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RWTH Aachen AVT.CVT 52056 Aachen Chemische Verfahrenstechnik Prof. Dr.-Ing. Matthias Wessling Verfahren zur Abtrennung vom Kohlenstoffdioxid aus Kraftwerksrauchgasen Seminararbeit von Stephan Kempkes Aachen, WS 2012/2013

Verfahren zur Abtrennung vom Kohlensto dioxid aus ... · der Selektivit at ab. Die Permeabilit at P i quanti ziert die Durchl assigkeit der Membran f ur ein Gas i . Bezogen auf die

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RWTH Aachen � AVT.CVT � 52056 Aachen Chemische VerfahrenstechnikProf. Dr.-Ing. Matthias Wessling

Verfahren zur Abtrennungvom Kohlenstoffdioxid aus Kraftwerksrauchgasen

Seminararbeitvon

Stephan Kempkes

Aachen, WS 2012/2013

Eidesstattliche Erklarung

Eidesstattliche Erklarung

Hiermit versichere ich, dass die vorliegende Arbeit von mir selbstandig angefertigt wurde und dass ichkeine Hilfsmittel benutzt habe, die dem Aufgabensteller nicht bekannt sind. Ich erklare mich damiteinverstanden, dass die vorliegende Arbeit in der Lehrstuhlbibliothek und Datenbank aufbewahrt wirdund fur den internen Gebrauch kopiert werden darf.

Ort, Datum Unterschrift

II

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 11.1 Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Randbedingungen der Strome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

1.2.1 Abgase des Kohlekraftwerks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.2.2 Bedingungen der CO2-Pipeline . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

2 Verfahren zur Abtrennung vom Kohlenstoffdioxid aus Kraftwerksrauchgasen 42.1 Ubersicht verschiedener Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.2 Membranverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

2.2.1 Einstufige Membranverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.2.2 Mehrstufige Membranverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2.3 Hybride Membranverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92.3.1 Hybrider Membranprozess mit Tieftemperaturverfahren . . . . . . . . . . . . 92.3.2 Vergleich mit Amin-Absortionsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

3 Zusammenfassung 12

III

1 Einleitung

Dieses Dokument stellt eine Zusammenfassung der 2010 verfassten Dissertation”Membrane Gas

Separation Process for Post Combustion CO2 Capture from Coal Fired Power Plants“ von PeterMichael Follmann (Chemische Verfahrenstechnik, RWTH Aachen) dar. Die zur Erstellung dieserAusarbeitung verwendete Literatur beschrankt sich lediglich auf diese Dissertation. Die daruberhinaus dort referenzierte Literatur wird in dieser Ausarbeitung nicht explizit angegeben und kann inder Dissertation nachgelesen werden.

1.1 Problemstellung

Der Beginn der industriellen Revolution und die damit verbundene Verbrennung fossiler Brennstoffezur Energiegewinnung, verursachten einen seitdem stetigen Anstieg der in der Atmosphare befind-lichen Treibhausgase. Es wird vermutet, dass diese Treibhausgase, die zu 80% aus CO2 bestehen,besonders zur globalen Erderwarmung beitragen. Wahrend die Atmosphare im fruhen neunzehntenJahrhundert noch circa 280 ppm CO2 enthielt, stieg dieser Wert auf 360 ppm CO2 im Jahr 2000.Aus diesem Grund soll die Reduktion des CO2 Ausstoßes einer weiteren globalen Erderwarmungentgegenwirken. Da die industrielle Revolution in den Entwicklungs- und Schwellenlandern langstnicht abgeschlossen ist und die Weltbevolkerung weiterhin wachst, wird ein weiterer Anstieg desweltweiten Energiebedarfs erwartet.Die Reduzierung der CO2-Emissionen durch Maßnahmen, wie dem Umstieg auf erneuerbare Energienoder allgemeinen Energieeinsparungen, verspricht nur begrenztes Einsparpotenzial. Deshalb soll dasunvermeidbare CO2 abgetrennt und an isolierten Orten (z.B. in Gesteinsformationen) gespeichertwerden. Dieses Verfahren nennt sich

”Carbon Dioxide Capture and Storage“ (CCS).

Da 34% der weltweiten CO2-Emissionen von Kohlekraftwerken verursacht werden, verbirgt sich hierein enormes Einsparpotenzial. Es ist also erstrebenswert das CO2 der emittierten Rauchgase abzu-trennen und zu Einlagerungszwecken transportfahig zu machen (s. Abb. 1.1).Diese Arbeit beschaftigt sich mit verschiedenen Moglichkeiten zur Abscheidung des CO2 von Kraft-werksrauchgasen. Im ersten Teil der Arbeit werden die Randbedingungen, die zur vergleichbarenUntersuchung erforderlich sind, bestimmt. Der Hauptteil besteht aus der Untersuchung des soge-nannten Membranverfahrens und einer vergleichenden Bewertung zu alternativen Verfahren.

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1 Einleitung

Abbildung 1.1: Schematische Darstellung des CO2-Speicherprozesses

N2 CO2 O2 H2O SO2 NOx

[Mol �%] [Mol �%] [Mol �%] [Mol �%] [mg=m3] [mg=m3]

Simulation 71:2 13:6 3:2 12 200 200

/Hond94/ 72 13 3 12 � �

/Zahr07/ 71:6 13:3 3:8 11:3 � �

/Sijb08/ 71:8 13:6 3:4 11:2 n:a: n:a:

/Bims04/ � � � � � 200 � 200

Tabelle 1.1: Zusammensetzung der Kraftwerksrauchgase (Upstream)

1.2 Randbedingungen der Strome

Zur Vergleichbarkeit der verschiedenen Methoden ist es erforderlich die Rahmenbedingungen desProzesses einheitlich zu bestimmen. In diesem Abschnitt werden die fur die Simulation erforder-lichen Randbedingungen der Strome erlautert. Die Kraftwerksrauchgase, die als Strom in das zuuntersuchende Modell eintreten, werden im Folgenden als Upstream und analog der Strom, der dasModell verlasst und dessen Randbedingungen von der der weiteren Behandlung des CO2-Stromsabhangen, als Downstream bezeichnet. Da sich in der Praxis vor allem der Transport mittels CO2-Pipeline durchgesetzt hat, werden die Bedingungen des Downstream in dieser Arbeit von der Pipelineund dem Speicherort (z.B. Gesteinsformationen) bestimmt.

1.2.1 Abgase des Kohlekraftwerks

Zur Bestimmung der Upstream-Randbedingungen wurde ein Kraftwerks-Modell in Aspen Plus ver-wendet. Dieses Kraftwerk hat eine thermische Leistung von 1210 MW und einen Wirkungsgrad von45%. Die erzielten Resultate stimmen gut mit denen in der Literatur zu findenden Daten und denin Deutschland erlaubten Hochstwerten (/Bims04/) uberein (s. Tab. 1.1). Hieraus resultiert dieZusammensetzung des Upstream.

1.2.2 Bedingungen der CO2-Pipeline

Die Literatur gibt an, dass der kommerzielle Transport des CO2 in einer Pipeline mit unterkritischerTemperatur und uberkritischen Druck erfolgt (130 bar, < 30�C) . Zusammenfassend und bezug-

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1 Einleitung

Szenario 1 Szenario 2

Druck [bar ] 130 130

Temperatur [�C] < 30 < 30

Gesamt(N2; O2; Ar)[Mol �%] < 4 < 4

O2[Mol �%] < 4 < 0:01

SO2[ppm] < 1300 < 100

NO[ppm] < 2800 < 100

H2O[ppm] < 20 < 20

CO2[Mol �%] > 95:5 > 95:5

Tabelle 1.2: Szenarien der Zusammensetzungen des Stroms zur Einspeisung in die CO2-Pipeline(Downstream)

nehmend auf die Literatur ergeben sich die technischen Randbedingungen zum Transport in einerPipeline nach Szenario 1. Außerdem wird ein zweites, strikteres Szenario ausgewahlt, da die Begren-zung von Spurengasen wie SO2 und NO gesetzlich noch nicht bestimmt worden ist. Daraus ergebensich die zu erfullenden Bedingungen an den Downstream nach den beiden Szenarien aus Tab. 1.2.Die Anforderungen an die untersuchten Verfahren ergeben sich aus den Randbedingungen des Up-und des Downstream. Die vom Kraftwerk emittierten Rauchgase (Upstream) mussen durch einengeeigneten Prozess so aufbereitet werden, dass diese die an den Downstream gestellten Bedingungeneinhalten.

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2 Verfahren zur Abtrennung vomKohlenstoffdioxid ausKraftwerksrauchgasen

2.1 Ubersicht verschiedener Verfahren

Zur Aufbereitung des Kraftwerksrauchgases und zur Abscheidung des CO2 existieren in der Praxisdiverse Verfahren. Dieser Abschnitt beschreibt kurz die charakteristischen Eigenschaften der Verfah-ren, die sich in der Gasreinigung bewahrt haben.

• Chemische Absorption

• Physikalische Absorption

• Adsorption an Festkorpern

• Tieftemperaturverfahren

• Membranverfahren

Die chemischen und physikalischen Absorptionsverfahren sind in der Gasreinigung die aktuell gangi-gen Methoden. Das Amin-Absorptionsverfahren wird im Abschnitt 2.3.2 genauer behandelt.

Zur Abscheidung durch Adsorption an Festkorpern konnen Zeolith-Molekularsiebe, Aktivkohle, Alu-miniumoxid, Silicagel etc. verwendet werden. Dieses Verfahren wird z.B. zur Gasreinigung in Atem-schutzfiltern verwendet.

Beim Tieftemperaturverfahren (auch Kryogenverfahren genannt) kann das CO2 durch Abkuhlungauf ca. �50�C bei Drucken von ca. 50 bar aus tieferkondensierbaren Gasmischungen auskondensiertwerden.

Die im Membranverfahren verwendeten Membranen funktionieren wie ein Filter um eines oder mehre-re Gase voneinander zu trennen. Eine genauere Beschreibung folgt im Abschnitt Membranverfahren.Diese Arbeit behandelt hauptsachlich das Membranverfahren und geht im Anschluss kurz auf dasKryogen- und das Amin-Absorptionsverfahren ein.

2.2 Membranverfahren

Dieser Abschnitt diskutiert die durch Membranverfahren erzielten Ergebnisse zur CO2-Abtrennungvon Kraftwerksrauchgasen. Zunachst folgt eine kurze Einfuhrung des Verfahrens und der charakte-

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2 Verfahren zur Abtrennung vom Kohlenstoffdioxid aus Kraftwerksrauchgasen

CO2-Permeanz[m3

N=m2hbar ]

CO2=N2-Selektivitat

CO2=O2-Selektivitat

CO2=SO2-Selektivitat

CO2=NO-Selektivitat

PPO 4.10 20 4.5 1 1PEO 1.25 45 15 0.2 5SPEEK 0.07 85 28 1 1

Tabelle 2.1: Eigenschaften der Membranmaterialien

ristischen Kenngroßen.Die Membran funktioniert wie ein Filter, der von bestimmten Gasen bevorzugt durchstromt wird.Die verschiedenen Gase des eintretenden, Feedstrom genannten, Stroms passieren die Membran inunterschiedlichen Mengen und erzeugen auf der anderen Seite der Membran den sogenannten Per-meatstrom. Auf der Feedseite bleibt ein Strom zuruck, der Retentatstrom genannt wird.Die Triebkraft zum Ubergang einer Gaskomponente uber die Membran hangt von der Partialdruck-differenz des entsprechenden Gases im Feed- und Permeatstrom ab. Diese Differenz erzeugt einKompressor auf der Feedseite und/oder eine Vakuumpumpe auf der Permeatseite (s. Abb. 2.1).

Abbildung 2.1: Aufbau eines einstufigen Membranverfahrens

Die Trennungseigenschaften der Membran hangen von der Permeabilitat, der Membrandicke undder Selektivitat ab. Die Permeabilitat Pi quantifiziert die Durchlassigkeit der Membran fur ein Gasi . Bezogen auf die Membrandicke ergibt sich dadurch die Permeanz Qi = Pi=di . Die Selektivitat�i ;j gibt an mit welchem Faktor zwei verschiedene Gase i und j voneinander getrennt werden, es gilt�i ;j = Pi=Pj .Fur das vorliegende Problem der CO2-Abscheidung benotigt man ein Material, dass einerseits einehohe CO2-Permeanz aufweist um somit viel CO2 vom Feedstrom abzutrennen (Abscheidung). An-dererseits sollte die Membran hohe Selektivitaten des CO2 im Bezug auf andere Bestandteile desFeedstroms aufweisen, um eine moglichst hohe CO2-Reinheit im Permeat zu erreichen. Insbesonderedie CO2=N2- bzw. CO2=O2-Selektivitaten sollen deshalb moglichst hoch sein.Da Permeanzen und Selektivitaten vom Membranmaterial abhangen, werden in dieser Arbeit dreiverschiedene Materialien untersucht. Diese drei Materialien sind Polyphenoloxidase (PPO), Poly-phenyleneoxide (PEO) und sulfoniertes Polyetheretherketon (SPEEK). Wahrend PPO eine hoheCO2-Permeanz aber niedrige CO2/N2- bzw. CO2=O2-Selektivitaten aufweist, zeigt SPEEK ein ge-nau gegensatzliches Verhalten. Die Permeanz und Selektivitat von PEO liegt zwischen diesen beidenMaterialien (s. Tab. 2.1). Alle Materialien haben eine hohe H2O-Permeanz, so dass diese Kompo-nente die Membran vollstandig passiert.

Zur Simulation dieses Prozesses wird ein FORTRAN-Modell in Aspen Plus verwendet, welches durch

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2 Verfahren zur Abtrennung vom Kohlenstoffdioxid aus Kraftwerksrauchgasen

CO2-Abscheidungmit Kompressor mit Vakuumpumpe

� PPO PEO SPEEK PPO PEO SPEEK

2.5 0.15 0.07 0.15 0.15 0.07 0.155 0.45 0.33 0.24 0.47 0.35 0.310 0.91 0.81 0.7 0.92 0.83 0.7515 0.98 0.94 0.9 0.98 0.94 0.920 0.99 0.98 0.95 0.99 0.98 0.95

Tabelle 2.2: CO2-Abscheidung vom Feedstrom in Abhangigkeit vom Druckverhaltnis � und ver-schiedenen Membranmaterialien

CO2-Reinheitmit Kompressor mit Vakuumpumpe

� PPO PEO SPEEK PPO PEO SPEEK

2.5 0.36 0.40 0.42 0.37 0.40 0.435 0.44 0.60 0.69 0.46 0.65 0.7510 0.41 0.63 0.76 0.42 0.64 0.7715 0.36 0.55 0.72 0.36 0.55 0.7220 0.32 0.48 0.65 0.32 0.48 0.65

Tabelle 2.3: CO2-Reinheit vom Permeatstrom in Abhangigkeit vom Druckverhaltnis � und ver-schiedenen Membranmaterialien

experimentelle Daten validiert wurde.Um die CO2-Abscheidung des Membranprozesses zu untersuchen, wird als Parameter das Druckver-haltnis � = pf eed=pperm verwendet.

Der nachste Abschnitt behandelt die Ergebnisse des eingefuhrten Membranmodells in einstufigerAusfuhrung.

2.2.1 Einstufige Membranverfahren

Die Tabellen 2.2 und 2.3 zeigen die aus dem Feedstrom abgeschiedenen CO2-Anteile und die CO2-Reinheit des Permeatstroms in Abhangigkeit vom Druckverhaltnis �. Sie enthalten die Daten furden Fall der Kompression auf der Feedseite und den Fall der Vakuumpumpe auf der Permeatseite.Außerdem sind die drei verschiedenen Membranmaterialien PPO, PEO und SPEEK dargestellt.

Die Auswertung der Ergebnisse fuhrt zu folgenden Schlussfolgerungen:

• Es ist ein Zusammenhang zwischen CO2-Abscheidung und CO2-Reinheit zu erkennen. Hoch-selektive Membranen (SPEEK) erreichen eine hohere Reinheit auf der Permeatseite wahrenddie Abscheidung auf der Feedseite schlechter ist. Bei weniger selektiven, aber dafur hochper-meablen Materialien (PPO) gilt das Gegenteil.Fur die beiden Materialien gelten beispielsweise fur ein, von einer Vakuumpumpe auf der Per-meatseite erzeugten, Druckverhaltnis von � = 5, CO2-Abscheidungen von 0.47 (PPO) bzw.0.3 (SPEEK) und CO2-Reinheit von 0.46 (PPO) bzw. 0.75 (SPEEK).

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2 Verfahren zur Abtrennung vom Kohlenstoffdioxid aus Kraftwerksrauchgasen

• Um eine hohe Reinheit bei gleichzeitig hoher Abscheidung zu erreichen, sind hohe Druckver-haltnisse erforderlich.

• Die geforderte CO2-Reinheit von 95.5% wird nicht erreicht. Sie liegt bei maximal ca. 79%.

Weitere Berechnungen bzgl. Energieverbrauch und spezifischen CO2-Fluss, die in der Dissertationnachgelesen werden konnen, ergeben außerdem:

• Bei Verwendung einer Vakuumpumpe verbleibt der Druck im Feedstrom bei 1 bar und ver-ursacht damit einen relativ großen Volumenstrom uber die Membran. Daraus resultiert derBedarf einer großeren Membranflache.

• Der spezifische Energiebedarf sinkt bei Kompression zunachst mit steigendem Druckverhaltnisund strebt dann gegen einen nahezu konstanten Wert. Bei Verwendung einer Vakuumpumpesteigt der Energiebedarf mit steigendem Druckverhaltnis. Insgesamt benotigt eine Vakuum-pumpe jedoch weniger Energie als eine Kompression.

Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass die geforderte CO2-Reinheit von 95.5% mit einemeinstufigen Membranprozess nicht erreicht werden kann. Die Ergebnisse lassen jedoch die Vermu-tung zu, dass eine Kombination verschiedener Membranmodule und Membranmaterialien bessereErgebnisse liefern. Dies wird im nachsten Kapitel untersucht.

2.2.2 Mehrstufige Membranverfahren

Da die geforderte CO2-Reinheit durch einen einstufigen Membranprozess nicht erreicht werden kann,werden nun mehrstufige Verfahren untersucht. Das mehrstufige Verfahren hat den Vorteil, dass die furdie verschiedenen Materialien charakteristischen Eigenschaften geschickt kombiniert werden konnen.Z.B. kann ein Material mit hoher Permeanz (PPO) dafur sorgen, dass dem Abgasstrom moglichstviel CO2 entnommen wird und ein zweites Material mit hoher Selektivitat (SPEEK) die notigeCO2-Reinheit im Downstream gewahrleisten. Die Modellierung der je einzelnen Stufen wird analogzum einstufigen Verfahren vorgenommen. Zudem gibt es die Moglichkeit abgeschiedene Strome ananderer Stelle wieder einzuspeisen. Die dargestellten Ergebnisse beziehen sich auf ein Verfahren mitRuckfuhrung des Retentatstroms der zweiten Stufe (s. Abb. 2.2).

Zur Charakterisierung und Bewertung des verwendeten Verfahrens werden folgende Indikatoren ver-wendet. Die Indizes 1/2 stehen fur die 1./2. Membranstufe, Std steht fur den Standardprozess ohneCCS:

Abscheidung =_mCO2Permeat2

_mCO2Feed1(Abscheidung)

Spez:Energiebedar f = EnergieGesamt_mCO2Permeat2

(Spezif ischerEnergiebedar f )

AMembranGesamt = A1 + A2 (Gesamtf l �achederMembranen)

KostenCO2V ermeidung = KostenStromCCS�KostenStromStdEmissionStd�EmissionCCS

(CO2 � V ermeidungskosten)

Zur Berechnung der CO2 Vermeidungskosten wurden bestimmte technische und okonomische An-nahmen getroffen. Es gilt fur den Kompressor ein Wirkungsgrad von 0.9, fur die Vakuumpumpe 0.75und der mechanische Wirkungsgrad betragt 0.96.

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2 Verfahren zur Abtrennung vom Kohlenstoffdioxid aus Kraftwerksrauchgasen

Abbildung 2.2: Aufbau des mehrstufigen Membranverfahrens mit Retentate-Ruckfuhrung

Membran Druckdes Feed-stroms1./2.Stufe

CO2-Abscheidung

Energie[kJ=kg]

Flache[Mio:m2]

Kosten[EUR=t]

O2[Mol �

%]

SO2

[ppm]

PPO-PEO

2bar/4bar 44% 1600 0.33 42.5 1.3 670

3bar/4bar 54% 1730 0.27 45.7 1.3 650

4bar/4bar 58% 1780 0.20 47.0 1.4 600

PEO-SPEEK

2bar/4bar 81% 1300 6.00 79.0 1.0 525

3bar/4bar 87% 1400 4.75 68.6 1.1 525

4bar/4bar 90% 1470 4.25 67.5 1.1 520

Tabelle 2.4: Ergebnisse des zweistufigen Membranverfahrens

Der Prozess wird fur die einzelnen Stufen analog zum einstufigen Verfahren mittels eines FORTRANModells und Aspen Plus modelliert und liefert fur verschiedene Materialkombinationen die in Tab. 2.4dargestellten Ergebnisse. Jede Kombination erreicht die geforderte CO2-Reinheit von min. 95.5%.Fur die Membranmaterialkosten wurden 50 EUR=m2 angenommen.

Die Ergebnisse fuhren zu folgenden Schlussfolgerungen:

• Hohere Drucke im Feed wirken sich positiv auf die CO2-Abscheidung und die erforderlicheMembranflache aus. Allerdings erhoht sich dadurch der Energiebedarf und die Abscheidungs-kosten.

• Die Kombination aus PPO-PEO erreicht eine Abscheidung von max. 60%, wahrend PEO-SPEEK 90% bei niedrigerem Energiebedarf erreicht.

• Hochselektive Membranen (SPEEK) erreichen die hohen Abscheidungswerte nur mit großerMembranflache.

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2 Verfahren zur Abtrennung vom Kohlenstoffdioxid aus Kraftwerksrauchgasen

• Die strikten Maximalwerte des Szenario 2 von O2; SO2 und NO im Downstream, konnen auchdurch mehrstufige Membranverfahren nicht eingehalten werden.

Zwar ist ein zweistufiges Membranverfahren in der Lage die geforderte CO2-Reinheit zu erreichen,allerdings ist es nicht moglich die Grenzwerte der Spurengase von Szenario 2 einzuhalten. Aus diesemGrund behandelt das nachste Kapitel ein hybrides Membranverfahren, bei dem die zweite Stufe durcheinen anderen Prozess ersetzt wird.

2.3 Hybride Membranverfahren

Das vorherige Kapitel zur Untersuchung von Membranverfahren fuhrt zu dem Ergebnis, dass dieseVerfahren nur unter bestimmten Umstanden (Szenario 1) geeignet sind. Werden jedoch striktereVorgaben (Szenario 2) im Bezug auf O2; NO und SO2-Konzentrationen gestellt, so ist eine weitereBehandlung des Downstreams erforderlich.Zur Erganzung des Membranverfahrens kommen Absorptions-, Adsorptions- sowie kryogene Separa-tionsverfahren in Frage. Untersuchungen zeigten, dass das chemische Absorptionsverfahren mittelsMEA ein schlechteres Ergebnis liefert als ein alleiniges MEA-Verfahren zur CO2-Abscheidung. Eben-so benotigen physikalische Absorptionsverfahren mehr Energie als ein MEA-Verfahren. PhysikalischeAdsorptionsverfahren benotigen entweder ebenfalls mehr Energie als ein alleiniges MEA-Verfahrenoder benotigen einen technisch zu komplexen Aufbau. Als einziges Verfahren, das eine weitere Unter-suchung rechtfertigt, verbleibt das kryogene Separationsverfahren. Es scheidet das CO2 in flussigerForm ab und kann das flussige CO2 somit effektiv mittels einer Pumpe auf den erforderlichen Druckin der Pipeline bringen, sodass eine energieaufwandige Kompression entfallt. Dieses Verfahren wirdim nachsten Abschnitt untersucht.

2.3.1 Hybrider Membranprozess mit Tieftemperaturverfahren

Wie in Kap.2.2 bereits erwahnt eignen sich Membranverfahren besonders zur Abscheidung desCO2 vom Rauchgas, wahrend konventionelle Verfahren, wie das kryogene Separationsverfahrenbesonders zur CO2-Anreicherung des abgetrennten Stromes geeignet sind.Beim kryogenen Separationsverfahren, auch Tieftemperaturverfahren genannt, wird das CO2 durchAbkuhlung auf ca. 50�C bei Drucken von ca. 50 bar aus der Gasmischung auskondensiert. Esresultiert eine CO2-reiche Flussigkeit und ein CO2-armes Gas (s. Abb. 2.3). Die Einhaltung derGrenzwerte fur O2; NO und SO2 stellt ein sogenannter Abscheider sicher, auf dessen Funktion hiernicht weiter eingegangen wird.

Das in Aspen Plus simulierte FORTRAN-Modell des Prozesses liefert die in Tab. 2.3.1 aufgefuhrtenErgebnisse. Da das Verfahren die geforderte CO2-Reinheit erreicht, gelten die Berechnungen fur eineCO2-Reinheit von >95.5%.

Aus den erzielten Ergebnissen lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen:

• Die geforderte CO2-Reinheit von 95.5% wird problemlos erreicht. Der Einfluss des Druckesauf die CO2-Reinheit sinkt bei hoheren Kompressionen.

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2 Verfahren zur Abtrennung vom Kohlenstoffdioxid aus Kraftwerksrauchgasen

Abbildung 2.3: Prozessbild des hybriden Membranverfahrens mit Tieftemperaturverfahren

Druck des Abgeschiedener CO2-Feedanteil

Feedstroms 0.45 0.55 0.65

1.5 0.86 (1240) 0.72 (1065) 0.48 (1070)

2 0.92 (1325) 0.82 (1160) 0.64 (1115)

2.5 0.945 (1400) 0.88 (1220) 0.74 (1165)

3 0.96 (1475) 0.90 (1290) 0.80 (1225)

3.5 0.965 (1555) 0.92 (1350) 0.83 (1270)

4 0.97 (1615) 0.94 (1405) 0.86 (1310)

Tabelle 2.5: CO2-Abscheidung und der zugehorige spez. Energiebedarf in Abhangigkeit vom Druckdes Feedstroms und dem vom Feed abgeschiedenen CO2-Anteil bezogen auf die Massedes vom Feedstrom abgeschiedenen CO2 in kJ=kg

• Die spezifischen Energiekosten betragen hierfur zwischen 1000 und 1600 kJ=kg.

Dieses Verfahren ist in der Lage die geforderten Bedingungen (Szenario 1 und 2) an den Downstreameinzuhalten. Es stellt sich die Frage nach der Effizienz dieses Prozesses, dessen spez. Energiebedarfzwischen 1000 und 1600 kJ=kg liegt.

2.3.2 Vergleich mit Amin-Absortionsprozess

In der Industrie hat sich insbesondere die Verwendung des Amin-Absorptionsprozesses zur Gasreini-gung durchgesetzt und kann auf das vorliegende Kraftwerksproblem ubertragen werden.Bei diesem Verfahren wird das Rauchgas durch eine chemische Losung (z.B. Monoethanolamin(MEA)) geleitet. Das CO2 wird von dieser Losung gebunden und so aus dem Rauchgas entfernt.Das in der CO2-reichen Aminlosung gebundene CO2 wird im Regenerator durch Erhitzen aus derLosung entfernt und die regenerierte CO2-arme Aminlosung wieder in den Absorber eingespeist. Ausdem Regenerator entweicht das CO2-reiche und aus dem Absorber das CO2-arme Gas (s. Abb. 2.4).

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2 Verfahren zur Abtrennung vom Kohlenstoffdioxid aus Kraftwerksrauchgasen

Abbildung 2.4: Schematische Darstellung des Amin-Absorpitonsprozesses

Dieses Verfahren ist ebenso in der Lage die an den Downstream gestellten Forderungen einzuhalten.Ohne eine Auswertung der Ergebnisse vorzunehmen, sei an dieser Stelle auf die detaillierten Ausfuh-rungen in der Dissertation verwiesen. Als grundlegendes Ergebnis sei der spez. Energiebedarf erwahnt,der im Bereich von ca. 1080 kJ=kg liegt und dabei eine CO2-Abscheidung von bis zu 90% erreicht.Der spez. Energebiedarf ist nahezu konstant und hangt nur marginal vom Druck des Feedstromsoder der CO2-Abscheidung ab. Ein Vergleich zwischen dem untersuchten hybriden Membranverfah-ren und dem Amin-Absorptionsverfahren fuhrt zu dem Schluss, dass das hybride Membranverfahrenbei einer geforderten CO2-Reinheit von bis zu 75% effektiver arbeitet. Bei einer hoheren gefordertenCO2-Reinheit ist das Amin-Absorptionsverfahren, trotz des technisch aufwandigeren Prozessaufbaus,zu bevorzugen.

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3 Zusammenfassung

Die Dissertation”Membrane Gas Separation Process for Post Combustion CO2 Capture from Coal

Fired Power Plants“ von Peter Michael Follmann untersucht den Einsatz von Membranverfahren zurCO2-Abscheidung von Kraftwerksrauchgasen.Zunachst legte der Autor die Randbedingungen des Up- und des Downstream fest, die einerseits vomKraftwerk und andererseits von den Transportbedingungen in einer CO2-Pipeline abhangen. Fur denDownstream wurden zwei Szenarien festgelegt, wobei das zweite Szenario striktere Bedingungen andie Spurengase (SO2; NO;O2) stellt.Auf Basis der einzuhaltenden Bedingungen des Downstream wurden passende Membranmaterialien(PPO, PEO, SPEEK) ausgewahlt.

Die Untersuchungen beschrankten sich zunachst auf den Einsatz eines einstufigen Membranprozes-ses. Die Auswertung ergab, dass sich die CO2-Abscheidung mit steigendem Druck des Feedstromserhoht. Der Prozess erreicht eine hohere CO2-Reinheit, aber eine niedrigere CO2-Abscheidungbei hochselektiven Membranen. Die Verwendung einer Vakuumpumpe verursacht einen großenMembranflachenbedarf, aber gleichzeitig einen niedrigeren spezifischen Energiebedarf. Die maximalzu erreichende CO2-Reinheit liegt bei ca. 79% und damit deutlich unter der geforderten Reinheitvon 95.5%. Damit ist der einstufige Prozess fur das vorliegende Problem ungeeignet.Um die Vorteile der verschiedenen Membranmaterialien individuell zu nutzen, bietet sich die Verwen-dung eines zweistufigen Membranprozesses an. Die Untersuchung dieses Prozesses ergab, dass dieCO2-Reinheit von 95.5% erreicht wird. Zusatzlich zeigten sich Vorteile bzgl. der CO2-Abscheidung,die bei bis zu 90% liegen kann. Bezogen auf die CO2-Vermeidungskosten ist eine Reinheit von80% - 90% erstrebenswert. Diese Werte werden jedoch nur von hochselektiven Membranen mithoher Membranflache erreicht. Das zweistufige Verfahren ist zudem nicht in der Lage die imSzenario 2 an die Spurengase geforderten Grenzwerte einzuhalten. Dieser Abschnitt zeigt, dass eineVerwendung von Membranverfahren zur CO2-Abtrennung aus Kraftwerksrauchgasen unter bestimm-ten Voraussetzung (siehe Szenario 1) zwar moglich sind, bei strikteren Bedingungen jedoch versagen.

Die Membranverfahren zeigen gute Ergebnisse im Bezug auf CO2-Abscheidung und CO2-Reinheit.Um gleichzeitig weitere Grenzwerte, wie die der Spurengase SO2; NO und O2, einzuhalten, bedarfes einer weiteren Gasbehandlung. Der einstufige Membranprozess wird dazu mit einem kryogenenSeparationsverfahren erganzt. Die Membranstufe erreicht in diesem Prozess eine Abscheidung vonbis zu 50% des CO2. Das Separationsverfahren gewahrleistet die Einhaltung aller Grenzwerte.Insgesamt konnen mit diesem Verfahren beide Szenarien eingehalten werden und es ergeben sichspezifische Energiekosten von 1000-1600 kJ=kg.Schließlich wird das hybride Membranverfahren mit dem Amin-Absorptionsprozess verglichen.Dieses hat sich in der Gasreinigung bewahrt und liefert ebenfalls fur das vorliegende Problem gute

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3 Zusammenfassung

Ergebnisse. Es halt alle geforderten Randbedingungen ein und erreicht eine CO2-Abscheidung vonbis zu 90% bei spezifischen Energiekosten von ca. 1080 kJ=kg. Bezogen auf die Energiekosteneignet sich das Amin-Absorptionsverfahren ab einer geforderderten CO2-Reinheit von 75%. Darunterarbeitet das hybride Membranverfahren effektiver.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass fur das vorliegende Problem das einstufige Membranver-fahren ungeeignet ist. Weiterhin eignet sich das zweistufige Membranverfahren nur unter bestimmtenBedingungen (Szenario 1). Die beiden letzten Verfahren sind geeignet, wobei die Effizienz von dergeforderten CO2-Abscheidung abhangt.

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