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DOI: 10.1007 /s00350-006-1730-7 Verfolgung von Wettbewerbsverstößen durch Zahnärztekammer UWG § 8 Abs. 3 Nr. 2 Eine Kammer freier Berufe ist befugt, Wettbewerbs- verstöße von Kammerangehörigen oder deren Wett- bewerbern im Zivilrechtsweg zu verfolgen. Gegen Wettbewerbsverstöße von Kammerangehörigen kann sie in dieser Weise grundsätzlich auch dann vorgehen, wenn sie berechtigt ist, zur Beseitigung berufswidriger Zustände belastende Verwaltungsakte zu erlassen. Vor ihrer Entscheidung hat die Kammer dann allerdings abzuwägen, ob das Vorgehen im Zivilrechtsweg ange- messen erscheint und nicht unverhältnismäßig in die Berufsausübungsfreiheit des betroffenen Kammerange- hörigen eingreift. BGH, Urt. v. 6. 4. 2006 – I ZR 272 /03 (OLG Düsseldorf) Problemstellung: ärzte- und Zahnärztekammern beschreiten bei Berufsrechtsverstößen ihrer Mitglieder meist den Weg über das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, mahnen ihre Mitglieder kostenpflichtig ab und beantragen einstweilige Verfügungen. Es ist frag- lich, ob ärztekammern als Berufsvertretungen nach §13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. überhaupt klagebefugt sind, weil sie nicht die gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder geltend machen. Es ist nicht Aufgabe von ärztekam- mern, wirtschaftliche Interessen wahrzunehmen und zu fördern. Darüber hinaus ist fraglich, ob ärztekammern je- denfalls dann über den Weg des UWG zu einer schnel- len einstweiligen Verfügung gelangen dürfen, wenn sie – wie in Nordrhein – nach §6 Heilberufsgesetz NRW belastende Verwaltungsakte selbst erlassen kön- nen oder nach §58 Abs. 4 der Präsident das Recht hat, Kammerangehörige abzumahnen. Das OLG Düsseldorf hat die Kostenlast für die ärzte und Zahnärzte durchaus gesehen und den Kammern die Klagebefugnis abgespro- chen. Nachdem zwischenzeitlich jedoch das BVerfG den Kammern die Klagebefugnis grundsätzlich zugestanden hat, wird nunmehr nach der Zurückverweisung durch den BGH das OLG abzuwägen haben, ob das Vorge- hen im Zivilrechtsweg angemessen ist und nicht unver- hältnismäßig in die Berufsausübungsfreiheit des Arztes eingreift. Zum Sachverhalt: Der Bekl. ist Zahnarzt und Kammerange- höriger der Kl., der Zahnärztekammer Nordrhein. Die Kl. hat den Briefkopf des Bekl. u.a. wegen der Verwendung des Begriffs „Zahn- ärztliche Praxisgemeinschaft“ als wettbewerbswidrig beanstandet. Dieser Begriff könne – gerade in seiner konkreten Verwendung im Briefkopf – mit der Bezeichnung „Gemeinschaftspraxis“ verwechselt werden. Eine „Zahnärztliche Praxisgemeinschaft“ beschränke sich jedoch auf die gemeinsame Benutzung von Räumen und/oder Gerä- ten und den gemeinsamen Einsatz von Hilfspersonal. Die Kl. hat vor dem LG beantragt, den Bekl. unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäft- lichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung bestimmten Briefbögen folgende Zusätze zu führen: a) „Zahnärztliche Praxisgemeinschaft“ b) folgendes Wort-Bild-Zeichen Der Bekl. hat die Gestaltung seines Brief- kopfs als wettbewerbsgemäß verteidigt. Die Kl. sei zudem nicht befugt, wettbewerbsrechtliche Ansprüche gegen ihn geltend zu machen. Das LG hat die Klage abgewiesen, soweit sie gegen die Benutzung der Bezeichnung „Zahnärztliche Praxisgemeinschaft“ gerichtet war, und ihr im Übrigen stattgegeben. Gegen dieses Urt. haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Kl. hat dabei ihren Unterlassungsantrag nur noch beschränkt auf die Benutzung des konkret verwendeten Briefbogens weiterverfolgt. Auf die Berufung des Bekl. hat das Berufungsgericht die Klage unter Zurückweisung der Berufung der Kl. abgewiesen. Die Re- vision gegen sein Urt. hat das Berufungsgericht beschränkt auf die Entscheidung über den Berufungsantrag der Kl. zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgte die Kl. ihren Berufungsantrag weiter. Der Bekl. beantragte, die Revision zurückzuweisen. Aus den Gründen: A. Das Berufungsgericht hat den Antrag der Klägerin abgewiesen, dem Bekl. zu verbieten, den konkret beanstandeten Briefkopf zu verwenden. Der Bekl. werbe zwar irreführend, wenn er auf seinem Brief- bogen die Bezeichnung „Zahnärztliche Praxisgemein- schaft“ verwende. Die Kl. sei aber nicht nach §13 Abs. 2 Nr. 2 UWG (a.F.) befugt, aus diesem Grund gegen den Bekl. als ihr Mitglied einen wettbewerbsrechtlichen An- spruch geltend zu machen. Es sei fraglich, ob der Kl. nicht schon deshalb die Klagebefugnis abzusprechen sei, weil der Bundesgesetzgeber nach der Zuständigkeitsordnung des Grundgesetzes nicht befugt sei, die öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen einer Zahnärztekammer und ihren Angehörigen zu regeln, soweit die allgemeinen Berufs- pflichten betroffen seien. Die Kl. sei jedenfalls nicht kla- gebefugt, weil sie gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 6 HeilBerG NRW berufswidrigem Verhalten eines Kammerangehörigen auch ohne Einschaltung der Gerichte durch eine Untersagungs- verfügung begegnen könne. Dementsprechend fehle es ihr für ein Vorgehen vor den Zivilgerichten auch an einem Rechtsschutzbedürfnis; zumindest sei ein solches Vorgehen unverhältnismäßig. Der Erlass einer Untersagungsverfü- gung wäre einfacher gewesen und hätte den Bekl. weniger mit Kosten belastet. Die Entscheidung der Kl. für das zivil- rechtliche Vorgehen sei zudem ermessensfehlerhaft. B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Kl. hat Erfolg. I. Die Kl. ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts für den geltend gemachten, auf §§ 3, 5 UWG (§ 3 UWG a. F.) gestützten wettbewerbsrechtlichen Anspruch klagebefugt. 1. Die Kl. war als berufsständische Vertretung der Zahn- ärzte (§§1,6 HeilBerG NRW) bei Klageerhebung gemäß §13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. befugt, Wettbewerbsverstö- ße zu verfolgen, die von ihren Kammerangehörigen oder deren Wettbewerbern begangen werden (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.2003 – I ZR 167/01 –, GRUR 2004, 164, 165 = WRP 2004, 221 – Arztwerbung im Internet, m.w.N.). Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren Wett- bewerb (UWG) v. 3.7.2004 ergibt sich ihre Klagebefugnis aus §8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, der – wie zuvor §13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. – auch die prozessuale Klagebefugnis re- gelt (BGH, Urt. v. 27.1.2005 – I ZR 146/02 –, GRUR 2005, 689f. = WRP 2005, 1007 – Sammelmitgliedschaft III; Urt. v. 23.2.2006 – I ZR 164/03 –, Umdruck S. 7 – Blutdruckmessungen, m.w.N.). Diese Neuregelung sollte nichts an der Befugnis der Kammern freier Berufe ändern, wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend zu machen. In § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG wurde dies durch die ausdrückliche Benennung von Verbänden zur Förderung „selbstständiger beruflicher Interessen“ klargestellt (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, Stellungnahme des Bundesrates und Gegen- äußerung der Bundesregierung, BT-Dr. 15/1487, S. 23, 33 und 42; vgl. weiter BGH, Urt. v. 30.9.2004 – I ZR MedR 2006, Heft 8 477 RECHTSPRECHUNG

Verfolgung von Wettbewerbsverstößen durch Zahnärztekammer

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Page 1: Verfolgung von Wettbewerbsverstößen durch Zahnärztekammer

DOI: 10.1007 /s00350-006-1730-7

Verfolgung von Wettbewerbsverstößen durch Zahnärztekammer

UWG § 8 Abs. 3 Nr. 2

Eine Kammer freier Berufe ist befugt, Wettbewerbs-verstöße von Kammerangehörigen oder deren Wett-bewerbern im Zivilrechtsweg zu verfolgen. Gegen Wettbewerbsverstöße von Kammerangehörigen kann sie in dieser Weise grundsätzlich auch dann vorgehen, wenn sie berechtigt ist, zur Beseitigung berufswidriger Zustände belastende Verwaltungsakte zu erlassen. Vor ihrer Entscheidung hat die Kammer dann allerdings abzuwägen, ob das Vorgehen im Zivilrechtsweg ange-messen erscheint und nicht unverhältnismäßig in die Berufsausübungsfreiheit des betroffenen Kammerange-hörigen eingreift.BGH, Urt. v. 6. 4. 2006 – I ZR 272 /03 (OLG Düsseldorf)

Problemstellung:ärzte-undzahnärztekammernbeschreiten bei Berufsrechtsverstößen ihrer Mitgliedermeist denWegüberdasGesetz gegendenunlauterenWettbewerb,mahnenihreMitgliederkostenpflichtigabundbeantrageneinstweiligeVerfügungen.es ist frag-lich,obärztekammernalsBerufsvertretungennach§13Abs.2Nr.2uWGa.f.überhauptklagebefugtsind,weilsie nicht die gewerblichen Interessen ihrer Mitgliedergeltend machen. es ist nicht Aufgabe von ärztekam-mern,wirtschaftlicheInteressenwahrzunehmenundzufördern.

Darüber hinaus ist fraglich, ob ärztekammern je-denfallsdannüberdenWegdesuWGzueinerschnel-len einstweiligen Verfügung gelangen dürfen, wennsie – wie in Nordrhein – nach §6 HeilberufsgesetzNRWbelastendeVerwaltungsakte selbst erlassenkön-nenodernach§58Abs.4derPräsidentdasRechthat,Kammerangehörigeabzumahnen.DasOLGDüsseldorfhatdieKostenlastfürdieärzteundzahnärztedurchausgesehenunddenKammerndieKlagebefugnisabgespro-chen.NachdemzwischenzeitlichjedochdasBVerfGdenKammerndieKlagebefugnisgrundsätzlichzugestandenhat,wirdnunmehrnachderzurückverweisungdurchdenBGHdasOLG abzuwägen haben, ob dasVorge-henimzivilrechtswegangemessenistundnichtunver-hältnismäßigindieBerufsausübungsfreiheitdesArzteseingreift.

Zum Sachverhalt: Der Bekl. ist zahnarzt und Kammerange-hörigerderKl.,derzahnärztekammerNordrhein.DieKl.hatdenBriefkopfdesBekl.u.a.wegenderVerwendungdesBegriffs„zahn-ärztliche Praxisgemeinschaft“ als wettbewerbswidrig beanstandet.DieserBegriffkönne–geradeinseinerkonkretenVerwendungimBriefkopf–mitderBezeichnung„Gemeinschaftspraxis“verwechseltwerden.eine „zahnärztlichePraxisgemeinschaft“ beschränke sichjedochaufdiegemeinsameBenutzungvonRäumenund/oderGerä-tenunddengemeinsameneinsatzvonHilfspersonal.

DieKl.hatvordemLGbeantragt,denBekl.unterAndrohungvonOrdnungsmittelnzuverurteilen,eszuunterlassen,imgeschäft-lichenVerkehrzuWettbewerbszweckeninimzusammenhangmitseinerBerufsausübungbestimmtenBriefbögenfolgendezusätzezuführen:

a)„zahnärztlichePraxisgemeinschaft“b)folgendesWort-Bild-zeichenDer Bekl. hat die Gestaltung seines Brief-

kopfsalswettbewerbsgemäßverteidigt.DieKl.sei zudem nicht befugt, wettbewerbsrechtlicheAnsprüchegegenihngeltendzumachen.

DasLGhatdieKlageabgewiesen,soweitsiegegendieBenutzungderBezeichnung„zahnärztlichePraxisgemeinschaft“gerichtetwar,undihrimÜbrigenstattgegeben.

Gegendiesesurt.habenbeideParteienBerufungeingelegt.DieKl.hatdabeiihrenunterlassungsantragnurnochbeschränktaufdieBenutzungdeskonkretverwendetenBriefbogensweiterverfolgt.

AufdieBerufungdesBekl.hatdasBerufungsgerichtdieKlageunter zurückweisung der Berufung der Kl. abgewiesen. Die Re-visiongegenseinurt.hatdasBerufungsgerichtbeschränktaufdieentscheidungüberdenBerufungsantragderKl.zugelassen.

MitihrerRevisionverfolgtedieKl.ihrenBerufungsantragweiter.DerBekl.beantragte,dieRevisionzurückzuweisen.

Aus den Gründen: A.DasBerufungsgerichthatdenAntragderKlägerinabgewiesen,demBekl.zuverbieten,denkonkretbeanstandetenBriefkopfzuverwenden.DerBekl.werbezwarirreführend,wenneraufseinemBrief-bogen die Bezeichnung „zahnärztliche Praxisgemein-schaft“verwende.DieKl.seiabernichtnach§13Abs.2Nr.2 uWG (a.f.) befugt, aus diesem Grund gegen denBekl. als ihrMitglied einenwettbewerbsrechtlichenAn-spruchgeltendzumachen.esseifraglich,obderKl.nichtschondeshalbdieKlagebefugnisabzusprechensei,weilderBundesgesetzgeber nach der zuständigkeitsordnung desGrundgesetzesnichtbefugt sei,dieöffentlich-rechtlichenBeziehungenzwischeneinerzahnärztekammerundihrenAngehörigen zu regeln, soweit die allgemeinen Berufs-pflichtenbetroffen seien.DieKl. sei jedenfallsnichtkla-gebefugt,weilsiegemäߧ6Abs.1Nr.6HeilBerGNRWberufswidrigemVerhalteneinesKammerangehörigenauchohneeinschaltungderGerichtedurcheineuntersagungs-verfügungbegegnenkönne.Dementsprechendfehleesihrfür ein Vorgehen vor den zivilgerichten auch an einemRechtsschutzbedürfnis;zumindestseieinsolchesVorgehenunverhältnismäßig. Der erlass einer untersagungsverfü-gungwäreeinfachergewesenundhättedenBekl.wenigermitKostenbelastet.DieentscheidungderKl.fürdaszivil-rechtlicheVorgehenseizudemermessensfehlerhaft.

B.DiegegendieseBeurteilunggerichteteRevisionderKl.haterfolg.

I.DieKl.istentgegenderAnsichtdesBerufungsgerichtsfürdengeltendgemachten,auf§§3,5uWG(§3uWGa.f.)gestütztenwettbewerbsrechtlichenAnspruchklagebefugt.

1.DieKl.waralsberufsständischeVertretungderzahn-ärzte(§§1,6HeilBerGNRW)beiKlageerhebunggemäߧ13Abs.2Nr.2uWGa.f. befugt,Wettbewerbsverstö-ßezuverfolgen,dievonihrenKammerangehörigenoderderenWettbewerbernbegangenwerden (vgl.BGH,urt.v.9.10.2003–IzR167/01–,GRuR2004,164,165=WRP2004,221–ArztwerbungimInternet,m.w.N.).seitdemInkrafttretendesGesetzesgegendenunlauterenWett-bewerb(uWG)v.3.7.2004ergibtsichihreKlagebefugnisaus §8 Abs.3 Nr.2 uWG, der – wie zuvor §13 Abs.2Nr.2uWGa.f.–auchdieprozessualeKlagebefugnisre-gelt (BGH,urt.v.27.1.2005–IzR146/02–,GRuR2005,689f.=WRP2005,1007–sammelmitgliedschaftIII;urt.v.23.2.2006–IzR164/03–,umdrucks.7–Blutdruckmessungen,m.w.N.).DieseNeuregelungsolltenichtsanderBefugnisderKammernfreierBerufeändern,wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend zu machen. In§8Abs.3Nr.2uWGwurdediesdurchdieausdrücklicheBenennungvonVerbändenzurförderung„selbstständigerberuflicher Interessen“ klargestellt (vgl. Begründung desRegierungsentwurfseinesGesetzesgegendenunlauterenWettbewerb,stellungnahmedesBundesratesundGegen-äußerung der Bundesregierung, Bt-Dr. 15/1487, s.23,33und 42; vgl.weiterBGH,urt. v. 30.9.2004 – IzR

MedR2006,Heft8 477

R e C H t s P R e C H u N G

Page 2: Verfolgung von Wettbewerbsverstößen durch Zahnärztekammer

89/02–,GRuR2005,436=WRP2005,602–steuer-berater-Hotline; Bergmann, in: Harte/Henning [Hrsg.],uWG,§8,Rdnr.275;Büscher,in:fezer[Hrsg.],uWG,§8,Rdnr.197;Köhler,in:Hefermehl/Köhler/Bornkamm,Wettbewerbsrecht,24.Aufl.,§8uWG,Rdnr.3.33;Me-ckel,in:HK/WettbR,§8uWG,Rdnr.103).

2. Die Anwendung des §8 Abs.3 Nr.2 uWG (§13Abs.2Nr.2uWGa.f.)aufKammernfreierBerufeschei-tert – entgegen den Bedenken des Berufungsgerichts –nichtdaran,dassderBundesgesetzgeberfürdasRechtderHeilberufenureinebegrenzteGesetzgebungszuständigkeithat.DerBundhatnachArt.73Nr.9GGdieausschließ-licheGesetzgebungüberdengewerblichenRechtsschutz,zudemdasRechtdesunlauterenWettbewerbsgehört,undgemäßArt.74Abs.1Nr.1GGdiekonkurrierendeGesetz-gebungfürdasgerichtlicheVerfahren.Diesezuständigkei-tenumfassendasRecht,dieallgemeinenVoraussetzungenderKlagebefugnisfürwettbewerbsrechtlicheAnsprüchezuregeln.DiesesRecht hat derBundesgesetzgeber u.a. da-durchausgeübt,dasserin§8Abs.3Nr.2uWG„rechtsfä-higenVerbändenzurförderunggewerblicheroderselbst-ständigerberuflicherInteressen“dieBefugnisgegebenhat,wettbewerbsrechtlicheAnsprüchegeltendzumachen.Diezuständigkeit, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zuschaffen,dassbestimmteKammernfreierBerufeindiesemsinnrechtsfähigeVerbändezurförderungselbstständigerberuflicher Interessen sind, steht dem Landesgesetzgeberzu. IndieseBefugnisgreiftdieallgemeineRegelungdes§8Abs.3Nr.2uWGnicht ein. sie erweitert nicht diematerielle Überwachungsbefugnis der Kammern gegen-überihrenKammerangehörigen,sonderneröffnetnurdenWegeinerunterlassungsklagezurDurchsetzungderBe-rufspflichten(vgl.BVerfGe111,366,375=WRP2005,83,85).

3.DieBefugnisderKl.aus§8Abs.3Nr.2uWG(§13Abs.2Nr.2uWGa.f.),wettbewerbsrechtlicheAnsprücheauchgegenihreKammerangehörigengeltendzumachen,istentgegenderAnsichtdesBerufungsgerichtsnichtvonvornhereindadurch ausgeschlossen, dass dieKl. nach§6Abs.1Nr.6HeilBerGNRWberechtigt ist,dienotwen-digenMaßnahmenzurBeseitigungberufswidrigerzustän-dezutreffenundhierzuauchbelastendeVerwaltungsaktezu erlassen (vgl. dazu BVerwG, DVBl. 2003, 729, 730).DieMöglichkeit, imzivilrechtsweggegenberufswidrigeWerbung von Kammerangehörigen vorzugehen, stehtgrundsätzlichnebendenBefugnissen,diederKl.alsKam-mer gegenüber ihrenKammerangehörigen zustehen.eindurchgreifenderGrund,warumsichdieKl.grundsätzlichvorrangigfürdeneinenoderdenanderenWegentscheidenmüsste, besteht nicht. Die Kl. kann schon deshalb nichtohne weiteres auf das ergreifen berufsrechtlicher Maß-nahmenverwiesenwerden,weilihrmitderzuerkennungwettbewerbsrechtlicher unterlassungsansprüche, die keinVerschulden voraussetzen, ein vergleichsweise einfacherundschnellerWegzurunterbindungberufswidrigenVer-haltenszurVerfügunggestelltist.VorihrerentscheidunghatdieKl.allerdingsabzuwägen,obdasVorgehenimzi-vilrechtsweg angemessen erscheint und nicht unverhält-nismäßig in die Berufsausübungsfreiheit des betroffenenKammerangehörigeneingreift(vgl.BVerfGe111,366,377=WRP2005,83,86;BGH,urt.v.25.10.2001–IzR29/99–,GRuR2002,717,718=WRP2002,679–Ver-tretungderAnwalts-GmbH).

4. Die Ausübung der Klagebefugnis einer KammerfreierBerufeaus§8Abs.3Nr.2uWGistgrundsätzlichnicht unverhältnismäßig, wenn sie darauf abzielt, einenachAnsichtderKammerunlautereWerbungeinesKam-merangehörigen zuunterbinden (vgl.BVerfGe111,366,378=WRP2005,83,86f.).DiesgiltinbesondererWeisebei irreführendenWerbeangaben,dadiesegeeignet sind,

den lauterenWettbewerbzumNachteilderMitbewerberund Verbraucher zu beeinträchtigen (§§3, 5 uWG) unddasAnsehenderBerufsgruppezuschädigen,unddeshalbmöglichstraschundwirksamunterbundenwerdenmüssen.NurunterbesonderenumständenkönnteeinVorgehenimzivilrechtswegwegeneinessolchenWettbewerbsverstoßesalsunverhältnismäßigzubeurteilenunddementsprechenddasRechtsschutzbedürfniszuverneinensein.

II.Dersenatistaneinereigenensachentscheidungge-hindert.DasBerufungsgerichthatdersachenacheinPro-zessurteilerlassen,weilesdieKlagebefugnisderKl.unddasRechtsschutzbedürfnisfürdieKlageverneinthat.DiezurBegründetheitderKlagegemachtenAusführungengeltendeshalbalsnichtgeschriebenundsindvomRevisionsge-richtnichtzubeachten(vgl.BGHz11,222,223f.;46,281,284f.;BGH,urt.v.29.9.1993–VIIIzR107/93–,WM1994,76,77;Gummer,in:zöller,zPO,25.Aufl.,§563,Rdnr.11,jew.m.w.N.).

(Eingesandt und bearbeitet von Rechtsanwalt Uwe H. Hohmann, Richmodstraße 10, D-50667 Köln)

Haftung des Arztes für fehlerhafte Hilfe am Unfallort

BGB §§ 276 Abs. 2, 662, 823

1. Offenbart ein Arzt, der zufällig am Unglücksort anwesend ist und einem Unfallopfer Erste Hilfe leistet, seinen Beruf, lässt dies noch nicht den Rückschluss auf den Abschluss eines Behandlungsvertrages mit dem Unfallopfer oder anwesenden Angehörigen zu.

2. Dem Arzt kommt in dieser Situation – ebenso wie jedem Dritten – das Haftungsprivileg des § 680 BGB zugute. Die im Arzthaftungsrecht entwickelten Grund-sätze zur Beweislastumkehr bei groben Behandlungs- oder Diagnosefehlern finden keine Anwendung.OLG München, Urt. v. 6. 4. 2006 – 1 U 4142 /05 (LG Traunstein)

Problemstellung: Nach einem allgemeinenRechtsgedanken soll der entschluß, einem Mitbürgeraus dringender Gefahr zu helfen, u.a. dadurch geför-dert werden, dass der Nothelfer in gewissemumfangvon der Haftung für schädigungen des Hilfebedürf-tigen aus seinem spontanen, nicht abgewogenen ein-greifenfreigestelltwird:abweichendvondergenerelleneinstandspflichtfürjede,auchnurleichtefahrlässigkeithatergemäߧ680BGBvertraglichwiedeliktsrechtlichnurVorsatzundgrobefahrlässigkeitzuvertreten.AufHelfer,derenBerufdieRettungausNotlagenist–Po-lizei,feuerwehr,Rettungssanitäter,auch:NotärzteimRettungseinsatz–,passtderderHaftungsfreistellungzu-grundeliegendeschutzgedankenicht;siesindfürsolcheeinsätzegeschultundmüssendiesituationprofessionellangehen. für sie legt deshalb derBGHden allgemei-nensorgfaltsmaßstaban,angepasstnatürlichandiebe-schränktenBedingungenvorOrt.undausdemselbenGrundkannsichkeinArzt,derseinenPatientenfalschbehandelt,durch§680BGBentlastenalleinmitderBe-rufungdarauf,dassseinPatientschwerkrankwarundesumseineerrettungausLebensgefahrging.

AbergiltdasauchfüreinenArzt,derwieimstreit-fall beruflich auf die Wiederbelebung von ins WassergefallenenKindernnichtvorbereitetseinmußundnurzufällig andieunfallstellekommt,der sichalso inso-weit von dem hilfreichen Jedermann nur durch seinmedizinischesGrundwissenunterscheidet,dasabermit

Rechtsprechung478  MedR2006,Heft8