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434 W.S~Au~: Behandlung erfolgte gemeinsam in der Chirurg. Klinik. Bei nieht ganz 1/s der F~ille erfolgte nach prim~rer Behandlung in der Chirurgie und Herstellung eines operationsfithigen Zustandes die Verlegung in die HNO-Klinik, in 5,90/0 wurde zuerst die dringende chirurgisehe Operation ausgefiihrt und dann die Verlegung in die HNO-Klinik zur weiteren operativen Versorgung und Behandlung besehlossen, und nur in 2,8°/o war eine primiire ttNO-~rztliehe Versorgung vor der chirurgisehen Erstversorgung nStig. Stellen wir fest, was bei diesen 270 Patienten dureh nnsere gemein- same Behandiung erreich~ worden ist, so finder sich eine Belastung dureh 31 Todesf~lle, das sind 11,50/o Letalitgt. Dal] es sich hier in der Mehrzahl um die Schwerstverletzten handelte, geht aus der Tatsache hervor, da~ bis auf 6 Patienten alle in der Chirurgie verstorben sind, und diese damit gar nicht mehr in andere Fachkliniken zur Weiter- behandlung gebracht werden konnten. Im fibrigen entspricht dieser Letaliti~sprozentsatz den allgemeinen Erfahrungen. Ziehen wit aus dieser kurzen Analyse und Betrachtung der Mehrfach- verletzungen des chirurgischen und tINO-i~rztlichen Bereiehes die Schlufl/olgerung, so kann man sie woh] in wenigen Satzen so formulieren: Nicht das Nebeneinander, nur das Miteinander aller einsehl~gigen klinisehen Diziplinen, wie Chirurgie, Neuroehirurgie, HNO-Heilkunde, Urologie, Anaesthesiologie usw. kann die Aufgabe der Versorgung Mehr- faehverletzter meistern. Ihr erstes Ziel ist die Verminderung der all- gemeinen Vitali~i~sgef~hrdung, die Beseitigung akuter lebensbedroh- licher Verletzungsfolgen, die weitgehende Verhfitung yon Sp~tsch£den. Was vorrangig rangiert, bestimmt einzig und allein die Art der Tefl- verletzung und ihre Wertigkeit hinsichtlich akuter Gefahr und spi~terem Schaden. Die Mehrfachverletzungen zeigen aber auch wie keine andere Verletzungsart, da~ die Unfallheflkunde ein wesentlicher und wichtiger Tell nieht nut der allgemeinen Chirurgie, sondern aller klinischen Disziplinen ist. Kein sogenannter Unfallarzt k5nnte so universell sein, dal~ er alle Teilgebiete beherrscht. Deshalb ist nicht nur uneigennfitzige kollegiale Zusammenarbeit, sondern auch r~umliche ~i~he, das Leben der Teilgebie~e unter einem Dach das erstrebenswerte Ziel der weiteren Entwieklung. 5. W. STRAUB-Marburg a. d. Lahn: Verletzungen des 0rbitainhaltes Ein Beitrag des Ophthalmologen vor dieser Gesellschaft fiber Ver- le~zungen der Orbita mu{~ sich auf einige Schwerpunkte konzentrieren. Zwangsl~ufig kSnnen die Ausffihrungen nicht vollst£ndig sein, vielmehr nur skizzierender Art. Ich habe deshalb die Aufforderung zu meinem

Verletzungen des Orbitainhaltes

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434 W.S~Au~:

Behandlung erfolgte gemeinsam in der Chirurg. Klinik. Bei nieht ganz 1/s der F~ille erfolgte nach prim~rer Behandlung in der Chirurgie und Herstellung eines operationsfithigen Zustandes die Verlegung in die HNO-Klinik, in 5,90/0 wurde zuerst die dringende chirurgisehe Operation ausgefiihrt und dann die Verlegung in die HNO-Klinik zur weiteren operativen Versorgung und Behandlung besehlossen, und nur in 2,8°/o war eine primiire ttNO-~rztliehe Versorgung vor der chirurgisehen Erstversorgung nStig.

Stellen wir fest, was bei diesen 270 Patienten dureh nnsere gemein- same Behandiung erreich~ worden ist, so finder sich eine Belastung dureh 31 Todesf~lle, das sind 11,50/o Letalitgt. Dal] es sich hier in der Mehrzahl um die Schwerstverletzten handelte, geht aus der Tatsache hervor, da~ bis auf 6 Patienten alle in der Chirurgie verstorben sind, und diese damit gar nicht mehr in andere Fachkliniken zur Weiter- behandlung gebracht werden konnten. Im fibrigen entspricht dieser Letaliti~sprozentsatz den allgemeinen Erfahrungen.

Ziehen wit aus dieser kurzen Analyse und Betrachtung der Mehrfach- verletzungen des chirurgischen und tINO-i~rztlichen Bereiehes die Schlufl/olgerung, so kann man sie woh] in wenigen Satzen so formulieren: Nicht das Nebeneinander, nur das Miteinander aller einsehl~gigen klinisehen Diziplinen, wie Chirurgie, Neuroehirurgie, HNO-Heilkunde, Urologie, Anaesthesiologie usw. kann die Aufgabe der Versorgung Mehr- faehverletzter meistern. Ihr erstes Ziel ist die Verminderung der all- gemeinen Vitali~i~sgef~hrdung, die Beseitigung akuter lebensbedroh- licher Verletzungsfolgen, die weitgehende Verhfitung yon Sp~tsch£den. Was vorrangig rangiert, bestimmt einzig und allein die Art der Tefl- verletzung und ihre Wertigkeit hinsichtlich akuter Gefahr und spi~terem Schaden. Die Mehrfachverletzungen zeigen aber auch wie keine andere Verletzungsart, da~ die Unfallheflkunde ein wesentlicher und wichtiger Tell nieht nut der allgemeinen Chirurgie, sondern aller klinischen Disziplinen ist. Kein sogenannter Unfallarzt k5nnte so universell sein, dal~ er alle Teilgebiete beherrscht. Deshalb ist nicht nur uneigennfitzige kollegiale Zusammenarbeit, sondern auch r~umliche ~i~he, das Leben der Teilgebie~e unter einem Dach das erstrebenswerte Ziel der weiteren Entwieklung.

5. W. STRAUB-Marburg a. d. Lahn: Verletzungen des 0rbitainhaltes

Ein Beitrag des Ophthalmologen vor dieser Gesellschaft fiber Ver- le~zungen der Orbita mu{~ sich auf einige Schwerpunkte konzentrieren. Zwangsl~ufig kSnnen die Ausffihrungen nicht vollst£ndig sein, vielmehr nur skizzierender Art. Ich habe deshalb die Aufforderung zu meinem

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Vortrag als Frage aufgefaBt: Welche Verletzungen erscheinen fiir den in der Praxis t/~tigenttals-Nasen-Ohren-Arzt wichtig, was ist diagnostisch, therapeutisch und prognostisch dazu zu sagen ?

Zunachst zur Erstversorgung der so h~tufigen Perletzungen der Lider. Fehler hierbei haben sehwere Folgen. Eine sorgfaltige Reinigung der Wundrander ist zun/~chst unbedingt nStig. Da die Lider gut mit GefaBen versorgt sind, daf t man aueh zerfetztes Gewebe nieht exeidieren. Nur ganz selten entsteht eine Infektion oder Nekrose. Dies ist wichtig, da sich bereits bei geringen Gewebsdefekten eine falsche Lidstellung ent- wiekelt. Auch sollte man daran denken, dab Erkrankungen ganz anderer Art, z.B. Basaliome, spgter hier noeh einmal eine Operation erforderlich maehen kSnnten. Jeder Millimeter I-Iaut ist dann kostbar. Die Ver- sorgnng hat m6gliehst raseh naeh der Verletzung zu erfolgen, denn bereits naeh einer Woehe sind Vernarbungsvorg/inge an den Muskeln im Gange, womit aus der sofort durehgefiihrten, relativ einfaehen Wund- versorgung unter Umst/~nden ein sehwieriges Problem geworden ist.

Bei der Versorgung der Lider sollte man sich tunliehst an den Verlauf der Itautlinien liMten. Die Wunden heilen dann besser und die Gefahr der Celoidbildung bleibt geringer. Oft kann man sieh bei hau~linien- parallelen Sehnittwunden mit feinen Intracutannahten begniigen. Bei tiefer gehenden Verletznngen sind drei Strukturen fiir die sp/~tere Lid- stellung wesentlieh, n~mlieli der Lidrand, die Ligamenti eanthi und sehhel3lieh der M. levator palpebrae. Die sorgfaltige Naht der peinlieh genau adaptierten Unterlidr/~nder ist besonders wiehtig. Denn bereits geringe Versehiebungen f/ihren bier zu dauerndem Tr/inentr~ufeln, Fehlstellung der Zilien, Konjunktivitis und sehlieBlieh aueh zu Hornhaut- gesehw/iren. Ein abgetrenntes Lidbgndehen muB wieder am Periost oder Knoehen fixiert werden, sonst bleibt die Lidspalte verk/irzt. Beim Abrig des M. levator palpebrae sollte man zun~ehst versuehen, diesen yon auBen dutch die Lidwunde zu fassen und am Tarsus zu fixieren. Bei Verletzungen in ganzer Liddieke ist ein pr/~ziser SehiehtversehluB yon innen naeh auBen unerl~Bheh, also der I~eihe naeh Bindehaut und Tarsus, Muskeln und I-Iaut. Ist das ganze Lid zerstSrt, so steht der Schutz des Augapfels, im allgemeinen dureh eine Sofortdeekung mittels Itautlappen, im Vordergrund.

Ehle Sonderstellung bei der Versorgung der Lider nehmen die ableitenden Triinenwege ein. Ist das untere Tr~nenrShrehen unterbrochen, so flieBen die Tr~nen nicht mehr normal ab. Der obere Canalieulus ist funktionell nieht so wiehtig. Bei der Versorgung des bei Lidverletzungen li/~ufig durchtrennten unteren TrKnenrShrehens besteht die Schwierigkeit darin, sein mediales Ende aufzufinden. Man sondiert zungehst yore Puncture laerimale aus und hat damit sofort das laterale Ende. Bisweilen sieht man aueh das abgerissene mediale Ende des Canalieulus. Nattirlieh

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empfiehlt es sich, zur Suche eine Lupenbrille zu benutzen. Zur Dar- stellung kann man vom oberen Tr~nenpiinktehen aus Methylenblau injizieren und den Tr~nensaek zudriicken, wodurch dann das abgetrennte mediale Ende des Tr~nenr6hrehens siehtbar wird. Gelingt es, das mediale Ende direkt zu sondieren, so wird yon uns ein kleiner Silberdraht bis in den Saccns eingelegt und dann die Wnnde schiehtweise mit Mikrof/~den verschlossen. L~13t sich diese direkte Sondierung nicht vornehmen, so kann man durch das andere Tr~nenpiinktchen eine gebogene, sogenannte pigtail-Sonde einf/ihren, die dnreh das untere inedible Ende des ver- letzten Canalieulus herauskommt. Diese elegant anmutende Methode ist aber durchaus nicht einfach und fiihrt nieht immer zum Ziel. Die Sonden werden an der I-Iaut fixiert und bleiben mindestens 2 Woehen liegen. Andere Autoren nehmen anstelle yon Silbersonden solche aus Kunststoff.

Penetrierende Verletzungen der Orbita - - auf solehe des Augapfels gehe ieh nieht ein - - sind stets mit Infektionsgefahr verbnnden, besonders, wenn es sieh a m Verletzungen dureh tIolz handelt. Die Eintri t tswunden k6nnen klein sein und sehnell verkleben. K o m m t der Pat ient zur Behand- lung, so stehen unter Umstgnden bereits ein Abseel3 oder eine Phlegmone im Vordergrnnd. Das ausl6sende Trauma, evtl. mi t z/ir/iekgebliebenem FremdkSrper, kann /ibersehen werden. Aueh der zungehst intakte Bulbus ist gefghrdet: Dureh zunehmenden Exophthalmus mit mangel- haf tem Lidsehlul3, wohl aneh dureh eine gestSrte Trophik der Cornea, besteht die Gefahr eines tIornhautgesehwfirs. I m weiteren Verlauf kann eine Panophthalmie entstehen. Penetrierende Wunden der Orbita sollten gereinigt werden, auBerdem ist eine lokale und gegebenenfalls aueh eine gentigend hoehdosierte allgemeine antibiotisehe Behandlung erforderlieh. Meist gen/igt ein Sehiehtversehlug der Wunde, bei aus- gedehnten tiefen Verletzungen kann man ftir 24 Std einen Drain ein- legen.

Nat/irlieh ist bei der Versorgung friseher Wunden eine sorgf/~ltige l~efixation evtl. durehtrennter Muskeln erforderlieh. Dies f/~llt in dem stark durehbluteten, 6demat6sen und zerfetzten Gewebe zwar anch nicht immer leieht. Viel gr6gere Probleme aber bringt die Sp~versorgung mit sieh. Denn hier sind bereits Narben zwisehen Muskeln und nm- gebendem Gewebe entstanden, eine Kontrakt ion des oder der Antagoni- sten versehiebt zns/~tzHch das Gleiehgewieht /~uBerer Augenmuskeln. Diffizile Muskeloperationen sind dann meist wiederholt erforderlich, nnd auch dann bleiben oft st6rende Doppelbilder zurfiek.

Bei ursgchlich unklaren Orbitaphlegmonen sollte man immer an einen/ibersehenen Fremdk6rper denken. Beriehte darfiber (z. B. H~y~w~ u. PASSMORE; KOZLOWSKI) gibt es sieherlich weniger als es der H~ufig- keit entsprieht. Besonders schwere Verletzungen sind im letzten J ah r

Verletzungen des 0rbitainhaltes 437

bei mehreren Patienten in versehiedenen L~ndern als Jagdunf~lle vor- gekommen. Dabei bohrte sieh das Gewehrsehlog im Augenbliek des Schusses in die Orbita (VIALLEFONT, BOUDET U. PItlLIPrO~; LEGt~AND; PosTI~). Bei tiefen FremdkSrpern ist wiehtig, ob es sieh um einen intraoeularen oder parabulb/tren Splitter handelt. Diese Entscheidung kann sehr sehwer fallen. Als Hilfsmittel kommen I~6ntgenverfahren mit stereoskopisehen Aufnahmen und Aufnahmen in drei Ebenen bei untersehiedlieher Bulbusstellung in Betracht (BLATT U. A~I~ANASlI5). 0berfl£ehliche Splitter lassen sieh leieht, gegebenenfalls mit dem 2~agneten, entfernen.

Bei der Frage, ob ein tiefer liegender orbitaler Fremdk6rper belassen werden soll oder nicht, ist zu berticksiehtigen, dag bei der Entfernung immer die Gefahr der Zerst6rung yon wiehtigem Gewebe besteht, und zwar um so mehr, je n/ther wit an der Orbitaspitze sind. Kleine Splitter heilen racist ohne Sehaden ein. GroBe FremdkSrper dagegen k6nnen rein meehaniseh die Bulbusmotolit£t behindern und weiterhin dutch Narbenbildung zu einer Funktionseinschrgnkung ftihren. Wit verhalten uns im Zweifelsfall zuriiekhaltend und belassen kleinere, augerhalb des Bulbus gelegene Orbitasplitter. Nur bei sehr grogen Fremdk6rpern sowie bei tIolzsplittern sollte man in frisehen Fallen versuchen, eine Entfernung dutch die Perforationswunde durehzuftihren.

Den dii'ekten Verletzungen des Nervus opticus folgen irreparable Funktionsausfi~lle, die bis zur Erblindung reichen. IIierher geh6ren aueh die Verletzungen der Orbita bei Operationen an den NebenhShlen, wobei ja auBer dem Optieus aueh die Augenmuskeln bzw. ihre Nerven gesch/~digt werden k6nnen. BER~DnS hat sieh speziell mit diesen Fragen befaBt. Bei direkt yon vorn kommenden Verletzungen gleitet bisweilen das verletzende Instrument an den knSchernen l~gndern der Orbita bis in die Spitze schienenartig entlang, wo es den Sehnerven durchtrennt. Naeh dem Augenspiegelbefund l~Bt sieh differenzieren, ob der Nerv dicht hinter dem Bulbus oder weiter zentralwgrts abgetrennt wurde. Bei Verletzungen dieht hinter dem Bulbus finder sieh das Bild eines Zentralarterienversehlusses. Liegt die Verletzung weiter hinten, so ist der Fundus zun/~chst normal. Sp/Lter, bei Verletzungen im Sehnerven- kanal naeh etwa 3 Woehen, entwiekelt sieh eine Papillenabblassung.

Bei tiefen Stiehen sollte man an eine Verletzung des Sinus eavernosus denken, wenn zus£tzlieh ein massives OrbitaSdem vorhanden ist. Aueh weitere intraeranielle Komplikationen kommen bei tiefen Pfahlungen vor (z. B. KYI~IELEIS; LAVERGNE).

Die Frage, ob eine Erblindung auf einer direkten Sch~digung des Sehnerven oder auf einer Kompression beruht, ist wiehtig, da man im letzteren Fall mit einer Besserung reehnen kann. Bei sofortiger Er- blindung und normalem Fundus k6nnen wir zun~ehst nieht entseheiden,

29 Arch, klin, exp. Ohr.- , Nas . - u. Kehlk.J-Ieilk., Bd. :[9:[ (Kongregber ich t 1968)

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ob der Sehnerv hinten in der Orbit~ durchtrennt oder lediglich indirekt gesch/~digt ist. Eine Erholung der Funktion sprieht ffir Sehwellungen des umgebenden Gewebes oder Blutungen in die Optieusseheiden. Tritt die Erblindung nicht sofort nach dem Unfall auf, so kann der Sehnerv nicht durchtrennt sein. Deshalb sollte man sich sofort nach dem Trauma fiber das SehvermSgen orientieren. Die Prfifung der Lichtreaktion der t~upillen a]lein gibt aus versehiedenen Griinden keineswegs immer ein ganz klares Bild. Allerdings spricht eine gut erhaltene direkte Lieht- reaktion gegen eine schwere irreparable Sch~digung des N. optieus.

Schon relativ leichte Verletzungen kSnnen zu einer Verbindung zwischen Orbita und Naehbarsinus ffihren und damit zu einem Emphy- sere. Charakteristiseh ffir st/£rkere Orbitaemphyseme sind neben der Protrusio bulbi die Lidschwellung und die geschlossene Lidspalte. Dies kann differential-diagnostisch gegenfiber einer Protrusio anderer Genese herangezogen werden, da hierbei die Lider meist auseinandergedr~ngt sind. Bei einem reinen Emphysem fehlen SehstSrungen, der Bulbus 1/~t sich in die Orbita zurfickdr~ngen, das RSntgenbild best/£tigt die An- wesenheit yon Luft, die sich ja aueh palpieren l~13t. Von seiten unseres Faehgebietes ist eine spezielle Therapie weder nStig noch mSglich.

Blutungen als Folge yon Frakturen liegen h~ufig unter dem Periost. In der gef/£~reichen Orbita entstehen aber auch ohne Frakturen leicht Zerreil~ungen yon Gefi£1~en. Der Bulbus ist bei subperiostalen tt£mor- rhagien exzentrisch verdr/tngt, bei retrobulb~ren dagegen axial vor- getrieben. Aueh bei st~rkerem Exophthalmus braucht das SehvermSgen nicht herabgesetzt zu sein. Die vertikale oder horizontale Verlagerung des Bulbus fiihrt im allgemeinen zu Doppelbildern. Blutungen bringen eine plStzliche Drucksteigerung in der AugenhShle mit sieh. Daher sind reflektorsich ~llgemeine Symptome wie Erbrechen oder Herzfrequenz- stSrungen mSglieh, was wir beispielsweise bei einem langsam ent- stehenden Tumorexophthalmus nie sehen. Eine Blutung wird oft durch den entgegen wirkenden Druck von Bulbus und Lidern geniigend komprimiert. Itier genfigt meist eine konservative Therapie. Nur selten macht die Gefahrdung des Augapfels eine Entlastung oder einen vorfiber- gehenden VerschluB der Lidspalte nStig.

Auch bei den Kontusionen steht die Frage der Sehnervenbeteiligung im Vordergrund. In Betracht kommen Blutungen nnd Einrisse in den Sehnerven und seine Itfillen, Nekrosen und 0deme. Bei dem Orbita- spitzensyndrom kann weiterhin die Fissura orbitalis superior in Form einer L/~hmung des III., IV. und VI. Hirnnerven sowie des N. ophthalmi- cus beteiligt sein. Wir stehen auch dann vor der schwierigen und yon Fall zu Fall zu entseheidenden Frage, ob eine Dekompression des Canalis nervi optici vorzunehmen ist. Japanische Autoren (HmANo u. IWATA; SATe) haben neuerdings besonders schonend anmutende Methoden

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angegeben. Die Problematik liegt abet in der Indikationsstellung. Der Funktionsausfall bildet sieh naeh Contusionen oft spontan zurfiek, eine Operation ist angesiehts der speziellen anatomisehen Situation in der Orbitaspitze natiirlieh immer mit einem erhebliehen Risiko belastet. Und schliel31ich kann man zunachst kaum einen irreparabel veranderten Sehnerven yon einem lediglich druekgeschadigten abgrenzen. Nur im letzteren Fall aber ist eine Operation angezeigt. Wir sehliel3en uns deshalb der Auffassung yon STALLAm) sowie von WALSg an, dab man mit der Indikationsstellung zur Dekompression zuriiekhaltend sein sollte.

Eine sehwere traumatisehe Sehadigung ist die Avul~io nervi optici, der Ausril3 des Sehnerven aus dem Bulbus im Bereich der Lamina eribrosa. Der Verletzungsmeehanismus ist nieht genau bekannt. Disku- tiert werden u .a . eine pl6tzliehe Drueksteigerung im Bulbus, seine Rotation oder das Zusammenwirken beider Faktoren. Spiegelt man den Fundus, so ]al3t sieh am Anfang wegen der immer vorhandenen massiven Blutungen noch nieht viel sehen. Spater finder man anstelle der Papille ein Loeh, Narben in der Umgebung und obliterierte NetzhautgefaBe. Eine Therapie gibt es selbstverstandlieh nicht. Eine sehr sehwere Ver- letzung ist aueh die Avulsio bulbi, wobei der Augapfel bei seitliehen Traumen vor die Lider luxiert werden kann.

Bei den Frakturen der Orbitawi~nde kann ich reich knrz fassen. Herr Ko]lege KLE¥ hat dartiber eingehend referiert. Der Ophthalmologe mug von Fall zu Fall dazu Stellung nehmen, ob bei einer frisehen Verletzung eine Rekonstruktion der gebroehenen Orbita aus augenarztlichen Grtinden erforderlieh ist. Ein Trauma kann dureh eine Sehadigung ~uBerer Augenmuskeln, besonders der sehr~gen, oder dureh eine Ver- letzung versorgender Nerven das Muskelgleiehgewieht beeinflussen. Aueh wird bei an sieh intakter Muskelfunktion u. U. der ganze Augapfel verlagert. Brieht z. B. der Orbitaboden ein, so resultiert ein Tiefstand des dislozierten Bulbus. Das Ausmal3 tier Versehiebung der optisehen Aehse und damit die Art der Doppelbilder braueht nicht immer un- mittelbar mit der Intensitat der Verlagerung des Augapfels parallel zu gehen (LYL~).

Typiseh ffir solehe Verlagerungen ist die sog. blow-out-Fraktur, bei der naeh frontalem Aufprall ein erheblieher Druekanstieg in der 0rbi ta und damit Frakturen an der Stelle des gerixlgsten Widerstandes, am h~ufigsten im Orbitaboden, entstehen. Die posttraumatisehe Diplopie kann aueh in solehen Fallen, sowohl auf einer Dislokation des Bulbus wie auf einer Beteiligung der Muskeln beruhen. Spatere funktionelle St6rungen auf dem ]~oden narbiger Veranderungen lassen sieh anfangs nieht iibersehen. An sieh sind Enophthalmus und eine Vertiefung der oberen palpebralen Falte typiseh ffir blow-out-Frakturen, sie werden allerdings oft dutch Sehwellungen oder Blutungen kasehiert. Sehon

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einfache diagnostisehe Magnahmen, z .B. eine Palpation des 0rbita- randes oder die Kontrolle, ob eine infraorbitale Anaesthesie besteht, k6nnen weiterhelfen. Ein heftiges LidSdem, Chemosis, I typosphagma und Sensibilit£tsst6rungen im Bereieh des N. infraorbitalis sind naeh A~DERSOX u. TEAGU~ verd£ehtig auf Platzwunden des Orbitabodens. Selbstverst/indlieh sind sehon im Zweifelsfall r6ntgenologisehe Kon- trollen nStig. Immer sollte man auf Doppelbilder aehten nnd ihren Ver- lauf kontrollieren.

Die Frage, ob man wegen der Gefahr sp/~terer posttraumatiseher Doppelbilder bei Frakturen eine Frtihreponierung der 0rbitawgnde durehf/ihren soil, wird yon den meisten Autoren (z. B. SACHS~NW~G~R; LYL~ ; BLE~:~g U. Bos ; PATTEgSOX U. DEPVE ; DUKr~-ELD~g ; MVSTAgD~) bejaht. Aueh WOILL~Z, T~ssI~g, LEKIEFI~g U. DUrOVg spreehen sieh anhand ihres grogen Beobaehtungsgutes yon fast 300 Patienten dafiir aus. Eine sofortige ehirurgisehe Behandlung ist oft in der Lage, sp/~tere funktionelle St6rungen des Muskelgleiehgewiehts zu verhindern. So waren bei lediglieh 5 yon 38 fr/ihoperierten Patienten yon COL]~ u. S~IT~ sp~ter noeh Operationen an den gul3eren Augenmuskeln nStig. Aber bereits bei Reponierungen der gebroehenen Orbitawgnde, die wenige Woehen naeh dem Unfallereignis durehgeffihrt werden, sind die Ergebnisse hinsiehtiich der Funktion ~ugerer Augenmuskeln wesentlieh sehlechter. Ist einmal diese Phase verstriehen, so sollte man sieh Zeit lassen und etwa ein Jahr warten, da es vorkommt, dab die Doppelbilder innerhalb dieses Zeitraums spontan versehwinden. Urs~ehlieh handelt es sieh bei den posttraumatisehen Diplopien im allgemeinen nieht um isolierte L~hmungen einzelner Muskeln, deshalb ist das Vorgehen sehr kompliziert, und man muB u. U. an 5 oder 6 Muskeln operieren. SC~MIDT- HOFF~A~Z~ hat auf der vorletzten Tagung der Deutsehen Ophthalmo- logisohen Gesellsehaft sehr brauchbare Riehtlinien fiir das Vorgehen bei solehen posttraumatisehen Diplopien angegeben, die auf der Intensit~t und der Art der vertikalen Bewegungseinsehr/tnkung beruhen.

Wie eingangs erw£hnt, war es mir natiirlieh nut m6glieh, einige wenige Pnnkte zu bespreehen. Vieles wgre noeh zu sagen, ieh hoffe aber, einige der wiehtigsten Verletzungen gestreift zu haben, die unser gemein- sames Interesse verdienen.

Zusammen/assung Anhand entsprechender Diapositive werden die Diagnose, das

klinische Bild, die Prognose und die Therapie der wiehtigsten stumpfen und perforierenden Verletznngen der Orbita (ohne solche des Augapfels) besproehen. Bei Wunden im Bereich der Lider ist eine r~sehe und sorg- f/~ltige Wundversorgung fiir die sp/~tere Funktion yon ausschlaggebender Bedeutung. Eine Sonderstellung nimmt die Wiederherstellung der

G. MXI~TENSSO~: Die Reposition und Fixation yon 0berkieferfrakturen 441

Durchgi~ngigkeit oft m i tve r l e t z t e r Trgnenrbhrchen ein. Dann wird u. a. au f Ver le tzungen der 0 r b i t a un t e r besonderer Ber i icks ich t igung der F r a g e eingegangen, ob in der AugenhShle nachgewiesene F r e m d k b r p e r en t fe rn t oder belassen werden sollen. Es folgt die Besprechung yon Ver- l e tzungen der Orbi tasp i tze , insbesondere solche des Sehnerven, wie sie auch im ]%ahmen yon NebenhShlenopera t ionen v o r k o m m e n kbnnen.

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6. G.MJ.RT~NssoN-Stockholm: Die Reposition und Fixation von 0ber- kiefer~rakturen

I n der Ha l s -Nasen-Ohrenk l in ik und der Ab te i lung fiir Zahn- und K i e f e r k r a n k h e i t e n der , ,Karo l inska S jukhuse t s " s ind in den le tz ten 5 J a h r e n 789 P a t i e n t e n m i t K ie fe r f r ak tu ren behande l t worden. Von diesen sind 579 oder 73o/0 Un te rk i e f e r f r ak tu ren und 210 oder 270/0 0be rk i e f e r f r ak tu ren (Tab. 1). Diese P rozen tzah len s t immen wohl i iber- ein mi t den in der L i t e r a t u r angegebenen Ziffern.