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VERSUCHE MIT GERSONsDIXT VON EJLER HOLM. Unter den Mitteln, die die Therapeutiker in den letzten Jahren versucht haben, hat die GersonSDiat und Modifikationen derselben eine grosse Rolle gespielt, besonders in Deutschland. Die Richtungen, die in bestimmten Diatformen eine alles ubers schattende Quelle zur Gesundheit und Heilung sehen, haben ja stets eine besondere Fahigkeit gehabt, fanatische Anhanger zu gewinnen, ich brauche nur an den Vegetarismus, die Hinds hedesDiat und die Rohkostbewegung zu erinnern. Die Gerson-r Diat ist mit diesen Bewegungen verwandt, sie ist wie diese teils durch Spekulation, teils durch personliche Erfahrungen, die jes doch von einem gewissen Fanatismus gepragt zu sein scheinen, entstandcn. Gerson fand seine Diat, indem er durch verschiec dene diatetische Verhaltungsregeln sich von einer qualenden Migrane zu befreien suchte, und nachdem er eine solche Diat gefunden hatte, ihr Gebiet erweiterte und dieselbe bei vieleii verschiedcnen Krankheiten versuchte. Man fing bereits an, die Kur als eine gewohnlichc RekIameSWunderkur zu betrachten, als Sauerbruch und sein Schuler Hermannsdorffer, die sich fur diatetisches Verhalten interessierten, Interesse fur dieselbe ber kamen, da sie in verschiedener Hinsicht mit ihren Theorien ubereinstimmte. Sie setzten mehr wissenschaftlich angelegte Versuche in Gang und die Dilt kam allmahlich verschiedentlich in Gebrauch, u. a. bei Jessionek. Allmahlich hat man eine Reihe Mitteilungen hinsichtlich der Resultate, teils betr. Wunderkurcn, bei Migrane und verschiedenen TuberkulosesFallen, teils Ergebs nisse grosserer Bcdeutung crhalten. Besonders bei chirurgischer Tuberkulose und Lupus glauben einige Verfasser uberraschende Wirkungen erzielt zu haben, wahrend viele andere sich skeps tisch verhalten haben. Rei Lungentuberkulose scheint die Kur nicht von guter Wirkung zu sein.

VERSUCHE MIT GERSON-DIÄT

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VERSUCHE MIT GERSONsDIXT

VON EJLER HOLM.

Unter den Mitteln, die die Therapeutiker in den letzten Jahren versucht haben, hat die GersonSDiat und Modifikationen derselben eine grosse Rolle gespielt, besonders in Deutschland. Die Richtungen, die in bestimmten Diatformen eine alles ubers schattende Quelle zur Gesundheit und Heilung sehen, haben ja stets eine besondere Fahigkeit gehabt, fanatische Anhanger zu gewinnen, ich brauche nur an den Vegetarismus, die Hinds hedesDiat und die Rohkostbewegung zu erinnern. Die Gerson-r Diat ist mit diesen Bewegungen verwandt, sie ist wie diese teils durch Spekulation, teils durch personliche Erfahrungen, die jes doch von einem gewissen Fanatismus gepragt zu sein scheinen, entstandcn. Gerson fand seine Diat, indem er durch verschiec dene diatetische Verhaltungsregeln sich von einer qualenden Migrane zu befreien suchte, und nachdem er eine solche Diat gefunden hatte, ihr Gebiet erweiterte und dieselbe bei vieleii verschiedcnen Krankheiten versuchte. Man fing bereits an, die Kur als eine gewohnlichc RekIameSWunderkur zu betrachten, als Sauerbruch und sein Schuler Hermannsdorffer, die sich fur diatetisches Verhalten interessierten, Interesse fur dieselbe ber kamen, da sie in verschiedener Hinsicht mit ihren Theorien ubereinstimmte. Sie setzten mehr wissenschaftlich angelegte Versuche in Gang und die Di l t kam allmahlich verschiedentlich in Gebrauch, u. a. bei Jessionek. Allmahlich hat man eine Reihe Mitteilungen hinsichtlich der Resultate, teils betr. Wunderkurcn, bei Migrane und verschiedenen TuberkulosesFallen, teils Ergebs nisse grosserer Bcdeutung crhalten. Besonders bei chirurgischer Tuberkulose und Lupus glauben einige Verfasser uberraschende Wirkungen erzielt zu haben, wahrend viele andere sich skeps tisch verhalten haben. Rei Lungentuberkulose scheint die Kur nicht von guter Wirkung zu sein.

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Die erwahnten guten Resultate bei chirurgischer Tuberkulose fordert dazu auf, die Diat auch bei Augentuberkulose zu priifen, jedoch habe ich keine Mitteilungen betreffs solcher Versuche angetroffen, ausser Gersons im Jahre 1930, laut welcher in letzter Zeit recht gute Resultate bei Augentuberkulose erzielt wurden sind. Dagegen ist eine ahnliche Diat von Heirnann (2. f . Aug. 1930) bei Glaukom angewandt worden. Er benutzte die Diat in der Annahme, dass Glaukom wie Migrane bei GefassSNeuro- tikern vorkommt: Nach Heimanns Angaben sol1 auch Gerson Glaukompatienten mit Diat, ohne Miotika, mit gutem Resultat behandelt haben. In der Augcnabteilung des Kommunalen Krankcnhauses zu Kopenhageii haben wir die Diat an 15 Pas tienten mit tuberkulosen Augenkrankheiten oder mit nach dieser Kichtung hin verdachtigen Augcnkrankheiten angewandt. Wir haben uns an die eigcntliche GersonsDiat gehalten und nicht an die weniger strenge SauerbruchsHermannsdorfer’sche, weil wir ja erst feststellen wollten, ob uberhaupt ein Resultat zu erzielen ware.

Die Hauptprinzipien in der Diat sind: 1) den Organismus von der kiinstlichen Uberfiillung mit

Kochsalz zu befreien und dieses durch die natiirlichen Salzs mischungen zu ersetzen, die sonst zum grossen Teil beim Kochen cntfernt werden. Deshalb wird einc Kochsalzsfreie Kost und reichlich Rohkost sowie ausserdem ein Krautersaft, der aus Mohrriiben, rote Beeten, Spinat usw. gepresst wird, verabreicht. Ausserdem wiid eine Salzmischung, das sog. Mineralogeq, ges geben.

2) Keichliche Zufuhr von Vitaminen, was auch durch Rohs kost und Einnahme von Fruchtsaften und Phosphorlebertran ers zielt wird. Deshalb auch Einschrankung hinsichtlich Zucker und Mehlspeisen.

3) Schliesslich Enthaltsamkeit von AIkrhol, Tabak, Kaffec, Thee und verschiedenen Gewiirzen.

Die Kost enthalt reichlich Fettstoffe, besonders Butter, und reichlich Pflanzenalbumine, dagegen wenig tierische Albumine und weiiig Kohlenhydrate. Die Diat ist kostspielig zufolge der grossen Mengen Gemiise, die fur die Rohkost und zu den Krautersaften notig sind, und der grossen Menge Butter. AuSs serdem nimmt die Zubereitung vie1 Zeit in Anspruch und ist

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vie1 Sorgfalt und Muhe darauf zu verweaden, die Kost SO gut zu bekommen, dass die Patienten diesclbe trotz des Salzmallgels aushalten konnen. Im Kommunalen Krankenhause hat sich der Kuchenchef sehr dafur interessiert und eine grosse Arbeit auss gefuhrt, sodass es im allgemeinen gegluckt ist, die Diat langerc Zeit durchzufuhren, trotz Appetitlosigkeit und Ubelkeit.

Die 15 Patienten, bei welchen wir die Diat angewandt haben, haben gleichzeitig die ubliche lokale Behandlung sowie cbens falls die universelle Behandlung mit Lichtbadern crhalten. Da: gegen hat man Tuberkulin nicht verabreicht, oder die Tuber: kulinrKur erst nach Abschluss der GersonrKur begonnen.

Unter den Patienten war ein Fall von langwieriger Skleror keratitis und ein Fall von zentraler Chorioretinitis, niit dcr Bildung einiger eigentumlicher Knoten in der Chorioidea. In diesen beiden Fallen wurde die Kur nach 14 Tagen unterbrochcn, ohne irgend eine Wirkung gezeigt zu haben.

Demnachst wurden 2 Falle von rezidivierenden Glaskorpcr: blutungen behandelt; beide hielten die Diat wahrend 7 Wochen. Der Verlauf war wie gewohnlich und in beidcn Fallen trat bald Rezidiv ein. - In den ubrigen 11 Fallen handelte es sich urn Iridocykliten, die alle Ubergange vertraten von typischer Knoteniritis, Fallen mit Stromasynechicn, speckigc Pracipitaten und Exsudatperlen in der Iris und auf dem Pigmentsaum bis zu mehr uncharakteristischen kronischen Iridocykliten. Die Kur wurde wahrend 3 Wochen bis zu 2 Monaten durchgefiihrt, und wurdc durchwcg gut vertragen. Die Patienten behielten im all5 gemeinen ihr Gewicht, viele derselben litten jedoch sehr unter dem Salzmangel. Ich will Sic nicht mit einer Relation dcr ein: zelnen Falle ermuden, da von Beweisen oder Dokumentation von der Bedeutung der Diat nicht die Rede scin kann. Soviel kann festgestellt werden, dass in keincm dcr Falle eine uber: raschende Besserung zu verzeichnen war.

Eine andere Frage ist, ob es sich uberhaupt urn einen heilens den Faktor handelt. Dies ist eine Sache, die schwer wissens schaftlich entschieden werden kann. Die Falle, die von uns mit GersonrDiat behandelt worden sind, haben sich recht gut ge: artet und ein Fanatiker konnte geneigt sein, sie fur einen Beweis der heilenden Fahigkeiten der Diat zu halten. Ich wage jedoch nach Durchsicht der Falle nicht zu behaupten, dass sie schneller

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oder besser geheilt wurden, als nach Art der Falle zu erwarten war, und in den ernsteren und schwereren Fallen ist die Besr serung langsam und so lange nach dem Aufhoren der Diat einr getreten, dass man dieser keine entscheidende Bedeutung dafur zuschreiben kann.

Andererseits ist es angebracht in seinem Urteil vorsichtig zu sein, denn unsere Beweise fur den Nutzen der anderen Heilr mittel hinsichtlich einer Krankheit wie diese, sind ebenfalls unr sicher; ich kann in diesem Zusammenhange LichtrBader nennen, denen wir froh sind, heute nicht geringe Bedeutung beimessen zu konnen. Chr. F . Bentzen (Acta ophthalm. Vol. V, 1927) stellte die Resultate von irjahrigen Erfahrungen im kommunalen Kranr kenhause zusammen und war sehr vorsichtig in der Empfehlung yon Lichtbadern. Er gelangte zu dem Ergebnis, dass sie keinc spezifische Bchandlung fur bestimmte Augenkrankheiten waren, aber dnss ihre gunstige Beeinflussung des Gesundheitszustandes auch den Augen zu gute komme. Er meinte, dass die Lichtbiider wegen ihrer Kostspieligkeit und Beschwerlichkeit vor allem in solchen Fallen angewandt werden sollten, die durch andere Bes handlung nicht gebessert werden konnten. - Ich kann sagen, dass wir im kommunalen Krankenhause Lichtbader in bedeutend grosserer Ausdehnung anwenden, als der von Oberarzt Bentzen angegebenen und ungern auf dieselben verzichten.

Bei kronischer IridocykIitis ist ncben der lokalen Behands lung sicher eine allgemeine Kur und Pflege das Wichtigste und wir halten die Lichtbader fur eine bedeutende Hiilfe zur Starkung des Organismus. Die Frage ist nun, ob die Gersonr Diat hier den Lichtbadern an die Seite gestellt werden konnte. Sie ist bestimmt ebenso teuer und beschwerlich fur das Krans kenhaus und im Gegensatz zu den Lichtbadern ist sic auch fur die Patienten unangenehm. Einzelne Patienten fuhlten zum Schluss der Diat erhohtes Wohlbefinden und vermehrte Krafte, wahrend andcre sich mehr und mehr deprimiert und derselben uberdrussig fiihlten. Dass die Patienten durchweg ein gesundercs Aussehen erhielten, ist teils auf die gleichzeitigen Lichtbadcr zuriickzufuhren, teils auf die Farbstoffe, die sie von den Mohrs rubens und rote BcctensSaften aufnahmen.

Nach der Ansicht, zu der ich gelangte, ist es angebracht, der Diat erhohte Aufmerksamkeit bei diesen Fallen zu schenken,

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besonders der Uberschuss an Vitaminen, die durch Rohkost, Krautersafte, Frucht und schliesslich durch Lebertran zugefiihrt wird, ist nach allem was wir wissen ein heilender Faktor, den man in seiner Therapie beachten muss. Die Bedeutung der Asvitamine hat sich im Kampf des Organismus gegen Infeks tionen als so bedeutend erwiesen, dass man sich derselben mehr als bisher bedienen sollte; z.B. sollte man alten, sozial schlecht gestellten oder unternahrten Kataraktpatienten in den Tagen der Operation, besonders im Winter und im Fruhjahr, Lebertran verabreichen.

Dagegen gibt es nicht vieles, was die Annahme stiitzt, dass die Beraubung von Salz und Zucker, die in der GersonrDiat das wesentlich Neue und das schwer durchfuhrbare darstellt, von Bedeutung fur die Hcilung und den Ka.mpf gcgen die Kranks heit ist.