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455 Die erste Bohnenpflanze befand sich demnach untcr der Einwirkung der lufseren, die zweite unter der Ein- wirkung der mittleren rothen Strahlen. Nach Verlauf einer Woche zeigte sich die erste Pflanze in ihrem Wachsthum zuriickgeblieben und vollstiindig ver- gilbt; die jungen Blattchen hatten sich nicht weiter ent- widrelt, sondern hatten noch dieselbe Griifse wie bci An- fang des Versuchs. Die zweite Pflanze dagegen war bis zur Decke ihres Kafigs emporgewachsen , ihre Blatter waren kraftig grun, die jungen Blrittchen hatten sich ausgebreitet bis zur dop- pelten Grofse. Die Pflanze unterschied sich in nichts von ihren gleichaltrigen Schwestern , welche unterdessen dem diffusen Tageslicht ausgesetzt gewesen waren. Dieser einfache Versuch zeigt, dafs die rnittleren rotheia Strahlen fur sich allein schon das Wachsthum einer Pflanze unterhalten konnen, die iiufsern rothen Strahlen aber hiezu unfahig sind. E r zeigt ferner, daCs es bei dieser Wirkung durchaus nicht auf die Leuchtkraft (denn jenes Roth war sehr dunkel), d. i. auf die im menschlichen Auge erregte Starke der Empfindung , sondern einzig auf die richtige Qualitiit der Strahlen ankommt. Erlangen, im December 1871. V 1. Ein Kafer-Eudiometer, Vorschlag XIU einewt Vorlesungsaersuch; won W. Miille r in Perleberg. Ausgehend von dem Gedanken, ob bei ahnlich organi- sirten Thieren in der Menge der beim Atbmen consumir- ten Sauerstoffs unter Beriicksichtigung des Korpergewichts der Athmenden ein Anhalt zu gewinnen sey fur die Cha- rakteristik derselben , hatte ich eine Reihe von Versuchen

VI. Ein Käfer-Eudiometer, Vorschlag zu einem Vorlesungsversuch

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Die erste Bohnenpflanze befand sich demnach untcr der Einwirkung der lufseren, die zweite unter der Ein- wirkung der mittleren rothen Strahlen.

Nach Verlauf einer Woche zeigte sich die erste Pflanze in ihrem Wachsthum zuriickgeblieben und vollstiindig ver- gilbt; die jungen Blattchen hatten sich nicht weiter ent- widrelt, sondern hatten noch dieselbe Griifse wie bci An- fang des Versuchs.

Die zweite Pflanze dagegen war bis zur Decke ihres Kafigs emporgewachsen , ihre Blatter waren kraftig grun, die jungen Blrittchen hatten sich ausgebreitet bis zur dop- pelten Grofse. Die Pflanze unterschied sich in nichts von ihren gleichaltrigen Schwestern , welche unterdessen dem diffusen Tageslicht ausgesetzt gewesen waren.

Dieser einfache Versuch zeigt, dafs die rnittleren rotheia Strahlen fur sich allein schon das Wachsthum einer Pflanze unterhalten konnen, die iiufsern rothen Strahlen aber hiezu unfahig sind.

E r zeigt ferner, daCs es bei dieser Wirkung durchaus nicht auf die Leuchtkraft (denn jenes Roth war sehr dunkel), d. i. auf die im menschlichen Auge erregte Starke der Empfindung , sondern einzig auf die richtige Qualitiit der Strahlen ankommt.

Erlangen, im December 1871.

V 1. Ein Kafer-Eudiometer, Vorschlag XIU einewt Vorlesungsaersuch; won W. M i i l l e r

in Perleberg.

Ausgehend von dem Gedanken, ob bei ahnlich organi- sirten Thieren in der Menge der beim Atbmen consumir- ten Sauerstoffs unter Beriicksichtigung des Korpergewichts der Athmenden ein Anhalt zu gewinnen sey fur die Cha- rakteristik derselben , hatte ich eine Reihe von Versuchen

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mit vorzugsweise wirbellosen Thieren, 1i:imentlich mit K5- fern ausgefuhrt und dabei beobachtet, dak einzelne Arten den Sauerstoff aus der Luft iiberrasclicnd vollstandig auf- zunehmen im Stande sind. Sie eeigen sich dabei zum Theil so zahlebig, d a b sie selbst nnch vielstundigem Aufenthalt in der sauerstofffreien AtmosphBre , wshrend dessen sie in Erstarrung verfnllen , durch nachherige Be- riihrung mit frischer Luft allmiihlig die gcwijhnlichen Le- bensfunktionen wieder aufnehmen und dnnn nach der Leb- haftigkeit ihrer Bewegungen und der GroQe ihres Appetits zu urtheilen fur eine nuf mehrere Tage sich erstreckende Beobachtung sich vollkommen gesund erweisen. Die ge- nannten Thiere erscheinen daher sehr geeignet , urn die Eigenschaft des Sauerstoffs als Lebensluft zii dernonstriren.

Drei Arten von kraftigcn Raubkgfern habe ich speziell fur den erwalinten Zweck geeignct gefun den, den gemeinen Gelbrand Dyticus marginalis, einen kleineren Schwimm- kafer Acilius sulcatiis und einen Laufkifer Carabus granu- latus. Die beiden letzteren koniien nach meinen Erfah- rungen die Abwesenheit des Sauerstotfs langer iiberdauern als der Gelbrand - in einem Falle hatte der Laufkafer 60 Stunden in der Stickstoffatniosphfre zugebracht, und doch geniigte ein Aufenthalt an frischer Luft von einigen Minuten um ihn munter einherlaufrn zii lassen -, indessen empfehle ich trotzdem den Gelbrand fur den Vrrsuch, weil er leichter zu haben ist. Im Freien kann man den- selben zu jedcr Jahreszeit, selbst ini Winter unter dem Eise, ziemlich haufig nntreft'en, und dann ist er jetzt in grofseren Stadten fiir die Zimmeraquarien vielfach kiiuf- lich zu haben. Auch lal'st e r sich in einem kleinen Wassrrbehalter ohnc Schwierigkeit Iange Zeit anfbewahren, wenn man ihn nur gut mit Futter, Regenwurniern, kleinen Wasserthierrn versorgt.

Weil nach den Untersuchungen von W. Mii l le r I )

Siiugethiere bei einem Gehalt an Sanerstoff von 4 bis 5 Proc. bald krankhafte Athinungssyniptome erkennen lassen und

1) Ann. d. Chemie und Pharm., CVIII, 257.

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eine Verminderung der Lebenslufi auf 3 Proc. schon einen raschen Tod herbeifuhrt , so waren derartige Thiere fur meinen Zweck ganz unbrauchbar. Obgleich die kaltbliiti- gen Proschlurche nach alteren Angaben, die durch neuere Beobachtungen bis zu einem gewissen Maafse bestatigt sind, in nicht zu kleinen Gefiifsen ein Jahr und noch dariiber mit wenig Luft ihr Leben fristen konnen, SO er- tragen sie doch eine schnelle Abnahme des Sauerstoffs nur schwer, unter den vielen Fallen, in denen ich graue Kroten, Gras- und Teichfrosche beobachtet habe, war der der gunstigste, wo ein kleiner 3; Gramm schwerer Teich- frosch, wahrend eines sechsstundigen Aufenthalts in blo- fsem Stickstoff seine Lebensfahigkeit behielt. Da niin aufserdem mit den Kafern sich leicht experimentirt , so habe ich denselbeii unbedenklich den Vorzug gegeben.

ZU dem Versuche bedient man sich einer einfachen Glasrohre, welche in der Art eiiies gewohnlichen Eudio- meters getheilt ist. In dieselbe sperrt man den Kafer vermittelst eines kreisformig geschnittenen Stuckes Draht- netz ein. Anf dieses Drahtnetz ist ein federnder Messing- streifen gelothet, welcher nach unten gebogen, das Ganzc in der Eudiometerrijhre festhalt. Ein auf der unteren Seitc des Messingstreifens befindlicher Haken tragt einen kleinen Eimer , in welchem sich pulvrisirtes Kalkhydrat befindet, das die Kohlensaure aufnimmt. Die Glasrohre wurde ge- wohnlich durch Wasser abgesperrt und am Steigen des- selben der Verbrauch des Sauerstoffs erkannt. Sol1 der Kafer wahrend des Athmens im Wasscr sich nufhalten, so mufs man durch Aufsetzen der Eudiorneterrohre auf den Boden des Wassergefafses sein Entweichen verliindern, iin Uebrigen kann die Einrichtung des Apparates ganz ungeandert bleiben. Zeigt die Unveranderlichkeit im Stande des Sperrwnssers das Ende des Versuchs an, so zieht man der Reihe nach die im oberen Theile der Eudiometerrohre befindlichen Gegenstiinde nach einander unter das Wasser derselben und ermittelt so ihr Volumen. Unter den zahl- reichen Versuchen, die in der beschriebenen Weise aus-

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gefiibrt wurden, seyen zwei in der ersten Halfte des Ok- tober angestellte genan nach ihren Resultaten angegeben. 111 dem ersten wurde bei Anwendung von 66,6 CC. atomo- spliiirische Luft nncli 72 Stnnden die letzte Veranderung im Volumen des abgesperrten Gases constatirt, wiihrend der dann folgenden 22 Stunden blieb dasselbe vollig unge- iindert, und die jetzt folgenden Messungen ergaben eine Verringerung ini Voluinen der Luft von 20,88 Proc. Der Kiifer zeigte sich ganz regungslos, 12 Stunden spater bc- wegten sich einzelne Glieder, und nach 2 Tngen f rds er gierig an eineni Itegenwurm, niit dew er behend im Was- ser u~nherschwamni. Der zweite Versuch wurde bei 57,4 CC. Luft nacli 64 Stunden nls beendet erkannt und 6 Stunden spiiter wurden Drahtnetz iind Kafer entfernt. Es waren 20,94 Proc. voin Volumen der Luft verschwun- den. Das ruckstgndige Gas wurde mit & atmospharischer Luft versetzt, und mittelst eines Platindrahts eine Phos- phorkngel hinzugebracht , es bildeten sich sofort Nebel, und der Phosphor leuchtete stark. Am folgenden Tage war das Volumen des Gases urn der zugesetzten Luft verringert, und das Leuchten des Phosphors hatte anfge- hort, ein zuverlassiger Beweis, dak der athmende Kafer den Sauerstoff vollstandig aus der Luft entfernt hatte.

Die gefundenen Zahlen stimmen mit anderen Luft- analysen in einem Grade uberein, wie es kaum zu erwarten war, 60 z. B. giebt B u n s e n in seinen ,,gasornetrimhen Methodenu nach dem Ergebnifs von 26 Analysen den Sauer- stoffgehalt der Luft zwischen den Griinzen von 20,84 und 20,97 Procent schwankend an.

Die Lebensthatigkeit des Kafers war iibrigens im zweiten Falle wegen des kurzeren Aufenthalts im Stick- stoff weniger erschopft als bei dem vorigen, denn aus seinem Behaltnils herausgebracht bewegte er sofort die Fuhler - nach allen Beobachtungen der erste Aufang der Regsamkeit -, und nach Verlauf einiger Stunden hatte er sich ganz erholt.

Ein im Wasser befindlicher Gelbrand entfernte aus

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94,2 CC. LuB des Eudiometers nach einer im Monat Sep- tember angestellten Reobachtung binnen 80 Stunden 2 1,l Vo- lumprocente, und somit bewlhrt sich das Eudiometer in heiderlei Gestalt. Nur darf nicht unerwiihnt bleiben, dak bei einigen, im Monat Juni, angcstellten Versuchen eiiie vie1 grolsere Menge Gas ubrig blieb und mehrmals die Kiifer starben, bevor noch das Volnrnen des Gases als ein constantes erkannt werden konnte. Die wiihrend dieser Zeit wahrscheinlich eintretende Steigerung in der Wirksamkeit der Lebensfunctioneii scheint demnach die Accommodation der Thiere an verschiedenartig zusammen- gesetzte Imft zu erschweren, und aukerdem mag hier auch die von vielen Beobachtern ’) wahrgenommene Ab- scheidung von Stickstoff in erheblichem Make hinderlich wcrden. Ob ahnliche Stiirungen in den Monaten Juli und August stattfinden, ist nicht ausgemacht.

Der vorgeschlagene Versuch bleibt selbst dann noch recht lehrreich, wenn der Kafer seine Lebensthiitigkeit nach Reendigung desselben nicht wieder aufnehmen kann, erwacht das Thier jedoch aus seiner Erstarrung durch die Zufuhr frischen Sauerstoffs, so ist die Eigenschaft des letzteren als Lebensluft so greifbar dargestellt wie es nur gewiinscht werden kann.

VII. IJeber Aetxjgtcren an Krystallm; von Dr. Beinr. Baurnhaicer,

Lohrer am Technicum zu Frankenberg bei Chemnitz.

E h e ich einige weitere bei der Untersuchung der Aetz- figuren an Krystallen von mir erhaltene Resultate den schon friiher in diesen Annalen z, mitgetheilten hinznfuge,

I) Deupretz , Ann. de Chint. el de Phyr., 2 Seiie, SXVII. - Marchand,

2 ) Siehe besonders Bd. 138, S. 563, Bd. 139, S. 349 und Bd. 140, S. 271. Journ. f. pr. Chem., XLlV, 1.