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C6 Kosten und Wirtschaftlichkeit von Wärmeübertragern Bernhard Spang 1 · Wilfried Roetzel 2 1 BUCO Wärmeaustauscher International GmbH, Geesthacht, Deutschland 2 Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg, Hamburg, Deutschland 1 Einführung ............................................. 133 2 Kosten .................................................. 133 2.1 Kapitalkosten ................................................ 133 2.2 Energie- und sonstige Betriebskosten ................... 134 3 Wirtschaftliche Auslegung ............................ 135 4 Thermodynamische Analyse .......................... 135 5 Literatur ............................................... 136 Zusätzliche Formelzeichen Formelzeichen Bedeutung Einheit a Amortisationsfaktor 1/Jahr _ E V Exergieverluststrom W I Preis Euro j Preisindex K Kosten Euro/Jahr m Degressionsexponent n Anzahl der Jahre (Abschreibung) z jährlicher Zinssatz % 1 Einführung Wärmeübertrager sind wesentliche Komponenten von che- mischen und energietechnischen Anlagen. Für die Rentabilität dieser Anlagen spielt deshalb die wirtschaftliche Auswahl und Auslegung der Wärmeübertrager eine wichtige Rolle. Unter Wirtschaftlichkeit wird hier das Verhältnis von Erträgen zu Kosten verstanden. Erträge und Kosten sind Wertgrößen (Wäh- rungseinheiten pro Zeitraum), die mit den in der Technik ver- wendeten physikalischen Größen durch Kostenfaktoren verbun- den sind. Wendet man den Begriff der Wirtschaftlichkeit auf Wärmeübertrager an, kann man entweder Grenzkosten und Grenznutzen eines übertragenen Wärmestroms vergleichen (zum Begriff der Grenz- oder Marginalwerte in der Betriebs- wirtschaftslehre s. [1]) oder die in einem Zeitraum zu übertra- gende Wärmemenge als extern vorgegebene Größe betrachten. Im ersten Fall muss man den Ertrag (meist in Form von niedrigeren Energiekosten) und die Kosten der übertragenen Wärme bzw. deren Änderung durch Änderung der übertrage- nen Wärme oder durch Wärmeintegration untersuchen (s. auch l > Kap. C5). Bei einem Wärmeübertrager zur Wärmerückgewin- nung führt eine mit einem höheren Apparatepreis verbundene Vergrößerung der Übertragungsfläche zur Verringerung von Energiekosten. Der auf die Fläche bezogene übertragene Wär- mestrom nimmt mit zunehmender Fläche ab ( l > Kap. C1). Trägt man den Nettobetrag der ersparten jährlichen Kosten (einge- sparte Energiekosten abzüglich der Betriebskosten einschließlich Abschreibung) über dem Apparatepreis auf, ergibt sich deshalb ein Maximum [2, S. 320 f.]. Da die Grenzrendite des eingesetzten Kapitals an diesem Maximum gerade null wird, sollte die Über- tragungsfläche allerdings kleiner gewählt werden. Graphisch ergibt sich die optimale Übertragungsfläche bei einer geforder- ten Mindestrendite an dem Punkt, an dem die Steigung der Kurve gerade dieser geforderten Mindestrendite entspricht. Die folgenden Betrachtungen beschränken sich auf den Fall, dass der zu übertragende Wärmestrom vorgegeben ist. In die- sem Fall liegt der Ertrag fest, wenn auch meist nicht explizit, sondern nur als nicht zu spezifizierender Teil des Ertrags der Gesamtanlage. Die Wirtschaftlichkeitsrechnung beschränkt sich hier auf eine Minimierung der Kosten durch Kostenvergleichs- rechnung. 2 Kosten Die Gesamtkosten K ges (Währungseinheiten/Jahr) können auf- geteilt werden in die Kapitalkosten K K , bestehend aus der jähr- lichen Abschreibung oder Tilgung sowie den (kalkulatorischen) Zinsen, und die Betriebskosten, bestehend aus den Energie- und Stoffkosten K E sowie den sonstigen Betriebskosten K S (für War- tung, Reparatur, Personal und ggf. den Ersatz von Wärmeträger- medien): K ges ¼ K K þ K E þ K S : ð1Þ 2.1 Kapitalkosten Die jährlichen Kapitalkosten hängen vom Kapitalbedarf (Preis oder Anschaffungswert) für den Wärmeübertrager I W und für die Pumpen oder Kompressoren zur Förderung der Fluide durch den Wärmeübertrager I P1 und I P2 sowie der Anzahl n der Jahre des Abschreibungszeitraums und dem Zinssatz z ab: C6 Kosten und Wirtschaftlichkeit von Wärmeübertragern VDI e.V. (Hrsg.), VDI-Wärmeatlas, DOI 10.1007/978-3-642-19981-3_10, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

VDI-Wärmeatlas || C6 Kosten und Wirtschaftlichkeit von Wärmeübertragern

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C6 Kosten und Wirtschaftlichkeit vonWärmeübertragernBernhard Spang1 · Wilfried Roetzel21BUCO Wärmeaustauscher International GmbH, Geesthacht, Deutschland2Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg, Hamburg, Deutschland

1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

2 Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1332.1 Kapitalkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1332.2 Energie- und sonstige Betriebskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

3 Wirtschaftliche Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

4 Thermodynamische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

5 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

Zusätzliche Formelzeichen

Formelzeichen Bedeutung Einheit

a Amortisationsfaktor 1/Jahr

_EV Exergieverluststrom W

I Preis Euro

j Preisindex

K Kosten Euro/Jahr

m Degressionsexponent

n Anzahl der Jahre (Abschreibung)

z jährlicher Zinssatz %

1 Einführung

Wärmeübertrager sind wesentliche Komponenten von che-mischen und energietechnischen Anlagen. Für die Rentabilitätdieser Anlagen spielt deshalb die wirtschaftliche Auswahl undAuslegung der Wärmeübertrager eine wichtige Rolle. UnterWirtschaftlichkeit wird hier das Verhältnis von Erträgen zuKosten verstanden. Erträge und Kosten sind Wertgrößen (Wäh-rungseinheiten pro Zeitraum), die mit den in der Technik ver-wendeten physikalischen Größen durch Kostenfaktoren verbun-den sind. Wendet man den Begriff der Wirtschaftlichkeit aufWärmeübertrager an, kann man entweder Grenzkosten undGrenznutzen eines übertragenen Wärmestroms vergleichen(zum Begriff der Grenz- oder Marginalwerte in der Betriebs-wirtschaftslehre s. [1]) oder die in einem Zeitraum zu übertra-gende Wärmemenge als extern vorgegebene Größe betrachten.

Im ersten Fall muss man den Ertrag (meist in Form vonniedrigeren Energiekosten) und die Kosten der übertragenenWärme bzw. deren Änderung durch Änderung der übertrage-nen Wärme oder durch Wärmeintegration untersuchen (s. auchl> Kap. C5). Bei einemWärmeübertrager zur Wärmerückgewin-nung führt eine mit einem höheren Apparatepreis verbundeneVergrößerung der Übertragungsfläche zur Verringerung vonEnergiekosten. Der auf die Fläche bezogene übertragene Wär-mestrom nimmt mit zunehmender Fläche ab (l> Kap. C1). Trägt

man den Nettobetrag der ersparten jährlichen Kosten (einge-sparte Energiekosten abzüglich der Betriebskosten einschließlichAbschreibung) über dem Apparatepreis auf, ergibt sich deshalbein Maximum [2, S. 320 f.]. Da die Grenzrendite des eingesetztenKapitals an diesem Maximum gerade null wird, sollte die Über-tragungsfläche allerdings kleiner gewählt werden. Graphischergibt sich die optimale Übertragungsfläche bei einer geforder-ten Mindestrendite an dem Punkt, an dem die Steigung derKurve gerade dieser geforderten Mindestrendite entspricht.

Die folgenden Betrachtungen beschränken sich auf den Fall,dass der zu übertragende Wärmestrom vorgegeben ist. In die-sem Fall liegt der Ertrag fest, wenn auch meist nicht explizit,sondern nur als nicht zu spezifizierender Teil des Ertrags derGesamtanlage. Die Wirtschaftlichkeitsrechnung beschränkt sichhier auf eine Minimierung der Kosten durch Kostenvergleichs-rechnung.

2 Kosten

Die Gesamtkosten Kges (Währungseinheiten/Jahr) können auf-geteilt werden in die Kapitalkosten KK , bestehend aus der jähr-lichen Abschreibung oder Tilgung sowie den (kalkulatorischen)Zinsen, und die Betriebskosten, bestehend aus den Energie- undStoffkosten KE sowie den sonstigen Betriebskosten KS (für War-tung, Reparatur, Personal und ggf. den Ersatz vonWärmeträger-medien):

Kges ¼ KK þ KE þ KS: ð1Þ

2.1 Kapitalkosten

Die jährlichen Kapitalkosten hängen vom Kapitalbedarf (Preisoder Anschaffungswert) für den Wärmeübertrager IW und fürdie Pumpen oder Kompressoren zur Förderung der Fluidedurch den Wärmeübertrager IP1 und IP2 sowie der Anzahl nder Jahre des Abschreibungszeitraums und dem Zinssatz z ab:

C6 Kosten und Wirtschaftlichkeit von Wärmeübertragern

VDI e.V. (Hrsg.), VDI-Wärmeatlas, DOI 10.1007/978-3-642-19981-3_10,© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

KK ¼ 1nþ z2

� �IW þ IP 1 þ IP 2ð Þ ¼ a IW þ IP 1 þ IP 2ð Þ, ð2Þ

wobei lineare Abschreibung und verschwindender Restwert an-genommen wird. In Gl. (2) ist berücksichtigt, dass über dengesamten Abschreibungszeitraum im Mittel nur die Hälfte deseingesetzten Kapitals gebunden ist.

Der Amortisationsfaktor a liegt i. Allg. zwischen 0,1/Jahrund 0,25/Jahr (Abschreibungszeitraum 5 bis 20 Jahre, Zinssatz5% bis 15%). Während der Abschreibungszeitraum und derZinssatz extern vorgegebene Größen sind, hängen der Kapital-bedarf für den Wärmeübertrager und für die Pumpen von derAuslegung des Wärmeübertragers ab. Zur genauen Ermittlungvon I müssen Angebote bei verschiedenen Herstellern eingeholtwerden. Insbesondere im englischsprachigen Schrifttum [2–6]findet man zwar zahlreiche Methoden und Daten zur Schätzungder absoluten Anschaffungskosten für Wärmeübertrager, diesesind aber mit einer sehr großen Unsicherheit behaftet und auchnicht ohne weiteres auf den europäischen Raum übertragbar.

Zur Kostenschätzung können früher realisierte Projekte oderAngebote für ähnliche Apparate anderer Größe und aus anderenWerkstoffen herangezogen werden. Der Einfluss der Größe desWärmeübertragers auf den Apparatepreis IW kann über dieGröße der Übertragungsfläche A nach folgendem Ansatz be-rücksichtigt werden:

IW ¼ IW0AA0

� �mW

ð3Þ

mit dem Bezugspreis IW0 eines Apparats mit der Übertragungs-fläche A0. Der Exponent mW ist i. Allg. kleiner als 1 und wird„Degressionsexponent“ genannt. Nach der sog. 6/10-Regel [7]kann für grobe Schätzungen ein Degressionsexponent vonm= 0,6 angenommen werden. Für Rohrbündelwärmeübertragermit Übertragungsflächen zwischen 2 und 2000 m2 wird ein Wertvon mW = 0,59 empfohlen [8].

Entsprechend kann für Pumpen oder Kompressoren dieLeistung _L als Bezugsgröße genommen werden:

IP ¼ IP0_L_L0

� �mP

: ð4Þ

Es werden Werte von mP = 0,30 für kleine Kreiselpumpen(0,35 bis 30 kW), mP= 0,67 für große Kreiselpumpen (30 bis300 kW) und mP= 0,84 für Kompressoren (0,75 bis 1500 kW)angegeben [8].

Unterschiedliche Werkstoffe können durch Korrekturfak-toren berücksichtigt werden, mit denen der Preis der Aus-führung in einem Bezugswerkstoff zu multiplizieren ist. AlsAnhaltswerte können die in Tabelle 1 angegebenen Werkstoff-korrekturfaktoren für einen Rohrbündelwärmeübertrager mit140 m2 Übertragungsfläche dienen [2]. Es sind sowohl Wertefür die Rohre als auch den gesamten Wärmeübertrager angege-ben. Bezugswerkstoff ist unlegierter Kohlenstoffstahl. Für klei-nere Apparate sind die Korrekturfaktoren tendenziell kleiner,für größere Apparate größer.

Aus früheren Jahren stammende Preise müssen mit Hilfevon Preisindizes korrigiert werden:

Ij 2 ¼ Ij1j2j1

ð5Þ

mit Ij1 und j1 als dem Preis und dem Preisindex zu einemfrüheren Zeitpunkt und Ij2 und j2 als dem Preis und dem Preis-index zu einem späteren Zeitpunkt. Für Deutschland findet manPreisindizes für Apparate und Maschinen im Index der Erzeu-gerpreise gewerblicher Produkte, der monatlich vom Statisti-schen Bundesamt errechnet wird [9]. Im englischsprachigenRaum kann der Chemical Engineering Plant Cost Index ver-wendet werden, der regelmäßig in der Zeitschrift ChemicalEngineering [10] veröffentlicht wird und in dem u.a. auch Teil-indizes für Wärmeübertrager und Behälter sowie Pumpen undKompressoren angegeben werden.

2.2 Energie- und sonstige Betriebskosten

Die gesamten Energie- und Stoffkosten KE setzen sich aus denPumpkosten zur Überwindung der Strömungswiderstände aufbeiden Seiten, den zusätzlichen Energiekosten K�T zur Erhö-hung der Temperaturdifferenz im Wärmeübertrager und denStoffkosten KM für nicht im Kreislauf geführte Hilfsstoffe zu-sammen und sind proportional zur jährlichen Betriebszeit t(Stunden/Jahr):

KE ¼ celt_M1�p1r1ZP1

þ_M2 �p2r2 ZP2

� �þ K�T þ KM ð6Þ

mit dem Preis elektrischer Energie cel (Euro/kWh) und denMassenströmen _Mi , den Druckverlusten Dpi , den Fluiddichtenri und den Pumpenwirkungsgraden Z P i auf beiden Seiten (i= 1oder 2). Die Energiekosten zur Erhöhung der Temperaturdiffe-renz ergeben sich aus den Kosten für Brennstoffe, Dampf oderelektrische Energie.

C6. Tabelle 1. Werkstoffkorrekturfaktoren für Rohrbündelwärme-

übertrager [2]

Werkstoff Rohre Wärmeübertrager

Unlegierter Kohlenstoffstahl 1,0 1,0

Edelstahl 304L, geschweißt 2,2 1,6

Edelstahl Cu/Ni-90/30, geschweißt 2,4 1,6

Edelstahl Cu/Ni-70/30, nahtlos 2,9 1,8

Edelstahl 316L, geschweißt 3,2 1,8

Titan, 20 BWG, geschweißt 3,6 1,9

E-Brite-26-1, geschweißt 5,2 2,4

Titan, geschweißt 6,8 2,8

Monel-400, geschweißt 7,5 3,0

Incoloy-825, geschweißt 7,6 3,0

Carpenter-20 CB3, geschweißt 8,6 3,3

Inconel-625, geschweißt 15,1 5,0

Zirkon 20BWG, nahtlos 15,8 5,2

Hastelloy C276, geschweißt 18,2 5,9

Zirkon, nahtlos 25,1 7,7

134 C6 Kosten und Wirtschaftlichkeit von Wärmeübertragern

Gleichung (6) vereinfacht sich in vielen Fällen. WährendPumpkosten zumindest auf einer Seite immer anfallen, entfallenEnergiekosten zur Erhöhung der Temperaturdifferenz bei derWärmeübertagung zwischen zwei Prozessfluiden oder bei Küh-lung mit Stoffen von Umgebungstemperatur. Während bei Küh-lung mit Kühlwasser i. Allg. Kosten für das Kühlwasser anfallen,entfallen die Stoffkosten ebenfalls bei Wärmeübertragung zwi-schen zwei Prozessfluiden sowie bei Kühlung mit Luft.

Unter die sonstigen Betriebskosten KS fallen v.a. Wartungs-und Reinigungskosten. Obwohl diese z.T. wie die Energiekostenproportional zur jährlichen Betriebszeit sind, ist es üblich, siewie die Kapitalkosten proportional zum Apparatepreis zu setzen[11]:

KS = sIw . (7)

Für die Kostenschätzung zur wirtschaftlichen Auslegung ist diesauch berechtigt, da betriebszeitabhängige oder konstante Anteileder Wartungskosten unabhängig von der Auslegung des Wär-meübertragers sind. Für den Faktor s gibt Schnell [11] folgendeAnhaltswerte an:

s= 0,01 ... 0,02 für geringen Wartungsaufwand (keine Ver-schmutzungs- und Korrosionsgefahr),

s= 0,02 ... 0,05 für mittleren Wartungsaufwand (geplanteWartungs- und Reinigungsintervalle),

s= 0,05 ... 0,10 für hohen Wartungsaufwand (schnelle Ver-schmutzung, starke Korrosion).

Die Wartungskosten für die Pumpen können entsprechendberücksichtigt werden.

3 Wirtschaftliche Auslegung

Im allgemeinen Fall werden für die Auslegung eines Wärme-übertragers folgende Vorgaben gemacht:

– Massenstrom eines der beiden Fluide (Prozessfluid),– Ein- und Austrittstemperatur des Prozessfluids.

In vielen Fällen liegt außerdem die Eintrittstemperatur desFluids auf der anderen Seite fest (Hilfsfluid, z.B. Kühlung mitLuft oder Kühlwasser) oder beschränkt sich auf wenige diskreteWerte (z.B. Heizdampf).

Das Ziel der wirtschaftlichen Auslegung ist die Auswahleines Wärmeübertragers (Bauart, Übertragungsfläche, kons-truktive Details) und die Festlegung der Betriebsbedingungen(Massenstrom und ggf. Eintrittstemperatur des Hilfsfluids), sodass die genannten Vorgaben erfüllt und gleichzeitig die jähr-lichen Gesamtkosten nach Gl. (1) minimiert werden.

Im allgemeinen Fall hat man es mit einer großen Zahl vonz.T. diskreten Einflussgrößen zu tun. Der formale Weg zurBestimmung des Minimums durch analytische oder numerischepartielle Ableitung der Kostenfunktion Gl. (1) nach allen rele-vanten Einflussgrößen setzt das Vorhandensein einfacher ana-lytischer Zusammenhänge oder eine umfassende Datenbasisvoraus. Wegen des hohen Aufwands zur Beschaffung der Datenund der damit verbundenen zusätzlichen Kosten lässt sich diesnur in den seltensten Fällen rechtfertigen.

Im Sonderfall der Wärmeübertragung zwischen zwei Prozess-fluiden liegen die Massenströme und die Ein- und Austrittstem-

peraturen auf beiden Seiten fest, und es sind keine Energiekostenzur Erhöhung der Temperaturdifferenz zu berücksichtigen. DieKostenfunktion vereinfacht sich zu

Kges¼ aþ sð ÞIW0AA0

� �mW

þcel t_M1�p1r1ZP1

þ_M2 �p2r2 ZP2

� �, ð8Þ

wobei hier die Kapital- und Wartungskosten für die Pumpenvernachlässigt wurden. Die erforderliche Übertragungsfläche Ahängt nach l> Kap. C1, Gl. (3), vom mittleren Wärmedurch-gangskoeffizienten k und damit von der Geometrie und denmittleren Strömungsgeschwindigkeiten (l> Kap. C2) sowie vonder mittleren Temperaturdifferenz �#mund damit von der ge-wählten Stromführung (z.B. Gegenstrom, l> Kap. C1) ab. DieDruckverluste �p1 und �p2 hängen von den mittleren Strö-mungsgeschwindigkeiten und der Geometrie, insbesondere derLänge der Strömungskanäle, ab (l> Teil L).

Die Minimierung der Kostenfunktion Gl. (8) lässt sich er-heblich vereinfachen, wenn eine Analogie zwischen Wärme-übergang und Druckverlust bekannt ist. Nach Martin [12]kann auf diese Weise eine Analogie nach der verallgemeinertenLévêque-Gleichung zur wirtschaftlichen Auslegung von Platten-wärmeübertragern, Rohrbündeln, Festbetten und anderen kom-pakten Wärmeübertragerbauarten verwendet werden.

4 Thermodynamische Analyse

Die wirtschaftliche Bewertung auf der Basis von Kosten istaufwendig und mit hohen Unsicherheiten belastet. Dagegenkann eine thermodynamische Analyse zur Minimierung desEntropieproduktionsstroms oder des Exergieverluststroms mitHilfe von Entropie- oder Exergiebilanzgleichungen sehr schnelldurchgeführt werden. Zwischen der erzeugten Entropie oderdem Exergieverlust und den Gesamtkosten besteht i.Allg. keindirekter Zusammenhang. In Fällen, in denen die Energiekostenüberwiegen, kann aber eine thermodynamische Analyse Hin-weise auf die wirtschaftlichste Lösung geben (vgl. auch l> Kap.C5 zur Optimierung von Wärmeübertragungsnetzwerken).

Eine Exergiebilanz für einen stationär betriebenen, adiabatenWärmeübertrager mit zwei Stoffströmen nach l> Kap. C1,Abb. 1, liefert für den Exergieverluststrom _EV

_EV ¼ Tu _M1 s 001 � s01� �þ _M2 s 002 � s02

� �� �, ð9Þ

wobei Tu die Umgebungstemperatur und _M1und _M2 die Mas-senströme der beiden Fluide sind. Durch Wärmeverluste an dieUmgebung entsteht ein zusätzlicher Exergieverlust. Dieser istaber i.Allg. klein und kann vernachlässigt werden. Zur Auswer-tung von Gl. (9) müssen bei einphasigen Systemen jeweils dieTemperaturen und Drücke am Ein- und Austritt auf beidenSeiten bekannt sein, damit die spezifischen Entropien s01, s

001, s02

und s 002 bestimmt werden können. Bei nassem Dampf einesreinen Stoffes müssen die Temperatur oder der Druck sowieder Dampfgehalt am Ein- und Austritt bekannt sein, bei Dampf-gemischen zusätzlich die Zusammensetzungen von Dampf undFlüssigkeit.

Für die einphasigen Modellfluide „ideales Gas“ und „raum-beständiges Fluid“, die als gute Näherung für ein reales Gas bei

Kosten und Wirtschaftlichkeit von Wärmeübertragern C6 135

niedrigen Drücken bzw. eine Flüssigkeit angesehen werden kön-nen, gelten die folgenden einfachen Gleichungen zur Berech-nung des Exergieverlustes. Sie wurden für konstante spezifischeWärmekapazitäten hergeleitet [13].

Der Exergieverlust setzt sich aus drei Anteilen zusammen:

_EV ¼ _EV,Q þ _EV,�p, 1 þ _EV,�p, 2 : ð10ÞDer erste Term _EV,Q stellt den Hauptexergieverlust durch Wär-meübertragung bei endlicher Temperaturdifferenz dar. Mit da-rin enthalten ist ein geringfügiger Anteil, der durch Ver-mischung von Teilströmen unterschiedlicher Temperatur vordem Austrittsstutzen hervorgerufen wird.

Der Exergieverlust _EV,Q errechnet sich für Gase und Flüssig-keiten nach

_EV,Q ¼ _QTu1

TM, 1� 1TM, 2

� �� 0: ð11Þ

Hierin bedeuten _Q den von Stoffstrom 1 auf Stoffstrom 2übertragenen, positiv gerechneten Wärmestrom und TM, i denlogarithmischen Mittelwert der thermodynamischen Ein- undAustrittstemperatur des Stoffstromsi= 1 bzw. 2:

TM i ¼ T 0i � T 00

i

lnT 0i

T 00i

: ð12Þ

Der zweite bzw. dritte Term in Gl. (10) stellt den Exergieverlustdurch Reibungsdruckabfall des Stoffstroms 1 bzw. 2 dar. FürGase errechnet sich dieser Exergieverlust des betreffenden Stoff-stroms i= 1 oder 2 nach

_EV,�p, i ¼ _Mi Ri lnp0ip 00i

ð13Þ

mit Ri als der individuellen Gaskonstante sowie p0i und p00i als den

Gasdrücken am Eintritt bzw. Austritt des Wärmeübertragers.Für Flüssigkeiten gilt

_EV,�p, i ¼_Vi �piTM, i

: ð14Þ

Hierin bedeuten _Vi den Volumenstrom, �pi ¼ p0i � p 00i den po-

sitiven Druckverlust und TM, i den logarithmischen Mittelwertnach Gl. (12).

Im Gegensatz zur allgemeinen Exergiebilanzgl. (9) kannman aus den Gln. (10) bis (14) die Aufteilung in den durch dieWärmeübertragung bei endlicher Temperaturdifferenz ver-

ursachten Exergieverlust und die durch die Reibungsdruckver-luste auf beiden Seiten verursachten Exergieverluste getrenntermitteln. Das ist dann von Bedeutung, wenn diese aus energe-tisch unterschiedlich zu bewertenden Exergiequellen gedecktwerden (z.B. Heizöl für den durch die endliche Temperatur-differenz verursachten Exergieverlust und elektrische Energiefür die durch den Druckverlust verursachten Exergieverluste).Dies spielt keine Rolle, wenn alle Exergieverluste letztendlichdurch dieselbe Exergiequelle gedeckt werden (z.B. bei Wärme-übertragern in Wärmekraftanlagen).

5 Literatur

1. Bartzsch WH (2001) Betriebswirtschaft für Ingenieure. 7. Aufl., VDE-Verlag,Berlin, Offenbach

2. Peters MS, Timmerhaus KD (1991) Plant Design and Economics for Che-mical Engineers. 4. Aufl., McGraw-Hill, New York

3. Costing of Heat Exchangers (1983) Kap. 4.8 in: Heat Exchanger DesignHandbook, Hemisphere Publishing Corporation, Washington

4. Purohit GP (1987) Heat Exchangers, Cost of Double-Pipe and MultitubeUnits. In: Encyclopedia of Chemical Processing and Design, Vol. 25, Dekker,New York, S. 310−324

5. Vatavuk WM (1995) A Potpourri of Equipment Prices. Chemical Enginee-ring 102(8):68−73

6. Equipment Costs. Process Engineering, Morgan-Grampian, London(9) Plate Heat Exchangers (1996) 77(3):16(10) Shell and Tube Heat Exchangers (1996) 77(6):18(16) Air-Cooled Exchangers (1997) 78(3):18

7. Williams R (1947) „Six-tenths factor“ Aids in Approximating Costs. Che-mical Engineering 54:124−125

8. Holland FA, Wilkinson JK (1997) Process Economics. Section 9 in: Perry’sChemical Engineers’ Handbook, 7. Aufl., McGraw-Hill, New York

9. Wirtschaft und Statistik (monatlich) oder Statistisches Jahrbuch (jährlich),Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, http://www.destatis.de

10. Chemical Engineering. Access Intelligence LLC Inc., New York, http://www.che.com

11. Schnell H (1991) Technisch-wirtschaftliche Optimierung von Wärmeaus-tauschern. In: Wärmeaustauscher, Energieeinsparung durch Optimierungvon Wärmeprozessen, Vulkan-Verlag, Essen, S. 348−353

12. Martin H (1998) Prediction of Heat Transfer from Pressure Drop in HeatExchangers – a Better Tool for Thermohydraulic and Economic Design. In:Proc Int Conf Heat Exchangers for Sustainable Development, Lisbon, Portu-gal, June 15–18, 1998, S. 249−256

13. Roetzel W (1983−2001) Vorlesung „Prozesse und Apparate der Enegietech-nik“, Helmut-Schmidt-Universität, Universität der Bundeswehr Hamburg.Siehe auch Roetzel W (1984, 1985) Comments on the Paper of A. L. Londonand R. K. Shah, Costs of Irreversibilities in Heat Exchanger Design. HeatTransfer Engng 5(3–4):15−17 und 6(2):73

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