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164 L. Hermann: (Aus dem pnyslologischen Institut der Universit~t K6nigsberg i. Pr.) Versuche liber die Wirkung von Entladungsschl• auf Blut und au halbdurchl• Membranen. Von L. Hermann. (Mit 3 Textfiguren.) 1. Versuche mit Blut. In einer friiheren Arbeit!) habe ich gezeigt, dass die Wirkung hochgespannter InduktionsstrSme auf die Blutki~rper ungemein iihn- lich ist derjenigen der Erwarmung, und da die Durchleitung solcher StrSme durch eine danne Blutschicht mit sehr erheblicher, leicht fi~hlbarer und durch Paraffinsttickchen nachweisbarer Erwi~rmung ver- bunden ist, die Vermuthung ausgesprochen, dass die von R ollett entdeckte Aufhellung des Blutes durch elektrische Einwirkungen lediglich Wirkung der Erw~rmung sei. R o ll e t t bat bald darauf in cirier sehr ausfahrlichen Abhand- lung ~) zwar zugegeben, dass die Aufhe]lung, wenn sie durch In- duktionsstr6me bewirkt wird, auf Erwarmung beruht, aber Grande und weitere Versuche da beigebracht, dass diese Auffassung nicht ausreicht, die Wirkung ~on Entladungsschlagen zu erklaren. Ich hatte bis dahin die Aufhellung immer nur, nach E. Neumann's Vorgang, mit Induktionsstr5men hervorgebracht, und wandte mich nun erst, nach Erscheinen der Rollett'schen Arbeit, zu Versuchen mit Entladungsschli~gen. An verwandte ich hierzu die Entladungen grosser Leidener Flaschen, einzeln oder in Batteriezusammenstellung, spater, da die Anschaffung eines gr0sseren Kondensators zu anderen Zwecken n0thig 1) Dieses Archiv Bd. 74 S. 164. 1899. 2) Dieses Archiv Bd. 82 S. 199. 1900.

Versuche über die Wirkung von Entladungsschlägen auf Blut und auf halbdurchlässige Membranen

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164 L. H e r m a n n :

(Aus dem pnyslologischen Institut der Universit~t K6nigsberg i. Pr.)

V e r s u c h e l i b e r d i e W i r k u n g v o n E n t l a d u n g s s c h l • a u f B l u t u n d a u � 9

h a l b d u r c h l • M e m b r a n e n .

Von

L . H e r m a n n .

(Mit 3 Textfiguren.)

1. Versuche mit Blut.

In einer friiheren Arbeit!) habe ich gezeigt, dass die Wirkung hochgespannter InduktionsstrSme auf die Blutki~rper ungemein iihn- lich ist derjenigen der Erwarmung, und da die Durchleitung solcher StrSme durch eine danne Blutschicht mit sehr erheblicher, leicht fi~hlbarer und durch Paraffinsttickchen nachweisbarer Erwi~rmung ver- bunden ist, die Vermuthung ausgesprochen, dass die von R o l l e t t entdeckte Aufhellung des Blutes durch elektrische Einwirkungen lediglich Wirkung der Erw~rmung sei.

R o ll e t t bat bald darauf in cirier sehr ausfahrlichen Abhand- lung ~) zwar zugegeben, dass die Aufhe]lung, wenn sie durch In- duktionsstr6me bewirkt wird, auf Erwarmung beruht, aber Grande und weitere Versuche da�9 beigebracht, dass diese Auffassung nicht ausreicht, die Wirkung ~on Entladungsschlagen zu erklaren. Ich hatte bis dahin die Aufhellung immer nur, nach E. N e u m a n n ' s Vorgang, mit Induktionsstr5men hervorgebracht, und wandte mich nun erst, nach Erscheinen der R o l l e t t ' s c h e n Arbeit, zu Versuchen mit Entladungsschli~gen.

An�9 verwandte ich hierzu die Entladungen grosser Leidener Flaschen, einzeln oder in Batteriezusammenstellung, spater, da die Anschaffung eines gr0sseren Kondensators zu anderen Zwecken n0thig

1) Dieses Archiv Bd. 74 S. 164. 1899. 2) Dieses Archiv Bd. 82 S. 199. 1900.

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wurde, diejenigen eines Hochspannungs-Kondensators von E de l - m a n n von ahnlicher Einrichtung wie der von R o l l e t t benutzte. Derselbe besteht aus 5 Abtheilungen (mit Glasplatten), welche einzeln und kombinirt benutzt werden k6nnen; ira letzteren Falle betragt die Kapazit• 0.0247 Mikrofarad. Die Anordnung zur Ladung und Entladung war ganz analog der von R o l l e t t (a. a. 0.) beschriebenen. Die ladenden InduktionsstrSme, in deren Kreis eine Funkenstrecke von einigen Centimetern (Platte und Spitze) eingeschaltet war, wurden von einem R u h m k o r f f ' s c h e n Induktor von 20 cm Funkenlange geliefert. Der primare Kreis enthielt als Kette zwel neben einander geschaltete Akkumulatorketten von je 15 Elementen mit Vorschalt- widerstand, uncl einen Quecksilberunterbrecher, welcher durch eine besondere Kette getrieben wurde. Diese Angaben mache ich nur wegen der in der zweiten Abtheilung beschriebenen neuen Versuche.

Zun~tchst wiederholte ich R o l l e t t ' s Trogversuche, zu welchen ich eine Anzahl sehr geeigneter, ira Institut vorrathiger Tr6ge ver- wandte, welche ganz aus Glasplatten zusammengesetzt sind. Sie haben alle im Lichten 25 mm H0he, 30 mm Breite und Dicken von 2,5 bis gegen 10 mm. Als Elektroden verwandte ich Zinkblech- streifen von der F o r m a [ ] b , deren Ende a die eine Sehmalseite des Innenraums bedeekt, w~hrend das Ende b eine Reitklemme �9239 rien Leitungsdraht tragt.

Die Angabe R o 11 e t t ' s, dass die Aufhellung durch Entladungs- schlage ohne erhebliche Erw~r�9 des Blutes eintritt, bestStigte sich sofort, am schSnsten bel der von :Ro l l e t t angegebenen Ver- wendung eines Gemisches von Blut und 10 procentiger Koehsalzgelatine. Das erstarrte Gemisch hellt sich durch eine m~ssige Zahl :con Ent- ladungsschlagen auf, ohne zu schmelzen, whhrend es schon durch die WSrme der Hand geschmolzen wird.

Um auch mit dem Finger (analog den Versuehen mit Induktions- strSmen unter dem Deckglas) den Grad der Erwarmung verfolgen zu k~nnen, verfertigte ich mir aus Glasplatten mittels Kanadabalsams einen kleinen Trog, dessen Vorderwand n u r aus einem grossen~ dannen Deckglase bestand. Hier konnte ich mieh auch mit dem Finger ~lberzeugen, dass eine Blutschicht durch Entladungsschlage aufgehellt werden kann, ohne dass ftihlbare Erwarmung stattfindet.

Leider lasst sich die Wirkung sehr kraftiger Entladungen auf Blutschichten von kapillarer Dtinne, wie sie �9 die mikroskopische Beobachtung n5thig ist, nicht direkt beobachten, weil statt Durch-

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166 L. Hermann:

str6mung der dilnnen Schicht stets Funken zur Seite derselben zwischen rien Elektroden oder zwischen letzteren und dem Metall des Objektivs t~berspringen. Ja sogar wenn man das Praparat durch sehr lange feuchte Fliesspapierstreifen (ich ging bis 14 cm Lange derselben) von den Stanniolelektroden trennt, zieht die Elektrizitat es vor, zwischen den beiden Papierstreifen neben dem Deckglase in riesigen Funken tiberzuspringen, statt durch die diinne Blutschicht sich abzugleichen. Man muss, um letzteres zu erreichen, die In- tensiti~t des Vorganges sehr bedeutend abschwachen. Auch bei Trog- versuchen kann (lies Ueberspringea vou Funken �9 die Oberfli~che der Fliissigkeit hinweg sich einstellen. Ich habe hierbei sehr off die Erfahrung gemacht, welche vermuthlich rien Experimentatoren auf diesem physikalischen Gebiet nicht neu ist, obwohl ich sie nirgends erwahnt finde, dass unmittelbar neben einer schlechtleitenden Fli~ssig- keitsschicht weit li~ngere Funken tiberspringen, als die eigentliche Funkenstrecke giebt.

Zur vollstiindigeren Aufkllirung ~~ber die Beziehungen zwischen der erwarmenden und der blutk5rperzerst6renden Wirkung der Elektrizitat und die Bedeutung des Kondensators fur die Wirkungen habe ich systematische Versuchsreihen ohne und mit Kondensator, mit und ohne Funkenstrecken, und bei allen m(iglichen Variationen der Anordnung angestellt.

Bei diesen Versuchen wurde, um sie nicht allzusehr auszudehnen, stets der gleiche Trog (im Lichten 30 mm lang, 25 hoch, 51/4 dick) und bei stets gleicher FliissigkeitshShe verwendet, ferner stets das angegebene Induktorium und der Kondensator bei voller Kapazitat. Als Flfissigkeiten dienten: Leitungswasser, 0,6procentige Kochsalz- 15sung und defibrinirtes Rindsblut. In den Trog tauchte stets ein Thermometer mit sehr kleinem Gefiiss.

Fig. 1 zeigt schematisch alle verwendeten Ano�8 R ist die sekundare Spirale (20 cm Funkenlange), K der Kondensator (1/4o Mikrofarad), S der Absperrschlt~ssel fiir den Trog T. a und b sind Funkenstrecken, a zwischen Platte und Spitze, b zwischen zwei abgerundeten Zinkstaben von 5 mm Dicke (Kohl 'sches Funken- mikrometer).

Die Funkenstrecke a kann innerhalb der Leistungsfahigkeit des Induktors beliebig gross sain, bis 20 cm, obwohl filr jede Anordnung ein Optimum derselben existirt. Die in den Anordnungen 7 und 8 (die letztere ist die von R o l l e t t benutzte) angebrachte Funken-

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Versuche tiber die Wi rkung von Entktdungsschli~gen auf Blut etc. 167

strecke b da�9 bei Anordnung 7 nur wenige (bis etwa 4) Millimeter lang sein; bel grSsserer Lange springen keine Funken aber. Bei Anordnung 8 dagegen kann, weil der Kondensator nicht durch die Spirale gescblossen ist, die Funkenstrecke b bis i]ber 20 mm gross gemacht werden. ~~attirlich sind die Funken in b um so he�9 und seltener, je li~nger die Strecke. Stets aber, und ebenso bei An- ordnung 7, haben diesetben den Charakter der Entladungsflmken, sie sind weiss und knallend, wahrend diejenigen der Strecke b sprfihend und bli~ulicll sind. Die Einschaltung des Trogwiderstandes in die

Fig. 1.

Leitung KTbK, d. h. die Oeffnung des Scbllissels S, macht, wie bekannt, die Funken erheblich schwi~cher, bat jedoch auf die zu- li~ssige Lange der Funkenstrecke keinen Einfluss.

Die folgende UeberSicht zeigt nun zunachst den Effekt der An- ordnungen auf die drei verwendeten Fltissigkeiten. Die angegebenen Grade bedeuten die T e m p e � 8 d e r F l i i s s � 8 in 1 M i n u t e ; die Anfangstemperatur war stets dieselbe.

E. P f l~ge r , Archiv f~r Physiologie. Bd. 91. 12

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168 L. H e r m a n n :

An- Leitungs- 0,6 proc. Kochsalz- Blut Bemerkungen

ordnung wasser 15sung

1~ 2. 3. 4. 5. 6. 7. 7. 8. 8. 8. 8. 8. 8. 8. 8. 8.

20--270 7--160 *) 16--27 o

3,2--160* ) 28,50

8--26~5 o 30--43,50 50--530

340 370 270 360 130

23--280 18--22,50

70

( 0,50 0 0 0

0,50

1,2 0 0

0,30 0

1--20

*) Um so hSher, je karzer die Strecke a.

*) Um so hSher, je kt~~rzer die Strecke a.

0,3 ~ 29--40 o

46,5--49,5 o

19--230

6,50

0 30--420

58,5- 60 o

170 2 0 - 22 o 26--280

150 70

Strecke b - 1--2 mm Strecke b ~ 3--4 a = 2, b ~ 2 mu~' a = 3, b : 3 ,, a = 5, b ~ 1 ,, a ~ 5, b ~ 2 , a = 3 0 , b = ~_~ a ~ 30, b --- mm a - - 3 0 , b ~ 9 mm a ~ 3 0 , b ~ 2 0 , a ~ 80, b ~ 9 ,

Die Versuche ergeben hiernach Fo lgendes :

1. Bei den Anordnungen 1 - - 6 , bel welcheu der Kondensa tor

nicht zu wesentl ichem Einfluss gelangen kann, ri~hren die thermischen

Effekte wesentlich von den Indukt ionss t rSmen d i rekt her. Die Er -

wi~rmung ist beim Lei tungswasser durchweg ara grSssten, beim Blute

und noch mehr bei der Kochsalzl5sung sehr unbedeutend. Dies ist

le icht begre i f l ich; denn der Wide r s t and der Trogfli]ssigkeit ist, selbst

bei Le i tungswasser , en tweder k le iner oder doch nicht wesentlich

grSsser als derjenige der Spirale1) . Nennen wir ers teren ~v, den-

jen igen des i]brigen Kreises, also wesentlich den der Spirale, W, so

ist die Erwi~rmun~ im Troge propor t iona l der GrOsse

.E2w

( W + w) ~

und diese GrSsse n immt mi t w zu, so lange nicht w ) W .

2. I s t , wie in den Anordnungen 2~ 4 und 6, eine Funken-

s t recke a im Kre i se , so setzt dies die Erw~rmungen wesen t l i eh

herab. Dies rfihrt grSsstentheils davon her, dass die Strecke a nur

die Oeffnungs-InduktionsstrOme zu Stande kommen li~sst, wodurch

1) Letzterer ist etwa 13300 Ohm, derjenige des Troges bel 0,6 procentiger Salzl(isung etwa 300 Ohm. Bei meinen frfiheren Versuchen mit kapillarer Blutschicht (dieses Archiv Bd. 74 S. 164) war natiirlich die Erhitzung enorm riel bedeutender, und ferner mn so gr5sser, je besse�9 das LeitungsvermSgen, wie a. a, O. ausgeffihrt ist.

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Versuche liber die Wirkur.g von Entladungsschli~gen auf Blut etc. 169

dem Troge ziemlich die Hi~lfte der Energie verloren geht. Ausser- dem nimmt aber die Funkenstrecke selbst einen Theil der Energie in Ansp�9

3. Bei der Anordnung 7 tritt bel Weitem die betrachtlichste Erhitzung ira Troge ein, so dass derselbe schon nach ganz karzer Zeit trotz seiner tiber 4 mm dicken Glasw~nde sich von aussen heiss an�9 Ferner fallt sofort auf, dass hier die Erhitzung nicht

vom Wide�9 abh~mgt, sondern sogar beim Blute grSsser sein kann als bei dem Leitungswasser. Die Erhitzung nimmt mit der Lange der Funkenstrecke in b deutlich zu, obwohl dieselbe nicht iiber 3--4 mm getrieben werden kann (s. oben). Das Blut wird bei Anordnung 7 sehr leicht au�9 aber stets erst bei Temperaturen von etwa 58 ~ Sobald die Durehleitung etwas l~nger dauert, tritt Hamoglobinzersetzung und Eiweissgerinnung ein. Bemerkt sei noch, dass unter sonst gleichen Umsti~nden die Erw~trmung mit der Kapa- zititt des Kondensators zunimmt.

4. Bei Anordnung 8 (der R o l l e t t ' s c h e n ) i s t die Erhitzung sehr riel geringer als bel Anordnung 7, aber auch hier, ganz ab- weichend von den u mit den Anordnungen 1--6, vom Leitungsvermi)gen kaum abhangig und o�9 bei Blut grSsser als bei Wasser. Die Erwftrmung ist, wie bel Anordnung 2, 4 und 6, um so geringœ je langer die Funkenstrecke; dagegen wirkt, wenn man die Streeke a konstant hitlt (z. B. = 30 mm), die Verl0.ngerung der Funkenstrecke b, gerade wie bei Anordnung 7, erh5hend auf die Erwarmung, aber nur bis zu einem gewissen Optimum; weitere Verlitngerung setzt die Erwi~rmung wieder herab.

Wi~hrend aber die Erwltrmung bei dieser Anordnung durchweg geringer ist als bei Anordnung 7, erfolgt die Aufhellung des Blutes hier, sobald die Funkenstrecke b einigermassen betrhchttich ist, un- gemein leicht, und oft schon bei.TemperaturerhShungen von nur 6--7 0 .

Um nun zuni~chst die physikalischen Erscheinungen bei den Anordnungen 7 und 8 zu verstehen, muss man die Rolle des Kon- densators in allen Versuchen etwas nicher betraehten. Hierbei muss festgehalten werden, dass die von dem Induktor gelieferten StrSme zwar nicht ohne Weiteres mit wirklichen WechselstrSmen identi- fizirt werden darfen, weil bekanntlich die OeffnungsstrSme einen ganz anderen zeitlichen Verlauf haben als die Schliessungsstr0me, dass sie aber far die Ladung des Kondensators sich doch ira Wesent-

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170 L. Herminn:

lichen wie wahre sinusoidale Wechselstr5me verhalten mtissen,' weil

oe t die Ladung von der Elektrizithtsmenge f i d abh~tngt, und diese 0

for die Schliessungs- und Oeffnungsstr5me dieselbe ist. Nur bei sehr schnellem Spiel des Unterbrechers, wie es aber in unserm Falle nicht vorhanden, wilrden die beiden mit einander abwechselnden entgegengesetzten Ladungen ungleich sein. Ira Allgemeinen kSnnen also die bekannten Gesetze der Wechselstr5me in Kreisen, welche Kapazit~tt und Selbstinduktion besitzen, auf unsern Fall Anwendung finden. Dass mit Funkenstrecke a nur die OeffnungsstrSme in Be- tracht kommen, ist schon erwahnt. Es bedarf also auch keiner weiteren Erklarung, dass die Erwhrmungen in den Anordnungen mit grader Zahl geringer sind als in den ihnen entsprechenden mit un- grader.

Bei Anordnung 3 kann der Kondensator keine anderen Wir- kungen entfalten als diejenigen, welche er nach bekannter Theorie in jedem Wechselstromkreis hat; d. h. er kompensirt mehr oder weniger die phasenverschiebenden und intensitatsschwftchenden Wir- kungen der hohen Selbstinduktion der sekundhren Spirale. In Folge dessen mtissen die Erwarmungen hier etwas grSsser ausfallen als bei Anordnung 1 ; dass hiervon in den Versuchen nichts zu erkennen ist, liegt nur daran~ dass das Messverfahren den Umst~tnden gemass sehr primitiv ist.

Bel Anordnung 5 liegt der Kondensator ira Nebenschluss zwischeu Spirale und Trogleitung. Far diesen Fall œ die Theorie*), dass er ebenfalls bis zu einer gewissen Ht}he der Kapazitat auf den Strom in der Trogleitung verstftrkend, bel h5heren Kapazitaten schwachend wirken muss. Auch hier kann seine Wirkung nicht er- heblich sein, und in der That zeigt sich kein wesentlicher Einfluss bei Vergleichung der Erw/irmung mit derjenigen der Anordnung 1.

Ganz auders wirkt der Koudensator bel Anordnung~ 7. Er er- reicht hier h~here Potentialdifferenzen als bel Anordnung 5, wo er best/tndig einen Nebenschluss durch die Trogleitung hat. So oft nun die Potentialdifferenz gross genug wird, um die Funkenstrecke b (welche hier nur gering sein da�9 zu iiberwinden, findet eine:Eut- ladung statt, und obwohl dieselbe zwei Wege hat, namlich durch

1) Da in den Hand- und Lehrbfichern dieser Fall nicht behandelt wird, habe ich die theoretische Untersuehung desselben selbst durehgeffihrt, untery lasse es aber, dieselbe hier darzustellen.

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die Spirale und durch die Funkenstrecke mit oder ohne den Trog, wi~hlt sie fast ausschliesslich den letzteren Weg, weil gegenilber den raschen Oszi]lationen der Entladung der scheinbare Widerstand der Spiral=~ e wegen ihrer hohen Selbstinduktion enorm ve�9 wircl 1). Dies ist ldie Ursache der starken Erhitzung bel dieser Anordnung. Auch ist leicht zu erkli~ren, warum hier SalzlSsung und Blut ebenso stark oder selbst sti~rker erwarmt werden als Wasser. Je geringer ni~mlich der Gesammtwiderstand der Trogleitung, um so mehr Ent- ladungsstrom lenkt sie von der Spirale auf sich ab, und hierdurch wird die bel gleicher Stromsti~rke h(ihere Erwi~rmung der schlechter leitenden Fliissigkeit kompensirt oder ilberkompensirt. Durch An- ordnung 7 werden also mittels des Kondensators der Trogfitissigkeit weit gr5ssere Energiemengen zugefi~hrt als ohne denselben (Anord- nung 2).

Bei Anordnung 8 (der von R o ll e t t benutzten) nimmt der Kon- densator, wegen der nur einsinnigen Ladung und der Trennung von der Spirale die hSchsten Ladungen an, und die Entladung kann selbst lange Funkenst�9 i]berwinden. Auch hier muss die Er- warmung aus dem angegebenen Glunde (weil der Trogwiderstand der wesentliche der Leitung ist) vom spezifischen LeitungsvermSgen wenig abhangig sein. Sie ist aber hier sehr riel geringer als bei Anordnung 7, weil die Gesammtenergie nur diejenige der Oeffnungs- induktionen ist; ganz abgesehen von Zerstreuungen durch Unvoll- kommenheiten des Kondensators.

Die auffallende Erscheinung, dass die Trogfii~ssigkeit bel An- ordnung 7 so sehr riel mehr Energie empfiingt als z. B. bei An: ordnung 1, ist nati~rlich kein Widerspruch gegen das Energiegesetz; denn erstens wird sicher, wenn die Trogfitissigkeit sti~rker erwarmt wird, der Draht der Spirale weniger erwi~rmt; zweitens aber ent- wickelt der ganze sekundi~re Kreis bel Anordnung 7 weit m• Energie als bei Anordnung 1, was sich ara primaren Strome nach-

weisen li~sst, welcher die Energie der sekundi~ren StrSme hergeben muss. Ich habe stets ira primaren K�9 ein Ampš wel™ die mittlere Stromstarke anzeigt, und es zeigt sich regelmassig bei

1) Bekanntlich springen durch eine Funkenstrecke, durch welche man einen geladenen Kondensator entl~idt, auch dann noch Funken iiber, wenn dieselbe eine sehr gut leitende Nebenschliessung bat. Der Grund ist auch hier die Selbstinduktion der letzteren, selbst wenn dieselbe keine Windunge~l enth~ilt.

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Anordnung 7 eine erheblich kleinere AblenkuIlg desselben als bei allen r:brigen Anordnungen.

Die Versuche mit Anordnung 7 erg:inzen zun~chst die R ol- l e t t ' s chen dahin, dass man auch in grSsseren TrSgen unter ge- wissen Umst~nden, ganz wie bei N e u m a n n ' s und meinen Ver- suchen mit kapillaren Blutschichten, erst dann Aufhellung des Blutes erhglt, wenn die Temperatur auf solche H5hen gestiegen ist, welche auch ohne Elektrizitht die Blutk5rper auflSsen. Dagegen bestgtigen die Versuche mit Anordnung 8 R o l l e t t ' s Angabe, da s s es a u s s e r d e m e ine von der T e m p e r a t u r e r h S h u n g u n a b - h i i ng ige r e i n e l e k t r i s c h e A u f h e l l u n g des B l u t e s g i eb t .

Es entsteht nun weiter die Frage, ob diese rein elektrische Aufhellung auch bel anderen Einwirkungen als Anordnung 8, wenn auch trager, zu Stande kommen kann, mit anderen Worten�87 ob der Vorgang der Funkenent]adung des Kondensators far diese Wirkung unumg~nglich nothwendig oder nur der gilnstigste ist. Mit Anord- nung 7 lgsst sich diese Frage nicht entscheiden, einmal weil auch hier Kondensatorentladungen mitspielen~ zweitens weil unsere Frage sich nur dadurch beantworten liesse, dass die Aufhellung schon etwas vor Erreichung der an sich Aufhellung bewirkenden Tem- peratur auftreten kann, wovon ieh jedenfalls nichts Sicheres fest- stellen konnte.

Ich habe daher zungchst die gew5hnlichen Wechselstr~)me eines Schlitteninduktoriums volle 24 Stunden lang durch den Bluttrog gehen lassen; die Temperatur stieg hier nie mehr als 1~ aber die Zimmertemperatur. Es trat keine Aufhellung ein; oben bildete sich durch Senkung eine Serumschicht.

Ferner wurden die Str5me des grossen Induktors von 20 cm Funkenlange 9 Stunden lang (Anordnung 1) durch den Trog ge- leitet. Die Temperatur des Blutes hielt sich wahrend dieser Zeit auf 27--29 ~ bei etwa 14 0 Zimmertemperatur. Auch hier trot zw~r er- hebliche Verdunkelung, aber durchaus keine Lackfarbe ein 1); neben Senkung der BlutkSrper zeigte sich oben etwas feinblasiger Schaum durch Gasentwicklung von den Elektroden. Nach Seh]uss des Ver- suches bewirkte Anordnuag 8 in wenigen Sekanden vollstandige Aufhellung.

1) Ausser dem direkten Anblick wurden auch fortlaufend mikroskopische Proben zut Feststellung der Unversehrtheit der BlutkSrper entnommen.

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Versuche fiber die Wirkung von Entladungsschli~gen auf Blut etc. 173

Es i s t hierdurch �9 dass in der That far die rein elektrische Aufhellung Kondensatorentladungen prinzipielle Be- dingung sind.

Schliesslich habe ich mich noch bem�9 festzustellen, wie schnell gi~nstigsten Fal]es die BlutkSrper ent�9 werden kSnnen. Alle meine Bemt~hungen, die Wirkung sti~rkster Entladungen direkt unter dem Mikroskop zu verfolgen, misslangen. Auf die mannigfaltigste Art versuchte ich, den Entladungsvorgang auf eine k~pillare Blut- schicht unter dem Deckglase wirken zu lassen. Entweder springen, wie schon bemerkt, statt des Durchganges riesige Funken neben dem Deckglase oder iiber dasselbe hinweg zwischen den Stanniol- platten �9 oder das Deckglas wird zertri]mmert und weg: geschleudertl). Dies ist namentlich der Fall, wenn man den Kreis weit offen li~sst, so dass der Kondensator sich bis zu seiner vollen Kapazitat laden kann, und dann mit dem Entlader eine Entladung bewirkt. Es ist schlechterdings unmSglich, eine so grosse Elek- trizitatsmenge auf einmal durch eine kapillare Blutschicht, sei sie kurz oder lang, gehen zu lassen, ohne dass die Fli~ssigkeit unter plStzlicher Dampfbildung zersprengt wird.

Durch allmi~hliche Annhherung an die Grenze der Elektrizit~tts- menge, welche die Fliissigkeit noch wirklich zu leiten vermag, gelang es endlich doch zum Ziele zu kommen. Hie�9 musste ein Zwischen- raum von etwa 50 mm zwischen den Stanniolr~mdern mit einer Blut- schicht bedeckt~ und ein Objekttrager von gewShnlichem Format so aufgelegt werden, dass unter ihm eine gleichmassig dicke, immerhin noch ganz dt~nne Blutschicht sich befand. Der Objekttrager gestattete noch die Anwendung des Objektives B B. Ferner musste die Kapa- zitat des Kondensators meist auf 8/5 ihrer vollen GrSsse reduzirt werden. Bei der Entladung mittels des Entladers entstand jetzt nur ein schwacher Funke. Fig. 2 zeigt schematisch die Anordnung des Versuchs. 0 ist der Objekttrager, E der Entlader. Hier nun ge- nt~gte e i n e e i n z i g e E n t l a d u n g , um die Blutschicht zwar nicht ira Augenblick, aber in einigen Sekundeu, vollkommen lackfarbig zu machen. Die vollstandige Entfarbung der BlutkSrper wurde stets

1) Zu diesen und den folgenden Versuchen dienten sehr grosse (fiir Stutiv I Zeiss passende) Objekttr~ger von 190 mm L~nge und 76 mm Breite. Von jedem Ende geht ein 30 mm breiter Stanniolstreifen longitudinal bls zu einem freien Felde von 50 mm Lfinge. Auf beiden Enden sitzen Reitklemmen.

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174 L. Hermann:

naehher durch Auflegen eines gew5hnliehen Deckglases bei st~trkerer VergrSsserung festgestellt; es zeigten sich nur noch Stromata. Sehr charakteristisch zeigt sich bei solchen Versuchen, wenn unter dem Objekttr~tger, wie es sehr leicht geschieht, einige plattgedrackte Luft- blasen sich befinden, auf beiden Seiten derselben in longitudinaler Richtung eine kurze opak gebliebene Strecke, offenbar weil der Ent- ladungsstrom hier nicht oder nur schwach einwirken konnte.

Auf die angegebene Art getingt es �9 auch, auf eine d~nne kapillare Blutschicht unter einem gewShnlichen Deckglase den vollen

Fig. 2.

Entladungsstrom wirken zu lassen. Man bringt in die Mitte des 50 mm langen Raumes zwischen den Stanniolbelegen einen Tropfen Blut, und bedeckt ihn mit einem Deckglas ~-on 15 mm Seite. Dann bedeckt man mittels eines Glasstabes den Obrigen l~aum zwischen Deckglas und Stanniol mit einer nicht zu d|]nnen Blut- schicht. Lasst man jetzt in der ange- gebenen Weise eine einzige Entladung

durch das Blut gehen, so wird das Blut unter dem Deckglase augen- b l i c k l i c h aufgehellt. Dies ist wohl die energischste Form des R o II e t t ' schen PhSnomens. Aber die Hoffnung, unter dem Mikroskop diese pl5tzliche Aufhœ zu verfolgen, erfiillte sich doch nicht. Zwar ist es ein Leichtes, tin starkes Objektiv (E) auf die BlutkSrper einzustellen. Sowie man aber das Objekt zunachst einseitig mit dem Kondensator verbindet, findet eine so gewaltige Str5mung unter dem Deckglase st~tt, dass jede Beobachtung unmSglich wird. Durch mannigfitche Versuche habe ich mich tiberzeugt, dass diese StrSmung mit der Ladungsrichtung des Kondensators nichts zu thun bat, sondern eine reine, vorlaufig nicht bestimmter zu begri]ndende, Kapillarit~tts- erscheinung ist; die Adh~sionsverh~tltnisse zwischen Blut und Glas werden durch die elektrische Spannung offenbar wesentlich beeinflusst. Bei absichtlich durch Druck auf das Deckglas sehr dt~nn gemachter Blutschicht b]eibt diese Bewegung aus; jetzt aber ist die Schicht nicht mehr gent~gend far die Enfladung ]eitungsfahig, d. h. sie wird bei derselben von einem m~chtigen Funken t~bersprungen.

Das Endresultat ist also, dass es zwar gelingt, donne Blut- sehichten unter einem Deckglase aufzuhellen, und zwar augenblicklich, durch eine einzige Entladung, dass es aber nicht gelingt, diesen Vor-

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Versuche liber die Wirkung von Entladungsschlhgen auf Blut etc. 175

gang bei hinreiehendœ VergriOsserung direkt mikroskopisch zu be- ob”

Die spezifische Wirkung der Entladungsschliige kann weder auf der HOhe der Potentialdifferenz noch auf der nur einsinnigen Wir- kung beruhen. Denn bei Anordnung 1 und 2 ist die Potential- differenz zweifellos h5her als bei 8, und einsinnig sind die StrOme auch bei den Anordnungen 2, 4 und 6. Ebensowenig kann es sich um die Energiemengen handeln, welche bel Anordnung 7 offenbar weit grOsser sind als bei 8. Offenbar also ist das, worauf es ankommt, nur der z e i t l i c h e V e r l a u f des Vorganges, oder genauer, die Elektrizitiitsmenge, welche sich auf ein Zeittheilehen im Querschnitt der Fliissigkeit zusammendri~n~zt, wofar man auch sagen kann d ie m a x i m a l e m o m e n t a n e S t r o m d i c h t e . Es muss aus rien Ver- suchen gefolgert werden, dass, wenn diese auch nur in einem ungemein kleinen Zeitelement eine gewisse GrOsse tiberschreitet, › Bedingung fier die Existenz der Blutk5rper in ihrem normalen Status beseitigt wird, so dass dieselben rasch Bestandtheile an (las Serum abgeben.

Dass diese letztere Zersti~rung keine ganz unmittelbare Wirkung des Stromes ist, ergiebt sich schon aus R o l l e t t ' s Beobachtung~ dass jeder Funke eine Naehwirkung im Sinne der Aufhellung hat, und noch unmittelbarer aus rien zuletzt angefiihrten Versuchen liber die Wirkung einer einzigen Entladung in di~nner Schicht. Hinsiebtlich des vermittelnden Zwischengliedes ist als nachstliegende MOgliehkeit die zu pr~fen, ob die Entladung an rien osmotischen Eigenschaften der Blutk5rper etwas Wesentliches itndert.

Da mir Versuehe am Blute selbst in dieser Riehtung zunitchst wenig Aussichten zu bieten schienen, wandte ich mich zu Versuchen i~ber die Wirkung von EntladungsstrOmen auf einen leichter ilber- sehbaren osmotischen Apparat, n~tmlich auf eine P f e f f e r ' s c h e Zelle. Die betr. u sind gr0sstentheils schon vor mehr als Jahresfrist ausgefi;~hrt.

2. Versuehe an Niederschlagsmembranen.

Der Apparat (es wurden in der Regel mehrere solche gleichzeitig in Thfttigkeit gesetzt, weil die Herstellung ziemlich zeitraubend ist) war dem vonW. P f e f f e r I) benutzten nachgebildet und wird durch

1) Osmotische Untersuchungen S. 1--14. Leipzig 1877.

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176 L. Hermann:

Fig. 3 veranschaulicht (in ~/s der natarlichen GrSsse). Nachdem es mir nach manchen Fehlversuchen gelungen war, geeignete Thonzellen mir zu verschaffen, wurde in dieselben ein T-f6rmiges Glasrohr ein- gekittetl)~ und genau nach P f e f f e r ' s Vorschriften der Innenfl~tche des Thoncylinders eine Membran aus Ferrocyankupfer aufgelagert. Die obere und die seitliche Mandung wurden hierauf mit guten GummistSpseln S, S ' verschlossen. In dem seitlichen StSpsel steckt ein enges geschlossenes Quecksilbermanometer M mit Erweiterung

ira kurzen Schenkel. In dem oberen St6psel steckt ein schrag abgebogenes ausgezogenes Glas- rohr G. Um das Gleiten der GummistSpsel bei hohem Innen- drucke zu verhindern, erwies es sich zweckm~ssig, die entsprechen- rien R~mder des T-Rohres etwas

~r nach innen aufzuwulsten, so dass sie den GummistSpsel etwas wt~rgen. Ferner sichere ich mich gegen das Herausgleiten durch einen sehr einfachen Verband: auf die ebene Endflhche der StSpsel wird je eine runde Messingscheibe m, m' gelegt, durch deren centrale Bohrung das Ansatzrohr, resp. Manometerrohr, gerade hindurch geht. Die Scheibe wird hierauf

Fig. 3. durch einen sehr fest anziehbaren starken Bindfaden, welcher das

T-l~ohr umfasst~ kraftig aufgepresst~). Durch das obere Glasrohr ist ein Platindraht, welcher seitlich eintritt und eingeschmolzen

1) Sorgfi~ltige Einkittung mit einer bestimmtœ Siegellaeksorte, welehe mit sehr wenig TerpentinS1 versetzt wurde, genfigte ffir die hSehsten, in meinen Versuchen vorkommœ Drucke (etwas iiber 3 Atmosph~ren), ohne dass das von Pfef fe r empfohlene ~ussere, mit Bleigl:~ttekitt gef/illte Schutz- rohr nSthig war.

2) Ein ffir solche Aufgaben sehr geeigneter Ziehknoten ist von mir be- schrieben und abgebildet in meinem Leitfaden f/ir das physiologische Prakti- kum. Leipzig 1898. S. 148.

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Versuche tiber die Wirkoug von Entladungsschli~gen auf Blut etc. 177

ist, hindurchgefilhrt; an sein inneres Ende ist eine Platinplatte -Pi angeniethet. Die Au�9 der Innenfiiissigkeit (3procentige Ferro- cyankalium-LSsung ~) mit den unten zu erwahnenden Zusi~tzen)muss so geschehen, dass der Innenraum keine einzige Luftblase enth~ilt und die Flt~ssigkeit in den ausgezogenen Theil des oberen Ansatz- rohres hineinragt, welcher endlich abgeschmolzen wird.

Die Thonzelle ist bis fiber die Verkittung hinaus in 3 procentige KupfersulphatlSsung eingetaucht, welche sich in einem nicht zu grossen Gefi~sse befindet. In die Kupferl0sung ist ebenfalls eine an einen Platindraht angeniethete Platinplatte P2 eingetaucht.

Die zur Bildung der Niederschlagsmembran anfangs als Innen- fii]ssigkeit benutzte 3 procentige Ferrocyankalium-LSsung wurde nach Bildung der Membran durch die Versuchsfltissigkeit ersetzt, welche aus derselben Li)sung, jedoch versetzt mit 1,5% eines anderen neutralen Salzes oder auch Rohrzucker, bestand. Meist wurde Kaliumnitrat als Zusatz gew~hlt; i~ber andere Salze s. unten. Erst nach Fi]llung mit der Versucbsli)sung wurde der oben erSrterte Verschluss hergestellt.

Der in den Versuchen nach 1--2 Tagen~ zuweilen weit lang- samer, erreichte am Manometer abgelesene osmotische Druck stieg auf ~/2 bis f~ber 3 Atmosphi~ren, und nahm dann eine stationi~re HShe an. Sobald diese erreicht war, wurde mit dem eigentlichen Versuch begonnen~ welcher in Durchleitung starker Funkenentladungen mittels der beiden beschriebenen Platinelektroden bestand.

Zu den Funkenentladungen diente die oben angeffihrte An- ordnung 8 und alle oben beschriebenen Apparate. Die beiden Platin- platten des osmotischen Apparates wurden statt der Zinkelektroden des Troges T (Fig. 1) mit dem Schlassel S verbunden. Der Erfolg sehr zahlreicher und hinsichtlich der Dauer und Sti~rke der Ein- wirkung mannigfach variirter Versuche ist folgender:

Schon sehr wenige Entladungen (etwa filnf in Sekundenintervall) geni~gen, um die Haupterscheinung hervorzubringen, namlich ein betri~chtliches S i n k e n des Manometers, welches wesentlich erst n a c h d e m S c h 1 u s s der Entladungsreihe eintritt und sich Stunden lang hinziehen kann. Oft sieht man bei jedem Funken ein leichtes Zucken des Quecksilbermeniskus im Manometer.

1) Es sei hier erw• dass die Ferrocyankalium-LSsungen bei lgngerem Aufbewahren eine schon nach wenigen Tagen beginnende dunklere Gelb- f~irbung annehmen. Dieselbe rfihrt von langsamer Oxydution mit Bildung von etwas Ferricyankalium her.

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178 L. Hermann:

Um diese Erscheinung i n g e r i n g e m M a a s s e hervorzurufen,

genagt, namentlich bel sehr hohem osmotischem Druck und an

fris&en Membranen, schon die Durchleitung der W e c h s e l -

s t r i ) m e e i n e s g e w S h n l i c h e n , mit einem einzigen Element und

W a g n e r ' s c h e m Hammer betriebenen k l e i n e n I n d u k t o r i u m s .

L/~sst mail eine l i ~ n g e r e R e i h e starker Entladungen (etwa

60--100 und mehr) hindurchgehen~ so sieht man w / ~ h r e n d der-

selben ein S t e i g e n des Manometers, welches aber gegen Ende

wieder zuriickzugehen beginnt, und sogar in Sinken gegen den ur-

spriinglichen Stand iibergehen kann. Nach Schluss der Entladungen

tritt s t e t s betr/~chtliches Sinken ein, welches sich viele Stunden

�9 Ara folgenden Tage findet man den Druck wieder gestiegen,

und allmahlich (in zehn Stunden oder mehr) erreicht derselbe wieder

nahezu die ursprangliche HShe, aber anscheinend niemals vollsti~ndig.

Wenige Versuchsbeispiele werden geni~gen, um von der GrSssen-

ordnung der Erscheinungen eine Vorstellung zu geben.

B e i s p i e l 1 (Normalstand des Manometers 117 mm). Die Zelle

zeigte einen osmotischen Druck von aber drei Atmospharen, wurde

am 19. Juni einem Versuche mit gewSbnlichen InduktionsstrSmen

unterworibn, welcher den Druck zu starkem Sinken brachte, das

aber ara 20. Juni durch Steigen bis auf etwa zwei Atmospharen

einigermassen wieder ausgeglichen wa�8

E n t l a d u n g s v e r s u c h ara 20. Juni. Stand des Manometers

um 12 h 40' 37, entsprechend 2,16 Atmospharen. Von 12]~ 40' bis

12 h 42'/~' wird pro SeL je etwa eine Entladung durchgeleitet.

20. Juni 1901.

Whhrend der Ent- ladungen:

Stand des Zeit Mano- h ~ meters

ml�9

{ 12.40 12.41 12.42'/2

37 36,5 43

Atmo- sph~ren

2,16 3,21 1,72

Differenz in Atm.

ira Ganzen pro Min.

1Yach zwei Tagen: 22. Juni . . . . . .

12.46 12.47'/'~ 12.51a/2 12.54 1.2 1.7 1,20 1.26 4.36

11.57

54 60 69 73 84 89,5 99

101 93,5

65

1,16 0,95 0,70 0,60 0,39 0,31 0,18 0,1.6 0,25

0,80

+

1,00 - - 0,167 0,21 -- 0,14 0,25 - - 0,06 0,10 - - 0,04 0,21 - - 0,026 O,OS -- 0,016 0,13 -- 0,010 0,02 - - 0,003 0,11 + 0,009

Page 16: Versuche über die Wirkung von Entladungsschlägen auf Blut und auf halbdurchlässige Membranen

Versuche iiber die Wirkung von Entladungsschlagen auf Blut etc. 179

B e i s p i e l 2 (Normalstand des Manometers 151 mm). 23. Juni.

Stand 51,25 ~ 1,97 Atmosphi~ren. Ent ladungen 5 Minuten lang,

zwei Funken pro Sek., Funkenli~nge 5 mm.

23. Juni 1901.

Entladungen:

Zeit h t

{ 10. 0 10. 1 10. 2 10. 3 10. 4 10. 5

Stand des Mano- meters

I n n l

51,25 49 47,5 45,5 45 45,25

A t m o -

sphfir•

1,97 2,08 2,18 2,32 2,36 2,34

Differenz in Atm.

absolut

+ 0,11 + 0,10 + 0,14 + 0,04

- - 0,02

pro Min.

+ 0,11 + 0,10 § 0,14 + 0,04 - - 0,02

Nhchster Tag :

10. 7 10. 7~/~ 10.18 t0.25 10.38 11.13 11.46 12.31 12.51 3.48

9.32

50 52 67 74 83 95,5

100 101 101,25 99

96

2,02 1,90 1,25 1,04 0,82 0,58 0,51 0,50 0,49 0,525

0,57

- - 0,32 - - 0,08 - - 0,65 - - 0,19 - 0,22

- - 0,24 -- 0,07 - - 0,01 - - 0,01 + 0,035

Druck steigt langsam weiter.

- - o, 16 - 0,16 - - 0,06 - - 0,027 - - 0,017 - - 0,007 - - 0,002 -- 0,0002 - - 0,0005 + 0,0002

Die letzte Kolumne der Tabellen ergiebt , dass das Sinken des

Druckes mit abnehmender Geschwindigkeit erfolgt.

Fur das wahrend der Entladungen selbst erfolgende S t e i g e n

des Manometers ergiebt sich als ni~chstliegende Erkli~rung die E r -

w i~ r m u n g in Folge der DurchstrSmungen, welche bei nicht allzu

kurzen Entladungsreihen ohne Weiteres von aussen mit den Fingern

fiihlbar ist. Die geschlossene Zelle mit ihrem Manometer stellt eine

Art Thermometer mit sehr gtossem Gefftss dar , und schon massige

Erw~rmungen mtissen die Quecksilbersi~ule zu betrachtlichem Steigen

bringen, da ein Austritt von W a s s e r durch die halbdurchg~ngige

Membran nur sehr langsam erfolgen kann. Es hat daher auch

wenig Bedeutung, dieses Ansteigen des Manometers in Druck-

steigerung umzurechnen. Dass diese Erklarung reichlich genilgt,

ergiebt folgende Erwi~gung,. welche einen weiteren Schluss zuli~sst.

Der Rauminhalt der Zellen mit dem T - R o h r betragt ungefi~hr

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180 L. Hermann:

25 cm 8 (die einzelnen Apparate sind natilrlicli in dieser Richtung verschieden), der Querschnitt der Manometerr5hren ira Lichten etwa 0,5 mm 2. Das Steigen des Quecksilbers betrug in Beispiel 2 etwa 6 mm, also die Volumzunahme der Innenflt~ssigkeit etwa 3 mm 8 oder etwa 8/z5ooo ~ etwas unter ~/sooo des Gesammtvolums. Zu dieser kubischen Ausdehnung w~rde schon eine Erwarmung um etwa ~/2--1 o genOgen i die wirkliche von aussen fahlbare Erw~rmung ist aber offenba�9 betr~ehtlich griSsser. Man kann hieraus schliessen, dass ent- weder die thermisehe Ausdehnung wirklieh Wasser dureh die Nieder- sehlagsmembran auspresst, oder dass der zweite, erst gegen Sehluss der Entladungen oder naeh denselben auftretende Prozess, die Druek- abnahme, sehon w~ihrend der Entladungen, vielleieht sehon von An- fang an, eine Rolle spielt. Diese Umst~nde erkltiren aueh zut Ge- nage, warum die anfangliebe Drueksteigerung in den versehiedenen Versuehœ in sehr weehselndem Grade zur Erseheinung kommt.

Die zweite Erseheinung, die Drueksenkung, hat zweifellos ihren Hauptablauf erst naeh Beendigung der Entladungen. Hiermit fallen sofort alie Erklarungsversuehe, welehe etwa an direkte Strom- wirkungen, z. B. Elektrotransfusion (elektrisehe Osmose), ansehliessen. Eine solehe Wirkung ist allerdings a priori nieht ausgesehlossen, da die oszillatorisehen Entladungen des Kondensators eine bestimmte ttauptriehtung haben, also wie auf Gleiehstr0me superponirte Weehsel- strSme wirken werden. Spezieller wird aber die Erklarung aus elektriseher Osmose dureh die Thatsaehe vSllig ausgesehlossen, welehe ieh oft festgestellt habe, dass ein Polweehsel zwisehœ Kondensator und Platinelektroden auf dTe Erseheinung keinerlei Einfluss hat.

Auf eine wirkliehe Erkl~trung leitete mieh die zuerst zufhllig gemaehte und dann stets best~ttigte Beobaehtung, dass das glhserne T-Rohr an seiner Innenflftehe ]angere Zeit naeh den Entladungen einen ungemein zarten rothen Anflug zeigt, weleher nun bestehen bleibt. Man erkennt ihn aueh an dem oberen Ansatzrohr und ara deutliehsten ira T-Rohr, wenn man die Gummisti~psel herausnimmt; die mit ihnen in Berahrung gewesene Glasfl• stieht dureh ihre Farblosigkeit von der sehwaeh rSthliehen Naehbarsehaft stark ab. Dieser Anflug, weleher in 8auren unveffmdert bleibt, in Alkalien aber sofort versehwindet, besteht offenbar aus Ferroeyankupfer. D ie N i e d e r s e h l a g s m e m b r a n i s t a l s o d u r e h die h i n d u r e h - g e h e n d e n E n t l a d u n g e n a n g e g r i f f e n worden . Entweder

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Versuche tiber die Wirkung von Entladungsschli~gen auf Blut etc. 181

hat sich, was ich far weniger wahrscheinlich halte, durch die blosse Erw;trmung, welche unmittelbar an der Membran besonde�9 stark sein mag, etwas Ferrocyankupfer in der dariiber stehenden Ferro- cyankalium-L5sung gel0st und zuniichst unter dem Einfiuss der Str6me gleichmiissig in der ganzen Fltissigkeit vertbeilt, oder es bat in gewissem Grade eine mechanische Absplitterung von ausserst �9 Partikeln des Niederschlages und Yertheilung derselben in der LSsung stattgefunden. Dass solche Partikelchen nicht auch in die Aussenfitissigkeit ge!angen k0nnen, erscheint leicht begreiflich, da dieselben hierzu erst eine dicke Thonschicht passiren miissten, in welcher sie durch die Enge und Oberfi~chenwirkung der Poren zuriickgehalten werden mi~ssen. Die in der Innenfli~ssigkeit ent- weder geli~sten oder suspendirten Partikel we�9 sich nach Eintritt von Abkiihlung und Ruhe abscheiden mi]ssen, und zwar durch Ober- fi~chenwirkung vorzugsweise an der Glaswand, zumal sie zu rein sind~ um durch ihre Schwere in die Thonzelle hinabzusinken.

Wie aber die zweifellos vorhandene Scbwi~chung oder sonstige Sch~tdigung der •iederschlagsmembran zu der Drucksenkung fi~hrt, ist eine noch zu erledigende Frage. Zuni~chst k(~nnte man daran denken, dass die Entladungsschlage unabhangig von der Membran- veri~nderung den osmotischen Druck direkt herabsetzen; hierzu m�9 aber die Anzabl der Moleki~le oder Ionen in der oberen LSsung irgendwie abnehmen, also der Dissoziationszustand sicb ver- mindern. Ftlr eine solche Annahme liegt weder irgend eine That- sache vor~ noch ist es denkba5 dass eine derartige Veranderung die Entladungen selbst irgendwie tiberdauert, was man annehmen mi]sste, um die Erscheinungen zu begreifen.

Schon mehr Wahrscheinlichkeit wt~rde die M0glichkeit haben, dass der Angriff auf die Membran deren charakteristische Eigen- schaft, nur Wasser und nicht andere Moleki~le oder Ionen hindurch- zulassen, ftir li~ngere Zeit unvollkommen macht oder aufhebt; die Zelle wt~rde hierdurch sofort ungeeignet werden, den wahren osmotischen Druck der InnenlSsung am Manometer anzugeben; ausserdem wi~rde auch durch den Austritt geli~ster Bestandtheile dieser Druck wirklich abnehmen. Wenn diese Erklarung richtig ware, miisste anscheinend der neben dem Ferrocyankalium in der Innenfltissigkeit gel5ste Stoff nach beendigtem Sinken des Druckes in der i~usseren Kupferli~sung nachweisbar sein.

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182 L. Hermann:

Um dies zu entscheiden, habe ich in den Versuchen mit Kalium- nitrat wiederholt die KupferlSsung auf Salpeters~ure untersucht!), aber nie eine Spur derselben geiunden. Ebensowenig gelang es in

Versuehen, in welehen dem Ferrocyankalium statt des Kaliumnitrats

Kaliumjodid, Kaliumrhodanid, Rohrzucker zugesetzt war, jemMs in der Aussenfl~ssigkeit die entsprechenden Bestandtheile nachzuweisen.

Die Membran hatte also ihre halbdurchl~ssige Beschaffenheit schein- bar nicht eingeb~sst.

Eine andere zu erw~gende M5glichkeit bestand darin, dass viel-

leicht der Widerstand der Membran gegen deu Wasserdurchtritt vermindert wird. Man kSnnte einen Augenblick daran denken, dass in Folge dessen der hohe Druck in der Zeile Wasser nach aussen

durchpresst. Aber dieser Gedankengang w~re fehlerhaft. Der osmo- tische Ueberd~uck in der Zelle kann sich ja nur dadurch ara Mano-

meter zu erkennen geben, dass das Volum der InneuflUssigkeit zu- zunehmen im Stande ist, d. h. durch Eintritt von Wasser durch die Membran. Mit anderen Worten: der osmotische Ueberdruck s a u g t

so lange Wasser durch die Membran ein2), bis der entstandene Gegendruck einer Quecksilbersaule oder komprimirter Luft dem

Ueberdruck g]eich geworden ist. Also kann erleichterter Wasser- durchtritt rien Gleichgewichtszustand, wenn derselbe einmal da ist,

nicht beeinflussen~ und ware er noch nicht erreicht, so wi]rde er- leichterter Wasserdurchtritt ira Gegentheil seine Herstellung be-

schleunigen, d. h. das Steigen des Quecksilbers auf die entsprechende HShe schneller herbeiffihren, nie aber dasselbe zum Sinken bringen.

Trotzdem habe ich direktere Versuche darflber angestellt, ob

etwa die Veranderung der Niederschlagsmembran durch die Ent- ladungen den Durchtritt von Wasser erleichtert. Eine wie sonst hergestellte Thonzelle mit innen aufgelagerter Niederschlagsmembran

von Ferrocyankup�9 wurde innen und aussen mit d e r s e 1 b e n Flassig-

1) Die ganze KupferlSsung wurde mit reinem Kaliumhydrat ausgef~llt und dann mit dem Niedersehlag bis zu vSlliger Schw~rzung desselben ge- kocht, das Filtrat mit reiner Schwefels~ure fibers~ttigt und in bekannter Weise auf Salpeters~ure geprfift.

2) Die einfachste Vorstellung ffir diese bekanntlich auf den ersten Blick paradoxe Thatsache dfirfte die sein, dass der osmotische Druck nur auf die eigentliche Wandsubstanz zu wirken vermag und nicht auf die Poren, auf welche sich das Expansionsbestreben der in sie nicht eindringenden Ionen nicht erstreekt.

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Versuche tiber die Wirkung von Entladungsschli~gen auf Blut etc. 183

keit in Berilbrung gebracht, und zwar mit destillirtem Wasser, Leitungswasser oder 3 procentiger Kupfersulphat-LSsung. Der Seiten- arm des T-Rohres war, statt mit einem geschlossenen Manometer, mit einem 11/2 m langen vertikalen Glasrohr in Verbindung, das zwischen GummistSpsel und dem bohen, vertikalen, offenen Schenkel nach unten U-f5rmig ausbog und in dem an das T-Rohr grenzenden Schenkel eine kugelige Erweiterung hatte, ferner oben einen kleinen Einguss- trichter trug. Der obere Verschluss des T-Robres war wie sonst und liess auch hier den Platindraht der inneren Elektrode durch; die andere Elektrode befand sich wiederum in der Aussenfliissigkeit. Fi]llt man das vertikale Druckrohr auf Bine H5he von etwa 115 bis 125 cm mit Quecksilber, so muss nat~rlich dieser Druck allm~thlich Wasser durch die Zelle nach aussen treiben, und ein definitives Gleich- gewicht wird erst nach sehr langer Zeit erreicht. Bel destillirtem Wasser wtirde dasselbe erst nach vSlliger Ausgleichung des Ueber- drucks eintreten. Bei einer Kupfersu]phat-LSsung wiirde durch rien Austritt vou destillirtem Wasser alsbald eine Koncentrationsdifferenz zwischen Innen- und Aussenfliissigkeit und dadurch ein zunehmender osmotischer Ueberdruck der ersteren herbeigei�9 werden und das Quecksilber zum Stillstand kommen, sobald sein Druck diesem Ueber- druck gleich geworden ist.

In der That sieht man das Quecksilberniveau, welches auch die Fl~ssigkeit sein mag, ]angsam herabgehen; das Sinken betr~igt pro Tag nur etwa 10--20 mm, so dass man sehr wohl Entladungs- versuche anstellen kann.

Diese ergeben, wie in den fri]heren Versuchen, whhrend der Entladung ein geringes Steigen des Niveau's, welches dann wieder zu sinken beginnt; dabei wird das Glas deutlich warm, und es zeigt sich wiede�9 nachher der zarte rothe Anfiug. ~Tach Aufh5ren der Entladur~gen setzt sicb das Sinken energischer fort, auch hier mit ab- nehmender Geschwindigkeit, und lasst sich beliebig lange verfolgen. Ein Wiederansteigen findet nicht statt. Offenbar geht das dureh die Entladungen bewirkte Sinken schliesslich in das langsame auch ohne jene vorhandene iiber.

Das Steigen des Niveau's betrug gew5hnlich nur wenige (h•chstens 3--4) Millimeter, das Sinken, dessen Ende eben nicht bestimmbar ist, weil kein Gleichgewicht oder Wiederansteigen eintritt, meist gegen 40--50, in einigen Versuchen bis gegen 400 mm. Wiirde

E. Pfll�9 Archiv f�9 Physiologie. Bd. 91. 13

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184 L. Hermann:

man diese Betri~ge in Atmosphi~ren umrechnen und mit den Druck- iinderungen der eigentlichen osmotischen Versuche verg]eichen, so wiirden sie i~usserst gering erscheinen; das Steigen betri~gt nur 0,004--0~005, das Sinken nur 0,05--0,06, hSchstens 0,5 Atm. Da- gegen sind die durchgetretenen Wasservolumina betr• ni~mlich, da das Quecksilberrohr hier ca. 12 mm 2 inneren Querschnitt batte, bedeutet das Sinken um 50 mm einen Fl~]ssigkeitsaustritt von 600 mm 8, wi~hrend die Versuche mit engem geschlossenem Mano- meter bei einer Drucksenkung von 3 auf 2 Atmosph~ren nur mit einem Austritt von etwa 5 mm 8 Fli]ssigkeit verbunden waren. Um das Steigen auch hier durch thermische Ausdehnung zu erkl~ren, masste~ da dasselbe kubisch etwa 1/y bis 1/5oo des Gesammtvolums ausmacht, eine Erwi~rmung um mehr als 15~ angenommen werden, was nicht das mindeste Bedenken hat.

Es war nun zu untersuchen, ob die ausgetretene Flt~ssigkeit blosses Wasser oder Kup�9 war. Zu diesem Behufe bestimmte ich den Kupfergehalt, welcher ursprimglich in der Innen- und Aussenfli]ssigkeit gleich war, in je 10 ccm beider Fliissigkeiten durch Titriren mit einer Ferrocyankalium-LSsung, wobei als End- reaktion das Verhalten der Mischung gegen Eisenchlorid benutzt wurde. Wi~hrend des Versuchs selbst und wi~hrend der folgenden Stunden war das Verdunsten von Wasser aus der Aussenfl~ssigkeit durch Aufstellung dš Apparates in einer feuchten Kammer, aus welcher das Vertikalrohr herausragte, verhindert worden. Es ergab sich, dass zwar stets die Aussenfli]ssigkeit kupfer• war als die Innenfl~ssigkeit, aber nicht in dem Grade, wie es hi~tte sein mtissen~ wenn n u r Wasser ausgetreten wi~re.

Man muss also rien Schluss ziehen, dass die Entladungen die ~Niederschlagsmembran so ver• dass sie ffir Wasser unter gleichem Druck leichter als vorher durchgi~ngig wird, aber auch das gel�99 Salz~ wenn auch in geringerem Verhi~ltniss als Wasser~ durch- treten lasst.

Dieser letztere Schluss steht auf rien ersten Blick in direktem Widerspruch mit dem oben S. 182 gezogenen, dass die Membran ihre halbdurchlassige Beschaffenheit durch die Entladungen schein- bar nicht einbt~sse. Bel naherer Erwagung zeigt sich aber, dass Letzteres nicht vSllig sicher ist. Nimmt man ni~mlich an, dass in :rien Hauptversuchen die Schiidigung der Membran wirklich etwas

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Versuche t~ber die Wirktmg von EntladungsschlSgen auf Blut etc. 185

von den Salzen der InnenflOssigkeit zum Austreten bringt, so folgt daraus noch nicht, dass dieselben in der Aussenfllissigkeit nachweis- bar sein massen. Denn jedes Quantum Ferrocyankalium, welches etwa in Gestalt ausserst feiner LSsungsfaden durch die Membran in die Thonzelle eindringt, muss sich sofort mit neuer Niederschlags- membran umhtillen. Nun ist aber das in Folge der Entladungen ausgetretene Volum ~usserst gering, b!ehmen wir rien Manometer- querschnitt zu 0,5 mm ~ an (diesœ GrOsse hatte er, genauer 0,507, beim weitesten der verwendeten Manometer), so betrug in Beispiel 1 das ausgetretene Volum (37 bis ]01 mm Meniskusstand) 64.0,5 ~--- 32 mm 8, in Beispiel 2 (51,25 bis 101,25) 50.0,5 ~ 25 mm 8. Diese Volumina sind so gering, dass sie wohl kaum aus der Substanz der Thonwand herauskamen. Das Volum der Wandsubstanz betrug ft~r rien nicht von Kitt bedeckten Theil des Thoncylinders liber 2000 mm 8. Es ist dabei zu erw~gen, dass det" Austritt wesentlich erst n a c h rien Entladungen sich vollzieht und die w~hrend des- selben sich bildenden neuen Niederschlagsmembranen also keinem Angriff unterliegen, fo]glich nicht zu erwarten ist, dass nachweisbare Mœ des nicht niederschlagbildenden Bestandtheils (Kalium- nitrat etc.) in die Aussenfl~ssigkeit gelangen kSnnen, zumal die aus- tretende L5sung nach rien letztangefahrten Versuchen verdlinnter ist als die InnenflOssigkeit.

Somit erklart sich alles Beobachtete auf folgende Weise: Die Entladungen bewirken zunachst durch Erw~trmung Ausdehnung der Innenfllissigkeit und Steigen des Manometers; ferner greifen sie die ~Niederschlagsmembran, sel es durch partielle AuflSsung, sel es durch mechanische Zerstaubung, derartig an, dass sie nicht allein far Wasser durchg~tngiger wird, sondern auch den gel5sten Stoffen Durchtritt gestattet, und zwar flir l~ngere Zeit, bis die Membran sich wieder genligend regenerirt bat. In Folge dessen treibt der hohe Innen- druck verdi]nnte InnenlSsung durch die Membran heraus und sinkt schon wahrend der Entladungen, noch mehr nach denselben be- trachtlich. Die austretenden Quanta umgeben sich sofort mit neuer :Niederschlagsmembran und Sind an Volum wegen des engen ge, scblossenen Manometers so gering, dass sie grSsstentheils oder ganz in der Thonwand bleiben; das beigemischte Salz wird durch die neuen Niederschlagsmembranen verhindert, in nachweisbarer Menge in die Aussenflassigkeit zu gelangen.

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]•6 L. Hermann:

Schliesslich will ich noch einige Erfahrunge~ mittheilen, welche ich im Laufe eines Jahres bei zahlreichen Wiederholungen des Haupt- versuchs gemacht habe. Zeigt die Zelle nur geringen osmotischen Druek~ so ist die Wirkung der Entladungen in der Regel un- bedeutend. Da nun, wie die oben mitgetheilten Beispiele zeigen, das Sinken des Druckes sich noch betr~chtlich fortsetzt, wenn schon ein sehr niedriges ~Tiveau erreicht ist, so muss man anscheinend schliessen, dass eine unter hohem Druck stehende Niederschlags- membran durch die Entladungsscblage starker angegriffen wird, als bei niedrigem Druck. Ferner zeigen sehr alte Niederschlags- membranen oft nach den Entladungsschlagen nur unbedeutende Drucksenkung, und auch nicht den rothen Anflug, der oben erwahnt ist, sind also anscheinend weniger leicht angreifbar als frisch ge- bildete, und zeigen endlich keine Beeinflussung durch blosse Induktions- strSme, selbst die des grossen Induktors (vgl. oben S. 178). Am st~rksten ist Anflug und Diucksenkung bei solchen Zellen~ welche in wenigen Tagen nach der Ingangsetzung einen hohen osmotischen Druck angenommen haben, was bei manchen Thonzellen nicht zu erreichen ist. Ara nachsten liegt wohl die Vermuthung, dass die Niederschlagsmembranen sich mit der Zeit verdicken und dann der angreifenden und zerst~ubenden Wirkung der Entladungen mehr Widerstand entgegensetzen.

Die hier mitgetheilten Versuche mit Niederschlagsmembranen haben zun~chst rein physikalisches Interesse. MSglicherweise aber liefern sie auch einen Beitrag zur Aufkl~trung des R o l l e t t - schen Phanomens. Freilich kann ihre Verwendung in dieser Rich- tung vorl~ufig nur unter bedeutendem Vorbehalt erfolgen. Allerdings verhalten sich nach neueren Untersuchungen 1) die rothen Blut- kSrperchen in osmotischer Beziehung genau so, als wenn sie von einer nur far Wasser durchlassigen Membran umschlossen waren. Aber man kann doch eine wirkliche Membran dieser Art unmSglich annehmen, und welche Oberflhcheneigenschaften die in Rede stehen- den Erscheinungen bedingeni ist noch vSllig in Dunkel gehtillt. Also ware es vermessen, die von mir beobaihtete Erscheinung ohne Weiteres auf die Verhaltnisse der BlutkSrper zu ~bertragen. HSchstens

1) Vgl. namentlich H. K o e p p e, Physikalische Chemie in der Medicin. S. 33ff. Wien 1900.

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Versuche tiber die Wirkung von Entladungsschlhgen auf Blut etc. 187

kann man so weit gehen, den Entladungsstr5men, d. h. (s. oben S. 175) enormen momentanen Stromdichten, eine angreifende Wirkung auf die Oberfli~che der Blutk5rper vermuthungsweise zuzuschreiben. Aueh kann man sogar in Zweifel ziehen, ob i]berhaupt die Wand der Blutki)rper von den Entladungsstr5men in wesentlichem Grade durchsetzt wird. Wenn, wie manche Autoren angeben, die Blut- k(}rper an dem galvanischen LeitungsvermSgen des Blutes gar nicht betheiligt wi~ren, kSnnte von einer solchen Durchsetzung nattirlich keine Rede sein. In solcher Strenge kann aber jener Satz nicht gelten, und schon R o l l e t t hat darauf hingewiesen, dass mSglicher- weise die Au�9 datait zusammenhi~ngt, dass das Innere der Blutki)rper der Einwirkung der Entladungsschllige zughnglich ist, wi~hrend es von anderen StrSmen nur unbedeutende Zweige erhi~lt. Anstatt aber mit R o l l e t t 1) anzunehmen, dass die Blutk(~rperchen gegen andere Str5me Isolatoren sind, scheint es mir einfacher und keiner Thatsache widersprechend, keinen so prinzipiellen Unterschied zwischen dem Inhalt der B]utk5rper und ihrer Umgebung zu machen. Es geniigt ja vollstandig die Annahme, dass jener Inhalt sehr riel schlechter als das Serum leitet und daher nur geringe Antheile der Str5me die Trennungsflache durchsetzen. Dann werden auch bel EntladungsstrSmen entsprechende Antheiie durch die Blutk5rper gehen, und man braucht nicht die sonst kaum zu begriindende Annahme zu machen, dass EntladungsstrSme sich in Bezug auf ihren Verlauf anders als andere Str5me verhalten.

Ein weiterer Umstand, welcher bedenklich macht, aber nicht entscheidend ist, besteht darin, dass die Wirkung auf l~iederschlags- membranen oft schon bei blossen InduktionsstrSmen in gewissem Grade eintritt, w~hrend, wie wir gesehen haben, diese auf Blut ohne jede Wirkung sind, sobald Erwi~rmung ausgeschlossen ist.

In Erwiigung k5nnte noch gezogen werden, dass nicht leitende suspendirte Partikelchen bekanntlich unter dem Einfluss von StrSmen Aufreihungen zeigen (W e yl) , welche auf eine dielektrische Polari- sation deuten. Man k5nnte vielleicht annehmen, dass dies der Modus ist, welcher zu einem Angriff auf die BlutkSrperchen fiihrt, da die analoge Erscheinung von mir auch au diesen beobachtet ist2). Es

1) A. a. O. S. 249 unten. 2) Vgl. meine frfihere Arbei t S. 166.

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wi~re nicht undenkbar, dass, wenn diese Polarisation so gewaltig und pl6tzlich ist wie bel EntladungsstrSmen, sie einen Angriff auf die KSrperchen ausilbt.

Uebrigens ist auch die hier mitgetheilte Wirkung der Ent- ladungsstrSme auf t ) f e � 9 sche Zellen, resp. deren Niederschlags- membran, zuni~chst physikalisch noch nicht erkli~rbar. Ich habe aber nach brieflicher Mittheilung die Hoffnung, dass sie durch weitere Untersuchungen von �9 Seite ihrer Aufkli~rung sich ni~hern wird.