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HERPETOZOA 8 (3/4): 99-124 Wien, 30. Jänner 1996 Verbreitung und Biologie der Würfelnatter, Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768), in der Steiermark (Österreich) (Squamata: Serpentes: Colubridae) Distribution and biology of the Dice Snake, Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768), in Styria (Austria) (Squamata: Serpentes: Colubridae) PETRA ZIMMERMANN & GÜNTER FACHBACH ABSTRACT In 1992 and 1993, Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768) was found in 52 Styrian (Austria) localities along the Mur river, its tributaries, and the Raab river. In Styria, the northern limit of distribution is defined by the high rising Styrian mountains (climatic factors). For the area under study, the Dice Snake's biotope and diet (98% consisting offish) are described. Moreover, body length and body weight of the snakes were measured and pholidotic characters (subcaudals, preoculars, postoculars, supralabials) as well as the coloration were recorded. The character states of the above features depended upon sex and location. Observations on thermal and seasonal activities of N. tessellata are repoitet. KURZFASSUNG In den Jahren 1992 und 1993 konnten 52 Vorkommen der Würfelnatter, Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768) in der Steiermark (Österreich) nachgewiesen werden, die an den Flüssen Mur samt Nebengewässern und Raab liegen. Die nördliche Verbreitungsgrenze der Würfelnatter wird in der Steiermark durch das Steirische Randgebirge gebildet und ist durch klimatische Faktoren bedingt. Innerhalb dieses Verbreitungsgebietes wird der Lebensraum von N. tessellata und ihre Nahrung (98% Fische) beschrieben. Weiters wurden die Schlangen im Hinblick auf Länge, Gewicht, Pholidose (Subcaudalia, Praeocularia, Postocularia, Supralabialia) sowie Färbung untersucht. Eine Abhängigkeit zwischen der Ausprägung dieser Merkmale und dem Geschlecht sowie dem Fundort konnte nachgewiesen werden. Beobachtungen zur Aktivität und zum Verhalten der Schlangen im Jahreslauf werden wiedergegeben. KEYWORDS Natrix tessellata tessellata; Styria (Austria), distribution; morphology, biology, ecology, prey compo- sition, sexual dimorphism, reproductive cycle, activity EINLEITUNG Die Bestandsgefâhrdung der räumlich & al. 1992; LENZ & GRUSCHWITZ stark vom Hauptverbreitungsgebiet isolier- 1992). ten Reliktpopulationen von Natrix tessei- Vorkommen der Würfelnatter in der lata (LAURENTI, 1768) in Deutschland, Randzone ihres geschlossenen Verbrei- ja das völlige Erlöschen der Vorkommen tungsgebietes sind dagegen relativ spärlich an Elbe und Rhein führten zu einem be- untersucht. Arbeiten zu Biologie, Ökologie sonderen Interesse des "Standing Commit- und Lebensraum von N. tessellata liegen tee of the Convention on the Conservation aus der ehemaligen Tschechoslowakei of European Wildlife and Natural Habi- (LANKA 1975), der Schweiz (KRAMER tats" an dieser Art. So wurden in den letz- & STEMMLER 1988) und aus Italien ten Jahren verstärkt Untersuchungen zur (LUISELLI & RUGIERO 1991) vor. Biologie und Ökologie sowie über Schutz- Mit der Verbreitung von N. tessellata maßnahmen der Würfelnatterpopulationen in Österreich beschäftigten sich SOCHU- in Deutschland durchgeführt (GRUSCH- REK (1955, 1978), HAUPL (1982), CA- WITZ 1978, 1985, 1986; GRUSCHWITZ BELA & TIEDEMANN (1985), GRIL- ©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

Verbreitung und Biologie der Würfelnatter, Natrix ... · 1505/4722 1514/4713 1517/4711 1521/4707 1522/4706 1523/4706 1523/4706 1525/4705 1526/4704 1527/4700 1527/4705 ... (NTC-Fühler,

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HERPETOZOA 8 (3/4): 99-124Wien, 30. Jänner 1996

Verbreitung und Biologie der Würfelnatter,Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768),

in der Steiermark (Österreich)(Squamata: Serpentes: Colubridae)

Distribution and biology of the Dice Snake,Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768), in Styria (Austria)

(Squamata: Serpentes: Colubridae)

PETRA ZIMMERMANN & GÜNTER FACHBACH

ABSTRACT

In 1992 and 1993, Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768) was found in 52 Styrian (Austria)localities along the Mur river, its tributaries, and the Raab river. In Styria, the northern limit of distribution isdefined by the high rising Styrian mountains (climatic factors). For the area under study, the Dice Snake'sbiotope and diet (98% consisting offish) are described. Moreover, body length and body weight of the snakeswere measured and pholidotic characters (subcaudals, preoculars, postoculars, supralabials) as well as thecoloration were recorded. The character states of the above features depended upon sex and location.Observations on thermal and seasonal activities of N. tessellata are repoitet.

KURZFASSUNG

In den Jahren 1992 und 1993 konnten 52 Vorkommen der Würfelnatter, Natrix tessellata tessellata(LAURENTI, 1768) in der Steiermark (Österreich) nachgewiesen werden, die an den Flüssen Mur samtNebengewässern und Raab liegen. Die nördliche Verbreitungsgrenze der Würfelnatter wird in der Steiermarkdurch das Steirische Randgebirge gebildet und ist durch klimatische Faktoren bedingt. Innerhalb diesesVerbreitungsgebietes wird der Lebensraum von N. tessellata und ihre Nahrung (98% Fische) beschrieben.Weiters wurden die Schlangen im Hinblick auf Länge, Gewicht, Pholidose (Subcaudalia, Praeocularia,Postocularia, Supralabialia) sowie Färbung untersucht. Eine Abhängigkeit zwischen der Ausprägung dieserMerkmale und dem Geschlecht sowie dem Fundort konnte nachgewiesen werden. Beobachtungen zur Aktivitätund zum Verhalten der Schlangen im Jahreslauf werden wiedergegeben.

KEYWORDS

Natrix tessellata tessellata; Styria (Austria), distribution; morphology, biology, ecology, prey compo-sition, sexual dimorphism, reproductive cycle, activity

EINLEITUNG

Die Bestandsgefâhrdung der räumlich & al. 1992; LENZ & GRUSCHWITZstark vom Hauptverbreitungsgebiet isolier- 1992).ten Reliktpopulationen von Natrix tessei- Vorkommen der Würfelnatter in derlata (LAURENTI, 1768) in Deutschland, Randzone ihres geschlossenen Verbrei-ja das völlige Erlöschen der Vorkommen tungsgebietes sind dagegen relativ spärlichan Elbe und Rhein führten zu einem be- untersucht. Arbeiten zu Biologie, Ökologiesonderen Interesse des "Standing Commit- und Lebensraum von N. tessellata liegentee of the Convention on the Conservation aus der ehemaligen Tschechoslowakeiof European Wildlife and Natural Habi- (LANKA 1975), der Schweiz (KRAMERtats" an dieser Art. So wurden in den letz- & STEMMLER 1988) und aus Italienten Jahren verstärkt Untersuchungen zur (LUISELLI & RUGIERO 1991) vor.Biologie und Ökologie sowie über Schutz- Mit der Verbreitung von N. tessellatamaßnahmen der Würfelnatterpopulationen in Österreich beschäftigten sich SOCHU-in Deutschland durchgeführt (GRUSCH- REK (1955, 1978), HAUPL (1982), CA-WITZ 1978, 1985, 1986; GRUSCHWITZ BELA & TIEDEMANN (1985), GRIL-

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100 P. ZIMMERMANN & G. FACHBACH

LITSCH & CABELA (1992b). Angabenzur Biologie und Ökologie finden sich beiSOCHUREK (1956), GRILLITSCH & al.(1971), GRILLITSCH (1990), ESTER-BAUER (1991), CABELA & al. (1992)und GRILLITSCH & CABELA (1992a,1992b) und basieren mehrheitlich auf Un-tersuchungen in den Bundesländern Bur-genland, Karaten, Niederösterreich, Ober-österreich und Wien. Für die Steiermarkfinden sich Daten zu Verbreitung, Biologieund Schutz bei KINCEL (1929), HABLE& al. (1965), HOLZINGER (1991),PAILL (1992) und ZIMMERMANN &KAMMEL (1994). REISINGER (1972)berichtet über den Bestandsrückgang unddie Verbreitung von N. tessellata im Gra-zer Raum.

Insgesamt waren vor der Untersu-chung 37 Fundstellen (1888 bis 1991, Tab.1) der Würfelnatter in der Steiermark be-kannt. In letzter Zeit waren Fundmeldun-gen jedoch so spärlich, daß die Würfel-natter als "vom Aussterben bedroht" in derRoten Liste gefährdeter Reptilien der Stei-ermark (FACHBACH 1981) geführt wird.

Bisher liegen nur wenige Untersu-

chungen zur Aktivität, Reproduktionsbio-logie sowie zum Nahrungsspektrum von N.tessellata vor (HECHT 1930; LANKA1975; KRAMER & STEMMLER 1988;GRUSCHWITZ & al. 1992), Angaben zurReproduktionsbiologie beruhen vor allemauf Terrarienbeobachtungen (DÜR-LINDT1969; MERTENS 1969; DUMMER-MUTH 1977; WÖLK 1984; PERRY &DMREL 1988).

Die Variabilität morphologischerMerkmale wurde von GEISENHEYNER(1888), WERNER (1890), DÜRIGEN(1897), MERTENS (1969), LANKA(1975), GYÖRGY (1978), KIMNIAK &KALUZ (1983) und MEBERT (1993) be-handelt.

Für die Steiermark sind Verbreitung,Morphologie und Biologie der Wür-felnatter bisher nicht systematisch unter-sucht. Ihre Bearbeitung erschien vor allemim Hinblick auf die Gefährdung von N.tessellata notwendig. Die vorliegende Ar-beit, die sich mit diesen Themenbereichenbeschäftigt, entstand in den Jahren 1992und 1993 im Rahmen einer Diplomarbeitan der Karl-Franzens-Universität Graz.

MATERIAL UND METHODEN

Das potentielle Verbreitungsgebietvon N. tessellata umfaßt fast die gesamtenTäler der Ost-, West- und Südsteiermark(GRILLITSCH & CABELA 1982b). Diemeisten Funde zwischen 1888 und 1991liegen an der Mur sowie in und südlichvon Graz. Als U n t e r s u c h u n g s g e -b i e t wurde diese Kernzone der Verbrei-tung ausgewählt. Regelmäßige Untersu-chungen von jahreszeitlicher Aktivität,Vagilität, Nahrungsspektrum sowie Ge-schlechter- und Größenverteilung innerhalbeiner großen Population wurden im RaumLeibnitz-Altenmarkt an der Sulm vorge-nommen, einem Gebiet mit hoher Indivi-duendichte.

Die Beschreibung des aquatischenund terrestrischen L e b e n s r a u m e serfolgte bereits an anderer Stelle ZIM-MERMANN & KAMMEL (1994).

Zur I n d i v i d u a l e r k e n n u n gwurden alle gefangenen Tiere durch miteinem Nummerncode korrespondierende

Kerben in den hinteren Ventralschildernmarkiert (BROWN & PARKER 1976).

Die Ermittlung des N a h r u n g s -s p e k t r u m s erfolgte durch Magen-spülungen an 138 gefangenen Individuen.Dazu wurde über einen dünnen, oral inden Magen der Schlange geführten Plastik-schlauch zur Füllung von Magen und Spei-seröhre Wasser aus einer 100 ml Spritze inden Verdauungstrakt eingebracht, woraufdas Tier das Wasser gemeinsam mit den imMagen befindlichen Nahrungsresten er-brach.

Die Mageninhalte wurden in 70 pro-zentigem Alkohol konserviert und sowohlmakroskopisch, als auch mit Hilfe einesStereomikroskops untersucht. Die Bestim-mung einiger Cypriniden erforderte diePräparation ihrer Schlundzahnknochen.Zur Bestimmung der Fische dienten dieArbeiten von VOGT & HOFER (1909),WUNDSCH (1962), MÜLLER (1983),BRUNKEN & FRICKE (1985), SPIND-

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Verbreitung und Biologie von Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768) in der Steiermark 101

Tab. 1: Fundorte von Natrix tessellata in der Steiermark aus den Jahren 1888 bis 1991. Funddaten nachHOLZINGER (1991), GRILLITSCH & CABELA (1992b), PAILL (1992 und mündl. Mitt.), Steirisches Lan-desmuseum Joanneum, PICHLER (mündl. Mitt.). • - Im Rahmen der Untersuchung nicht bestätigteVorkommen, ? - fraglich, e - östlich, s - südlich, se - südöstlich.

Table 1: Locality records of Natrix tessellata in Styria from the years 1888 until 1991. Data taken fromHOLZINGER (1991), GRILLITSCH & CABELA (1992b), PAILL (1992 and pers. commun.), SteirischesLandesmuseum Joanneum, PICHLER (pere, commun.). * - presence not testified by this paper, ? - doubtful,e - east, s - south, se - south-east.

Nr. FundortNo. Locality

GewässerName of the water

KoordinatenCoordinates

Höhe (m)Elevation (m)

Letztmeldunglast record

1*23*45678910111213141516171819202122*23*24252627282930313233*34353637*

TTauplitz bei KlachauLeobenÜbelbach (Glein)(?Almhof) / Stübinggraben"Mur-Auen""an den sieben Bründeln'/Judendorfzwischen Gösting und JudendorfGöstingWeinzödlaufwärts der Keplerbrücke, GrazMarburger Kai, GrazMurauen bei Graz (?Thondorf)Hilmteich in GrazAbtissendorfMurauen bei KaisdorfWeißenegg/MurMurauen bei FernitzMurufer bei WildonMurauen bei GrallaMisseisdorf (Augebiet)Murufer s Gosdorfam GnasbachSchwabauSulmufer bei SeggaubergAffahrtmühleMaierhofOttersbachse Deutenbachne GroßheimschuhLeibnitz-Altenmarkts WagnaAflenzPitschgauGamlitzbach bei Gamlitzzwei Auweiher e Schloß HainfeldAuwald bei St. RuprechtLichtenwald (Mühlbach zwischenHartberg und Fürstenfeld)

EnnsA4ur(Ziegeleitûmpel)MurMur(Weiher)MurMurMurMurMurMur.?

MurMurMurMurMurMurMurGnasbachPoppendorferbachSuimSulmSulmSulmSulmSulmSulmKühauenSulmSaggaubachGamlitzbachRaabRaab

Feistritz

1400/47331505/47221514/47131517/4711

1521/47071522/47061523/47061523/47061525/47051526/47041527/47001527/47051527/46591529/46571529/46541529/46581530/46531534/46491548/46431548/46431549/46511550/46481530/46461523/46451523/46451523/46451527/46451530/46461532/46461533/46451532/46451517/46421534/46431555/46571539/4709

1557/4707

810540580450.

380350360360355350325400

?340325300320300280230230270260278296290280270275270260260339250270388

230

1906189119141972193419721963188819721957195518971956190519291946192519291991197219821991199119521990199019901990199019901990199219891990198119841902 u1904

LER (1988) und STERBA (1990). Fische,die noch nicht zu stark angedaut waren,wurden gewogen und vermessen.

Untersuchungen des N a h r u n g s -a n g e b o t e s von N. tessellata erfolgtenim September 1992 durch die Bundesan-stalt für Fischereiwirtschaft mit Hilfe einerElektrobefischung der Sulm bei Alten-markt. Da Würfelnattern immer wieder inden dortigen Still- und Flachwasserzonenbeobachtet wurden, fand die Untersuchungschwerpunktmäßig in diesen Bereichenstatt, wobei Art und Länge der gefangenenFische aufgenommen wurden.

Die G e s c h l e c h t s bestimmungerfolgte 90 Nattern mittels Penistaschen-

sondierung (LASZLO zitiert in HONEG-GER 1978). Wegen der Verletzungsgefahrwar diese Methode nur bei Exemplaren ab50 cm Gesamtlänge anwendbar. KleinereTiere ließen sich teilweise anhand ihrerSubcaudaliazahl geschlechtlich zuordnen.

P h o 1 i d o s e: Von allen gefange-nen Tieren (n= 140) wurde die Anzahl derPrae- und Postocularia sowie der Supra-labialia und Subcaudalia ermittelt. Stießenunmittelbar hinter der Kloakalspalte gele-gene Subcaudalia-Paare nicht aneinander,so wurden sie ebensowenig in die Zählungeinbezogen wie das ungeteilte Schwanz-spitzenschild. Weiters wurden Schuppen-anomalien (z. B. geteilte Ventralschilder,

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15°00' 15°3<T 16W

Abb. 1: Verbreitung von Natrix tessellata in der Steiermark.D - Funde vor 1970, A - Funde 1971 - 1991, O - Funde 1992 - 1993.

Fig. 1: Distribution of Natrix tessellata in Styria.D - Records prior to 1970, A - records 1971-1991, O - records 1992 - 1993.

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Verbreitung und Biologie von Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768) in der Steiermark 103

Abweichungen in Zahl und Form derKopfschilder) registriert.

Die Protokollierung der F ä r b u n gerfaßte an 119 Tieren die Grundfarbe undZeichnung des Rückens und der Flanken,ventral die Farbe der hellen Komponenteam Ort ihrer intensivsten Ausprägung,dem letzten Rumpfdrittel vor der Kloake.

Die m o r p h o l o g i s c h e nMeßdaten Kopf-Rumpf- und Schwanzlänge(jeweils n=119) sowie Gewicht (n=140)wurden am lebenden Tier ermittelt. Län-genmessungen erfolgten auf 0,5 cm genau,Wägungen in einem Leinenbeutel mit Hilfeeiner Federwaage vom Typ PesolaR (Kapa-zität 500 g, Skalierung 5 g, Genauigkeit± 0,3%).

Die K ö r p e r t e m p e r a t u rwurde bei Würfelnattern über 30 cm Ge-samtlänge als Rektaltemperatur gemessen,bei kleineren Tieren erfolgte die Messungder Körpertemperatur durch Auflegen desMeßfühlers auf die Ventralseite, da beidem zur Verfügung stehenden Temperatur-fühler die Verletzungsgefahr zu groß er-schien. Alle Messungen (n=109) wurdeninnerhalb einer Minute nach dem Fang

durchgeführt.Zum A u f e n t h a l t s o r t der

Schlangen wurden Bodentemperatur (undTemperatur der bodennahen Luftschicht (2cm über dem Boden, n=200) sowie Son-nenexposition und Art des Substrates er-faßt. Hielten sich die Tiere zum Zeitpunktdes Fanges im Wasser auf, oder war ihrMagen gefüllt, erfolgte eine Temper-aturmessung des Wassers bzw. des nächst-gelegenen Gewässers. Die stündlichenMessungen der Lufttemperatur wurden ei-nen Meter über dem Boden durchgeführt.

Messungen der Temperatur erfolgtengrundsätzlich im Körper- und Windschat-ten des Messenden mit dem Meßgerät Te-stoterm 1103R und zwar überwiegend miteinem Tauchfühler (NTC-Fühler, 3 mmDurchmesser, 120 mm Länge), bei glattenOberflächen mit einem ebensogroßenOberflächenfühler.

Zusätzlich wurde M a t e r i a l desSteirischen L a n d e s m u s e u m sJoanneum (n= 15) untersucht, wobei Fund-ort, Körperlänge und -gewicht, Pholidose-daten, Mageninhalt und Geschlecht (ggf.Reproduktivität) erhoben wurden.

ERGEBNISSE

V e r b r e i t u n g

Vor unserer Untersuchung waren 37Vorkommen der Würfelnatter in der Stei-ermark bekannt (Tab. 1, nach Angabenvon HOLZINGER 1991; GRILLITSCH &CABELA 1992b; PAILL 1992; SteirischesLandesmuseum Joanneum; Herpetodaten-bank des Naturhistorischen Museums inWien; PAILL - mündl. Mitt.; PICHLER -mündl. Mitt.).

In den Jahren 1992 und 1993 wurdenim Rahmen der vorliegenden Arbeit 52Würfelnattervorkommen in der Steiermarkverifiziert bzw. neu festgestellt (Tab. 2),sodaß nunmehr insgesamt 71 steirischeFundstellen angegeben werden können(Abb. 1).

G e w ä s s e r

Von den 52 untersuchten Fundstellenlagen 34 (65%) direkt an größeren Fließ-gewässern (Mur, Kainach, Sulm, Laßnitz,

Raab), 12 (23%) befanden sich an kleinenFließgewässern, die Nebengewässer derMur (Gamsbach, Stübingbach, Wurzing-bach, Gamlitzbach, zwei unbenannteBachläufe in Spielfeld und Schwarzau-bach), der Kainach (Lusenbach, Söding-bach), der Sulm (Steyreggbach [sog.schwarze Sulm]) und der Raab (Rabnitz)darstellen.

Sechs Vorkommen (12%) befandensich an stehenden Gewässern: Weiher Sie-benbründeln in Graz, Badesee in Wildon,Fischteich bei Bachsdorf, Röcksee beiGosdorf, Liebmannteiche bei Neudörfl,Sulm - Altarm bei Großheimschuh. DieseGewässer liegen alle in unmittelbarer Näheder Mur, der Kainach bzw. der Sulm.

Jene "alten" Fundstellen, für die imRahmen der Untersuchung ein rezentesVorkommen der Würfelnatter nicht be-stätigt werden konnte, liegen an der Mur(Leoben), an Nebengewässern der Mur(Übelbach, Gnasbach, Poppendorferbach)

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104 P. ZIMMERMANN & G. FACHBACH

Tab. 2: Im Rahmen der Untersuchung 1992 und 1993 festgestellte Vorkommen von Natrix tessellata inder Steiermark. Stehende Gewässer in Klammern.

Table 2: Styrian Natrix tessellata records based on the present investigation (1992 and 1993). Stagnantwater bodies in parentheses.

Nr.No.

12345678910111213141516171819202122232425262728293031323334353637383940414243444546474849505152

FundortLocality

St. Michaelnw ZlattenPerneggRothleitenStübingbachgrabenGraz-NordGraz-WeinzödlGraz-GeidorfFernitzKaisdorfMellachWildon, n OrtsrandWildonKainach b. Wildonw WeitendorfLiebochs Södings WildonLebringBachsdorf, s Ortsrandsw BachsdorfAltgrallanw NeudorfGabersdorfe LeitringObervogauLeibnitz-AltenmarktUntertillmitschne Großheimschuhw PrarathRainmühle, s PrarathSt. MartinWiesRetzneiEhrenhausenEhrenhausenGamlitznw Spielfeldn SpielfeldSpielfeldSpielfeld-BubenbergWeitersfeldMisselsdorf/Gosdorfsw NeudörflMortantschOberdorfLudersdorfGleisdorfMorgensdorfStudenzenFeldbachFehring

GewässerName of the water

MurMurMurGamsbach- > MurStiibingbach- > Mur(Weiher Siebenbründeln)MurMurMurMurMurWurzingbach- > Mühlgang- > Mur(Badesee)- > Kainach- > MurKainach- > MurKainach-> MurLusenbach- > Kainach- > MurSödingbach- > Kainach- > MurMühlbach- > MurMühlgang- > Mur(Fischteich)MurMurMurMurMurMurSulm->MurLaßnitz- > Sulm- > MurSulm (Altarm)->MurSulm-> MurSulm-> MurSchwarze Sulm- > MurSteyreggbach- > Sulm- > MurMurMurGamlitzbach- >MurGamlitzbach- >MurMurMurunbenannter Bach-> Murunbenannter Bach-> MurSchwarzaubach- > Mur(Röcksee)(Liebmannteiche)Raab- > DonauRaab- > DonauRabnitz- > DonauRaab- > DonauRaab- > DonauRaab- > DonauRaab- > DonauRaab- > Donau

KoordinatenCoordinates

1501/47191518/47221521/47211518/47171517/47101521/47071523/47061524/47051529/46581529/46571529/46541531/46531530/46531529/46521526/46531520/46581510/4659

1531-32/46521532/46511533/46501533/46501534/46491535/46481535/46471534/46441534/4646

1531-32/46461531/46481530/46461521/46441520/46441517/46451515/46431534/46441535/46431535/46431533/46431537/46421537/46421538/46421538/46421544/46411548/46431557/46411534/47121536/47101541/47051542/47051545/47031546/47001553/46571600/4656

Höhe (m)Elevation (m)

558470450420430370370340320320300295300300305335340290285285285280270270260260270270275300305330340260260280280250240240250240225210460410350340320300280265

und der Sulm (Saggaubach) sowie an ei-nem Nebengewässer der Feistritz (Mühl-bach). Der Fundort Tauplitz bei Klachau"aus dem Jahr 1906 erscheint sehr fragwür-dig (GRILLITSCH & CABELA 1992b),da eine beträchtliche Entfernung zwischendem Fundort und den von o. a. Autoren

als potentielles Verbreitungsgebiet derWürfelnatter ausgewiesenen Flächen be-steht. Dieser Fundpunkt wurde deshalbnicht weiter berücksichtigt.

Von den vor der vorliegenden Unter-suchung bekannten 37 Fundstellen lagen38% direkt in Auwaldgebieten bzw. an

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Verbreitung und Biologie von Natrix Ussellata ussellata (LAURENT!, 1768) in der Steiermark 105

Abb. 2: Potentielles Verbreitungsgebiet von Natrix ussellata in der Steiermark:Fundpunkte und 5 ausgewählte Iso- und Grenzlinien.

Wahre Temperaturmittel im Juli: > 18°C.•-•-•-•-•--• Mittlere jährliche Dauer der Vegetationszeit in Tagen: > 240._••_••_••_•• Mittlere jährliche Dauer der Vegetationszeit in Tagen: > 220.

Mittlere relative (wirkliche in % der möglichen) Sonnenscheindauer im Sommer: > 55.Durchschnittliche Andauer der Temperatur über 10°C (in Tagen pro Jahr): > 160.

Fig. 2: Potential distribution area of Natrix Ussellata in Sty ria:Locality records and 5 selected isolinies.

July mean temperatures: > 18°C.—•—•—•—"—•—'-Mean annual vegetation period: > 240 d.•-"-••-""-•• Mean annual vegetation period: > 220 d.

-. Mean relative sunshine period in summer (number of hours of sunshine expressed by % ofpossible number of hours of sunshine): > 55.Mean number of days per year with temperatures above 10°C: > 160.

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106 P. ZIMMERMANN & G. FACHBACH

Augewässern (Murauen, Sulmauen undRaabauen), während dies nur für 6% der52 in dieser Untersuchung festgestelltenVorkommen zutrifft. Von allen 71 bekann-ten Fundstellen liegen 78% unmittelbar anFließgewässern.

H ö h e n v e r b r e i t u n g : DieVorkommen liegen in Höhen zwischen 210m und 558 m ÜNN. St. Michael ist derhöchstgelegene und nördlichste aktuelleFundort; nördlicher liegt ein 1891 gemel-detes Vorkommen in Leoben, welches je-doch nicht mehr bestätigt werden konnte.An der Raab liegt der nördlichste Fund-punkt bei Mortantsch (Beginn der Raab-klamm) auf 460 m ÜNN.

GRILLITSCH & CABELA (1992b)beschrieben das p o t e n t i e l l e V e r -b r e i t u n g s g e b i e t der Würfelnatterin der Steiermark anhand des prozentuellenAnteils der 26 ihnen von dort bekanntenWürfelnatterfundstellen innerhalb von vierklimatischen bzw. vegetationskundlichenIso- und Grenzlinien (BOBEK 1961-1980).Auf Basis der in der vorliegenden Arbeitaufgeführten 71 Fundpunkte erscheint esmöglich, eine verbesserte Eingrenzung despotentiellen Verbreitungsgebiets durchzu-

Tab. 3: Prozentueller Anteil der steirischenFundstellen (n) von Natrix tessellata, die innerhalbder von den nachfolgend angeführten fünf Isolinienbegrenzten Flächen liegen.

1. Wahre Temperaturmittel im Juli: > 18°C.2.a Mittlere jährliche Dauer der Vegetations-

zeit in Tagen: > 240.2.bMittlere jährliche Dauer der Vegetations-

zeit in Tagen: > 220.3. Mittlere relative (wirkliche in % der mög-

lichen) Sonnenscheindauer im Sommer: > 55.4. Durchschnittliche Andauer der Temperatur

über 10°C (in Tagen pro Jahr): > 160.Table 3 : Percentages of Styrian Natrix tessel-

lata records (n) within the areas delimited by the iso-lines defined below.

1. July mean temperatures: > 18°C.2.a Mean annual vegetation period: > 240 d.2.bMean annual vegetation period: > 220 d.3. Mean relative sunshine period in summer

(number of hours of sunshine expressed by % ofpossible number of hours of sunshine): > 55.

4. Mean number of days per year with temp-eratures above 10°C: > 160.

Referenz/Reference

Isolinie Nr./Isoline no.1 2a/2b 3 4

GRILLITSCH & CABELA(1992b) (n=26)diese Arbeit/this paper(Stand Ende 1993)(n=71)

81 8 1 / - 92 96

85 78/97 89 96

führen (Abb. 2, Tab. 3).Die Linie "mittlere jährliche Dauer

der Vegetationszeit in Tagen: > 220",umfaßt 97% der Fundpunkte (Tab. 3).Dagegen umfaßt die von GRILLITSCH &CABELA (1992b) verwendete Linie "mitt-lere jährliche Dauer der Vegetationszeit inTagen: > 240" nur 75% der Fundpunkte,da sie im Bereich der Raab weit in dasVerbreitungsgebiet der Würfelnatter hin-einreicht.

Innerhalb der in Abbildung 2 ange-führten Grenz- bzw. Isolinien liegen auchdie Unterläufe von Feistritz, Lafnitz, Ritt-schein, Stiefing- Saß- und Drauchenbach.Hier konnten allerdings trotz mehrmaligerBegehungen keine Würfelnattern gefundenwerden. Zumindest an Feistritz und Laf-nitz ist aufgrund der Anzahl der Begehun-gen ein häufiges Vorkommen der Würfel-natter unwahrscheinlich. Trotzdem sollteein völliges Fehlen der Schlange in diesenBereichen nicht angenommen werden, dabeide Flüsse die klimatischen und struktu-rellen Voraussetzungen für Würfelnatter-habitate aufweisen und zumindest einFundpunkt (Lichtenwald, Einzugsgebietder Feistritz) aus den Jahren 1902 bzw.1904 existiert (GRILLITSCH & CABELA1992b, Belegexemplare im Steirischen Lan-desmuseum Joanneum).

L e b e n s r a u m

Habitatanalysen des unteren Murtaleswurden bereits veröffentlicht (ZIMMER-MANN & KAMMEL 1994). Die Auswer-tung einer größeren Zahl steirischer Fund-orte (inklusive die Gebiete Raab und Murzwischen St. Michael und Graz sowieSpielfeld und Bad Radkersburg) bestätigtdie dort wiedergegebenen Ergebnisse.

Danach bevorzugt N. tessellata war-me Fließgewässer, die Stillwasserbereicheund hohe Fischdichten aufweisen. DieUferböschungen in steirischen Würfelnat-terhabitaten sind durch abwechslungsrei-che, aufgelockerte Vegetation gekennzeich-net und besitzen an jenen Stellen, die keinals Lebensraum für die Schlange nutzbaresHinterland aufweisen, ein Mindestmaß von6 m Breite. In Flußabschnitten mit Regel-profil werden Bereiche mit Blockschüttungbevorzugt.

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Verbreitung und Biologie von Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768) in der Steiermark 107

N a h r u n g

Bei 52 von insgesamt 138 gefangenenTieren (37,8%) war Nahrung im Magennachweisbar. Durch die eingeschränkteVagilität nach dem Beutefang sind solcheTiere leichter zu fangen, weshalb der wah-re Anteil von Schlangen mit Magenfüllungwahrscheinlich niedriger liegt, als oben an-gegeben.

Die B e u t e bestand in 98% derFälle nur aus Fischen. Eine Würfelnatteraus der Sammlung des Steirischen Lan-desmuseums Joanneum, die 1902 in Lich-tenwald (Einzugsgebiet der Feistritz) ge-fangen worden war, enthielt die Überresteeines Froschlurchs.

An der Sulm bei Leibnitz-Alten-markt, wo die meisten Würfelnattern (63;46%) gefangen wurden, erfolgte Ende Sep-tember 1992 eine Elektrobefischung. Dadie quantitative Zusammensetzung derFischarten im Jahreslauf schwanken kann,sind die gewonnenen Ergebnisse nicht un-mittelbar auf die Verhältnisse im Frühjahr,dem Zeitraum mit den meisten Beutefang-nachweisen bei der Natter, übertragbar.

Der Schwerpunkt der Befischungwurde auf langsam fließende, ufernahe undflache Flußbereiche gelegt, weil Würfel-nattern hauptsächlich in diesen Regionenjagen (LANKA 1975; GRUSCHWITZ1978). Die gefangenen Fische maßen zwi-schen 2,5 cm und 12 cm Länge. Die Fisch-dichte war in den Flachwasserbereichen(10 - 30 cm Tiefe) auffällig hoch, da diesevon Jungfischschwärmen vieler Cyprinidengenutzt wurden.

Insgesamt konnten bei Leibnitz-Al-tenmarkt 11 Fischarten durch Elektrobefi-schung nachgewiesen werden (Tab. 4). Ein80 cm langer Aal {Anguilla anguilla) wur-de nicht in Tabelle 4 aufgenommen, dadiese Art als Beute für N. tessellata nichtin Frage kommt, vielmehr als Predator ju-veniler Würfelnattern gelten kann (KAINZ,mündl. Mitt.). 99% der gefangenen Fischegehörten der Familie Cyprinidae an. Her-vorzuheben ist das Vorkommen von Pseu-dorasbora parva, einer in Europa wohlausgesetzten (AHNELT 1989) südostasiati-schen Art, die sich stark vermehrt und aus-breitet (AHNELT & TIEFENBACH 1991).Der Nachweis zweier strömungsliebender

Fischarten (Äsche - Thymallus thymallusund Nase - Chondrostoma nasus) in derSulm erfolgte nicht durch die Elektrobefi-schung sondern aufgrund der Nahrungs-analysen (Tab. 4).

Bei Leibnitz-Altenmarkt waren vonden somit insgesamt 13 festgestellten Fisch-arten abgesehen vom Aal nur drei in die-sem Flußabschnitt seltene Arten (Bitter-ling - Rhodeus sericeus amarus, Fluß-barsch - Perca ßuviatilis und Rotauge -Rutilus rutilus) nicht als Beute von N. tes-sellata nachweisbar.

Zu dem an der Sulm ermittelten Beu-tespektrum, konnten sechs weitere Fischar-ten als Mageninhalte der Würfelnatter fest-gestellt werden: Nur in kühlen Fließgewäs-sern am Rand der Verbreitung der thermo-philen Würfelnatter stehen Bachforellen{Salmo trutta f. farió) als Nahrung zurVerfügung und wurden in Würfelnatternder Raab bei Mortantsch (nördlichsterFundpunkt an der Raab) und an der Rab-nitz bei Ludersdorf gefunden. An stehen-den Gewässern ließen sich Rutilus rutilus,Cobitis taenia und Perca ßuviatilis alsBeute der Würfelnatter nachweisen. Cottusgobio (Sulm bei Prarath) und Oncorhyn-chus mykiss fanden sich in den Mägen von

Tab. 4: Häufigkeit der Fischarten. Ergebnisseder Elektrobefischung (A) und der Mageninhalts-analysen von Natrix tessellata aus dem Gebiet Leib-nitz-Altenmarkt / Sulm (B), und von anderen Fund-orten (C).

Table 4: Frequency of fish species. A - Elec-tro-fishing in the Sulm river at Leibnitz-Altenmarkt,B - stomach contents of Natrix tessellata at Leibnitz-Altenmarkt, C - stomach contents of Natrix tessellatafrom other locations.

FamilieFamily

Salmonidae

ThymallidaeCyprinidae

Cobitidae

PercidaeCottidae

ArtSpecies

Salmo trutta f. farioOncorhynchus mykissThymallus thymallusLeuciscus cephalusBarbus barbusAlbumoides bipunct.Gobio gobioRhodeus sericeusPseudorasbora parvaAlbumus albumusRutilus rutilusChondrostoma nasusNoemacheilus barbai.Cobitis taeniaPerca fluviatilisCottus gobio

A

_--

12092271813631.1.2

B

-21615_

472.11_--

C

41--116_2.5.4112

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108 P. ZIMMERMANN & G. FACHBACH

Würfelnattern vom Steyreggbach in Wies,unterhalb einer Forellenzucht.

Die am häufigsten (49 von 92 Fische;48%) von Würfelnattern erbeutete Fischartwar Pseudorasbora parva. Die auffällighohe Anzahl (Tab. 4) ist allerdings auf dieMageninhalte von vier adulten Würfelnat-tern zurückzuführen, die im Frühjahr 1993gefangen wurden und 7, 8, 11 bzw 19 P.parva in Größen zwischen 2,5 cm und 5,5cm gefressen hatten. Als regelmäßige Beu-tetiere können auch Barbus barbus (n=7),Gobio gobio ( n = l l ) , Rutilus rutilus (n=5) und Noemacheilus barbatulus (n=5) be-zeichnet werden.

Bis auf Rutilus rutilus und juvenileLeuciscus cephalus handelt es sich um Fi-sche, deren Lebensraum vorwiegend derGrund von Gewässern ist (WUNDSCH1962). Die Bevorzugung von am Gewäs-sergrund lebenden Arten entspräche demBeutefangverhalten von N. tessellata infließenden Gewässern, wo sie meist un-tergetaucht, an Steinen "verankert" amGrund des Gewässers auf Beute lauertbzw. ihre Beute unter Steinen usw. sucht(DÜRIGEN 1897; SCHREIBER 1912;SOCHUREK 1956; LANKA 1975; KRA-MER & STEMMLER 1988). Rutilus ru-tilus wurde nur in stehenden Gewässern imMagen von N. tessellata gefunden, wo eshäufig in Masse auftritt, die Wasserober-fläche meidet und krautreiche, grundnaheUferregionen bevorzugt (WUNDSCH1962).

Eine gezielte Auswahl bestimmterFischarten durch die Würfematter ist auf-grund der vorliegenden Daten nicht er-kennbar.

Die Fischarten, die sich vorwiegendin langsam fließenden, ufernahen Berei-chen des Gewässers aufhalten (die bei derschwerpunktmäßig in den Stillwasserzonendurchgeführten Elektrobefischung nachge-wiesene Arten), stellen die Hauptbeute vonN. tessellata dar. Die Würfelnatter jagt inder Sulm bei Leibnitz-Altenmarkt alsohauptsächlich in diesen Regionen.

Adulte Tiere scheinen gegenüberJungtieren in der Lage zu sein, auch instärker strömenden Bereichen der Fließge-wässer zu jagen, da bei ihnen auch Strö-mungsfische (Thymallus thymallus) als

Mageninhalte nachweisbar waren.Zur Feststellung der von N. tessella-

ta aufgenommenen N a h r u n g s m e n g ewurde Anzahl, Gewicht und Länge derFische in 52 gefüllten Würfelnattermägenuntersucht. Die Mageninhalte bestandenmeist aus einem (n=29) oder zwei (n= 15)Fischen. Im letzteren Fall befanden sichdie Fische gelegentlich (n=6) in stark un-terschiedlichen Verdauungszuständen, wo-raus auf einen Beutefang an zwei aufeinan-derfolgenden Tagen geschlossen werdenkann, da der Verdauungsprozeß 10 bis 12Stunden dauert (BOGDANOV, zitiert inLANKA 1975). Höhere Anzahlen an er-beuteten Fischen (3, 3, 3, 4, 7, 8, 11, 19)wurden bei acht Würfelnattern gefunden.Das Maximum von 19 Jungfischen, wurdeanscheinend bei einem einzigen Beutezuggefangen, da sie sich in ähnlichen Stadiendes Verdauungsprozesses befanden.

Das Gewicht des Mageninhaltes über-stieg - mit einer Ausnahme - 21 % des Kör-pergewichts der Würfelnattern nie. DerMittelwert aus 52 untersuchten Würfel-nattern lag bei 8,2% (der Extremwert von48% ging in diese Berechnung nicht ein).In Abbildung 3 sind nur solche Fälle be-rücksichtigt, in denen der Mageninhaltnicht stark angedaut war. Die Würfemat-ter, deren Beutegewicht 48 % ihres Körper-gewichts betrug, war beim Gefangenwer-den nicht in der Lage, zu fliehen.

P h o 1 i d o s e

Unter den über 50 cm langen Wür-felnattern wiesen die Weibchen (n=58)zwischen 52 und 66 S u b c a u d a l i aauf, Männchen (n=32) zwischen 67 und79 (Abb. 4). Eine eindeutige Geschlechts-bestimmung ist wahrscheinlich nicht in je-dem Fall möglich, da das Vorhandenseineines Überschneidungsbereiches angenom-men werden muß. Deshalb wurden in derFolge Tiere, deren Geschlecht nicht durchPenistaschensondierung bestimmt wurdeund die 66 oder 67 Subcaudalia aufwiesen,keinem Geschlecht zugeordnet.

Die Anzahl der P r a e o c u l a r i avariierte zwischen 2 und 4, die der P o s t -o c u 1 a r i a zwischen 2 und 5 und dieder S u p r a l a b i a l i a zwischen 6 und

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Verbreitung und Biologie von Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768) in der Steiermark 109

11 = 32

SA 50

Si3 30

5'S

S sI

1 0 •:

i o »100 200 300 400

Körpergewicht Natrix tessellata (g)

500

Abb. 3: Körpergewicht und Gewichtsanteil des Mageninhaltes bei 32 steirischen Natrix tessellata.Fig. 3: Body weight and proportional weight of stomach contents in 32 Styrian Natrix tessellata.

9. Häufig waren 2 oder 3 Praeocularia, 3oder 4 Postocularia sowie 7 oder 8 Supra-labialia (Tab. 5).

Linke und rechte Kopfseite wiesenoft unterschiedliche Schilderzahlen auf undwurden getrennt behandelt, wodurch sichdie Zahl der Werte im Signifikantstest ver-doppelt. Bei Weibchen (n=89) wurde einhöherer Prozentsatz von Tieren mit 3 Prae-(37%) und 4 Postokularschildern (62%)beobachtet als bei Männchen (n=45), wodie entsprechenden Anteile 19% bzw. 40%betragen (Abb. 4). Die Anzahl der Prae-ocularia und der Postocularia erwies sichals geschlechtsspezifisch signifikant unter-schiedlich (Chi2-Test für eine Vierfelderta-fel, p<0,05; n=268). Die Anzahl derSupralabialia war nicht signifikant mit demGeschlecht korreliert.

Die Würfelnattern von drei Fluß-systemen wurden auf p o p u l a t i o n s -s p e z i f i s c h e Unterschiede in derPholidose untersucht:

* Sulm und Laßnitz (n = 70; 65 die-ser Tiere stammen vom selben Fundort bei

Leibnitz-Altenmarkt),* Mur samt Nebenflüssen und nahen

stehenden Gewässern (n=56).* RaabundRabnitz(n=14).Zwischen den Tieren an Mur und

Raab (Tab. 6) ließen sich keine signifi-kanten Pholidoseunterschiede nachweisen.Die Häufigkeitsverteilung der Anzahl vonPraeocularia, Postocularia und Supralabi-alia innerhalb der Subpopulationen vonSulm und Mur erwies sich jedoch als signi-fikant unterschiedlich (Chi2-Test für eineVierfeldertafel, p<0,05; n=252), indemWürfelnattern aus dem Einzugsgebiet derSulm häufiger die geringeren Zahlenwerteaufweisen.

A n o m a l i e n (Tab. 7): Nebender "normalen" Variabilität der Anzahl derPraeocularia, Postocularia und Supralabia-lia traten vereinzelt (0,7% bis 5,6%) stär-kere Abweichungen vom Grundschema derPholidose des Kopfes auf. Am häufigstenwaren dabei die unvollständige Trennungzweier Supralabialia und die teilweise Un-terteilung des Frontale.

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110 P. ZIMMERMANN & G. FACHBACH

I

Weibchen n=58

Männchen n=32

111 II54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80

Anzahl der Subcaudalia

Abb. 4: Anzahl der Subcaudalia bei 58 Weibchen und 32 Männchen von Natrix tessellata aus der Steiermark.Fig. 4: Number of subcaudal scales in 58 female and 32 male Natrix tessellata from Styria.

Unter den Anomalien der ventralenBeschilderung (halbseitige Ventralia, ge-teilte Ventralia, geteiltes Anale, ungeteilteSubcaudalia) traten halbseitige Ventralia,deren Ausbildung auf eine halbseitige Du-plikation der Wirbel und Rippen zurück-führt wird (KING 1959), mit 16,9% amhäufigsten auf.

F ä r b u n g

Rücken und Rumpfseiten waren bei-ge, braun oder grau bis schwarz gefärbt,mit dunkler Fleckenzeichnung. An denSeiten befanden sich - nicht geschlechts-korreliert - bei 26% der 119 gefangenenWürfelnattern helle Flecken oder kurzeQuerstreifen. Bei 22 von 26 (85%) derju-venilen Tiere des ersten Lebensjahres wa-ren die hellen Seitenstreifen und das dunk-le V im Nacken deutlicher als bei Adulten.

Färbung und Zeichnung der Ventral-seite sind durch die Verteilung von qua-dratischen hellen und dunklen Elementenbestimmt. Die dunkle Komponente istmeist schwarz, selten braun oder grau und

wirkt während der Häutung bläulich. Bei17 von 140 (12%) untersuchten Würfelnat-tern war die Schwanzunterseite einheitlichschwarz und wies keine hellen Fleckenauf. Die helle Komponente kann weiße,gelbliche und rötliche Farbtöne umfassen.Dabei nimmt die Intensität der Färbungvon der Halsregion in Richtung Kloakalre-gion zu. In der Halsregion treten nur Weißbzw. leicht gelbliche oder leicht rosa Farb-töne auf.

Würfelnattern der Sulm (n=65) zeig-ten signifikant häufiger rosa oder rote Ven-tralfärbungen als Tiere der Mur (n=49),bei denen Gelb und Orange vergleichswei-se stärker vertreten waren (Chi2-Test füreine Vierfeldertafel, p<0,05) (Tab. 8).

L ä n g e , A l t e r undG e w i c h t

Die G e s a m t l ä n g e der gefan-genen Würfelnattern (n= 119) lag zwischen19,5 cm und 110,0 cm (Abb. 5). EinemWeibchen, das 108,5 cm maß, fehlte einTeil des Schwanzes. Aufgrund des Ver-

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Verbreitung und Biologie von Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768) in der Steiermark 111

Tab. 5 : Prozentuelle Häufigkeit verschiedenerPraeocularia-, Postocularia- und Supralabialiazahlenbei steirischen Natrix tessellata in Abhängigkeit vomGeschlecht, m - Männchen (n=45), f - Weibchen(n=89).

Table 5: Frequency (%) of different numbersof praeocular, postocular, and supralabial scales inthe sexes of Natrix tessellata from Styria. m - males(n=45), f - females (n=89).

Tab. 6:Praeocularia-,bei steirischenFundort.

Table 6:of praeocular,Styrian Natrixla t ions.

Prozentuelle Häufigkeit verschiedenerPostocularia- und SupralabialiazahlenNatrix tessellata in Abhängigkeit vom

: Frequency (%) of different numberspostocular, and supralabial scales oftessellata from different sub-popu-

Anzahl/Number

Präocul.m f

Postocul. Supralab.m f m f

Merkmal/ Anzahl/ P o p u l a t i o nCharacter Number Sulm Mur Raab

n=70 n=56 n=14

23423456789

80200

63361

057403

131626

522721

327691

Praeocul.

Postocul.

Supralab.

23423456789

7624-15544-63262

63361129637220771

7228-

29647413794

hältnisses von Kopf-Rumpflänge zuSchwanzlänge hätte dieses Tier eine intakteKörperlänge von rund 120 cm besessenund stellt damit die längste in der Steier-mark dokumentierte Würfematter dar. 17von 136 (12,5%) gefangenen Tieren wie-sen Schwanzverkürzungen auf. In den mei-sten Fällen waren diese gering (es fehltenetwa 5 bis 10 terminale Schuppenreihen)

und werden auf Häutungsschwierigkeitenzurückgeführt.

Während juvenile Tiere des erstenLebensjahres keine geschlechtsspezifischenUnterschiede in der Gesamtlänge zeigten,war hinsichtlich der Größenverteilung deradulten Würfelnattern ein deutlicher Ge-schlechtsdimorphismus zu erkennen (Abb.5). Weibchen erreichten Längen bis 120

Weibchen n=78

Männchen n=41

20 15 10 10 15 20

Abb. 5: Die Körperlänge bei 78 Weibchen und 41 Männchen von Natrix tessellata aus der Steiermark,gruppiert in Größenklassen.

Fig. 5: Body length in 78 female and 41 male Natrix tessellata from Styria, grouped according to size classes.

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112 P. ZIMMERMANN & G. FACHBACH

Tab. 7: Anomalien der Beschilderung vonKopf, Bauch und Schwanzunterseite steinscher Na-trix tessellata.

Table 7: Anomalies of scutellation of head andventral side in Styrian Natrix tessellata.

Merkmal Häufigkeit (%)Character Frequency (%)

7. Supralabiale berührt das Temporale nicht7th supralabial not in contact with temporal5. Supralabiale halb geteilt5th supralabial semi-dividedzwei Supralabialia unvollständig getrennttwo supralabials separated incompletely

(7. und 8./7th and 8lh(6. und 7./6lh and 7th(2. und 3./2nd and 3rd

Loreale und unteres Präoculare verbundenLoreal and lower preocular fusedNasale ungeteiltNasal undividedSupraoculare u. oberes Postoculare verbundenSupraocular and upper postocular fusedkein Supralabiale grenzt an das Augeno supralabial in contact with the eyeTemporale quergeteiltTemporal divided transversallyFrontale halb geteiltFrontal semi-dividedLoreale berührt das AugeLoreal in contact with the eyehalbseitige Ventraliaone or more unilateral ventralsgeteilte Ventraliaone or more semi-divided ventralsungeteiltes AnaleAnal entireungeteilte Subcaudaliaone or more entire subcaudals

0,7

1,4

5,6

2,1)2,8)0,7)2,8

0,7

i 1,4

1,4

0,7

4,9

0,7

16,9

5,9

2,1

8,5

cm, Männchen maximal 83,5 cm.Bei Weibchen war die Verteilung der

Längen auf die Größenklassen zwischen 40cm und 120 cm "relativ normal", und ließein Maximum bei 80 - 89,5 cm erkennen.Das Verteilungsmuster bei Männchen zeig-te weniger Symmetrie; bei ihnen schien dasWachstum nach Erreichen von 70 cm bis

Tab. 8: Prozentuelle Häufigkeit verschiedenerVentralfarbungen. Vergleich von Würfelnattern derEinzugsgebiete von Sulm und Mur.

Table 8: Frequency (%) of different ventralcolorations. Compansion of Dice Snakes from Sulmriver valley and Mur river valley habitats.

Farbe/Colour Sulm (n=65) Mur (n=49)

weiß/whitegelb/yelloworange/orangerosa/pinkrot/red

1420124212

293214232

79,5 cm Länge zu enden. Ob diese Unter-schiede mit einer unterschiedlichen Le-benserwartung der Geschlechter korrelie-ren, konnte mangels präziser Altersbestim-mung nicht untersucht werden.

Die Geschlechtsunterschiede in derrelativen Schwanzlänge waren signifikant(n=119, student-t-Test, p<0,01): BeidenWeibchen entfielen 19,2 ±1,04%, bei denMännchen 21,9+0,89% der Gesamtlängeauf den Schwanz.

Eine Schätzung des A l t e r s wur-de nur bei jungen Würfelnattern und zwarnach ihren Längen vorgenommen. EndeAugust wurden vermehrt Würfelnatternmit Körperlängen zwischen 19,5 cm und26,0 cm gefunden. Da N. tessellata im Au-gust oder September (GRUBER 1989;GRILLITSCH 1990; GRUSCHWITZ &al. 1992) mit einer Länge zwischen 14 cmund 24,5 cm schlüpft (SCHWEIZER1962; LANKA 1975; LENZ, zitiert inGRUSCHWITZ & al. 1992; GRILLITSCH1990; GRUSCHWITZ & al. 1992), han-delt es sich bei diesen Tieren um juvenileTiere im ersten Lebensjahr.

Im Mai erfolgte der Fang von 5 Wür-felnattern mit Körperlängen zwischen 25,7cm und 31,5 cm, die als einjährig (einwin-terig) angesehen werden müssen (vergi.GRUSCHWITZ & al. 1992). Auffälliger-weise wurden im Laufe der Untersuchun-gen nur 6 Tiere der Größenklassen zwi-schen 30,0 cm und 49,5 cm festgestellt.

Wegen der geringen Anzahl vonWiederfangen können keine allgemeinenAussagen über das Längenwachstum vonN. tessellata gemacht werden, welches inDeutschland durchschnittlich 10 cm proJahr beträgt (GRUSCHWITZ & al. 1992).Aus der Population an der Sulm bei Leib-nitz-Altenmarkt wurden von insgesamt 63gefangenen Tieren acht einmal und zweiTiere zweimal wiedergefangen. Auffällighierbei ist, daß die einmaligen Wieder-fänge innerhalb von 28 Tagen, die zwei-maligen innerhalb von 40 und 75 Tagennach dem Erstfund erfolgten. Dieser Um-stand läßt vermuten, daß die Markierung(Schuppeninzision) nur eine Aktivitätspe-riode lang erkennbar bleibt.

Die Zeit zwischen Fang und Wieder-fang umfaßte die Hauptaktivitätszeit der

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Verbreitung und Biologie von Natrix tessellata tessellata (LAURENT!, 1768) in der Steiermark 113

600

500M)

S 400 \

| 3 0 0

• ReproduktiveWeibchen

• Männchen

0 Weibchen, o o

200 400 600 800 1000 1200

Körperlänge (mm)

Abb. 6: Verhältnis von Körperlänge zu Körpergewicht bei 119 Natrix tessellata aus der Steiermark.• - reproduktive Weibchen, O - nicht reproduktive Weibchen, • - Männchen.

Fig. 6: Ratio of body length and body weight in 119 Natrix tessellata from Styria.• - reproductive females, O - non-reproductive females, • - males.

1920 2 1 2 2 232 4

n = 200

28 29

Sonne CHalbschatten / Schatten

Wasser A B

Lufttemperatur (°C)30 31 32

Abb. 7: Fundhäufigkeit von Natrix tessellata in Abhängigkeit von der Lufttemperatur, sowie der jeweiligeAufenthaltsort der Schlangen (A - im Wasser, B - an Land, im Schatten, C - an Land, sonnenexponiert).

Fig. 7: Frequency of Natrix tessellata observations relative to air temperature. Site characteristic: A - aquatic,B - terrestrial, in the sun, C - terrestrial, in the shade.

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114 P. ZIMMERMANN & G. FACHBACH

Weibchen (Anfang Mai bis Mitte Juli). Einadultes Weibchen wuchs innerhalb von 75Tagen (1. Mai bis 15. Juli) um 9 cm (von77,5 cm auf 86,5 cm). Bei allen weiterenWiederfangen wurden Längenzuwächsevon maximal 1,5 cm festgestellt.

Da im Rahmen der vorliegendenUntersuchung keine Paarungen beobachtetwurden, können keine Aussagen darübergemacht werden, bei welcher Gesamtlängebei steirischen Würfelnattern die Ge-schlechtsreife eintritt. Äußerlich erkennbarreproduktive Weibchen waren mindestens68,0 cm lang.

Das K ö r p e r g e w i c h t deruntersuchten Würfelnattern (Abb. 6) lagzwischen 3 und 515 Gramm. Bei jenenTieren, die mit Abstand die höchsten Kör-pergewichte aufwiesen (420 g, 480 g, 515g), handelte es sich um reproduktiveWeibchen, die Mitte Juni, kurz vor der Ei-ablage, gefangen wurden.

Vor ihrer ersten Überwinterung wo-gen Würfelnattern zwischen 3 g und 6 g(n=21), wobei sich keine geschlechtsspe-zifischen Unterschiede nachweisen ließen.

Ab 50 cm Körperlänge lag das Ge-wicht der Weibchen im Mittel klar überdem der Männchen. Reproduktive Weib-chen waren deutlich schwerer als gleichlange nicht reproduktive, was durch dieEiereifung begründet ist (DUMMER-MUTH 1977; GRUSCHWITZ&al. 1992).

A k t i v i t ä t

Aktive, also außerhalb ihrer Tages-verstecke'' befindliche Würfelnattern (140gefangene Tiere, 60 Sichtbeobachtungen)wurden bei L u f t t e m p e r a t u r e n(LT) zwischen 19°C und 32°C beobachtet,bei Lufttemperaturen über 30°C jedochnur noch im Wasser festgestellt.

Die Häufigkeit von Würfelnatterfun-den in Abhängigkeit von der Lufttempe-ratur sowie der jeweilige Aufenthaltsortder Schlangen (sonnenexponiert bzw. imSchatten an Land oder im Wasser) ist inAbbildung 7 dargestellt.

Von 200 Würfelnatterbeobachtungenbefanden sich die Tiere in 112 Fällen(56%) an Land in der Sonne (LT 22,9 ±2,3°C), in 55 Fällen (27,5%) an Land imSchatten/Halbschatten (LT 24,1 ± 2,5°C)

und in 33 Fällen (16,5%) im Wasser (LT26,6 ± 3,4°C). Die mittlere Lufttemper-atur bei den Landbeobachtungen ist signifi-kant von der bei Wasserbeobachtungenverschieden (n=200, t-test, p < 0,001).Ahnliches gilt für den Vergleich der Beob-achtungen, die in der Sonne bzw. imSchatten/Halbschatten erfolgten (n= 167, t-test, p<0,01). Steigende Lufttemperaturführte danach zu vermehrtem Aufenthaltim Wasser sowie zu einer leichten Bevor-zugung beschatteter Aufenthaltsorte.

Die bei den Würfelnattern gemesse-nen K ö r p e r t e m p e r a t u r e n(n=109) lagen zwischen 17,5°C und33,7°C (durchschnittlich 26,5 ±3,8°C)und waren im Mittel um 2,8±3,5°C höherals die jeweilige terrestrische Umgebungs-temperatur.

Das Spektrum der W a s s e r t e m -p e r a t u r e n , bei denen Würfelnatternim Wasser angetroffen wurden (n=35)oder kurz zuvor im Wasser gewesen seinmüssen (d. h. Würfelnattern mit kaumverdautem Mageninhalt; n=30), reicht von11°C bis 32°C (Abb. 8). Würfelnatterawurden im Wasser vorwiegend (83 %) beihöheren Wassertemperaturen (18°C bis32°C) beobachtet und verweilten dort ge-wöhnlich 15 bis 45 Minuten, selten länger.

In der Zeit der niedrigen Frühjahrs-Wassertemperaturen (11°C bis 19°C) hieltsich die Mehrzahl der Tiere, die (nach denErgebnissen der Magenspülung) kurz zu-vor Nahrung aufgenommen hatten, anLand auf, sodaß sich der Wasseraufenthaltwährend dieser Zeit vermutlich überwie-gend auf den Beuteerwerb beschränkt.

Die Umgebungstemperatur terrestri-scher Aufenthaltsorte von N. tessellata(Mittel aus der Temperatur des Bodens undder bodennahen Luftschicht, n=103) lagzwischen 15°C und 34°C (im Mittel bei24,4 ± 3,5°C). 84,5% der Funde erfolg-ten bei Umgebungstemperaturen zwischen20°C und 28°C (Abb. 9).

J a h r e s l e b e n s r a u m : DieEntfernung vom Ort des jeweiligen Erst-fundes betrug bei 9 Wiederfängen durch-schnittlich 6,7 ± 4,3 m, maximal 15 m,minimal 1 m. Eine zehnte Würfelnatterwurde 8 Tage nach dem Erstfund in ca.300 m Entfernung am gegenüberliegenden

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Verbreitung und Biologie von Natrix tessellata tessellata (LAURENT!, 1768) in der Steiermark 115

H Tiere mit Mageninhalt n = 30

• Tiere im Wasser n = 35

11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31

Wassertemperatur (°C)

Abb. 8: Fundhäufigkeit von Natrix tessellata mit Mageninhalt (n=30) und im Wasser (n=35),in Abhängigkeit von der Wassertemperatur.

Fig. 8: Frequency of Natrix tessellata observed with stomach contents (n=30) and in the water (n=35),relative to the water temperature.

11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33

Umgebungstemperatur, terrestrischer Lebensraum (°C)

Abb. 9: Fundhäufigkeit von Natrix tessellata an Land, in Abhängigkeit von der terrestrischen Umge-bungstemperatur (Mittel aus Temperatur des Bodens und der bodennahen Luftschicht).

Fig. 9: Frequency of Natrix tessellata observed on land, relative to terrestrial ambient temperature.

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116 P. ZIMMERMANN & G. FACHBACH

Ufer des Flusses angetroffen.A k t i v i t ä t s p e r i o d e : Im

Jahr 1992 wurden Würfelnattern vom 26.April bis zum 16. September und 1993 inder Zeit vom 18. April bis zum 23. Sep-tember im Freien angetroffen (Abb. 10).

Weibchen waren in den Unter-suchungsjahren erst ab dem 1. Mai zu fin-den. 1992 wurde das letzte WeibchenMitte September, 1993 am 30. August ge-fangen, während Nachweise von aktivenMännchen bis zum 15. September und vonTieren bis 40 cm Körperlänge bis zum 23.September möglich waren. Beginn undEnde der Aktivitätsperioden ist demnachmöglicherweise geschlechtsspezifisch un-terschiedlich.

Von insgesamt 72 Weibchen wurden66 in den Monaten Mai und Juni sowie imersten Julidrittel gefunden. Bei den Männ-chen (n=38) ist eine zeitlich wesentlichgleichmäßigere Aktivitätsverteilung er-kennbar. Auffallig ist die relativ hohe An-zahl von 7 gefangenen Männchen im erstenMaidrittel, die in der gleichen Größenord-nung liegt wie die Anzahl gleichzeitig ge-fundener Weibchen (n=9), sodaß dieseZeit als Paarungszeit interprätierbar ist.

Das Aktivitätsmaximum der Männ-chen im ersten Maidrittel fällt offenbar inden Zeitraum der Paarung, während dasAktivitätsmaximum der Weibchen (AnfangMai bis Anfang Juli) den Zeitraum von derPaarung bis zur Eiablage umfaßt.

Jungtiere waren nur im August - alsounmittelbar nach ihrem Schlupf - häufig zubeobachten.

Offensichtlich reproduktive Weibchen(n=14) wurden zwischen dem 20. Maiund dem 19. Juni festgestellt. Weibchenweisen unmittelbar nach der Eiablage eineneingefallenen, "faltigen" Hinterrumpf auf(LANGE 1984), was an fünf Weibchenzwischen dem 16. Juni und dem 10. Julierkennbar war, sodaß als E i a b l a g e -t e r m i n die zweite Juni- und erste Juli-hälfte angenommen werden kann.

Ende August (ab 25. 8. 1992 bzw.29. 8. 1993) wurden diesjährige Jungtiere(n=16, Gesamtlänge zwischen 19,5 cmund 26,0 cm) beobachtet, welche sich fastausschließlich (zur Jagd) im Wasser oderin dessen unmittelbarer Nähe aufhielten.

Unter der Voraussetzung, daß sich Wür-felnattem 7 bis 10 Tage nach dem Schlupfhäuten und erst dann Nahrung aufnehmen(DUMMERMUTH 1977; WÖLK 1984;HINDLEY 1988; GRUSCHWITZ & al.1992), müßte ihr S c h l u p f etwa MitteAugust erfolgt sein, woraus sich ein Zeit-raum von rund 8 Wochen zur Eizeitigungergibt. Die Zeit zwischen Eiablage undSchlupf beträgt für die Population in Eh-renhausen am Gamlitzbach etwa 11 Wo-chen, ist also länger als die für andere stei-rische Populationen ermittelte Zeit. Dieoben genannten Daten wurden an Fund-orten mit Talbodenklima (Südsteiermark)erhoben.

Die B e u t e f a n g a k t i v i t ä t(Abb. 10) der Weibchen war im Mai amstärksten. Während sie im Juni etwasnachließ, war die Anzahl der in Häutungbefindlichen Weibchen zu dieser Zeitmerklich erhöht. Bei Männchen warenkeine deutlichen Phasen vermehrter Jagd-oder Häutungstätigkeit innerhalb der Akti-vitätsperiode zu erkennen. Juvenile Tierewiesen Ende August eine hohe Beute-fangaktivität auf. 20 von 27 beobachtetenjuvenilen Tieren hielten sich "nahrungs-suchend" im Wasser auf, sechs befandensich unmittelbar am Ufer.

Die E n t f e r n u n g vom G e-w ä s s e r betrug für die an Land beob-achteten Würfelnattern (n=157) im Mittel6,05 ± 0,74 m. Nicht berücksichtigt wur-den dabei die Tiere einer Population ausEhrenhausen (s. u.), deren Zahl nur ge-schätzt werden konnte. An der Sulm beiLeibnitz-Altenmarkt wurden zwei TiereEnde April auf der Straße unmittelbar amHang des Frauenbergs, etwa 30 m vomSulmufer entfernt, beobachtet.

In Ehrenhausen am Gamlitzbachhielten sich um Mitte Juni bis zu 30 weib-liche Würfelnattern, die sich unmittelbarvor oder nach der Eiablage und in Häutungbefanden, in einer Entfernung von rund 80m vom Gewässer in einem sonnenexpo-nierten Garten auf. Die Terrasse des nahenWohnhauses ist auf einen Schotterkörpergebaut, der ein umfangreiches Lückensy-stem darstellt. Der Fund einiger Häutun-gen juveniler Würfelnattern zu Anfang Sep-tember sowie das vermehrte Auftreten der

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Verbreitung und Biologie von Natrix tessellata tessellata (LAURENT!, 1768) in der Steiermark 117

Weibchen n=72H in Häutung

CD ohne Mageninhalt

^ mit Mageninhalt

u n i i ii m i n m i H m i H m i u r n

April Mai Juni Juli August September

Männchen n=38

181614121086420 .HI. n n n

II m i n m i II m i H HI i ii m i n m

April Mai Juni Juli August September

Juvenile Würfelnattern (bis 40 cm) n=27

181614121086420 • n

n HI i H m i n m i n m i H m i u HI

April Mai Juni Juli August September

Abb. 10: Aktivitätsperiode, Beute fang, Häutung bei steirischen Natrix tessellata in den Jahren 1992 und 1993.A - Weibchen (n=72), B - Männchen (n=38), C - Juvenile bis 40 cm Länge (n=27).

Fig. 10: 1992 and 1993 seasonal activity, prey catching, and sloughing in Styrian Natrix tessellata.A - females (n=72), B - males (n=38), C -juveniles up to 40 cm long (n=27).

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118 P. ZIMMERMANN & G. FACHBACH

Schlangen gegen Ende September (Knäuel-bildung) lassen vermuten, daß dieser Schot-

terkörper N. tessellata als Eiablage- undÜberwinterungsstelle dienen könnte.

DISKUSSION

V e r b r e i t u n g

Im Rahmen der vorliegenden Arbeitwurde N. tessellata an 52 Fundstellen inder Steiermark beobachtet. Aus dem Zeit-raum zwischen 1888 und 1992 waren be-reits 37 Vorkommen bekannt. Einige der"älteren" Meldungen (Leoben 1891, Übel-bach 1914, Graz - Marburger Kai 1955,Graz - Keplerbrücke 1957, Graz - Hilm-teich 1956) konnten im Verlauf der Unter-suchungen nicht bestätigt werden. Es er-scheint zweifelhaft, ob diese Populationenheute noch existieren, da an den ange-führten Orten großteils kein adäquaterLebensraum mehr für N. tessellata vorhan-den ist. Insgesamt sind jedoch 66 steirischeVorkommen als rezent zu betrachten.

Die dichtesten Ketten von Würfel-nattervorkommen findet sich an der Murzwischen Kaisdorf und Spielfeld und ander Sulm von Wies bzw. St. Martin bis zuihrer Mündung. Ahnlich häufige Vor-kommen werden an der Raab (aufwärts biszur Raabklamm, Mortantsch) und an derGrenzmurstrecke (von Spielfeld bis BadRadkersburg) vermutet, entlang derer zwarwesentlich weniger Begehungen durchge-führt, jedoch vergleichbar hohe Beobach-tungszahlen verzeichnet wurden.

Dagegen waren Vorkommen von N.tessellata an der Mur zwischen St. Michaelund Graz trotz intensiver Untersuchungennur vereinzelt nachweisbar.

REISINGER (1972) beschrieb denRückgang bzw. das Erlöschen von Wür-felnatterpopulationen an der Mur als Folgevon Regulierungen und Gewässerver-schmutzung. Danach wären Populationenvon N. tessellata zu dieser Zeit nur unter-halb von Mureck zu finden gewesen, dahier die Selbstreinigungskraft der Mur einebessere Gewässergüte bedingt hätte.

Die Wasserqualität der Mur hat sichaber in den letzten zwei Jahrzehnten bedeu-tend verbessert. In dem von REISINGER(1972) beschriebenen ehemaligen Haupt-verbreitungsgebiet der Würfelnatter an derMur (südliche Mur inklusive Grazer Stadt-

gebiet) konnten auch 1992 und 1993 zahl-reiche Vorkommen nachgewiesen werden.

Lediglich im Bereich Graz (HöheKalvarienbrücke) bis Kaisdorf scheint einegrößere Verbreitungslücke zu bestehen.Südlich davon kommen Würfelnattern erstwieder an Stellen mit ausgedehntem Hin-terland und Nebengewässern (Auwald)vor. Die Wiederbesiedlung der Muruferkönnte dort aus diesem refugialen Hinter-land erfolgt sein, nachdem die Gewässer-güte der Mur wieder ausreichende Fisch-vorkommen ermöglichte. Neben demFehlen von Rückzugsgebieten und zusätz-lichen Nahrungsgewässern ist die Ver-breitungslücke zwischen Graz und Kais-dorf wohl auch auf die oft kleinräumigen,unzureichend strukturierten und durchBaumaßnahmen beeinträchtigten Uferbö-schungen der Mur in diesem Bereich zu-rückzuführen.

Im Gegensatz zur Murstrecke südlichvon Kaisdorf sind nördlich von Graz ent-lang der Mur keine größeren Auwaldge-biete vorhanden. Hier liegen alle rezentenWürfelnattervorkommen im Bereich derMündungen kleinerer Fließgewässer. Die-se fischreichen Nebengewässer scheinenals Refugialgebiete für das Überleben vonM tessellata an der Mur notwendig gewe-sen zu sein. Hingegen könnte die Neu-gründung der erloschenen Population vonWeinzödl (REISINGER .1972) nach Ver-besserung der Gewässergüte der Mur vomTeich Siebenbründel aus (unmittelbar ander Mur, 2,5 km oberhalb von Weinzödlgelegen) erfolgt sein.

Die von GRILLITSCH & CABELA(1992b) zur Beschreibung des potentiellenVerbreitungsgebiets der Würfelnatter inÖsterreich verwendeten Iso- und Grenzli-nen lassen eine relativ genaue Eingrenzungder nördlichen Verbreitungsgrenzen vonN. tessellata in der Steiermark zu. Aller-dings eignet sich für die steirische Ver-breitung die Linie der "mittleren jährlichenDauer der Vegetationszeit > 220 Tage"besser als die von GRILLITSCH & CA-BELA (1992b) verwendete "mittlere jährli-

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Verbreitung und Biologie von Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768) in der Steiermark 119

ehe Dauer der Vegetationsperiode > 240Tage".

Die Täler des Steirischen Randgebir-ges weisen Kerbtalcharakter auf (WAKO-NIGG 1978). Dadurch sind mit Ausnahmedes Murtals keine breiten, temperaturbe-günstigten Talböden vorhanden, die einVordringen der thermophilen Würfematterin nördlichere Lagen der Steiermark ermög-lichen. Während aus Österreich vereinzeltVorkommen von N. tessellata aus Höhenbis zu 900 m Ü NN bekannt sind, (CABE-LA & TIEDEMANN 1985; ESTERBAU-ER 1991; CABELA & al. 1992; GRIL-LITSCH & CABELA 1992b), liegen ausder Steiermark nur Funde bis 580 m ü NN(Übelbach) vor.

Das klimatisch definierte potentielleVerbreitungsgebiet von N. tessellata in derSteiermark beinhaltet auch die Unterläufeder oststeirischen Flüsse Feistritz und Laf-nitz. An der Feistritz wurde die Würfel-natter 1902 und 1904 nachgewiesen, dochwar es trotz mehrmaliger Begehungen denAutoren weder an der Feistritz noch an derLafnitz möglich, Würfelnattern zu finden.Beide Flüsse entwässern in die Raab, wo-mit ein potentieller Besiedelungskorridorgegeben ist. Zudem weisen sie geeigneteBiotope und ausreichende Wasserqualitätfür N. tessellata auf, sodaß ihr Vorkom-men dort sehr wahrscheinlich ist.

In der Steiermark besiedelt N. tes-sellata vorwiegend Fließgewässer. Wäh-rend vor 1970 gemeldete Vorkommen zueinem hohen Anteil in Auwaldgebieten la-gen, konnten nach 1970 an solchen Ortennur noch vereinzelt Nachweise erbrachtwerden. Vor allem die Auwaldreste ent-lang der Mur scheinen N. tessellata heutenur noch eingeschränkt als Lebensraum zugenügen. Dies könnte an der starken Eu-trophierung und der damit einhergehendenVegetationsverdichtung in diesen Gebietenliegen. In einigen Bereichen breiten sichNeophyten so stark aus, daß eine Beson-nung des Bodens weitestgehend verhindertwird.

Vorkommen von N. tessellata an ste-henden Gewässern sind in der Steiermarkselten. Dies muß nicht zwingend auf derBevorzugung von Fließgewässern beruhen.Vielmehr stehen natürliche stehende Ge-

wässer in der Steiermark nur in sehr be-grenztem Maße zur Verfügung, und dieangelegten Fischteiche weisen nur aus-nahmsweise die nötige Strukturierung einesnaturbelassenen See- oder Teichufers auf.

L e b e n s r a u m

Für die Steiermark erwiesen sichAusmaß und Strukturierung der Uferbö-schung, Fischvorkommen und das Vor-handensein von Stillwasserzonen als wich-tigste Kriterien zur Beurteilung eines Le-bensraumes in Hinblick auf seine Eignungfür die Würfematter (ZIMMERMANN &KAMMEL 1994). Das Vorhandensein ab-wechslungsreich gestalteter Uferböschun-gen sowie ein Mindestmaß von sechs Me-tern Dammbreite erscheinen für dieseSchlange unverzichtbar, wenn kein ent-sprechendes Hinterland als Lebensraumzur Verfügung steht.

GRUSCHWITZ (1978) beschrieb diecharakteristischen Merkmale der Würfel-natterhabitate an isolierten deutschen Re-liktstandorten. GRILLITSCH & CABELA(1992b) stellen vergleichsweise eine hö-here ökologische Plastizität der österrei-chischen Populationen, also von Popula-tionen am Rand des geschlossenen Ver-breitungsgebiets, fest. Die von ZIMMER-MANN & KAMMEL (1994) veröffent-lichten Habitatsanalysen unterstützen dieseAussage.

N a h r u n g

Trotzdem einige Autoren auch vonKleinsaugern als seltener Beute sprechen(SCHREIBER 1912; HECHT 1930;GRILLITSCH & al. 1971) und LANKA(1975) darüber hinaus junge Bisamratten,kleine Enten, Eidechsen und Insekten alsgelegentliche Nahrung angibt, bestandenbei 98% der von uns bei N. tessellata un-tersuchten Mageninhalte ausschließlich ausFischen. Nur ein Tier hatte einen Frosch-lurch gefressen. Dies deckt sich mit denmeisten Literaturangaben, die in erster Li-nie Fisch, vereinzelt auch Amphibien alsNahrung von N. tessellata nennen. Im Ge-gensatz zu Tieren aus Mitteleuropa unddem Balkangebiet wurden in kleinasiati-schen Würfelnattern z. T. ausschließlich

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120 P. ZIMMERMANN & G. FACHBACH

Amphibien als Mageninhalt gefunden(HECHT 1930).

Obwohl die nunmehr vorliegendenMageninhaltsanalysen an Individuen einesFundortes durchgeführt wurden, an demunmittelbar am Gewässer Rana esculen-talR. lessonae in großer Zahl anzutreffenwaren, konnte kein Nachweis dieser Anu-ren als Nahrung von N. tessellata erbrachtwerden.

Im Rahmen dieser Arbeit wurden 16Fischarten aus sechs Familien als Nahrungvon N. tessellata nachgewiesen (Tab. 4),unter denen die Cypriniden mit 95% dernachgewiesenen Beutefische am stärkstenvertreten waren. Auch in der Literatur sindvorwiegend Cypriniden als Nahrung vonN. tessellata angegeben (KOPSTEIN1920; KINCEL 1929; HECHT 1930;ZAPF 1969; LANKA 1975). In diesen Li-teraturangaben wie auch in den Ergebnis-sen der eigenen Untersuchungen überwiegtdie Anzahl bodenbewohnender Fische imNahrungsspektrum stark. Die Bevorzugungvon Grundfischen steht mit der vorwiegendlauernden Jagdweise von N. tessellata amGrund von Fließgewässern im Einklang.

LANKA (1975) beobachtete, daßWürfelnattern beim Beutefang im Verhält-nis zu ihrer Körpergröße große Fische be-vorzugen. Die Ergebnisse unserer Unter-suchungen bestätigen dies nicht: Bei adul-ten Würfelnattern konnten sehr häufig auchJungfische als Mageninhalt nachgewiesenwerden, was allerdings auf das überwie-gend aus kleinen, juvenilen Fischen beste-hende Nahrungsangebot zurückgeführtwerden kann.

M e r k m a l s v a r i a b i l i t ä tund A n o m a l i e n

Weibliche Würfelnattern besitzen re-lativ kürzere Schwänze als männliche Tiere(KMINIAK & KALUZ 1983; MEBERT1993). Dieser Unterschied ist auch beisteirischen Würfelnattern signifikant undmachte eine Geschlechtsbestimmung an-hand der Subcaudaliazahlen zweifelsfreimöglich.

Weiters zeigen weibliche Tiere signi-fikant häufiger die jeweils höhere Ocula-riaanzahl (3 Praeocularia und 4 Postocula-ria), während die Anzahl der Supralabialia

keine geschlechtsspezifischen Unterschiedezeigt (MEBERT 1993). Auch dieser Be-fund trifft für steirische Würfelnattera zu.

Neben geschlechtsspezifischen Unter-schieden ließen sich auch populationsspezi-fische in eben diesen Merkmalen sowie inder Färbung nachweisen. Eine physischeSchranke für den Genfluß zwischen denautochthonen Würfelnatter-Subpopulatio-nen aus dem Einzugsgebiet der Sulm bzw.dem der Mur ist nicht ersichtlich.

Bei steirischen Würfelnattern tretenverschiedene Anomalien der Pholidose desKopfes in 0,7% bis 5,6% der Fälle auf.Wesentlich häufiger waren Anomalien imBereich der Ventralia und Subcaudalia.16,9% der untersuchten Würfelnattern be-saßen halbseitige Ventralschilder. Seltenersind geteilte Ventralschilder und ungeteilteSubcaudal- und Analschilder. MEBERT(1993) fand Ventraliaanomalien in ähnli-cher Häufigkeit bei norditalienischen Po-pulationen.

K ö r p e r l ä n g e

Die Gesamtlänge der größten in derSteiermark gefangenen Würfematter konn-te aufgrund ihrer Schwanzverletzung mitetwa 120 cm nur geschätzt werden. Insge-samt scheint die Maximallänge vom Fund-ort abhängig zu sein. DÜRIGEN (1897)und GRUSCHWITZ (1978) geben alsgrößte Länge für Tiere aus deutschen Po-pulationen rund 100 cm an. Für Öster-reich finden sich bei GRILLITSCH & al.(1971), LUTTENBERGER (1978), CA-BELA & al. (1992) und ESTERBAUER(1991) Maximalwerte von 90 cm bis 100cm für Weibchen (selten über 100 cm) und60 cm bis 70 cm für Männchen.

Größere Längen sind aus Südeuropabekannt. LANZA (1983) gibt 130 cm füritalienische Würfelnattern an, MEBERT(1993) 112 cm für ein Tier vom GenferSee, VEITH (1991) Längen bis 120 cm fürBosnien-Herzegowina. TRUTNAU (1975)und ESTERBAUER (1991) schätzen dieMaximallänge von Würfelnattera dernördlichen Populationen auf ca. 100 cm,während im Südosten ihres Verbrei-tungsgebietes N. tessellata bis zu 150 cmlang werden kann. Der steirische Maxi-malwert von 120 cm liegt zwischen diesen

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Verbreitung und Biologie von Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768) in der Steiermark 121

beiden Werten und fugt sich damit in dieBeobachtung eines Nordwest - Südostgra-dienten in Bezug auf die Maximallängenvon N. tessellata.

Auffällig ist das stark unterrepräsen-tierte Vorkommen von Würfelnattern derGrößenklasse 30 cm bis 40 cm. Diese"Lücke" weisen auch LANKAs (1975)Längendaten von Würfelnattern auf; ergibt jedoch keine Erklärung dafür.

Fast alle diesjährigen und einwinteri-gen Jungtiere, (Größenklasse 20 cm bis 30cm), wurden mit Mageninhalt bzw. wäh-rend der Jagd gefangen. Nach ZHALKA &BDOLAH (1987) produzieren juvenileWürfelnattern bei gleicher Nahrungsmengeetwa dreimal so große Mengen an Verdau-ungsenzymen wie Adulte. Beides läßt aufein schnelles Wachstum der juvenilenWürfelnattern schließen. Dieses könntebewirken, daß Längenstadien von 30 cmbis 40 cm in vergleichsweise kurzer Zeitdurchlaufen werden und einen Grund fürden seltenen Fang von Würfelnattern die-ser Größenklasse darstellen. Eine weitereUrsache für die geringe Häufigkeit vonTieren zwischen 30 cm und 40 cm Länge(im Vergleich zu den 20 cm bis 30 cm lan-gen Schlüpflingen) sehen GRUSCHWITZ& al. (1992) in der hohen Sterblichkeitwährend der ersten Hibernation.

G e s c h l e c h t e r v e r h ä l t n i s

Zwei Drittel (78 von 119) der gefan-genen Nattern waren Weibchen. GRU-SCHWITZ (1986) und REHAK (1992)geben ebenfalls ein Überwiegen der Weib-chen innerhalb der von ihnen untersuchtenPopulationen an. ZAPF (1969) hingegenbeschreibt für Kärntner Populationen eineÜberzahl von Männchen.

Möglicherweise sind Feststellungeneines ungleichen Geschlechterverhältnissesnur auf die unterschiedliche Aktivität derweiblichen und männlichen Tiere zurück-zuführen. Ein zahlenmäßiger Überhangadulter Weibchen wurde im Zeitraum zwi-schen Paarung und Eiablage zwischen An-fang Mai und Mitte Juli festgestellt, dage-gen wurden im übrigen Teil der Aktivitäts-periode annähernd gleich viele Weibchenwie Männchen gefunden.

Dieser Annahme widerspricht aller-

dings die Tatsache, daß auch bei den ge-fangenen Jungtieren (GL<50 cm, n=29)ein ungleiches Geschlechterverhältnis von18:11 (Weibchen zu Männchen) vorlag.

A k t i v i t ä t

Aktive Würfelnattern, also solche au-ßerhalb ihrer "Tagesversteckplätze", wur-den bei Lufttemperaturen zwischen 19°Cund 32°C gefunden (Mittelwert 23,8 ±2,9°C). HECHT (1930) bezeichnet Tem-peraturen zwischen 20 °C und 24 °C für dieArt als optimal. In der Steiermark wurden91,5% der Tiere bei Temperaturen zwi-schen 20°C und 27°C gefunden.

Mit steigender Lufttemperatur änder-te sich der bevorzugte Aufenthaltsort derSchlangen. So waren die mittleren Luft-temperaturen, bei denen sich Würfelnatternan Land im Schatten oder Halbschattenaufhielten (24,1 ± 2,5°C) zwar geringfü-gig aber signifikant höher als jene, bei de-nen sie sich der Sonne aussetzten (22,9 ±2,3 °C). Die geringe Differenz der Mittel-werte (1,2°C) ist wahrscheinlich darin be-gründet, daß die Tiere bei höheren Tempe-raturen vermehrt das Wasser aufsuchen.Bei Lufttemperaturen ab 30 °C waren Wür-felnattern nur noch im Gewässer zu beob-achten. Auch LANKA (1975) beschreibt,daß sich N. tessellata bei hohen Tempera-turen bevorzugt im Wasser aufhält. Dersel-be Autor konnte in der ehemaligen Tsche-choslowakei vor dem 15. Mai niemals Tie-re im Wasser beobachten. Dies deckt sichzwar mit unseren Beobachtungen, die gro-ße Anzahl der in der ersten Maihälfte ge-wonnenen Mageninhalte zeigt jedoch, daßWürfelnattern in der Steiermark bereits abAnfang Mai zur Jagd ins Wasser gehen.

HECHT (1930), BANNIKOV & al.(1971) und GRILLITSCH (1990) geben alsminimale Aktivitätstemperatur für N. tes-sellata 10°C bis 12°C an. Bereits ab An-fang Mai, bei Wassertemperaturen, die indieser Größenordnung liegen, konnten Tie-re mit Mageninhalt gefunden werden. Beiderartig geringen Wassertemperaturen sindEinschränkungen der Motilität und folglichnur kurze Aufenthalte im Wasser anzuneh-men. Wahrscheinlich konnten aus diesemGrund im Mai niemals Tiere im Wasserbeobachtet werden.

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122 P. ZIMMERMANN & G. FACHBACH

Die Gesamt- und Beutefangaktivitätder Weibchen ist im Mai und Juni, derZeit zwischen Paarung und Eiablage, amhöchsten. Die verminderte Aktivität im Ju-li und August könnte darauf zurückzufüh-ren sein, daß im Sommer keine Eireifungstattfindet und die Lufttemperaturen sohoch sind, daß eine kürzere Verweildaueraußerhalb des Verstecks zur Nahrungsauf-nahme und Verdauung ausreicht. LANKA(1975) vermutet weiters, daß N. tessellatain den heißen Sommermonaten bereits inden frühen Morgenstunden auf Jagd gehtund ihre Nahrung teilweise auch im Ver-steck verdaut.

Die Zeit maximaler Aktivität stehtbei den Weibchen offenbar in Zusm-menhang mit den Lufttemperaturen unddem Reproduktionszyklus. Bei den Männ-chen ließ sich ein deutliches, vergleichs-weise kurzes Aktivitätsmaximum anfangsMai (Paarungszeit) erkennen.

Juvenile Würfelnattern wiesen imJahr ihres Schlupfes eine besonders hoheBeutefangaktivität auf. Ende August konn-ten sie in großer Zahl und ausschließlichim Gewässer gefunden werden. Alle be-obachteten Jungtiere befanden sich dabeiaugenscheinlich auf Nahrungssuche oderwiesen einen Mageninhalt auf. ReichlicheNahrungsaufnahme bei diesjährigen Jung-nattern erscheint notwendig oder zumin-dest von Vorteil, um den ersten Winter zuüberstehen.

R e p r o d u k t i o n : Ohne Paarun-gen oder Eiablagen direkt beobachtet zuhaben, läßt sich die Eiablage für steirischeWürfelnattern dennoch etwa auf die Zeitzwischen dem 16. Juni und dem 10. Julieingrenzen. Die Paarung findet bei steiri-schen Tieren wahrscheinlich bereits An-fang Mai statt.

GRUSCHWITZ & al. (1992) gebenEnde Juni bis Mitte August als Zeitraumder Eiablage für deutsche, tschechischeund schweizerische Populationen an, einePaarung wurde in Deutschland am 1. Junibeobachtet (GRUSCHWITZ 1978). Ver-mutlich ist der in der vorliegenden Arbeitbeobachtete frühere Zeitpunkt von Paarungund Eiablage auf das wärmere Klima derSteiermark zurückzuführen.

Der Zeitraum zwischen Eiablage und

Schlupf der Nattern variiert aufgrund sei-ner Abhängigkeit von der Inkubationstem-peratur stark. KRAMER & STEMMLER(1988) stellten eine Zeitigungsdauer von 7bis 11 Wochen in Schweizer Populationenfest, GRUSCHWITZ & al. (1992) geben35 Tage für deutsche Populationen an, de-ren Gelege in Pferdemisthaufen abgelegtwaren. Kompost- bzw. Misthaufen sind je-doch im Untersuchungsgebiet an der Sulmnicht vorhanden. Hier werden die Eierwohl in Erdlöcher und dergl. abgelegt. Dierelativ lange Zeitigungsdauer von 8 Wo-chen wäre durch die geringere Temperaturdes Substrats erklärbar. Bei den Würfelnat-tern von Ehrenhausen, wo sich der Eiabla-geplatz unter der Terrasse eines Wohnhau-ses befand, betrug die Zeitigungsdauer 11Wochen.

E n t f e r n u n g vom W a s s e r :Die beobachteten Würfelnattern hieltensich überwiegend unmittelbar am Gewässerauf (mittlere Gewässerentfernung: 6,05 ±0,74 m). Nur in einem Fall (Ehrenhausen)wurden zahlreiche Tiere in ca. 80 mEntfernung vom Wasser gefunden.

Nach VEITH (1991) und CABELA& al. (1992) ziehen sich Würfelnattern zurWinterruhe auf höher gelegene Böschun-gen und Hänge zurück. Wahrscheinlich istdies auch in Ehrenhausen der Fall, wo dieTiere im Schotter unter der Terrasse einesHauses einen Überwinterungsplatz gefun-den haben könnten. Dafür spräche ihr ver-mehrtes Auftreten im Garten des Hausesim September, dagegen ihr Ausbleiben imApril, der Zeit des Beginns der Aktivitäts-phase.

Jedenfalls stellt das Lückensystemunterhalb der Terrasse im EhrenhausenerGarten einen Eiablageplatz für M tessel-lata dar. KRAPP & BÖHME (1978) be-richten von einem Eiablageplatz in einemGarten in 1 km Entfernung zum Nah-rungsgewässer. Alle adulten Würfelnat-tern, die im Garten gefunden werdenkonnten, befanden sich in Häutung. Diesmag einerseits darauf zurückzuführen sein,daß sich Weibchen zur Zeit der Eiablagevermehrt häuten. Andererseits wäre esdenkbar, daß sich die Würfelnattera zurHäutung vom Gewässer entfernen, da imGegensatz zum stark beschatteten Ufer des

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Verbreitung und Biologie von Natrix tessellata tessellata (LAURENTI, 1768) in der Steiermark 123

Gamlitzbaches im Garten viele trocken-warme Sonnplätze vorhanden sind. Auchgehen in Häutung befindliche Schlangeninfolge der Augentrübung nicht auf Jagd,sodaß ein Verbleib am Gewässer nicht not-wendig erscheint.

G e f ä h r d u n g und S c h u t z

N. tessellata wird in der Roten Listeder gefährdeten Arten der Steiermark als"vom Aussterben bedroht" eingestuft(FACHBACH 1981). Diese Klassifizie-rung ist in erster Linie auf die geringe An-zahl der Fundpunkte zurückzufuhren, diein den Jahren davor registriert waren. Dievorliegende Arbeit erhöht zwar die Anzahlder bekannten Vorkommen, trotzdem er-

scheint die Würfelnatter nach wie vor starkgefährdet. Dies ist vor allem auf die Klein-räumigkeit und den mangelnden Schutz ih-rer Lebensräume zurückzuführen. Hiersind besonders die Vorkommen an der Murim Grazer Stadtgebiet stark betroffen.

Zum besseren Schutz und Erhalt sindweitergehende Untersuchungen speziell andiesen Populationen notwendig. Mögli-cherweise könnte hier einer Bestandsge-fährdung durch lebensraumverbesserndeMaßnahmen (Anlegen von Eiablageplät-zen, Stillwasserzonen, Unterschutzstellungder Uferböschungen) entgegengewirkt wer-den. Solche Projekte wurden und werdenin Deutschland durchgeführt und zeigenbereits Erfolg (GRUSCHWITZ & al.1992; LENZ & GRUSCHWITZ 1992).

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EINGANGSDATUM: 3. Februar 1995 Verantwortlicher Schriftleiter: Heinz Grillitsch

AUTOREN: Mag. Petra ZIMMERMANN; Prof. Dr. Günter FACHBACH, Institut fur Zoologie, Abtei-lung für Entwicklungsbiologie und Histologie, Karl-Franzens Universität Graz, Universitätsplatz 2, A-8010Graz, Österreich.

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