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Thermodynamik von Power-to-Gas Friedl, Meier, Ruoss, Schmidlin Version 2 Thermodynamik von Power-to-Gas Prof. Dr. Markus Friedl, Boris Meier Fabian Ruoss, Luca Schmidlin 28. September 2016, Version 2 Bild der Pilot- und Demonstrationsanlage Power-to-Methane HSR, die seit Anfang 2015 am IET Institut für Energietechnik in Rapperswil in Betrieb ist.

Version 2 Thermodynamik von Power-to-Gas - iet.hsr.ch · Seite 1 IET Institut für Energietechnik Das IET Institut für Energietechnik ist auf die Umsetzung von Power-to-Gas in die

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Thermodynamik von Power-to-Gas Friedl, Meier, Ruoss, Schmidlin

Version 2

Thermodynamik von Power-to-Gas

Prof. Dr. Markus Friedl, Boris Meier

Fabian Ruoss, Luca Schmidlin

28. September 2016, Version 2

Bild der Pilot- und Demonstrationsanlage Power-to-Methane HSR, die seit Anfang 2015 am IET Institut für Energietechnik in Rapperswil in Betrieb ist.

Thermodynamik von Power-to-Gas Friedl, Meier, Ruoss, Schmidlin

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IET Institut für Energietechnik

Das IET Institut für Energietechnik ist auf die Umsetzung von Power-to-Gas in die Praxis spezialisiert. Wir haben im Jahr 2015 die erste Power-to-Methan Anlage der Schweiz in Betrieb genommen mit einer elektrischen Leistung von 25 kW und einer Produktion von ca. 1 Nm3 h⁄ Methan. Unsere Kernkompeten-zen sind Design und Optimierung von Systemen, Verknüpfung mit CO2-Quel-len und die Einbettung in eine nachhaltige Energieversorgung. Dabei verwen-den wir Komponenten mit existierenden und neuen Technologien.

Videos Was ist Power-to-Gas? https://youtu.be/0ErKWNuKPs0

Wie funktioniert Power-to-Gas? https://youtu.be/hzaEcbNGA04

www.iet.hsr.ch/power-to-gas

Die diesem Dokument zugrunde liegenden Arbeiten wurden dank finanzieller Beiträge der folgenden Organisationen ermöglicht. Das IET Institut für Ener-gietechnik bedank sich für die wertvollen Beiträge und die Zusammenarbeit.

IET Institut für Energietechnik

Finanzielle Bei-träge

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Abstract

Dieses Dokument beschreibt die Thermodynamik von Power-to-Gas und deckt sowohl Power-to-Hydrogen als auch Power-to-Methan ab. Der Fokus liegt auf dem Verständnis der einzelnen Komponenten und der gesamten Power-to-Gas Anlage als thermodynamisches System sowie auf der Einbin-dung von Power-to-Gas in unsere Energieversorgung. Bei der Auswahl der Themen wurde Wert auf die Umsetzung in der Praxis gelegt, indem vor allem auf Konzepte eingegangen wird, die in der Praxis eingesetzt werden können oder kurz davor stehen. Angaben zum Stand der Technik sowie zu Herstellern sind in diesem Skript nicht vollständig und sind schnellen Änderungen unter-worfen.

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Seite 3

Inhalt: Skript Power-to-Gas

IET Institut für Energietechnik ...................................................................... 1 Abstract ........................................................................................................ 2 Symbole ....................................................................................................... 4 Begriffe ........................................................................................................ 6

1 Überblick ........................................................................................... 9

2 Theoretische Grundlagen ............................................................... 14 2.1 Erhaltungssätze ................................................................................ 14 2.2 Brennwert 𝑯𝑯𝑯𝑯 und Heizwert 𝑯𝑯𝑯𝑯 ........................................................ 16 2.3 Enthalpie mit Nullpunkt ..................................................................... 17 2.4 Wirkungsgrade .................................................................................. 19

3 Elektrolyse ....................................................................................... 22 3.1 Chemische Reaktion ......................................................................... 22 3.2 Bauformen ........................................................................................ 23 3.3 Bilanzen ............................................................................................ 28 3.4 Realer Betrieb ................................................................................... 35

4 Methanisierung ............................................................................... 38 4.1 Chemische Reaktion ......................................................................... 38 4.2 Bauformen ........................................................................................ 39 4.3 Bilanzen ............................................................................................ 41

5 Power-to-Methane ........................................................................... 47 5.1 Chemische Reaktion ......................................................................... 47 5.2 Wirkungsgrad .................................................................................... 48 5.3 Sicherheit .......................................................................................... 48

6 Einbettung von Power-to-Gas ........................................................ 50 6.1 Energiesituation der Schweiz ............................................................ 50 6.2 Elektrizitätsnetz ................................................................................. 52 6.3 Gasnetz ............................................................................................ 56 6.4 CO2-Quellen ...................................................................................... 57 6.4.1. CO2 Eignung und Gewinnung ..................................................................................... 59 6.4.2. CO2 Gewinnung .......................................................................................................... 59

7 Literaturverzeichnis ........................................................................ 63

Anhang: Quellen ...................................................................................... 65

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Seite 4

Symbole

Die Gleichungen in diesem Skript sind so formuliert, dass die Variablen immer mit den Einheiten eingesetzt werden. Es wird empfohlen, für alle Variablen die SI-Einheiten aus Tabelle 1 zu verwenden oder Kombinationen davon. Man kann andere Einheiten verwenden, wenn man sich explizit davon überzeugt hat, dass man auch mit ihnen rechnen kann.

Temperatur 𝑇𝑇 K Kelvin Länge m Meter Masse 𝑚𝑚 kg Kilogramm Zeit 𝑡𝑡 s Sekunde Energie 𝐸𝐸, 𝑊𝑊, 𝑄𝑄, 𝐻𝐻 Arbeit 𝑊𝑊 Wärme 𝑄𝑄 Enthalpie 𝐻𝐻

J = kg m2

s2

Leistung �̇�𝐸, �̇�𝑊, �̇�𝑄, �̇�𝐻 Arbeitsleistung �̇�𝑊 Wärmeleistung �̇�𝑄 Enthalpiestrom �̇�𝐻

W = Js

= kg m2

s3

Kraft 𝐹𝐹 N = kg ms2

Wärmeleitfähigkeit 𝜆𝜆 Wm K

Druck 𝑝𝑝 Pa = Nm2 = kg m

s2 Wärmekapazität 𝑐𝑐𝑝𝑝, 𝑐𝑐𝑣𝑣 J

kg K

spez. Energie 𝑒𝑒, 𝑤𝑤, 𝑞𝑞, ℎ Jkg

= m2

s2 Massenstrom �̇�𝑚 kg

s

Fläche 𝐴𝐴 m2 Volumen 𝑉𝑉 m3 Wärmedurchgangskoef-fizient 𝑈𝑈

Wm2 K

Wärmeübergangskoeffi-zient 𝛼𝛼

Wm2 K

Tabelle 1: Empfohlene Masseinheiten nach SI und einige Kombinationen davon.

Variablen werden 𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘 dargestellt, Masseinheiten wie Meter m oder mathe-matische Funktionen wie der Logarithmus (log oder ln) jedoch nicht.

In diesem Skript werden die folgenden Farben verwendet, die auch für Perso-nen mit Rot/Grün-Farbenblindheit unterscheidbar sind.

Massenströme: Energieströme Wasser Elektrisch Wasserstoff Chemisch (Brennwert) Methan Thermisch, sensible Wärme Sauerstoff Thermisch, latente Wärme,

Verdampfungswärme Kohlenstoff ’ Gesättigten Flüssigphase ’’ Gesättigte Gasphase G Giga, 109 h hekto, 102 k Kilo, 103 M Mega, 106

m Milli, 10-3 n Nano, 10-9 μ Mikro, 10-6

Mittelwert Grösse abgeleitet nach

der Zeit, Strömungsgrösse

Einheiten

𝐾𝐾𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘

Farbschema

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Seite 5

Grossbuchstaben

°C Grad Celsius 𝐸𝐸 J Energie �̇�𝐸 J/s=W Energiestrom 𝐻𝐻 J Enthalpie �̇�𝐻 J/s=W Enthalpiestrom 𝐻𝐻𝑜𝑜 J/kg Brennwert gemäss (2.6)

und (2.7) Seite 16 𝐻𝐻𝑢𝑢 J/kg Heizwert gemäss (2.6)

und (2.8) Seite 16 K Kelvin 𝑀𝑀 kg/mol Molare Masse, Masse von

einem Mol Teilchen

Nm3 Normkubikmeter, Masse in 1 m3 Fluid bei Normbe-dingung 𝑇𝑇𝑛𝑛𝑜𝑜𝑛𝑛𝑛𝑛 = 25 °C, 𝑝𝑝𝑛𝑛𝑜𝑜𝑛𝑛𝑛𝑛 = 1.013 bara

𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒 W elektrische Leistung Pa Pascal, Einheit für Druck 𝑄𝑄 J Wärmemenge �̇�𝑄 J/s=W Wärmestrom 𝑇𝑇 K Temperatur 𝑉𝑉 m3 Volumen 𝑊𝑊 J Arbeit �̇�𝑊 J/s=W Arbeitsstrom (Leistung)

Kleinbuchstaben

bara Bar, Einheit für Absolut-druck

barü Bar, Einheit für Überdruck 𝑐𝑐 J (kg ⋅ K)⁄ Wärmekapazität einer in-

kompressiblen Flüssigkeit 𝑐𝑐𝑝𝑝 J (kg ⋅ K)⁄ spezifische Wärmekapazi-

tät bei konstantem Druck 𝑐𝑐𝑣𝑣 J (kg ⋅ K)⁄ spezifische Wärmekapazi-

tät bei konstantem Volu-men

𝑑𝑑 m Durchmesser, z.B. Rohr-durchmesser

ℎ J kg⁄ spezifische Enthalpie ℎ0 J kg⁄ absolute spezifische Ent-

halpie (Seite 17)

h Stunde (hour) ℎ𝑣𝑣 J/kg Verdampfungsenthalpie kg Kilogramm 𝑚𝑚 kg Masse �̇�𝑚 kg/s Massenstrom 𝑝𝑝 N/m2=Pa Druck, statischer Druck

1 bara = 105 Pa s Sekunden 𝑡𝑡 s Zeit 𝑘𝑘 J kg⁄ spezifische innere Energie 𝑘𝑘0 J kg⁄ absolute spezifische in-

nere Energie (Seite 17)

Griechische Buchstaben

𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ – Umwandlungsgrad der Methanisierung definiert in Gleichung (4.5) Seite 43

𝛾𝛾𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ – spezifischer Hilfsenergief-luss definiert in Glei-chung (4.10) Seite 46

Δ█ – endliche Differenz 𝜂𝜂 – Wirkungsgrad. Es muss

immer angegeben wer-den, wie er definiert ist.

𝜂𝜂𝐸𝐸𝑒𝑒𝑒𝑒𝐸𝐸 – Wirkungsgrad eines Elekt-rolyseurs definiert in (3.5) Seite 29

𝜂𝜂𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ – Wirkungsgrad der Metha-nisierung definiert in (4.6) Seite 44

π – Zahl Pi, π ≈ 3.14159 𝜌𝜌 kg m3⁄ Dichte

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Begriffe

ARA: Abwasserreinigungsanlage Bildungsenthalpie: Enthalpie, die aufgewendet werden muss (positives Vorzeichen) oder frei

wird (negatives Vorzeichen), um einen Stoff aus der stabilsten Modifikation der Elemente zu bilden. Siehe auch Standard-Bildungsenthalpie.

Biogas: Zwei Bedeutungen: 1: Gereinigtes Gas aus einem Fermenter, das aus ca. 60 Vol% CH4, 40 Vol%

CO2 und Feuchtigkeit besteht.1 Diese Bedeutung deckt sich mit der euro-päischen Normierung. Zur Präzisierung wird dieses Gas vor allem in der Schweiz oft auch als „Rohbiogas“ bezeichnet.

2: Gas aus Bedeutung 1, dem CO2 und Feuchtigkeit entnommen wurden, so-dass es Erdgasqualität aufweist. Diese Bedeutung wird vor allem in der Schweiz verwendet. Die europäische Normung bezeichnet dieses Gas als Biomethan. Zur Präzisierung wird dieses Gas auch als Reinbiogas be-zeichnet2.

Biomethan: Gas in Erdgasqualität mit biologischem Ursprung. Brennwert: Energie in J kg⁄ , die beim Verbrennen eines Stoffs freigesetzt wird, wobei die Kon-

densationswärme des entstehenden Wasserdampfs im Gegensatz zum Heiz-wert berücksichtigt ist. Genaue Definition in Kapitel 2.2 Seite 16.

CCS: Carbon Capture and Storage, Abscheiden von Kohlendioxid aus der Atmosphäre oder aus Verbrennungsgasen, um es permanent im Boden oder der Tiefsee zu speichern. Wegen der Speicherung kann diese Forschungsrichtung als ge-scheitert betrachtet werden.

CCU: Carbon Capture and Utilisation, Abscheiden von Kohlendioxid aus der Atmosphäre oder aus Verbrennungsgasen, um es als Rohstoff zu verwenden. Neben der Ver-wendung für die Synthese von Methan oder flüssige Kohlenwasserstoffe, kommt CO2 auch als Rohstoff für die chemische Industrie in Frage, für Kunst-stoffe, Pharma- oder Kosmetikprodukte.

CNG: Abkürzung für Compressed Natural Gas, eine mögliche Aufbewahrungsart von Methan in einem Drucktank mit typischen Drücken zwischen 200 und 300 bar.

Edukt: Ausgangsstoffe einer chemischen Reaktion. EE-Gas: „Erneuerbare Energie-Gas“, Gas (H2 oder CH4), das mit aus erneuerbaren Quellen

erzeugtem Strom generiert wird. e-Gas: Bezeichnung der Firma Audi für mit erneuerbarem Strom und erneuer¬baren Rohstof-

fen erzeugtes Gas für die Verwendung in Gasfahrzeugen. endotherm: Eine chemische Reaktion ist endotherm, wenn für die Reaktion Energie aufge-

wendet werden muss. Die Bildungsenthalpie ist dann negativ, z.B. die Elekt-rolyse von Gleichung

exotherm: Eine chemische Reaktion ist exotherm, wenn bei der Reaktion Energie freigesetzt wird. Die Bildungsenthalpie ist dann positiv.

Fluid: Ein Gas oder eine Flüssigkeit, in der Physik ist auch Plasma ein Fluid, das aber in die-sem Skript nicht behandelt wird und bei Power-to-Gas Anlagen nicht vor-kommt.

HCNG oder H2CNG: Mischung aus komprimiertem Methan (CNG) und Wasserstoff.

1 z.B. [6] Abbildung 153, Seite 107 2 z.B. [6] Abbildungen 159, Seite 110 bis 161 Seite 111

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Heizwert: Energie in J/kg, die beim Verbrennen eines Stoffs freigesetzt wird, wobei die Kon-densationswärme des entstehenden Wasserdampfs im Gegensatz zum Brennwert nicht berücksichtigt ist. Genaue Definition in Kapitel 2.2 Seite 16.

LNG: Abkürzung für „Liquified Natural Gas“, eine mögliche Aufbewahrungsart von Methan, indem es durch Abkühlen auf -165 °C verflüssigt wird. Das hat den Vorteil, dass pro Kubikmeter mehr Energie transportiert werden kann.

KVA: Kehrrichtverbrennungsanlage KWK: Abkürzung für Kraft-Wärme-Kopplung. Deutscher Begriff für eine Anlage, die aus einem

chemischen Energieträger (Gas, flüssiger oder fester Brennstoff) Wärme und Strom erzeugt. In der Schweiz wird das als Wärme-Kraft-Kopplung (WKK) be-zeichnet, was genauer ist, weil solche Anlagen typischerweise wärmegeführt sind.

Mol: Ein Mol ist eine bestimmte Anzahl von Teilchen, Atome oder Moleküle. Wie ein Duzend Teilchen 12 Teilchen sind, ist ein Mol Teilchen 6.0221 · 1023 Teilchen.

Molare Masse 𝑀𝑀: Masse von einem Mol Teilchen. Normbedingungen: Druck von 𝑝𝑝 = 1.01325 bara und Temperatur von 𝑇𝑇 = 0 °C, nicht zu ver-

wechseln mit den Standardbedingung, Normbedingungen werden verwendet für Normkubikmeter, Normvolumen, Normvolumenstrom, Eigenschaften von Gasen wie z.B. Normdichte 𝜌𝜌𝑛𝑛𝑜𝑜𝑛𝑛𝑛𝑛, Angabe des Normkubikmeters Nm3

Normkubikmeter Nm3: Masse in 1 m3 Volumen bei Normbedingungen 𝑝𝑝 = 1.01325 bara, 𝑇𝑇 =0 °C

P2G®: Abkürzung für Power-to-Gas, geschützte Marke des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW)

PEM Elektrolyse: Elektrolyse mit einer „Proton-Exchange-Membrane“ oder Polymerelektrolyt-membran

PtG: Abkürzung für Power-to-Gas Power-to-Gas: Die Erzeugung von Gas (H2 oder CH4) aus Strom, Wasser und – im Falle von

CH4) CO2. Power-to-Hydrogen oder Power-to-H2: Erzeugung von Wasserstoff in einer Elektrolyse. Power-to-Methan oder Power-to-CH4: Synonym zu Power-to-Methane mit der Unschönheit,

dass deutsch und englisch im gleichen Begriff vorkommen. Power-to-Methane oder Power-to-CH4: Synthese von Methan in zwei Stufen (Elektrolyse und

Methanisierung). Power-to-Wasserstoff: Synonym zu Power-to-Hydrogene mit der Unschönheit, dass deutsch

und englisch im gleichen Begriff vorkommen. Produkt: Stoffe als Ergebnis einer chemischen Reaktion. Reaktionsenthalpie: Enthalpie, die aufgewendet werden muss (positives Vorzeichen) oder frei

wird (negatives Vorzeichen) beim Ablauf einer chemische Reaktion. Die Be-dingungen der Edukte und Produkte muss angegeben werden.

Renewable Power-to-Gas: Power-to-Gas, wobei der notwendige Strom und der Kohlenstoff aus erneuerbaren Quellen kommen.

Rohbiogas: Gas aus einem Fermenter, das aus ca. 60 Vol% CH4, 40 Vol% CO2 und Feuchtig-keit besteht. Das Gas kann gereinigt oder ungereinigt sein.

rSOC: reversible Solide Oxide Cell: Bezeichnung der Firma Sunfire für Ihre Kerntechnologie, die sowohl als SOEC als auch als SOFC funktionieren kann.

SNG: Abkürzung für Synthetic Natural Gas oder Substitute Natural Gas

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SNG erneuerbar: Synthetic Natural Gas oder Substitute Natural Gas mit der Präzisierung, dass die elektrische Energie und eventuell auch der Kohlenstoff aus erneuer-baren Quellen stammen.

SOEC: Solid Oxide Electrolyser Cell, Elektrolyseurtechnologie, die Wasserdampf anstatt flüs-siges Wasser elektrolysiert. Es ist die umgekehrte Reaktion einer SOFC.

SOFC: Solid Oxide Fuel Cell, Brennstoffzelle, die aus einem brennbaren Gas und Sauerstoff Wasserdampf und Elektrizität erzeugt. Es ist die umgekehrte Reaktion einer SOEC.

Solargas: Erzeugung von Gas (H2 oder CH4) mit der Präzisierung, dass die verwendete elekt-rische Energie aus Sonnenenergie erzeugt wird.

Stack: Zellstapel eines Elektrolyseurs. Stadtgas: Gas, das seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Städten aus Kohle gewonnen und im

Gasnetz in die Haushalte verteilt wurde. Es bestand aus ca. 50 Vol% H2, 20 Vol% CH4, 15 Vol% Stickstoff N2, 10 Vol% CO und weiteren Bestandteilen wie CO2, Wasserdampf H2O, Sauerstoff O2 und höherer Kohlenwasserstoffe CmHn. In Zürich wurde Stadtgas 1970 vollständig durch Erdgas ersetzt, in West-Berlin erst 1996.

Standard-Bildungsenthalpie: Enthalpie, die aufgewendet werden muss (positives Vorzeichen) oder frei wird (negatives Vorzeichen), um einen Stoff aus der stabilsten Modi-fikation der Elemente zu bilden, wenn Edukte und der zu bildende Stoff bei Normalbedingungen vorliegen. Siehe auch Bildungsenthalpie.

Standardbedingungen: Druck von 1.01325 bara und Temperatur von 25 °C, nicht zu verwech-seln mit den Normbedingungen, Standardbedingungen werden verwendet für Bildungsenthalpie, Brennwert und Heizwert.

Subsitute Natural Gas: Synonym von Synthetic Natural Gas Swiss Renewable Power-to-Gas: Renewable Power-to-Gas mit dem Fokus auf die Schweiz Synthetic Natural Gas: Methan, das in einem technischen Prozess synthetisiert wird, Elektrizi-

tät und Kohlenstoff können aus nicht erneuerbaren oder aus erneuerbaren Quellen stammen.

Windgas: Erzeugung von Gas (H2 oder CH4) mit der Präzisierung, dass die verwendete Elekt-rizität in Windkraftanlagen erzeugt wird.

WKK: Abkürzung für Wärme-Kraft-Kopplung: Schweizer Begriff für eine Anlage, die aus einem chemischen Energieträger (Gas, flüssiger oder fester Brennstoff) Wärme und Strom erzeugt. In Deutschland wird das als Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) be-zeichnet. Weil die Anlagen typischerweise wärmegeführt sind, ist der Schwei-zer Begriff genauer.

Zellwirkungsgrad: Wirkungsgrad einer einzelnen Elektrolyseurzelle. Für die Beschreibung ei-ner Power-to-Gas Anlage ist der Systemwirkungsgrad des Elektrolyseurs bzw. der Elektrolyseurwirkungsgrad wichtig.

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1 Überblick

In der Diskussion der neuen erneuerbaren Energien wird oft nur von erneuer-barer Elektrizität gesprochen, z.B. aus Photovoltaik oder Windkraftanlagen. Elektrizität macht aber nur 25 % des Schweizer Endenergieverbrauchs sind Elektrizität, während 50 % flüssige Energieträger und 14 % Erdgas sind3.

Der Begriff Power-to-Gas ist folgendermassen definiert:

(1.1) Power-to-Gas ist ein Verfahren für die Umwandlung von elektrischer Energie aus Strom in chemische Energie, die in Form eines Gases vorliegt.

Ein Gas, das chemische Energie enthält, ist ein brennbares Gas. In der Praxis ist das Gas entweder Wasserstoff oder Methan obwohl sich die Definition nicht auf diese beiden Gase beschränkt.

Es ist unbestritten, dass Power-to-Gas nur sinnvoll ist, wenn das produzierte Gas einen kleineren Impact auf die Umwelt hat als fossiles Methan. Letzteres ist die Messlatte, an der sich jede Power-to-Gas Anlage messen muss, wie das heute schon beim Biogas der Fall ist. Der Impact der drei folgenden Kom-ponenten sind dabei bestimmend: verwendete Elektrizität, verwendetes CO2 und Betrieb der Anlage. Wie der Impact genau bestimmt wird, ist Gegenstand von Diskussionen. Obwohl mit den Life Cycle Assessments (LCA) systemati-sche Methoden vorhanden sind, gibt es dazu noch viele offene Fragen.

Der grobe Aufbau einer Power-to-Gas Anlage ist in Abbildung 1 dargestellt. Die erste Stufe ist ein Elektrolyseur (Kapitel 3 Seite 22), in dem mit dem Ein-satz von Elektrizität (Power) Wasser H2O zu Wasserstoff H2 und Sauerstoff O2 aufgespalten wird. Die chemische Reaktion ist endotherm, benötigt also eine Zufuhr von Energie in Form von Elektrizität und lautet wie folgt (Kapi-tel 3.1, Seite 22):

(1.2) Elektrolyse: 2 H2O → 2 H2 + O2

In der Elektrolyse wird angestrebt, dass möglichst viel der Energie aus der Elektrizität nachher im Wasserstoff H2 steckt, die Elektrolyse also eine mög-lichst hohe Effizienz hat. Eine solche Anlage ist bereits eine Power-to-Gas Anlage. Um zu präzisieren, dass das Produzierte Gas Wasserstoff ist, spricht man von einer Power-to-Hydrogen Anlage.

3 (11) Tabelle 1

Definition

Gase

erneuerbar

Power-to-Hydro-gen

möglichst hohe Effizienz

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Abbildung 1: Grundprinzip einer Power-to-Gas Anlage mit den Bezeichnungen Power-to-Hydrogen und Power-to-Methane.

In einer zweiten Stufe kann in einer Power-to-Gas Anlage aus dem Wasser-stoff H2 mit der Zugabe von Kohlendioxid CO2 die Produkte Methan CH4 und Wasser H2O erzeugt werden. Diese Umwandlung heisst Methanisierung oder Sabatier Reaktion (Kapitel 4 Seite 38). Diese chemische Reaktion ist exotherm (es wird also Wärme freigesetzt) und lautet wie folgt:

(1.3) Methanisierung: 4 H2 + CO2 → CH4 + 2 H2O

In der Methanisierung wird angestrebt, dass möglichst viel des Wasserstoffs in Methan umgewandelt wird, sodass die Methankonzentration im produzier-ten Gas möglichst gross ist. Wie viel Energie im austretenden Gasstrom steckt, wird durch die Chemie und den Umwandlungsgrad bestimmt. Eine gute Methanisierung zeichnet sich also nicht durch eine hohe Effizienz aus, sondern durch einen hohen Umwandlungsgrad und die Effizienz ergibt sich daraus.

Eine Serienschaltung der Prozesse (1.2) und (1.3) gemäss Abbildung 1 stel-len eine Power-to-Methan Anlage dar. Die resultierende Gleichung des ge-samten Prozesses lautet somit wie folgt:

(1.4) Power-to-Methane: 4 H2O + CO2 → CH4 + 2 H2O + 2 O2

Eine Power-to-Gas Anlage kann sich– wie in Abbildung 2 gezeigt – zwischen dem Elektrizitätsnetz und dem Gasnetz befinden. Es verbindet diese beiden Netze miteinander und transferiert Energie vom Elektrizitätsnetz in das Gas-netz. Die Verbindung in die umgekehrte Richtung existiert über die Gaskraft-werke oder über die Wärme-Kraft-Kopplung (WKK). Da der Elektrolyseur ei-ner Power-to-Gas Anlage sehr dynamisch betrieben werden kann, ist es auch

Methanisierung

möglichst hohe Umwandlung

Power-to-Me-thane

Einbindung

Elektro-lyse

Power

H2O

O2

Methani-sierung Speicher

H2

direkte Nut-zung

H2

CH4

Wärme

H2

Power-to-Methane

Power-to-Hydrogen

H2O Wärme

CO2

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möglich, eine Power-to-Gas Anlage direkt an eine Photovoltaikanlage oder eine Windkraftanlage anzuschliessen.

Neben Power-to-Gas gibt es auch Power-to-Liquid Prozesse, bei denen eine Flüssigkeit synthetisiert wird. Die Flüssigkeit ist Methanol, das direkt verwen-det werden kann, indem es z.B. Benzin beigemischt wird, oder eine Mischung aus unterschiedlichen Kohlenwasserstoffen, die anstelle von Erdölprodukten in einer Raffinerie weiterverarbeitet werden kann. Power-to-Methane gehört in den Bereich von „Carbon Capture and Utilisation“ (CCU). Diese For-schungsrichtung löst soeben den Bereich „Carbon Capture and Storage“ (CCS) ab, der wegen ungelöster Fragen der Speicherung als gescheitert be-trachtet werden kann.

Einordnung

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Abbildung 2: Übersicht über Power-to-Gas mit der 3D-Darstellung aus der Animation (https://www.youtube.com/watch?v=0ErKWNuKPs0) von Luca Leuenber-ger.

Wasser CO2-Quellen Produktion erneuerbare Elektrizität

Elektrizitäts-netz Elektrizitäts-

netz

Power-to-Methane An-

lage

Erdgasnetz

Wärme-Kraft-Kopplung

WKK

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Abbildung 3: Übersicht über Power-to-Gas und seine Einbindung in die Elektri-zitätsversorgung und CO2-Quellen mit einigen Kennzahlen.

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2 Theoretische Grundlagen

2.1 Erhaltungssätze

In den Naturwissenschaften gibt es zwei fundamentale Gesetze, die bei ther-modynamischen Berechnungen und auch im Zusammenhang mit Power-to-Gas angewendet werden:

(2.1) Massenerhaltung Die Masse bleibt erhalten. Sie kann nicht aus nichts entstehen und zu nichts verschwinden.

(2.2) Energieerhaltung Die Energie bleibt erhalten. Sie kann nicht aus nichts entstehen und zu nichts verschwinden sondern sie kann nur von einer Form in eine andere Form umge-wandelt werden.

Um basierend auf diesen beiden Naturgesetzen quantitative Aussagen zu ma-chen, muss immer ein System oder ein Bilanzgebiet definiert werden. Wie in Abbildung 4 skizziert, wird eine Systemgrenze festgelegt, innerhalb dieser al-les zum System gehört. Wenn Grössen wie die Masse und die Energie bilan-ziert werden, dann betrachtet man immer die Ströme (Massenströme und Energieströme) über die Systemgrenzen.

Abbildung 4 Bilanzgebiet einer allgemeinen Bilanz mit Grössen „Ein“, die über die Bi-lanzgrenze in das Kontrollvolumen einströmen und Grössen „Aus“, die über die Bilanzgrenze Ausströmen.

Wenn über die Zeit alle Grössen eines Systems wie Massenströme, Energie-ströme, Temperaturen und Drücke konstant sind – sich also zeitlich nichts verändert – dann spricht man von einem stationären Zustand. In einer Anlage ist oft ein solcher Zustand erreicht, wenn sie schon sehr lange eingeschaltet ist, konstant läuft und weitere Zeit im gleichen Zustand laufen wird. Wir wer-den im Folgenden nur solche stationäre Zustände betrachten und Gleichun-gen nur so formulieren.

Im stationären Zustand lautet die Bilanz für das System aus Abbildung 4, dass die einströmenden Grössen gleich gross wie die ausströmenden Grössen sind. Das gilt für die beiden bilanzierbaren Grössen Masse und Energie, je-

zwei fundamen-tale Gesetze

System

stationärer Zu-stand

allgemeine Bi-lanz

„Ein“ „Aus“

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doch nicht für Grössen wie Volumen oder Geschwindigkeit. In der Bilanz tau-chen nur Grössen auf, die über die Systemgrenzen strömen. Ströme innerhalb des Systems erscheinen nicht in der Bilanz.

(2.3) """" AusEin =

Um unsere Erkenntnisse später auf Power-to-Gas Systeme anwenden zu können, betrachten wir zunächst das allgemeine System aus Abbildung 5. Stellvertretend für beliebig viele Massenströme sind die drei Massenströme �̇�𝑚𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛1, �̇�𝑚𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛2 und �̇�𝑚𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛3 eingezeichnet, die in das System einströmen sowie drei Massenströme �̇�𝑚𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎1, �̇�𝑚𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎2 und �̇�𝑚𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎3, die aus dem System ausströmen. Die allgemeine Massenbilanz für ein stationäres System kann jetzt aufgestellt werden und lautet:

(2.4) �̇�𝑚𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛1 + �̇�𝑚𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛2 + �̇�𝑚𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛3 + ⋯ = �̇�𝑚𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎1 + �̇�𝑚𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎2 + �̇�𝑚𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎3 + ⋯

Abbildung 5 Bilanzgebiet einer allgemeinen Bilanz mit Grössen „Ein“, die über die Bi-lanzgrenze in das Kontrollvolumen einströmen und Grössen „Aus“, die über die Bilanzgrenze Ausströmen.

Im allgemeinen System ergeben sich die folgenden Energieströme, die bilan-ziert werden können:

- Mit jedem Massenstrom �̇�𝑚 gelangt Energie in Form von chemischer und thermischer Energie in das System oder aus dem System heraus. Alle von einem Massenstrom �̇�𝑚 in das System eingebrachte Energie wird mit dem Enthalpiestrom �̇�𝐻 ausgedrückt4.

Zusätzlich können Energieströme in das System ein- und austreten, die nicht mit einem Massenstrom verbunden sind:

4 Die Enthalpie 𝐻𝐻 = 𝑈𝑈 + 𝑝𝑝 · 𝑉𝑉 hat die Einheit Joule und enthält die innere Energie 𝑈𝑈 sowie die Einschiebearbeit

𝑝𝑝 · 𝑉𝑉 für einströmende Massenströme beziehungsweise die Ausschiebearbeit 𝑝𝑝 · 𝑉𝑉 für ausströmende Massen-ströme. In der inneren Energie 𝑈𝑈 ist die chemische Energie und die thermische Energie enthalten. Bei chemi-schen Betrachtungen wird die Enthalpie 𝐻𝐻 oft geschrieben als 𝐻𝐻0 für die Bildungsenthalpie oder als 𝐻𝐻0 für die absolute Enthalpie. Beides hat mit dem gewählten Nullpunkt der Enthalpieskala zu tun. Der Einfachheit halber wird diese Schreibweise hier weggelassen.

Massenströme im allgemeinen System

Energieströme

�̇�𝑚𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛1, �̇�𝐻𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛1

�̇�𝑚𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛2, �̇�𝐻𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛2

�̇�𝑚𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛3, �̇�𝐻𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛3

𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛1

�̇�𝑄𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛1

�̇�𝑚𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎1, �̇�𝐻𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎1

�̇�𝑚𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎2, �̇�𝐻𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎2

�̇�𝑚𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎3, �̇�𝐻𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎3

𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎1

�̇�𝑄𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎1

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- Arbeitsströme �̇�𝑊 wie elektrische Leistung 𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒.5 Stellvertretend für beliebig viele Arbeitsströme ist in Abbildung 5 ein in das System eintretende elekt-rische Leistung 𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛1 und ein austretender elektrische Leistung 𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎1 eingezeichnet.

- Wärmeströme �̇�𝑄 über Konvektion oder Strahlung. Stellvertretend für belie-big viele Wärmeströme �̇�𝑄 ist in Abbildung 5 ein in das System eintretender Wärmestrom �̇�𝑄𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛1 und ein austretender Wärmestrom �̇�𝑄𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎1 eingezeichnet.

Die Bilanz der Energieströme gemäss Gleichung (2.3) sagt aus, dass die ein- und ausströmenden Leistungen gleich gross sein müssen.

(2.5) �̇�𝐻𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛1 + ⋯+ 𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛1 +⋯�̇�𝑄𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛1 + ⋯ = �̇�𝐻𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎1 + ⋯+ 𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎1 + ⋯�̇�𝑄𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎1 + ⋯

Die Massenerhaltung gilt für jede Atomsorte. Dies wird berücksichtigt, in dem die Anzahl Teilchen6 jeder Atomsorte in den chemischen Gleichungen (1.2), (1.3) und (1.4) von Seite 9 auf beiden Seiten der Gleichung ausgeglichen wer-den.

2.2 Brennwert 𝑯𝑯𝑯𝑯 und Heizwert 𝑯𝑯𝑯𝑯

(2.6) Der Brennwert 𝐻𝐻𝑜𝑜 eines Stoffs 𝑋𝑋 und der Heizwert 𝐻𝐻𝑢𝑢 eines Stoffs 𝑋𝑋 ist die Energie, die frei wird pro Kilogramm des Stoffs 𝑋𝑋, der mit einer Temperatur 𝑇𝑇 = 25°C und einem Druck 𝑝𝑝 = 1.013bara zusammen mit genügend Sauer-stoff im Reaktor aus Abbildung 6 vollständig oxidiert (verbrennt). Die Produkte der Reaktion treten wieder mit gleicher Temperatur 𝑇𝑇 und Druck 𝑝𝑝 aus dem Reaktor aus.

(2.7) - Beim Brennwert 𝐻𝐻𝑜𝑜 wird alles Wasser H2O in den Produkten, also in den Abgasen, kondensiert.7

(2.8) - Beim Heizwert 𝐻𝐻𝑢𝑢 bleibt alles Wasser H2O in den Produkten, also in den Abgasen, gasförmig.8

Da beim Kondensieren des Wasserdampfs weitere Energie freigesetzt wird9, ist der Brennwert 𝐻𝐻𝑜𝑜 grösser als der Heizwert 𝐻𝐻𝑢𝑢.

Für die Definition spielt es keine Rolle, ob die Oxidation in der Realität wirklich stattfinden kann, auf welche Art und Weise die Reaktion stattfindet oder wie

5 Eine andere Möglichkeit, die wir hier im Zusammenhang mit Power-to-Gas nicht behandeln, ist mechanische

Leistung, z.B. eine drehende Welle oder eine Kolbenmaschine 6 beziehungsweise die Anzahl Mol. 7 Der Brennwert 𝐻𝐻𝑜𝑜 hiess früher „oberer Heizwert“, was immer noch im Index „o“ der Variable sichtbar ist. In

neuen Publikationen sieht man manchmal die durch Wikipedia bekannt gemachte Variable 𝐻𝐻𝑎𝑎 mit „s“ für latei-nisch „superior“, hat sich in der Fachliteratur noch nicht durchgesetzt.

8 Der Heizwert 𝐻𝐻𝑘𝑘 hiess früher „unterer Heizwert“, was immer noch im Index „u“ der Variable sichtbar ist. In neuen Publikationen sieht man manchmal die durch Wikipedia bekannt gemachte Variable 𝐻𝐻𝑒𝑒 mit „i“ für lateinisch „in-ferior“, hat sich in der Fachliteratur noch nicht durchgesetzt.

9 Die Verdampfungsenthalpie.

Energiebilanz

Atomsorten

Brennwert grös-ser als Heizwert

chemische Re-aktion

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der Brenner gebaut ist. Die Kohlenstoffe C im Stoff 𝑋𝑋 werden zu CO2 oxidie-ren, die Wasserstoffe im Stoff 𝑋𝑋 zu H2O. Die Oxidation findet vollständig statt.

Falls die Produkte, also die Abgase, in der Realität bei 𝑝𝑝 = 1.013bara auf eine Temperatur 𝑇𝑇 = 25°C abgekühlt werden, wird das meiste Wasser H2O kon-densieren und nur wenig gasförmig bleiben. Die Definition von Brennwert 𝐻𝐻𝑜𝑜 und Heizwert 𝐻𝐻𝑢𝑢 ist unabhängig von dem, was in der Realität passiert, son-dern berücksichtigt rechnerisch die vollständige Kondensation (𝐻𝐻𝑜𝑜) oder kei-nerlei Kondensation (𝐻𝐻𝑢𝑢) des Wassers H2O in den Abgasen.

Weil Edukte und Produkte die gleiche Temperatur T und Druck p haben, spielt es keine Rolle, wenn zusätzlich zum Sauerstoff O2, der an der Oxidation teil-nimmt, weitere Gase (z.B. Stickstoff N2 im Falle von Luft oder weiterer Sauer-stoff O2 im Falle von Luftüberschuss) der chemischen Reaktion zugeführt und mit der gleichen Temperatur wieder abgeführt werden.

Abbildung 6 Definition des Brennwerts und des Heizwerts des Stoffs 𝑋𝑋. Für den Brenn-wert 𝐻𝐻𝑜𝑜 ist gemäss (2.7) alles Wasser H2O in den Produkten flüssig. Für den Heizwert 𝐻𝐻𝑢𝑢 ist gemäss (2.8) alles Wasser H2O in den Produkten gas-förmig.

Der Wobbe Index dient zum Vergleich des Brennverhalten von Gasen. Gase mit identischem Wobbe Index können durcheinander ersetzt werden.

(2.9) 𝜂𝜂𝑃𝑃𝑀𝑀𝑀𝑀 =Brennwert

�𝐷𝐷𝑘𝑘𝑐𝑐ℎ𝑡𝑡𝑒𝑒 𝐵𝐵𝑘𝑘𝑒𝑒𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝑘𝑘𝐷𝐷𝑘𝑘𝑐𝑐ℎ𝑡𝑡𝑒𝑒 𝐿𝐿𝑘𝑘𝐿𝐿𝑡𝑡

=𝐻𝐻𝑜𝑜

�ρ𝐺𝐺ρ𝐿𝐿

2.3 Enthalpie mit Nullpunkt

Die absolute spezifische Enthalpie ℎ0 gibt den Inhalt der folgenden Energie-formen in einem Kilogramm eines Fluids an: - chemische Energie absolute spezifische innere Energie u0 - thermischer Energie - Ein- und Ausschiebearbeit

Wasser in Pro-dukten

zusätzliche Gase

Wobbe Index

Energieformen der Enthalpie

chemische Reaktion

�̇�𝑚𝑋𝑋 Stoff 𝑋𝑋

Gas mit genügend Sauer-stoff O2 für die vollständige

Oxidation von Stoff 𝑋𝑋

𝑝𝑝 = 1.013bara, 𝑇𝑇 = 25°C

�̇�𝑚𝑅𝑅𝐺𝐺 𝑝𝑝 = 1.013bara, 𝑇𝑇 = 25°C

Produkte: CO2 falls Stoff 𝑋𝑋 C enthält, H2O falls Stoff 𝑋𝑋 H Enthält

�̇�𝐸

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Die Ein- und Ausschiebearbeit ist die Arbeit, die notwendig ist, um ein Fluid in ein System hineinzufördern oder aus einem System herauszufördern. Die ki-netische Energie sowie die potentielle Energie eines Fluidstroms können im Apparatebau, also auch bei Power-to-Gas Anlagen, vernachlässigt werden. Somit gilt: Wenn ein Fluid über die Grenzen eines Systems strömt, so bein-haltet die spezifische Enthalpie alle Energie, die aufgrund des Einströmens von 1 kg Fluid berücksichtigt werden müssen.

Die Enthalpieskala hat einen willkürlichen Nullpunkt. Alle Angaben eines Zah-lenwertes sind also immer relativ zu diesem Nullpunkt. Bei chemischen Reak-tionen, muss für jede Elementart, die vorkommt, ein Nullpunkt definiert wer-den. In diesem Dokument kommen die Elemente H, O, N, C und S vor, sodass der Nullpunkt der Enthalpieskala mit fünf Punkte definiert werden muss. Die Definition des Nullpunktes ist in Tabelle 2 festgelegt.

Chemische Verbindung Aggregatszustand Druck Temperatur

H2O flüssig

𝑝𝑝 = 1.01325 bara 𝑇𝑇 = 25 °C O2

gasförmig N2 CO2 SO2 Tabelle 2: Definition des Nullpunktes der Skala für die absolute Enthalpie in diesem

Skript.

Gründe für die Verwendung dieses Nullpunkts:

- Der Nullpunkt deckt sich mit der Definition des Brennwerts 𝐻𝐻𝑜𝑜 gemäss (2.6) und (2.7) Seite 16, sodass für die Berechnung der Enthalpieströme �̇�𝐻 der Brennwert 𝐻𝐻𝑜𝑜 verwendet werden kann.

- Mit den berechneten Enthalpieströmen �̇�𝐻 können aussagekräftige Sankey-Diagramme gezeichnet werden.10

- In der Verbrennungsforschung ist es üblich, mit dem Brennwert 𝐻𝐻𝑜𝑜 zu rech-nen.

- In den meisten Fällen wird der energetische Inhalt eines Brennstoff mit dem Brennwert 𝐻𝐻𝑜𝑜 angegeben, so z.B. in der Weltenergiestatistik der IEA oder in der Gasrechnung.

Die Enthalpie eines Stoffs hängt von Temperatur 𝑇𝑇 und Druck 𝑝𝑝 ab. Im Bereich der Drücke, die bei Power-to-Gas vorkommen (bis 30 bar), kann die Abhän-gigkeit des Drucks 𝑝𝑝 vernachlässigt werden. Somit kann ein Enthalpiestrom �̇�𝐻 mit dem Brennwert 𝐻𝐻𝑜𝑜, der gemittelten Wärmekapazität 𝑐𝑐𝑝𝑝� �25°C

𝑇𝑇 und der Temperatur 𝑇𝑇 berechnet werden. Bei gasförmigem Wasser kommt auch die

10 Das ist nicht der Fall, wenn der Nullpunkt beim gasförmigen Wasser definiert würde, sodass mit dem Heizwert

gerechnet werden würde. Es ist auch nicht der Fall, wenn der Nullpunkt der Bildungsenthalpie verwendet würde. In beiden Fällen hätte flüssiges Wasser eine negative Enthalpie und der entsprechende Pfeil im Sankey-Dia-gramm müsste entgegen der Fliessrichtung des flüssigen Wassers gezeichnet werden.

Enthalpiestrom beinhaltet alles

Nullpunkt will-kürlich

Gründe

Abhängig von 𝑝𝑝 vernachlässig-bar

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Verdampfungsenthalpie ℎ𝑣𝑣(25 °C) = 2‘443 kJ kg⁄ dazu. Werte für die Wärme-kapazitäten sind in Tabelle 4 enthalten.

(2.10) allgemein: �̇�𝐻(𝑇𝑇) = �̇�𝑚 ∙ �𝐻𝐻𝑜𝑜 + 𝑐𝑐𝑝𝑝� �25°C𝑇𝑇 ∙ (𝑇𝑇 − 25°C)�

(2.11) Wasser flüssig (𝐻𝐻0 = 0): �̇�𝐻(𝑇𝑇) = �̇�𝑚 ∙ 𝑐𝑐𝑝𝑝� �25°C𝑇𝑇 ∙ (𝑇𝑇 − 25°C)

(2.12) Wasserdampf (𝐻𝐻0 = ℎ𝑉𝑉𝑒𝑒𝑛𝑛𝑉𝑉(25°C)): �̇�𝐻(𝑇𝑇) = �̇�𝑚 ∙ �ℎ𝑉𝑉𝑒𝑒𝑛𝑛𝑉𝑉(25°C) + 𝑐𝑐𝑝𝑝� �25°C

𝑇𝑇 ∙ (𝑇𝑇 − 25°C)�

Mit diesen Gleichungen besteht die Möglichkeit, den Energiesatz (2.5) Seite 9 mit Brennwerten auszudrücken. Gleichzeitig erlauben die so berechneten Energieströme das Zeichnen von aussagekräftigen Sankey-Diagrammen. In ihnen wird die Energieerhaltung (2.2) direkt sichtbar, weil die Gesamtdicke der Energieströme ins System hinein gleich ist wie diejenige der Energieströme aus dem System hinaus.

2.4 Wirkungsgrade

Ein Wirkungsgrad ist ein Quotient zwischen einem Nutzen und einem Auf-wand.

(2.13) 𝜂𝜂 =𝑁𝑁𝑘𝑘𝑡𝑡𝑁𝑁𝑒𝑒𝐵𝐵𝐴𝐴𝑘𝑘𝐿𝐿𝑤𝑤𝐵𝐵𝐵𝐵𝑑𝑑

Sowohl der Nutzen als auch der Aufwand müssen definiert werden. Beim Auf-wand kann z.B. die aufzuwendende elektrische Leistung oder die gesamte Leistung inklusive Wärme definiert werden. Die Angabe eines Wirkungsgrads muss immer zusammen mit der Definition angegeben werden. Andernfalls ist die Aussage wertlos.

Es ist ein verbreiteter Irrtum, dass ein Wirkungsgrad nicht grösser als eins sein könne, da ansonsten die Energieerhaltung verletzt wäre. Je nach Defini-tion von Referenzgrösse und Aufwand kann aber der Wirkungsgrad auch grösser als eins sein, ohne dass die Energieerhaltung verletzt ist. Ein Wir-kungsgrad und die Energieerhaltung sind voneinander unabhängige Aussa-gen.

Energiesatz mit Brennwerten

Quotient

Definition erfor-derlich

Wirkungsgrad grösser eins

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Stoff Molmasse

𝑀𝑀 kg mol⁄

Brennwert 𝐻𝐻𝑜𝑜

MJ kg⁄

Heizwert 𝐻𝐻𝑢𝑢

MJ kg⁄

Quelle:

Aggregats-zustand

𝑅𝑅𝑎𝑎 J (kg K)⁄

bei 𝑇𝑇𝑎𝑎𝑀𝑀𝑉𝑉 = 25 °C, 𝑝𝑝𝑎𝑎𝑀𝑀𝑉𝑉 = 1.013 bara

bei 𝑇𝑇𝑛𝑛𝑜𝑜𝑛𝑛𝑛𝑛 = 0 °C, 𝑝𝑝𝑛𝑛𝑜𝑜𝑛𝑛𝑛𝑛 = 1.013 bara

𝜌𝜌𝑎𝑎𝑀𝑀𝑉𝑉 kg m3⁄

𝑐𝑐𝑝𝑝,𝑎𝑎𝑀𝑀𝑉𝑉 J (kg K)⁄

𝜌𝜌𝑛𝑛𝑜𝑜𝑛𝑛𝑛𝑛 kg Nm3⁄

𝑐𝑐𝑝𝑝,𝑛𝑛𝑜𝑜𝑛𝑛𝑛𝑛 J (kg K)⁄

Helium He 0.004003 0 0 gasförmig 2077.2 0.164 0.179 Sauerstoff O2 0.031998 0 0 NP gasförmig 259.8 1.308 919.6 1.429 916.7 trockene Luft 0.02897 0 0 gasförmig 287.1 1.184 1006.6 1.292 1005.9 Wasserstoff H2 0.002016 141.788 119.951 [4] gasförmig 4124.3 0.082 14306 0.090 14197.2 Wasser H2O 0.018015 0 -2.449 NP flüssig -- 997.0 4181.3 999.8 4219.3 Wasser H2O 0.018015 2.449 0 EB gasförmig 461.5 0.736 0.804 Schwefel S 0.03206 9.25 9.25 [8] fest -- Schwefeldioxid SO2 0.064058 0 0 NP gasförmig 129.8 2.618 2.857 Stickstoff N2 0.028014 0 0 NP gasförmig 296.8 1.145 1041.3 1.250 1041.4 Stickstoffmonoxid NO 0.030006 1.902 1.902 EB gasförmig 277.1 1.226 1.338 Stickstoffdioxid NO2 0.046005 -0.743 -0.743 EB gasförmig 180.7 1.880 2.052 Ammoniak NH3 0.017031 22.478 18.601 [4] gasförmig 488.3 0.703 2164.5 0.771 2179.4 Kohlenstoff C 0.012011 32.8 32.8 [8] fest (Grafit) Kohlenmonoxid CO 0.028010 10.103 10.103 [4] gasförmig 296.8 1.145 1042.1 1.250 1042.0 Kohlendioxid CO2 0.044009 0 0 NP gasförmig 188.9 1.808 850.9 1.976 826.8 Methan CH4 0.016043 55.515 50.028 [4] gasförmig 518.4 0.657 2231.7 0.717 2181.0 Methanol CH3OH 0.032042 23.847 21.099 [4] flüssig -- Ethan C2H6 0.030070 51.902 47.510 [4] gasförmig 276.5 1.238 1757.2 1.255 1663.5 Ethylen, Ethen C2H4 0.028054 50.302 47.164 [4] gasförmig 296.4 1.153 1537.3 1.261 1458.8 Acetylen, Ethin C2H2 0.026038 49.967 48.277 [4] flüssig -- Ethanol C2H5OH 0.046069 30.574 27.708 [4] flüssig -- Propan C3H8 0.044097 50.325 46.332 [4] gasförmig 188.6 1.832 1684.7 2.010 1584.1 1-Buten C4H8 0.056108 48.421 45.283 [4] gasförmig 148.2 2.293 2.010 n-Butan C4H10 0.058123 49.505 45.719 [4] gasförmig 143.1 2.449 1731.7 2.703 1642.6 Iso-Butan C4H10 0.058123 49.347 45.561 [4] gasförmig 143.1 2.440 1692.3 2.688 1590.2 Tabelle 3: Molmasse 𝑀𝑀, Brennwert 𝐻𝐻𝑜𝑜 und Heizwert 𝐻𝐻𝑢𝑢 von verschiedenen Stoffen. Quellen: NP: Definierter Nullpunkt gemäss Tabelle 2 Seite 18, EB: eigene Berech-

nungen, (1) Tafel 2.5, Seite 53; (2) Tabelle 10.5, Seite 405., 𝜌𝜌 und 𝑐𝑐𝑝𝑝 berechnet mit RefProp oder idealer Gasgleichung.

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Mittlere spezifische Wärmekapazitäten 𝑐𝑐𝑝𝑝� �𝑇𝑇1𝑇𝑇 = 1

𝑇𝑇−𝑇𝑇1∙ ∫ 𝑐𝑐𝑝𝑝 ∙ 𝑑𝑑𝑇𝑇

𝑇𝑇𝑇𝑇1

für 𝑇𝑇1 = 25°C und 𝑇𝑇 aus der Tabelle in der Einheit kJ/(kg K).

𝑇𝑇 Rauchgase aus stöch. Verbrennung von Luft N*2 N2 O2 CO2 H2Ogas H2Oflüssig SO2 H2 Flammkohle Gasöl/Heizöl Erdgas H -50 °C 1.0078 1.0493 1.0914 1.0035 1.0304 1.0393 0.9138 0.8032 1.8570 0.6010 14.1045 -25 °C 1.0115 1.0524 1.0939 1.0038 1.0305 1.0394 0.9149 0.8171 1.8591 0.6080 14.1891

0 °C 1.0151 1.0554 1.0964 1.0042 1.0306 1.0395 0.9163 0.8307 1.8615 4.1696 0.6149 14.2550 25 °C 1.0187 1.0584 1.0990 1.0048 1.0309 1.0397 0.9182 0.8437 1.8646 4.1955 0.6219 14.3059 50 °C 1.0223 1.0614 1.1016 1.0054 1.0312 1.0399 0.9201 0.8567 1.8677 4.2214 0.6289 14.3450 75 °C 1.0258 1.0646 1.1044 1.0062 1.0315 1.0403 0.9225 0.8691 1.8716 4.2140 0.6359 14.3750

100 °C 1.0294 1.0677 1.1071 1.0071 1.0319 1.0407 0.9251 0.8810 1.8760 4.2069 0.6429 14.3980 125 °C 1.0329 1.0708 1.1099 1.0083 1.0325 1.0414 0.9281 0.8925 1.8809 4.2092 0.6497 14.4157 150 °C 1.0365 1.0739 1.1127 1.0096 1.0332 1.0420 0.9313 0.9035 1.8861 4.2229 0.6564 14.4295 175 °C 1.0400 1.0772 1.1158 1.0111 1.0341 1.0430 0.9346 0.9142 1.8917 4.2471 0.6630 14.4404 200 °C 1.0436 1.0804 1.1188 1.0127 1.0352 1.0441 0.9381 0.9245 1.8976 4.2790 0.6694 14.4492 250 °C 1.0509 1.0873 1.1253 1.0164 1.0377 1.0466 0.9454 0.9441 1.9103 4.3653 0.6818 14.4632 300 °C 1.0584 1.0943 1.1321 1.0206 1.0409 1.0499 0.9531 0.9625 1.9237 4.5149 0.6932 14.4749 350 °C 1.0659 1.1016 1.1392 1.0252 1.0446 1.0536 0.9606 0.9797 1.9377 4.8277 0.7041 14.4862 400 °C 1.0737 1.1091 1.1464 1.0301 1.0488 1.0578 0.9681 0.9959 1.9523 0.7140 14.4982 450 °C 1.0814 1.1166 1.1540 1.0353 1.0535 1.0626 0.9754 1.0111 1.9674 0.7233 14.5117 500 °C 1.0891 1.1242 1.1616 1.0407 1.0583 1.0675 0.9825 1.0254 1.9828 0.7320 14.5269 550 °C 1.0967 1.1319 1.1693 1.0462 1.0634 1.0726 0.9893 1.0391 1.9985 0.7399 14.5441 600 °C 1.1043 1.1394 1.1770 1.0518 1.0686 1.0779 0.9958 1.0519 2.0147 0.7473 14.5634 650 °C 1.1118 1.1470 1.1847 1.0572 1.0739 1.0833 1.0020 1.0641 2.0310 0.7542 14.5851 700 °C 1.1192 1.1544 1.1923 1.0627 1.0792 1.0888 1.0080 1.0755 2.0475 0.7606 14.6090 750 °C 1.1264 1.1617 1.1998 1.0681 1.0845 1.0941 1.0136 1.0864 2.0644 0.7666 800 °C 1.1335 1.1689 1.2073 1.0734 1.0897 1.0995 1.0190 1.0968 2.0813 0.7721 900 °C 1.1470 1.1828 1.2217 1.0836 1.1000 1.1099 1.0289 1.1159 2.1152 0.7822

1‘000 °C 1.1598 1.1961 1.2356 1.0932 1.1099 1.1199 1.0380 1.1333 2.1493 0.7911 1‘100 °C 1.1718 1.2087 1.2489 1.1023 1.1192 1.1294 1.0464 1.1489 2.1830 0.7991 1‘200 °C 1.1831 1.2205 1.2614 1.1109 1.1281 1.1385 1.0540 1.1632 2.2163 0.8061 1‘300 °C 1.1936 1.2318 1.2733 1.1190 1.1364 1.1469 1.0611 1.1763 2.2488 0.8125 1‘400 °C 1.2035 1.2422 1.2846 1.1265 1.1442 1.1549 1.0677 1.1883 2.2806 0.8182 1‘600 °C 1.2214 1.2615 1.3054 1.1402 1.1584 1.1693 1.0800 1.2094 2.3412 0.8282 1‘800 °C 1.2372 1.2786 1.3239 1.1525 1.1709 1.1820 1.0911 1.2274 2.3975 0.8366 2‘000 °C 1.2513 1.2939 1.3406 1.1634 1.1820 1.1933 1.1014 1.2430 2.4499 0.8439 3‘000 °C 1.2343 1.1457 1.2970 2.6750 0.8698 4‘000 °C 1.2600 1.1823 1.3306 2.8239 0.8864 5‘000 °C 1.2784 1.2129 1.3563 2.9336 0.8996 6‘000 °C 1.2932 1.2387 1.3810 3.0209 0.9116 7‘000 °C 1.3077 1.2602 1.4101 3.0913 0.9234 Tabelle 4: Mittlere spezifische Wärmekapazität bei einem Druck von 1.013 bara als Funktion der Temperatur 𝑇𝑇. Gasöl = Heizöl extraleicht = Diesel, Erdgas Zusammen-

setzung: 𝑤𝑤𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝐵𝐵𝑛𝑛 = 0.896, 𝑤𝑤𝐶𝐶2𝐶𝐶6,𝐵𝐵𝑛𝑛 = 0.012, 𝑤𝑤𝐶𝐶3𝐶𝐶8,𝐵𝐵𝑛𝑛 = 0.006, 𝑤𝑤𝑁𝑁2,𝐵𝐵𝑛𝑛 = 0.058, 𝑤𝑤𝐶𝐶𝐶𝐶2,𝐵𝐵𝑛𝑛 = 0.028.

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3 Elektrolyse

3.1 Chemische Reaktion

In der Elektrolyse wird Wasser H2O mit dem Einsatz von Elektrizität aufge-spalten in Wasserstoff H2 und Sauerstoff O2. Die chemische Reaktionsglei-chung, die Reaktionsenthalpien sowie die Aggregatszustände von Edukt und Produkten bei Standardbedingungen lauten folgendermassen:

(3.1) 2 H2O → 2 H2 + O2 Reaktionsenthalpie: (Produkte, Edukte bei Standardbedingungen)

2 mol 2 mol 1 mol +572.0 kJ/ (2 mol H2) +0.159 kWh/ (2 mol H2)

1 mol 1 mol ½ mol +286.0 kJ/ (mol H2) +0.079 kWh/ (mol H2)

Aggregatszu-stände bei Stan-dardbedingung

flüssig gasförmig gasförmig

Die Reaktionsenthalpie ist positiv, das bedeutet, dass die Reaktion endotherm ist und Energie aufgewendet werden muss. Diese Energie ist bei der Elektro-lyse Elektrizität, ein Teil davon kann auch über Wärme zugeführt werden.

Liegt ein Gas nicht bei einem zu hohen Druck vor11, dann nimmt ein Molekül immer gleich viel Volumen ein unabhängig davon, um welches Molekül es sich handelt. Im Folgenden ist die chemische Reaktionsgleichung zusammen mit den Volumen der Stoffe bei Standardbedingungen angegeben.

(3.2) 2 H2O → 2 H2 + O2 Reaktionsenthalpie: (Produkte, Edukte bei Standardbedingungen)

0.8037 Literfl 1 Nm3g ½ Nm3

g +12‘757 kJ/ (Nm3 H2) + 3.544 kWh/ (Nm3 H2)

Ausgehen von Gleichung (3.1) können mit den Molmassen 𝑀𝑀 aus Tabelle 3 Seite 20 die in der Reaktion beteiligten Massen berechnet werden.

11 Genau gesprochen: Bei einem idealen Gas nimmt eine Anzahl Moleküle immer gleich viel Volumen ein, unab-

hängig davon, welche Atomsorte es ist.

Wasser aufspal-ten

endotherm

Volumen der Stoffe

Massen der in-volvierten Stoffe

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(3.3) 2 H2O → 2 H2 + O2 Reaktionsenthalpie: (Produkte, Edukte bei Standardbedingungen)

8.94 kg 1 kg 7.94 kg +141‘820 kJ/ (kg H2) +39.41 kWh/ (kg H2)

3.2 Bauformen

Ein Elektrolyseur hat eine Anode, die mit dem positiven Pol einer Spannungs-quelle verbunden ist, und eine Kathode, die mit dem negativen Pol einer Spannungsquelle verbunden ist. Beide sind in Wasser eingetaucht. An der Anode wird Sauerstoff gebildet, an der Kathode Wasserstoff. Um ein explosi-ves Gemisch der beiden Gase zu verhindern, weisen alle Bauformen von Elektrolyseuren eine Trennvorrichtung meist in Form eine Membran auf, wel-che die beiden Gase voneinander getrennt hält.

Es gibt unterschiedliche Bauformen von Elektrolyseuren, die in Abbildung 7 dargestellt sind: - Elektrolyse von flüssigem Wasser: Alkalische Elektrolyse (Abbil-

dung 7 a)) Seit langem Standard und technisch etabliert.

PEM Elektrolyse, PEM = Pro-ton-Exchange-Membrane, (Ab-bildung 7 b))

Seit kurzem kommerziell erhältlich, tendenziell teurer in der Anschaffung und günstiger im Betrieb.

- Elektrolyse von Wasserdampf: Hochtemperatur-Elektrolyse,

Solid Oxide Electrolyser Cell = SOEC (Abbildung 7 c))

Kann erst von einer Firma geliefert werden, im Moment noch sehr teuer.

Die drei Prinzipien sind in Abbildung 7 dargestellt und werden im Folgenden kurz vorgestellt. Die beiden Verfahren für die Elektrolyse von flüssigem Was-ser sind in Tabelle 5 miteinander verglichen. Hersteller sind in Tabelle 6 ge-zeigt.

Anode und Ka-thode

Bauformen

Vergleich

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Elektrolyse von flüssigem Wasser: Elektrolyse von Wasserdampf:

a) Alkalischer Elektrolyse b) PEM Elektrolyse c) Hochtemperatur Elektrolyse

Abbildung 7: Drei Prinzipien von Elektrolysezellen, Quellen: (3), Fig. 3.2 bis 3.4, Seiten 25, 30 und 34.

Alkalische Elektrolyse

„Die alkalische Elektrolyse ist die älteste und am weitesten entwickelte Tech-nologie zur Wasserelektrolyse.“ Das Prinzip einer einzelnen Zelle ist in Abbil-dung 7 a) dargestellt. „Bei der alkalischen Elektrolyse wird als Elektrolyt meist eine wässrige KOH-Lösung (Kalilauge) mit einer Konzentration von 30 Gew.-% verwendet.“ Die Kalilauge wird ständig zwischen Anode bzw. Kathode und dem Gasseparator gefördert. „Die Frischwasserzufuhr wird durch die Elektro-lyt-Konzentration geregelt, wobei die Konzentration mit einer kontinuierlichen Dichtemessung des Elektrolyten festgestellt wird.“ Die Kalilauge wird theore-tisch nicht verbraucht, muss jedoch von Zeit zu Zeit wegen verschiedener Ver-luste in der Praxis nachgefüllt werden12

„Das Diaphragma zwischen Anode und Kathode hat folgende Anforderungen zu erfüllen, eine hohe Permeabilität (Durchlässigkeit) für die Ladungsträger (OH-) des Elektrolyten, gute Gas Trenneigenschaften aus Sicherheitsgrün-den, stabil gegen elektrochemische Korrosion, hohe mechanische Stabilität, kleiner ohmscher Widerstand.“ Es „kommen heute keramische Materialien, wie zum Beispiel Nickeloxid oder Kunststoffe, wie zum Beispiel Polysulfon, zum Einsatz.“ „An das Diaphragma, sowie die Elektroden sind aufgrund des basischen Elektrolyten und den Betriebstemperaturen von 40 bis 90°C er-höhte Korrosionsanforderungen gestellt.“ Die Kalilauge erfordert auch beim Öffnen der Abdeckung Sicherheitsmassnahmen beim Personal wie zum Bei-spiel Schutzbrillen.12

Die Zellen werden meist geometrisch und elektrisch in Serie geschaltet13, so-dass ein Zellstapel entsteht, der auch als Stack bezeichnet wird.

12 Zitate aus (3) Seiten 21ff 13 Das wird als bipolare Schaltung bezeichnet. Die Alternative wäre eine unipolare Schaltung, bei der die Zellen

geometrisch in Serie und elektrisch parallel geschaltet werden siehe (3) Seite 22.

Alkalilauge

Diaphragma

Zellstapel

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Seite 25

PEM Elektrolyse

Die PEM Elektrolyse ist in Abbildung 7 c) Seite 24 skizziert. Anode und Ka-thode sind direkt auf beiden Seiten mit der Membran verbunden. Letztere übernimmt die Funktion, welche das Diaphragma und der Elektrolyt bei der katalytischen Elektrolyse haben. Durch die Membran wandern Protonen, wo-her der Name „Proton Exchange Membrane“ kommt. Man spricht auch von einem festen Elektrolyten. Die hohen Anforderungen an die Membran können nur mit teuren und seltenen Komponenten erfüllt werden. Sie macht einen wesentlichen Teil der Kosten eines PEM Elektrolyseurs aus. Im Gegensatz zur katalytischen Elektrolyse kann hier reines Wasser verwendet werden, was den Betrieb einfacher macht und wegen einfacherer Peripherie eine kompak-tere Bauweise erlaubt.14

Auch Zellen eines PEM Elektrolyseurs werden zu Zellstapel zusammenge-schaltet und zwar immer in Serie. Für die gleiche Leistung kann die Memb-ranfläche bei einem PEM Elektrolyseur zwischen 5 und 10 Mal kleiner sein als bei einem katalytischen Elektrolyseur.

Alkalischer Elektrolyseur PEM Elektrolyseur Funktions-weise

Abbildung 7 a) Abbildung 7 b)

Investition tiefer höher Unterhalt aufwändiger günstiger Dynamik einige Sekunden weniger als eine Sekunde Betriebstem-peratur

70 °C bis 90 °C max. 80 °C

Standby Müssen auf 30 bis 40 °C ge-halten werden, um sofort re-agieren zu können.

Können im kalten Zustand sofort eingeschaltet werden.

Lebensdauer Lange bewährte Technik Lange Lebensdauer wird zum Teil in Frage gestellt

Tabelle 5: Vergleich von typischen Eigenschaften alkalischer Elektrolyseure und von PEM Elektrolyseuren. Die Angaben sind nur tendenziell und müssen mit den einzelnen Lieferanten überprüft werden, (3), (4) Tab. 4.2 Seite 28.

Hochtemperatur Elektrolyse, Solid Oxide Electrolyser Cell = SOEC

Das Prinzip der Hochtemperatur Elektrolyse ist in Abbildung 7 c) Seite 24 dar-gestellt. Sie wird auch Solid Oxide Electrolyser Cell = SOEC genannt. Die Membrane ist wie bei der PEM Elektrolyse auf der einen Seite in Kontakt mit der Anode und auf der anderen Seite mit der Kathode. Hier wandern aber Sauerstoff-Ionen O2- durch die Membran. Aus Sicht des Anwenders ist der entscheidende Unterschied, dass hier Wasserdampf und nicht flüssiges Was-ser in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten wird. Zudem ist die Betriebs-temperatur mit 500 °C bis 1‘000 °C deutlich höher. Diese Technologie hat wei-tere Vorteile, ist aber von den drei Technologien am wenigsten weit entwickelt:

14 (8) Seite 29

Membran über-nimmt Funktion des Elektrolyt

Zellstapel

Wasserdampf

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Seite 26

- Der Energieaufwand für die Elektrolyse ist in einer SOEC potentiell gerin-ger als bei den beiden anderen diskutierten Elektrolyseurkonzepten.

- Da ein Teil der aufgewendeten Energie in Form von Wärme zugeführt wer-den kann, können mit dieser Technologie Systeme mit deutlich höherer Effizienz gebaut werden (Kapitel 3.3).

- Die Zelle kann auch in umgekehrte Richtung betrieben werden: Es wird also aus einem brennbaren Gas und Luft Wasserdampf synthetisiert, was auch als „Solid Oxide Fuel Cell“ (SOFC) bezeichnet wird. Eine Zelle, die in beide Richtungen betrieben werden kann, wird von der Firma Sunfire als „reversible Solide Oxide Cell“ (rSOC) bezeichnet.

Auch bei dieser Technologie werden die Zellen zu einem Stapel zusammen-gefügt. Bis jetzt gibt es erst eine Firma, welche diese Technologie noch zu einem sehr hohen Preis kommerziell anbietet (siehe Tabelle 6).

Stapel

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Hersteller Bemerkung Alkalische Elektrolyse

Etogas, Stuttgart, Deutsch-land, www.etogas.de

grösste Fläche pro Zelle, 4.8 kWhel(AC)/(Nm3 H2) ηElektrolyse = 73.8 %

ZSW, Stuttgart, Deutsch-land, www.zsw-bw.de

Ist kein eigentlicher Liefe-rant, entwickelt eine alkali-sche Elektrolyse weiter.

ErreDue s.p.a, Italien, www.erreduegas.com

preisgünstig, nicht sehr effi-zient, Pilot- und Demonstrati-onsanlage Power-to-Me-thane HSR, Rapperswil

Hydrogenics, Kanada, www.hydrogenics.com

grösste Fläche pro Zelle, 4.9 kWhel(AC)/(Nm3 H2) ηElektrolyse = 72.3 %

PEM Elektro-lyse

Proton Onsite, Wallingford, USA www.protononsite.com, vertreten durch Diamond Lite, Thal, Schweiz, www.di-amondlite.com

Druck 30 bar möglich, 300 kW, Hybridwerk Aarmatt, So-lothurn, Schweiz

Siemens PSI, Villingen, Schweiz Areva H2 Gen, Les Ulis, Frankreich, www.arevah2gen.com

ITM Power, Sheffield, Gross-britannien

Anlage in Ibbenbüren, Deutschland

Hydrogenics, Kanada, www.hydrogenics.com

Carbo-Tech, Tochterfirma von Viessmann

H-TEC, Systems Frühling 2016: Ein 2.7 kW Stack mit 10 bar Betriebs-druck wurde auf der CeBit präsentiert. Es gibt eine Bro-schüre, die auch eine 64 kW Elektrolyse ankündigt.

Hochtempe-ratur Elekt-rolyse

Sunfire, Dresden, Deutsch-land, www.sunfire.de

Überdruck gezeigt, aber noch nicht ausgeliefert , De-monstrationsanlage von Sunfire in Dresden

Solidpower, Italien Technologie von Prof. Dr. Van herle, EPFL in Sion

Tabelle 6: Liste von Lieferanten der drei Bauformen von Elektrolyseuren.

Es gibt weitere Technologien, um mit erneuerbarer Energien Wasser in Sau-erstoff und Wasserstoff aufzuspalten, die sich aber noch im Forschungssta-dium befinden. Es gibt Projekte, in denen der Ansatz verfolgt wird, direkt mit Sonnenlicht Wasser aufzuspalten ( (5), (6))

weitere Techno-logien

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Seite 28

3.3 Bilanzen

Die Ströme über die Systemgrenzen eines Elektrolyseurs sind in Abbildung 8 gezeigt. Zusätzlich zur einströmenden elektrischen Energie, zum einströmen-den Wasser H2O und zu den beiden ausströmenden Gasen Wasserstoff H2 und Sauerstoff O2 aus Kapitel 1 (Abbildung 1, Seite 10) gibt ein realer Elekt-rolyseur Wärme und Wasser H2O an die Umgebung ab. Die Wärme entsteht im Elektrolyseur durch ohmsche Widerstände, weshalb der Elektrolyseur mit einem Medium gekühlt werden muss. Die Ströme, welche die Systemgrenze überschreiten sind somit:

- Eintritt von elektrischer Leistung 𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒 für die Elektrolyse und für Hilfsaggre-gate, also die gesamte elektrische Leistungsaufnahme des Elektrolyseurs. Um die Umweltbelastung von Power-to-Gas Anlagen kleiner zu halten als fossile Gasquellen, muss die Elektrizität aus erneuerbaren Quellen kom-men.

- Eintritt eines Stroms von Wasser für die Elektrolyse �̇�𝑚𝐶𝐶2𝐶𝐶 - Austritt eines Stroms von Wasserstoff H2 �̇�𝑚𝐶𝐶2, beabsichtigter Output des

Elektrolyseurs. Enthält eine geringe Menge an Wasserdampf, der zum Teil mit einer Trocknung vor Austritt aus dem Elektrolyseur auf den spezifizier-ten Taupunkt entfernt wird.

- Austritt eines Stroms von Sauerstoff O2 �̇�𝑚𝐶𝐶2. Enthält eine geringe Menge an Wasserdampf. Obwohl reiner Sauerstoff ein Wertstoff ist, kann er in der Realität meist nicht wirtschaftlich genutzt werden. Eventuell ergeben sich Synergien mit der CO2-Quelle wie z.B. die Belüftung eines Klärbeckens in einer ARA mit reinem Sauerstoff oder Verwendung bei der Verbrennung in einer KVA.

- Austritt von Wärme �̇�𝑄𝑛𝑛𝑢𝑢𝑀𝑀𝑛𝑛𝑛𝑛𝑎𝑎𝑛𝑛 im Kühlmedium, die potentiell nutzbar ist. Sie fällt ungefähr bei der Betriebstemperatur der Elektrolyse an. Es können eventuell Medien vorgewärmt werden, die kälter sind als das Kühlmedium, z.B. das zugeführte Wasser.

- Austritt von Wärme �̇�𝑄𝑉𝑉𝑒𝑒𝑛𝑛𝑒𝑒𝑢𝑢𝑎𝑎𝑀𝑀 an die Umgebung über das Gehäuse, die ein Verlust darstellt und nicht genutzt werden kann.

- Austritt von Wasser in Form von Kondensat �̇�𝑚𝐶𝐶2𝐶𝐶,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎. Die Ströme an Was-serstoff H2 und Sauerstoff O2 werden manchmal getrocknet. Das anfal-lende Kondensat tritt eventuell aus dem Elektrolyseur aus. Da es sich um aufbereitetes Wasser handelt, kann es wieder dem zugeführten Wasser beigegeben werden.

Ströme über Systemgrenzen

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Abbildung 8: Massen- und Energieströme einer Elektrolyse.

Es kann jetzt die stationäre Energiebilanz eines Elektrolyseurs gemäss Glei-chung (2.5) Seite 16 aufgestellt werden:

(3.4) 𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒 + �̇�𝐻𝐶𝐶2𝐶𝐶 = �̇�𝐻𝐶𝐶2 + �̇�𝐻𝐶𝐶2 + �̇�𝑄𝑛𝑛𝑢𝑢𝑀𝑀𝑛𝑛𝑛𝑛𝑎𝑎𝑛𝑛 + �̇�𝑄𝑉𝑉𝑒𝑒𝑛𝑛𝑒𝑒𝑢𝑢𝑎𝑎𝑀𝑀 + �̇�𝐻𝐶𝐶2𝐶𝐶,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎

Pel: gesamte elektrische Leistung �̇�𝐻𝐶𝐶2𝐶𝐶: Enthalpiestrom des einströmenden Wassers H2O, nur signifi-

kant, wenn Wasserdampf verwendet wird �̇�𝐻𝐶𝐶2: Enthalpiestrom des ausströmenden Wasserstoffs H2 �̇�𝐻𝐶𝐶2: klein, enthält vor allem die thermische Energie im Sauerstoff �̇�𝑄𝑛𝑛𝑢𝑢𝑀𝑀𝑛𝑛𝑛𝑛𝑎𝑎𝑛𝑛: Abwärme, die über ein Kühlmedium abgeführt wird und po-

tentiell genutzt werden kann. �̇�𝑄𝑉𝑉𝑒𝑒𝑛𝑛𝑒𝑒𝑢𝑢𝑎𝑎𝑀𝑀: Abwärme, die nicht genutzt werden kann. �̇�𝐻𝐶𝐶2𝐶𝐶,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎: Enthalpie von Wasser, das als Kondensat abgegeben wird.

Der Wirkungsgrad ηElek des Elektrolyseurs ist der Quotient zwischen Nutzen und Aufwand. Der Aufwand ist die elektrische Leistung 𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒, der Nutzen ist der Brennwert 𝐻𝐻𝑜𝑜,𝐶𝐶2 = 141.788𝑀𝑀𝑀𝑀 𝑘𝑘𝐵𝐵⁄ des Wasserstoffs, der mit dem Massen-strom �̇�𝑚𝐶𝐶2 in eine Leistung umgerechnet wird.

(3.5) 𝜂𝜂𝐸𝐸𝑒𝑒𝑒𝑒𝐸𝐸 =Leistung Brennwert H2

elektrische Leistung=�̇�𝑚𝐶𝐶2 ∙ 𝐻𝐻𝑜𝑜,𝐶𝐶2

𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒=�̇�𝑚𝐶𝐶2 ∙ 141.788MJ

kg

𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒

Thermische Leistung im Enthalpiestrom �̇�𝐻𝐶𝐶2 des Wasserstoffs aufgrund der höheren Temperatur trägt nicht zum Wirkungsgrad bei.

In der Literatur findet man auch, dass der Wirkungsgrad mit dem Heizwert berechnet wird. Es gibt auch Diskussionen, welches die richtige Definition ist. Wichtig ist, dass mit der Angabe des Wirkungsgrads immer auch angegeben

Energiebilanz

Wirkungsgrad

thermische Leis-tung

Brennwert oder Heizwert

Elektrolyse elektrische Leistung Pel

Wasserstoff H2 �̇�𝑚𝐶𝐶2, �̇�𝐻𝐶𝐶2

Wasser H2O �̇�𝑚𝐶𝐶2𝐶𝐶 , �̇�𝐻𝐶𝐶2𝐶𝐶

Sauerstoff O2 �̇�𝑚𝐶𝐶2, �̇�𝐻𝐶𝐶2

�̇�𝑄𝑛𝑛𝑢𝑢𝑀𝑀𝑛𝑛𝑛𝑛𝑎𝑎𝑛𝑛, �̇�𝑄𝑉𝑉𝑒𝑒𝑛𝑛𝑒𝑒𝑢𝑢𝑎𝑎𝑀𝑀

Abwärme

Wasser H2O �̇�𝑚𝐶𝐶2𝐶𝐶,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎, �̇�𝐻𝐶𝐶2𝐶𝐶,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎

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wird, wie er definiert ist. Hier wird die Ansicht vertreten, dass die Argumenta-tion zum Enthalpienullpunkt von Seite 18 auch für die obige Definition gemäss Gleichung (3.5) spricht.

Bei Elektrolyseuren wird von den folgenden vier Wirkungsgraden gesprochen, deren Definition sich in der elektrischen Leistung Pel unterscheidet:

(3.6) - Zellwirkungsgrad: 𝜂𝜂𝐸𝐸𝑒𝑒𝑒𝑒𝐸𝐸,𝑍𝑍𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒 = �̇�𝑚𝐶𝐶2 ∙ 𝐻𝐻𝑜𝑜,𝐶𝐶2

𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒,𝑍𝑍𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒

(3.7) - Stack-Wirkungsgrad: 𝜂𝜂𝐸𝐸𝑒𝑒𝑒𝑒𝐸𝐸,𝑆𝑆𝑀𝑀𝑎𝑎𝑆𝑆𝐸𝐸 = �̇�𝑚𝐶𝐶2 ∙ 𝐻𝐻𝑜𝑜,𝐶𝐶2

𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒,𝑍𝑍𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒

(3.8) - Systemwirkungsgrad DC: 𝜂𝜂𝐸𝐸𝑒𝑒𝑒𝑒𝐸𝐸,𝑆𝑆𝑆𝑆𝑎𝑎𝑀𝑀𝑒𝑒𝑛𝑛,𝐷𝐷𝐶𝐶 = �̇�𝑚𝐶𝐶2 ∙ 𝐻𝐻𝑜𝑜,𝐶𝐶2

𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒,𝑍𝑍𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒

(3.9) - Systemwirkungsgrad AC: 𝜂𝜂𝐸𝐸𝑒𝑒𝑒𝑒𝐸𝐸,𝑆𝑆𝑆𝑆𝑎𝑎𝑀𝑀𝑒𝑒𝑛𝑛,𝐴𝐴𝐶𝐶 = �̇�𝑚𝐶𝐶2 ∙ 𝐻𝐻𝑜𝑜,𝐶𝐶2

𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒,𝑍𝑍𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒

Für das Verständnis und die Beschreibung von Power-to-Gas Anlagen ist nur der Systemwirkungsgrad bzw. der Wirkungsgrad des Elektrolyseurs gemes-sen an der Wechselstromquelle ηElek,System,AC wichtig. Man muss sich bei Her-stellerangaben davon versichern, dass der angegebene Wirkungsgrad wirk-lich das gesamte System umfasst. Zusätzlich muss man abklären, ob sich der angegebene Wirkungsgrad auf den Brennwert bezieht und ihn allenfalls um-rechnen.

Bei Elektrolyseuren wird alternativ zum Wirkungsgrad der Verbrauch an elektrischer Energie in kWh pro Normkubikmeter Wasserstoff H2 angegeben. Ein Elektrolyseur mit einer Effizienz von ηElek = 100% benötigt als elektrische Leistung genau die Bildungsenthalpie aus Gleichung (3.2) Seite 22. Der Wir-kungsgrad gemäss Gleichung (3.5) kann direkt in spezifischen Elektrizitäts-verbrauch umgerechnet werden gemäss der folgenden Gleichung. Eine Ge-genüberstellung ist in Tabelle 7 gezeigt.

(3.10) spez. Elektrizitätsverbrauch = 3.544kWhel

Nm3 H2∙

1𝜂𝜂𝐸𝐸𝑒𝑒𝑒𝑒𝐸𝐸

(3.11) 𝜂𝜂𝐸𝐸𝑒𝑒𝑒𝑒𝐸𝐸 = 3.544kWhel

Nm3 H2∙

1spez. Elektrizitätsverbrauch

Verschiedene Wirkungsgrade

Systemwir-kungsgrad ist wichtig

spezifischer Elektrozitätsver-brauch

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Wirkungsgrad spezifischer Elektri-

zitätsverbrauch

Wirkungsgrad spezifischer Elektri-zitätsverbrauch mit Brenn-

wert (3.5) mit Heiz-wert

mit Brenn-wert (3.5)

mit Heiz-wert

40.0 % 33.8 % 8.859 kWhel/(Nm³ H2) 100.0 % 84.6 % 3.544 kWhel/(Nm³ H2) 50.0 % 42.3 % 7.087 kWhel/(Nm³ H2) 110.0 % 93.1 % 3.221 kWhel/(Nm³ H2) 60.0 % 50.8 % 5.906 kWhel/(Nm³ H2) 120.0 % 101.5 % 2.953 kWhel/(Nm³ H2) 70.0 % 59.2 % 5.062 kWhel/(Nm³ H2) 130.0 % 110.0 % 2.726 kWhel/(Nm³ H2) 80.0 % 67.7 % 4.429 kWhel/(Nm³ H2) 140.0 % 118.4 % 2.531 kWhel/(Nm³ H2) 90.0 % 76.1 % 3.937 kWhel/(Nm³ H2) 150.0 % 135.4 % 2.362 kWhel/(Nm³ H2)

Tabelle 7: Umrechnung des Wirkungsgrads eines Elektrolyseurs definiert in Gleichung (3.5) mit dem Brennwert in einen Wirkungsgrad, der mit dem Heizwert definiert wäre und in einen spezifi-schen Elektrizitätsverbrauch (Umrechnung mit Gleichungen (3.10) und (3.11) Seite 30.

Ein Elektrolyseur wird nach dem folgenden Kriterium optimiert:

(3.12) - Der Wirkungsgrad definiert gemäss Gleichung (3.5) soll maximal sein. Das ist gleichbedeutend damit, dass der Aufwand an elektrischer Energie pro Nm3 Wasserstoff minimal sein soll.

Bei der idealen Elektrolyse spielt es eine Rolle, ob die ganze erforderliche Bildungsenthalpie aus (3.1) bis (3.3) mittels elektrischer Leistung zugeführt wird, oder ob ein Teil davon in Form von Wärme und – bei der Hochtempera-tur-Elektrolyse – auch in Form von Verdampfungsenthalpie zugeführt wird.

Ein idealer Elektrolyseur, der mit flüssigem Wasser mit 25 °C gespeist wird (�̇�𝐻𝐶𝐶2𝐶𝐶 = 0 gemäss Gleichung (2.12)), weist die folgenden Eigenschaften auf (Vergleiche Abbildung 8): - Kein Wasser verlässt den Elektrolyseur: �̇�𝑚𝐶𝐶2𝐶𝐶,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 = 0, �̇�𝐻𝐶𝐶2𝐶𝐶,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 = 0 - Keine Abwärme verlässt den Elektrolyseur: �̇�𝑄𝑛𝑛𝑢𝑢𝑀𝑀𝑛𝑛𝑛𝑛𝑎𝑎𝑛𝑛 = 0, �̇�𝑄𝑉𝑉𝑒𝑒𝑛𝑛𝑒𝑒𝑢𝑢𝑎𝑎𝑀𝑀 = 0

Der Wirkungsgrad dieses Elektrolyseurs und der spezifische Elektrizitätsver-brauch sind

(3.13) 𝜂𝜂𝐸𝐸𝑒𝑒𝑒𝑒𝐸𝐸 = 100% und spez. Elektrizitätsverbrauch = 3.544 kWhelNm3 H2

Leider sind reale Elektrolyseure nicht so effizient wie ein idealer Elektrolyseur. Elektrische Verluste im Elektrolyseur führen dazu, dass Wärme entsteht. Diese muss über ein Kühlmedium abgeführt werden. Zusätzlich wird Wärme über das Gehäuse an die Umgebung abgegeben. Auch kann kondensiertes Wasser austreten. Die Massen- und Energieflüsse eines realen Elektroly-seurs mit einem Wirkungsgrad von 70 % sind in Abbildung 10 dargestellt. In einer energetischen Betrachtung sind die folgenden Wärmeströme vernach-lässigbar: - Die sensible Wärme im Sauerstoffstrom, im kondensierten Wasser und im

Wasserstoff, wenn diese Ströme wärmer als 25 °C sind. - Die latente Wärme im Wasserdampf, der als Feuchtigkeit im Wasserstoff

und im Sauerstoff enthalten sein kann.

Optimierungskri-terium

ideale Elektro-lyse

ideale Elektro-lyse mit kaltem Wasser

realer Elektroly-seur

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a) b)

Abbildung 9: Sankey Diagramme eines idealen Elektrolyseurs, bei dem Wasser mit einer Temperatur von 25 °C in den Elektrolyseur eintritt. a) Massenströme, b) Energieströme.

a) b)

Abbildung 10: Sankey Diagramme eines realen Elektrolyseurs, bei dem Wasser mit einer Temperatur von

25 °C in den Elektrolyseur eintritt. Der Wirkungsgrad des gezeichneten Elektrolyseurs beträgt 69.5 %. a) Massenströme, b) Energieströme.

Der typische Energieverbrauch und typische Wirkungsgrade von alkalischen Elektrolyseuren sind Abbildung 11 gezeigt. Es fällt auf, dass der Energiever-brauch mit zunehmender Grösse abnimmt (Wirkungsgrad nimmt zu). Zusätz-lich sind atmosphärische Elektrolyseure effizienter als solche, die bei einem erhöhten Druck arbeiten. Die Differenz wird im MW-Bereich jedoch sehr klein.

typische Wir-kungsgrade al-kalisch

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Abbildung 11: Energieverbrauch alkalischer Elektrolyseure aufgetragen über den Leis-tungsbereich (gemäss Herstellerangaben, Datenbasis 2005-09) ergänzt um den Wirkungsgrad 𝜂𝜂𝐸𝐸𝑒𝑒𝑒𝑒𝐸𝐸 auf der rechten vertikalen Achse und den che-mischen Energiestrom auf der horizontalen Achse, Quelle (7), Abbildung 2-2, Seite 11

Der typische Energieverbrauch und typische Wirkungsgrade von PEM Elekt-rolyseuren sind in Abbildung 12 gezeigt. In dieser Grafik wird auch die Diffe-renz der Wirkungsgrade von Stacks und von Systemen deutlich. Auch hier zeigt sich, dass grosse Systeme effizienter sind.

Höhere Wirkungsgrade versprechen die Hochtemperaturelektrolyseure: Ein Teil der zugeführten Energie ist im Wasserdampf enthalten (als sensible Wärme und als Verdampfungswärme). Deswegen muss für die Produktion ei-ner bestimmten Menge Wasserstoff weniger elektrische Energie zugeführt werden. Massen- und Energieflüsse eines hypothetischen Dampfelektroly-seurs sind in Abbildung 13 gezeigt.

typische Wir-kungsgrad PEM

Dampfelektroly-seur

54.5 %

59.1 %

70.9 %

78.8 %

88.6 %

64.4 %

35 kWchem 3.5 kWchem 350 kWchem 3.5 MWchem

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Abbildung 12: Spezifischer Energieverbrauch von Stacks und PEM-Elektrolysesystemen, aufgetragen gegen die Wasserstoffproduktionsrate ergänzt um den Wir-kungsgrad 𝜂𝜂𝐸𝐸𝑒𝑒𝑒𝑒𝐸𝐸 auf der rechten vertikalen Achse und den chemischen Energiestrom auf der horizontalen Achse (□ kommerzielle Stacks, Δ Stacks in der Entwicklung, ■ kommerzielle Systeme, ▲ Systeme in Entwicklung), Quelle (7), Abbildung 2-4, Seite 14

Abbildung 13: Sankey Diagramme eines realen Elektrolyseurs, bei dem Wasserdampf mit einem Druck von 8 barü und einer Temperatur von 280 °C in den Elektrolyseur eintritt. Der Wirkungsgrad des gezeigten hypothetischen Elektrolyseurs beträgt 85.2 %. a) Massenströme, b) Energieströme.

88.6 %

39.4 %

44.3 %

50.6 %

59.1 %

70.9 %

35 kWchem 3.5 kWchem 350 kWchem 3.5 MWchem

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Seite 35

3.4 Realer Betrieb

Die Elektrolyse irgendeiner Bauart kann bei atmosphärischem Druck stattfin-den oder bei einem erhöhten Druck (Druckelektrolyseur). Man spricht bei Power-to-Gas von Drücken von bis zu 30 barü. Dabei stehen alle Flüssigkei-ten und Gas im Elektrolyseur unter erhöhtem Druck, sodass über die Memb-ran oder das Diaphragma kein Druckunterschied anliegt. Letzterer liegt nur zwischen Innen- und Aussenraum vor, sodass bei einem Druckelektrolyseur die Struktur gegen aussen stärker ausgeführt werden muss. Druckelektroly-seure sind 20 bis 30 % teurer als atmosphärische Elektrolyseure15

Bei erhöhtem Druck in der Elektrolyse wird auch eine allfällige Methanisierung bei höherem Druck stattfinden. Die Konsequenzen eines höheren Drucks sind:

- Ein erhöhter Druck führt zu leicht geringerer Effizienz bei der Elektrolyse (vergleiche Abbildung 11) vor allem bei kleinen Elektrolyseuren. Im MW-Bereich ist die Effizienz bei höherem Druck praktisch gleich wie bei atmo-sphärischem Druck.

- Einspeisung: Wird Wasserstoff oder Methan in eine Erdgasleitung einge-speist, so muss der Druck vorher grösser sein als der Druck in der Erdgas-leitung. In der Schweiz gibt es viele Erdgasleitungen mit einem Druck von 5 barü. Werden Elektrolyseur und Methanisierung auf einem höheren Druck betrieben, so braucht die Anlage keinen Kompressor. Für die Kom-pression von Wasserstoff H2 von atmosphärischen Druck auf 6 bara, muss Energie aufgewendet werden. Diese ist in Abbildung 14 als Anteil des Brennwerts gezeigt.

- Drucktank: Wird Wasserstoff in Drucktanks gespeichert, so sind zwei Druckniveaus im Gespräch: ca. 200 barü und ca. 700 barü. Da die Elekt-rolyse nie auf diesem Druckniveau stattfindet, braucht man in jedem Fall ein Kompressor, dieser benötigt jedoch bei einer Druckelektrolyse weniger Energie (siehe Abbildung 14).

- Der aus dem Elektrolyseur austretende Wasserstoff H2 enthält weniger Wasserdampf.

15 (8)Seite 28

Druck

weniger effizient

Vorteil bei Ein-speisung

Vorteile bei Drucktanks

weniger Feuch-tigkeit

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Abbildung 14: Kompressionsenergie pro Brennwert, um Wasserstoff von einem Aus-gangsdruck und T = 25 °C auf 6 bara (für Einspeisung ins 5 bar Netz) so-wie 200 bara und 700 bara (beides für Drucktanks) zu komprimieren. Be-rechnet mit realer Kompression und Isentropeneffizienz in jeder Kompres-sionsstufe von 0.65, mit Zwischenkühlung auf 25 °C.

Wasser muss bei allen drei Elektrolysetypen zuerst aufbereitet werden. Wasseraufberei-tung

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Seite 37

c) Gasaufbereitung: - Abscheidung Lauge - Gastrocknung - Gasanalytik d) Wasseraufbereitung: - Filter - Ionentauscher/Umkehrosmose - Druckregelung

a) Leistungselektronik: - Transformator - Gleichrichter - Regelung der Blindleistung - SMR und SPS - Sicherheitsfunktionen b) Zellstapel: - Kollektoren Strom und Gase - DC-Spannung und Strom (Bau-

grösse/Bauweise)

Abbildung 15: Elektrolyseur mit seinen Hilfsaggregaten. Als Elektrolyseure sind als Bei-

spiele gezeigt: oben: alkalischer Elektrolyseur HyStat der Firma Hydroge-nics aus (8), unten: alkalischer Elektrolyseur der Firma Etogas.

a)

b)

b)

c), d)

c)

d)

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Seite 38

4 Methanisierung

4.1 Chemische Reaktion

Der zweite Schritt bei Power-to-Methane aus Abbildung 1 Seite 10 ist die Sa-batier Reaktion, in welcher der Wasserstoff H2 zusammen mit CO2 zu Methan reagiert wird. Die chemische Reaktion, die Anzahl Mole sowie die Aggregats-zustände der Edukte und Produkte bei Standardbedingung lauten wie folgt:

(4.1) 4 H2 + CO2 → CH4 + 2 H2O Reaktionsenthalpie: (Produkte, Edukte bei Standardbedingungen, Wasser kondensiert)

4 mol 1 mol 1 mol 2 mol -253.2 kJ/ (mol CH4) -0.0703 kWh/ (mol CH4)

1 mol ¼ mol ¼ mol ½ mol -63.30 kJ/ (mol H2) -0.0176 kWh/ (mol H2)

Aggregatszu-stände bei Stan-dardbedingung

gasförmig gasförmig gasförmig flüssig

Die Reaktionsenthalpie ist negativ, das bedeutet, dass die Reaktion exotherm ist und bei der Reaktion Energie freigesetzt wird. Diese Energie liegt in Form von Abwärme vor und hat eine Temperatur zwischen 200 und 300 °C je nach verwendetem Katalysator und Bauweise des Reaktors.

Die chemische Reaktionsgleichung zusammen mit den Volumen der Stoffe bei Standardbedingungen lautet wie folgt.

(4.2) 4 H2 + CO2 → CH4 + 2 H2O Reaktionsenthalpie: (Produkte, Edukte bei Standardbedingungen, Wasser kondensiert)

4 Nm3g 1 Nm3

g 1 Nm3g 1.6 Literfl -11’294 kJ/ (Nm3 CH4)

-3.137 kWh/ (Nm3 CH4)

Ausgehen von Gleichung (4.1) können mit den Molmassen M aus Tabelle 3 Seite 20 die in der Reaktion beteiligten Massen berechnet werden.

zweiter Schritt

exotherm

Volumen der Stoffe

Massen der in-volvierten Stoffe

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Seite 39

(4.3) 4 H2 + CO2 → CH4 + 2 H2O Reaktionsenthalpie: (Produkte, Edukte bei Standardbedingungen, Wasser kondensiert)

0.50 kg 2.74 kg 1 kg 2.25 kg -15’783 kJ/ (kg CH4) -4.384 kWh/ (kg CH4)

Reaktionsenthalpie mit Edukten und Produkten bei Standardbedingungen (1.01325 bara, 25 °C)

mit kondensiertem Wasser mit gasförmigem Wasser

-253.2 kJ/ (mol CH4) -0.0703 kWh/ (mol CH4)

-164.5 kJ/ (mol CH4) -0.0457 kWh/ (mol CH4)

-63.30 kJ/ (mol H2) -0.0176 kWh/ (mol H2)

-41.13 kJ/ (mol H2) -0.0114 kWh/ (mol H2)

-11’294 kJ/ (Nm3 CH4) -3.137 kWh/ (Nm3 CH4)

-7’338 kJ/ (Nm3 CH4) -2.038 kWh/ (Nm3 CH4)

-15’783 kJ/ (kg CH4) -4.384 kWh/ (kg CH4)

-10’254 kJ/ (kg CH4) -2.848 kWh/ (kg CH4)

Abbildung 16: Rektionsenthalpie der Sabatier Reaktion mit kondensiertem Wasser und mit gasförmigem Wasser.

4.2 Bauformen

Ein Überblick über unterschiedliche Verfahren zur Methanisierung ist in Abbil-dung 17 gezeigt. Es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Verfahren: Die ka-talytische Methanisierung und die biologische Methanisierung:

- Katalytisch: Der Prozess findet bei einer Temperatur von ca. 300 °C statt mit Hilfe eines Katalysators, der auf ein Trägermaterial mit möglichst gros-ser und deshalb zerklüfteten Oberfläche appliziert wird. Als Katalysatoren wird in der Praxis wegen ihres günstigen Verhaltens und ihrer geringen Kosten Nickel eingesetzt. Forschung gibt es auch mit Palladium, Platin, Gold, Silber, Kupfer und eisenbasierten Katalysatoren.

- Biologisch: Die Synthese von Methan wird durch Mikroben bewerkstelligt und findet bei Temperaturen bis 70 °C statt. „Die chemische Reaktion läuft mit Hilfe von methanogenen Mikroorgansimen ab. Diese Mikroorganismen gehören zu den Archaea und sind keine Bakterien. Fast alle Methanogene können aus Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid Methan und Wasser produ-zieren.“16

16 (9) Seite 43

katalytisch und biologisch

Temperatur ca. 300 °C

Temperatur bis 70 °C

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Seite 40

Abbildung 17: Überblick über die verschiedenen Verfahren zur Methanisierung, Quelle: (9) Abbildung 7 Seite 20.

Die Methanisierung gemäss der Reaktionsgleichung in (4.1) bis (4.3) ist eine exotherme Reaktion. Das bedeutet, dass Wärme abgeführt werden muss. Der Reaktor irgendeiner Bauweise muss also gekühlt werden, um seine Betriebs-temperatur zu halten und zu verhindern, dass die Temperatur weiter ansteigt. Auch sind sogenannte Hotspots zu verhindern, an denen eine lokal erhöhte Temperatur Schäden anrichten kann, z.B. am katalytischen Material.

Katalytische Methaniseirung

Bei der Katalytischen Methanisierung spricht man von

- 2-Phasen-Systeme: Ein System mit einer Gasphase, die an einer festen, mit einem Katalysator beschichteten Oberfläche vorbeiströmt. Die beiden Phasen sind das Gas und der Festkörper mit dem Katalysator an seiner Oberfläche. In der Praxis sind heute diese Systeme relevant, andere befin-den sich noch im Forschungsstadium.

- 3-Phasen-Systeme: Die drei Phasen sind eine Flüssigkeit, darin aufstei-gende Gasblasen (H2, CO2 und CH4) und der feste, in der Flüssigkeit schwimmende Katalysator die drei Phasen. Das Prinzip ist noch im For-schungsstadium. Als Flüssigkeiten werden Öle und ionische Flüssigkeiten diskutiert (10).

Biologische Methanisierung

Rührkessel: Reaktion ist limitiert durch Stofftransport Umwandlungsrate 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ aus Gleichung (4.5) Seite 43 ist sehr abhängig von der Rührstärke. Das

Wärmeabfuhr

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Seite 41

Rühren braucht elektrische Energie, was die spezifische Hilfsenergie 𝛾𝛾𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ vergrössert und den Gesamtwirkungsgrad verschlechtert.

Rieselbettreaktor (in Abbildung 7 als Oberflächenreaktor bezeichnet) ist ten-denziell grösser, braucht aber kein Rührwerk.

Kann unter Druck stattfinden

Insitu Im Fermenter einer Biogasanlage, in welchen zusätzlich Wasserstoff zugegeben wird und zusätzliche Archäen leben, welche die Methanisierung durchführen.

Exsitu Methanisierung in einem separaten Schritt.

Hersteller Bemerkung Katalytische Methanisie-rung

Etogas, Stuttgart, Deutsch-land, www.etogas.de

Hersteller einer 6 MW An-lage in Werlte, die von Audi betrieben wird, bietet Turn-key-Anlagen an.

Sunfire, Dresden, Deutsch-land, www.sunfire.de

Ihr Methanisierungsreaktor ist nicht so weit entwickelt wie derjenige von Etogas.

Biologische Methanisie-rung

Electrochaea MicrobEnergy GmbH, Schwandorf, Deutschland, Teil der Viessmann Gruppe

Krajete, Österreich MicroPyros GmbH, Deutsch-land

Tabelle 8: Firmen mit Technologien zur Methanisierung.

4.3 Bilanzen

Unter der Methanisierung verstehen wir hier ein Gesamtsystem, das aus meh-reren Reaktoren und Hilfaggregaten bestehen kann. Es geht also aus Sys-temsicht nicht nur um einzelne Reaktoren.

Die Ströme über die Systemgrenzen einer Methanisierung sind in Abbildung 18 gezeigt. Zusätzlich zum Einströmenden Wasserstoff H2 und Kohlendioxid CO2 sowie dem ausströmenden Methan CH4, Wasser H2O und der Wärme aus der exothermen Reaktion ergeben sich bei realen Reaktoren weitere Ströme über die Systemgrenze, sodass insgesamt die folgenden Ströme vor-liegen:

- Eintritt von Wasserstoff H2 �̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛 mit dem Enthalpiestrom �̇�𝐻𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛. In einer Power-to-Methan Anlage kommt er aus dem Elektrolyseur (Kapitel 3 Seite 22).

System

Ströme über Systemgrenzen

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Seite 42

- Eintritt von Kohlendioxid CO2 �̇�𝑚𝐶𝐶𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛 mit dem Enthalpiestrom �̇�𝐻𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛. Das ist die Kohlenstoffquelle des Prozesses Power-to-Methan. Um zu gewähr-leisten, dass die Umweltbelastung des produzierten Methans kleiner ist als diejenige von fossilem Methan, muss das CO2 biologischen Ursprungs o-der unvermeidbar sein (siehe Kapitel 6.4 Seite 57).

- Austritt von Methan CH4 �̇�𝑚𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 mit dem Enthalpiestrom �̇�𝐻𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎. Das ist der eigentliche Zweck der Methanisierung. Es soll möglichst viel CH4 er-zeugt werden, also die Reaktion (4.1) bis (4.3) soll möglichst vollständig ablaufen. Die Konzentration von CH4 im Produktgas kann auch mit einer Membranabscheidung erhöht werden. Für eine unbeschränkte Einspei-sung ins Erdgasnetz ist eine Konzentration von mindestens 96 Mol% erfor-derlich.

- Zusammen mit dem Methan CH4 verlassen auch die folgenden beiden Gase die Methanisierung:

• Wasserstoff H2 �̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 mit dem Enthalpiestrom �̇�𝐻𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎, das in der Me-thanisierung nicht umgesetzte wurde.

• Kohlendioxid CO2 �̇�𝑚𝐶𝐶𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 mit dem Enthalpiestrom �̇�𝐻𝐶𝐶𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎.

- Gezielte Zugabe von Wasserdampf zur Verhinderung der Verkoksung des Katalysators.

- Austritt eines Stroms von Wasser H2O, das aus der chemischen Reaktion gemäss (4.1) bis (4.3) Seite 38 entsteht sowie der zusätzlich zugeführte Wasserdampf.

- Nutzbare Abwärme �̇�𝑄𝑛𝑛𝑢𝑢𝑀𝑀𝑛𝑛𝑛𝑛𝑎𝑎𝑛𝑛, das in einem Kühlmedium enthalten ist. Das kann zum Beispiel Wasserdampf sein. Diese Abwärme hat die Betriebs-temperatur der Methanisierung.

- Nicht nutzbare Abwärme �̇�𝑄𝑉𝑉𝑒𝑒𝑛𝑛𝑒𝑒𝑢𝑢𝑎𝑎𝑀𝑀, die durch die Gerätehülle in die Umge-bung austritt.

- Elektrische Leistung 𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒,𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ für Hilfsaggregate der Methanisierung.

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Seite 43

Abbildung 18: Massen- und Energieströme einer realen Methanisierung.

Es kann jetzt die stationäre Energiebilanz einer Methanisierung gemäss Glei-chung (2.5) Seite 16 aufgestellt werden:

(4.4) �̇�𝐻𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛 + �̇�𝐻𝐶𝐶𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛 + �̇�𝐻𝐶𝐶2𝐶𝐶,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛 + 𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒,𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ= �̇�𝐻𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 + �̇�𝐻𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 + �̇�𝐻𝐶𝐶𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 + �̇�𝐻𝐶𝐶2𝐶𝐶,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 + �̇�𝑄𝑛𝑛𝑢𝑢𝑀𝑀𝑛𝑛𝑛𝑛𝑎𝑎𝑛𝑛 + �̇�𝑄𝑉𝑉𝑒𝑒𝑛𝑛𝑒𝑒𝑢𝑢𝑎𝑎𝑀𝑀

Der Umwandlungsgrad 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ der Methanisierung beschreibt, wie viel des ein-tretenden Wasserstoffs H2 gemäss der Reaktionsgleichung in (4.1) bis (4.3) von Seite 38 in Methan umgewandelt wird im Vergleich mit dem Wasserstoff H2, der insgesamt in den Reaktor eintritt. Das kann sowohl mit der Anzahl Mol 𝐵𝐵𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛,𝑛𝑛𝑒𝑒𝑎𝑎𝑟𝑟𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛𝑀𝑀 und 𝐵𝐵𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛 ausgedrückt werden als auch mit den Massenströ-men �̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛,𝑛𝑛𝑒𝑒𝑎𝑎𝑟𝑟𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛𝑀𝑀 und �̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛.

(4.5) 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ =𝐵𝐵𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛,𝑛𝑛𝑒𝑒𝑎𝑎𝑟𝑟𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛𝑀𝑀

𝐵𝐵𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛=�̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛,𝑛𝑛𝑒𝑒𝑎𝑎𝑟𝑟𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛𝑀𝑀

�̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛

Die beiden Extremfälle sind: 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ = 0 %: Es geschieht keine Umwandlung. Das austretende Gas ent-

hält kein Methan. 𝐵𝐵𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 = 0 Mol 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ = 100 %: Aller eintretende Wasserstoff H2 wird in Methan CH4 umge-

wandelt. Das Molverhältnis zwischen austretendem Methan CH4 und eintretendem Wasserstoff H2 ist gemäss der Reak-tionsgleichung in (4.1) bis (4.3) von Seite 38 𝐵𝐵𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛 𝐵𝐵𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎⁄ = 4.

Energiebilanz

Umwandlungs-grad

Extremfälle

Methan CH4 �̇�𝑚𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎, �̇�𝐻𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎

Wasserstoff H2 �̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎, �̇�𝐻𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎

Kohlendioxid CO2 �̇�𝑚𝐶𝐶𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎, �̇�𝐻𝐶𝐶𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎

Methanisierung Wasserstoff H2 �̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛, �̇�𝐻𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛

Kohlendioxid CO2 �̇�𝑚𝐶𝐶𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛, �̇�𝐻𝐶𝐶𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛

�̇�𝑄𝑛𝑛𝑢𝑢𝑀𝑀𝑛𝑛𝑛𝑛𝑎𝑎𝑛𝑛, �̇�𝑄𝑉𝑉𝑒𝑒𝑛𝑛𝑒𝑒𝑢𝑢𝑎𝑎𝑀𝑀

Abwärme

Wasser H2O �̇�𝑚𝐶𝐶2𝐶𝐶,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎, �̇�𝐻𝐶𝐶2𝐶𝐶,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎

Wasser H2O �̇�𝑚𝐶𝐶2𝐶𝐶,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛, �̇�𝐻𝐶𝐶2𝐶𝐶,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛

elektrische Leistung 𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒,𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ

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Seite 44

Der Wirkungsgrad 𝜂𝜂𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ der Methanisierung wird hier analog dem Wirkungs-grad 𝜂𝜂𝐸𝐸𝑒𝑒𝑒𝑒𝐸𝐸 der Elektrolyse mit den Brennwerten 𝐻𝐻𝑜𝑜 definiert. Die Argumenta-tion, den Brennwert 𝐻𝐻𝑜𝑜 zu benützen und nicht den Heizwert 𝐻𝐻𝑢𝑢, ist die gleiche wie beim Wirkungsgrad der Elektrolyse 𝜂𝜂𝐸𝐸𝑒𝑒𝑒𝑒𝐸𝐸 in Gleichung (3.5) Seite 29 und dem Nullpunkt der Enthalpieskala auf Seite 18.

(4.6) 𝜂𝜂𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ =Leistung Brennwert Austritt

Leistung Brennwert H2=�̇�𝑚𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 ∙ 𝐻𝐻𝑜𝑜,C𝐶𝐶4 + �̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 ∙ 𝐻𝐻𝑜𝑜,𝐶𝐶2

�̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛 ∙ 𝐻𝐻𝑜𝑜,𝐶𝐶2

Der Wirkungsgrad 𝜂𝜂𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ wird vollständig durch den Umsetzungsgrad 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ bestimmt: - Beträgt der Umsetzungsgrad 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ = 0, findet keine chemische Reaktion

statt, es tritt kein Methan aus dem Reaktor aus (�̇�𝑚𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 = 0), sondern der eingetretene Wasserstoff tritt ohne chemische Reaktion aus dem Reaktor wieder aus (�̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 = �̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛) und der Wirkungsgrad 𝜂𝜂𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ beträgt 100 %.

- Beträgt der Umsetzungsgrad 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ = 100%, reagiert der gesamte Wasser-stoff H2 zu Methan CH4, sodass gemäss (4.3) gilt �̇�𝑚𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 �̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛 = 1.989⁄ und �̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛 = 0. Der Wirkungsgrad 𝜂𝜂𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ kann direkt berechnet werden und beträgt 𝜂𝜂𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ = 78.3%.

Die Umrechnung von Umwandlungsgrad 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ in Wirkungsgrad 𝜂𝜂𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ erfolgt gemäss Gleichung (4.7) und ist in Tabelle 9 berechnet.

(4.7) 𝜂𝜂𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ =1.989 ∙ 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ ∙ 55.515MJ

kg + (1 − 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ) ∙ 141.788MJkg

141.788MJkg

17

Unter der Annahme, dass H2 und CO2 im stöchiometrischen Verhältnis ge-mäss (4.1) Seite 38 zusammengeführt werden und das Produktgas vollstän-dig getrocknet wird, kann aus dem Umwandlungsgrad 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ die Zusammen-setzung des Produktgases berechnet werden. Diese Gaszusammensetzun-gen sind ebenfalls in Tabelle 9 gegeben und in Abbildung 19 grafisch darge-stellt.

17 Herleitung dieses Zusammenhangs:

𝜂𝜂𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ =�̇�𝑚𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 ∙ 𝐻𝐻𝑜𝑜,C𝐶𝐶4 + �̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 ∙ 𝐻𝐻𝑜𝑜,𝐶𝐶2

�̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛 ∙ 𝐻𝐻𝑜𝑜,𝐶𝐶2=

�̇�𝑚𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎�̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛

𝐻𝐻𝑜𝑜,C𝐶𝐶4 +�̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎�̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛

𝐻𝐻𝑜𝑜,𝐶𝐶2

𝐻𝐻𝑜𝑜,𝐶𝐶2

𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ =𝐵𝐵𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛,𝑛𝑛𝑒𝑒𝑎𝑎𝑟𝑟𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛𝑀𝑀

𝐵𝐵𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛=

4 ∙ 𝐵𝐵𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎

𝐵𝐵𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛

�̇�𝑚𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎

�̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛=𝐵𝐵𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 ∙ 𝑀𝑀𝐶𝐶𝐶𝐶4

𝐵𝐵𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛 ∙ 𝑀𝑀𝐶𝐶2=𝐵𝐵𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 ∙ 0.016043𝐵𝐵𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛 ∙ 0.002016 = 2 ∙ 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ

�̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎

�̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛=𝐵𝐵𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 ∙ 𝑀𝑀𝐶𝐶2

𝐵𝐵𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛 ∙ 𝑀𝑀𝐶𝐶2=𝐵𝐵𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎

𝐵𝐵𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛=𝐵𝐵𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛,𝑛𝑛𝑒𝑒𝑎𝑎𝑟𝑟𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛𝑀𝑀 𝑛𝑛𝑒𝑒𝑆𝑆ℎ𝑀𝑀

𝐵𝐵𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛= 1 − 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ

𝜂𝜂𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ =2𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ𝐻𝐻𝑜𝑜,C𝐶𝐶4 + (1 − 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ)𝐻𝐻𝑜𝑜,𝐶𝐶2

𝐻𝐻𝑜𝑜,𝐶𝐶2

Wirkungsgrad

Wirkungsgrad gegeben durch Umsetzungsrate

Umrechnung

Gaszusammen-setzung

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Seite 45

Umwand-lungsgrad 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ

Wirkungsgrad Volumenanteil Massenanteil Brenn-wert

Heiz-wert CH4 H2 CO2 CH4 H2 CO2

100.0% 77.9% 83.0% 100.0% 0.0% 0.0% 100% 0% 0% 99.0% 78.1% 83.1% 95.2% 3.8% 1.0% 97% 0% 3% 98.0% 78.3% 83.3% 90.7% 7.4% 1.9% 94% 1% 5% 96.0% 78.8% 83.6% 82.8% 13.8% 3.4% 88% 2% 10% 94.0% 79.2% 84.0% 75.8% 19.4% 4.8% 83% 3% 15% 92.0% 79.6% 84.3% 69.7% 24.2% 6.1% 78% 3% 19% 90.0% 80.1% 84.7% 64.3% 28.6% 7.1% 73% 4% 22% 85.0% 81.2% 85.5% 53.1% 37.5% 9.4% 64% 6% 31% 80.0% 82.3% 86.4% 44.4% 44.4% 11.1% 55% 7% 38% 70.0% 84.5% 88.1% 31.8% 54.5% 13.6% 42% 9% 49% 60.0% 86.7% 89.8% 23.1% 61.5% 15.4% 32% 11% 58% 50.0% 88.9% 91.5% 16.7% 66.7% 16.7% 24% 12% 65% 40.0% 91.2% 93.2% 11.8% 70.6% 17.6% 17% 13% 70% 20.0% 95.6% 96.6% 4.8% 76.2% 19.0% 7% 14% 78% 0.0% 100.0% 100.0% 0.0% 80.0% 20.0% 0% 15% 85%

Tabelle 9: Umrechnung des Umwandlungsgrads 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑡𝑡ℎ der Methanisierung in den Wirkungsgrad 𝜂𝜂𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ definiert mit dem Brennwert 𝐻𝐻𝑜𝑜 gemäss Gleichung (4.6) Seite 44 und in einen Wirkungsgrad, der mit dem Heizwert 𝐻𝐻𝑢𝑢 definiert wäre. Zusammensetzung des produzierten Gases unter der Annahme, dass bei der Reaktion gemäss (4.1) Seite 38 CO2 und H2 im stöchiometrischen Ver-hältnis zusammengebracht werden und das Produktgas vollständig getrocknet wird.

Abbildung 19: Zusammensetzung des Produktgases aus einer Methanisierung in Funktion des Umwand-

lungsgrads 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑡𝑡ℎ unter der Annahme, dass bei der Reaktion gemäss (4.1) Seite 38 CO2 und H2 im stöchiometrischen Verhältnis zusammengebracht werden und das Produktgas vollstän-dig getrocknet wird.

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Seite 46

Je mehr in einer Methanisierung umgewandelt wird, desto schlechter ist der Wirkungsgrad 𝜂𝜂𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ und je weniger in einer Methanisierung umgewandelt wird, desto besser ist der Wirkungsgrad 𝜂𝜂𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ. Anders als bei der Elektrolyse, ist es also bei der Methanisierung nicht das Bestreben, einen möglichst gros-sen Wirkungsgrad 𝜂𝜂𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ zu erzielen, sondern einen möglichst grossen Um-wandlungsgrad 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ.

Eine Methanisierung wird nach den folgenden Kriterien optimiert:

(4.8) - Der Umwandlungsgrad 𝛽𝛽𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ von Wasserstoff H2 in Methan CH4 soll maxi-mal sein. Das Optimum liegt bei 100 %.

(4.9) - Die für Hilfsaggregate zu verwendende elektrische Leistung 𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒.𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ soll minimal sein. Das Optimum liegt bei null.

Das zweite Kriterium wird mit dem spezifischen Hilfsenergiefluss 𝛾𝛾𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ aus-gedrückt:

(4.10) 𝛾𝛾𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ =elektrische Leistung für Hilfsaggregate

Leistung Brennwert H2=

𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒,𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ�̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑒𝑒𝑒𝑒𝑛𝑛 ∙ 𝐻𝐻𝑜𝑜,𝐶𝐶2

Wirkungsgrad nicht maximie-ren

Optimierungskri-terien

spezifischer Hilfsenergiefluss

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Seite 47

5 Power-to-Methane

5.1 Chemische Reaktion

Die chemische Reaktion in einer Power-to-Methane Anlage setzt sich zusam-men aus der chemischen Reaktion der Elektrolyse aus Kapitel 3.1 Seite 22 und der Reaktion der Mathanisierungs aus Kapitel 4.1 Seite 38. Die chemi-sche Reaktionsgleichung der resultierenden Reaktion, ihre Reaktionsenthal-pien sowie die Aggregatszustände von Edukten und Produkten bei Standard-bedingungen lauten folgendermassen:

(5.1) 4 H2O + CO2 → CH4 + 2 H2O + 2 O2 Reaktionsenthalpie: (Produkte, Edukte bei Standardbedingungen)

4 mol 1 mol 1 mol 2 mol 2 mol +890.8 kJ/ (mol CH4) +0.2474 kWh/ (mol CH4)

Aggregatszu-stände bei Stan-dardbedingung

flüssig gasfg. gasfg. flüssig gasfg.

Die Reaktionsenthalpie der Elektrolyse in Gleichungen (3.1), (3.2) und (3.3) Seite 22f ist positiv. Die Reaktionsenthalpie der Methanisierung in Gleichun-gen (4.1), (4.2) und (4.3) Seite 39f. Die Reaktionsenthalpie der resultierenden Reaktion in den Gleichungen (5.1), (5.2) und (5.3) ist positiv und entspricht dem Brennwert von Methan aus Tabelle 3 Seite 20.

(5.2) 4 H2O + CO2 → CH4 + 2 H2O + 2 O2 Reaktionsenthalpie: (Produkte, Edukte bei Standardbedingungen)

3.21 Literfl 1 Nm3 1 Nm3 1.61 Literfl 2 Nm3 +39’733 kJ/ (Nm3 CH4) +11.04 kWh/ (Nm3 CH4)

(5.3) 4 H2O + CO2 → CH4 + 2 H2O + 2 O2 Reaktionsenthalpie: (Produkte, Edukte bei Standardbedingungen)

4.49 kg 2.74 kg 1.00 kg 2.25 kg 3.99 kg +55‘526 kJ/ (kg CH4) +15.424 kWh/ (kg CH4)

Summe von zwei Reaktionen

endotherm

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5.2 Wirkungsgrad

Der Wirkungsgrad einer Power-to-Methane Anlage ist folgendermassen defi-niert:

(5.4) 𝜂𝜂𝑃𝑃𝑀𝑀𝑀𝑀 =Leistung Brennwert Austritttotale elektrische Leistung

=�̇�𝑚𝐶𝐶𝐶𝐶4,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 ∙ 𝐻𝐻𝑜𝑜,C𝐶𝐶4 + �̇�𝑚𝐶𝐶2,𝑎𝑎𝑢𝑢𝑎𝑎 ∙ 𝐻𝐻𝑜𝑜,𝐶𝐶2

𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒 + 𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒,𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ + 𝑃𝑃𝑒𝑒𝑒𝑒,𝐶𝐶𝐶𝐶2

Der Wirkungsgrad einer gesamten Power-to-Gas Anlage kann aus dem Wir-kungsgrad 𝜂𝜂𝐸𝐸𝑒𝑒𝑒𝑒𝐸𝐸 des Elektrolyseurs, aus dem Wirkungsgrad 𝜂𝜂𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ der Metha-nisierung sowie seinem spezifischen Hilfsenergiefluss 𝛾𝛾𝑀𝑀𝑒𝑒𝑀𝑀ℎ berechnet wer-den.

5.3 Sicherheit

Aufgrund der Anwesenheit der beiden brennbaren Gase Wasserstoff H2 und Sauerstoff O2, muss Sicherheit gross geschrieben werden. Die Sicherheit von Anlagen baut auf den folgenden Grundlagen auf:

- Keine brennbaren Gasgemische, also kein Gemisch mit Wasserstoff H2 und Sauerstoff O2 oder Methan CH4 und Sauerstoff O2: Vor Inbetriebnahme der Anlage wird sie mit Stickstoff gespült, sodass

das erste produzierte Gas keinen Sauerstoff vorfindet und ein Gemisch entstehen kann.

Beim Ausschalten der Anlage wird sie ebenfalls mit Stickstoff gespült, sodass Luft nicht auf noch in der Anlage vorhandenen Wasserstoff oder Methan trifft.

In der Anlage herrscht Überdruck, sodass im Falle eines Lecks in der Anlage explosives Gemisch entstehen kann.

Ausserhalb der gasführenden Teile wird an Orten, an denen ein Leck entstehen kann, eine kugelförmige Explosionszone definiert. Die Idee ist, dass der Radius der Kugel so gross ist, dass sich auf dieser Distanz das Gas mit Luft verdünnt und am Rand der Kugel kein explosives Ge-misch mehr vorhanden ist. Innerhalb der Explosionszone darf keine Zündquelle existieren.

Geschlossene Räume, in denen ein Gas austreten kann, werden mit Gassensoren ausgestattet und zwangsbelüftet.

Der aus dem Elektrolyseur in die Atmosphäre abgeführte Sauerstoff wird in einer sicheren Distanz zum Ablass von brennbaren Gasen aus-geblasen.

Der Auslass aus Sicherheitsventilen muss ins Freie geführt werden und darf nicht in Innenräume führen.

- Unkontrollierte Zustände werden abgefangen: Die erste Barriere ist im Kontrollsystem integriert. Die zweite Barriere besteht aus Sicherheitsventilen, welche unzulässige

Drücke durch Abblasen ins Freie vermeiden.

Wirkungsgrad

Keine explosi-ven Gemische

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Wasserstoff H2

Methan CH4

Bemerkung

Diffusionskoeffizient in Luft bei Standardbedin-gungen18 0.61 cm2/s 0.16 cm2/s

Je höher, desto schneller ver-dünnt sich das Gas auf Konzent-rationen unterhalb der Zünd- und Explosionsgrenze.

Temperatur Selbstent-zündung18

585 °C 540 °C Je tiefer, desto schneller Entzün-det sich das Gas.

Zündgrenzen in Luft18 4.0 bis 75 Vol%

5.3 bis 15 Vol%

Je grösser Bereich, desto wahr-scheinlicher ist es, dass ein zündfähiges oder explosionsfä-higes Gemisch vorliegt.

Explosionsgrenzen in Luft18

18.3 bis 59 Vol%

6.3 bis 13.5 Vol%

Max. Flammgeschwin-digkeit in Luft bei Stan-dardbedingungen18

3.46 m/s 0.45 m/s Je grösser, desto besser kann sich eine Flamme oder Explosion entgegen der Strömungsrichtung fortpflanzen. Explosionsgeschwin-

digkeit in Luft bei Stan-dardbedingungen18

1.48 bis 2.15 km/s

1.4 bis 1.64 km/s

Normdichte (bei 0 °C und 1.013 bara) 0.090 kg/m3 0.72 kg/m3

Je kleiner im Vergleich mit Luft (1.20 kg/m3), desto mehr Auf-trieb und desto schnellere Ver-dünnung

ATEX Explosions-gruppe19 IIC IIA

Gefährlichkeit nimmt von A nach C zu. IIC schliesst die Gruppen IIA und IIB ein

Tabelle 10: Sicherheitsaspekte von Wasserstoff H2 und Methan CH4.

Kohlendioxid CO2

Sauerstoff O2

Bemerkung

Gefahr Erstickungs-gefahr durch Verdrängung

von Luft

Brandför-dernd, öl-

und fettfreie Geräte ver-

wenden

Normdichte (bei 0 °C und 1.013 bara) 1.98 kg/m3 1.43 kg/m3

Je grösser im Vergleich mit Luft (1.20 kg/m3), desto stärker sinkt es auf den Boden.

Tabelle 11: Sicherheitsaspekte von Kohlendioxid CO2 und Sauerstoff O2.

18 (21) Artikel „Hydrogen“ 19 ATEX-Direktiven („ATmosphères EXplosibles“) der Europäischen Union

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6 Einbettung von Power-to-Gas

6.1 Energiesituation der Schweiz

Der Energiebedarf der Schweiz wird zum grössten Teil durch vier Energieträ-ger bereitgestellt. Am meisten Energie wird für die Mobilität mit fossilen Treib-stoffen verwendet. Elektrizität deckt ca. ein Viertel des Gesamtenergiebedar-fes der Schweiz. Weitere 28.4% werden durch Gas bzw. Erdölbrennstoffen bereitgestellt.

Abbildung 20: Anteile am Schweizer Endenergieverbrauch von unterschiedlichen Ener-gieformen im Jahr 2014, Quelle: (11) Tabelle 1

In Abbildung 21 und Abbildung 22 ist der Verlauf des Schweizer Endenergie-verbrauchs nach Energieform für die letzten 100 Jahre dargestellt. Es ist er-sichtlich, dass die Zusammensetzung des Endenergieverbrauches ein sich ständig den Bedingungen anpassender Prozess ist. Wurde die Energie im Jahr 1910 hauptsächlich durch Kohle bereitgestellt sind heute die fossilen Treibstoffe die wichtigste Energiequelle. Bis ins Jahr 1970 stieg der Bedarf an Erdölbrennstoffen zur Erzeugung von Raumwärme stark an. Bedingt durch die erste Ölkrise im Jahr 1973 und die zweite im Jahr 1979 folgte eine Trend-wende hin zur Wärmeerzeugung mit Gas. Der Grund für den steigenden Ver-brauch an elektrischem Strom ist die zunehmende Technifizierung der Indust-rie sowie der Gesellschaft. Durch die steigende Mobilität der Bevölkerung hat sich der Verbrauch an fossilen Treibstoffen trotzt Effizienzsteigerungen seit dem Jahr 1970 mehr als verdoppelt.

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Abbildung 21: Schweizer Endenergieverbrauch von unterschiedlichen Energieformen, Quelle: (11) Tabelle 14

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Abbildung 22: Anteile am Schweizer Endenergieverbrauch von unterschiedlichen Energieformen, Quelle: (11) Tabelle 14

6.2 Elektrizitätsnetz

Im Elektrizitätsnetz ist es erforderlich, dass zu jedem Zeitpunkt gleich viel Leistung eingespeist wird wie auch konsumiert wird. Die Elastizität ist sehr gering. Um das Gleichgewicht zwischen Produktion und Konsum zu errei-chen, findet ein intensiver Stromhandel mit unterschiedlichen Zeithorizonten statt:

- Terminmarkt = Futures: zwei Tage bis 6 Jahre

- Day Ahead Handel an den europäischen Börsen (EEX in Leipzig und oder EPEX SPOT in Paris)

- Intraday Handel an den europäischen Börsen (EEX in Leipzig und oder EPEX SPOT in Paris)

- Regelleistungsmarkt (heisst offiziell Regelenergiemarkt): Primär, Sekun-där und Tertiär.

In der Schweiz muss gemäss dem seit 2007 geltenden Stromversorgungsge-setz (Abkürzung „StromVG“) für die Nutzung von öffentlichen Netzen und von

Produktion gleich Konsum

Netznutzungs-gebühr

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Arealnetzen20 eine Netznutzungsgebühr bezahlt werden. Diese fällt für End-verbraucher bei jedem „Ausspeisepunkt“ an. Ausgenommen davon sind nur

- Pumpspeicherkraftwerke (im „StromVG“ explizit erwähnt21)

- Eigenbedarf von Kraftwerken (im „StromVG“ explizit erwähnt21)

- Batterien (im „StromVG“ nicht explizit erwähnt, Interpretation des VSE)

Power-to-Gas Anlagen sind generell nicht von der Netznutzungsgebühr aus-genommen. Es gibt aktuell nur einen Ansatzpunkt22, mit denen man eine Netz-nutzungsgebühr verhindern kann:

- Die Power-to-Gas Anlage bezieht Strom direkt ab der Klemme eines Kraft-werks. Somit hängt es nicht an einem Ausspeisepunkt, welche die Bedin-gung für die Netznutzungsgebühr ist. Dieser Sachverhalt gilt unabhängig davon, ob die Power-to-Gas Anlage und das Kraftwerk zur gleichen juristi-schen Person gehören.

Diese Gebühren werden vom Stromversorger für unterschiedliche Nutzer-gruppen festgelegt und in Kraft gesetzt. Sie müssen Gesetzeskonform sein, was von der ElCom überprüft werden kann. Zwei Beispiele sind in Tabelle 13 und Tabelle 14 gezeigt.

20 Newsletter 03/15 der Elcom: „Mit Urteil vom 9. Februar 2015 hat das Bundesgericht die Praxis der ElCom zu

den Arealnetzen grundsätzlich bestätigt, soweit es sich aufgrund der Beschwerdeanträge damit auseinander-setzte. Es steht nun rechtskräftig fest, dass das StromVG auch auf am Arealnetz angeschlossene Endverbrau-cher zur Anwendung kommt. Das Bundesgericht hält ausserdem fest, dass die Stromversorgungsgesetzgebung nicht die gesamte Stromversorgung abschliessend regelt und daher nicht alle mit Bezug auf die Arealnetze relevanten Fragen beantwortet. Daraus folgt, dass vertragliche Lösungen zur Regelung der Rechtsbeziehungen zwischen Verteilnetzbetreiber, Arealnetzbetreiber und Endverbrauchern weiterhin zulässig sind, soweit das Ge-setz nichts anderes regelt. Das Urteil (2C-300/2014) ist abrufbar unter www.bger.ch > Rechtsprechung > Rechtsprechung (gratis) > Wei-tere Urteile ab 2000 (Urteil ist in Kürze abrufbar) Weitere Unterlagen zum Thema Arealnetze: - Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Februar 2014 (A-6689/2012) - Verfügung der ElCom vom 15. November 2012 (922-10-006) - Newsletter 8/2012 der ElCom vom 3. Dezember 2012.

21 StromVG, Artikel 4, Absatz 1, Buchstabe b: Als Endverbraucher gelten „Kunden, welche Elektrizität für den eigenen Verbrauch kaufen. Ausgenommen hiervon ist der Elektrizitätsbezug für den Eigenbedarf eines Kraft-werkes sowie für den Antrieb von Pumpen in Pumpspeicherkraftwerken. (https://www.admin.ch/opc/de/classi-fied-compilation/20042411/index.html)

22 Zwei weitere Ansatzpunkte sind aktuell schwierig: - Der Passus, dass ein Endverbraucher „Elektrizität für den eigenen Verbrauch“ bezieht wird von der zustän-

digen Behörde Elcom so interpretiert, dass Power-to-Gas Anlagen darunter fallen. Die Position, dass eine Power-to-Gas Anlage keine Elektrizität „für den eigenen Verbrauch“ bezieht sondern für die Speicherung in einem anderen Energieträger, wird von Elcom und VSE nicht geteilt. Anders sieht es für Batterien aus. Aus Sicht VSE „verschwindet“ die Energie von Power-to-Gas Anlagen aus dem Elektrizitätsnetz und wird somit „verbraucht“:

- Die Elcom hat in ihrem Newsletter 03/15 präzisiert, dass keine Ausnahmen der Netznutzungsgebühr für Forschungsprojekte mehr gemacht werden können, auch wenn sie einen Nutzen für das Netz darstellen: „Im Rahmen des geltenden Cost-Plus-Modells kann die Abgeltung von Kosten für Pilotprojekte, deren Nut-zen für den Netzbetrieb nicht abschätzbar ist, nicht über die Netznutzungstarife erfolgen.“

Power-to-Gas Anlagen

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Der Zugang zum Regelenergiemarkt ist ab einer Leistung von 5 MW offen. In der Schweiz gibt es zurzeit zwei Firmen, welche im Verbund auch kleinere Anlagen am Regelleistungsmarkt integrieren können (siehe Tabelle 12).

Swisscom Energy Solutions Ist sehr auf Elektroboiler und Kleinwärme-pumpen fokussiert

Virtual Global Systems AG (www.vglsy.com)

Fokussiert auf grössere Verbraucher, bietet für die Bereitstellung während eines Jahres Einnahmen von 240’000 CHF/MW am Sekun-därmarkt und 21‘000 CHF/MW am Tertiär-markt

Tabelle 12: Firmen mit Zugang zum Regelenergiemarkt, mit Hilfe derer auch kleine Power-to-Gas Anlagen beteiligt werden können.

Stromprodukt NST2 NST3 NST4

Energiebezug < 500'000 kWh im Hochtarif

> 500'000 kWh im Hochtarif

> 500'000 kWh im Hochtarif

Leistungsbezug < 500 kW > 500 kW > 500 kW Messung Netzebene 400 V 400 V Mittelspannung

Angaben in Rp/kWh Hochtarif Nieder-tarif Hochtarif Nieder-

tarif Hochtarif Nieder-tarif

Gebühren: Netznutzungsgebühr 5.60 4.00 5.50 4.00 5.20 4.00 KEV Abgabe 1.20 1.20 1.20 1.20 1.20 1.20 Gewässer und Fische 0.10 0.10 0.10 0.10 0.10 0.10 Systemdienstleistung23 0.45 0.45 0.45 0.45 0.45 0.45 Abgabe Gemeinwesen 1.28 1.28 1.28 1.28 1.28 1.28 Total Gebühren 8.63 7.03 8.53 7.03 8.23 7.03 elektrische Energie: SO günstig 7.30 4.90 7.10 4.70 7.10 4.70 SO regional 7.90 5.50 7.70 5.30 7.70 5.30 SO natürlich 16.50 14.10 16.30 13.90 16.30 13.90 Tabelle 13: Netznutzungsgebühren und Preise für elektrische Energie von Regio Energie Solothurn für das

Jahr 2016, Quelle: Homepage von Regio Energie Solothurn.

23 Systemdienstleistung für Swissgrid.

Regelenergie-markt

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Stromprodukt Netzprodukt NS2 für 400 Volt Netzprodukt NS1 für 400 Volt Energiebezug < 1'000'000 kWh > 1'000'000 kWh Leistungsbezug < 360 kW > 360 kW Angaben in Rp/kWh Hochtarif Niedertarif Hochtarif Niedertarif Gebühren: Netznutzungsgebühr 7.13 3.56 2.59 1.73 Systemdienstleistung 0.49 0.49 0.49 0.49 KEV Abgabe 1.30 1.30 1.30 1.30 Gewässer und Fische 0.10 0.10 0.10 0.10 Total Gebühren 9.02 5.45 4.48 3.62 elektrische Energie: blauer Strom 10.04 7.67 8.86 5.08 grüner Strom 14.04 11.67 12.86 9.08 grauer Strom 9.04 6.67 7.86 4.08 Tabelle 14: Netznutzungsgebühren und Preise für elektrische Energie von AEK für das Jahr 2016 für die

Gemeinde Zuchwil, Quelle: Homepage von AEK.

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6.3 Gasnetz

Der Erdgasverbrauch in der Schweiz liegt bei 3.6 Mrd. Kubikmeter pro Jahr und hat einen Anteil von 13.5% am Gesamtenergieverbrauch der Schweiz. Erdgas wird hauptsächlich in der Industrie oder zur Wärmeerzeugung in Pri-vathaushalten eingesetzt. Da die Schweiz keine grösseren Erdgasvorkom-men besitzt wird das Gas hauptsächlich über Pipelines aus der EU und Russ-land importiert. Um alles Kunden mit Erdgas zu versorgen ist das Transport-netz inzwischen auf über 19300 km angewachsen. Davon entfallen 2300 km auf das Hochdruck Transportnetz mit Drücken bis zu 85 bar (ü). Bei den rest-lichen 17‘000 km handelt es sich um das Verteil und Niederdrucknetz mit 5 bzw. 0.2 bar (ü). Das Gas wird über mehrere Druckreduzierstationen vom Hochdrucknetz über das Verteilnetz an den Kunden geliefert. Der Umgekehrte fall, sprich die Einspeisung von Gas aus dem Niederdrucknetz in das Hoch-drucknetz ist heute nicht vorgesehen.

Abbildung 23: Die Grafik zeigt eine schematische Darstellung des schweizerischen Erd-

gasnetzes. Die grünen Pfeile bezeichne die Anbindung der Schweiz an das europäische Erdgasverteilnetz. Bei den grauen Punkten handelt es sich um lokale Erdgasversorger. (12)

Wie beim Strom gibt es auch bei Erdgas Schwankungen in der Verbrauchs und Importmenge. Um trotzt diesen Schwankungen die Versorgung sicherzu-stellen besitzt die Schweiz sechs kleinere Erdgasspeicher mit einem Fas-sungsvermögen von knapp 2.7 Mio. m3 (bei Standardbedingungen) um die Tagesschwankungen auszugleichen. Ein weiteres Element um die Versor-gung zu gewährleisten ist das Erdgasnetz selbst. Wird mehr Gas bezogen als Eingespeist sinkt der Druck in den Rohrleitungen und umgekehrt. Dadurch dass das Gas nicht ein eine höhere Druckstufe transferiert werden kann ist die maximal einspeisbare Gasmenge beschränkt.

Transport

Speicherung

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Dadurch dass kurzzeitige Schwankungen von Angebot und Verbrauch durch Speicher kompensiert werden können, ist der Gaspreis über mehrere Wochen konstant. Preisänderungen sind hauptsächlich auf Veränderungen des Prei-ses in den Förderländer (EU, Russland) zurückzuführen. Möchte man solche Preisschwankungen verhindern, sind grössere Speichervolumen notwendig. Mit 19.2 Mrd. m3 (bei Standardbedingungen) besitzt Deutschland die gröss-ten Speicherkapazität in Europa. Diese Menge entspricht einem Viertel des Erdgasverbrauches von Deutschland im Jahr 2012. Das Geschäftsmodell ist simple: Das Erdgas wird im Sommer bei geringer Nachfrage und niedrigem Preis eingekauft und im Winter bei hoher Nachfrage und entsprechend hohem Preis wieder verkauft. Für den Kunden wird der Preis über die bezogene Ener-gie berechnet. Dazu wird das konsumierte Volumen über den Brennwert, den mittleren Druck und die mittlere Temperatur am Zähler sowie die Meter über Meer in Energie umgerechnet.

Um die Gasqualität konstant zu halten und die technischen Einrichtungen vor Beschädigungen zu schützen muss das Gas, welches eingespeist wird je nach Einspeisestelle bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Alle Gase, welche eigespeist werden müssen einen bestimmten Brennwert aufweisen und frei von Verunreinigungen wie Schwefelverbindungen sein. Weiter gibt es für Gase wie Wasserstoff Obergrenzen für die Konzentration im Netz. Diese liegt aktuell in der Schweiz bei 2 % (Vol.). Diese Obergrenze dient hauptsächlich dem Schutz von Speichern und Rohrleitungen vor einer frühzeitigen Alterung durch Wasserstoff Versprödung.

6.4 CO2-Quellen

Bei einem ausreichenden vorkommen von Sauerstoff entsteht bei allen Ver-brennungsprozessen als Hauptkomponente neben Wasser CO2. Die gröss-ten Emissionen stammen aus der Verbrennung von fossilen Brenn und Treib-stoffen zu Heizzwecken und für die Mobilität. Weiter stossen verschiedene Industrieanlagen CO2 aus welches durch die Bereitstellung von Prozess-wärme entstanden ist oder durch materielle Umwandlungsprozesse. Neben diesen anthropogenen bzw. fossilen Emissionen existiert auch ein natürlicher Kohlenstoffkreislauf. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass die Emissions-leistung mit der Senkeleistung im Gleichgewicht steht. Hauptverantwortlich dafür ist das Wachstum (Senke) von Biomasse bzw. die Verrottung (Quelle) von dieser. Der Mensch beeinflusst diesen Kreislauft zum Beispiel durch die Verbrennung von Biomasse oder aerobe Abbauprozesse in Abwasserreini-gungsanlagen. Abbildung 24 zeigt einen Überblick über die wichtigsten CO2 Quellen und Senken der Schweiz.

Marktmechanis-men

Einspeisung ins Erdgasnetz

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Abbildung 24: Kohlenstoffströme der Schweiz: Das Diagramm ist in 4 Ebenen unterteilt. Die unterste Ebene ist die Ebene der Ressourcen. Ressourcen sind Kohlenstofflager wie Erdöl oder Gas. Ebene zwei sind die Speicher. Speicher binden Kohlenstoff für eine bestimmte Zeit. Dazu gehören Bauten aus Holz oder Beton sowie Kunststoffprodukte. In der Prozessebene werden die Kohlenstoffströme in Kohlendioxid umgewandelt und in die vierte Ebene die Atmosphäre gegeben.

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6.4.1. CO2 Eignung und Gewinnung

Ob CO2 für CCU(Carbon Capture and Utilization) verwendet werden kann o-der soll, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Technisch stellt sich die Frage, ob das CO2 aus der entsprechenden Quelle wirtschaftlich und ökolo-gisch Sinnvoll gewonnen werden kann. Damit eine Quelle wirtschaftlich er-fasst werden kann, ist ein möglichst Grosser und hoch konzentrierte Strom notwendig was zum Beispiel die gesamte Mobilität ausschliesst. Möchte man ein erneuerbares Produkt herstellen, muss auch das CO2 aus erneuerbaren Quellen stammen. Solches CO2 entsteht bei der Herstellung von Biogas oder bei der Verbrennung von Biomasse in Kehrichtverbrennungsanlagen. Eine Grauzone bildet hierbei der fossile Anteil der KVA oder die geogenen Emissi-onen der Zementwerke

Quelle Menge Mio T/a

Konzentra-tion CO2

Nebenprodukte Technologie

Atmosphäre ∞ 400 ppm N2,O2

Vacuum Swing adsorp-tion (VSA)

KVA 0.551 100‘000 ppm O2,N2,S Aminwäsche

Zement-werke

0.532 100‘000 ppm O2,N2,S Aminwäsche

Bio und Klär-gasanlagen

0.325 500‘000 ppm CH4,S Wasserstoffanreiche-rung

Tabelle 15 Quellen von CO2 für Power-to-Gas Anwendungen und deren Eigenschaften

6.4.2. CO2 Gewinnung

CO2 für technische Anwendungen entsteht heute grösstenteils als Abfallpro-dukt bei der Reformation von Erdgas oder der Ammoniaksynthese. Dieses CO2 wird zum Beispiel in der Nahrungsmittelindustrie bei der Herstellung von Mineralwasser mit Kohlensäure (CO2) oder in der Wärme- und Kältetechnik als Kältemittel eingesetzt. Dieses CO2 ist nicht erneuerbar da es aus fossilen Ressourcen wie Erdgas entweicht und technisch bereits heute vermeidbar wäre.

Zur Extraktion von CO2 aus erneuerbaren Quellen ist aufgrund der niedrigen Konzentration eine Energiezufuhr notwendig. Der Grund dafür liegt in der Zu-nahme der Entropie bei der Mischung von Gasen. Dies bedeutet, dass sich

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Gasgemische ohne Zufuhr von Energie nie spontan entmischen. Der mini-male Energieaufwand zur Entmischung von Gasen kann wie folgt berechnet werden:

(6.1) ∆𝑆𝑆 = R*[𝐵𝐵1 ∗ ln𝐵𝐵𝐵𝐵1

+ 𝐵𝐵2 ∗ ln𝐵𝐵𝐵𝐵2

]

(6.2) W = ∆𝑘𝑘 ∗ 𝑇𝑇

Entropieänderung ∆𝑆𝑆 KJ= Kelvin Gesamtzahl Mol n mol Mol

Spezifische Entropieän-derung ∆𝑘𝑘

K*kgJ=

Kilo-gramm

Molzahl Komponente i 𝐵𝐵𝑒𝑒

mol Mol

Energieaufwand W Wh Watt-Stunden Temperatur T K Kelvin

Abbildung 25: Minimaler Energieaufwand zur Abtrennung von CO2 aus Luft liegt bei 0.136

kWh/kg CO2 (13)

Durch die niedrige Konzentration von CO2 in der Luft bieten sich Adsorptions-verfahren zur Extraktion an. Die Firma Climeworks aus der Schweiz setzt hier-bei auf die sogenannte Druckwechsel-Adsorption (PSA-Pressure Swing Ad-sorbation). Dabei wird das CO2 durch physikalische Adsorption aus der Luft getrennt. Dabei bindet sich das CO2 bei Umgebungsbedingungen am Adsor-bermaterial z.B. Zeolithe (Climeworks: Zellulose) welches sich durch eine grosse Oberfläche auszeichnet. Ist das Adsorbermaterial gesättigt, wird die Adsorptionskammer verschlossen und evakuiert. Gleichzeitig wird die Tem-peratur auf ca. 100 °C erhöht. Durch den niedrigen Druck und die hohe Tem-peratur löst sich das CO2 aus dem Adsorbermaterial. Das Verfahren produ-ziert keine umweltschädlichen Abfallprodukte und zeichnet sich durch eine hohe CO2 Reinheit aus. Der spezifische Energieaufwand liegt heute in gross-technischen Anlagen bei ca. 2.5 kW pro kg CO2

Atmosphäre

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Abbildung 26: Climeworks CO2 Kollektor mit einer Kapazität von 135 kg/d CO2. Die An-zahl Kollektoren kann beliebig erhöht werden bis die gewünschte Adsorp-tionskapazität erreicht ist. (14)

Zusätzlich zu Climeworks gibt es das Startup Antecy ([14], www.antecy.com), die eine Technologie zur Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre entwickelt.

Bei Kehrichverbrennungsanlagen und Zementwerken muss das CO2 aus Ab-gasen mit einer CO2 Konzentration von ca. 10% Abgeschieden werden. Für grosstechnische Anwendungen wird zum Auswaschen von sauren Gasen aus Gasgemischen häufig die Aminwäsche eingesetzt. Amin bezieht sich dabei auf die alkalische Lösung von zumeist Ethanolamin-Derivaten. Bei diesem Absorbtionsverfahren bindet sich das CO2 an der Waschflüssigkeit. Durch Er-hitzen der Waschflüssigkeit wird das CO2 wieder frei.

Bio- bzw. Klärgas ist eine Mischung aus ca. 50 Vol.-% CH4 und CO2. Abgese-hen von der Trocknung und einer allfälligen Reinigung mittels Aktivkohle zur Entfernung von Schwefelverbindungen kann dieses Gas direkt in Power-to-Gas Prozessen verwendet werden. Dabei wird durch Zugabe von Wasserstoff das CO2 in Methan umgewandelt.

Antecy

Kehrrichtver-brennung und Zementwerke

Biogas und Klärgas

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Aminwäsche PSA Membranverfahren Atmosphäre -- ++ --

Rauchgase ++ +- +-

Biogase +- +- +

CO2 Reinheit 99.9 % >99.9 % 75%

Abschei-demenge

bis zu 235 t/h bis zu mehreren Tonnen/h

Keine Angaben

Energiebe-darf

ca. 3500 kWh/t ca. 2500 kWh/t ca. 5300 kWh/t

Kosten 275 CHF/t 500-600 CHF/t (15)

67.5 EUR/t

Vorteile

Erfahrungen im Grossanlagenbau Hohe Absorptions-rate

Geringer Energiebedarf

Keine teuren Be-triebsmittel

Nachteile Umgang mit Amin Mögliche Prob-leme mit Rauch-gas

Verstopfung der Membrane Hoher Energie- verbrauch

Abbildung 27: Vergleich der Verfahren zur Gewinnung von CO2[ (16) Tabelle 5 Seite 21]

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7 Literaturverzeichnis

1. Cerbe, G. Grundlagen der Gastechnik. s.l. : Hanser Verlag, 7. Auflage, 2008. 2. Hahne, E. Technische Thermodynamik. s.l. : Oldenbourg Verlag, 2010. 3. Lehner, M., Tichler R., Steinmüller, H., Koppe, M. Power to Gas: Technology and Business Models. s.l. : Springer Verlag, 28. Oktober 2014. IET509. 4. Peterer, R. Bachelorarbeit: Power to Gas I, Betriebsverhalten grosstechnischer Elektrolyseanlagen. Rapperswil : Studiengang Erneuerbare Energie- und Umwelttechnik, HSR Hochschule Rapperswil betreut durch Prof. Dr. Heiner Prechtl, 14. Juni 2013. IET0301. 5. Wang, D. Solar water splitting using earth-abundant-materials. Essen, Germany : Persentation:, 2015. IET0693. 6. Lewis, N.S. Artificial photosynthesis: direct production of fuels from sunlight. Essen, Germany : Presentation 4th Conference on Carbon Dioxide as Feedstock for Fuels, Chemistry and Polymers, 30 September 2015. IET0711. 7. Smolinka, T., Günther, M. und Garche, J. Stand und Entwicklungspotenzial der Wasserelektrolyse zur Herstellung von Wasserstoff aus regenerativen Energien. s.l. : NOW-Studie von Fraunhofer ISE und FCBAT, Revision 1, 5. Juli 2011. IET0680. 8. Hydrogenics. Hystat Hydrogen Generators. s.l. : Produktkatalog von Hydrogenics von www.hydrogenics.com, 9. Oktober 2015. "IET0677". 9. Burkard, M. und Kost, F. Power-to-Gas Prozessanalyse der Methanisierung. Rapperswil : Bachelorarbeit Frühlingssemester 2013, Studiengang Erneuerbare Energie- und Umwelttechnik EEU, 2013. IET0293. 10. Götz, M. Methanisierung in Dreiphasenreaktoren. Leipzig : Innovationsforum "Power to Gas to Power", 24./25. April 2013. IET0287. 11. BFE. Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2014. s.l. : Bundesamt für Energie (BFE), 2014. IET0674. 12. Ruoss, Fabian. Erdgasinfrastruktur der Schweiz. Rapperswil : HSR, 2014. 13. Vito Crameri, Boris Meier. Energieaufwand für die Abtrennung von CO2 aus Luft. Rapperswil : HSR, 2015. 14. Climeworks. www.climeworks.com. Climeworks CO2 Kollektor. [Online] Climeworks. [Zitat vom: 4. 1 2016.] http://www.climeworks.com/climeworks-kollektor.html. 15. Läubli, Martin. tagesanzeiger.ch. Es gibt einen Markt für CO2. [Online] 25. 11 2015. [Zitat vom: 4. 1 2016.] http://www.tagesanzeiger.ch/wissen/technik/es-gibt-einen-markt-fuer-co2/story/28059798. 16. Seiler, Manuel. BA Machbarkeitsstudie: Power-to-Gas Integration in der KVA Linth. Rapperswil : HSR, 2015. IET 0600. 17. H2Gen, Areva. PEM Electrolysers“, Datenblatt der Firma Areva H2Gen. s.l. : Areva, 2015. IET0634. 18. Eicher, HP, Bacher, R., Bucher, Ch., Burkhard, R., Frei, H.-H., Hennemann, Ph., Huber, H., Keller, M., Meier, P., Rigassi, R., Rommel, M., Trüssel D. und Wiget, M. Erneuerbare Energien, Umweltfreundliche Versorgung. s.l. : Fachhochschule Nordwestschweiz, Institut Energie am Bau, 2014. IET0426. 19. Friedl, M.J. und Meier, B. Aqua & Gas No. 10, Power-to-Gas in der Anwendung. Aqua & Gas : s.n., 2014. S. 14-21. IET0496. 20. Rieke, S. Catalytic methanation - the Audi e-gas project as an example of industrialized technology for Power to gas. s.l. : Präsentation der Firma Etogas, 7 May 2015. IET0630. 21. Roestenberg, T. Antecy: Fueling the future. Essen, Germany : Presentation: 4th Conference on Carbon Dioxide as Feedstock for Fuels, Chemistry and Polymers, 30 September 2015. IET0715.

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22. Spielmann, M., Ruiz, S. und Zah, R. Analyse der Umwelt-Hotspots von strombasierten Treibstoffen. s.l. : Finaler Bericht der Firma Qantis im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU), 14. Juni 2015. IET0666. 23. Wiley-VCH. Ullman's Encyclopedia of Industrial Chemistry. Weinheim : Wiley-VCH Verlag GmbH, 2007. IET0474.

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Anhang: Quellen [1] Areva H2Gen, „PEM Electrolysers“, Datenblatt der Firma Areva H2Gen, 10. April 2015

[2] BFE „Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2014“, Bundesamt für Energie (BFE), 20. Juli 2015

[3] Burkard, M. und Kost, F. „Power-to-Gas Prozessanalyse der Methanisierung“, Bachelo-rarbeit Frühlingssemester 2013, Studiengang Erneuerbare Energie- und Um-welttechnik EEU, HSR Hochschule Rapperswil betreut durch Prof. Dr. Markus Friedl, 14. Juni 2013

[4] Cerbe, G. „Grundlagen der Gastechnik“, Hanser Verlag, 7. Auflage, 2008

[5] Eicher, HP, Bacher, R., Bucher, Ch., Burkhard, R., Frei, H.-H., Hennemann, Ph., Huber, H., Keller, M., Meier, P., Rigassi, R., Rommel, M., Trüssel D. und Wiget, M., „Erneuerbare Energien, Umweltfreundliche Versorgung“, Buch herausgege-ben von der Fachhochschule Nordwestschweiz, Institut Energie am Bau, Ja-nuar 2014

[6] Friedl, M.J. und Meier, B., „Power-to-Gas in der Anwendung“, Aqua & Gas No. 10, Ok-tober 2014, Seiten 14-21

[7] Götz, M., „Methanisierung in Dreiphasenreaktoren“, Innovationsforum "Power to Gas to Power", Leipzig, 24./25. April 2013

[8] Hahne, E., „Technische Thermodynamik“, Oldenbourg Verlag, 5. Auflage, 2010

[9] Hydrogenics, „Hystat Hydrogen Generators“, Produktkatalog von Hydrogenics von www.hydrogenics.com, 23. November 2011, heruntergeladen am 9. Oktober 2015

[10] Lehner, M., Tichler R., Steinmüller, H., Koppe, M., „Power to Gas: Technology and Bu-siness Models“, Springer Verlag, 28. Oktober 2014

[11] Lewis, N.S., “Artificial photosynthesis: direct production of fuels from sunlight”, Presen-tation given at the 4th Conference on Carbon Dioxide as Feedstock for Fuels, Chemistry and Polymers, Essen, Germany, 30 September 2015

[12] Peterer, R., „Power to Gas I, Betriebsverhalten grosstechnischer Elektrolyseanlagen“, Bachelorarbeit Frühlingssemester 2013, Studiengang Erneuerbare Energie- und Umwelttechnik, HSR Hochschule Rapperswil betreut durch Prof. Dr. Hei-ner Prechtl, 14. Juni 2013

[13] Rieke, S., „Catalytic methanation - the Audi e-gas project as an example of industrialized technology for Power to gas”, Präsentation der Firma Etogas, 7 May 2015

[14] Roestenberg, T., “Antecy: Fueling the future”, Presentation given at the 4th Conference on Carbon Dioxide as Feedstock for Fuels, Chemistry and Polymers, Essen, Germany, 30 September 2015

[15] Smolinka, T., Günther, M. und Garche, J., „Stand und Entwicklungspotenzial der Was-serelektrolyse zur Herstellung von Wasserstoff aus regenerativen Energien“, NOW-Studie von Fraunhofer ISE und FCBAT, Revision 1, 5. Juli 2011

[16] Spielmann, M., Ruiz, S. und Zah, R., „Analyse der Umwelt-Hotspots von strombasierten Treibstoffen“, Finaler Bericht der Firma Qantis im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU), 14. Juni 2015

Thermodynamik von Power-to-Gas Friedl, Meier, Ruoss, Schmidlin

Version 2

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[17] Wang, D., “Solar water splitting using earth-abundant materials”, Presentation given at the 4th Conference on Carbon Dioxide as Feedstock for Fuels, Chemistry and Polymers, Essen, Germany, 29 September 2015.

[18] Wiley-VCH “Ullman's Encyclopedia of Industrial Chemistry”, Wiley-VCH Verlag GmbH, Weinheim, 2007