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Abb. 12 Ich-Intcgrit'it VIII Reife gcgcn Verzw e iflung Zcugendc Irahigkcit VII Ervrachse- ncn-Alter gegen Stagnation Intimitit Vr Eruhcs Ersuachse- gegen Isolierung nen-Alter Idcntitit V Pubertät gegen und Ado- Rol! enlt on- lcszcnz fusion Leistung gegen hlinder- IV Latenz wertigkeits- gefühl I II Lokomo- Initiative torisch- gcgcn genital Schuldgefühl Autonomie II Muskulär- gegen Scham anal und Zweifel Urvertrauen I Oral- gegen sensorisch Mißtrauen aus: Erikson_1987_Kindheit und Gesellschaft, S. 255-258; 268

Verzewiflung · 2018. 1. 31. · Der jugendliche Geist ist dem Wesen nach ein Geist des moratoriums, ein psychologisches Stadium zwischen Kindheit und Erwachsensein, zwischen der

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aus: Erikson_1987_Kindheit und Gesellschaft, S. 255-258; 268

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S. Identität gegen Rollenkonf~sion

hlit der Aufrichtung cincs guten Verhältnisses zur Welt der I-Iand­fcrtigkciten und Werkzeuge und mit Eintritt der sexuellen Rcifc ist dieeigcntliehc Kindheit zu Ende. Die Jugendzeit beginnt. Aber das rasdteKörpcrwad>stum, das fast dem der frühen Kindheit gleichkommt, unddas völlig neue Hinzutreten der körperlidicn Geschleditsreifc stcllcn»ic vorher sdton als zuverlässig empfundenen Werte der Gleid>1>eitund Kontinuität wieder in Frage. Die heranwad>senden, sich entwik­kelnden Jugendlichen sind angesichts dieser psyd>ologischen Revolution

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in sich selber vor allem daran interessiert, wie sie in den Augen anderererscheinen, verglichen mit ihrem eigenen Gefühl, das sie von sidi haben,und wie sie ihre früher geübten Rollen und Geschicklichkeiten mit denaugenblicklid> vorherrschenden Idealtypen in Verbindung setzen kön­nen. Auf der Suche nach einem neuen Kontinuitäts- und Gleichheits­gefühl muß der Jugendliche viele Kämpfe der früheren Jahre nocheinmal durchliämpfen, selbst wenn er zu diesem Zweck absolut wohl­wollende Menschen künstliCh zu Feinden stempeln müßte; auch ist erständig bereit, bleibende Idole und Ideale als Wächter seiner endgül­tigen Identität aufzustellen.

Die Integration, die nun in Form der Ich-Identität stattfindet, istmehr als nur die Summe der Kindheits-Identifikationen. Es ist diegesammelte Erfahrung über die Fähigkeit des Ich, d tese Indifikationenmit den Libido-Verschiebungen zu integrieren, ebenso wie mit den auseiner Grundbegabung entwickelten Fähigkeiten und mit den Möglich­keiten sozialer Rollen. Das Gefühl der Idk-Identität ist also die an­gesammelte Zuversicht des Individuums, daß der inneren Gleichheitund Kontinuität auch die Gleichheit und Kontinuität seines Wesens inden Augen anderer entspricht, wie cs sich üun in der gieifbäreri Aus­sicht auf eine»Laufbahn«bezeugt.

Die Gefahr dieses Stadiums liegt in der Rollenkonfusion"-. In Fällen,in dcncn dieser Zwiespalt auf starken frülieren Zweifeln des jungenMenschen an seiner sexuellen Identität beruht, kommt es nicht sel­ten zu kriminellen oder sexuellen oder ausgesprochen psychotischenZwisd>enfällcn. Wenn diese Fälle richtig diagnostiziert und bchandcltwerden, so brauchen sie nicht die fatale Bedeutsamkeit anzunehmenwie in anderen Altersgruppen. Es ist hauptsächlich die Vnfähigkcit,sich für eine berufsrnäßige Identität zu entscheiden, was die jungctlMenschen beunruhigt. Um sid> selbst zusammenzuhalten, übcridcnti­fizieren sie sich zeitweise scheinbar bis zum völl igct> Idcntitätsverlustmit den Cliquen- oder Massen-Helden. Damit treten sie in die Phaseder»Schwärmerei«, was keincswcgs ganz oder auch nur vorwicgcndetwas Sexuelles ist-außer die herrschenden Bräuche verlangen diesLiebe des Jugcndlichcn ist weitgehend ein Versuch, zu einer klaren Defini­tion seiner Identität zu gelangen, indem er seine diffusen Ich-Bilder aufeinen anderen Menschen projiziert und sie in der Spiegelung allmählichklarer sicht. Darum bcstcht junge Liebe so weitgehend aus Gespräd>cn

"" Siehe Das Problem der Ich-Identität, Psyd>c X, Stuttgart 1956/57

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Junge Leute können außerdem auffällig»klanhaft«empfinden undgrausam im Ausschluß aller derer sein, die»anders« in der Hautfarbe,im kulturellen Milieu, im Geschmack ureid in der Begabung sind undhäufig sn derart geringfügigen Nuancen der Kleidung und Geste, wiesie gerade als das Abzeichen der Gruppenzugehörigkeit oder Nicht­zugehörigkeit gelten. Es ist wichtig, eine derartige Intoleranz als Ab­wehr gegen ein Gefühl der Identitätsverwirrung zu verstehen — wasnicht heißt, daß man sie verzeihen oder an ihr teilnehmen soll. Denndie Jugendlichen helfen nicht nur einander gegenseitig durch vieleSchwierigkeiten, indem sie Cliquen bilden und sich selbst, ihre Idealeund ihre Feinde zu Stereotypen erheben; sie prüfen paradoxerweisedadurch auch ihre wechselseitige Fähigkeit, Treue zu wahren. Die Be­

' reitschaR zu solch einer Prüfung erklärt auch den Anreiz, den einfache

und grausame totalitäre Doktrinen auf die jugendlichen Geister derLänder und Klassen ausüben, die ihre Gruppenidentität (feudal, agra­risch, stammesmäßig, national ) verloren haben oder verlieren und sichder weltumfassenden Industrialisierung, Emanzipation und Kommu­nikation gegenübersehen.

Der jugendliche Geist ist dem Wesen nach ein Geist des moratoriums,ein psychologisches Stadium zwischen Kindheit und Erwachsensein,zwischen der vom Kind erlernten Moralität und der Ethik, die derErwaChsene entwickeln muß. Er ist ein ideologischer Geist — und tat­sächlich ist es die ideologische Warte der Gesellschaft, die am verständ­lichsten zum Jugendlichen spricht, der danach strebt, von Gleichartigenbestätigt zu werden und bereit ist, sich durch Rituale, Glaubenssätzeund Programme überzeugen zu lassen, die gleichzeitig festlegen, wasböse, was unheimlich und was feindlich ist. Auf der Suche nach densozialen Werten, die der Identität Leitbilder vermitteln, stellt mandaher die Probleme der Ideologie und der Aristokratie einander gegen­über, beide in ihrem weitestmöglichen Sinn, was einschließt, daß inner­halb eines festbegrenzten Weltbilds und eines vorbestimmten histo­rischen Ablaufs das beste Volk zur HerrschaA gelangt und Herrschaftdas Beste im Menschen entwickelt. Um nicht zynisch oder apathisch zuwerden, müssen junge Menschen irgendwie imstande sein, sich selbstzu überzeugen, daß diejenigen, die in ihrer antipizierten Erwachsenen­welt Erfolg haben> damit die Verpflichtung übernehmen, die besten zusein. Später werden wir über die Gefahren sprechen, die von mensch­lichen Idealen ausgehen, wenn sie der Lenkung von Supermaschinerienals Vorspann dienen, seien sie von nationalistischen oder internatio­

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