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Kostenmanagement Der Blick in die Zukunft der Kostenrechnung Albrecht DEYLE, Dr.rer.pol.. Dipl.-Kfm.; studierte an den Universitäten München und Tübingen; Assistent und später Geschäftsführungsmitgiied: Deutsches Institut für Betriebswirtschaft in Frankfurt; Berater bei Plaut; Chefredakteur: Verlag Moderne Industrie, München; selbständig seit 1968. Leiter (geschäftsführender Gesellschafter) Controller Akademie; Inhaber Mana- gement Service Verlag; Ehrenvorsitzender Controller Verein eV Veröffentlichungen Controller-Praxis 1979, 9. Aufl. 1992; Controller-Handbuch 1974, 3. Aufl. 1990; Management & Controlling Brevier, 1. Aufl. 1976, 6. Aufl. 1993; Herausgeber Controller Magazin seit 1976 Variable/fixe Kosten: Jahrhundertkonfusion des Rechnungswesens Zuerst kommt einem vielleicht als Leser der scherzhafte Spruch in den Sinn: "I am still confused but on a higher level." Konfus bedeutet vermengt, verwirrt, verworren, außer Fassung. Und zwar bandelt es sich darum, nm uns der facbwissenschaftlichen Ausdrücke zu bedienen, daß der Anteil der kleiner und der Anleii der fixen Kosten Imqler größer und zwar so sehr, daß schließlich der An' Produktionsgestaltung bestimmend wurde. Es delt._skh. um den den wH- als KoSblndegression bezeichnen. " Die alte, die große Epoche des 19. Jahrhunderts, die Epoche der freien Wirtschaft, war nur möglich, wenn die Produktionskoslen im wesentlichen pro- waren. Sie war nicht mehr möglich, als uer Anteil der fixen Kosten immer beträchtlicher wü"r·de. 11 VariabeVfix als entweder/oder für ein vernetztes Thema Dieses "confused" ist vorprogrammiert, weil die sogenannte "Kostenspaltung" in variabel/fix ein Entweder/Oder ver- langt. Damit sind komplexe Sachver- halte nicht zu lösen. Aber unser sogenanntes rechtes Gehirn, das ganzheitlich, vernetzt, bildhaft wahrzunehmen versteht, ist nicht aus- reichend trainiert. Getrimmt wird in Schule und Hochschule das sogenannte linke Gehirn. Dort sind die Reihenfol- gen drin, die logischen Hintereinander- gliederungen, dort wird der rote Faden gesucht (statt eben der vernetzte rote Teppich) und dort ist eben vor allem die Sprache zu Hause. Niemand von uns Menschen kann mehrere Sachverhalte simultan sagen. Da kann man nur stot- tern. Hintereinander muß man eben sprechen. In Papieren muß man hinter- einander blättern. Das ist unsere Hin- tereinander- oder Entweder/Oder-Denk- weise. Was wir brauchen, ist Hilfe für stärker vernetztes Denken. Sonst gibt es immer dieses "Reparaturverhalten" (Frederic Vester), das im VariabellFix-Thema des Rechnungswesens stets darin besteht, 4 DER WIRTSCHAFTSI GE IEUR 25 (1993) 3 daß man zu hören kriegt: "ganz so varia- bel sind die Variablen doch nicht" oder "dann meinen Sie also, daß die Fixko- sten doch nicht ganz so fix sind". Da denkt man dann immer, das auf's Gleis gesetzte Rechnungswesen im Sinn der Managementerfolgsrechnung, der Deckungsbeitragsrechnung, des direct costing sei ein bißehen doof und - con- fused - außer Fassung geraten. Offenbar merkt man einfach nicht, daß in diesen Zitaten - von mir selber im Laufe mei- nes beruflichen Lebens x-fach gehört- zwei Koordinaten drinstecken: Ein y- Merkmalsvektor und ein X-Merkmals- vektor simultan, der mit denselben Wor- ten bezeichnet wird. Angefangen hat es bei Schmalenbach Da gab es in der Betriebswirtschafts- geschichte die berühmte Rede 1928 in Wien von Eugen Schmalenbach, der gerne als Nestor der Betriebswirt- schaftslehre (in deutscher Sprache) be- zeichnet wird. Diese Rede hatte den merkwürdigen Titel: "Die Betriebswirt- schaft an der Schwelle einer neuen Wirt- schaftsverfassung". So wie der Text hier eingefügt ist, han- delt es sich um eine Faksimilekopie des damaligen Originaltextes. Es kommt zweimal das Wort "proportional" (anstatt variabel) vor; aber mit einer völ- lig verschiedenen Bedeutung. Jedenfalls

Variable/fixe Kosten

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Page 1: Variable/fixe Kosten

Kostenmanagement------~-~------------------==----'

Der Blick in die Zukunft der Kostenrechnung

Albrecht DEYLE, Dr.rer.pol.. Dipl.-Kfm.; studierte an den Universitäten Münchenund Tübingen; Assistent und später Geschäftsführungsmitgiied: Deutsches Institutfür Betriebswirtschaft in Frankfurt; Berater bei Plaut; Chefredakteur: VerlagModerne Industrie, München; selbständig seit 1968.Leiter (geschäftsführender Gesellschafter) Controller Akademie; Inhaber Mana­gement Service Verlag; Ehrenvorsitzender Controller Verein eVVeröffentlichungen Controller-Praxis 1979, 9. Aufl. 1992; Controller-Handbuch1974, 3. Aufl. 1990; Management & Controlling Brevier, 1. Aufl. 1976, 6. Aufl.1993; Herausgeber Controller Magazin seit 1976

Variable/fixe Kosten:Jahrhundertkonfusion des RechnungswesensZuerst kommt einem vielleicht als Leser der scherzhafte Spruch in den Sinn:

"I am still confused but on a higher level."Konfus bedeutet vermengt, verwirrt, verworren, außer Fassung.

Und zwar bandelt es sich darum,nm uns der facbwissenschaftlichen Ausdrücke zu bedienen, daß der Anteil derpr~al~JalS~roduktionsprozeß kleiner und der Anleii der fixenKosten Imqler größer gewor~i[:ist, und zwar so sehr, daß schließlich der An'te~xen KöSfe~ie Produktionsgestaltung bestimmend wurde. Es h~"_delt._skh. um den widltige~organg,- den wH- als KoSblndegression bezeichnen.

" Die alte, die große Epoche des 19. Jahrhunderts, die Epoche der freienWirtschaft, war nur möglich, wenn die Produktionskoslen im wesentlichen pro­portionaler~Natur waren. Sie war nicht mehr möglich, als uer Anteil derfixen Kosten immer beträchtlicher wü"r·de. 11

VariabeVfix als entweder/oderfür ein vernetztes ThemaDieses "confused" ist vorprogrammiert,weil die sogenannte "Kostenspaltung"in variabel/fix ein Entweder/Oder ver­langt. Damit sind komplexe Sachver­halte nicht zu lösen.

Aber unser sogenanntes rechtes Gehirn,das ganzheitlich, vernetzt, bildhaftwahrzunehmen versteht, ist nicht aus­reichend trainiert. Getrimmt wird inSchule und Hochschule das sogenanntelinke Gehirn. Dort sind die Reihenfol­gen drin, die logischen Hintereinander­gliederungen, dort wird der rote Fadengesucht (statt eben der vernetzte roteTeppich) und dort ist eben vor allem dieSprache zu Hause. Niemand von unsMenschen kann mehrere Sachverhaltesimultan sagen. Da kann man nur stot­tern. Hintereinander muß man ebensprechen. In Papieren muß man hinter­einander blättern. Das ist unsere Hin­tereinander- oder Entweder/Oder-Denk­weise.

Was wir brauchen, ist Hilfe für stärkervernetztes Denken. Sonst gibt es immerdieses "Reparaturverhalten" (FredericVester), das im VariabellFix-Thema desRechnungswesens stets darin besteht,

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daß man zu hören kriegt: "ganz so varia­bel sind die Variablen doch nicht" oder"dann meinen Sie also, daß die Fixko­sten doch nicht ganz so fix sind". Dadenkt man dann immer, das auf's Gleisgesetzte Rechnungswesen im Sinn derManagementerfolgsrechnung, derDeckungsbeitragsrechnung, des directcosting sei ein bißehen doof und - con­fused - außer Fassung geraten. Offenbarmerkt man einfach nicht, daß in diesenZitaten - von mir selber im Laufe mei­nes beruflichen Lebens x-fach gehört­zwei Koordinaten drinstecken: Ein y­Merkmalsvektor und ein X-Merkmals­vektor simultan, der mit denselben Wor­ten bezeichnet wird.

Angefangen hat es beiSchmalenbachDa gab es in der Betriebswirtschafts­geschichte die berühmte Rede 1928 inWien von Eugen Schmalenbach, dergerne als Nestor der Betriebswirt­schaftslehre (in deutscher Sprache) be­zeichnet wird. Diese Rede hatte denmerkwürdigen Titel: "Die Betriebswirt­schaft an der Schwelle einer neuen Wirt­schaftsverfassung".

So wie der Text hier eingefügt ist, han­delt es sich um eine Faksimilekopie desdamaligen Originaltextes. Es kommtzweimal das Wort "proportional"(anstatt variabel) vor; aber mit einer völ­lig verschiedenen Bedeutung. Jedenfalls

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Kostenmanagement

merkt man es dann, wenn man stärkerdas rechte Gehirn einsetzt.

Im ersten Absatz ist gemeint, daß sichdie Produktionsfunktion ändert. Beimehr händisch/handwerklicher Arbeitgibt es im Kosten-Diagramm einen stei­leren Anstiegswinkel der proportionalenKosten und ein flacheres "Band" derfixen Kosten. Wird mehr in automati­sierten Prozessen hergestellt, ist derAnstiegswinkel der proportionalenKosten flacher und das Kostenband derFixkosten breiter geworden.

Dies ist - controllerisch geredet - einebetreibs-wirtschaftliche Aussage. DieArt des Betreibens spiegelt sich wirt­schaftlich wider.

Im zweiten Absatz ist was völlig ande­res gemeint. Der Hinweis auf die "freieWirtschaft" bedeutet, daß eben das Prin­zip von "hire and fire" gültig gewesenist. Rein die Leute, wenn Arbeit da war;raus mit ihnen, wenn die Arbeit fehlte.Hier dürfte man nicht sagen "proportio­nal", sondern man müßte formulieren,beeinflußbar. Das ist der andere Merk­malsvektor.

Die korrekte Formulierungder Schmalenbach'schenAussageIn der Controller-Praxis der neunzigerJahre müßte es so heißen: Die propor­tional geplanten Kosten gemäß dem vor­gegebenen Verfahren (des Herstellensder physischen Existenz extern zu ver­kaufender Produkte) sind im Sinne derkurzfristigen Steuerung im Ist nichtschnell dorthin zu trimmen, wo es der

Proportionale Kostennach Plan

vorgegebene Planpunkt erwartet.

Dies betrifft vor allem den "Rückwärts­gang" bei der Auslastung. Stecken inden proportionalen Kosten die Arbeits­folgen und entsprechend die Minutenvon Mitarbeitern drin -lr (Rüstzeit) undte (Einheitszeit) -, so kann man nichtdavon ausgehen, daß die Zahl der Köpfeder Fertigungsmitarbeiter sich mit ent­sprechend niedriger Auslastung auto­matisch nach rückwärts anpaßt. Um dengeplanten Verlauf der (proportionalen)Kosten herum ergibt sich eine Abwei­chung. Dies ist indessen für einen Con­troller nichts Erschütterndes. Im "busi­ness as usual" kommt genau das vor:Daß es eben auch anders kommt, alsman denkt.

Entscheidungsrelevant ist,was sich mit einer Entschei­dung verändert

Die Buchhalter haben dieses Themaschon immer gewußt. Sie machen näm­lich eine Bewegungsbilanz. Dort ist dar­gestellt, daß mit Entscheidungen sichVeränderungen einstellen werden imAnlage- und Umlaufvermögen. Dazukommt die Frage, wie diese dazukom­menden Mittelbindungen aus der sichebenfalls verändern müssenden Mittel­herkunft finanziert werden. Und da gibtes Veränderungen im Anlage- sowie imUmlaufvermögen; sind die Fälligkeitenausbalanciert (ausbilanziert)?

In die betriebswirtschaftliche Kosten­rechnung übernommen, stellen sich imFunktionsbild der Kosten nach propor­tional und fix vier Fälle dar (vgl. Abb.l):

Proportionale Kosten(neuer Verlauf)

a) Es verändert sich in den Kosten das,was sich gemäß dem vorgeplantenVerfahren auf der Proportionalko­stenlinie als Veränderung darstellt.

b) Die Veränderung im Sinne zusätzli­cher Auslastung erzeugt einen ande­ren Anstieg der Proportionalkosten­linie, weil jetzt ein anderes Verfahrenin Gang zu setzen ist. Bild b zeigt,was jetzt entscheidungsrelevant istund vor der Entscheidung bedachtwerden soll.

c) Dies ist betriebswirtschaftlich derschwierigste Fall und sorgt für diegrößte Konfusion. Ein Rückwärts­gang ist abzufedern. Im Fall derSituation, die nach dem Hinnehmenvon Entscheidungen zu erwarten ist,sind die Istkosten oberhalb dergeplanten proportionalen Kosten.Entscheidungsrelevant ist auch die zuerwartende Abweichung. Könnteman sie verhindert haben - z.B. durchPreiskonzessionen? Was zählt dannmehr: Die hinzunehmende Erlösmin­derung oder die ansonsten entstehenmüssende Kostenabweichung ­jedenfalls auf die kürzere Sicht.

d) Die Situation ist so, daß eine größereAuslastung nur erreichbar ist, wennauch ein erweitertes Volumen der"fixen" Kosten hingenommen wer­den kann. Schon immer sprach manhier von sprungfixen Kosten. Dasheißt, der Block der Periodenko­sten/Strukturkosten macht eine Ver­änderung nach oben durch - irgend­wie leistungsinduziert.

Proportionale Kostennach Abweichung

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Erwartete Ist­kosten

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SituationohneEntscheid

SituationnachEntscheid

Situationvorher

Situationnachher

Situationnachher

Situationvorher

a: Veränderung "nonna'"

Abb. 1: Funktionsbilder der Kosten

b: Veränderung "anderer Anstieg" c: Veränderung "nonnal mit Abweichung"

DER WIRTSCHAFTSINGENIEUR 25 (1993) 3 5

Page 3: Variable/fixe Kosten

Kostenmanagement

Welchen Namen die Kosten­kinder kriegen sollen...Kinder kriegen einen Namen, wenn sieauf die Welt kommen und nicht wennsie 100 Jahre gelebt haben. Dies ist dasHauptproblem der Rechnungswesen­Konfusion im Sinne babylonischerSprachverwirrung. Paten-Tante in derNamensgebung der Grenzkosten (insProdukt gehend) und der Fixkosten (sichperiodisch drumherum bemühend) wardie Mathematik. Übrigens noch nichteinmal betriebswirtschaftlich, sondernim 19. Jahrhundert volkswirtschaftlichformuliert. Da gab es die Gossen­Gesetze von Grenznutzen und Grenz­leid zusätzlicher Arbeitseinheiten(1854). Oder in den Thünen'schen Krei­sen (1826) ist das Prinzip der Grenz­transportkosten formuliert.

Übrigens nannte v. Thünen 1826, land­wirtschaftlich angewendet, die Kostendes Saatguts, die Kosten der Bestellungund der Ernte des Feldes "Produktions­kosten". Die anderen Kosten waren mit"Kulturkosten" bezeichnet. Da hat einpragmatisch-konzeptioneller Vordenkertreffsicher formuliert. Und daß dieKostensachverhalte proportional und fixetwas damit zu tun haben könnten, daßman Mitarbeiter entläßt oder nicht ent­läßt, konnte bei Thünen nicht vor­kommen, weil seine Kreise durch eineWildnis umschlossen sind; d.h. demModell kann keiner entgehen.

Es ist die Art der Tätigkeit (activity),die bestimmt, ob es Produktionskosten

dessen physischer Existenz... Und zwar,wie schon erwähnt, gemäß dem geplan­ten Verfahren und der vorgegebenenBeschaffungsfunktion.

Auf der anderen Seite bemüht sich dasorganisatorische Gehäuse um denMarktplatz selber (hingehen, werben)und um pünktliches Liefern, um Bera­tung um's Produkt herum, um Navi­gationsfähigkeit, um Abwicklung, umformale Korrektheit und um künftigeProdukte für Märkte von morgen. Dieseactivities sind periodisch formuliert. Siebegleiten sozusagen den eigentlichenLeistungserstellungsprozeß für denexternen Markt.

Aber sie atmen auch mit dem zu bewäl­tigenden Volumen. Und sie verändernsich - diese (sogenannten fixen) Kostenverändern sich mit dem Intensitätsgraddes sich Bemühens. Dafür gibt es dannauch das Wort "Iean" management.

Und jetzt kommt das Problem der Spra­che. Wie soll man diese Kostensach­verhalte bezeichnen?

Situation nachEntscheid mitFixkostensprung

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KostenbegrifTe und Markt­wirtschaftAdam Smith hat in seinem Buch"wealth of nations" 1776 die Prinzipiender Marktwirtschaft formuliert. Damitist Wohlstand der Nationen einmalangewiesen auf Arbeitsteilung (divisionof labour). Automatisch zwangsläufigdaraus folgt das Handeln auf den Märk­ten zum Austausch der Leistungen (thepropensity to barter). Damit dies gesche­hen kann, braucht man Marktplätze, andenen sich Angebot und Nachfragebegegnen, möglichst mit Wettbewerb.

Was ist nun arbeitsteilig, das Pro­dukt/die Dienstleistung, die ein Unter­nehmen auf dem Markt anbietet mit derAbsicht, Umsatz zu erzeugen? DieseEinheit Produkt, die Träger des Ver­kaufspreises ist, ist kostenmäßig abzu­bilden.

Es handelt sich um einen Kostenbetrag,der ausdrückt, was an Mengen- undZeitgerüsten (Stückliste, Arbeitsplan)ins Produkt "schlüpft" zu dessen physi­scher Existenz. Wer in Bildern denkt,müßte jetzt kausal einen Winkel sehen.Ursächlich geht Einsatz ins Produkt zu

zusätzliche Debitorenkonten gehand­habt und die Bewegungen darauf erfaßtwerden. Auch die Buchhalter machendann Sprünge - nach oben bei wach­sender AuslastunglBeschäftigung. Alsohaben manche gesagt: Langfristig istalles proportional/variabel...

"I am still confused - on astilI higherlevel."

SituationohneEntscheid

d: Veränderung "normal und Fixkoslensprung"

Zitiert sei ein ganz frisches Buch "Vah­lens großes Controlling-Lexikon", her­ausgegeben von Peter Horvath und Tho­mas Reichmann. Dort steht unter "directcosting" (Deckungsbeitragsrechnung)folgendes drin: "Teilkostenrechnungs­system, dessen Hauptmerkmal die Tren­nung in variable und fixe Kosten ist.Zuordnungskriterium für die Kosten­auflösung ist die Beschäftigungsabhän­gigkeit... Für die variablen Kosten wirdeine proportionale Beziehung zumBeschäftigungsgrad unterstellt. Dieübrigen Kosten sind zeitabhängige fixeKosten..."

Die Konfusion hält an. In dieser For­mulierung fehlt bei der "proportionalenBeziehung", daß es sich um ein geplan­tes, analytisch zu erarbeitendes Verfah­ren handelt und nicht um die exaktePrognose des zu erwartenden Istkosten­punktes. Also wird es "nicht ganz soproportional" sein (vgl. Statement zuBeginn dieses Beitrags).

Und was ist mit den "Fixkosten"?Gehören z.B. Werbekosten zu den Fix­kosten? Wie soll man aber zu mehr Um­satz gelangen, wenn man nicht zusätz­lich wirbt? Wie soll mehr Auftragsein­gang erreicht werden und damit dieAuslastungsverbesserungen der Pro­duktion, ohne daß nicht Verkäufer zu­sätzlich "trampeln" - zum Kunden mitzusätzlichen Reisekosten; z.B.: Wie sollein größerer Umsatz bewältigt werden,ohne daß in der Buchhaltung nicht auch

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"Direct costing" - formuliert1993

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Kom.petenz hat einen Nam.en.

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BEEINFLUSSBARKEITNERÄNDERBARKEIT

Abb. 2: Controllers Kostenwürrel

Gemein­kosten

Einzel- ERFASSBAR­kosten KElT

tane Gültigkeit beanspruchen.

Die Senkrechtbahn dieser Merkmals­vektoren ist beschrieben mit dem Stich­wort "Struktur". Im Sinn von activitybased cost ließe sich auch schreiben"Typ von Aktivität". Dann gäbe es diebill of activities, die ins Produkt rein­geht; und die bill of activites, die sichverkäuferisch, anwendungsberatend,logistisch ums Produkt herum kümmert.

Der Waagrecht-Merkrnalsvektor drücktaus die Veränderbarkeit durch die Ent­scheidung des Management. Was istkurzfristig veränderbar; was geht nurlängerfristig neu zu entscheiden. Damuß man sehen, daß gerade die Struk­turkosten (vormals Fixkosten genannt)solche sind, die mit Entscheidungen desManagement kurzfristig verändert wer­den können. Die Produktkosten (vor­mals variabeUproportional) sind durchtechnische Prozesse eher festgelegt undbedürfen - um einen anderen Anstiegs­winkel zu kriegen - anderer Produkteoder anderer Verfahren. Der Z-Vektordrückt aus die Erfaßbarkeit oder Zu­ordenbarkeit von Kosten zu jeweiligenSachverhalten. Einzelkosten sind je­weils solche, die relativ zu bestimmtenUntersuchungsobjekten einzeln erfaßtwerden können - entweder mit einemBeleg, der eine Kostenart und einenBetrag enthält, oder mit einem Vorgang,der kostenmäßig tarifiert ist (z.B. An­zahl geführte Kundenkosten mal Jahres­tarif in DM Strukturkosten je Kunden­konto). Alles was entweder (echt) garnicht oder (unecht) aus wirtschaftlichenGründen nicht sinnvollerweise einzelnerfaßt werden kann, ist als Gemeinko­sten zu behandeln.

Wer also von Steuerung der "Gemein­kosten" spricht, ist sprachtechnisch dem

längerfristig

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FixkostenStrukturd.organis...Gehäuses«-Struko

GrenzkostenProdukt­struktur- Proko

STRUKTUR- Charakter

Der Wirtschaftsingenieur undKostenwürfelDas Wort Ingenieur ist lateinischenUrsprungs und bedeutet als "ingenium"Talent, Begabung, Genie. Also kann esdem Ingenieur nicht so schwer fallen,bei Kosten-ThemensteIJungen in einerArt Konstruktionszeichnung dreidi­mensional zu denken. Um das geht esnämlich. Es sind drei Dimensionen inder Kostenkomplexität zu würdigen.

Und es wird nicht gelingen, komplexeSachverhalte mit einer linearenMono-Sprache zu bewältigen, die nur"variabel" und "fIx" drauf hat (undsonst nix).

Zwei der drei Merkrnalsvektoren warenständig jetzt im Text schon bemüht: Ein­mal die Art der Tätigkeit, die mitProko/Struko formuliert ist (vormalsvariabel und fix). Der zweite Beschrei­bungsvektor ist die Art der Veränder­barkeit oder Beeintlußbarkeit durch Ent­scheidungen, die entweder kürzer- oderlängerfristig gefaßt sind und jeweils ver­ändernd wirken; bei den Proko einenanderen Winkel und bei den Struko einbreiteres/schmaleres Band bewirken.

Dazu kommt in der Transparenzverant­wortlichkeit des Rechnungswesens/desControllers die Erfaßbarkeit. Kostensollten möglichst einzeln den Sachver­halten gezeigt werden können, für diesie relevant sind. Das können Produktesein (Kostenträger), oder sind Kosten­steIlen, oder sind Kunden, oder sindHauptprozesse.

Daraus entsteht das Bild eines Würfels,dessen Vektoren keine Betragsvektorensind, ondern Merkmalsvektoren. Siebeschreiben Sachverhalte, die simul-

Um Ordnung hereinzubringen und derKonfusion zu entrinnen, bräuchte manstabilere, aktivitätsorientierte Aus­drucksweisen. Ließe sich das "m" (derGrenzkostensatz, variabler Kostensatz)mit Produktkosten bezeichnen (coütproduit). Ließen sich die Kosten des "t"(statt als Fixkosten, Periodenkosten,beschäftigungsunabhängige Kosten)bezeichnen als Strukturkosten (frais destructure). Dann würde dies mehr aufdie activities hinauslaufen, die sich ein­mal kausal ins Produkt ,,reinziehen"; diesich zum andern mit Absichtlichkeitbemühen um...

Die Type der Tätigkeit ist herauszuar­beiten. Welche Art von Zeitverwendunghaben die Menschen - im Erstellungs­prozeß dessen, was als Produkt externmit der Folge echter Umsatzerlöse undechter Deckungsbeiträge draußen aufdem Markt verkauft wird. Dann sind dieProduktkosten jene Kosten, die je Ein­heit formuliert vom Umsatz abzuziehensind, um den Deckungsbeitrag zu "krie­gen".

Zum anderen ist es jene Type von Zeit­verwendung, die sich bemüht umAkquisition, dazu Angebote macht,Kundenbesuche durchführt. Oder istAktivität, die sich um Regie beküm­mert; auch um Unternehmenskultur.Dies gäbe die Strukturkosten.

Und da es chic ist, mit Abkürzungen zureden, bietet sich die Redeweise"Proko" und "Struko" an.

8 DER WIRTSCHAFTS! GE IEUR 25 (1993) 3

oder Kulturkosten sind, und nicht dieFrage des Arbeitsvertrages.

In der mathematischen Beschreibungder Kostenfunktion lautet dies K(x) =mx + t. Darin bildet das m das Stei­gungsmaß. Dafür gibt es das WortGrenzkosten. x wäre die Beschäfti­gungsmenge. Im x also liegt die Summeder proportionalen Kosten (Anzahl Ein­heiten mal Grenzkostensatzje Einheit).Das t ist mathematisch gesehen eineKonstante. Und ausgerechnet diesemathematische Konstante hat das WortFixkosten herbemüht. So in der Art der"dann kann man halt nix machen­Kosten". Gemäß den Kostenfunktions­darstellungen gehört dazugehängt, umes pragmatisch zu machen, noch dieKomponente +/- ßt. Dies wären diejeweiligen nicht zu verhindernden oderals vorteilhaft herauszuarbeitendenAbweichungen im Gefolge der Ent­scheidungen (vgl. Abb. I a-d).

Produktkosten und Struktur­kosten (statt variabel/fIX)

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Kostenmanagement---------------~----------

alten Zuschlagsprinzip der Kalkulationverhaftet mit z.B. Fertigungslöhnen undtohnzuschlägen. Alle solche "Gemein­kosten" sind zumindest relativ zuKostenstellen Einzelkosten.

Um den Kostenwürfel controllerisch­praktisch zu interpretieren, müßte alsTriade folgender Merksatz gelten: Wasich als Manager selber einzeln weiß (Z­Vektor Erfaßbarkeit), macht mich heißfür Maßnahmen (X-Vektor für die Ver­änderbarkeit mit Entscheidungen), diesich auf die Struktur des Produktsund/oder auf die Struktur des organisa­torischen Gehäuses drumrum (Y-Vektorder Merkmale) beziehen.

Kostenwürfel und Kosten­treiberln Literatur und Praxis wird als Kosten­treiber Z.B. diskutiert Teilevielfalt, Far­benvielfalt bei Produkten, Erfüllen vonSonderwünschen. Diese Festlegungensind gleichzeitig Differenzierungs­strategien - sollen den Sinn haben,Wettbewerbsunterschiede herauszuar­beiten (competitive advantages).

Das Produkt ist in seiner jeweiligenAusprägung als Produktkosten zu for­mulieren. Auch da haben kleinere Char­genILosgrößen in Folge Teilevielfaltoder Farbnuancen-Reichtum Einfluß aufden Anstiegswinkel der Produktkostenje Einheit. Zum Beispiel gibt es eingrößeres Verhältnis der Rüstkosten zumProdukt je Stück.

Hauptsächlich gemeint ist aber heraus­zufinden, welche Vorgänge im organi­satorischen Gehäuse "getrieben" wer­den durch Typenvielfalt und Sonder­wünsche. Im Einkauf sind mehr Lie­feranten zu suchen besonderer Art. Esentstehen mehr Prüfvorgänge bei derAnlieferung. In der Logistik gibt esmehr Moves, sowohl im Materiallagerrein und raus als auch im Fertigteile­lager rein und raus als auch innerbe­trieblich. Das Bemühen der Arbeitsvor­bereitung ist umfassender; die Zahl derAufträge nimmt zu. Gespräche dauernlänger. Es muß Kümmerer geben umdie Nuancenvielfalt. Die Kosten, diejetzt getrieben sind, sind die Struktur­kosten, vormals Fixkosten genannt. DieUntemehmenskultur muß wachsen, umVielfalt zu bewältigen. Thünen 1826 hatdas auch schon formulieren können.

Problem der Strukturkosten ist nun, daßsie kriechend getrieben werden - Sym­boltier Schnecke. Irgendwann stauntman dann, wie groß der "Wasserkopf'geworden ist. Also Kostenverhinde­rungsplanung. Man mache vorher schon

heiß für "more lean". Das activity basedmanagement, das damit herauszuarbei­ten ist (X-Vektor des Kostenwürfels),bezieht sich auf die Struktur des Gehäu­ses, das schlank bleiben solUmager (Y­Vektor des Kostenwürfels). Wieweitmuß jetzt dauerhafte einzelne Erfaßbar­keit erzeugt werden für Kostentrei­ber/Hauptprozesse (Z- Vektor desKostenwürfels)? Hin und wieder genü­gen Schwerpunktanalysen - auch etwazeitlich befristete Aufschreibung imSinn des Großversuchs. Bei anderen"Hauptprozessen" wie der Kundenbe­treuung bewährt sich im Sinn einer Kun­denergebnisrechnung auch laufendeErfassung'nicht nur von Absatzmengen,Umsätzen, Erlösschmälerungen und aufdie Stückzahlen fallende Produktkosten,sondern auch ein Abbilden (durchKontierung) des ständigen sichBemühens um bestimmte Typen vonKunden (große Kunden, mittlere Kun­den, kleinere Kunden, key accounts,bestimmte Absatzwege).

Erfolge, die hier zu erzielen sind, betref­fen das Beherrschbarmachen der Fix­kosten/das in den Griff kriegen derStrukturkosten.

Die Ausdrucksweisen variabelund fIx sind abzuschaffenDie Redeweise der Jahrhundertkonfu­sion des Rechnungswesens sollte mitdiesem Jahrhundert beendet werden.Die Ausdrucksweisen variabel/fix sindzu stoppen. Sonst geht die Konfusionmit diesem Thema noch ins nächsteJahrhundert. Dann ist eine Fluchtbewe­gung zu prophezeien aller Controllerzurück in die Buchhaltung. Die Bu­chungssätze mit "soll mehr geben" (Sollim Debitorenkonto) und "hat gegeben"(Haben im Debitorenkonto) sind seit1211 nachweisbar; wurden 1494 durchLuca Pacioli durchformuliert und geltenunverändert in von niemand bezweifel­ter Richtigkeit.

Nur: Wenn man erst dann hinschaut,wenn's im Geldbeutel wehtut, ist manein bißchen spät aufgestanden. Zu guterControllerarbeit gehört Früherkennung.Dies braucht das betriebswirtschaftlicheRechnungswesen/die Management­erfolgsrechnung, die sich über die Kenn­zahl Marktanteile beim Auftragseingangauch verknüpft mit dem, was strategi­sche Fähigkeiten sind. Kostenrechne­risch gesprochen, sind die strategischenPotentiale operationalisiert in Struktur­kosten. Bei denen war es immer schonzweckmäßig, sie gut zu nutzen. Dazugehört, Mitarbeiter zu motivieren; inBewegung zu bringen (movere). Falls

jetzt jemand gedacht haben sollte "dannsind sie also jetzt variabel", der/die lesebitte den Aufsatz nochmals.

Nicht dauernd bloß die Ist­zahlen als executive Informa­tionNeue Sprachgebräuche wie ,,Proko" und"Struko" drücken auch aus Informati­onskultur. Dazu gehört der Blick unddie Berichterstattung "nach vorwärts"- die Vorschaudenkweise und die Er­wartungsrechnung; das "need to com­plete"; das "reste afaire". Einige Exe­cutive-Informationssysteme müssen daswohl erst noch lernen.

Da sagt in einem grafischen Betrieb derProduktionschef, daß er ein neues lnfor­mationssystem habe, mit dem er "aufKnopfdruck" schon morgens um 8.30Uhr wüßte, wie die Auslastung seinerDruckmaschinen gestern gewesen sei.Das ist zum Schreien .... Gestern kannkein Manager irgend etwas ändern. Ver­anlaßt durch die Information kann derProduktionschef in den Betrieb rennenund fragen, wie der Tag vollends zuEnde geht - forecast to day end. Wieläuft die erste Schicht zu Ende; sindAufträge da für die zweite Schicht; läuftMaschine sowieso wieder (frisch repa­riert); kommt Mitarbeiter sowieso wie­der an die Bindemaschine; wie ist dieStimmung; stehen sie's durch...? DieseArt von Frage ist es, die Motivationerzeugt, Zusammenarbeitsverhalten för­dert, den Chef akzeptiert, das Control­ling zu "happy control" bei größter Pro­duktivität weiterentwickelt.

Dann wird auch deutlicher, worauf sichdie Aktivitäten, die bis zum Ende desTages gemacht werden sollen, sich kon­zentrieren: Auf den Auftrag, der läuft ­oder auf die Struktur drurnherum. DasProko/Struko-Thema ist klar.

Wenn in einer Fernsehgerätefabrikjemand mit einem Gummihammer aufden Apparat haut, um zu sehen, ob nochein Wackelkontakt drin ist, so ist dasein Proko-Griff. Wenn ein Controllermit einem solchen Gummihammereinem KostensteIlenleiter eins draufhautanläßlich einer Abweichung, so ist esStruko-Ergebnis. Man muß nur rurnlau­fen und die Augen aufmachen. Und manmuß es anderen erklären. Das Erklärenmacht es klar.

Alles Gute, liebe Leser; und "be happy"bei dem, was Sie tun.

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