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Die Angewandte Makromolekulare Chemie 99 (1981) 23 -34 (Nr. 1527) BASF Aktiengesellschaft, Kunststofflaboratorium, 6700 LudwigshafedRhein Vernetzung von Filmen aus Emulsionspolymerisaten Erich Penzel und Albrecht Zosel Herrn Prof. Dr. G. V. Schulz zum 75. Geburtstag gewidmet (Eingegangen am 6. November 1980) ZUSAMMENFASSUNG : Nach der Theorie der Kautschukelastizitat kann man ein Netzwerk durch die Kon- zentration der NetzbOgen v im Einheitsvolumen charakterisieren. Man erhalt v, durch einfache Rechnung aus Messungen des Elastizitatsmoduls, oder bei Kenntnis des Flory-Huggins-Parameters x aus Quellungsmessungen vQ. Bei Mengen bis zu 4 Gew.-% N-Methylolmethacrylamid (MAMol) ist die Ubereinstim- mung zwischen beiden Methoden und mit dem aus der Vernetzerkonzentration fol- genden Vth gut. Bei hOheren MAMol-Mengen steigen sowohl die v,-Werte als auch die vQ-Werte iiber die theoretischen HiSchstwerte Vth an. Es wird gezeigt, daJ3 die Theorie der Kautschukelastizitat das elastische Verhalten von Emulsionspolymerisaten aus Ethylacrylat bei niedrigen Vernetzerkonzentratio- nen qualitativ beschreibt. SUMMARY: According to the theory of rubber elasticity a network is defined by the concentra- tion of chain elements v in a unit volume. Values of v can be calculated from the elastic modulus (vE) and from swelling measurements (vQ) if the Flory-Huggins parameter is known. Up to 4 wt.-To of N-methylol-methacrylamide (MAMol) the agreement between both values and vth, the maximum value from the concentration of the crosslinking agent is satisfactory. With higher amounts of MAMol the vE-values and the vQ-valuesincrease above Vth. So the theory of rubber elasticity describes rather well the elasticity of films from emulsion polymerization of ethyl acrylic ester with low amounts of N-methylol-meth- acrylamid (MAMol) as crosslinking agent. I. Einleitung Obwohl grundlegende Untersuchungen der Vernetzung von Polymeren schon fruhzeitig begonnen wurden, gelang es bis heute nur, ein Model1 fur 0 198 1 Huthig & Wepf Verlag, Basel 0003-3 146/8 1 /0099-0023$03 .00/0 23

Vernetzung von Filmen aus Emulsionspolymerisaten

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Page 1: Vernetzung von Filmen aus Emulsionspolymerisaten

Die Angewandte Makromolekulare Chemie 99 (1981) 23 -34 (Nr. 1527)

BASF Aktiengesellschaft, Kunststofflaboratorium, 6700 LudwigshafedRhein

Vernetzung von Filmen aus Emulsionspolymerisaten

Erich Penzel und Albrecht Zosel

Herrn Prof. Dr. G. V. Schulz zum 75. Geburtstag gewidmet

(Eingegangen am 6. November 1980)

ZUSAMMENFASSUNG : Nach der Theorie der Kautschukelastizitat kann man ein Netzwerk durch die Kon-

zentration der NetzbOgen v im Einheitsvolumen charakterisieren. Man erhalt v, durch einfache Rechnung aus Messungen des Elastizitatsmoduls,

oder bei Kenntnis des Flory-Huggins-Parameters x aus Quellungsmessungen vQ. Bei Mengen bis zu 4 Gew.-% N-Methylolmethacrylamid (MAMol) ist die Ubereinstim- mung zwischen beiden Methoden und mit dem aus der Vernetzerkonzentration fol- genden Vth gut. Bei hOheren MAMol-Mengen steigen sowohl die v,-Werte als auch die vQ-Werte iiber die theoretischen HiSchstwerte Vth an.

Es wird gezeigt, daJ3 die Theorie der Kautschukelastizitat das elastische Verhalten von Emulsionspolymerisaten aus Ethylacrylat bei niedrigen Vernetzerkonzentratio- nen qualitativ beschreibt.

SUMMARY: According to the theory of rubber elasticity a network is defined by the concentra-

tion of chain elements v in a unit volume. Values of v can be calculated from the elastic modulus (vE) and from swelling

measurements (vQ) if the Flory-Huggins parameter is known. Up to 4 wt.-To of N-methylol-methacrylamide (MAMol) the agreement between both values and vth, the maximum value from the concentration of the crosslinking agent is satisfactory. With higher amounts of MAMol the vE-values and the vQ-values increase above Vth.

So the theory of rubber elasticity describes rather well the elasticity of films from emulsion polymerization of ethyl acrylic ester with low amounts of N-methylol-meth- acrylamid (MAMol) as crosslinking agent.

I. Einleitung

Obwohl grundlegende Untersuchungen der Vernetzung von Polymeren schon fruhzeitig begonnen wurden, gelang es bis heute nur, ein Model1 fur

0 198 1 Huthig & Wepf Verlag, Basel 0003-3 146/8 1 /0099-0023$03 .00/0 23

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E. Penzel und A. Zosel

das ideale Netzwerk theoretisch zu erfassen',2. Dieses Modell ist durch fol- gende Annahmen definiert:

1.

2.

3.

Jedes Kettenelement ist durch Vernetzungspunkte begrenzt. Es gibt weder freie Kettenenden noch geschlossene Netzbogen (closed loops). Die Abstandsverteilung zwischen den Vernetzungspunkten wird durch eine GaubVerteilung beschrieben. Die Vernetzungspunkte ebenso wie die Kettenelemente zwischen den Ver- netzungspunkten fuhren Schwingungen um bestimmte mittlere Lagen aus. Bei der mathematischen Behandlung des Modells werden die Vernet- zungspunkte in den Mittellagen fixiert. Ferner wird angenommen, da8 sich bei einer Deformation alle Kettenelemente analog zur makroskopi- schen Verformung deformieren.

An unter definierten Bedingungen hergestellten Modellnetzwerken wurde die Theorie der Kautschukelastizitat uberpruft und weiter verfeinert3. Hier- auf sol1 aber in dieser Arbeit nicht eingegangen werden, da uns die dafur notigen Parameter, wie z. B. der mittlere Abstand zwischen benachbarten Netzpunkten, direkt nicht zuganglich sind.

Fur den Fall einer einachsigen Dehnung mit kleiner Deformation erhalt man nach der klassischen Theorie der Gummielastizitat fur das ideale Netz- werk folgende Beziehung fur den Elastizitatsmodul E:

dabei ist R die Gaskonstante, T die Temperatur in K und vE die molare Kon- zentration der Netzbogen oder Kettenelemente (im Einheitsvolumen). Es gilt

P2 v, = - Mc

wobei pz die Dichte und M, das mittlere Molekulargewicht eines Netzbogens (Zahlenmittel) ist. Unter der Voraussetzung, dafl das Modell des idealen Netzwerkes Gultigkeit hat, l a t sich also aus Messungen des Elastizitats- moduls bei kleinen Deformationen die Konzentration der Netzbogen vE er- mitteln.

Das Quellungsverhalten des idealen Netzwerkes wird durch die Flory- Rehner-Gleich~ng~, beschrieben, die nach v, aufgelost lautet:

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Vernetzung von Filmen aus Emulsionspolymerisaten

mit 1 v, =

Pz P1

1 + - ( Q - 1)

v, ist der Volumenbruch des Polymeren im gequollenen Gel, V, das Mol- volumen des Quellungsmittels und p1 dessen Dichte. Q ist die Gleich- gewichtsquellung (Quotient aus dem Gewicht der gequollenen Polymeren und dem Gewicht des trockenen Polymeren). Die Wechselwirkung zwischen dem Quellungsmittel und dem unvernetzten Polymeren wird durch den Parameter x , die Flory-Huggins-Konstante, beschrieben.

Man kann also die Konzentration der Netzbogen v nach zwei unabhagi- gen Methoden bestimmen, nach Gleichung (1) aus dem Elastizitatsmodul und nach Gleichung (3) aus Quellungsmessungen. Fur das zweite Verfahren ist Voraussetzung, darj der Flory-Huggins-Parameter x bekannt ist.

Ferner kann man aus der Menge der zur Vernetzung eingesetzten Sub- stanzen - hier N-Methylolmethacrylamid (MAMol) - die theoretisch maxi- mal mogliche Konzentration der Netzbogen Vth im Einheitsvolumen berech- nen .

Dabei wird folgendes Reaktionsschema zugrunde gelegt:

In beiden Fallen entsteht aus 2 Molekulen MAMol maximal ein Netz-

Aus einem Gewichtsprozent MAMol erhalt man fur die Konzentration an punkt, wodurch zwei Netzbogen gebildet werden (Abb. 1).

theoretisch moglichen Netzbogen in diesem System:

Vth = 0,97 * 1 0 - ~ mol/cm3

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E. Penzel und A. Zosel

Bildung der Netzpunkte Ein Netzpunkt bildet zwei Netzbogen

1 4 MAMol MAMol

t

....o

.... 0 44 . . . . . . .... 0 6 6 6

x/ '-- Netzpunkt

Abb. 1 . Bildung der Netzpunkte und Netzbogen bei der Vernetzung mit N-Me- thylolmethacrylamid.

Reale Netzwerke weichen immer mehr oder weniger von dem idealen Mo- dell ab, wobei bisher nur einige sogenannte Netzwerkdefekte (Abb. 2) nam- lich freie Kettenenden, physikalische Vernetzungen (Verschlaufungen) und geschlossene Netzbogen in groben Naherungen beriicksichtigt werden kon- nen.

Bei der Ubertragung des Modells des elastischen Netzwerkes auf vernetzte Filme von Emulsionspolymerisaten ist eine wesentliche Voraussetzung mit Sicherheit nicht gegeben: Bei Filmen aus Emulsionspolymerisaten liegt kein homogenes Netzwerk vor. Bei der Bildung des Filmes entsteht zunachst eine

physikalische Verschloufungen

loops 1 - 1 -'.;,!

Abb. 2. Netzwerkfehler (nach Flory).

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Vernetzung von Filmen aus Emulsionspolymerisaten

dichte Kugelpackung der Latexteilchen. Die Grenzflachen der Latexteilchen werden zwar je nach Glastemperatur des Polymeren und Temperatur- behandlung des Filmes zu Polyedern deformiert , sie bleiben aber weitgehend erhalten6. Der Film aus Emulsionspolymerisaten hat also eine Uberstruktur, die durch eine dreidimensionale Zellenstruktur aus deformierten Teilchen- oberflachen gebildet wird und deren Zelldimensionen von der GroDen- ordnung der Latexteilchendurchmesser sind. In der vorliegenden Arbeit sol1 gepruft werden, inwieweit sich dennoch das elastische Verhalten von ver- netzten Dispersionsfilmen mit der Theorie idealer Netzwerke beschreiben laDt, wie gut also die zahlenmaflige Ubereinstimmung der nach verschiede- nen Methoden erhaltenen Werte fur die Konzentration der Netzbogen, v,, v, und Vth ist.

II. Experimentelles

Bei den von uns untersuchten Dispersionsfilmen wurde die Vernetzung mit N-Me- thylolmethacrylamid (MAMol) erreicht. MAMol reagiert bevorzugt im sauren pH- Bereich bei erhohter Temperatur. Daher beginnt die Reaktion bereits wahrend der Polymerisation und fuhrt zur Vernetzung in den Dispersionsteilchen. Eine Vernet- zung zwischen den Dispersionsteilchen erfolgt erst wahrend der Filmbildung, insbe- sondere unter Einwirkung von hoheren Temperaturen.

Die verwendeten Monomeren waren Ethylacrylat (AA), 7 Gew .-% Acrylsaure (AS) und 0 bis 7 Gew.-Yo MAMol. Die Menge AA wurde, nach Beriicksichtigung von AS und MAMol, auf 100 Gew.-To erganzt, so daR die Emulsionspolymerisate gennge Unterschiede in der Glastemperatur aufweisen, verursacht durch die unterschied- lichen Mengen AA. Ferner steigt die Glastemperatur rnit zunehmender Vernetzung geringfugig an.

Die Monomeren wurden mit 1 Gew.-Yo Natriumlaurylsulfat emulgiert. Die Emul- sionspolymerisation erfolgte bei 85 "C, als Initiator wurde 0,5% Kaliumperoxodisul- fat verwendet. Es wurde dabei nach folgender Vorschrift (Versuch Nr. 1) gearbeitet:

Es wurden 250 g Wasser im ReaktionsgefM vorgelegt und auf 85°C aufgeheizt. Der Emulsionszulauf bestand aus 465 g Ethylacrylat und 35 g Acrylsaure in 144 g Wasser, emulgiert mit 12,5 g einer 40proz. waRrigen Losung von Natriumlaurylsulfat. Ein zweiter Zulauf enthielt 2,5 g Kaliumperoxodisulfat in 100 g Wasser. Der Emul- sionszulauf und die Initiatorlosung wurden im Verlauf von 2,5 h zugefahren. Der Feststoffgehalt der resultierenden Dispersion betrug 50%. Bei der Herstellung von Dispersionen mit 5 und mehr Gewichtsprozent MAMol entstand vie1 Koagulat. Um die Koagulatbildung zu vermeiden, wurde bei diesen Versuchen der Feststoffgehalt auf 40% eingestellt. Die Zusammensetzung der Dispersionen, der Feststoffgehalt, der pH-Wert und die Teilchendurchmesser sind in Tab. 1 angegeben. Die mittleren Teil- chendurchmesser wurden aus Trubungsmessungen mit Hilfe der Mie-Theorie berech- net.

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E. Penzel und A. Zosel

Tab. 1. Zusammensetzung der Polymerdispersionen.

Vers. AA AS MAMol FG pH-Wert Teilchen- Nr . (Gew.-%) (Gew.-%) (Gew.-To) (Gew.-Yo) durch-

rnesser (nm)

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11

93 92 92 91 91 90 89 89 88 87 86

7 I 7 7 7 7 7 7 7 7 I

0 1 1 2 2 3 4 4 5 6 7

50,O 50,7 50,2 50,4 50,8 50,8 51,O 50,5 41,4 402 42,O

192 213 304 188 276 218 213 253 169 188 174

III. Berechnung der Vernetzungsdichte aus dem Elastizitatsmodul

Der Elastizitatsmodul E wurde mit einer speziell fur Messungen an dunnen Filmen entwickelten Apparatur'~~ bestimmt. In einer Temperierkammer, die die Einstellung von MeRtemperaturen zwischen etwa - 100 und + 300 "C er- laubt, wird ein Probestreifen des zu untersuchenden Materials einer be- stimmten, zeitlich konstanten Zugspannung unterworfen und die daraus re- sultierende Dehnung als Funktion der Zeit gemessen. Aus der Zugspannung und der Deformation nach einer MeRzeit von 10 s wird der Elastizitatsmodul E berechnet. Abb. 3 zeigt die Elastizitatsmoduln fur einige ungetemperte Dispersionsfilme als Funktion der Temperatur . Die Messungen reichen vom Glaszustand bei Temperaturen unter etwa - 20 "C, erkennbar an einem ho- hen, nur wenig temperaturabhangigen E-Modul, iiber den Glasubergangsbe- reich mit einem steilen Abfall des Elastizitatsmoduls um mehrere GroRen- ordnungen bis in den gummielastischen Bereich hinein. Bei der Nullprobe (ohne vernetzendes Comonomeres) bildet sich kein gummielastisches Niveau aus: Der Film zeigt oberhalb des Glasubergangsbereichs viskoses FlieRen.

Bei den Proben mit 1 bis 4% MAMol wird der ElastizitAtsmodul dagegen oberhalb des Glasiibergangsbereichs annahernd unabhangig von der Tempe-

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Vernetzung von Filmen aus Emulsionspolymerisaten

Abb. 3. E-Modul als Funktion der Tem- peratur fur verschieden vernetzte Emulsionspolymerisate (ungetem- pert) (MAMol in Gew.-%).

T [ O C I

ratur. Nach Gleichung (1) sollte der Elastizitatsmodul oberhalb der Glastem- peratur proportional zu p T ansteigen. Der Anstieg, der ab etwa 60 "C be- obachtet wird, ist vermutlich auf eine thermische Nachvernetzung zuruckzu- fiihren, die infolge der dichten Packung jetzt auch zwischen den Teilchen er- folgen kann.

Ab 6 Gew.-Yo MAMol andert sich jedoch der Verlauf der Elastizitatsmo- dulkurve. Der Glasubergangsbereich ist uber einen breiten Temperaturbe- reich verschmiert. Der Elastizitatsmodul fdlt stetig mit steigender Tempera- tur und zeigt in dem untersuchten Temperaturbereich kein gummielastisches Niveau. Daher ist bei diesen Kurven eine Auswertung nach Gleichung (1) nicht moglich.

In Tab. 2 sind die aus den E-Moduln bei 60°C berechneten Konzentratio- nen der Netzbogen vE zusammengestellt. Abb. 4 zeigt die Konzentration der Netzbogen v, in Abhangigkeit von der MAMol-Konzentration bis zu 5 Gew.-Yo. Bis etwa 3% MAMol ist der Zusammenhang zwischen der Kon- zentration der Netzbogen vE und der MAMol-Menge linear. Bei hoheren MAMol-Konzentrationen steigt vE dann steiler an.

IV. Berechnung der Vernetzungsdichte aus Quellungsmessungen

Die bei Raumtemperatur hergestellten Dispersionsfilme wurden 12 h lang in Dimethylformamid (DMF) gequollen, anschlieflend wurde Q gravi- metrisch ermittelt. Wurden die Filme vorher 20 min bei 60°C getempert, so

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E. Penzel und A. Zosel

Tab. 2. Bestimmung von v aus dem Elastizitatsmodul nach Gleichung (1) bei 60°C.

Vers .-Nr. MAMol E VE * 104 (Gew.-To) (N m n r 2 ) (mol ~ m - ~ )

1 0 (0,181 - 2 1 0,40 0,48 3 1 0,35 0,42 4 2 0,55 0,66 5 2 0,80 0,96 6 3 1,30 1,6 7 4 3,lO 3,72 8 4 4900 4 3 9 5 6,30 7,56

10 6 27,O - 1 1 7 62,O -

V

Abb. 4. vE berechnet aus dem E-Modul bei 60 "C bei ungetemperten Filmen in Abhangigkeit von der MAMol-

Gew.% MA Mol Konzentration.

anderte sich Q nur unwesentlich. Erst Tempern bei 130°C brachte einen zu- satzlichen Vernetzungseffekt, der sich in einer deutlichen Abnahme von Q bemerkbar machte. In Abb. 5 ist die Abhangigkeit von Q in DMF von der eingesetzten Menge MAMol dargestellt. Die Filme wurden bei Raumtempe- ratur hergestellt und die Losungsmittelaufnahme unmittelbar danach, sowie nach 20 min Tempern bei 130 "C bestimmt.

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Vernetzung von Filmen aus Emulsionspolymerkaten

'4.

Abb. 5 . Die Quellung Q in DMF in Abhtingigkeit von der einge- setzten Konzentration MA- Mol. o Filme wurden bei Raumtemperatur hergestellt, A Filme wurden bei Raum- temperatur hergestellt und an- schlieRend 20 min bei 130 "C getempert. Gew.-% MA Mol

1 2 3 k 5 6 7 8

Die Berechnung von v, erfolgt nach Gleichung (3) mit dem Flory- Huggins-Parameter x = 0,449, der fur reines Polyethylacrylat bestimmt wurde. Dieser Wert stellt fur Copolymere aus Ethylacrylat und Acrylsaure sicher nur einen Niiherungswert dar. Das Ergebnis ist in Tab. 3 zusammen- gestellt .

Zwischen Q und V, besteht kein linearer Zusammenhang, wie aus Abb. 6 ersichtlich ist. Bei hohen Losungsmittelaufnahmen, also bei Quellungs- werten zwischen 5 und 10, ist zwar der experimentelle Bestimmungsfehler in

Tab. 3. Bestimmung von v aus Quellungsmessungen in DMF nach Gleichung (3) bei steigenden Konzentrationen MAMol mit x = 0,44.

Vers. Nr. MAMol Q v,.104 Q V Q . 1 0 4

(Gew.-Yo) (Raumtemperatur) (Tempern bei 130°C)

2 3 4 5 6 7 8 9

10 11

1 1 2 2 3 4 4 5 6 7

10,lO 12,lO 6,lO 6,15 4,15 3,30 3,50 3,70 2,60 2,60

0,19 0,14 0,45 0,45 1,oo 1,67 1,48 1,31 2,61 2,61

7,50 9,20 4,80 4,65 2 9 2,25 2,20 2,05 1,60 1,45

0,30 0,24 0,74 0,86 2,11 3,20 333 3,88 6,58 7,74

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E. Penzel und A. Zosel

[I 15-

5

0

Abb. 6. Die Quellung Q als Funktion der Konzentration der Netz- bogen v nach Gleichung (3) mit V, = 77,l cm3 mol-I, p, = 0,9484 g cm-3 und pz = 1,115 g cm-3 fur ver- \Oh4

0.49

'o;L+~o,3g Q relativ grol3, aber dank des Kurvenverlaufs ist der Fehler bei der Konzen- tration der Netzbogen V, gering. Im Bereich mittlerer Quellungswerte zwi- schen 2 und 5 ist zwar der Bestimmungsfehler in Q kleiner, der Fehler in V,

wird jedoch wegen der Charakteristik des Kurvenverlaufs nicht kleiner. Bei sehr kleinen Quellungswerten gehen Bestimmungsfehler in Q sehr stark in die Rechnung ein. Den Flory-Huggins-Parameter x sollte man moglichst ge- nau kennen, insbesondere wenn man vQ-Werte unterschiedlicher Systeme miteinander vergleichen will.

V. Diskussion

Von zwei weiteren Ldsungsmitteln, namlich Aceton und Methylethyl- keton, sind die Flory-Huggins-Parameter fur Polyethylacrylat bekannt. In diesen Losungsmitteln wurden Quellungsmessungen ausgefuhrt und vQ-Wer- te berechnet. Da die Konzentration der Netzbtigen eine das Netzwerk cha- rakterisierende Materialkonstante ist, sollten die vQ-Werte in allen Losungs- mitteln den gleichen Wert haben. Die Ubereinstimmung ist, wie man Tab. 4 entnehmen kann, recht gut.

Eine bessere Ubereinstimmung ist wegen der Fehler in x nicht zu erwarten. Ferner sind nur X-Werte fur das Homopolymerisat bekannt. Eine Bestim- mung des Flory-Huggins-Parameters fur unser Copolymerisat ist nicht durchfiihrbar , da man bei der Emulsionspolymerisation mit MAMol immer vorvernetzte Latexteilchen erhdt, die als solche in allen Losungsmitteln un- loslich sind. Man ist also gezwungen, auf X-Werte von einfacheren Systemen zuruckzugreifen.

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Vernetzung von Filmen am Emulsionspolymerkaten

Tab. 4. Quellungsmessungen in verschiedenen Losungsmitteln (Versuch Nr. 6: 90 AA/7 AS/3 MAMol) Berechnung von V, nach Gleichung (3).

Ldsungs- PI "2 + VI x VQ'

mittel (cm3 (mol ~ m - ~ )

Dimethyl- formamid 4,15 0,9484 0,1703 77,03 0,44* 1,0

Aceton 2,75 0,7906 0,2056 73,46 0,48** 1,18 Methylethylketon 2,95 0,8101 0,1980 89,Ol 0,47*** 1,Ol

Abb. 7. Vergleich der theoretisch be- rechneten v-Werte (Vth) mit den aus Quellungsmessungen in DMF V, nach Gleichung (3) (0 ungetemperte, A getem- perte Filme) und aus dem E-Modul v, nach Gleichung 1 2 3 L 5 6 7 8 (1) (0) bestimmten Werten. Gew.-% MA Mol

In Abb. 7 sind die v,- und v,-Werte im Vergleich zu den unter der Annah- me eines vollstandigen MAMol-Umsatzes berechneten Werten Vth als Funk- tion der MAMol-Konzentration dargestellt. Die Ubereinstimmung zwischen V, und v,, den Konzentrationen der Netzbogen aus E-Modul- und Quel- lungsmessungen, ist fur die bei Raumtemperatur hergestellten Filme bei niedrigen MAMol-Mengen gut. Anscheinend sind also die Voraussetzungen zur Bestimmung beider Werte in diesem Konzentrationsbereich erfullt.

Die nahezu lineare Abhangigkeit von V, der ungetemperten Filme von der MAMol-Menge entspricht den theoretischen Vorstellungen von der Bildung elastischer Netzwerke. Die Konzentrationen der Netzbogen V, und V, liegen

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E. Penzel und A. Zosel

unter vth, da nicht jede Reaktion zwischen den Methylolgruppen zu einem Netzpunkt fuhren mu8 und vermutlich ein Teil des MAMol noch nicht reagiert hat. Die letztere Hypothese wird dadurch gestutzt, daB eine Tempe- rung bei 130°C zu einer Erhohung der vQ-Werte fuhrt. Von 4 Gew.-% MA- Mol aufwarts steigen die Werte von vE und vQ der getemperten Filme stark an. Vermutlich ist dies auf die Inhomogenitaten im Netzwerk zuruckzufiih- ren, die bei der Nachvernetzung zwischen den Latexteilchen entstehen.

VI. SchluJfolgentng

Die Konzentration der Netzbogen v kann man, wie in der vorliegenden Arbeit ausgefuhrt wurde, nach zwei Verfahren bestimmen: aus Quellungs- messungen und aus der Bestimmung des Elastizitatsmoduls. Da Quellungs- messungen relativ einfach durchgefuhrt werden konnen, sind sie zur orien- tierenden Bestimmung der Vernetzung besonders geeignet. Weil haufig keine Flory-Huggins-Parameter zuganglich sind, ist eine quantitative Auswertung allerdings in vielen Fallen nicht moglich.

Die Bestimmung des E-Moduls ist experimentell aufwendiger, der Zugang zu vE aber direkt, da keine Losungsmitteleinflusse berucksichtigt werden mussen. Voraussetzung fur die Berechnung ist, da8 die Theorie der Gum- mielastizitat wenigstens angenahert gilt. Wie gezeigt wurde, ist das bei nied- rigen Vernetzerkonzentrationen anzunehmen, bei denen die Proportionalitat zwischen E-Modul und Vernetzermenge gegeben ist.

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