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Ute Jörg-Labonde Jan Labonde »Ich weiß, dass ich ein himmlischer Mensch bin«

Ute Jörg-Labonde Jan Labonde »Ich weiß, dass ich ein … · 2018. 12. 4. · Ute Jörg-Labonde Jan Labonde »Ich weiß, dass ich ein himmlischer Mensch bin« Botschaften aus der

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  • Ute Jörg-Labonde ● Jan Labonde

    »Ich weiß, dass ich ein himmlischer Mensch bin«

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  • Ute Jörg-Labonde ● Jan Labonde

    »Ich weiß,

    dass ich ein

    himmlischer

    Mensch bin«

    Botschaften aus der stillen Welt meines autistischen Sohnes

    Kösel

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  • Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100Das für dieses Buch verwendete FSC-zertifizierte PapierMunken Premium liefert Arctic Paper Munkedals AB, Schweden

    Copyright © 2008 Kösel-Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbHDruck und Bindung: GGP Media GmbH, PößneckUmschlag: Elisabeth Petersen, MünchenUmschlagmotiv: Nonstock, Mauritius Images / privatPrinted in GermanyISBN 978-3-466-36802-0

    www.koesel.de

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  • Inhalt

    Vorwort von Dr. Vera Antons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

    Biografisches:

    E i n k u r z e r E i n b l i c k i n e i n Fa m i l i e n s c h i c k s a l . . . . 15

    Zur Einstimmung: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

    D i e » A n d e r s w e l t « A u t i s m u s

    Jan ringt mit seinem Schicksal . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

    Jan »andersartig« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

    Jan nahe dem Christus und seinen Engeln . . . . . . . 63

    Jan und die weihnachtliche Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . 75

    Jan und die Verstorbenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

    Jan im Traumbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

    Jan und die Zeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

    Jan und die Musik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

    Jan und die Elementarwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

    Jan und die Tiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

    Jan nimmt Abschied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

    Jan baut lichte Brücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

    Nachklang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

    Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

    Bildanhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

    Literaturempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

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  • Dies unser Buch

    sei in Liebe und Achtung gewidmet

    allen autistischen Menschen

    auf dieser Erde

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    Vorwort

    »Horch horch«, rief das kleine Mädchen immer wieder und hielt dabei sein Ohr an das Heizungsrohr, an das es klopfte. Also ging ich hin, um zu hören, wie das so klang – aber da war sie schon wieder an einem anderen Rohr, klopfte, hörte, schaute zu mir und lief weg. Ihr Blick war sehr wach und fest, aber eben nur ganz kurz. Es gelang mir nicht, irgendeine Art von Kontakt zu ihr herzustellen. Ich hatte eine Verhaltensbeobachtung zu schreiben, es war im Praktikum während des Psychologiestudiums, und ich schrieb traurig meine Beobachtungen nieder und meine Ratlosig-keit bei der fachlichen Einordnung. Leider fand der Professor diesen hilflosen Bericht sehr gut und ich musste erkennen, dass er auch nicht weiterwusste. Die arme, unverstandene Mutter, sie war hoffnungsvoll weit hergereist zu dieser Fachkoryphäe. Das kann doch nicht sein, dass sich mit so etwas niemand auskennt, dachte ich, zumindest müsste man doch etwas darüber lernen können! So war mein Interesse an Autismus erwacht, obwohl es dieses Stichwort in Deutschland noch lange nicht gab. Was mich so bewegte: Der Chefarzt hatte das Kind nicht verstanden und die Mutter blieb ohne Hilfe. Was für eine schreckliche Situation für diese Familie.

    Dieses Erlebnis erinnerte mich an meine Kinderzeit, als ein kleiner Junge aus unsrem Haus manchmal auch im Hof war. Er war nett, spielte zwar nicht richtig mit, aber das tat der große, der zum Gymnasium ging, ja auch nicht. Wenn dann seine Eltern riefen: »Bringt ihn mal bitte her«, lief er gern erst weg und wir ließen ihn kurz entwischen, denn das fand er einfach toll, er lachte voll Wonne mit strahlendem Gesicht und mit dem ganzen Körper. Nicht oft im Leben sieht man Menschen so erfüllt und strahlend lachen. Wir Kinder genossen das gründlich, ungeach-tet der ungeduldigen Rufe. Einmal hatte eine betuliche Nachba-rin wieder das beliebteste Kind im Haus mit Süßigkeiten bedacht

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    und dazu eine abfällige Bemerkung über diesen Jungen gemacht: Das Mädchen warf ihr das Zeug vor die Füße, rief »Du bist fies, zu dir komm ich nicht mehr!«, und wir fanden das alle ganz richtig.

    Tatsächlich konnte man nicht einmal die Mutter selbst auf den Jungen ansprechen, ohne dass sie ein Grabesgesicht machte – wir fanden das einfach unmöglich. Offensichtlich trug sie dau-ernd Vorstellungen an ihn heran, die zu ihrem Sohn nicht passten, statt richtig hinzusehen und sich seiner zu freuen. Sie verlor da-durch an Autorität bei uns Kindern.

    Ich fand schon damals: So geht das nicht, das muss anders werden! Und ich hätte gern etwas dafür getan. Aber dann wuchs ich in die Welt der Erwachsenen hinein, in der Wahrnehmungen sortiert und bewertet und Denkkategorien und Vorstellungen zu-geordnet werden. Das natürlich-empathische Verstehen geht da-bei zurück und ich vergaß das Erlebte.

    Als ich Jahrzehnte später in meinem Beruf den ersten Au-tisten begegnete, stand mir die kleine Blonde mit ihren Hei-zungsrohren sofort vor Augen und mit ihr die ganze Tragik des Nichtverstehens. Inzwischen bin ich im Vorstand eines Autis-mus-Regionalverbands und die Hefte, die wir bisweilen heraus-geben, haben den Titel »Autistische Menschen verstehen ler-nen«. Endlich! Langsam lernen wir diese ungewöhnlichen Menschen mehr und mehr zu verstehen.

    Im Rahmen dieser Arbeit bin ich Ute Jörg-Labonde und ih-rem autistischen Sohn begegnet. Jan hatte ebenfalls diese ein-dringlich blickenden Augen, die ich so oft nachts wieder vor mir sehe – so tief, so klar, so reich und wach wirkend, aber aus einem Körper sehend, der sehr wenig entwickelt und in manchen As-pekten auch merkwürdig erscheint. Jedes Mal, wenn ich ihn traf, hätte ich so gern gewusst, was in diesem Menschen vorging. Die Aussagen über Jan, er spräche nicht, sei schulunfähig, arbeitsun-fähig (selbst in der Werkstatt für Behinderte), Windelträger und so weiter, gefielen mir in ihrer Einseitigkeit nicht. Wo blieb der Mensch, den ich aus diesen Augen herausblicken sah? In frühen Zeiten der Geschichte hatten sehr ungewöhnliche Menschen, die

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    später oft als »Wahnsinnige« bezeichnet wurden, als göttlich in-spiriert gegolten – sollte das falsch gewesen sein? Konnten die Menschen damals vielleicht etwas erfassen, das uns heute verbor-gen bleibt?

    Dann wurde in Australien ein Weg gefunden, der bewe-gungsgestörten Menschen half, gestützt Worte zu Papier zu brin-gen. Man fasste sie am Handgelenk, hielt die Hand über eine Buchstabentafel oder Tastatur, verhinderte Störbewegungen und ließ die Hand dann frei, wenn man an der Anspannung der Seh-nen unter dem Gelenk spüren konnte, dass ein Buchstabe ange-zielt wurde. Nach dem Tippen auf einen Buchstaben hob man die Hand sofort zurück in die Ausgangsposition. Und siehe da – es kamen sinnvolle Worte zustande. Man vermutete, diese Me-thode müsse doch auch für Autisten geeignet sein.

    Autismus ist definiert als neurologische Entwicklungsstö-rung, bei der Wahrnehmungsprobleme und auch Störungen der Wahrnehmungsverarbeitung eine wesentliche Rolle spielen. Ver-bunden sind damit Handlungsstörungen, also Schwierigkeiten, konkrete Absichten in Taten umzusetzen. Die Nervenstränge, die zum Gehirn hinleiten, und die, die von ihm wegleiten, sind ana-tomisch nicht getrennt, es liegen in beiden dieselben elektrophy-siologischen Verhältnisse für die Reizweiterleitung vor. Die Chan-cen für Blockaden oder Verzerrungen sind also bei beidem, Wahrnehmung wie Handlungsausführung, ähnlich, und bei bei-dem gibt es Probleme und Besonderheiten bei autistischen Men-schen.

    Wahrnehmungsstörungen bilden die Basis von Verständnis- und Lernstörungen. Wenn man nicht verstehen kann, was vor-geht, ist man irritiert ob der Fülle der Eindrücke und bekommt Angst vor diesem Chaos. Autisten sind oft hoch erregt, sie hüp-fen herum, zeigen Bewegungsstereotypien, plötzliche Panikreak-tionen, besonders in neuen Situationen, und können nur sehr schwer in normale Kommunikation treten. Sie möchten auch oft lieber allein sein, denn dann ist alles sicherer. So entstehen je-doch erhebliche soziale Schwierigkeiten und meist werden diese Menschen wegen ihrer Verhaltensstörungen in Psychiatrien vor-

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    gestellt, wo nicht selten dämpfende Medikamente verordnet wer-den. Diese reduzieren zwar das aktuelle Leiden aller Beteiligten, können aber nichts heilen. Dass man Autisten häufig als geistig behindert einstuft, ist aufgrund deren Verhalten sehr verständ-lich. (Wenn Sie Genaueres über Autismus lesen möchten, finden Sie Anregungen in den Literaturhinweisen am Ende dieses Buches.)

    In Australien war man von der geistigen Behinderung von Autisten nicht wirklich überzeugt, und so stützte man einige auf die oben beschriebene Weise und sah, dass sie Worte kennen und benutzen. In Australien, rasch auch in Amerika und schließ-lich in Deutschland wurde daraufhin das Verfahren der »facilita-ted communication« (FC) entwickelt, im deutschen Sprachraum als Gestützte Kommunikation bezeichnet. Inzwischen hat es viele Varianten und es wird an verschiedensten Orten systematisch ge-lehrt.

    Bald nach Bekanntwerden dieser Möglichkeit und mutiger Anwendungsversuche gab es erste Antworten von Autisten – un-beholfen, manchmal schwer zu entziffern, doch zumindest wurde klar: Diese Menschen konnten Worte verstehen, und zwar sinnentnehmend, und sie konnten lesen. Wie sie das gelernt hat-ten, blieb ungeklärt; Fachleuten schien das unmöglich. Doch entsinne ich mich der Nachkriegszeit, als wir Kinder viel herum-liefen, ohne groß beschäftigt zu sein und dabei immer die Augen offen hielten: Da fielen uns natürlich Zahlen und Buchstaben auf und machten uns neugierig. So scheint mir der Beginn einer Le-sefähigkeit auch ohne Lehrer möglich, und zudem: Wer nicht redet und kaum spielt, hat mehr Zeit um hinzuschauen, zu beob-achten und Schlüsse zu ziehen – das haben viele Autisten getan. Ich persönlich hatte also nie ein Problem mit dem Annehmen der Lese- und Schreibfähigkeit autistischer Menschen und habe mich einfach für die Betroffenen gefreut.

    Je mehr die Gestützte Kommunikation zur Anwendung kam, desto häufiger entstanden interessante, unerwartete Sätze, die uns Engagierte aufhorchen ließen. Nicht selten erhielt ich ei-nen Anruf: »Stellen Sie sich vor, er hat das und das gesagt, wären

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    Sie darauf gekommen?« Nein, das wäre ich wirklich nicht, aber häufig zeigte mir ein Autist mit dieser Aussage einen wichtigen Zusammenhang auf, der genau als fehlendes Puzzlestück in mein Wissen über Autismus passte. Das war immer wieder Grund zur Freude. Mit der Zeit habe ich von gestützt schreibenden Autisten wirklich viel Wichtiges gelernt. Es kommt anderen Betroffenen zugute, es hat die Therapien, die ich durchführe, bereichert. All das ist Leben!

    Theoretische Kritik kann mir das Erfahrene nicht ausreden. Ebenso geht es denen, deren Familienleben eine Wendung nahm, seit endlich dank des gestützten Schreibens eine Kommunikation möglich wurde. Jeder Mensch kann sich vorstellen, wie frustrie-rend es ist, in eine Situation zu geraten, in der man nichts sagen, nichts fragen, nichts erklären oder um nichts bitten kann. Das führt zu tausenderlei Missverständnissen, und wenn dann end-lich jemand auftaucht, der ein paar Worte übersetzen kann, ist man erleichtert. Die große Erleichterung der Familien, die diese Wende erleben durften, ist immens. Endlich nicht mehr Zahn-weh mit Kopfweh verwechseln. Erfahren, dass der Junge deshalb so tobt, weil er nicht weggehen will, ehe seine Schwester heim-kommt, da er nicht weiß, dass sie heute in einer entfernten Stadt ist. Die Erklärung und die Ankündigung, ihre Stimme abends am Telefon zu hören, beruhigte diesen jungen Autisten sofort.

    Zweifellos ist es sehr bedauerlich, dass das Verfahren des gestützten Schreibens sich bislang der wissenschaftlichen Über-prüfung unter klassischen Untersuchungsbedingungen entzog. In diesen wird systematisch geplant, was zu schreiben wäre – aber der Wunsch, genau dies in Worte zu fassen, kommt ja nicht vom Getesteten. Ich fragte dazu einmal einen gestützt tippenden jungen Mann, den ich zu überprüfen hatte (der Kostenträger für den Stützer verlangte den Nachweis, dass die Texte wirklich aus dem Kopf des Gestützten kommen): »Wieso klappt eigentlich eine wissenschaftliche Überprüfung nicht?«, und er tippte: »Mir ohne Pep keine Aufgabe gelingt!« Das entspricht genau den Aus-sagen der Hirnforscher, die derzeit überall schreiben, dass in un-serem Gehirn alle eintreffenden Signale zunächst zum Mittelhirn

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    verbunden werden, wo emotionale Bewertung und Motivation lokalisiert sind. In geplanten Untersuchungen sind Aussagen zu Themen zu machen, die den Betreffenden zu diesem Zeitpunkt innerlich nicht bewegen – bei solchen arbeitet das Gehirn dann auch nicht so, wie wenn man selbst etwas mitteilen möchte. Es fehlt »der Pep«.

    Immerhin sind neue Forschungen mit sehr viel differenzier-teren Untersuchungsbedingungen in Arbeit. Das Leben geht in-zwischen weiter, immer mehr Menschen, vor allem in Heimen und Werkstätten machen die Erfahrung, dass das gestützte Schreiben zu besserer Alltagsbewältigung hilft. Das ist entschei-dend. Erhält man dazu auch imponierende Texte, sind das sehr schöne Erfahrungen. Sie können uns etwas vermitteln, das uns nachdenklich macht. Sie können zu tiefen Begegnungen führen, wenn wir uns für den anderen ungeachtet seiner etwas unge-wohnten Formulierungen öffnen.

    In der Zeitschrift für Gestützte Kommunikation »Bunter Vo-gel« sind seit 1995 laufend gestützt geschriebene Texte erschie-nen, manche bruchstückhaft und fast banal, andere ergreifend, manche schwer zu entziffern, andere klar und in flüssigem, ge-konntem Deutsch. Sehr häufig enthalten sie eigene Wortschöp-fungen, die aber erstaunlich verständlich sind. Autisten sind ja beim Sprechenlernen nie unterstützt und korrigiert worden, da sie den Lernprozess still in ihrem Inneren durchliefen. Doch ab-gesehen von persönlichen Ausdrucksmöglichkeiten brachte die Gestützte Kommunikation weitere unschätzbare Vorteile mit sich. Sie eröffnete auch ein neues Verständnis der mit dem Autis-mus verbundenen Störungen.

    Lange standen in der Fachliteratur ganz die Wahrnehmungs-probleme im Vordergrund. Einer unserer Jungen schrieb indes-sen, dass sein Körper die Befehle des Gehirns einfach nicht aus-führe. Und er seufzte: »Wer hilft mir aus dem Wollensloch?« Ein anderer beschrieb ein motorisches Blackout. »Manchmal kann ich nicht einmal im Liegen ein Bein auf Befehl anheben. Es den-ken dann natürlich alle, dass ich mich verweigere.« (Dietmar Zöller in: Autistische Menschen verstehen lernen II, S. 21) Das

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    machte uns auf die immensen Handlungsprobleme aufmerksam. Schließlich wurde auch der Zusammenhang beschrieben: »Wol-len und Sollen ist obersicher abhängig von Sichselberspüren. Wenn ich mich nicht selber spüre, kann ich mich auch nicht si-cher bestimmt durch Befehl des Gehirns bewegen.« (Lutz Bayer, ebd., S. 22) So halfen die gestützt zu Papier gebrachten Aussagen uns, den Autismus viel besser zu verstehen. Die neurobiologische Seite wurde immer deutlicher. Veraltete Theorien, etwa dass Fehlverhalten von Müttern Ursache von Autismus sei, hatten viele Angehörige sehr verletzt. Nun hatten sie endlich ausge-dient.

    Immer wieder sind gestützt geschriebene Texte mit philoso-phisch-religiösem Inhalt erschienen, manchmal nur in einzelnen Sätzen, dann wieder ausführlich. Auch mir selbst war aufgefal-len, dass solche Themen in FC-Texten überrepräsentiert sind. Tief berührt hat uns alle ein Kondolenzschreiben an die Mutter eines gerade verstorbenen jungen Autisten: »Mit der ohnlei-denden Seele wird er Frieden lebendig spüren. Lähmt uns der Schmerz, Freude über dem Heimgekommenen. Getarnt mit der nichtkörperlichen Anwesenheit merkt er mit seiner Seele unseren loslassenden Mut.« (Lutz Bayer in: Autistische Menschen verste-hen lernen I, S. 68) So ermutigt er die Mutter, den jetzt Glück-lichen freizugeben. Autisten haben uns etwas zu sagen, das ist keine Frage.

    Doch der Weg dahin ist steinig. Das vorliegende Buch zeich-net so einen steinigen Weg auf. Er war wie in vielen Fällen außer-ordentlich mühsam und immer wieder von Jans völligem Rück-zug unterbrochen. Die um Kontakt zu ihrem Sohn ringende Mutter gab aber nie auf, so viele Rätsel er ihr auch präsentierte. Im Lauf der Jahre, in denen es auch immer wieder sehr schmerz-liche Zeiten gab, entwickelte sie mit viel Geduld eine intuitive Art des Verstehens. So zeigt sich auch in den Texten dieses Buches klar eine Entwicklung: Jan öffnet kleine Fenster in eine Realität, die uns noch wenig zugänglich ist. Gehen wir mit Mutter und Sohn diesen Weg!

    Vera Antons

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    Vera Antons, Dr. phil. Dipl. Psych., geboren 1942, studierte Philosophie und Psychologie. Sie arbeitete zunächst in der psychosozialen For-schung, dann mit Alkoholikern und nach intensiver Kinderpause grün-dete sie 1978 den »Verein zur Förderung von autistisch Behinderten Stuttgart« der inzwischen analog zum Bundesverband »Autismus Deutschland« schlicht »Autismus Stuttgart« heißt. In dessen Träger-schaft baute sie mit Vorstands- und Mitarbeiterkollegen ab 1986 das heutige »Autismus-Therapie- und Beratungszentrum Stuttgart« auf, dessen Leitung sie zur Zeit innehat.

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    Biografisches

    Ein kurzer Einblick in ein Familienschicksal

    » Ernsthaft und opferwillig unser Schicksal annehmen.Opferwillig ich mich füge und opferwillig ich lebe. «

    Mein ältester Sohn Andreas war gerade einmal vier Jahre alt, als sein Bruder Jan 1971 in Bonn geboren wurde. Unser kleiner Bub, ein freundliches, aufgewecktes, kommunikatives Kind. Gesund! Mit vier Monaten erkrankte er an Keuchhusten, der ihn über ein Vierteljahr lang peinigte. Nach dieser dramatisch verlaufenden Zeit mussten wir Eltern nach und nach erleben, dass sich der Kleine nicht mehr weiterentwickelte.

    Jan nahm keinen Blickkontakt mehr auf, verlor sein liebes Lächeln und das Verlangen nach körperlicher Nähe. Schwere Schlafstörungen quälten ihn und naturgemäß auch uns. Große Unruhe und Panikanfälle, bizarres Verhalten und Zwänge vieler Art überfielen unseren kleinen Sohn. Vor allem den totalen sozi-alen Rückzug von uns allen galt es auszuhalten.

    Sein kindliches Spiel schien ohne Motivation: automatisches zwanghaftes Drehen, Bewegen, Schütteln und Belecken von di-versen Gegenständen und so fort. Außerdem galt es, Schubladen und Schränke auszuräumen, hektisch und ohne Ziel. Dann wie-derum stundenlang in einer Ecke hocken und vor sich hinstar-ren – wenn man das Kind denn ließ … Später überfiel Jan Erre-gung und Unruhe solcherart, dass er sediert werden musste.

    Ein wunderschönes, zartes Kind, elfengleich. Seine kleinen Füße berührten kaum den Boden. Kaum von dieser Welt, damals schon ... Außerhalb der beschützenden Räume versuchte Jan wegzulaufen, mit atemberaubender Schnelligkeit. Er versuchte

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    zu fliehen – aber wohin? Der Kleine musste ständig im Auge be-halten werden. Tag und Nacht.

    Eine Odyssee von Arzt zu Arzt

    Unzählige Kliniken waren aufzusuchen ... Unter den diversen Diagnosen durfte ich auswählen: Entwicklungsrückstand durch schwere Pertussis (Keuchhusten). Psychopathische Persönlich-keit. Schwere geistige Behinderung. Falsche Erziehung durch die Mutter! (Diese Ansicht war damals weit verbreitet.)

    Ich erinnere mich noch sehr genau an den unglaublichen Rat eines jungen psychiatrischen Arztes: »Setzen Sie Ihren Sohn in eine Ecke, geben Sie ihm ein Spielzeug und lassen Sie ihn in Ruhe.« Später in einer neurologischen Klinik folgte auf meine vorsichtige Frage nach »Autismus« – damals hatten Mütter noch unterwürfig zu sein – der harsche Verweis: »Das überlassen Sie den Ärzten!« Ich erspare mir weitere Details. So viele Demüti-gungen, so viel Trauer, so viel ohnmächtiger Zorn ... Selbst heute kann es noch vorkommen, dass Eltern von Kindern mit Autis-mus mit der Fehldiagnose »Geistige Behinderung« nach Hause geschickt werden. Mein Dank gilt den Autismus-Verbänden, die seit vielen Jahren mit großem persönlichen Einsatz Öffentlich-keitsarbeit, Therapie und Elternhilfe betreiben.

    Selbstverständlich gab ich nicht auf, versuchte mich weiter kundig zu machen und befand mich nach langem Suchen auf der richtigen Fährte. So erfuhr ich endlich und unumstößlich durch die kompetente Ärztin Dr. H., praktizierend in Frankfurt und vordem langjährige Mitarbeiterin des Autismusforschers Kanner (USA), dass mein mittlerweile drei Jahre altes Kind autistisch war. Ich gestehe, dass ich fast erleichtert war, endlich die Wahr-heit erfahren zu haben.

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    Entscheidungen

    Nach meiner Scheidung zog ich mit meinen beiden Söhnen in eine kleine Dachwohnung. Meinen lieben Stiefsohn musste ich bei seinem Vater lassen, dieser hatte das Sorgerecht. Wir ver-suchten im »Dreier-Pack« einen Neuanfang. Ich will einiges überspringen, zu dramatisch war auch diese Spanne Zeit. Nur dies: Verstärkt durch die permanente Schlaflosigkeit des Kindes hatte dessen autistisches Fehlverhalten zwischenzeitlich solch bedrohliche Ausmaße angenommen, dass wir – mein Ältester und ich – uns von dem Kleinen trennen mussten.

    Auch wurde Jans Bruder Andreas, zu dieser Zeit zehn Jahre alt, langsam aber sicher ebenfalls verhaltensauffällig! Andreas hat unter seinem Bruder sehr viel leiden müssen, zumal ich keine Zeit mehr für den älteren Sohn erübrigen konnte. Ich hatte mich also sehr schnell zu entscheiden.

    Am Bodensee fand ich glücklich eine behütende Heimstätte für Jan und nicht zuletzt einen Schulplatz an der Waldorfschule für Andreas. Das waren die beiden sicheren Häfen. Eine Woh-nung konnte ich vom Rheinland aus – dort lebten wir ja noch – nicht ausmachen. Aber ich zog mit den beiden Buben und Gottes Hilfe gen Süden.

    Jan findet Aufnahme und Hilfe

    Ein anthroposophisch geführtes Heim am Bodensee nahm mei-nen Jüngsten also 1977 auf. Die anthroposophischen Einrich-tungen für behinderte Menschen arbeiten auf der Grundlage und dem Menschenbild der von Rudolf Steiner entwickelten Heilpä-dagogik. So wurde mein Sohn ein Camphill-Kind.

    Ich selbst hatte noch vier lange Monate zu suchen, bis wir eine kleine Dachwohnung in der Nähe der Heimeinrichtung fan-den. Ebenso war die Schule für den Ältesten gut zu erreichen. (Bis dahin mussten wir beide in einer notdürftig hergerichteten Scheune hausen.) Nun war wieder die Möglichkeit gegeben,

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    meinem Jüngsten regelmäßig und häufig zu begegnen. Es war dies nicht immer leicht, gewiss. Sein Autismus schüttelte ihn. Trotz alledem habe ich es – im Notfall durch Intervention seiner Heilerzieher – geschafft, ihn all die Jahre während seiner gesam-ten Ferien zu mir zu nehmen.

    Schulzeit

    Jan nahm regelmäßig am Unterricht innerhalb seiner Einrichtung teil. Die Schwere seiner autistischen Behinderung und seine Sprachlosigkeit ließen es jedoch nicht zu, sich aktiv am Schulun-terricht zu beteiligen. Aber er hörte und vor allem: Er verstand! So bescheinigte der damalige behandelnde Heimarzt ihm »hohe Intelligenz«. Das Kind nahm die sogenannten Kulturtechniken wie Rechnen, Schreiben und Lesen sowie weitere Wissensver-mittlung rezeptiv auf. Er hütete in der Stille über lange Jahre diese Wissensfülle.

    In der Disziplin Werken vermochte Jan jedoch, sich aktiv zu betätigen! Feinmotorisch war er sehr geschickt, wenngleich er auch der Anleitung und Begleitung bedurfte. Weben, Holzschlei-fen, Tonen, Knüpfen, Flechten, Malen brachten ihm wichtige kleine Erfolgserlebnisse. Die vielseitigen und vorbildlichen thera-peutischen, kulturellen und religiösen Angebote, die zu den heil-pädagogischen Grundlagen in den Camphill-Einrichtungen ge-hören, gaben ihm zusätzlich seelische Unterstützung. Leider konnte ich – nachdem mein Sohn 21 Jahre alt geworden war – trotz vieler Bemühungen für ihn keinen Lebensplatz in den anthroposophischen Einrichtungen für Erwachsene finden.

    Eine neue Lebensgemeinschaft

    Eine große Caritas-Einrichtung nahm meinen Sohn 1992 schließ-lich auf. Eine Odyssee der Heimplatzsuche ging zu Ende! Eine neue, fremde und gewöhnungsbedürftige Welt für mich und

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    meinen Sohn. Es dauerte seine Zeit, bis wir uns »akklimatisiert« hatten. Aber auch hier erlebte ich ehrliches Bemühen, meinem Sohn gerecht zu werden.

    Die jungen Leute, die mit Jan zusammenlebten, waren ein weitgehend fröhliches, lebhaftes und gutmütiges Grüppchen! Jan fand dort noch einen schweigenden autistischen Kameraden. Doch zog mein Sohn sich leider weitgehend in sein Zimmer zu-rück. Sein Autismus diktierte ihm das Gefühl der Einsamkeit, obwohl sich seine »Jungs« durch liebenswerte Toleranz ihm ge-genüber auszeichneten. Sie mochten ihn – trotz all seiner ihm eigenen Exzentrik.

    Auch muss die Lärmkulisse im Gruppenraum, inklusive Fernsehen und Radio, für ihn wohl unerträglich gewesen: »Ich brauche Ruhe, alles zu laut für meine Ohren.«

    Leicht hat mein Sohn es seinen Freunden auch nicht immer gemacht, wenn ich an seine ausgeprägten und abenteuerlichen Zwangshandlungen am Tag (und in der Nacht!) denke ...

    Gruppenreisen in die Ferien galten auch für meinen Sohn, dafür war und bin ich sehr dankbar. An den heiteren öffentlichen Festen innerhalb der Stiftung konnte er sich durchaus mit er-freuen. Auch besuchte er in der Regel gerne seine Werkstatt zur Arbeitstherapie und auch den Gottesdienst.

    Das Wunder der Wortfindung

    Jan sollte noch viele Jahren warten müssen, bis ein wirkliches Wunder geschah! Ungefähr im Jahr 1995 hörte ich das erste Mal von den Versuchen – und auch Erfolgen – mithilfe der Methode der Gestützten Kommunikation sprachlose autistische Menschen zum Buchstabieren zu bewegen. Diese Methode kam aus den USA zu uns nach Deutschland und wurde hier allmählich durch einige »innovative« Heilerzieher, Lehrer und nicht zuletzt Eltern aufgegriffen und angewandt. Es war eine echte Pionierarbeit auf diesem Felde. Der Erfolg blieb nicht aus. (Näheres zur Gestütz-ten Kommunikation siehe auch S. 30 ff.)

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  • 20

    Ein Betreuer meines Sohnes innerhalb seiner Einrichtung übernahm dann dankenswerter Weise die Funktion des »Stüt-zers«. Das Wissen darum hatte dieser sich in einem Seminar für Gestützte Kommunikation geholt. Ungefähr zwei Jahre schrieb H. mit meinem Sohn, um dann die Gruppe und somit auch Jan zu verlassen.

    Nun begann eine schwere Zeit, denn mein Sohn verweigerte seither das Schreiben innerhalb der Einrichtung. Er kommuni-zierte nur noch mit seiner Mutter. Ich möchte aber nicht verges-sen, dass seine sensible Therapeutin, die einmal in der Woche mit ihm arbeitete, eine Bilder-Schrift für ihn entwickelte. So ver-mochte Jan auf die entsprechenden Symbole zu zeigen, um das Nötigste mitzuteilen.

    In den folgenden Jahren wanderte Jan ebenso gerne von Zu-hause in seine Heim-Gemeinschaft zurück, wie er von dort zu seiner Mutter pilgerte. Während dieser Zeit führten Jan und ich unzählige gestützte Gespräche – bis mein Sohn im Februar 2004 unerwartet und sehr plötzlich an einer unentdeckten Herzer-krankung verstarb. Eine Auswahl unserer Gespräche stellt dieses Buch vor, und dabei besonders jene, in denen Jan Einblicke in seine spirituelle Sicht auf die Welt und sein Leben gewährt.

    Ich öffne ein »Kürzel«

    Meine hier vorgestellte Biografie kann lediglich ein Querschnitt durch das Schicksal eines Menschen sein. Ein Kürzel sozusagen. Doch ein weiteres »Kürzel« möchte ich hier zum guten Schluss für meine Leserinnen und Leser »verlebendigen«.

    Vor Jahren – die Hilfen durch die Gestützte Kommunika-tion waren mir damals noch unbekannt – musste Jan sich ex-trem einsam und unverstanden fühlen. (Wahrscheinlich auch so manches Mal unverstanden durch seine Mutter!) So konnte es vorkommen, dass sich sein seelisches Verlassensein und sein an-gestauter, ohnmächtiger Zorn auch bei mir leidvoll entladen mussten.

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    Ich erinnere mich zurück an eine dieser »unleidlichen« Sze-nen. Jan war ungefähr zehn Jahre alt. Ich war mit dem PKW un-terwegs, um mein Kind zu mir in die Ferien abzuholen. Seine junge Betreuerin bemerkte bei der »Übergabe« so nebenbei: »Ich glaube, ich habe ihn heute geärgert.« Ich ging leider nicht näher auf diesen Hinweis ein, zumal die junge Frau diesem keine wei-tere Bedeutung beizumessen schien.

    Auf unserer Nachhausefahrt im PKW schlug mein Kind plötzlich heftig mit dem Kopf gegen die Autoscheibe und weinte verzweifelt. Nach einer Weile konnte ich ihn beruhigen und ich atmete tief durch, als endlich die 22 Kilometer Fahrstrecke über-standen waren. Der Kleine schien in der Tat friedlich geworden.

    Vor unserer Wohnung angekommen, sprang mein Sohn wie eh und je die Treppe hinauf, während ich seine Kleider aus dem Auto packte. Nichtsahnend ...

    Ein schriller Schrei, ein Schlag und Scheibenklirren ließen mich das Schlimmste befürchten. Selten habe ich so schnell eine Treppe bewältigt – und erblickte voller Schrecken das angerichtete Chaos ... Ein verzweifeltes Menschenkind hatte sein geliebtes (!) Ra-dio aus dem Regal gerissen und in das große Panoramafenster des Wohnzimmers geschleudert! Alles war zersplittert und zerbrochen.

    Blitzschnell hatte ich meinen Sohn vor Verletzungen zu hü-ten. Der Himmel schenkte mir in diesen Augenblicken große Ruhe. Somit führte ich den Verstörten behutsam aus dem Wohn-raum, dessen Türe ich abschließen musste. Tagelang war kein Zutritt möglich, bis der Glaser seine Arbeit getan hatte.

    Wie schwer war es für mich, Jan von dem vertrauten Zim-mer fern zu halten. Zwänge und Panik trieben ihn um, er ver-stand seine Welt nicht mehr ... Was hat sich zwischen der jungen Betreuerin und Jan an diesem Morgen wohl abgespielt? Ich habe es nie erfahren.

    Welcher Segen war es später, einen zuverlässigen Helfer und Klärer in diversen Nöten zu haben: ein schlichtes hölzernes Brett mit eingelassenen Buchstaben ...

    Ute Jörg-Labonde im Juni 2008

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    Zur Einstimmung: Die »Anderswelt« Autismus

    » Gute Mutter löst mich klingend aus Einsamkeit.Mutter hat mich herausgeklüftet. Ich danke ihr unendlich.«

    Wer kennt sie schon, unsere so schwer geprüften sogenannten Autisten? Bei uns in Deutschland leben ungefähr 50.000 Per-sonen mit einer autistischen Behinderung – diese so seltsam an-mutenden »Gestalten« ... unsere Mitmenschen!

    Nur wenige Autisten bewegen sich selbstständig unter uns. Viele müssen unter der Obhut beschützender Einrichtungen oder auch bei den Eltern leben. Fremd und ausgegrenzt müssen diese sich fühlen in einer Welt, die nicht die ihre ist. Zumeist unverstanden, leiden sie unter ihrer Andersartigkeit, sind einge-schlossen in ihrer ureigenen, einsamen Welt. Innenräume voller drängender und unbeantworteter Fragen, voller schöpferischer und auch skurriler Fantasie, ungeahnter Weisheiten, aber auch verdunkelt durch eine Welt voller Schrecken und Abgründe.

    Autistisch behinderte Menschen fühlen sich häufig verlassen und ihren seelischen Nöten ausgeliefert, zumal da sie nicht ge-hört und verstanden werden, denn meist sind sie stumm. Autis-tische Menschen leben in einer »Anderswelt«, wie es einmal ein Betroffener in Worte zu fassen versuchte. Sie haben zu leben in ihrer ureigenen inneren – uns »Normalsterblichen« weitgehend verborgenen – Insel-Welt. Dort herrschen »andersartige« Gesetze in »andersartigen« seelischen Landschaften. Die meisten dieser Menschen sind intelligent, was ihnen ihre Isolation nicht ein-facher macht.

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  • UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

    Ute Jörg-Labonde, Jan Labonde

    "Ich weiß, dass ich ein himmlischer Mensch bin"Botschaften aus der stillen Welt meines autistischen Sohnes

    Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 160 Seiten, 13,5 x 21,5 cmISBN: 978-3-466-36802-0

    Kösel

    Erscheinungstermin: Juli 2008

    Faszinierend, anrührend, ermutigendDie spirituelle Weisheit eines Autisten Bis ins Erwachsenenalter konnte Jan Labonde kaum Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen.Über ein Buchstabenbrett gibt er schließlich überraschende Einblicke in seine Seele. Worte vollWeisheit, Humor und spiritueller Gewissheit zeichnen die Dialoge mit seiner Mutter aus. Einautistischer Mensch ermutigt: Auch in schweren Zeiten sind wir gehalten und geliebt. "Ich bin mir im Klaren, dass ich ein himmlischer Mensch bin – ohne Behinderung im Himmel wieauf Erden."Jan Labonde