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Ver~nderungen der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes und die QuantitKtsgleichung. Von Rudolf Stueken, Erlangen. 1. Begriffliches. Den Begriff der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes umsehreibt K. W i c k s e 1 [ folgenderma~en: ,,Die Zeit, welche jedes Geldsttick zwischen einem Verkaufe und einem darauf folgenden Kaufe sowie fiberhaupt zwischen einer Geldeinnahme und einer Geldausgabe ein- uadderselben Person durchschnittlich in der Kasse zubringt, kSnnen wir die durchschnittliche Ruhezeit des Geldes nennen, und der um- gekehrte Wert dieser Zeitdauer in einer gewi~sen Zeitperiode, z. B. dem Jahre, als Einheit ausgedriickt, wird dana die durchschnittliehe Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes sein. Mit anderen Worten: wenn ein Geldsttick im Durchschnitte jedes- mal einen Monat unberiihrt in der Kasse liegt, so kann es in einem Jahr zusammengenommen zwSlf Umlaufe maehen (zwSlfmal den Besitzer wechseln). Seine Umlaufsgeschwindigkeit ist also 12 (12real pro Jahr), wean seine Ruhezeit 1/t3 (des Jahres) betragt 1). I. F i s h e r geht bei sei~ner Bestimmung des Begriffes der Um- laufsgeschwindigkeit des Geldes yon einem anderen Punkte aus, indem er sagt: ,,Bezeichnen wit den Geldumlauf, d. h. den Geldbetrag, der in einem bestimmten Gemeinwesen w~hrend eines bestimmten Jahres fiir Giiter ausgegeben wurde, mit A (Aufwand) und den Durchschnittsbetrag des in dem Gemeinwesen w~hrend des Jahres in Umlauf befindlichen Geldes mit G (Geld) .... Wenn wit die Jah- resausgaben A durch den mittleren Geldumlauf G dividieren, so erhalten wir die Durchschnittsrate des Geldumsatzes in seinem Aus- A tausche ffir Gtiter, ~ das heifit, die Umlaufsgesehwindigkeit des GeldesS)." Beide Definitionen laufen auf dasselbe hinaus, die Um- laufsgeschwindigkeit des Geldes ist eine Zahl, die angibt, wie oft innerhalb eines bestimmten Zeitraumes ein Geldsttick zur Beglei- chung von Waren- (oder Dienst-)Leistungen die H~tnde gewechselt i) K. W i c k s e 11, Vorlesungen fiber NationalSkonomie, Theoretischer Teil, Zweiter Band, Geld und Kredit, zweite Aufl., Jena 1928, S. 68. ~) I. F i s her: Die Kaufkraft des Geldes, 2. Auft., Berlin und Leipzig 1922, S. 20.

Veränderungen der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes und die Quantitätsgleichung

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Page 1: Veränderungen der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes und die Quantitätsgleichung

Ver~nderungen der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes und die QuantitKtsgleichung.

Von

Rudolf Stueken, Erlangen.

1. B e g r i f f l i c h e s .

Den Begr i f f der Umlaufsgeschwindigke i t des Geldes umsehreibt K. W i c k s e 1 [ fo lgenderma~en: ,,Die Zeit, welche jedes Geldsttick zwischen einem V e r k a u f e und einem darauf folgenden Kaufe sowie f iberhaupt zwischen einer Geldeinnahme und einer Geldausgabe ein- uadderse lben Person durchschnit t l ich in der Kasse zubringt , kSnnen wir die durchschnittl iche Ruhezeit des Geldes nennen, und der um- gekehr te Wer t dieser Zei tdauer in einer gewi~sen Zeitperiode, z. B. dem Jahre , als Einhei t ausgedri ickt , wi rd dana die durchschnit t l iehe Umlaufsgeschwindigke i t des Geldes sein. Mit anderen Worten: wenn ein Geldsttick im Durchschni t te jedes- mal einen Monat unber i ihr t in der Kasse liegt, so kann es in einem J a h r zusammengenommen zwSlf Umlaufe maehen (zwSlfmal den Besi tzer wechseln). Seine Umlaufsgeschwind igke i t ist also 12 (12real pro Jahr ) , wean seine Ruhezei t 1/t 3 (des Jah res ) be t rag t 1). I. F i s h e r geht bei sei~ner Best immung des Begriffes der Um- laufsgeschwindigke i t des Geldes yon einem anderen Punk t e aus, indem er sagt: ,,Bezeichnen wi t den Geldumlauf, d. h. den Geldbetrag, der in einem best immten Gemeinwesen w~hrend eines best immten J a h r e s fiir Giiter ausgegeben wurde, mit A (Aufwand) und den Durchschni t t sbe t rag des in dem Gemeinwesen w~hrend des J a h r e s in Umlauf befindlichen Geldes mit G (Geld) . . . . Wenn wi t die Jah- r e sausgaben A durch den mi t t le ren Geldumlauf G dividieren, so erhal ten w i r die Durchschni t t s ra te des Geldumsatzes in se inem Aus-

A tausche ffir Gtiter, ~ das heifit, die Umlaufsgesehwind igke i t des

GeldesS)." Beide Defini t ionen laufen auf dasselbe hinaus, die Um- laufsgeschwindigkei t des Geldes ist eine Zahl, die angibt, wie oft innerhalb eines best immten Ze i t raumes ein Geldsttick zur Beglei- chung von Waren- (oder Diens t - )Leis tungen die H~tnde gewechsel t

i) K. W i c k s e 11, Vorlesungen fiber NationalSkonomie, Theoretischer Teil, Zweiter Band, Geld und Kredit, zweite Aufl., Jena 1928, S. 68.

~) I. F i s h e r : Die Kaufkraft des Geldes, 2. Auft., Berlin und Leipzig 1922, S. 20.

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hat ~). Man kann fe rner zur Best immung der Umlaufsgeschwindig- keit yon den Kassenbest~nden der Wir tschaf tssub]ekte ausgehen, wie dies erg~nzend auch W i c k s e l l getan hat: , J e l~ngere Zeit ~edes eingegangen~ Geldstfick im Durchschnit t in meiner Kasse l iegen wird, bevor ich es wieder benutze, desto grSfier ist augenscheinlich mein durchschnit t l icher Kassenbestand, relat iv zu meiner j~hrlichen Umsatzsumme. Man kann also auch sagen, dab die relat ive GrSfie der Kassen, namlich mit der ganzen j~hrlichen Umsatzsumme ver- glichen, stets in umgekehr te r Propor t ion zu der Umlaufsgeschwin- digkeit des Geldes stehe4)"; die Umlaufsgeschwindigkei t des Gel- des wird dann in der Weise gewonnen, dab man die Umsatzsumme eines Zei traumes dureh den durchsehnit t l iehen Ka~enbes t and divi~ diert. Beachtet man nun, dal~ in der ganzen Volkswir tschaf t die Ge- samtsumme der Kassenbestande der einzelnen Wir tschaf tssubjekte gleich der ganzen vorhandenen Geidmenge ist, so zeigt sich, dab auch diese Umschreibung der Umlaufsgeschwindigkeit auf dasselbe hinauskommt wie die beiden vorher behandelten.

2. D i e Q a n t i t ~ t s g l e i c h u n g I r v i n g F i s h e r s .

In welchea quant i ta t iven Beziehungen steht nun die Umlaufs- geschwindigkei t des Geldes zu anderen GrSl~en des Wirtschafts- Iebens? Hier is~ vor allem an die Quant~tatsgleichung I. F i s h e r s zu denken

G X U = P X H , in tier G die gesamte Geldmenge (Stfickgeld + Giralgeld), U die Umlaufsgeschwindigkei t des Geldes, P das Pre i sn iveau (gewogener Durchschnit t der Pre ise samtlicher gegen Geld zum Umsatz kom- menden Gfiter) und H das Handelsvolumen (Summe der Mengenein- heiten aller dieser Giiter) bedeutet ~). Diese Quanti.tatsgleichung ent- halt auf beiden Seiten den Gesamtbetrag yon Getdeinheiten, der in der Zei tper iode ffir den Kauf yon Giitern aufgewandt wird, einmal ausgehend yon dem durchschnit t l ichen in der Zeitperiode vorhan- denen Geldbestand, also tier Geldmenge, und zum anderen ausgehend yon dem Giiterstrom, d. h. der Menge der gegen Geld in der Zeit- periode umgesetzten Giitereinheiten. Im Gegensatz zu anderen auf- gestellten Quantiiatsgleichungen, z. B. der J. S c h u m p e t e r s ~), enth~lt das Handelsvolumen in der Formel I. F i s h e r s nicht nur die Waren bzw. nicht nu r die Konsumgiiter, sondern aueh die in der Zeitperiode zum Umsatz kommenden Arbeitsleistungen, Effekten, Grund und Boden usw.; die einzelnen Giiter werden bei jedem in tier Zeitperiode vorgekommenen Umsatz beriicksiehtigt, also im Falle,

8) H. M o e I 1 e r: I)er Erkenntniswert der Tauschgleichung. Eheberg- Festgabe, Leipzig und Erlangen 1925, S. 120.

4) a.a.O., S. 69. 5) a.a.O., S. 21 ff. 6) ]:)as Sozialprodukt und die Rechenpfennige, Archly ffir Sozialwissen-

schaft und Sozialpolitik, 44. Bd., 1917/18, S. 675 ff.

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dab eine Ware in ihr vom Produzenten an den Grol~h~tndler, yon die- sere an den Kleinh~ndler und yon diesem an den Konsumenten ab- gesetz t wurde, wi rd sie dreimal beim Handelsvolumen gez~hlt; eben- so werden alle diese Ums~tze auch bei der Fes t s te l lung des Preis- n iveaus und der Umlaufsgeschwind igke i t des Geldes berficksichtigt . Die F i shersche Quant i t~tsgle ichung besagt al lgemein, daIt die Um- laufsgeschwindigke i t im gleichen Sinne va r i i e r t wie das Preis- n iveau und das Handelsvolumen und im umgekehr t en wie die Geld- menge. Die Formel besagt auch al lgemein: I s t e iner der F a k t o r e n l inks eine Kons tan te und ebenso einer der F a k t o r e n rechts, so sind die i ibrigen beiden F a k t o r e n einander propor t iona l ; sind also bei-

H spielsweise G und H konstant, so is,t U ----- c X P, wobei c ~--- ~ ist;

insbesondere nehmen also U und P gleichzei t ig und im gleichen Ver- ha l tn is entweder beide zu oder beide ab. Diese Aussage ist aul~er- ordentl ich priignant, aber man dar f nicht fibersehen, daft sie nur unter der Annahme der Konstanz der beiden Fak to ren gilt; und es bleibt durchatts die F r a g e o f t e n , ob in der Wirk l i chke i t im Fa l le e iner ~ n d e r u n g yon U tatsiichlich G und H konstant bleiben oder sieh fi~dern.

3. Y a r i i e r e n d e u n d v a r i i e r t e F a k t o r e n d e r Q u a n - t i t ~ t s g l e i c h u n g .

I. F i s h e r ist s elbstverst~ndlich bei der Feststellung dieser Beziehungen zwischen den einzelnen GrSl~en der Gleichung nicht s tehen geblieben, sondern hat dari iber h inaus gezeigt , da~ G, U uncl H j e dutch Tatbes tande best immt werden, die in der Quantit~tts- g le ichung nicht vorkommen; alas heiRt: er hat zu jeder der drei GrS- ~en G, U und t i je einen Kata log der auf sie e inwirkenden Momente aufgestel l t , derart , dalt in keinem dieser Kata loge eine der vier GrS{~en G, U, H arid P auflz'eten. P selbst ist fiir F i s h e r dan~n ver-

miige der Quant i t~tsgle ichung bestimmt, n~mlich P G X U Diesen - - H "

Tatbestand haben wir im Auge, wenn wi t sagen, dalt nach F i s h e r G, U und H die v a r i i e r e n d e n GrS~en und P die v a r i i e r t e GrSlte unter den v ier seien ~). Wi r kOnnen das auch so ausclrficken, dal~ naeh dieser These F i s h e r s die Geldmenge, die Umlaufsgeschwin- d igkei t und das Handelsvolumen das P re i sn iveau bestimmen. Hin- gegen wird die Umlaufsgeschwind igke i t des Geldes n i c h t dutch Geldmenge, Pre isniveau und Handelsvolumen bestimmt. Diese F o l g e r u n g e n t re f fen nun, wie w i r sp~ter ausfi ihrl ich zeigen werden, ke ineswegs immer und i iberall so zu. Da raus ergibt sich, da~ der Theorie F i s he r s bestimmte Vorau~ssetzungen, insbesondere beztiglieh

7) In einer Zusammenfassung sagt F i s h e r: ,,Das Preisniveau ist die Wirkung einer Ver~inderung in den anderen Faktoren und kann nicht die Ursache einer solchen Ver~tnderung sein." A.a.O., S. 148.

Zeitschr . f. Nationali ikonomie, X I I . Bd., 2.---4. H. 29

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der yon ihm betrachteten Wirtschaftsordnung, zu Grunde liegen, welche keineswegs ,,in der Wirklichkeit" immer erfttllt sind. E s i s t d a s Z i e l d e r v o r l i e g e n d e n A u s f i i h r u n g e n , B e i - s p i e l e v e r s c h i e d e n e r W i r t s c h a f t s s y s t e m e a u f z u - z e i g e n , d i e s i c h im w e s e n t l i c h e n d a d u r c h v o n e i n - a n d e r u n t e r s c h e i d e n , w e l c h e y o n d e n v i e r i n d e r Q u a n t i t ~ t s g l e i c h u n g a u f t r e ~ e n d e n G r S l ~ e n G, U, P u n d H d i e R o l l e d e r v a r i i e r e n d e n b z w . d e r v a r i i e r - t e n s p i e l e n .

4. B e s t i m m u n g s g r i i n d e d e r U m l a u f s g e s c h w i n d i g - k e i t n a e h F i s h e r .

Wit betrachten nun zuniichst F i s h e r s Katalog ftir U, d. h. die- jenigen Momente, durch welehe die Umlaufsgeschwin,digkeit des Gel- des bestimmt wird. I. F i s h e r fiihrt folgende auf s):

1. Gewohnheiten des Individuums. a) In Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Thesaurierung. b) In Bezug auf Buchkredit. c) In Bezug auf die Verwendung yon Scheeks.

2. Zahlungssysteme in dem Gemeinwesen. a) In Bezug auf die Haufigkeit der Geldeinnahmen and -aus-

gaben. b) In Bezug auf die RegelmRl~igkeit der Geldeinnahmen und

-ausgaben. c) In Bezug auf das Zusammentreffen der Zeitpunkte und der

Betrage tier Geldeinnahmen u~d -ausgaben. 3. Allgemeine Ursachen.

a) Bev51kerungsdichte. b) Transpor tschnelligkeit. F i s h e r betegt diese einzelnen Momente mit Beispielen und zeigt0

wie die Auswirkungen auf die Umlaufsgeschwindigkeit sich voll- ziehen. Soweit man sich auf den Boden der yon ihm beriicksichtig .o ten Wirklichkeit stellt, muff man zugestehen, dait es sich um Momente handelt, die auf die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes ein- wirken, die von der GrSfie der Geldmenge, des Handelsvolumens und des Preisniveaus unabhangig sind und ihrerseits nicht yon der GrSi~e der UmlaufsgeschwindigkM~ beeinflul~t werden. Aber wir diirfen nicht aul~er acht lassen, dalt F i s h e r eine ganz besiimm:te Wirt- schaftsordnung vorschwebt, namlich die der Verkehrswirtschaft mit freier Konkurrenz. Diese Wirtsehaftsordnung ist ja dadurch gekenn- zeichnet, da]~ die Wirtschaftssubjekte in ihr naeh eigenem Willen tiber verfiigbare Geldbetr~ge disponieren und da~ in ihr yon eincr UnmSglichkeit, das Geld fiir die yon den Wirtschaftssubjekten vor- gesehenen Zwecke zu verausgaben, praktisch nicht die Rede sein kann; denn dank der Tatsache, dal~ sich das Preisniveau P der dureh G X U repr~en t ie r ten Nachfrage reibungMos anpalit, zumindest

s) a.a.O, S. 64.

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insoweit P re i s s t e i g e r u n g e n in F r a g e kommen, steht der kauf- k ra f t igen Nachf rage auch stets ein Angebot gegeniiber. Im Ein- klang mit dieser Tatsaehe enth~lt der F i s h e r s c h e Katalog solehe Momente, die fiir den Willen, die Bere i t schaf t der Wir tschaf tssub- jekte, ve r f i igbare Geldbetri~ge in mehr oder weniger schnel lem Tempo zu verausgaben , yon Bedeutung sind; und die UnmSglichkei t e iner schnel leren V e r a u s g a b u n g spie l t n u t insoweit eine Rolle, als dem Tempo der W i e d e r v e r a u s g a b u n g von Geldbetr~igen dureh die Technik der Abwick lung yon Zahlungen Grenzen ge ~etzt sind. Abe t das ist ja nieht in al len Wir t scha f t so rdnungen so, ~ i e die Behand- lung der Vorg~nge in der deutschen Kr iegswi r t seh~I i zeigen wird; dort wird sich herausstel len, d al~ in dieser Wirk l ichke i t zwischen dem Willen, der Bere i t schaf t zur Ve rausgabung und der Realis ie- rung der V e r a u s g a b u n g zu scheiden ist und dalt fiir diese Reali- s ie rung der Ve rausgabung neben der Bere i t schaf t zur Ve rausgabung andere Tatsachen ma~gebend sind.

5. B e s t i m m u n g s g r i i n d e d e r U m l a u f s g e s c h w i n d i g - k e i t n a c h L u t z .

Aulier F i s h e r h a b e n s i c h u. a. N e i s s e r g ) und H o l t r o p ~ ° ) mit den Bestimmungsgri inden der Umlaufsgeschwindigkeit des Gel- des befal~t. Ih re und F i s h e r s Lehre ist von L u t z weitergebil- det worden 1~), mit dessen Leh re wir uns nun befassen wollen. Der Kata, log von Momer~ten, die nach I. F i s h e r die GrSl~e der Um- lauIsgeschwindigkei, t des Gelde~ bestimmen, wird yon L u t z au~f nur zwei Momente zuri ickgefi ihr t : den Grad der Synchronis ie rung von Einnahmen uncI Ausgaben der Wir t schaf t s sub jek te und ihr Bediirf- his nach Kassenreserven~2) . Unter Synchronis ie rung vers teh t er, dali E innahmen und Ausgaben gleichzei t ig u n d in gleicher t tShe en t s t ehen~) ; unter Kassen re se rven solche Betr~ge, die nicht zur regetm~iitigen Auf lSsung im W e g e der normalen Ve rausgabung ge- Iangen, wobei die Periode, innerhalb welcher die AuflSsung er fo lgen mutt, so grot~ zu w~hlen ist, dali in ihr alIe s a i s o n m ~ i g verursach- ten Diskont inuier l iehkei ten zum Ausgte ich kommen - - also ein J ah r ; diese Ge ld rese rven verdankela ihre Exis tenz normale rweise dem Be- diirfnis der Wir t schaf t ssubjek te , eine Rese rve fiir unvorhe rgesehene F~lle g re i fba r zu haben, und sind in ih re r HShe naeh dem Charak te r der einzelnen Wirtschaftssub~ekte verschieden 14). Die von F i s h e r

9) H. N e i s s e r: Der Kreislauf des Getdes, Weltwirtschafttiches Arci~iv, 33. Bd., 1931, S. 365 ff.

1~) M. W. H o 1 t r o p: Die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes, Bei- triage zur Geldtheorie, herausgeg, v. Friedr. A. Hayek, W'~en 1933, S. 115 ff.

~1) F. L u t z : ~ber die Umlaufsgeschwin4igkeit des Geldes, Jahr- biicher fiir NationalSkonomie und Statistik, 144. Bd., 1936, S. 385 ff.

1~) S. 395. 18) S. 391. t4) S. 395.

29"

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aufgefiihrten Bestimmungsgriinde der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes bezeichnet L u t z nicht als fal:sch; offensichtlich sieht er in ihnen tiefere Schichten yon Ursachen ffir die GrSite der Umlaufs- geschwindigkeit, die nut dadurch auf diese einwirken, dalt sie den Grad der Synchronisierung der Einnahmen und Ausgaben und das Streben nach Kassenreserve~ ver~indern. VSllig im Einklang mit ) ' i sh e r sieht L u t z die Um~aufsgeschwindigkeit nicht als variierten, sondern als variierenden Faktor tier Gleichung an, dcr selbst in seiner GrSlie yon aulten her bestimmt ist, wohingegen er, wiederum im Einklang mi~t F i she r, im Preisniveau den variierten Faktor sieht; ausdriicklich setzt er sich mit der gegenteiligen Auffassung aus- einander 1~).

Bei einer kritischen Stetlungnahme zur Lehre yon L u t z kon- statieren wir zuniichst, dalt bei gegebener Umsatzsumme einer Zeit- periode eine Ver~nderung der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes nicht mSglich ist ohne entsprechende V e r ~ d e r u n g in~ dem Grad der Synchronisierung yon Einnahmen und Ausgaben der Wirtschafts- subjekte und bzw. oder in ihren Kassenreserven. Dieser Satz gilt wie die Quantit~tsgleichung fiir jede Geld-Verkehrswirtschaft, gleichgiiltig wie im fibrigen die Wirtschaftsordnung beschaffen ist. Mit dieser Konstatierung unterscheiden wir uns von L u~ z dadurch, daR wir die Umlaufsgeschwindigkeit yon der GrSiie tier Kassen- reserven selbs, t, L u, tz hi,ngegen vo~ d~m Bedfiffnis der ~Virts.chafts- snbjekte nach Kassenreserven abhiingig sein lassen. Diese Unter- scheidung ist wichtig. Denn auf die HShe der Kassenreserven ver- mSgen noch andere Tatsachen einzuwirken als nut das Bed'~fnis der Wirtschaftssubjekte nach ihnen, w i e sich bei Behandlung der Vorg~nge in der deUtschen Kriegswirtschaft zeigen wird. Es han- de]:t sich bier grunds~tzlich um das Gleiche wie oben unter 4; wir mfissen zwischen dem Willen, der Bereitschaft zu einer Handlung und ihrer effektiv eintretenden Realisierung unterscheiden. Und ferner erschliel~en wir durch diese Abwandlung die MSglichkeit, andersartige Zusammenhi~nge zu berficksichtigen: wiihrend es sinn- los w~ire anzunehmen, dal~ in irgend einer Wirtschaftsordnung das Bediirfnis nach Kassenreserven yon der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes in dem Sinne beeinflultt wird, dait Verringerung tier Umlaufsgeschwindigkeit zu einer ErhShung des Bedfirfnisses nach Kassenreserven fiihrt, sehen wir sehr wohl die Miiglichkeit dafiir, dal~ dutch die Verringerung der Umlaufsge.schwindigkeit eine Er- hiihung der Kassenreserven selbst bewirkt wird. Bei der Frage, welche Momente fiir den Grad der Synchronisierung von Einnahmen und Ausgaben mai~gebend sind, vertrit,t L u t z zwar die Auffassung, da~ auch dieser von aulien her bestimmt wird, v,'obei er auf die L~nge der Einkommensperiode, die Gteichm~il~igkeit, mit der die Ausgaben fiber die Einheitsperiode verteilt werden, das Ausma~,

,5) S. 397.

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in dem von Kredit Gebrauch gemaeht wird, usw. hinweist; aber jedenfalls l~iBt doch die Formulierung ,,Grad der Synchronisierung yon Einnahmen und Ausgaben" auch die MSglichkeit often, dab in einer besonders gearteten Wirtschaftsordnung der umgekehrte Zu- sammenhang in Erscheinung tritt, n~imlich, dab mangels der MSg- lichkeit, Geld in der von den Wirtschaftssubjekten angestrebten Weise zu verausgaben, die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes den Grad der Synchronisierung bestimmt.

6. E i n e z w e i t e a l l g e m e i n e G l e i c h u n g f f i r d i e U m l a u f s g e s c h w i n d i g k e i t .

Um den bei der Kritik der L u t z schen These entwicketten Gedan- ken eindeutigen Ausdruck zu verleihen, wollen wir eine Formel angeben, vermSge deren die Umlaufsgesehwindigkeit des Geldes dutch die UmsatzgrSBe der Zeitperiode, den Grad der Synchroni- sierung trod die Kassenreserven aus,gedriickt wird, (was L u ~ z nieht

A getan hat). Definitionsgem~iB ist die Umlaufsgeschwindigkeit U

G wobei A die gesamte Umsatzsumme der Zeitperiode und G die ge- samte Geldmenge bedeutet. Die gesamte Geldmenge ist nun auch gleich der Gesamtsumme der Kassenbest~inde der Wirtschaftssub- jekte. Diese Gesamtsumme l~iBt sieh aufspalten in denjenigen Teil, der w~ihrend der Zeitperiode mindestens einmal zur Verausgabung kommt (wobei davon ausgegangen wird, dab die Wirtschaftssub- jekte bei der Verausgabung zun~chst immer auf die ihnen zuletzt zugeflossenen Geldbetr~ige zuriickgreifen und erst weiterhin auf die friiher zugeflossenen, und zwar in der Reihenfolge ihres Zu- flusses derart, dab die am l~ingsten bereits in ihrem Besitz befind- lichen Geldbetr~ge als letzte an die Reihe kommen), und in die Kassenreserven im L u t z schen Sinne. Bezeichnen wir den Tell der Kassenbest~inde, der in der Zeitperiode zur Verausgabung kommt, mit K a und die Kassenreserven mit K r, so ist

G-----K~ + K~. A

Danach ist auch U - - - - K~ + K~

Die GrSBe K S ist nun einer~eits abh~ngig vonde r gesamten Umsatz- grSBe A und andererseits yon dem Grad der Synchronisierung, den wir mit S bezeichnen, und zwar vari iert K~ im gleichen Sinne wie A und im umgekehrten Sinne wie S (je hSher der Grad der Syn- chronisierung, um so niedriger bei gegebenem A der Betrag der- jenigen Kassenbestande, die in der Zeitperiode zur Verausgabung kommen i~). Diesen Tatbestand driicken wir t7) durch die Formel

16) Wir kSnnen diesen Tatbestand auch in der Weise zum Ausdrack bringen: Je grSBer der Grad der Syncl~ronisierung, umso niedriger der Betrag der Kassenbest~inde, der benStigt wird, um einen bestimmten Gesamtarasatz in tier Zeitperiode zu bewaltigen.

17) Bei geeigneter Normit~rung der Synchronisierungszahl S.

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A A K a = ~ aus und k6nnen dann welter sagen U ~__A + Kr'

S Diese Formel besagt allgemein: Je grSfier die Kassenreserven

und je kleiner der Grad der Synchronis ierung, um so kleiner bei gegebener UmsatzgrSl~e die Umlaufsgesehwindigkeit . Diese Aus- sage gilt, wie sc~hon unter 5 ausgeffihrt, ebenso wie F i s h e r s Quan- titiitsgleichung, vermSge deren die Umlaufsgeschwindigkei t durch die Geldmenge, das Pre i sn iveau und das Handelsvolumen ausge- drfickt wird, fiir jede Geld-Verkehrswirtschaft , gleichgfiltig, wie im iibrigen die Wir tschaf tsordnung beschaffen ist. Die Formel sagt uns aber nichts fiber kausale Beziehungen. L u t z l~t~t nun, im Ein- klang mit d~er F~rundanschauung F is h e r s, den Grad der Synehroni- s ierung und di:~ HShe der Kassenreserven von aul~en her bestimmt sein, und zw~- in der Weise, dal~ unter den Momenten, die die GrSfie S und K r bestimmen sollen, die in der Gleichung selbst ge- nannten GrSfien nicht vorkommen. Nach der Auffassung von L u t z ist dann U vermSge der Gleichung bestimmt, w i t kSnnen also sagen, da~ m~ch L u t z U die variierte und S ur~d K r die variierenden GrSl~en seien. Wi r stimmen dieser Auffassung von L u t z ffir be- stimmte Wir tschaf tsordnungen zu, bestrei ten jedoch ihre Allgemein- gfilt igkeit fiir jede Wir tschaf tsordnung; insbesondere sehen wi t auch die M~glichkeit, dal~ in einer besonders gear te ten Wir t schaf t sord- hung der Kausalzusammenhang ein umgekehr te r ist, n~mlich da~ dureh die GrSl~e yon U eine bestimmte GrSl~e von S und bzw. oder K r bewirkt wird.

7. T y p i s o h e V o r i i n d e r u n g e n t i e r U m t a u i s - g e s c h w i n d i g k e i t .

Hiernach kSnnen wir nun zu einigen typischen Fiillen der Ver- ~inderung der Umlaufsgeschwindigkei t des Geldes fibergehen. Wir wollen zwei Arten von F~llen nur kurz skizzieren, n~mlich die Ver- iinderung der Umlaufsgeschwindigkei t des Geldes im Konjunktur- ver lauf einerseits und bei Inf la t ionen und der nachfolgenden Stabilb sierung des Geldes andererseits, und wir wollen uns dann ausffihr- l icher mit dem Fal l der Ver~inderung der Umlaufsgeschwindigkei t in der deutschen Kriegswir tsehaf tsordnung befassen.

1. Immer wieder ist im K o n j u n k t u r v e r 1 a u f eine ganz be- stimmte Veriinderung der Umlaufsgeschwindigkei t des Geldes, und insbesondere des Giralgeldes, also der dem Zahlungsverkehr dienen- den Bankguthaben, konstat ier t worden: Ste igerung der Umlaufs- geschwindigkeit im Aufstieg, Sinken der Umlaufsgeschwindigkei t im Abstieg is). Der Aufst ieg ist bekanntl ich charakter i s ie r t durch die Verbesserung der Rentabilit~itschancen, der Abstieg durch ihre Verschlechterung. Die Verbesserung der Chancen und die in Zu-

is) Siehe vom Verfasser: Die Kon~unkturen im Wirtschaftsleben, Jena 1932, passim, insbesonclere die Literaturangabe S. 59.

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sammenhang damit herrschende Ver t rauensa tmosphare veranlal~t die Unternehmer zur Ausdehnung ihrer Gesch~ftstatigkeit , im wei teren Ver lauf des Aufs t iegs auch zur Ve~griilierung der vorhandenen Produkt ionsanlagen. Der Unternehmer f indet also in dieser Lage fiir die ihm zur Verff igung stehenden Gelder lohnende Verwendung; diese MSglichkeit lohnender Verwendung geht so weit, daIt die Unternehmer vermehr t Kredi t nachfragen; die Le i te r der Banken sind im Aufst ieg auch in der Regel bereit , vermehr t Kredit zu geben, da sie selbst yon der Ver t rauensatmosph~re erfal~t sind, d. h. an die rentable Verwendung der gegebenen Kredite durch die Kredit nachsuchenden Unternehmungen glauben und deshalb mit einer ord- ntmgsm~J~igen Abwicklung der Kredi te rechnen. So gewinnt es also ffir den Unternehmer Sinn, schneller als in der vorangegangenen Zeit schlechterer Konjunktur fiber die Geldeing~nge zu disponieren, nicht erst zu warten, bis sich eine besonders giinstige BezugsmSg- l ichkeit bietet. Vers t~rkt wird diese Hal tung noch in dem Falle, dall die Konjunkturverbesse rung mit Pre i ss te igerungen verbunden isi und man mit der MSglichkeit wei te rer Pre i ss te igerungen fiir die Zukunf t rech~et; denn dann heiltt es, schnell zuzugreifen, um noch zu den bisherigen n iedr igeren Pre isen kaufen zu kSnnen; solche Pre i ss te igerungen bildeten bei dem typischen Konjunkturver lau~ der Zeit vor dem ersten Wel tkr ieg die Regel ~9). Man beachte, worum es sich hier handelt: nicht die HShe des Preisniveaus , also des P in der Quanti tatsgleichung, ist mMlgebend fiir die ErhShung der Umlaufsgeschwindigkei t U, sondern die von der Pre ishShe zu unter- scheidenden Erwar tungen yon Pre i ss te igerungen fiir die Zukunft , (die dann ihrersei ts wieder fiber die Veranderung der Geldmenge infolge vermehr te r Kredi tnahme und d ie Veri~nderung der Umlaufs- geschwindigkei t des Geldes auf die Pre i se einwirken). Die Wirt- schaftssubjekte sind im Konjunkturaufs t i eg auch bereit , ihre Kassen- reserven, also die ffir besondere Notlagen for tgesetz t unterhal tenen Kassenbestando zu verk le inern oder schlechthin abzubauen. Diese Kassenreserven dienten in tier vorangegangenen schlechteren Zeit ja vor allem der Sicherung fiir den Fall , dalt es nicht getang, Waren vom Lage r in der gewohnten Zeit abzusetzen - - es sei denn zu ,,ruinSsen" Preisen, die durch die Notlage des Anbieters diktiert sind - - oder dalt Zahtungen ffir abgesetzte Waren nicht termin- gemi~lt eingingen, und je weniger man in soIchen schlechtea Zeiten damit rechnen konnte, dalt einem dann mit Kredit ausgeholfen wer- den wtirde, umso notwendiger waren solche Kassenreserven. Abet bei der Verbesserung tier Konjunktur glaubt man an den Absatz, man zweifel t auch nicht, dall die Kaufe r zur termingemi~lten Zah- lung fahig sein werden, und man kann sich ja darauf verlassen, dab einem Kredit zu Geboto stehen wird, wenn man ihn bra~acht. - -

1~) Ftir die Unterschiede im Kon~unkturverlauf dex Zeit vor und nach dem ersten Weltkrieg vergl, yore Verfasser, a.a.O., passim.

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Das Umgekehrte stellt sich in der Krise und dem darauf folgenden Abstieg ein. Zun~chst einmal l~tltt die Krise mit dem Zus,ammen- bruch des Vertrauens das Streben nach Bildung yon Kassenreserven entstehen, man will gegen die Schwierigkeiten geschfitzt sein, die sonst im Falle der Unmiiglichkeit des Absatzes von Waren oder im Falle, dalt vereinbarte Zahlungen ausbleiben, auftreten, zumal es fraglich erscheint, ob man notfalls Kredit bekommt. - - Man fiirch- tet Preissenkungen und h~lt deshalb mit dem Kauf zurtick. Im Zuge des weiteren Abstieges beriicksichtigt man, daI~ man schon beson- ders gute Gelegenheiten braucht, um lohnende Geschiifte machen zu kiinnen; die. Verminderung des Umsatzes l~l~t eine Vergr6~erung der Anlagen nicht mehr geboten erscheinen, im Gegenteil, die vor- handenen sind ja vielf, ach nur teilweise ausgeniitzt. Infolgedessen kommen viele Unternehmungen an einen Punkt, an dem sie flit die ihnen zur Verfiigung stehenden Mittel keine volle Verwendung mehr haben, sie zahlen frfiher genommene Kredite zuriiek und, soweit solche Riickzahlungen nicht mehr in Frage kommen, erleben sie es, dalt sie fiber vorhandene eigene Mittel nur schwer und naeh einem nicht gewollten Zeitablauf mit de r Chance eines Gewinns wieder disponieren kSnnen. In dieser Lage kSnnen sich die Unternehmer nun allerdings yon verftigbaren Geldbetragen trennen, indem sie sle z. B. auf Termim und Kfindigungskonten bei Banken antegen, womit die Betr~ge aufhSren, Geld zu sein; aber man fibersieht die Entwicklung lohnender Verwendung yon Geld in der Regel nicht so klar, daft man regelmiiiiig unverziiglich zu solcher Anlegung schreitet. Alles in allem sinkt so das Tempo der Wiederverwendung yon eingenommenen Geldbetragen, das heiltt, die Umlaufsgesehwin- digkeit des Geldes, und zw~r hauptsiichlich tier Bankguthaben, die ja die Kasse des Unternehmers bilden, geht zuriick.

Die genannten Tatbest~nde, die wir als tiefer liegende Ursaehen der Ver~nderung der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes im Kon- junkturverlauf ansprechen kSnnen, wirken tats~ehtich durch die Ver~nderung des Grades der Synchronisierung yon Einnahmen und Ausgaben und die Ver~inderung der Kassenreserven auf die Um- laufsgeschwindigkeit ein; dies hat schon L u t z in seiner zitierten Arbeit gezeigt, sodal~ wir nicht mehr auf diesen Punkt eingehen wollen.

Wie ist denn nun in diesem Falle, also bei dem typisehen Kon- junkturverlauf der Zeit vor dem ersten Weltkrieg, die Frage zu beantworten, welche Faktoren der Quantitatsgleichung als die vari- ierenden, weleher oder welche als der oder die variierten anzu- sprechen sind. Wir gehen davon aus, dali die Geldmenge und die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes yon aul~en her bestimmt sind. Ist dann die Vollbeschfi,ftigung erreicht, so kann das Handels~ votumen nicht mehr steigen, und die Anpassung der rechten Seite der Gleichung an die linke erfotgt dann bei weiterem AufsLieg tier Konjunktur dank der Variabilit~t der Preise bei einer VergrSl~erung

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~'on G X U dutch eine Preissteigerung. Wenn dann aber der Um- schwung eingetreten ist und infolge der veranderten Konstellation Geldmenge und Umlaufsgeschwindigkeit sinken, dann mull ja auch das Produkt yon P X H kleiner werden. W~re das Preisniveau vS1- lig variabel, so w~re kein Grund dafiir gegeben, dal~ alas Handels- volumen zuriickgeht. Tats~chlich jedoch trat auch beim typischen Konjunkturverlauf der Zeit vor dem ersten Weltkrieg im Abstieg regelm~fiig eine Reduktion des Handelsvolumens ein. Dies erscheint auch als durehaus verst~ndlich, denn das Preisniveau wies auch da- reals schon eine gewisse Starrheit auf, insoweit es sich nicht um Preisteigorungen, sondern um Preissenkungen handelte. Wir er- innern hier an den Widerstand gegen Lohnsenkungen, der yon den Koalitionen der Arbeitnehmer geleistet wurdo odor dank dora soli- darischen Verhalten der Arbeiter auch dort zustande kam, wo schlagkr~ftige Koalitionen fehltenS°). Ferner ist an die Bestrebun- gen von Kartellen zur Aufrechterhaltung der Preise zu denken und an die solidarische Abwehr der Unternehmer gegen ruinSse Preis- sonkungen, was dann zur Einschr~nkung der Produk'tion Anlal~ gab. Im Konjunkturabstieg also reagierte nicht nur alas Preisniveau, sondern auch das ttandetsvolumen auf die Verringerung von Geld- menge und Umlaufsgesehwindigkeit, wobei Arbeitslosigkeit und Teilausnutzung der vorhandenen Betriebsanlagen an die Stelle der Vollbesehaftigung trat. Beim Wiederanstieg der Konjunktur erwies sich dann zun~chst auch das ttandelsvolumen dank der Tatsache, dal~ unbesch~ftigte Arbeitskr~:[te und ungenutzte Betriebsanlagen vorhanden waren, als variabel, bis die Vollbeseh~ftigung wieder- hergestol!t war; die Vergr51~erung yon Geldmenge und Umlaufs- geschwindigkeit liel~ also im ersten Stadium des Aufstiegs eine Vermehrung der Produktion und damit des Handelsvolumens, sei es mit oder ohne gleichzeitige ErhShung der Preise, eintreten.

Wir sind also zu dem Ergebnis gekommen, dal~ auch bereits beim typischen Konjunkturverlauf der Zeit vor dem ersten Welt- krieg neben Veranderungen des Preisniveaus Veranderungen des ttandelsvolumens die Anpassung von P X H an die veranderte GrSl~o yon G X U herbeifiihrten. Es ist bekannt, dal~ in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg die Widerst~nde gegen Lohn- und Preis- senkungen ungeheuer gewachsen Bind, daft dadurch die ¥ariabil i tat des Preisniveaus verst~rkt in Frage gestellt war und dal~ tats~ch- lich in der Weltkrise eine Ver~nderung des Handelsvolumens ein- getreten ist, die in tier Vergangenheit in solchem AusmaR nieht vor- gekommen war. Wi t wollen hier aueh nur kurz erwahnen, dal~ beim Konjunkturaufstieg in Deutschland ab 1933 die Yariabilit~t der Preise nach oben durch die staatlichen Erschwerungen der Lohn- un4 Preissteigerung gehemmt wurde, wodurch erreicht wurde, dat~

so) Vgl. vom Verfasser: Theorie der Lohnsteig~rung, Schmollers Jahrb., NF. 45. Bd. 1921, S. 1151.

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der Konjunkturaufs t ieg , der durch die grolten staatl ichen lnvest i- tionen in den Arbeitsbeschaffungsmalinahmen und, ab 1935, in der Aufrf is tung ausgelSst wurde, nu r beschrankt in Pre iss te igerungen und in der Hauptsache in der VergriJl~erung der Produktion, also des Handelsvolumens, zum Ausdruck kam.

2. Des wei teren wenden wir uns nun den V e r ~ n d e r u n g e n d e r U m l a u f s g e s e h w i n d i g k e i t d e s G e l d e s i n d e r I n f l a - t i o n s z e i t u n d d e r d a r a u f f o l g e n d e n Z e i t d e r S t a - b i l i s i e r u n g d e s G e l d e s zu. ~be r die Tatsachen selbst gibt es keine Meinungsversehiedenheit : im l angeren Ver lauf einer Infla- tion, d. h. einer Geldvermehrung, die mit Pre i ss te igerung verbundea ist, steigen die Pre ise s t a rke r als die Menge des Geldes; diese Diver- genz von Preis- und Geldmengenentwicklung steht mit einer Er- hiihung der Umlaufsgeschwindigkei t des Geldes in Zusammenhang; bei der nachfolgenden Stabi l is ierung des Geldes sinkt die Umlaufs- gesehwindigkei t des Geldes wieder~l); dieses Sinken der Umlaufs- geschwindigkei t ermifglicht Preisstabil i t~t auch bei wei terer Zu- nahme tier Geldmenge. Meinungsverschiedenheiten sind vielmehr nur entstanden bei der F r age der kausalen Deutung der Erscheinun- gen, insbesondere bei der Frage, welche GrSlien als vari ierende, welche als var i ie r te anzusprechen sind. Wahrend zum Teil in Deutschland und allgemein im Ausland die Auffassung ver t re ten wurde, dal~ durch die Erhi ihung der Umlaufsgeschwindigkei t des Geldes die potenzier te Wi rkung der Geldmengenvermehrung auf die Preise verursacht werde, dab also in diesem Sinne die Erhi ihung tier Umlaufsgeschwindigkei t das vari ierende, die PreishShe aber das variierte Moment dars~elle, hat B o r t k i e w i c z auf der Stutt- gar te r Tagung des Vereins fiir Sozialpolit ik 1924 den gegentei l igen Standpunkt vertreten, indem er sagte: ,,Die wahre Kausalket te ist also meines Erachtens: Milttrauen, daher unverh~ltnism~ltig s tarkes Emporschnellen der Wechselkurse, als Fo lge davon Pre ise und LShne im Inland, die in keinem Verhal tnis mehr zur tatsi~chlichen Vermehrung des Geldumlaufs stehen, woraus - - ein wei teres Glied in der Kausalket te - - Geldknappheit entsteht, die dann eine so oder anders sich ~iuliernde ErhShung der Umlaufsgeschwindigkei t des Geldes hervorruf t"ee) . In dieser Auffassung berfihrt er sich mit H e 1 f f e r i c h ~3), von dem er sich allerdings dadurch un, terschei- det, dal~ er das Migtrauen, das die Wechselkurse in die HShe treibt, auf die tatsi~chlich erfolgte und f a r die Zukunft wei terhin erwar- tete Geldvermehrung in dem betreffenden Lande zuriickffihrt, wah- rend H e l f f e r i c h die Versehlechterung der Wecbselkurse mit der Gestal tung der Zahlungsbilanz erklar t und die Geldvermehrung nur

21) Ygl. vom Verfasser: Deutsche Geld- und Kreditpolitik, Hamburg 1937, S. 56 und 71.

se) Sehriften des Vereins ffir Sozialpolitik, 170. Bd., Miinchen und Leip- zig 1925, S. 267.

2a) Das Geld, 6. Aufl., Leipzig 1923, S. 638 ff.

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als einen Anpassungsvorgang an die e inget re tene Pre i s s te ige rung anspricht. B o r t k i e w i c z hat die Auffassung, der zufolge die Er- hShung der Umlaufsgesehwindigkei t Ursache ffir die Tatsache, daft die Preise schneller als die Geldmenge steigen, sei, zurfickgewiesen mit der Begriindung, dal~, je schneller die Konsumenten fiber das ihnen fiir einen Gehalts- und Lohnzahlungsabschni t t zur Verff igung stehende Geld verfiigen, umso l~i~uger das Geld dann bei den Pro- duzenten ruhe, ehe es wieder von diesen verausgabt werde; das Verhal ten der Konsumenten kSnne also eine ErhShung der Umlaufs- geschwindigkei t des Geldes in der Volkswir tschaf t garnicht herbei- ffihren, demgem~R auch nicht die genannte Wi rkung auf die Pre i se ausfiben. Der Auffassung B o r t k i e w i c z ' is~ dann E u c k e n entgegengetreten24), der es fiir nStig h~lt, neben dem Begr i f f der Umlaufsgeschwindigkei t den der , ,Wirksamkeit" des Geldes einzu- ffihren~5). Wi r wollen jedoeh auf diese ¥ a r i a n t e der Leh re hier nioht ein.gehen. Nach E u c k e n l~at auch L u t z 26) die Auffassung vertreten, dag die ErhShung tier Umlaufsgeschwindigkei t bzw. tier Wirksamkei t des Geldes Ursache ffir die gegeniiber der Geldmengen- vermehrung ges te iger te Pre ias te igerung sei. E r br ingt al lerdings zun~chst zum Ausdruck, daft B o r t k i e w i c z unter den von ibm an- genommenen Voraussetzungen, zu denen insbesondere die Tatsache gehSrt, daR die Einkommensperioden, also die Lohn- und Gehalts- zahlungsabsehnit te, unverander t bteiben, im grol~en und ganzen recht babe, aber er weist demgegenfiber darauf bin, dal~ alas schnellere Ausgeben von Geld seitens tier Konsumenten bei den Produzenten die Berei tschaft auslSst, in kf i rzerer Zeitfolge Lohn und Gehalt zu zahlen, also die Einkommensperioden zu verkfirzen27). Naeh L u t z ffihrt die Tatsache tier Inf lat ion und die E rwar tung wei terer Preis- s te igerungen dazu, dab die Wir tschaf tssubjekte ihre Ka~senreserven auflSsen, um sie nieht der En twer tung preiszugeben, und dal~ tier Grad der Synchronis ierung von Einn.ahmen und Ausgaben im gan- zen volkswir tschaft l ichen Leben erhSht wird. Diese ErhShung des Grades der Synchronis ierung beruht hauptsachlieh darauf, da~ die Einkommensper ioden verkf i rz t werden und daR die Betr iebe sieh abgewShnen, eingenommenes Geld liegenzula~sen und sodann stol~- weise einzukaufen, sondern zu for t laufendem Einkauf in kleineren Mengen iibergehen, um einer En twer tung der eingenommenen Geld- betrage durch langeres Ruben in tier Kasse entgegenzuwirken.

Wi r schliefien uns fiir den grSl~ten Tell des Inf la t ionsver laufes der so,ben b~sprochenen These, daR die ErhShung tier Umlaufs- geschwindigkeit , bzw. der Wirksamkei t des Geldes die geste iger te

e4) Die Ursachen der potenzi~rten Wirkung des Geldulnlaufs auf das Preisniveau, Jahrbiicher ffir NationalSkonomie and Statistik, 124. Bd., 1926, S. 289 ft.

25) S. 294 If. ~) a.a.O., S. 407. ~-~) a.a.O., S. 396, Anm. 1.

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Preissteigerung verursacht habe, an. Aber man darf nicht iiber- sehen, daf im letzten Stadium der Inflation die Lage sich tats~ich- lich in ether Weise veri~nderte, die einen andersgearteten Zusammen- hang, wenn auch nicht den von B o r t k i e w i c z behaupteten, herbei- fiihrte. In diesem letzten Stadium der Inflation gewShnten sieh die Menschen an die Goldrechnung, d. h. an eine Festsetzung der Preise der Giiter im Anschluf an den Dollarkurs. Schon diese Goldrech- nung sehr~nkt die Anpassung der PreishShe ,an die anderen GrS- lien der Quantiti~tsgleichung ein. Die Folgen traten im Wirtschafts- leben aber erst drastisch in Erscheinung, als man sich gewShnte, nicht nur nach dem Do llarkurs berechnete Goldpreise zu nehmen, sondern in diese auch noch Entwertungszuschl~ge einzukalkulieren, das heift die Preise tiber die sons~ in Frage kommende HShe hinaus noch deshalb zu erh5hen, well man mi t einer teilweisen Entwertung des eingenommenen Geldes in der Zeit bis zur Wiederverausgabung desselben rechnen mul~te. Im Anschluf an die Einfiihrung dieser Ubergoldpreise trat Arbeitslosigkeit und Verringerung der Aus- nutzung der Betriebsanlagen ein, das Handelsvolumen H ging also zuriick. Diesen Tatbestand erklaren wir in der Weise, daf ange- sichts der nunmehr gegebenen mangelnden Anpassung des Preis- niveaus P an die anderen Griifen der Quantitatsgleichung das Handelsvolumen t t Veranderungen erfuhr, und zwar, da die Er- hiihung des Preisniveaus in st~rkerem Verh~iltnis als die ErhShung des Produktes von Geldmenge und Umlaufsgeschwindigkeit vor sich ging, im Sinne ether Verkleinerung von H. Hingegen sehen wir keine Miiglichkeit dafflr, daft die UberhShung des Preisniveaus direkt auf die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes eingewirkt habe; ein Beispiel ftir eine direkte Einwirkung werden wir erst bet Be, handlung der deutsehen Kriegswirtschaftsordnung kennen lernerL Wi t sehen nut die MSglichkeit fiir folgenden indirekten Zusammen- hang: Die Tatsache der Einftihrung der Gold- und der ~bergold- rechnung hat das Tempo, in dem sich die Preissteigerung voltzog, noch wetter erhSht, zumal auch das Tempo der Wechselkursver- schlechterung dadurch gesteigert wurdel die Erfahrung dieser schnel- len Preissteigerung lehrte dann die Wirtschaftssubjekte, auch g ro fe Op~er an Bequemlichkeit in Kauf zu nehmen, um jeden empfangenen Betrag sofort in Waren umzusetzen. Wi t sagten ja schon, dalt streng zwischen der GrS~e des Preisniveaus P einerseits und der Erwar- tung zukiinftiger Preissteigerungen zu unterscheiden ist.

3. Wit kommen nun zu den V e r ~ n d e r u n g e r ~ d e r U m - l a u f s g e s c h w i n d i g k e i t d e s G e l d e s im R a h m e n d e r d e u t s c h e n K r i e g s w i r t s e h a ~ t s o r d n u n g , wobei die Zu- sammenh~nge, die uns aus ~riiherer Zeit bekannt sind, geradezu auf den Kopf gestellt werden. Die Tatsache der Veri~nderung der Um- taufsgeschwindigkeit im Rahmen der Kriegswirtschaftsordnung is~ heute wohl nicht mehr bestritten. Verglichen mit dem Stand yon Ende Juli 1939, also kurz vor Ausbruch des Krieges, hat sich die

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Stfickgeldmenge b i s zum Frfihsommer 1944 vervierfacht. Bei den dem Zahlungsverkehr dienenden Bankguthaben, die wir als Giral- geld anzusprechen haben, hat ebenfalls eine gewaltige Zunahme Platz gegriffen, sodal~ wit allgemein davon sprechen kSnnen, dal~ sich die gesamte Geldmenge in dieser Zeit mindestens verdrei- bis vervierfacht hat2S). Eine entsprechende Preissteigerung hat nicht Platz gegriffen, von einer VergrSl~erung des Handelsvolumens kann kaum die Rede sein. So bleibt nut die Erkl~irung durch eine Ver- minderung der Umlaufsgeschwindigkeit, und es liegen auch Beob- achtungen vor, die die Richtigkeit einer solchen Erkl~rung bestiiti- gen. Es ist allgemein bekannt, daR die Menschen dazu iibergingen, im Verhaltnis zu ihren Ausgaben durchgangig mehr Geld mit sich zu fiihren, und daft die Umsiitze auf den Girokonten nicht anniihernd so gestiegen sind wie die Einlagen auf diesen Kontcn.

Wie ist nun abet die Abnahme der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes im Rahmen der Kriegswirtschaft zu erkl~ren, und in wel- chem Verhiiltnis stehen die einzelnen GrSfien der Quantit~itsgtei- chung zu einander? Wir miissen hierzu von einem allgemein be- kannten Tatbestand ausgehen, n~imlich dem Lohn- und Preisstop, also der Festpfl5ckung aller Preise. Die Preise wurden yon auRen her bestimmt, durch Staatsbefehl, und waren nicht mehr in dem alten Sinne variabet. LShne und Warenpreise wurden bewul~t unter- halb derjenigen ttShe festgehalten, bei der Angebot und Nachfrage zum Ausgleich kommen; bei den LShnen wurde angestrebt, das Ent- gelt f t i r eine bestimmte Leistung nicht steigen zu lassen; bei den Warenpreisen suchte man eine H5he festzuhalten, die den Froduk- tionskosten des einzelnen Betriebes, einer Gruppe von Betrieben oder eines als leistungsfahig anzusprechenden Betriebes entsprach. Eine Anpassung yon P X H , der rechten Seite der Quantit~tsglei- chung, an G X U , die linke Seite der Gleichung, konnte also nicht mehr durch entsprechende Ver~inderungen des Preisniveaus P vor sich gehen. Ebenso war auch zumindest die obere Grenze des Han- delsvolumens H von auf~en her bestimmt, denn mit einer gegebenen sachlichen Ausr/istung der Produktion und einer gegebenen Zahl yon Arbeitskraften konnte eine bestimmte Gr5Re der Produktion nicht ttberschritten werden. Allerdings k5nnte man dann noch daran denken, dal~ das Handelsvolumen durch Zwischenschaltung weiterer Glieder in den AbsatzprozeI~ h~tte vergrSfiert werden kSnnen; abet es ist ja z u r Geniige bekannt, dal~ diese Zwischenschaltung fiber- fliissiger Glieder verhindert wurde; oder es hatte das Handels- volumen dadurch steigen kSnnen, da]~ Gtiter tiberhaupt oder ver- mehrt zum Umsatz gegen Geld kamen, die sonst nicht oder in gerin- gerem Umfang umgesetzt worden w~ren, man denke an Effekten oder Grund und Boden; aber aueh davon konnte keine Rede sein, der

~s) Die Entwicklung in den letzten Phasen des Krieges lassen wir hier aul]er BeLrachk

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Preisstop machte dies fiir die Verffigungsberechtigten alles andere eher als reizvoll. Zugenommen hatte demgegenfiber der Natural- austausch, aber die auf diesem Wege ausgetauschten Giiter gehOren ja nieht zum Handelsvolumen, d. h. zu den gegen Geld zum Umsatz kommenden Giitern. So war also tats~tchlich das Handelsvolumea dutch die Daten des Produktioasprozesses begrenzt. Man hat sich zwar in jeder denkbaren Weise bemfiht, durch Verl~.ngerung der Arbeitszeit, durch Heranziehung yon bisher nicht oder nicht voll genutzten Kr~iften des eigenen Landes oder durch Heranziehung yon Fremdea sowie durch Rationalisierungsmafnahmen die Daten des Produktionsprozesses zu verbessern und so das Handelsvolumen auszudehnen, aber dem stand die Einziehung yon Millionen yon Arbeitskraften zum Kriegsdienst gegeniiber. Alles in allem konnte die Produktion hSehstens in beschr~nktem Marie ausgedehnt wer- den, aber die obere Grenze ffir die Vergri iferung yon H nicht be- liebig hinausgesehoben werden. Mithin war also nicht nur P, sondern auch H und damit auch das Produkt von P X H, also der rechten Seite der Quantit~tsgleichung, nach oben hin begrenzt. Und es ist ja zur Geniige bekannt, daR in der gegebenen Lage diese obere Grenzo st~ndig erreieht wurde, also Aktualit~t besaf.

Des weiteren gehen wir nun zur Geldmenge und zur Umlaufs- geschwindigkeit des Geldes fiber. Angesiehts unserer Feststellungen fiber die rechte Seite der Qua ntit~tsgleichung kiinnen wir auch sagen, daft alas Produkt yon Geldmenge und Umlaufsgeschwindig- keit nicht fiber eine bestimmte Griit~e hinaus steigen konnte, die durch die geschilderte Begrenzung yon P X H gegeben war. Im Zuge der Kriegsfinanzierung bestand nun eine standige Tendenz zur Ausdehnung der Geldmenge. Insoweit n~mlich die fibrigen Quellen fiir die Kreditfinanzierung nicht ausreichten, wandte das Reich sieh an die Notenbank und begab bei dieser Reichsschatz- wechsel. Die Notenbank stellte die gewfinschten Betr~ge in Noten oder dureh Gutschrift in ihren Bfichern~ auf dem Girokonto des Reiches bereit. Wenn nun das Reich fiber die betreffenden Betrage verfilgte, zum Beispiel zu Zahlungen an die Lieferanten von Kriegs- materialien, dann ftossen den Kreditbanken zus~tzliche Barreserven zu; und da sich bei diesem Prozef die Verpflichtungen der Kredit- banken gegeniiber ihrer Kundschaft und die Barreserven um den gleichen Betrag erhShten, andererseits aber die Kreditbanken s ieh regelmiifiig mit einer bescheidenea Teildeckung ihrer Verpflichtun- gen durch Barreserven, mit einem Barliquidit~tssatz yon rund 5~ begnfigten, wurden die Kreditbanken befi~higt, nun auch ihrerseits zus~tzliehe, d. h. die Geldmenge vermehrende Kredite zu geben. Diese Fahigkeit der Kreditbanken zur Gewahrung zus~tzlicher Kredite nutzte das Reich zum Zweeke der Kriegsfinanzierung in der Weise, daRes nun a.uch Schatzwechsel bei den Kreditbanken begab und fiber die so gewonnene~ Betr~tge zu Zahlungen an seine Lie- feranten verffigte. Dank diesem Zusammenspiel von Notenbank und

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Kreditbanken mit dem Reich ging also eine fortgesetzte Geld- schSpfung vor sich. Gleichzeitig nahm das Reich einen erheblichen Teil der vorhandenen Produktivkriifte ffir seine Zwecke, zur Her- stellung der fiir die Kriegsffihrung benStigten Waffen, Gerate, Munition usw. in Anspruch. Die Wirtschaftssubjekte wurden also mit wachsenden Geldbetr~gen ausge~stattet, w~ihrend auf der anderen Seite tier Strom der Gfiter, der ffir die zivile Konsumtion und Inve- stition zur Verffigung stand, eingeengt wurde. Waren die Preise nicht blockiert gewesen, so hatte dieser Vorgang zu standiger Preis- steigerung Anlali gegebem Tatsachlich aber wurden Warenpreise und L5hne durch den Preis- und Lohnstop festgehalten, die Preise konnten nicht auf jene HShe steigen, auf der Angebot und Nach- frage zum Ausgleich kommen konnten. Um fiberhaupt noch eine leidlich sinnvolle Verteilung des eingeengten Stromes yon Gfitern ffir den zivilen Konsum oder die Investition zu erreichen, wurden im Vorhinein oder nach Auftreten stSrender Knappheitserscheinun- gen Rationierungsmafinahmen eingeffihrt, d. h. die Inanspruehnahme yon Arbeitskri~ften oder Waren wurde yon einer staatlichen Geneh- migung, z. B. v o n d e r Verffigung fiber die entsprechenden Lebens- mittelmarken, Kleiderkartenpunkte, Bezugscheine, Arbeitsgenehmi- gungen usw. abhangig gemacht. Geldbetrage, die den Wirtschafts- subjekten zur Verffigung standen, konnten yon diesen nicht in der yon ihnen gewiinschten ~¥eise verwandt werden, der Geldumlauf, das heiltt die Gesamtverausgablmg yon Gold zum Erw~rb von Giitern, war in feste Grenzen gebannt.

Ware nun die Geldmenge ebenso wie das Preisniveau und das Handelsvolumen eine von aulien her bestimmte Gri/l~e, so miiltte sich diese Konstetlation von Tatbestanden in einer ausgleiehenden Ver- r ingerung der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes niederschlagen. Tats~chlich wird jedoch auch die Geldmenge von der Beschr~nkung der Verwendungsmiiglichkeit ffir Geld beeinflufit. Geldbetrage, die den Wirtsehaftssubjekten im Wirtsehaftsverkehr zugeflossen sind, z. B. Ms Guthaben auf einem Girokonto gelandet sind, hSren auf diese Weise auf, als Geld zu fungieren. Sei es, 4al~ sie zur Riick- zahlung friiher genommener Bankkredite verwandt werden und so schlechthin verschwinden, oder dal~ sie gespart werden, wobei aus einem Guthaben, mit dem gezahlt wurde, ein Guthaben wird, mit dem Zahlungen nicht vollzogen werden; diese letztgenannten aber zahlen wir nicht zum GeId. Dieser Proze~ vollzog sich fortgesetzt, da es bei dieser nachtraglichen Wiedereinengung der Geldmenge nicht blieb, sondern das Reich nun im Zuge der Weiterftihrung der Kriegsfinanzierung erstens die Kreditinstitute zu ,,kompensatori- seher" GeldschSpfung veranlafite - - die Kreditinstitute iibernahmen in dem Ma~, wie bei ihnen frfiher gegebene Kredite zurfickbezahlt und neue Kredite seitens der Kundschaft nicht in Anspruch ge- nommea wurden, sowie inseweit bei ihnen die Spargelder zunah- meN, Reichspapiere, und das Reich verffigte sodann fiber die so

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gewonnenen Guthaben - - und da das Reich zweitens durch wei tere Anspriiche an die Notenbank die SehSpfung zusatzlielien Geldes in Gang hielt. Jedenfal ls aber t rat aueh bei der Geldmenge for tgesetz t dank der Tatsache des Unverwendbargewordenseins von Geld- bet ragen eine Kor rek tu r ein, die Geldmenge wurde fortgesetzt in diesem Zusammenhang wieder verkle iner t . Damit sind wi t bei einem Tatbestand angelangt, der unter anderen Bedingungen, sagen wi r deutl icher: im Rahmen anderer Wirtschaftsordnungen~ noch keine Rolle spielte. Wenn I. F i s h e r sagte, da.I~ d~e Geldmengo yon aul~en her gesteuert wird und nicht yon den anderen GrSl~en der Quanti tatsgleichung abhangig ist, so hat te er fur die damals herrschende Wir tschaf tsordnung recht. Aber im Rahmen der deut- schen Kr iegswir t schaf tsordnung wirk te nun die von auRen her gegebene Begrenzung des Pre isn iveaus und des Handelsvolumens und damit aueh der Preissumme der insgesamt gegen Geld zum Umsatz kommenden Giiter direkt auf die Getdmenge ein. Die yon F i s h e r angeffihrten Bestimmungsgriinde der Geldmenge stelIen t.at- si~ehlich nur eine Begrenzung der Geldmenge nach oben dar, nicht jedoch eine Begrenzung naeh unten, hierbei kann sich also das Unverwendbarwerden yon Geld auswirken.

Wenn man die Dinge so betrachtet - - und wir halten diese Art der Betrachtung ft~r die einzige, die die Tatsaehen deckt - - , dann hatte es also zu einer Ver r inge rung tier Umlaufsgeschwindigkei t des Geldes in der deutschen Kriegswir tschaf t gar nicht zu kommen brauchen. Denn die Anpassung von G X U an die gegebene GrSfie yon P X H hatte ja durch entspreehende Veranderung der Geld- menge vor sieh gehen kSnnen. Das entspricht jedoch nicht den Tat- sachen, die oben erw~hnte Verv ie r fachung d e r Geldmenge ware dann ja unerklar l ich. Wi r miissen vielmehr konstat ieren, daJ~ die Kr iegswir t sehaf tsordnung offensichtlich aueh die Tendenz hatte, die Umlaufsgeschwindigkei.t des Geldes zu verringern. Da man viel- faeh auf die Er langung yon Bezugsberecht igungen und auf das Ein- t re f fen der Waren unbestimmt lange Zeit war ten mul~te, hielten die meisten F i rmen und Einzelpersonen Zahlungsmittel - - Depo- siten oder Banknoten - - in ungleich hSherem Ausmal~ als normaler- weise bereit. Und zumal nun die Gesamtausgaben in der Zeiteinheit nicht so gest iegen waren, haben wir hier den Tatbestand der Ver- r ingerung der Umlaufsgeschwindigkei t vor uns.

Wi r sagten frfiher, da~ eine VerAnderung der Umlaufsgeschwin- digkeit des Geldes notwendig zusammen mit e iner Ver r inge rung des Grades der Synchronis ierung der Einnahmen und Ausgaben und einer ErhShung der Kassenreserven auftrete. Gegentiber" der dies- beziiglichen von L u t z vertretenen Lehre batten wir eine Korrektur in dem Sinne vorgenommen, dal~ wir nicht yon dem Bediirfnis nach Kassenreserven, sondern yon den Kassenreserven schlechthin spre- chert, und daft wir uns die MSgliehkeit often hielten, daft nicht immer die Veranderung des Grades der Synehronis ierung und der Kassen-

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461) ¥~r~nderungen der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes. 321

reserven eine Veranderung der Umlaufsgesehwindigkeit des Geldes bewirkt, sondern dal~ der umgekehrte Kausalzusammenhang in Er- scheinung tritt, also Verringerung des Grades der Synchronisierung und Erh5hung der Kassenreserven als Folge der Verringerung der Umlaufsgesehwindigkeit des Geldes. Dieser letztgenannte Zu- sammenhang liegt hier nun tats~chlieh vor. Die Erscheinungen, die wir oben beschrieben haben, brachten tats~ichlieh eine Verringerung des Grades der Synchronisierung yon Einnahmen und Ausgaben sowie ein Auflaufen yon Kassenreserven mit sieh. Die Termine, zu denen man Geldbetr~ge verausgabte, rfiekten welter ab yon den Terminen, zu denen man sie vereinnahmt hatte. Man hatte Kassen- reserven, weil geplante Verausgabungen gar nieht zustande kamen. So sehen wir also auch in diesem Teilbereich eine Umdrehung der Zusammenh~nge.

Man w~re nun versueht, verallgemeinernd zu sagen, dal~ die Umlaufsgeschwindigkeit des Gelde,s im Fatle der Einfiihrung und Verst~irkung der s t a a t l i c h e n W i r t s c h a f t s l e n k u n g zu- rfiekgeht~ Wit mfissen vor einer kritiklosen Verallgemeinerung die- set Art warnen. Zunachst einmal ist es nStig, die staatliche Wirt- sehaftslenkung n~iher zu charakterisieren, und zwar als Politik staatlieher Preisf ixierung bzw. Preisbegrenzung. Ferner ist eine Vermehrung der Geldmenge fiber das MaR, in dem das Handels- volumea zu steigen vermag, eine notwendige Bedingung der Reduk- tion der Umlaufsgesehwindigkeit; denn ohne ein Mil~verh~ltnis in der Entwicklung der Geldmenge einerseits und des Handelsvolumens andererseits bietet der Preisstop keinen Anlal~ dazu, daft die Wirt- sehaftssubjekte dan Tempo, in dem sie fiber die ihnen zugeflossenen ~eldbetr~ige verffigen, verlang.samen. Trit t dann allerdings ein Mit~- verh~iltnis in der GeldschSpfung, d. h. der Ausstattung der Wirt- sehaftssubjekte mit Geld, und der Entwicklung des ttandelsvolumens bei blockierten Preisen ein, so ist die Tendenz zur Verringerung der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes gegeben. Denn nun mfissen die Wirtschaftssubjekte auf Belieferung mit Giitern warten, weft bei der gegebenen PreishShe das Angebot nieht mit tier Naehfrage mitkommt. Zum Preisstop miissen jedenfalls auch die Seh5pfung zusatzlichen Geldes und die mangelnde MSgliehkeit, das tIandels- volumen entsprechend auszudehnen, als notwendige Bedingungen einer Verringerung der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes hinzu- treten.

8. Z u s a m m e n f a s s u n g .

glicken wir zurfick. Wir lernten die F i s h e r ache These kennen, dal~ Geldmenge, Umlaufsgeschwindigkeit und Handelsvolumen die PreishShe bestimmen. Die drei erstgenannten GrSl~en sollen von aul~en her bestimmt sein, sie sind die variierenden Faktoren der Gleichung, wohingegen das Preisniveau den variierten Faktor bil- det, dutch dessen GrSl~enver~inderung die Gleichheit der linken und

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der rechten Seite der Quanti t~tsgleichung real is ier t wird. Wi r stell- ten demgegenilber lest, dait im Konjunk tu rve r l au f neben bzw. an Stelle yon Varia t ionen des Pre isn iveaus Var ia t ionen des Handels- volumens unter der E inwi rkung von Ver~nderungen der Geldmenge und der Umlaufsgeschwindigkei t des Geldes vorkamen. Abet jeden- falls war es die rechte Seite der Gleichung, bei tier die Anpassung an Ver~nderungen auf der linken Seite der Gleiehung vor sich ging. Die Zusammenh~nge im Prozelt der Inf la t ion entsprachen im groften und ~ n z e n der Theorie F i s h e r s, nur im letzten Tell der Infla- tion, im Stadium der Gold- und ~bergo!dpreise , zeigten sich Abwei- chungen, die Wir tschaf tssubjekte setzten die Preise in Anlehnung an die tt(ihe der Devisenkurse les t und die Anpassung ging dutch Ver r inge rung des t tandelsvolumens v o r sich. SchlieRlich haben wir dann bei Betrachtung der Ver~nderungen im Rahmen der deutschen Kriegswir tschaf tsordnung gesehen, daR weder das Pre isniveau, das durch Staatsbefehl festgelegt war, noeh das Handelsvolumen, das in seiner maximalen Grii~e dureh die Daten der Produkt ion begrenzt war, sich einer Vermehrung der Geldmenge anzupassen vermochten. Es blieb dann nur die Anpassung der l inken Seite der Gleichung an die rechte, das heifit, t temmung der Geldmengenvermehrung und bzw. oder Ver r inge rung der Umlaufsgeschwindigkeit . Wi r sahen, daft sich die Geldmenge tats~chlich als anpassungsf~hig erwies: mangels Verwendungsmiigtichkeit filr Geld hiiren Geldbetr~ge auf, Geld zu sein. Daneben konsta t ier ten wir eine Verminderung der Umlaufsgeschwindigkei t des Geldes, die ihrersei ts wieder durch die besonderen Tatbest~nde der Kriegswir tschaf tsordnung, letztlich durch die Unverwendbarkei t von Geldbetri~gen in ihr, bedingt ist.

Was bedeuten nun diese Fests te l lungen im Hinblick auf die Quantit~tts t h e o r i e, 4. h. auf jene Lehre, die besagt, daft Ver~nde- rungen der Geldmenge Ver~nderungen des Pre isn iveaus herbeifilh- ren, es sei denn, da~ ausgleichende Ver~nderungen beim Handels- volumen oder der Umlaufsgeschwindigkei t eintreten, daft aber der umgekehr te Zusammenhang nicht besteht? Diese Lehre pafit auf jenes Wirtsehaftssystem, das die Autoren vor Augen hatten, als sie die Quanti ta ts theorie aufstellten, Sie paftt abet nicht auf das System, das als die deutsche Kr iegswir t schaf tsordnung in unsere E r f a h r u n g eingegangen ist. F i l r d i e s e W i r t s c h a f t s o r d n u n g m i l s - s e n w i r v i e l m e h r v o n d e m u m g e k e h r t e n Z u s a m m e n - h a n g z w i s e h e n G e l d m e n g e u n d P r e i s e n s p r e c h e n , w i r v e r n e i n e n d e s h a l b d e n G e d a n k e n , d a l t d i e Q u a n t i t ~ t s t h e o r i e a u f d i e s e W i r t s e h a f t s o r d n u n g p a It t. Davon ist selbstversti~ndlieh eindeutig zu scheiden, datl die Quantit~ts g 1 e i e h u n g F i s h e r scher Pr~gung auch in ihr Giil tig - keit hat.

I. F i s h e r hat n~icht nu r seine Quanti t~sgleichung entwickelt, sondern auch klargestel l t , welche GrSlien se iner Gleichung in der von ihm berticksich~igten Wirktichkeit yon auZen her bestimmt sind,

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welche nicht, und er hat Kaialoge von Momenten herausge- arbeitet, welche die einzelnen GrSfien yon aul~en her be- stimmea. Wir haben nun die Lehre dadurch weitergefiihrt, dal~ wit gezeig~ haben, wie in verschiedenen Wirtschaftssystemea unterschiedliche GrSfien zu den variierenden bzw. variierten Fak- toren werden, und wir haben uns bemfiht, die von F i s h e r entwiekel- ten Kataloge tier yon aul~en her die einzelnen GrS~en bestimmenden Momente in entsprechender Weise zu erg~nzen, insbesondere dutch Aufzeigung von Momenten, die in besonders gearteten Systemen die PreishShe yon aul~en her bestimmen. Wit standen dann vor der Schwierigkeit, dab variierende GrSfien, insbesondere die Getdmenge und die Umlaufsgesehwindigkeit, sich in variierte verwandeln, ob- wohl es doch eine Reihe von Momenten gibt, die yon au~en her auf ihre GrSl~e einwirken. Wit sahen, dat~ bei einer seitens des Staates durehgesetzten Blockierung der Preise das Handeln der Wirtschafls- subjekte yon dem abzuweichen vermag, das ohne die Festlegung der Preise eingetreten w~re, dab mangels tier MSglichkeit der Ver- ausgabung von Geldbetr~gen die Steigerung der Geldmenge hinter derjenigen GrSl~e zuriickblefbt, die sonst dank dem Verhalten der geldschSp~enden Institutionen realisiert worden w~re, und daft das Tempo der Verausgabung yon Geld verlangsamt wird gegeniiber demjenigen, das der Bereitscha~t der Wirtschaftssubjekte zur Ver- ausgabung entspreehen wiirde. In samtlichen yon uns beriicksich- tigten Wirtscha~tssystemen begrenzen zwar die angegebenen Mo- mente die GrSfie der Geldmenge und der Umlaufsgeschwindigkeit nach oben, sie bilden jedoch in besonders gearteten Systemen keine Grenze nach unten. In ahnlicher Weise ist auch das Handelsvolumen nur nach oben, nicht nach unten begrenzt, was bereits in Wirt- sehaftsordnungen zur Geltung kommt, in denen der Staat au~ die HShe tier Preise keinen oder nut geringen Einflut~ nimmt.