener und verdeckter Arbeitslosigkeit(geringfügige Beschäftigung, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Weiterbil-dung etc.) sowie der Stillen Reserve (dem Arbeitsmarkt grundsätzlich zurVerfügung stehendes, derzeit jedoch am Erwerbsprozeß nicht teilnehmendesPotential) kommen, die im wesentlichen aus einer wachsenden Bandbreiteflexibler Beschäftigung resultiert. Im Perspektivzeitraum bis zum Jahr 2010sprechen jedoch alle Indizien für eine Gesamtarbeitslosigkeit, die das gegen-wärtige Niveau nur wenig unterschreitet. Zwar sind aufgrund des demogra-phischen Wandels leichte Entlastungen zu erwarten. Andererseits wird sich -solange keine neuen Politikakzente gesetzt werden - der weltweite Druck aufdie unqualifizierte Arbeit fortsetzen.

1.1 Standort im Wettbewerb

Die auf die (Arbeitsmarkt-)Politik zukommenden Aufgaben werden anBedeutung weiter wachsen. Im Rahmen der Europäischen Währungsunionwird nationale Politik verstärkt in Koordinierungsmuster gezwängt werden.Die erhöhte Transparenz und Vergleichbarkeit von Kostenfaktoren undLöhnen wird massive Anforderungen an Arbeitsmarktflexibilität undTarifpolitik stellen, da das bisher gängige Korrekturinstrumentarium derWechselkursanpassung entfällt. Dies erfordert von Politik und Tarifparteiengemeinsame Anstrengungen insbesondere im Hinblick auf eine moderateLohnentwicklung, die sich an der Arbeitsproduktivität orientieren muß, willsie nicht unmittelbar offensichtliche Wettbewerbsnachteile in derEuropäischen Währungsunion, entsprechend ausbleibende Investitionsent-scheidungen und somit negative Beschäftigungseffekte hervorrufen. DerDruck auf die Preise und damit auch auf das Ausmaß von Lohnsteigerungenwird unvermeidlich wachsen. Umgekehrt setzt die Währungsunion eine neueökonomische Dynamik frei, die die Risiken prinzipiell mehr als nur auszu-gleichen in der Lage sein dürfte.

72

Auch die anstehende EU-Osterweiterung birgt Chancen und Risiken.Unabhängig von den zu vereinbarenden Übergangsfristen etwa hinsichtlichder Freizügigkeit wird die Erweiterung den Handlungsdruck in bezug aufstrukturelle Reformen des deutschen Arbeitsmarktes noch erhöhen.Zweifellos werden die Transformationswirtschaften der Beitrittsländer imnächsten Jahrzehnt aufgrund ihres EU-Beitritts mit erhöhtenWachstumsraten rechnen können und den Wettbewerb innerhalb derGemeinschaft weiter intensivieren. Dem stehen neue Chancen fürSynergieeffekte durch eine sinnvolle Arbeitsteilung sowie mittelfristig kon-krete Beschäftigungschancen auch für deutsche Arbeitnehmer in den mittel-und osteuropäischen EU-Ländern gegenüber.

Diese Entwicklungen sind letztlich nichts anderes als eine europäischeSpielart der Globalisierung. Unternehmen erwerben zusehends größereFreiheiten bei Standort- und Investitionsentscheidungen und können auf-grund der virtuellen technischen Möglichkeiten weitaus mobiler als bisherwirtschaften. Das zwingt die Politik, sich verstärkt auf die Gestaltung attrak-tiver Standortfaktoren zu konzentrieren. Entbürokratisierung, Unterneh-menssteuerreform, Ausbau der Qualifikationsvorteile, Konzentration auf denZukunftssektor von Wissen, Forschung und Entwicklung sowie Realisierungvon Innovationen lauten einige der für Deutschland hier relevantenStichworte. Allerdings wird es immer weniger vorhersagbar sein, welchesdie idealen Standortfaktoren sind und bleiben werden, je vernetzterProduktion, Informationsverarbeitung und Wissensmehrung stattfinden, jerascher ganze Wirtschaftszweige verschwinden und neu entstehen. Erst rechtwird sich die Notwendigkeit, unproduktive, aber mit immensem Aufwandsubventionierte Wirtschaftsbereiche (Bergbau, Schiffbau, verarbeitendeIndustrie) stillzulegen, gegebenenfalls ins Ausland zu verlagern und imInland durch chancenreichere Produktion im Technologie- und Dienst-leistungssektor zu ersetzen, nachdrücklicher denn je stellen. Parallel wirdsich die Tendenz zu Unternehmenskonzentrationen fortsetzen, neueAbhängigkeiten der Zulieferindustrie schaffen, aber auch der mittelständi-schen Wirtschaft Spielraum für innovationsträchtige Produktion geben.

Für die Sozialpolitik kann all dies nicht ohne Folgen bleiben. Die unaus-weichliche Arbeitsmarktflexibilisierung wird die heute ohnehin schonerschütterte Arbeitsplatzsicherheit für immer weitere Teile der Beschäftigtenzurückgehen lassen, zugleich aber Beschäftigungschancen für Berufsein-steiger und Arbeitslose bieten. Phasen der Beschäftigung und der – positiv zunutzenden – Erwerbslosigkeit werden sich abwechseln. Für dieAltersvorsorge bedeutet dies eine immense Herausforderung, die noch

73

dadurch verschärft wird, daß Lohnspreizung und ein wachsendes Ausmaßvon Teilzeit- und geringfügiger Beschäftigung die Anwartschaften innerhalbdes Generationenvertrages - bei gleichzeitiger Versorgungspflicht füraus dem Vollzeit-Erwerbsleben ausscheidende Arbeitnehmer - schrumpfenlassen. Neue Formen der Vorsorge und der Absicherung von Gering-verdienenden müssen gefunden werden, um mit dieser Entwicklung Schrittzu halten. Gesellschaftlicher Lebensstandard und Ausmaß derArbeitslosigkeit werden davon abhängen, ob es gelingt, flexibel und dennochsozial gerecht auf die neuen, sich dynamisierenden Anforderungen zu rea-gieren.

1.2 Demographischer Wandel

Die Entwicklung der Altersstruktur der Bevölkerung hat erheblichen Einflußauf die Beschäftigungsperspektiven. Längst steht fest, daß sich derAltersaufbau substantiell zugunsten der älteren und alten Menschen ver-schieben wird. Diese Veränderung wird sich beschleunigt nach dem Jahr2010 einstellen, da dann die besonders geburtenstarken Jahrgänge der sech-ziger Jahre zu den Älteren gehören werden. Sukzessive wird dann nicht nurdie Bevölkerungszahl, sondern entsprechend auch die Zahl derErwerbspersonen zurückgehen, ohne daß dieser Trend freilich in vollemUmfang an den Arbeitsmarkt weitergegeben werden und die Arbeitslosigkeitzum Verschwinden bringen könnte. Dem werden der Produktivitäts- undRationalisierungsfortschritt, aber auch die weiterhin global wirkendenTrends zuungunsten der Ungelernten entgegenstehen.

Schon bis zum Jahr 2010 wird der demographische Wandel spürbareKonsequenzen für den Arbeitsmarkt haben. Die genaue Entwicklung desErwerbspersonenpotentials hängt dabei auch von der steigenden oderzurückgehenden Erwerbsbeteiligungstendenz von Frauen und Männern ab,ebenso vom zukünftigen Renteneintrittsalter und der Neigung der StillenReserve, auf dem Arbeitsmarkt aktiv zu werden. Die Erwerbsbeteiligung vonFrauen wird zunächst voraussichtlich weiter wachsen, wobei das Motiv derAbsicherung des subjektiv wie objektiv unsicherer gewordenen Familien-einkommens in den Mittelpunkt treten dürfte. Die Erwerbsquote Älterer wirdnach Auslaufen von Frühverrentungsprogrammen und angesichts potentiellreduzierter Rentenerwartungen wieder steigen.

Bei einem gleichzeitigen leichten Anstieg der Erwerbspersonenzahl überden heutigen Wert von 41 Millionen wirkt sich die Alterung der Bevölkerung

unmittelbar in einem Anstieg des Durchschnittsalters der Arbeitnehmer aus.Gegenwärtig stellen beispielsweise die 20- bis 35jährigen Erwerbspersonenmit rund 15 Millionen noch ca. 36 Prozent des Erwerbspersonenpotentialsinsgesamt. Im Jahr 2010 - bis zum Jahr 2020 wird sich diese Entwicklungdann auf gleichem Niveau stabilisieren - werden es nurmehr etwa 29 Prozentoder 12 Millionen Erwerbspersonen dieses Alters sein (PROGNOS 1998).Das entspricht einem Rückgang von 20 Prozent. Demgegenüber dürfte derAnteil der 50- bis 65jährigen Erwerbspersonen von derzeit gut 21 Prozent(knapp 9 Millionen) auf 26 Prozent (11 Millionen) im Jahr 2010 und voraus-sichtlich fast 33 Prozent (13 Millionen) zehn Jahre später wachsen.

Dieser Alterungsprozeß kann durch Zuwanderung nicht aufgefangen wer-den, denn hierzu müßte sie in einem Ausmaß erfolgen, das sozial nicht mehrverkraftbar wäre. Im Gegenteil: während alle Bevölkerungsprognosen einengewissen positiven Wanderungsüberschuß einkalkulieren, spricht manches –zur Zeit fällt der Wanderungssaldo für die Migration von Ausländern negativaus, es reisen weniger Ausländer dauerhaft nach Deutschland ein als aus -eher dafür, daß dieses Maß langfristig unterschritten werden könnte. Dannaber würde die Geschwindigkeit der Alterung von Bevölkerung undErwerbspersonenpotential weiter zunehmen. Auch vor diesem Hintergrundist eine gesetzliche Steuerung der Zuwanderung anhand von Auswahlkri-terien und Höchstquoten angezeigt, mit der Bedarfslagen des Arbeitsmarktesflexibel Rechnung getragen und andere Maßnahmen zur Abfederung desdemographischen Wandels flankiert werden könnten.

Im übrigen zwingt dieser Prozeß zur Korrektur des allgemein verbreitetenBildes problembehafteter, zu wenig flexibler und leistungsfähiger ältererArbeitnehmer, aber auch zur Reaktion auf deren allgemein geringere räum-liche und berufliche Mobilität. Der berufsbegleitenden Weiterbildung wirdzwangsläufig ein neuer Stellenwert beigemessen werden müssen, da dieAlternative der Freisetzung oder Frühverrentung zugunsten jüngererArbeitnehmer immer schwerer zu realisieren sein wird. Gleichzeitig wird diebetriebliche Fortbildung angesichts der Tatsache, daß bei Zunahme unge-sicherter Beschäftigung von einer wachsenden Mitarbeiterfluktuation auszu-gehen ist, vor Kosten-Nutzen-Erwägungen stehen. Im übrigen wird unterProduktivitätsaspekten und mit Blick auf die Altersstruktur der Betriebemöglicherweise auch das vertraute Gefüge der altersmäßigen Lohnstaffelungaufgebrochen werden müssen. Gegenwärtig ist noch nicht zu erkennen, daßdie Gesellschaft sich der Bedeutung des demographischen Wandels bewußtund dementsprechend zu handeln bereit wäre.

74

75

1.3 Chancen des technischen Fortschritts

Der Zusammenhang von technischer Entwicklung und Beschäftigung ist eingeläufiges Thema der Wirtschaftsgeschichte. Stets hat sich gezeigt, daß nacheiner – unterschiedlich langen – Phase des Arbeitsplatzabbaus und derReorganisation dank neuer Produkte und Innovationen auch neueArbeitsplätze entstanden sind. Allerdings zwingt heute die enormeGeschwindigkeit des technischen Wandels zur permanenten Anpassung, sodaß diese Zusammenhänge fraglicher zu werden scheinen. Dennoch dürftedas bislang nur ansatzweise ausgeschöpfte Potential der durch die modernenWissenstechnologien gegebenen Möglichkeiten einen erheblichen Arbeits-kräftebedarf mit sich bringen.

Vernetzte Informations- und Kommunikationstechnologie ist auf demVormarsch in immer weitere Bereiche der Produktion und derDienstleistungen. Das bringt Produktivitätsvorteile hervor, die zunächst zuLasten der Beschäftigung gehen. Gleichzeitig aber werden auf diese Weiseflexiblere Umfelder für den Faktor Arbeit geschaffen, die zwar ihren Bedarfzusehends weniger in Form von Normarbeitsverhältnissen decken, dafüraber große Chancen für neue Arbeitsformen ergeben werden.

Die Koordination von Arbeitskräfteangebot und unternehmerischerNachfrage kann dann entscheidend verbessert werden, wenn es gelingt, ins-besondere die erheblichen räumlichen Mobilitätsbarrieren zu überwinden,die bislang dafür sorgen, daß etwa in benachteiligten monostrukturiertenRegionen eine Ausbildung ohne Zukunft gewählt wird, gar keine Ausbildungabsolviert werden kann oder kein Arbeitsstellenangebot vorhanden ist.Während mitunter durchaus Unternehmen die Ballungsgebiete verlassen,weil sie in ländlicherem Raum bessere Voraussetzungen für die Ansiedlungauch der Zulieferer finden und das dort zur Verfügung stehende Personaldurchweg ebenbürtig qualifiziert, aber ungleich weniger fluktuationsanfälligist, könnte in vielen Bereichen die Vernetzung räumliche Distanzen irrele-vant werden lassen. Kreative Formen der Telearbeit können einerseits durcheine verstärkte Technik-Nachfrage wiederum Arbeitsplätze schaffen, ande-rerseits selbst die Flexibilität ermöglichen, die wesentliche Voraussetzungneuer Beschäftigung ist.

Die verstärkte Ausnutzung der technischen Möglichkeiten wird sowohlArbeitsplätze aus der Firma an den jeweiligen Aufenthaltsort desArbeitnehmers verlagern als auch zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Dieswerden überwiegend Angebote sein, die vor allem befristete projektgebun-

dene Arbeit und ein hohes Maß zeitlicher Flexibilität erfordern, aber damitauch neue Perspektiven etwa für die Vereinbarung von Familie und Berufaufzeigen. Heute werden diese Möglichkeiten nur von einem Teil derUnternehmen, die von Produktion und Struktur dazu in der Lage wären, tat-sächlich genutzt. Wie schnell und wie umfassend das Gesamtpotentialbeschäftigungsschaffend eingesetzt werden wird, hängt nicht zuletzt von derAkzeptanzgeschwindigkeit bei Arbeitgebern und -nehmern ab. EineBehinderung der Ausbreitung des Neuen ist beschäftigungsschädlich.

Ebenso wichtig erscheint eine Vereinfachung der Handhabung der Technikselbst. Sollen auch Beschäftigungseffekte für geringer Qualifzierte mit ihremEinsatz verbunden sein, dann müssen Hard- und Software dem Rechnungtragen. Dies erscheint durchaus realistisch und muß vorangetrieben werden.Geringqualifzierte werden andernfalls zusehends auf den in Deutschland bis-lang unterentwickelten Bereich gering entlohnter personenbezogenerDienstleistungen angewiesen sein; erhöhte Arbeitslosigkeit aufgrund über-höhten Arbeitskräfteangebots wäre die Folge.

Für selbständige Beschäftigung bietet der technologische Fortschritt ver-besserte Chancen, etwa im Bereich der Beratung, Recherche undKommunikation. Möglicherweise werden diese Chancen auch vonAngehörigen der Stillen Reserve genutzt. Damit könnte sich dieWahrscheinlichkeit erhöhen, daß eine stärkere Nachfrage nach einfachenDienstleistungen vor allem in privaten Haushalten entsteht.

Im übrigen wird es darauf ankommen, den Anschluß Ostdeutschlands andiese chancenreiche Entwicklung zu gewährleisten. Tendenziell droht dieGefahr, daß Beschäftigungszuwächse im Beratungs-, Informations- undHochtechnologiebereich fast ausschließlich in Westdeutschland erzielt wer-den, während agrarische und industrielle Strukturen in Ostdeutschland nichtzukunftsgerecht ersetzt werden.

1.4 (Schlüssel-)Qualifikation

Der Anteil an- und ungelernter Arbeitnehmer an den Erwerbspersonen ist seitden fünfziger Jahren von nahezu 50 Prozent auf heute kaum mehr 20 Prozentstark zurückgegangen. Da sich jedoch parallel dazu die Qualifikations-anforderungen an den Faktor Arbeit sukzessive erhöht haben, ist auch das tat-sächliche Arbeitsplatzangebot für Geringqualifizierte zurückgegangen undhat eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit dieser Gruppe hervorge-

76

77

rufen (vgl. Kapitel I 2.8). Im kommenden Jahrzehnt wird der Anteil derGeringqualifizierten an den Erwerbspersonen zwar weiter zurückgehen und2010 voraussichtlich weit unter 15 Prozent liegen. Dennoch wird dies dieProblematik der hohen Arbeitslosigkeit in diesem Bereich nicht entschärfenkönnen.

Im Gegenteil: Angesichts wachsender Qualifikationsnotwendigkeiten aufdem Arbeitsmarkt steigt das heute ohnehin große Arbeitslosigkeitsrisiko dergeringer Qualifizierten in Zukunft noch weiter an. Bei einer für das Jahr 2010geschätzten Erwerbspersonenzahl von über 41 Millionen wird die Zahl deran- und ungelernten potentiellen Arbeitskräfte zwischen 4 und 6 Millionenbetragen. Gleichzeitig fallen aber die für diese Gruppe zur Verfügung ste-henden Arbeitsplätze, sofern nicht mit Maßnahmen zur Begründung einesausgeprägten Niedriglohnsektors gegengesteuert wird, mehr und mehr weg.Ihre Zahl dürfte 2010 deutlich unter der Dreimillionengrenze liegen. Diesallein macht deutlich, daß von einer reduzierten Dimension des Problems derQualifikation keine Rede sein kann. Auch die Verdrängungssituation gegen-über Höherqualifizierten dürfte sich weiterhin verschärfen.

Immer stärker in den Blickpunkt wird darüber hinaus als zusätzlicheSchwierigkeit ein Trend zur Dequalifikation treten, der aus der zunehmendenSpezialisierung von Ausbildungsinhalten resultiert. Unternehmen unterlie-gen Spezialisierungszwängen, die sie unter kurzfristigen Kosten-Nutzen-Erwägungen häufig in den Ausbildungsbereich weitertransportieren, soferndasselbe Kalkül sie nicht dazu bringt, weniger oder gar nicht auzubilden.Beides ist gleichermaßen kurzsichtig. Während die unzureichendeAusbildungsteilnahme von Unternehmen bereits einen Fachkräftemangel zuverursachen beginnt, wird mit der betriebsspezifischen Ausbildung unwei-gerlich die Einsetzbarkeit der Auszubildenden und Arbeitnehmer auf ebenjene Tätigkeiten beschränkt, ohne daß deren Zukunftsfähigkeit feststünde. Indem Maße, wie durch Strukturumschichtungen und Vernetzungen die tradi-tionellen Branchenabgrenzungen verwischen, werden auch die altenBerufsbilder unscharf. Das zwingt zur breiteren Anlage der Qualifikation,um mit dieser Entwicklung Schritt halten zu können. Heute ist festzustellen,daß immer mehr Absolventen des deutschen Ausbildungssystems auch des-halb unzureichende Arbeitsmarktaussichten besitzen, weil sie am schon vorBeginn oder doch zumindest im Verlauf der Ausbildung gewandeltenAnforderungsprofil vorbei ihre Ausbildung absolviert haben.

Für Langzeitarbeitslose bedeutet der zusehends raschere Wertverlust ein-mal erworbener Qualifikationen eine zusätzliche Benachteiligung; auch mit

viel Intensität und Hoffnung betriebene Weiterbildungsmaßnahmen könnensich in relativ kurzer Zeit als verfehlt erweisen und Dequalifikation bedeu-ten. Für die Träger der Weiterbildung bedeutet dies eine große Verantwortunghinsichtlich Beratung und Durchführung richtig gewählter Maßnahmen.

Auf dem Arbeitsmarkt werden mehr und mehr nicht ausgesprocheneSpezialisten, sondern Generalisten gefragt sein, die auf Basis einer gründ-lichen Basisausbildung die Spezialisierung erst im Unternehmen praxis-orientiert erfahren. Das Spezialwissen wird nicht nur immer schneller veral-ten, sondern seinen Anwendungszweck mitunter auch ganz einbüßen, so daßnicht einmal die Aktualisierung bleibt und auch Hochqualifizierte widerErwarten keine ihrer Qualifikation entsprechende Beschäftigungschancenmehr besitzen. Insofern mag die Investition in vor allem kurzfristig bedarfs-orientierte Ausbildung hinsichtlich der potentiellen Mitarbeiterbindung andas Unternehmen aus Firmensicht zunächst verständlich erscheinen, sie wirdaber - zu Lasten von Betrieb und Arbeitnehmer – von der Wirklichkeit"bestraft" werden und sollte deshalb durch die konsequente Förderung vonauch berufsunabhängig wichtigen Schlüsselqualifikationen abgelöst werden.Parallel dazu wird permanente Weiterbildung einen immer zentralerenStellenwert erhalten müssen und auch nur vermeintlich "sicher"Beschäftigten neue Eigeninitiative abverlangen.

2. Entwicklung von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit bis 2010

Voraussichtlich wird die Beschäftigung in den kommenden Jahren zuneh-men, ohne jedoch bereits eine Kehrtwende auf dem Arbeitsmarkt signalisie-ren zu können. Grundsätzlich werden verläßliche Prognosen durch diezunehmende weltwirtschaftliche Vernetzung, die auch regionale Einflüsseglobal wirksam werden lassen kann, erschwert. Da das Arbeitskräfteangebotinsgesamt auf hohem Niveau verharren dürfte, wird selbst eine nennenswertgroße Zahl zusätzlicher Arbeitsplätze nicht ausreichen, um einen anhalten-den, deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit zu bewirken. Bei hoherPrognoseunsicherheit schätzt das jüngste Frühjahrsgutachten der sechsgroßen deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute eine Abnahme der Zahl derArbeitslosen um 255.000 im Jahr 1999 und 270.000 im darauffolgenden Jahr,woraus sich eine Gesamtzahl von 3,6 Millionen Arbeitslosen Ende 2000ergäbe. Die Beschäftigung werde zwar im laufenden Jahr lediglich um75.000, im Jahr 2000 um 115.000 zunehmen, allerdings gehe dasErwerbspersonenpotential in beiden Jahren um insgesamt annähernd500.000 Personen zurück (negativer Wanderungssaldo, Altersstruktur, vor-zeitiger Ruhestand, Ausbildungsdauer).

78

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Langfristigere Vorhersagen kalkulieren - unter Zugrundelegung vonAnnahmen wie kontinuierlichem Wirtschaftswachstum, moderatemLohnanstieg, günstigem Investitionsklima, zunehmende Teilzeitarbeit etc. -mit einer anhaltend hohen Arbeitslosigkeit bis in das Jahr 2010 (PROGNOS1998: Arbeitslosenquote 10,4 Prozent). Dabei dürfte sich im Hinblick auf dieBedeutungszunahme von Beschäftigungen außerhalb des regulärenArbeitsmarktes und auch des Sektors ehrenamtlicher Tätigkeiten deutlicherals bisher eine Aufspaltung in offene und verdeckte Arbeitslosigkeit sowiedie Stille Reserve ergeben. Die Unterscheidung von struktureller, konjunktu-reller und Fluktuationsarbeitslosigkeit wird zusehends schwieriger.

Insgesamt überwiegen diejenigen Wirtschaftszweige, deren Arbeits-kräftebedarf in Zukunft geringer sein wird. Hierin drückt sich derStrukturwandel vom sekundären zum tertiären Sektor aus, aber auchPrivatisierungen sowie die Veränderung von Organisationseinheiten hin zuflachen Hierarchien mit potentiell geringerem Personalbedarf werden hiereine Rolle spielen. Als zu wenig flexibel erachtete Normarbeitsverhältnissewerden zügig abnehmen, Kernbelegschaften vieler Firmen werden inZukunft deutlich kleiner sein, als das heute der Fall ist. DerArbeitsplatzrückgang etwa im verarbeitenden Gewerbe und im Bausektorwird erheblich sein. Ein Großteil des von PROGNOS bis zum Jahr 2020geschätzten Arbeitsplatzverlustes in diesen Bereichen von 1,4 Millionenbzw. knapp 600.000 Stellen wird schon bis zum Jahr 2010 eintreten. Im ver-arbeitenden Gewerbe könnten dies aufgrund des durchschlagenden techni-schen Wandels und der globalen Wettbewerbssituation bis zu 900.000 Stellensein; dies entspräche einem Rückgang von über 10 Prozent seit 1997. ImBausektor könnten im gleichen Zeitraum schätzungsweise 300.000Arbeitsplätze wegfallen – ein Rückgang von knapp 20 Prozent. SpürbareArbeitsplatzverluste werden darüber hinaus in denjenigen Branchen auftre-ten, die im kommenden Jahrzehnt verstärkt dem freien Wettbewerb ausge-setzt sein werden. Das betrifft Bergbau (minus 100.000 Stellen bis 2020, ca.70.000 bis 2010 = Rückgang um rund 50 Prozent) und Landwirtschaft(minus 500.000 Stellen bis 2020, ca. 350.000 bis 2010 = Rückgang um über35 Prozent) angesichts auslaufender bzw. reduzierter Subventionen, gilt ver-mutlich aber auch für die Eisenbahnen (minus 140.000 Stellen bis 2020, ca.80.000 bis 2010 = Rückgang um knapp 30 Prozent).

Rationalisierungen stehen parallel dazu im Dienstleistungsbereich bevor,so etwa im Bank- und Kreditgewerbe oder in der Nachrichtenübermittlung,aus denen weitere Arbeitsplatzverluste resultieren werden. Auch hier wirddie Nachfrage nach technisch standardisierbaren Tätigkeiten zurückgehen

und der Automatisierung Platz machen, allerdings werden Höherqualifizierteaus diesen Branchen im expandierenden Dienstleistungssektor vergleichs-weise leicht eine neue Beschäftigung finden können.

Während der Großteil des Stellenrückgangs sich relativ gleichmäßig überdas Bundesgebiet verteilen wird, betrifft vor allem das allmähliche Auslaufendes Bergbaus monostrukturierte Regionen in Nordrhein-Westfalen und imSaarland, für die diese Veränderungen ungeachtet der im Vergleich nichtdramatisch hohen Zahlen einen auch sozialen Umbruch mit sich bringenwerden. Hier wird es darauf ankommen, die durch Subventionen nochabgesicherte Zeit im Sinne der Schaffung alternativer Beschäftigungsmög-lichkeiten stärker zu nutzen.

Im Gegenzug zum verbreiteten Rückgang der Erwerbstätigenzahl wird dieBeschäftigung im weiteren Bereich der Dienstleistungen stark steigen. Dietechnisch geprägte Informationsgesellschaft wird beispielsweise dasBedürfnis nach geeigneten Beratungs-, Kommunikations- und Manage-mentangeboten wachsen lassen, steigende Freizeitanteile wie auch die geän-derte Altersstruktur werden neue Bedarfe wecken, ehemals staatlicheLeistungen werden durch Serviceangebote halböffentlicher und privaterAnbieter ersetzt werden. So könnten mehrere hunderttausend Arbeitsplätzein privaten Haushalten und Organisationen ohne Erwerbscharakter entste-hen. Gleiches gilt für das Gaststättengewerbe, das Gesundheitswesen und dieSeniorenbetreuung, den Bereich von Bildung, Wissenschaft und Kultursowie nicht zuletzt auch für die Versicherungsbranche, die mit neuenAngeboten auf neue Risiken und somit neue Nachfrage reagieren wird. Einsich diversifizierendes Angebot sonstiger – sei es personenbezogener, sei esim Technologiebereich angesiedelter – Dienstleistungen dürfte (angesichtsder bekannten Defizite der deutschen "Dienstleistungskultur" eher langfri-stig) für ein zusätzliches Arbeitsplatzangebot von rund 2,3 Millionen Stellenbis zum Jahr 2020 sorgen (PROGNOS); die Realisierung etwa der Hälfte die-ses Angebots bis 2010 erscheint durchaus möglich.

Den Annahmen liegt eine simplifizierende Salden-Mechanik zugrunde. InWirklichkeit wird eine Arbeitskräftebewegung in weit höherem Ausmaß ein-treten. Die natürliche jährliche Fluktuation wird bei einem nur zehnprozenti-gen Arbeitsplatzverlust eines Wirtschaftszweiges innerhalb eines Jahrzehntsdafür sorgen, daß das Gesamtpersonal einmal komplett ausgetauscht wird.Das macht die Dynamik und Dimension des Strukturwandels offensichtlich.

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Im ganzen ist nicht davon auszugehen, daß sich das Problem der hohenArbeitslosigkeit in den nächsten zehn Jahren grundlegend entschärft. Hierkommen die geschilderten strukturellen Defizite zum Tragen, die nur durchein dichtes Mosaik wirksamer Gegenmaßnahmen auf den verschiedenstenEbenen wenigstens zum Teil behoben werden können. Die kürzlich vonPROGNOS vorgelegte Schätzung geht für das Jahr 2020 von einerArbeitslosenzahl von 3 Millionen aus, nimmt allerdings einen Rückgang aufdieses Niveau erst nach 2010 an. Erst dann wird der demographische Wandelseine arbeitsmarktentlastende Wirkung entfalten. Im übrigen wird sich bisdahin die schon heute festzustellende leichte Erhöhung des Potentials derStillen Reserve weiter fortgesetzt haben, so daß unter Zugrundelegunggleicher Maßstäbe die Arbeitslosigkeit noch etwas höher ausfallen würde.Der Anteil der Langzeitarbeitslosen wird dabei über das heute erreichte hoheMaß von rund 36 Prozent hinaus weiter ansteigen.

Bis zum Jahr 2010 wird sich die Entwicklung der Arbeitslosigkeit - daauch der Beschäftigungsabbau und -gewinn zyklisch verlaufen dürfte - vor-aussichtlich in Wellen vollziehen, die durchaus eine allmähliche Reduktionbewirken können. Ein deutlicher und vor allem kontinuierlicher Rückgangwäre jedoch nur dann wahrscheinlich, wenn einschneidende arbeitsmarkt-und sozialpolitische Schritte eingeleitet würden.

III. Möglichkeiten zum Abbau von Arbeitslosigkeit

Die Arbeitslosigkeit nimmt auf der Agenda von Politik und gesellschaft-lichen Entscheidungsträgern seit geraumer Zeit einen ersten Platz ein. Dashat jedoch noch nicht dazu geführt, daß die Arbeitsmarktpolitik einen imKonsens oder aber nach Ende eines Konfliktes gewirkten "roten Faden" hätteerkennbar werden lassen. Vielmehr befindet sie sich unverändert in einerExperimentierphase, deren Ende derzeit nicht absehbar ist. Die Politik selbstkann dafür nicht allein verantwortlich gemacht werden; auf sie kommt ver-stärkt die Rolle des "ehrlichen Maklers" zwischen Interessen zu, die unge-achtet des Problemdruckes noch nicht zueinander gefunden haben.Gleichzeitig verstärkt sich damit der Eindruck, daß die vor Ort Handelndenden Anstrengungen der Politik in mancher Hinsicht weit voraus sind. So sindetwa unterschiedlichste Initiativen auf Firmenebene bemüht, den gesetz-lichen Spielraum zu arbeitsplatzsichernden oder –schaffenden Maßnahmenzu nutzen. Nichtstaatliche Stellen widmen sich in Initiativen mit stark appel-latorischem Charakter der Vermittlung von Lehrstellen oder Langzeit-arbeitslosen. Private Arbeitsvermittlungsdienste – inzwischen zugelassen –ergänzen die Vermittlungsleistungen der Bundesanstalt für Arbeit.Arbeitsämter wiederum nutzen ihren gestalterischen Freiraum zu lokalenoder regionalen Initiativen.

1. Regionalisierung der Arbeitsmärkte vorantreiben

Insgesamt wird ein Trend zur Regionalisierung der Arbeitsmarktsteuerungsichtbar, der sich intensiviert fortsetzen muß. Zentrale Vermittlungs-bemühungen können den immer differenzierteren Angebot-Nachfrage-Relationen auf dem Arbeitsmarkt kaum mehr gerecht werden. Bemühungenum adäquate Lösungen werden deshalb mehr und mehr auf den kürzeren,weniger anonymen Verfahrensweg angewiesen sein, um Mismatch-Situationen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu reduzieren. Das setztfreilich voraus, daß entsprechende Verantwortungsstrukturen geschaffenwerden, die Abschied nehmen von der Alleinzuständigkeit zentraler Stellenund Entscheidungsbefugnisse konsequent dorthin delegieren, wo sie amsinnvollsten umgesetzt werden können. Vor allem die Dezentralisierung derVermittlungsleistungen der Bundesanstalt für Arbeit sollte beschleunigt fort-gesetzt werden. Arbeitsämter sollten sich als "Informationsbörsen vor Ort"begreifen und eine ausgeprägte Kundenorientierung mitbringen. Dort, woder regionale oder lokale Ansatz konsequent vorangetrieben wird, zeigensich Erfolge. So ist etwa die Beschäftigungsinitiative des LandkreisesOsnabrück, die vor allem Sozialhilfeempfänger durch gezielte Betreuung

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wieder in Arbeit bringen will, ein positives Beispiel. Die Zulassung privaterArbeitsvermittlungen im Jahr 1994 hat ohne Zweifel die Service-Orientierung auch der staatlichen Ämter beeinflußt. Ein intensivierterWettbewerb in diesem Bereich liegt im Interesse der Arbeitsuchenden.

Wichtige Voraussetzung für einen regionalisierten Ansatz ist nicht zuletzteine entsprechende Transparenz des Arbeitsmarktes, die eine rasche Ortungund Zuweisung freier Stellen oder aber Arbeitsuchender ermöglicht. Dazubedarf es der Einbindung von Arbeitgebern und Arbeitsuchenden sowie dessystematischen Ausbaus der statistischen Erhebungen, die teilweise nochlückenhaft sind. Der technische Fortschritt erlaubt hier unter Wahrung daten-schutzrechtlicher Vorschriften wesentliche Verbesserungen, die denInformationsfluß rascher und zielgenauer werden lassen dürften. Dies könn-te nicht zuletzt die Mobilität von Arbeitsuchenden günstig beeinflussen. Aberauch die Anforderungen an Qualifikation und Motivation der hauptberuflichfür die Arbeitsvermittlung Zuständigen werden notwendigerweise steigen.Dies muß bei Weiterbildung, Eigenverantwortlichkeit und Schaffung einerstärkeren Serviceorientierung berücksichtigt werden.

2. Neue Wege in Steuerpolitik und Arbeitsförderung

Die Bilanz der bisherigen arbeitsmarktpolitischen Bemühungen fällt zwei-schneidig aus. So hat etwa das Konzept der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmenin den neuen Bundesländern insgesamt zwar erhebliche Aufwendungen ver-ursacht, gemessen daran jedoch nur bedingte Erfolge vorzuweisen.Allerdings hat die Arbeitsmarktpolitik hier angesichts der vereinigungsbe-dingt überaus hohen Arbeitslosigkeit neben ökonomischen auch sozialeBelange berücksichtigen müssen. Zu fragen bleibt freilich, ob die ABM-Politik im bisherigen Umfang fortgeführt werden sollte. Empirische Befundesprechen eher dafür, andere arbeitsmarktpolitische Schwerpunkte zu setzen.Offenkundig sind auch die Versäumnisse in der Finanz- und Steuerpolitik,die als tendenziell mitverursachend für die negative Beschäftigungsentwick-lung anzusehen sind. Nur eine deutliche Entlastung von Unternehmen undBeschäftigten wird mittelfristig einen positiven Beschäftigungseffekt erzie-len können.

Die positiven Effekte einer allgemeinen Senkung der Steuerlast sind unbe-stritten, sofern damit die Bereitschaft zu Ausgabenkürzungen einhergeht.Längerfristig wird nur eine Abkehr vom Prinzip der Besteuerung derProduktionsfaktoren weiterhelfen. Anstelle der direkten Einkommen-besteuerung sollte die staatliche Einnahmenerzielung primär über indirekte

Steuern erfolgen. Differenzierte Verbrauchssteuern und direkte Transferskönnen auch der Forderung nach sozialer Gerechtigkeit besser entgegen-kommen als das bisherige System der Steuerprogression.

Eine solche Reform der Besteuerung fördert bei qualifiziertenArbeitnehmern Humankapitalbildung und Leistungsbereitschaft sowie imNiedriglohnbereich die Rückkehr aus der Schattenwirtschaft. Im übrigensollte Arbeit auch nicht durch Sozialversicherungsbeiträge indirekt "besteu-ert" werden; die Versicherungspflicht sollte an Personen und nicht mehr anbestimmten Beschäftigungsverhältnissen festgemacht werden. Außer Fragesteht, daß die Sozialabgaben reduziert werden müssen, was wiederum ohneLeistungseinschränkungen nicht möglich sein wird.

Das jüngste milliardenschwere Sofortprogramm der Bundesregierung fürarbeitslose Jugendliche kann durchaus auf erste Erfolge verweisen; im gan-zen jedoch belegt es weniger die Sinnfälligkeit solcher Investitionen als viel-mehr eine grundlegende Problematik der Arbeitsmarktförderung, die mit deroben erwähnten Regionalisierung der Strukturen noch am ehesten aufgefan-gen werden kann. Offenkundig ist die wesentliche Ursache der hohenAkzeptanz des Programmes in der gezielten Ansprache potentiellerTeilnehmer im Zusammenspiel von Arbeitsämtern, Berufsschulen, Sozial-und Jugendämtern sowie Einrichtungen der Familienhilfe zu sehen. Ausanderen Lebensbereichen bekannte Serviceangebote wie etwa Telefon-Hotlines oder auch persönliche Anschreiben haben ohne Frage ein Übrigesgetan, das Interesse an dieser Initiative zu fördern. Dies deutet einerseits aufInformationsdefizite hin, die ansonsten negativ in Erscheinung treten, es läßtandererseits aber auch eine in mancher Hinsicht mangelnde Bereitschaft zurEigeninitiative vermuten, die das Programm anscheinend ausgleichen konn-te. Hinzu kommt der von den Arbeitsämtern betriebene zusätzlicheKoordinierungsaufwand, der beispielsweise auch Doppelbewerbungen aus-schließen konnte, die üblicherweise oft Grund für kurzfristig freiwerdende,kaum rechtzeitig noch zu besetzende Lehrstellen sind.

Der vielfach eingeforderte "Kombilohn" ist bislang noch nicht in ein prak-tikables Modell umgesetzt worden. Auf den ersten Blick erscheint derAnsatz, Löhne befristet aus staatlichen Mitteln zu bezuschussen oder dieSozialabgaben zu subventionieren, um auf diese Weise den Unternehmeneinen Einstellungsanreiz zu geben, Arbeitslose in Arbeit zu bringen undKosten für die Finanzierung von Arbeitslosigkeit einzusparen, durchaussinnvoll. Freilich stellt sich die Frage nach der genauen Abgrenzung des rele-vanten Personenkreises, der Verhinderung von Mitnahmeeffekten durch die

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Unternehmen, von Verdrängungseffekten auf dem Arbeitsmarkt selbst, derAnreizwirkung auf die Stille Reserve sowie der sinnvoll arbeitsmarktbezo-genen Verwendung der eingesparten Mittel. Das Modell setzt implizit dieEinführung eines gesetzlichen Mindestlohns voraus und dürfte eine schwerzu kontrollierende Eigendynamik entfalten, die darin gipfeln könnte, daßbeide Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – gemeinsam den Nachweisgeringer Arbeitsproduktivität zu führen bemüht sind, um eine Lohnsub-vention zum beiderseitigen Vorteil erhalten zu können. Das wäre falscheAnreizpolitik.

Letztlich erscheint ein Kombilohn-Modell nur dann im Sinne einer zeit-lich limitierten Maßnahme überlegenswert, wenn es verknüpft würde mit derSchaffung eines expliziten Niedriglohnsektors. Das "Bündnis für Arbeit"wird, will es seiner Aufgabe gerecht werden, der Frage nachzugehen haben,durch welche konkreten Schritte die Förderung eines solchenNiedriglohnsektors gelingen kann, der Arbeitslosen aufgrund einer größerenLohnspreizung bessere Chancen auf Wiedereingliederung in den Erwerbs-prozeß bietet. Geringqualifizierte Arbeitslose sind auf solcheBeschäftigungsmöglichkeiten unmittelbar angewiesen. Der "Kombilohn"oder ähnliche Konzepte könnten allenfalls hier ein per Modellprojekt erpro-benswertes Instrument darstellen, Niedriglöhne oder aber die auf sie zu ent-richtenden Sozialabgaben befristet zu bezuschussen. Das heute in vielerleiHinsicht verletzte Lohnabstandsgebot muß dabei naturgemäß wieder in vol-lem Umfang zur Geltung kommen. Allerdings wäre auch in diesem Fall nichtauszuschließen, daß sich die Tarifpartner damit aus ihrer eigenenVerantwortung begeben könnten, für Beschäftigung zu sorgen, und daß sichdie Zahl der Subventionsempfänger schleichend ausweitete. Die Realisie-rungschancen solcher Modelle hängen somit auch davon ab, ob diesen nahe-liegenden Tendenzen wirksam entgegengewirkt werden kann.

Neue rechtliche Instrumente der Arbeitsförderung bestehen seit 1997 undhaben sich im wesentlichen bewährt. Sie sehen unter anderem für neueUnternehmen Einstellungszuschüsse für zusätzliche Mitarbeiter vor und bie-ten die Möglichkeit, in Form von kurzfristigen ProbebeschäftigungenPerspektiven einer regulären Beschäftigung auszuloten. Eingliederungs-zuschüsse können Betriebe für die Dauer der Einarbeitungsphase zuvorarbeitsloser neuer Mitarbeiter erhalten. Darüber hinaus sind im Rahmen vonStrukturanpassungsmaßnahmen Lohnkostenzuschüsse für ostdeutscheWirtschaftsunternehmen möglich. Nach rund 250.000 Personen im Jahr 1997haben 1998 knapp 500.000 Personen auf dieser Grundlage in eine reguläreBeschäftigung hineingefunden. Das zeigt die durchaus vorhandeneKreativität bei der Erprobung neuer Wege der Arbeitsförderung. Dem steht

gleichwohl die mißbräuchliche Kreativität mancher Unternehmen undArbeitnehmer gegenüber, die auch hier zu Mitnahmeeffekten geführt habendürfte.

Mit einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen – von Jobbörsen über Arbeit-Call-Center und eine systematisierte Ansprache von Unternehmen durch dieArbeitsämter bis hin zu Zeitarbeitsvermittlungen – tragen darüber hinaus dieeinzelnen Bundesländer der gestiegenen Notwendigkeit Rechnung, stärkerals bisher auf unterschiedliche regionale Gegebenheiten Rücksicht zu neh-men und flexibel zu reagieren. Diesen Programmen ist durchweg zu eigen,daß sie auf tendenziell niedrigem quantitativen Niveau einen teils beacht-lichen qualitativen Fortschritt bedeuten. In ihrer Gesamtheit entkräften dieMaßnahmen den Vorwurf der Realitätsferne der Arbeitsmarktpolitik, imHinblick auf die tatsächliche Dimension der Arbeitslosigkeit können sie abernur alternative Richtungen andeuten. Zahlreiche Modellprojekte sind über-dies noch zu wenig bekannt.

Eine umfassende Reform der Arbeitsförderung werden dieseAnstrengungen, zumal sie ihrer Natur nach grundsätzlich befristetenCharakters sein müssen, nicht ersetzen können. Die bisherige Struktur desSozialsystems schützt nicht vor Arbeitslosigkeit, sondern verwaltet sie.Unabhängig von der Existenz individueller Mißbrauchsanreize, die ange-sichts hoher nichtmonetärer Kosten von Arbeitslosigkeit nicht überschätztwerden sollten, ist festzustellen, daß sich die Bemühungen zu wenig auf diedirekte Förderung von Arbeit konzentrieren. Statt Arbeitslosigkeit zu finan-zieren, sollte deshalb die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit systematischunterstützt werden. Grundsätzlich sollte nur eine staatliche Unterstützungerhalten, wer auch eine Tätigkeit aufnimmt. Zu diesem Zweck könnten beigleichzeitiger Herabsetzung der Zumutbarkeitsgrenzen Gutscheine anArbeitslose vergeben werden, die im Falle einer Einstellung vomUnternehmen als befristeter Lohnzuschuß beim Staat einzulösen wären.Hierin lägen erhebliche positive Anreizwirkungen begründet, die nochdadurch zu verstärken wären, daß der Wert solcher Gutscheine inAbhängigkeit von absolvierten Weiterbildungsmaßnahmen höher ausfallenkönnte. Ein solches Vorgehen korrespondierte mit der ohnehin gegebenenNotwendigkeit, Phasen der Arbeitslosigkeit in stärkerem Maß als Chancenzu Qualifikation zu begreifen. Ein höherwertigerer Gutschein würde"Vorleistungen" belohnen und damit im Sinne eines positivenAnreizmechanismus wirken.

Grundsätzlich muß die Arbeitsmarktpolitik eine schlüssige Antwort aufdie Frage geben, mit welchen Sanktionsinstrumenten denjenigen Arbeit-

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oder Lehrstellensuchenden begegnet werden kann, die ungeachtet allerArbeitsförderungsmaßnahmen in eigener Entscheidung an Ausbildung undErwerbsprozeß nicht teilnehmen wollen. Die Reduzierung vonSozialleistungsansprüchen wird hier nicht im Mittelpunkt stehen können, dasie im Hinblick auf das Sozialstaatsgebot und das Ziel der Verhinderung vonArmut nur von begrenzter Wirkung sein könnte. Insofern wird zunächst aufverpflichtende Arbeitsangebote rekurriert werden müssen. Das skizzierteGutscheinsystem wäre aber auch in diesem Zusammenhang, verglichen mitder bisherigen Struktur der Finanzierung von Arbeitslosigkeit, von vorteil-hafter Wirkung.

3. Arbeitszeitflexibilisierung

Dem Bedürfnis sehr vieler Arbeitnehmer nach Teilzeitarbeitsmöglichkeitenwurde in vielen Wirtschaftsbereichen noch nicht in ausreichender Weise ent-sprochen. Obwohl das Angebot an Teilzeitarbeitsplätzen in den letztenJahren deutlich ausgeweitet werden konnte, fehlt es häufig noch an der erfor-derlichen Flexibilität beim Zuschnitt solcher Angebote auf die Interessenlageder Arbeitnehmer und an der großflächigen Abdeckung auch höher- undhochqualifizierter Tätigkeiten. Noch zu oft besteht die Alternative zurVollzeitbeschäftigung allein in der Reduzierung der Arbeitszeit auf dieHälfte; zu oft sind Führungspositionen generell davon ausgenommen. Dasträgt zu Imageproblemen der Teilzeitarbeit und zu Befürchtungen bei, imFalle des Wunsches nach reduzierter Arbeitszeit Karrierenachteile zu erlei-den. Die Akzeptanz von Teilzeitarbeit unter den männlichen Erwerbsper-sonen wächst deshalb nur langsam; Teilzeitarbeit ist nach wie vor eine weib-liche Domäne.

In Deutschland kann es nicht darum gehen, durch eine gesetzlich starkreduzierte Arbeitszeit Arbeit auf mehr Beschäftigte umzuverteilen. Dies wäremit Blick auf die Folgen für die soziale Sicherung selbst dann keine dauer-haft erfolgversprechende Lösung, wenn zugleich die wohlfahrtsstaatlichenLeistungen rigoros gekürzt würden. Kostenneutralität vorausgesetzt, führteeine allgemeine Arbeitszeitverkürzung zu reduziertem Wohlstand. Im übri-gen käme ein solcher pauschalisierender Ansatz in Konflikt mit derBedürfnislage der Arbeitnehmer und dürfte unweigerlich Nebenbeschäf-tigungen und Schwarzarbeit zur Folge haben. Nicht zuletzt zwingt eine all-gemeine Arbeitszeitverkürzung auch die produktiven, vom Arbeitsmarktumworbenen und von den Firmen dringend benötigten Arbeitskräfte zuweniger Arbeit. Arbeitskräftemangel und Produktionseinschränkungenwären die Folge.

Anreizmechanismen zur Ausweitung der Teilzeitarbeit müssen demnachbeim Individuum und seinen Präferenzen ansetzen. Die prinzipiell gegebe-nen Motivations- und Produktivitätsvorteile der Teilzeitarbeit hängen vondieser Flexibilität des Angebots ab. Gerade der technische Wandel hatVoraussetzungen für den individuellen Zuschnitt von Arbeitszeiten geschaf-fen, die noch der verstärkten Nutzung harren. Bei intelligenter Lösung sindbetriebliche Arbeitszeitmodelle denkbar, die jedem einzelnen Arbeitnehmereine andere Form der Plazierung seiner Tages-, Wochen- und Jahresarbeits-zeit ermöglichen. Auch der Öffentliche Dienst hat hier noch längst nicht alleMöglichkeiten ausgeschöpft, sondern setzt Teilzeitarbeitsformen vergleichs-weise eher zögerlich um. Will die Politik Teilzeitarbeitsformen stärker för-dern, wird sie in ihrem eigenen Bereich eine demonstrative Vorreiterrolleübernehmen müssen.

Sollen von einer "Teilzeit-Offensive" positive Beschäftigungseffekte aus-gehen, wird es freilich nicht allein genügen, Arbeitszeiten entsprechend denBedarfslagen der Arbeitnehmer anzupassen. Es muß auch darauf verzichtetwerden, eintretende Produktivitätsgewinne zwischen Arbeitnehmer undArbeitgeber aufzuteilen. Gemessen an der Arbeitsleistung muß dieGehaltssumme vielmehr sinken, und der somit entstehende unternehmeri-sche Spielraum muß für Neueinstellungen genutzt werden. Andernfalls wirddie Teilzeitausweitung schnell zum Kartell der "Insider". Ein günstigerArbeitsmarkteffekt setzt im übrigen voraus, daß die reduzierte Arbeitszeitnicht wiederum durch betriebsbedingte Überstunden - bei Teilzeitarbeit istdie Wahrscheinlichkeit von Mehrarbeit potentiell am größten - kompensiertwird, sondern tatsächlich neue Beschäftigung schafft.

Dies führt zur Frage nach der Umwandlung von Überstunden inBeschäftigungszuwachs. Auch hier ist Arbeitszeitflexibilisierung am ehestendas Mittel zum Erfolg, zumal der Anteil bezahlter Überstunden zuletzt deut-lich abgenommen hat (vgl. Kapitel I. 2.8). Eine gesetzliche Einschränkungvon Überstunden nähme den Unternehmen ihre Anpassungsreserve, die eineflexible Reaktion auf Marktveränderungen und Belegschaftsschwankungenermöglicht. Diese unentbehrliche Flexibilität kann durch zusätzlicheBeschäftigung nicht zu gleichen Kosten erreicht werden. Wohl aber sindstrukturelle Arbeitszeitregelungen denkbar und werden vielfach längst mitErfolg praktiziert, die zum Abbau von Überstunden führen und damitBeschäftigungschancen bieten. Jahresarbeitszeitmodelle, Zeitsparkonten –kreativ zu kombinieren mit Zeit-Investment im Sinne einer Mitarbeiter-beteiligung am Betrieb – kommen sowohl dem unternehmerischen Interessean Flexibilität entgegen als auch dem Wunsch vieler Arbeitnehmer nach

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"Auszeiten" und individueller Planung der Arbeitszeiten. Diese Form desArbeitszeit-Managements sollte intensiviert werden. Zu berücksichtigen istallerdings, daß dem gerade im Niedriglohnbereich auch das Arbeitnehmer-interesse an zusätzlichem Einkommen entgegensteht. Der Wegfall vonMöglichkeiten zur Einkommensaufbesserung durch bezahlte Überstundenwird ein zusätzliches Potential von schattenwirtschaftlicher Aktivität undneues Interesse an geringfügiger Beschäftigung freisetzen.

Die weitere politisch-rechtliche Behandlung der geringfügigenBeschäftigung gleicht einer schwierigen Gratwanderung. Einerseits behin-dern einschränkende Regelungen nicht nur Ansätze zur Arbeitsmarkt-Flexibilität, sondern laufen auch Bedürfnissen von Arbeitnehmern zuwider.Andererseits hat die bestehende Regelung zu mißbräuchlichenEntwicklungen und Mitnahmeeffekten zu Lasten regulärer Beschäftigunggeführt. Offensichtlich ist, daß die Einbeziehung der geringfügigenBeschäftigungsverhältnisse in die Sozialversicherungen diese nicht nennens-wert entlasten kann und zugleich nur verschwindend geringe Ansprüchebegründet. Die große Zahl geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse läßt diePrognose als sicher erscheinen, daß im Falle rigoroser gesetzlicher EingriffeIllegalität und Schwarzarbeit zunehmen werden.

4. Einfache Dienstleistungen anbieten

In Deutschland gibt es im internationalen Vergleich ein ausgesprochen gro-ßes Potential bislang gar nicht oder aber in Eigen- und Schwarzarbeiterbrachter Dienstleistungen. Dieser Nachholbedarf resultiert vor allem auseiner unterentwickelten "Dienstleistungskultur", die eine ausgesprochengeringe Wertschätzung solcher Dienste und Dienstleister bedingt und ein imGegensatz zu früheren Zeiten heute ausgeprägtes Selbstversorgungsdenkenweiter verfestigt. Insofern wird eine grundsätzliche Veränderung vonEinstellungen zu einfachen Dienstleistungen nur schwer zu erreichen sein.Hinzu kommen bislang zu hohe Preise und Lohnkosten solcher Dienste, dieden zu erzielenden Gegenwert vielfach als zu gering erscheinen lassen.Somit wird eine Ausweitung des Angebotes einfacher Dienstleistungen nurin Verbindung mit entsprechend differenzierten Löhnen erfolgreich sein undBeschäftigung schaffen können.

Der Privathaushalt muß dabei verstärkt als potentielle Quelle zusätzlicherBeschäftigung betrachtet werden. In Millionen Haushalten ist ein prinzipiel-ler Bedarf an geringfügigen Serviceleistungen anzunehmen. Dies heißt nicht,

daß Haushalte einfache Dienste wie Einkauf, (Auto-)Wäsche, kleineReparaturen oder Hausputz grundsätzlich delegieren würden, wenn Qualität,Zuverlässigkeit und Preiswürdigkeit gesichert wären. Doch im Zusammen-hang mit der Ausweitung der Frauenerwerbstätigkeit und den gestiegenenFreizeitansprüchen ist hier ein nachweislicher Bedarf entstanden, der häufigallein deshalb nicht zu Beschäftigung genutzt wird, weil es am entsprechen-den ortsnahen und zuverlässigen Angebot - oder, wo es prinzipiell vorhandenwäre, an der Information darüber - fehlt.

Ein Gleiches gilt für den Bereich einfacher sozialer Dienste, insbesonderehinsichtlich Kinder- und Seniorenbetreuung. Die Zunahme vonMehrverdiener- und Singlehaushalten hat hier Beschäftigungspotentiale zumVorschein gebracht, die der Markt bisher nur unzureichend decken konnte.Da auch die gesellschaftlichen Einrichtungen diesem Bedarf nur unvollkom-men Rechnung tragen und beispielsweise zu wenige Kindergarten-, Hort-oder sonstige Ganztagsbetreuungsplätze für Kinder anbieten – de facto alsoBeschäftigung verhindern – öffnet dies prinzipiell ein weites Feld sowohl fürhöherwertige qualifizierte Betreuung als auch für einfache Serviceangebote(Kinderabholung, Essenszubereitung etc.). Dem stehen in diesem Fall nebenzu hohen Kosten auch rechtliche Genehmigungsschwierigkeiten entgegen.Ebenso betrifft dies die häusliche Altenbetreuung. Die Alterung derGesellschaft schafft einen wachsenden Bedarf an einfachen Service-leistungen (Einkauf, Essenszubereitung, Raumpflege, Spaziergang etc.), fürdie durchaus eine kaufkräftige Nachfrage, aber kein adäquates flächen-deckendes Angebot vorhanden ist.

Im Freizeit- und Tourismussektor ist ein besonders hohes Defizit an ein-fachen, personenbezogenen Serviceangeboten (Animation, Organisationetc.) auszumachen, obwohl sich hier eine besonders ausgabefreudige undpersonell stärker werdende Nachfrage versammelt. Hier sind auch die ver-gleichsweise geringsten Vorbehalte der Nachfragenden, sondern vielmehrbeständige Klagen über nicht ausreichende Angebote anzutreffen.

Der überwiegende Teil dieser potentiellen "neuen" Beschäftigungsfeldererschließt sich nur dann, wenn es gelingt, sie aus dem Bereich derEigenarbeit herauszuführen und in - für den Auftraggeber steuerlich abzugs-fähige - Erwerbsarbeit um-zuwandeln. Mehrere hunderttausend Arbeits-plätze könnten auf diese Weise entstehen, größtenteils freilich in Formgeringfügiger und geringentlohnter Beschäftigung. Die Arbeitslosigkeitwürde merklich zurückgeführt werden können, allerdings nicht analog zurZahl der einfachen Beschäftigungsverhältnisse, denn es ist davon auszu-

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gehen, daß ein erweitertes Einfach-Service-Angebot neben Jugendlichennicht zuletzt auch Teile der Stillen Reserve in diesen Markt integrierenwürde. Auch würde die Erwerbsquote von Frauen noch stärker ansteigen.

Wesentliche Folge der Ausweitung einfacher Dienstleistungen wäre eineVerbesserung des Arbeitsplatzangebots für Geringqualifizierte. Voraus-setzung dafür ist über die Beseitigung von Vorbehalten hinaus die Absenkungder Arbeitskosten. Damit stünde die Gesellschaft vor der Frage, ob sie einAuseinanderklaffen der Wohlstandsschere hinnehmen oder aber durchTransferzahlungen die entstehenden Niedriglöhne bezuschussen will.Während das eine für eine soziale Marktwirtschaft - auch wenn neueBeschäftigung prinzipiell sozial ist – wohl nur unter der Bedingung derGewährleistung einer beitragsunabhängigen Altersgrundsicherung akzepta-bel sein kann, brächte das andere neue Risiken in bezug auf Negativanreizeund Systemmißbrauch mit sich. Das darf jedoch nicht bedeuten, diesen Wegder Ermöglichung einer modernen Dienstleistungskultur gar nicht zubeschreiten.

5. Bürgerarbeit marktfähig machen

Die problematische Arbeitsmarktsituation hat eine Diskussion um die mögli-che Neugewichtung von Erwerbsarbeit und ehrenamtlicher Bürgerarbeit ent-facht, die jedoch, insoweit Bürgerarbeit eine Alternative zu regulärerErwerbsarbeit anbieten will, teils zynische Elemente aufweist. DieVorstellung, Bürgerarbeit zu fördern, um die Schaffenskraft vonArbeitnehmern in einen solchen "quartären Sektor" umzuleiten oder Zeitenvon Arbeitslosigkeit sinnvoll zu füllen, birgt die Gefahr, in einer Sackgassezu enden und die Beschäftigungskrise eher noch zu verstärken. Selbst attrak-tive Bürgerarbeiten werden kaum einen nachweisbar arbeitsmarktentlasten-den Effekt haben, sondern die – reduzierte – Erwerbsarbeit lediglich flankie-ren können, sofern das aus der Teilzeitarbeit erwirtschaftete Einkommen denLebensstandard zu sichern vermag.

Wichtiger wird sein, bisher überwiegend ehrenamtlich geleistete Arbeitenmarktfähig zu machen. Gerade im beschäftigungsintensiven Dienst-leistungsbereich, etwa bei der Freien Wohlfahrtspflege – und hier insbeson-dere im Gesundheitswesen, bei der Alten- und Kinderbetreuung – sind erheb-liche Regulierungen und Monopolisierungen zu beobachten, derenAufbrechung positive Beschäftigungseffekte auslösen könnte. Hier ruht eindurchaus nachfragestarkes Potential für reguläre Erwerbsarbeit. DieKaufkraft auf diesen Märkten kann durch die bedarfsorientierte Ausgabe von

Dienstleistungsgutscheinen nicht nur sichergestellt, sondern verteilungspoli-tisch befriedigender als bislang ausgestaltet werden.

6. Selbständigkeit erleichtern

Obwohl in Deutschland in Privathaushalten und Stiftungen ein nachBillionen zählendes Vermögen vorhanden ist und gigantische Summen spe-kulativ an den Kapitalmärkten umgesetzt werden, fehlt es an unbürokratischverfügbarem Risikokapital für Unternehmensgründungen. Gleichzeitig hateine nicht zuletzt aus wachsender Arbeitsmarktunsicherheit resultierendeZunahme des objektiven Gründungsrisikos eine stark risikoaverse gesell-schaftliche Grundeinstellung weiter befördert und das Interesse anSelbständigkeit tendenziell zurückgehen lassen.

Angesichts der von Firmenneugründungen ausgehenden Beschäftigungs-chancen kommt einer substantiellen Förderung von Selbständigkeit mehrdenn je ein hoher Stellenwert zu. Verschiedene politische Initiativen zielenauf eine stärkere Motivation zur Existenzgründung und bieten teils umfang-reiche Beratungsleistungen sowie Überbrückungszahlungen an, falls aus derArbeitslosigkeit heraus die Selbständigkeit angestrebt wird. Die Erfahrungenmit diesen Instrumentarien sind überwiegend positiv und hatten einenbeachtlichen Beschäftigungseffekt. Insgesamt sind diese Angebote aber nochzu wenig transparent und zu wenig auf die Risikobereitschaft der (arbeitslo-sen) Gründer abgestellt.

Deshalb sollten zusätzliche Anreize geschaffen werden, um privatesRisikokapital für Gründungen zu mobilisieren. Dies kann durch steuerlicheBegünstigungen, aber beispielsweise auch durch Änderungen imStiftungsrecht geschehen, die die Gründung privater Stiftungen erleichternsollten. Stiftungskapital könnte "Gründerzentren" fördern oder"Risikostipendien" zur Verfügung stellen und damit seinen gemeinnützigenZweck erfüllen.

7. Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmen forcieren

In Form verschiedener Modelle der Mitarbeiterbeteiligung am "eigenen"Unternehmen kann die Eigenkapitalausstattung und Liquidität insbesonderekleiner und mittlerer Unternehmen wesentlich verbessert werden. Hinzukommt ein Vorteil für die Mitarbeitermotivation und –produktivität. Darüber

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hinaus schaffen solche Modelle eine größere Flexibilität der Arbeitskosten.Insgesamt kann auf diese Weise, von günstigen Effekten auch für dieAltersvorsorge abgesehen, mehr Beschäftigungssicherheit und eine zusätz-liche Nachfrage nach Arbeit geschaffen werden. Auch wenn bereits zahl-reiche Unternehmen - insbesondere in Ostdeutschland - Modelle derMitarbeiterbeteiligung eingeführt haben, sind hier noch erhebliche Potentialevorhanden, die auch vermögensbildungsrechtlich stärker genutzt werdenkönnten.

8. Tarifrecht überprüfen

Das deutsche Tarifvertragssystem hat offensichtliche Schwierigkeiten, mitder Geschwindigkeit der Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt Schritt zuhalten. Doch liegt dies nicht daran, daß das Prinzip des Flächentarifvertragssich überlebt hätte. Es sieht durchaus Flexibilisierungsspielräume vor, dievon den Tarifpartnern genutzt und weiter ausgebaut werden könnten, ohnedas System in seinem Bestand zu gefährden. Da dies nur zögernd geschieht,verringert sich die Basis des Tarifvertragssystems durch Verbandsaustrittevon Unternehmen. Mittlerweile sind nurmehr rund 50 Prozent der westdeut-schen und etwa 30 Prozent der ostdeutschen Betriebe Verbandsmitgliederund damit tarifvertraggebunden. Das macht Überprüfungen desTarifvertragsrechts nur noch drängender.

Neben einer erneuten Überprüfung von Kündigungsschutzvorschriftenund der Erweiterung der Möglichkeiten, beispielsweise Langzeitarbeitslosedurch niedrigere Einstiegslöhne wieder in Arbeit zu bringen, sind vor allemRegelungen notwendig, die eine befristete Aussetzung des Tarifvertrags inbezug auf Arbeitslöhne und Arbeitszeiten dann zulassen, wenn es zurSicherung oder Schaffung von Beschäftigung erforderlich ist und dieBelegschaft diesem Schritt ausdrücklich zustimmt. GewerkschaftlicheKontrolle muß dabei gewahrt bleiben, Einspruch gegen solcheVereinbarungen aber sollte erschwert und nur bei offenkundigem Mißbrauchge-richtlich zugelassen werden. Desweiteren sollte die Tariflohnbindung beigleichzeitiger Einstellungszusage für bestimmte Gruppen (Geringquali-fizierte, Langzeitarbeitslose) zeitweise gelockert werden können.

Heute unterlaufen de facto viele Betriebe mit Zustimmung ihrerBetriebsräte und aller Beschäftigten den Tarifvertrag, um Entlassungen ver-meiden zu können oder zahlen untertarifliche Löhne für Berufs(wieder)ein-steiger, um zusätzliche Beschäftigung finanzierbar zu machen. Das

Tarifvertragsrecht könnte solche Spielräume unter konkret benanntenVoraussetzungen einbinden.

Auch an der Dezentralisierung von tarifvertraglichen Bestimmungen wirdkein Weg vorbeiführen. Es müssen regional und sektoral differenzierte, pro-duktivitätsorientierte Löhne gezahlt werden können, ohne daß dies tarifver-traglich unverhältnismäßig erschwert oder verhindert wird. Dazu bietet etwadas Instrument von Lohnkorridor-Vereinbarungen in Tarifverträgen einedenkbare systemimmanente Lösung. Schließlich wird man dazu kommenmüssen, mit der ritualisierten Form der Tarifvereinbarungen, die geringerVerdienenden durchweg größere, höher Verdienenden geringere Zuwächsebeschert, zu brechen, da sie leistungsfeindliche Züge trägt.

9. Qualifikation verbessern

Zentraler Ansatzpunkt für eine erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik ist derBereich von Bildung und Ausbildung. Viele Unternehmen klagen über dasunzureichende Allgemeinbildungsniveau ihrer Auszubildenden. Arbeit-nehmer und Auszubildende wiederum kritisieren eine oft einseitig aufbetriebsspezifische Belange orientierte duale Ausbildung, die kaum beruf-liche Mobilität zuläßt. Generell wird die Dauer von Schule und Ausbildungals im internationalen Vergleich zu lang erachtet. Darüber hinaus ist festzu-stellen, daß der berufsbegleitenden Weiterbildung von Arbeitgebern undArbeitnehmern häufig ein zu geringer Stellenwert beigemessen wird. Im all-gemeinen Bewußtsein ist es noch nicht durchgedrungen, daß Phasen derArbeitslosigkeit und insbesondere die Langzeitarbeitslosigkeit aktiv zurQualifikation genutzt werden sollten.

Vor diesem Hintergrund ist eine verstärkte Diskussion um verkürzteSchulzeiten und eine Stärkung der Allgemeinbildung ebenso angezeigt wieeine Überprüfung von Ausbildungsinhalten in bezug auf breitere beruflicheEinsatzmöglichkeiten. Das verständliche Interesse ausbildender Unterneh-men an betriebsbezogener Ausbildung darf nicht dazu führen, daß außerhalbdes jeweiligen Betriebes nur bedingte Arbeitsmarktchancen bestehen. DieAusbildung muß vielmehr besonderen Wert auf allgemeine Schlüssel-qualifikationen - Selbständigkeit, Teamfähigkeit, Entscheidungsfähigkeitund vernetztes Denken - legen und im Zeichen der Europäisierung derArbeitsmärkte den Sprachkompetenzen höheres Gewicht beimessen. In ähn-licher Weise bedarf im übrigen auch die Hochschulbildung einer kritischenBestandsaufnahme. Hier müssen wiederum praktische Aspekte wie etwa

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obligatorische Firmenpraktika und Auslandsaufenthalte im Vordergrund ste-hen. Für einzelne Problemgruppen – beispielsweise jugendliche Aussiedlerund Ausländer – muß darüber hinaus eine gezieltere Information über dieBildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten stattfinden, die von den Elternnicht vermittelt werden konnte. Den Schulen kommt hier eine besondereVerantwortung zu. Nicht zuletzt sollte aber auch der Klage vielerAusbildungsbetriebe Rechnung getragen werden und die bürokratischeAbwicklung der Lehrlingsausbildung merklich gestrafft werden. Die hieranzutreffende Regelungsdichte trägt nicht dazu bei, daß die Bereitschaft zumAngebot von Ausbildungsplätzen wächst.

Die Weiterbildung im Sinne "lebenslangen Lernens" wird in Zukunftfester Bestandteil von Erwerbsbiographien werden müssen, sei es in regel-mäßiger Begleitung der Berufstätigkeit, sei es in Form von Bildungs-Sabbaticals. Der technische Wandel wird diejenigen Arbeitnehmer undBetriebe ins Hintertreffen geraten lassen, die hier-auf zu wenig Wert legen.Auch geringer qualifizierte Tätigkeiten werden verstärkt zusätzlicherQualifikation bedürfen.

Innerhalb des Instrumentariums der Arbeitsförderung sollte dieBereitschaft zur Weiterqualifizierung durch entsprechende Anreizmechanis-men stimuliert werden. So könnte der Wert der an Arbeitslose anstelle derbisherigen Arbeitslosenunterstützung ausgegebenen Beschäftigungs-gutscheine (vgl. oben Abschnitt 1.2) mit Art und Umfang einer absolviertenQualifikation steigen. Darüber hinaus wären Regelungen zu finden, diesenBonus im Falle einer Arbeitsaufnahme anteilig zwischen Arbeitgeber (höhe-rer Lohnkostenzuschuß) und Arbeitnehmer (höherer Lohn) aufzuteilen, umbeiden einen Vorteil zu verschaffen. Ohne eine intensive Beratung über dieSinnfäl-ligkeit und Beschäftigungsperspektive von Weiterqualifizierungs-maßnahmen bliebe eine solche "Qualifizierungsoffensive" freilich unvoll-ständig. Dies führt zu der Feststellung, daß auch Berufsbilder kontinuierlichüberprüft und den sich ändernden Gegebenheiten angepaßt werden müssen.Als überaus problematisch ist es etwa anzusehen, wenn unverändert inzukunftslosen Bereichen (Bergbau) ausgebildet wird.

10. Initiativen aus Wirtschaft und Gesellschaft

Arbeitslosigkeit ist ein gesellschaftliches Problem von hoher Tragweite. Jeoffenkundiger wird, daß staatliche Arbeitsmarktpolitik allein mit der Lösungdieser Aufgabe überfordert ist, um so mehr müssen sich auch Gruppen undInstitutionen in die Pflicht genommen fühlen, deren Einflußmöglichkeiten

auf den ersten Blick gering erscheinen. Dies gilt etwa für die Medien, dieüber ein enormes Potential der Informationsvermittlung und derKoordination verfügen, das sich zu entfalten beginnt, aber fraglos noch stär-ker genutzt werden könnte. Manche Initiativen aus diesem Bereich -Informationsveranstaltungen, Telefon-Hotlines, Internet-Service, Einbin-dung prominenter Persönlichkeiten, Kooperation mit Vermittlungsstellen -sind bislang recht erfolgreich verlaufen. Für Nordrhein-Westfalen sei hiernur die Lehrstellen-Initiative des Westdeutschen Rundfunks genannt, der esin Zusammenarbeit mit den Arbeitsämtern durch eine stark appellatorischeInszenierung bislang gelungen ist, mehrere tausend Lehrstellen zu vermit-teln. Die Sendedichte entsprechender "Werbespots" hat zu einer positivenResonanz auf diese Initiative beigetragen. Ausbildungsbetriebe könnenAngebote per Telefon-Hotline an eine koordinierende Stelle im WDR mel-den und durch die ausführliche Berichterstattung für sich zudem einen gün-stigen Imageeffekt erwarten. Die Arbeitsmarktpolitik kann aus solchenModellprojekten wichtige Erkenntnisse gewinnen, etwa im Hinblick auf dieerforderliche Entbürokratisierung und gezielte Ansprache.

Auch für den Sektor der "Bürgerarbeit" sind vielfältige geeigneteInitiativen vorstellbar, die die hohe Einsatzbereitschaft und Motivation derEhrenamtlichen zugunsten Beschäftigung auslösender Maßnahmen nutzenkönnten. So wären etwa in Abstimmung mit dem Angebot der Arbeitsämterund privaten Vermittler unmittelbar vor Ort tätige "Dienstleistungsmanager"sinnvoll; ebenso könnten in Zusammenarbeit etwa mit den Verbänden derFreien Wohlfahrtspflege Informationsbüros mit niedriger Kontaktschwelle inProblemregionen eingerichtet werden. Solche und manch andere realistischerscheinenden Initiativen könnten zunächst auf Basis von Ehrenamtlichkeitdurchgeführt werden und auf unbürokratische Weise Angebot und Nachfragekoordinierende Aufgaben wahrnehmen. Angesichts des offenkundigenBedarfs an lokalen Ansprechpartnern und "Informationsmanagern" ist aberzumindest mittelfristig auch eine Marktfähigkeit solcher Dienstleistungenanzunehmen.

Ein weites Feld von Möglichkeiten bietet darüber hinaus die nachhaltigeEinbindung von Stiftungskapital in intelligente Modellprojekte. VieleStiftungen sind bereits in unterschiedlichen Initiativen engagiert. Gelängestiftungsrechtlich die Vereinfachung der Stiftungsgründung für Private, wäreeine Schubwirkung für solches Engagement wahrscheinlich.

Die Bandbreite von Modellprojekten, lokalen und überregionalenInitiativen, ist inzwischen nahezu unüberschaubar. Insbesondere engagieren

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sich auch die Kirchen auf vielfältige Weise und führen zahlreicheArbeitsmarktprojekte auf unterschiedlichenen Ebenen durch. Hierbei ist diegroße Einsatzbereitschaft der beteiligten kirchlichen Mitarbeiter hervorzuhe-ben. Ungeachtet der im Einzelnen dabei erzielten Erfolge liegt eineSchwäche dieser Ansätze allerdings darin, daß durchweg zu wenig über siebekannt wird und sie auch nur selten systematisch evaluiert, mithin alsokritisch auf ihren tatsächlichen Nutzen befragt werden.

Das gilt auch für das Engagement der Wirtschaft. Zahllose Wirtschafts-unternehmen integrieren sich in unterschiedlichem Umfang in Kooperatio-nen und "Bündnissen für Arbeit" mit Arbeitsämtern, Handwerkskammern,Schulen und Verbänden, um auf diese Weise Netzwerke zur Sicherung undSchaffung von Arbeitsplätzen sowie zur Kontaktanbahnung zwischen Betrie-ben und Arbeitsuchenden zu gründen. Sie nehmen damit ihre gesellschaftlicheVerantwortung wahr. So werden etwa Ausbildungszuschüsse aus Projekt-fonds gezahlt, neue Ausbildungsbetriebe gewonnen, Informationsbroschürenaufgelegt, Existenzgründungsberatungen durchgeführt, Gründerzentrenbezuschußt, spezielle Trainingsprogramme für Arbeitslose organisiert oderaber Berufswegplanungen und "Schnupperbeschäftigung" ermöglicht.

Immer wieder kreisen die - oft von staatlicher Seite begleiteten -Initiativen um die verbesserte Information und Ansprache im Rahmen vonMarketingbemühungen. Die mangelnde Transparenz des Arbeitsmarktes, dereingeschränkte Informationsfluß aber nicht zuletzt auch eine mitunter defizi-täre, scheinbar nur durch verbesserten Service günstig zu beeinflussendeBereitschaft zur Eigeninitiative müssen demnach als mitverantwortlich füreine problematische Ausbildungssituation und Arbeitslosigkeit angesehenwerden.

Das Engagement vieler Unternehmen in nach außen wirkendenModellprojekten wird durch verschiedene in den Betrieb hineingerichteteInitiativen wirksam ergänzt. Dabei spielen sehr unterschiedliche Beweg-gründe, insbesondere unternehmensspezifische - Mitarbeitermotivation,Produktivitätssteigerung, Flexibilitätsaspekte, Wettbewerbsfähigkeit -, aberebenso auch Motive der Beschäftigungssicherung eine Rolle. Im Mittelpunktstehen vor allem Arbeitszeit- und Mitarbeiterbeteiligungsmodelle sowiegezielte Programme für einzelne Arbeitsmarktgruppen. Auch hier scheinenbei weitem noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, durch sinnvolleStrukturen - zu nennen wären hier unter anderem auch Betriebskindergärten- Produktivität und Beschäftigung zu verbessern.

Hervorzuheben ist aufgrund der Bandbreite der von ihr eingeleitetenMaßnahmen unter anderem die VEBAAG. Sie hat beispielsweise 1995 unter

Einsatz erheblicher Mittel zwei Sonderprogramme für Hochschulabsol-venten und Jugendliche aufgelegt und seitdem fortgeführt, die zum einenjunge Akademiker über den eigentlichen Bedarf des Unternehmens hinausfür ein Jahr zu akzeptabler Vergütung beschäftigen, zum anderen bezahlteeinjährige, ausbildungsvorbereitende Praktika innerhalb von VEBA-Unternehmen anbieten. Seit 1997 wird die flexible Arbeitszeitgestaltung imKonzern systematisch vorangetrieben. Vorstand und Betriebsrat der VEBAhaben allen Tochterunternehmen die Umsetzung flexibler Arbeitszeiten emp-fohlen und konkrete Vorschläge dazu erarbeitet. Während die VEBA-TochterPreussenElektra zahlreiche Neueinstellungen durch eine kollektiveArbeitszeitreduzierung erreicht hat, wurden in den Tochterunternehmen Hülsund E-plus mittlerweile Arbeitszeitkonten eingeführt und damitEntlassungen vermieden. Seit Mitte 1999 räumt der VEBA-Konzern seineninländischen Beschäftigten schrittweise einen Rechtsanspruch aufWahlarbeitszeiten zwischen 85 Prozent und 100 Prozent der betrieblich ver-einbarten Vollarbeitszeit ein, wobei wiederum flexible Möglichkeiten derUmsetzung (reduzierte Tages-, Wochen-, Jahresarbeitszeit, Langfrist-Arbeitszeitkonten) geboten werden. Auf Wunsch kann die Arbeitszeit indivi-duell und in Abstimmung mit den Betriebsinteressen weiter reduziert wer-den. In beiden Fällen wird eine Rückkehrmöglichkeit zur Vollzeitbeschäf-tigung garantiert. Ähnliche Vorhaben werden von anderen Unternehmengeplant oder bereits umgesetzt. Hier trifft sich das Flexibilisierungsinteresseder Arbeitgeber mit dem Flexibilisierungswunsch vieler Arbeitnehmer, undes entstehen neue Beschäftigungschancen.

Auch wenn der Abbau der Arbeitslosigkeit zweifellos vor allem struktu-reller Reformen und einer kritischen Bestandsaufnahme des bisherigenarbeitsmarktpolitischen Instrumentariums bedarf, zeigt der Erfolg zahlrei-cher Einzelinitiativen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dieNotwendigkeit, auch "im Kleinen" weiter nach kreativen Wegen zu mehrBeschäftigung zu suchen.

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