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VERLAGSBEILAGE - Salzburg · Helmut Lachenmann lässt in seinem „Accanto“ insgeheim ein Band mit Mozarts Klarinet-tenkonzert mitlaufen. Und Hans Zender hat für sich die Spezies

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II SALZBURG BIENNALE SAMSTAG, 23. FEBRUAR 2013 III

Musik über MusikPalimpsest. Viele zeitgenössische Komponistenwollen sich mit Werken der Tradition schöpferischauseinandersetzen. Das Thema der SalzburgBiennale trägt dem Rechnung: Überschreibung.

KARL HARB

SALZBURG (SN). Im Mittelalterwar Pergament ein kostbaresGut. Das zumeist aus den Tier-häuten neugeborener Ziegenoder Lämmer hergestellte undbearbeitete Material hatte be-deutsame Vorteile: glatte Ober-fläche, Festigkeit, Dauerhaftig-keit und helle Farbe, auf dersich die Tinten gut abzeichne-ten. Diese Beschriftung ließsich aber auch leicht wiederentfernen, sodass das Perga-ment wiederverwertet, neu be-schrieben werden konnte. Die-se „Abkratzung“ nennt man mitdem griechischen Begriff: Pa-limpsest.

Etwas zu überschreiben, zuübermalen, ohne die Grund-spuren ganz auslöschen zu kön-nen, wird in der Kunst zu ei-nem probaten Mittel. Das Neueentsteht aus der Spannung zwi-schen den verschiedenenSchichten, aus der Durchlässig-keit des Alten auf das Neue hin.Übermalung kann akzentuie-ren, was gewesen ist, dadurchaber zugleich Verborgenes mitaktueller Bedeutung aufladen.Arnulf Rainers bedeutsamesbildnerisches Werk macht, ge-rade im Verhüllen wie im Ent-decken, darauf effizient auf-merksam.

Auch in der Musik gibt es„Musik über Musik“. Das kannganz klassisch ein Thema sein,dem ein Komponist mit Varia-tionen immer neue Facettenund Beleuchtungen abgewinnt.Das kann, in der barocken Mu-sik, das sogenannte Parodiever-fahren sein, wenn einer beste-henden Musik ein neuer Text„unterlegt“ wird. Bach über-schrieb derart viele seiner Wer-ke und Mozart verwandelte sei-ne c-Moll-Messe in die weltli-che Kantate „Davidde peniten-te“.

In der Moderne haben dieVerfahren der Weiter- oderÜberschreibung, der Klang-übermalung und somit Neuaus-deutung vielerlei Gestalt ange-nommen. Bei der Salzburg Bi-ennale wird man beispielswei-se in den „Lezioni di tenebra“von Lucia Ronchetti Vokalstim-men hören, die so klingen, alsob sie vom italienischen Meis-ter des 17. Jahrhunderts Fran-cesco Cavalli komponiert wor-den wären, aber er schimmertgleichsam nur im Werk der 50-jährigen Komponistin durch,das wiederum selbst auf feine,filigrane klangliche Parametervon „italienischem Flair“ auf-baut, subtil, schwebend, leicht.So werden Brücken über Jahr-hunderte geschlagen.

Helmut Lachenmann lässt inseinem „Accanto“ insgeheimein Band mit Mozarts Klarinet-tenkonzert mitlaufen. UndHans Zender hat für sich dieSpezies der „komponierten In-terpretation“ entdeckt. Schu-berts „Winterreise“, als be-rühmtestes Beispiel, ist nichteinfach nur orchestriert, son-dern mit den eigenen komposi-torischen Mitteln neu interpre-tiert. In Salzburg wird das Ver-fahren auf Beethovens Diabel-li-Variationen angewendet – diewiederum, quasi als Referenzund imaginäres Spiegelbild, Pa-te gestanden haben für die 36kapitalen Variationen „ThePeople United Will Never BeDefeated!“ von dem US-Ameri-kaner Frederic Rzewski.

Man kann musikalisch Wor-te, Sätze, Texte überschreiben,sezieren, dekonstruieren undneu zusammensetzen, ob mitsemantischem Sinn oder nur alsMetapher, man kann Instru-mente „löschen“ oder betonen,man kann in eigenen WerkenZitate aus der Musikgeschichtemehr oder minder unverhohlenansprechen oder verbergen.

Unsere Erinnerung löschtnichts aus, der ganze Fundus an„Geschichte“ ist in uns verfüg-bar. Die Kunst treibt ein Spiel,diese Schätze zu heben, zu ver-schlüsseln – und damit letztlichimmer neu zu deuten.

Die Salzburg Biennale lädtdazu ein, dieses spannendeSpiel und seine mannigfachenVarianten offenen Ohrs undSinns mitzumachen.

AUSSTELLUNG

Joan HernándezPijuanEinem der bedeutendsten spa-nischen Maler des 20. Jahrhun-derts, Joan Hernández Pijuan,widmet die Galerie Mario Mau-roner in Salzburg eine Ausstel-lung zur Salzburg Biennale.„Seine abstrakte Malerei be-steht zumeist aus vielenSchichten immer wieder über-malter Formationen“, sagt derGalerist. Das Thema Palimpsestist hier also malerisch konkretins Bild gesetzt. Auch daskünstlerische Leben Pijuans be-stimmten die Aspekte Erinnernund Vergessen, Verschwindenund Wiederaufleuchten. Die Il-lustrationen dieser Seite stam-men aus der Ausstellung.Vernissage: 2. März, 11 Uhr

Heike Hoffmann

Zum zweiten Mal nach 2011 lei-tet Heike Hoffmann die künst-lerischen Planungen der Salz-burg Biennale.

SN: Was ist das Besonderean der Salzburg Biennale?

Hoffmann: Die Salzburg Bien-nale mit ihrem dichten Pro-gramm bietet die Möglichkeit,intensiv in die Musik der Ge-genwart einzusteigen und inungewöhnlichen Aufführungs-situationen spannende Klang-erfahrungen zu machen. Dabeisetze ich nicht einseitig auf Ur-aufführungen, sondern zeigemit einem dramaturgischdurchdachten Programmkon-zept Kontinuität und Brüche inder jüngeren Musikgeschichteauf und schlage Brücken zuTheater, Literatur und bilden-der Kunst. Jede einzelne Pro-duktion hat ihre sinnliche Spe-zifik und wird begeistern, dasGanze wiederum ist mehr alsdie Summe seiner Teile.

SN: Wie kann die Verankerungder Biennale in Salzburggelingen?

Hoffmann: Um ein Festivalneuer Musik nachhaltig aufzu-stellen, braucht es – das zeigenalle internationalen Erfahrun-gen – ein profiliertes und hoch-klassiges Programm, ein neu-gieriges Publikum, aber auchden Willen zum Erfolg bei allenBeteiligten und einen langenAtem. Neue Musik zieht keinMassenpublikum an, aber siegehört gerade in Salzburg mitseiner großen klassischen Tra-dition unbedingt ins kulturelleSpektrum. Es ist gelungen, Salz-

DREI FRAGEN AN

burger und internationaleKünstler zusammenzuspannenund vielleicht auch Zusammen-arbeit für die Zukunft zu stiften.Viele Partner in der Stadt ha-ben Ideen und Engagement ein-gebracht. Diese Zusammenar-beit gilt es auszubauen undgleichzeitig die Salzburg Bien-nale auf der Landkarte der in-ternationalen Festivals für neueMusik zu positionieren.

SN: Wie beschreiben Siedie Aktualität des Themas„Palimpsest“?

Hoffmann: Wir befinden uns jain einer paradoxen Situation:Einerseits ist durch die neuenMedien mehr Wissen als je zu-vor immer und überall verfüg-bar, andererseits beobachtenwir den zunehmenden Verlustdes kulturellen Gedächtnisses,der Faden zwischen Vergan-genheit und Gegenwart ist viel-fach gerissen. Stärker noch alsin der Literatur und in der bil-denden Kunst scheint mir dasin der Musik der Fall zu sein.Vielleicht auch deshalb gibt esoffenbar bei vielen zeitgenös-sischen Komponisten ein star-kes Bedürfnis, sich mit Werkender Tradition schöpferisch aus-einanderzusetzen, sie dem fort-schreitenden Vergessen zu ent-reißen, aber auch sich des eige-nen Standpunkts zu vergewis-sern.

Die künst-lerischeLeiterin derBiennale.Bild:SN/SALZ-

BURG BIENNALE

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IV SALZBURG BIENNALE SAMSTAG, 23. FEBRUAR 2013 V

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VI SALZBURG BIENNALE SAMSTAG, 23. FEBRUAR 2013 VII

REBECCA SAUNDERS

Penible KlangforscherinSALZBURG (SN-hb). Rebecca Saunders, 1967 in Lon-don geboren, ist sozusagen mitten unter Klavierenaufgewachsen. Beide Eltern sind Pianisten, und so wardas Klavier „allgegenwärtig und allmächtig“. Sieselbst lernte indes Geige, bis sie nach Deutschlandging, um bei Wolfgang Rihm zu studieren. Als Kompo-nistin ist sie eine penible Klang(er)forscherin. Ihrenneben dem Klavier zur Signatur gewordenen Instru-menten wird man auch bei der Salzburg Biennale be-gegnen: dem Kontrabass beispielsweise in QUARTETfür Akkordeon, Klarinette, Kontrabass und Klavier,

oder in „fury II“ für Kontrabass und Ensemble, oderden Spieldosen. Diese Klangobjekte spielen in „chro-ma“ eine entscheidende Rolle. Fünf Instrumenten-gruppen verteilen sich mit ihnen im Raum, für denRebecca Saunders das jeweilige entsprechende „Set-ting“ komponiert. Für Salzburg richtet Rebecca Saun-ders die 18. Version als Uraufführung ein: für die Di-mensionen des Karl-Böhm-Saals im Festspielhaus. DieBesucher sollen dabei ihre Position wechseln, um im-mer neue Höreindrücke zu bekommen. „ZwischenKlang und Dunkelheit, Stille und Licht“ changiertSaunders’ vielseitiges Schaffen. Die Komponistin undProfessorin in Hannover lebt heute in Berlin.

VINKO GLOBOKAR

Von zwei Kulturen geprägtSALZBURG (SN-hb). Vinko Globokar wuchs in Tucque-gnieux auf, einem von slowenischen Emigranten ge-prägten Dorf in Lothringen. Der Vater arbeitete alsBergmann und sang im slowenischen Dorfchor. Globo-kar hörte slowenische Volksmusik, erhielt Klavierstun-den bei einem slowenischen Lehrer. In der Schule wur-de er mit der französischen Sprache und Kultur ver-traut: Das Spannungsfeld zwischen zwei Kulturenprägte seine Kindheit. Später lebte Globokar in Lai-bach, wo er als Jazzmusiker debütierte. Ab 1949 stu-dierte Globokar am dortigen Konservatorium Posaune

und wurde ein Jahr später Mitglied des Rundfunk-Jazz-orchesters. 1955 bis 1959 setzte Globokar sein Posau-nenstudium in Paris fort. Er spielte in einer Reihe vonEnsembles und Studio-Orchestern Musik verschiede-ner Stilrichtungen. In Berlin studierte er bei LucianoBerio weiter. 1969 gründete er mit Michel Portal, Car-los Roqué Alsina und Jean-Pierre Drouet das Improvi-sationsensemble New Phonic Art, das mit seinem SpielMaßstäbe setzte. Von 1973 bis 1979 war er am IRCAMin Paris Leiter der Abteilung vokale/instrumentale For-schung. Vor allem der Posaune erschloss Globokar ex-perimentelle Techniken. Davon wird man in seinem„Laboratorium“ für elf Musiker Zeugnis bekommen.

FOCUS KLAVIER

SALZBURG (SN). Wer sich 23Tage lang nur dem Klavier-spielen hingibt, ohne einWort zu sprechen, dafür denRaum, in dem er in dieserZeit auch isst und schläft, fürsPublikum öffnet und es ein-lädt, so lang es möchte, seinGast zu sein, für den kann eswomöglich keine Hexereimehr sein, sich den drei ex-tremen Viertelstunden derSonate von Jean Barraquéauszusetzen. Marino For-menti ist unter manchen Ex-trempianisten unserer Zeitvielleicht der tollkühnste. Im„Focus Klavier“ stellt er sichden haarsträubenden manu-ellen und intellektuellen He-rausforderungen des franzö-sischen Serialisten Barraqué(1928–1973) – und kombiniertdie Mammutsonate mit pia-nistischen Miniaturen von

Schubert, Debussy, Webern. Im„Focus Klavier“ der SalzburgBiennale bleibt Barraqué nichtder einzige Solitär. Vielmehrkann man in den fünf Konzer-ten (mit dem Duo GrauSchuma-cher, mit Nicholas Hodges, Fre-derik Ullén, Stephen Drury undMarino Formenti) weitereSchlüsselwerke anspruchs-vollster Pianistik des 20. Jahr-hunderts hören. Zum Beispieldie kapitale, Bach weiterden-kende „Fantasia contrappuntis-tica“ von Busoni. Oder HelmutLachenmanns „Serynade“ inVerbindung mit StockhausensKlavierstück X. Oder das kaumje gewagte Soloklavierwerkvon Iannis Xenakis („Evryali“),verbunden mit den abenteuer-lichen Etüden von Ligeti. Oderdie legendären, einstündigen36 Variationen von FredericRzewski: „The People United“.

Wenn zehn Fingerkaum noch genügen

„Szenenwechsel“: Heidelbeeren im Kalkwerk

KARL HARB

SALZBURG (SN). Die italienischeKomponistin Lucia Ronchettihat ein barockes Werk, Cavallis„Giasone“, fragmentiert, dasContinuo erweitert und entwi-ckelt und neu komponierte Mu-sik integriert: ein Netzwerk vonOriginal und Novität. Damitsteht sie auf gesichertem histo-rischen Boden, denn gerade diefrühesten Beispiele der Operwaren ja keine auskomponier-ten Werke, sondern – auf einemGrundgerüst von Melodie undBegleitung – stets Herausforde-rungen für schöpferische Inter-preten. In den „Lezioni di te-nebra“ (Lektionen der Finster-nis) operiert Ronchetti mit dendüsteren antiken Schicksalenvon Medea und Jason und ihrerquasi blicklosen, in der „Blind-heit“ stattfindenden Begeg-nung. In den Stimmen von Sop-ran und Countertenor, einemkleinen Vokal- und Instrumen-talensemble fließen barockerAffekt und Ausdrucksgestusmit subtilem „modernen“

Klangfeld zusammen. Dass miteiner „Hommage à Paradis“Gerhard E. Winkler, ClaudiaRohrmoser und Annelie Gahlin „Black Mirrors“ die Erinne-rung an die blinde Maria The-resia von Paradis, ein musikali-sches Wunderkind der Mozart-zeit, aufgreifen und das Traumaihrer vorübergehenden Wun-derheilung, den Schmerz plötz-lichen Sehenkönnens zu einer

„interaktiven Konzertinstalla-tion“ für Violine, Live-Elektro-nik und Video verdichten, ist ei-ne feinsinnige programmati-sche Verzahnung.

Vom (Nicht-)Sehen zum(Nicht-)Hören: Helmut Oeh-ring ist das Kind gehörloser El-tern und hat sich als Komponistdie Welt der Klänge und Geräu-sche erst nach und nach er-obert. In seinen Werken nimmt

der „Klang“ der Gebärde einengleichberechtigten Rang ein,und mit Thomas Bernhardsdrittem Roman, „Das Kalk-werk“, greift er sein Grundthe-ma auf radikale Art neu auf.Konrad hat eine Studie überdas Gehör im Kopf, die er nieniederschreiben wird. Mit sei-ner gelähmten Frau zieht ersich zu einem monströsenExperiment in ein Kalkwerk

zurück. Die Bernhard’scheSprachobsession, der „Klang“der Sprache, ihre formaleSchichtung und Varianz, sindper se „musikalischer“ Aus-druck, die den Komponisten zuneuen akustischen Operatio-nen reizte: eine Studie überLaut und Stille, Einbildung undWahrnehmung.

Wahrnehmung im Raum: Da-rüber arbeitet auch der bilden-

de Künstler Olaf Nicolai in sei-ner „Escalier du chant“. Aufder Treppe des Museums derModerne begegnen dem Besu-cher zwölf vokale Ereignisse,politische Lieder, Zeitkom-mentare, zugeschnitten auf vierVokalsolisten, die der Musik ei-nen ganz speziellen Ort geben.

Auch „Fabula“ von OscarStrasnoy prägt eine eigeneKunst des Fabulierens aus, imWechselspiel zwischen einemCountertenor, der eine Vielfaltan Stilen und eine ganze Palettean Figuren beherrschen muss,und einer Viola d’amore.

In einen Dialog treten in„Danza preparata“ von RuiHorta eine Tänzerin und einPianist, der die „Sonatas andInterludes“ von John Cage amKlavier „aufgelegt“ hat, einvielfältig schillerndes abstrak-tes Farb-Klang-Spiel, dem dieChoreografie einen strengen,gleichwohl spielerischen Ras-ter an Bewegungen anlegt.

Nichts „sehen“ im Sinne ei-ner Erzählung wird man amletzten Biennale-Wochenende.Gleichwohl aber ist MatthiasKauls „Kafkas Heidelbeeren“ebenso Theater wie die Musik-maschinen von Claudine Ba-hem, die der PercussionistJean-Pierre Drouet zu einem„Parcours“ mit Musik von Ge-orges Aperghis arrangiert.

Hier tritt in beiden FällenMusik selbst ins Bild, alsKlangaktion, in der Spielerund/oder Instrument(e) zu Ak-teuren werden.

Musik und Bühne.Neun Ereignisse hat dieSalzburg Biennalevorbereitet, um eineVielfalt an Varianten desMusikalisch-Szenischenvorzustellen.

Eine Szene aus Helmut OehringsMusiktheaterprojekt „Kalkwerk“.

Bild: SN/BIENNALE/PILICK

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VIII SALZBURG BIENNALE SAMSTAG, 23. FEBRUAR 2013

Nacht und FremdeKARL HARB

SALZBURG (SN). Im Gegensatz zu den bisherigenPreisträgern des mit 60.000 Euro dotierten Mu-sikpreises Salzburg (Salvatore Sciarrino, KlausHuber, Friedrich Cerha) ist der Ausgezeichnetedes Jahres 2013, Georg Friedrich Haas, durchausnoch in „Entwicklung“ hin auf ein abgeschlosse-nes Lebenswerk. Es hat also im Preisreigen einWechsel der Generationen stattgefunden.

Die Fachjury, die diesmal den Musikpreis ver-gab (Markus Hinterhäuser, Pierre-LaurentAimard und der Journalist und Dramaturg ClausSpahn), würdigt mit Haas eine der „unverwech-selbaren Persönlichkeiten unter den Komponis-ten der Gegenwart“. Sprache und Stimme desPreisträgers werden international umfassendwahrgenommen und im besten Sinne „verstan-den“. Denn: „Haas zieht sich in seinen Komposi-tionen nicht auf ein geschlossenes System zurückund gibt sich mit dem einmal Entwickelten undErreichten zufrieden, sondern stellt, geprägt vonSkepsis gegenüber jeder Form von Dogmatik, diezentralen Fragen nach Klang, Form und Strukturin seinem Werk immer wieder neu.“ So heißt esin der Begründung der Jury, die weiters beson-ders den „untrüglichen Klangsinn“ dieses Kom-ponisten würdigt. Er bringe Werke hervor, die

„für den Hörer auf unmittelbare Weise erfahr-bar“ würden.

Dabei lässt sich der 1953 in Graz geboreneKomponist weder in Gattung noch Stil einengen.Ob in seinen Opern (von „Adolf Wölfli“ über„Nacht“, „Melancholia“ bis zu „Das Bluthaus“),in großen Ensemblestücken („In vain“) oder prä-zisen Kammermusikwerken (3. Streichquartett„in iij. Noct“, in völliger Dunkelheit zu spielen):Immer ist eine eigenständige, substanzielle Notezu erleben. Dabei spielt die intensive Nutzungder Mikrointervallik eine besondere Rolle, umdas tradierte zwölftönige System aufzubrechenund zu erweitern. Haas spreizt den Klangraumauf, findet zu einer ganz eigenen Farbigkeit undzu faszinierenden Klangflächen, auf denen dasOhr des Hörers wunderbar wandeln kann.

Thematisch kreisen viele Werke von Haas umdie Pole Nacht, Fremde und Romantik. Ja, viel-leicht kann man Georg Friedrich Haas über-haupt als den „Romantiker“ unter den zeitgenös-sischen Komponisten bezeichnen.

Spezifische Klangfantasie beflügelt auch denmit dem Förderpreis Ausgezeichneten, den inMadrid lebenden Italiener Aureliano Cattaneo,Meisterschüler von Gérard Grisey und MauricioSotelo. Das Preisträgerkonzert wird Werke bei-der Komponisten zur Diskussion stellen.

IMPRESSUM„Salzburg Biennale“ ist ein Sonder-thema der „Salzburger Nachrichten“

Redaktion: Karl HarbGrafik: Walter Brand

BEGLEITPROGRAMM

Atelier-Gesprächemit KomponistenSALZBURG (SN). Gelegenheitzur Begegnung mit den Kom-ponisten der Salzburg Bien-naleer gibt es bei Atelier-Ge-sprächen im KunstQuartier,Bergstraße 12, jeweils frei-tags. Die Termine:1. März, 16.30 Uhr:Karl Harb im Gespräch mitGeorg Friedrich Haas undAureliano Cattaneo.8. März, 11 Uhr:Björn Gottstein im Geprächmit Rebecca Saunders.15. März, 11 Uhr:Werner Klüppelholz im Ge-spräch mit Vinko Globokar.Am 14. März um 10 Uhrhält Luzius Keller einen Vor-trag über „Das Palimpsest inSprache, Malerei und Musikam Beispiel Marcel Proust.Universität Mozarteum,Kleines Studio.

Aspekte desJugendprogrammsSALZBURG (SN). Ausgangs-punkt für das Schulprojektder Salzburg Biennale istVinko Globokars Partitur„Individuum ↔ Collecti-vum“ (1979). Das ist ein anre-gendes Kompendium an mu-sikalischen Fragestellungenzum Thema Improvisation.Die Klasse 7A des BORG-Nonntal hat sich entschieden,mit ihrem Projekt eine Ge-schichte zu erzählen, in derdie musikalische Improvisa-tion wichtig ist, aber nicht dieHauptrolle spielt.Den zweiten Teil gestaltetThomas Grubinger mit einerGruppe junger Perkussionis-ten vom Musikum Thalgau.Er nimmt auf Globokars Mo-delle Bezug und erarbeitet ei-ne eigene Lesart.Aufführung:16. März, 14 Uhr,Kavernen 1595

Georg Friedrich Haas, Träger des Musikpreises Salzburg 2013. Bild: SN/YASUKO UEDA

Musikpreis. Am 3. März2013 wird im Rahmender Salzburg Biennaleder Musikpreis desLandes Salzburg anGeorg Friedrich Haasübergeben. Zwei seinerWerke und ein Stück vonAureliano Cattaneo, demFörderpreisträger, sindzu hören.