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26 * Schrifttum VII. Erzeugung und Handel, Warenm~rkte 2. Land- und Forstwirtschaft, Fischerei Hayami, Yujiro, and Vernon W. Ruttan, Agricultural Development: An International Perspective. Baltimore and London 1971. The Johns Hopkins Press. XlV, 367 S. Das Weltern~thrungsproblem hat viele Autoren unterschiedlicher Interessen und Disziplinen zur Stellungnahme gezwungen. Aus den alarmierenden Kassandrarufen zu Beginn der sechziger Jahre und aus den optimistischen Erwartungen am Ende der sechziger Jaahre, nach der Einftihrung neuer, ertragreicher Getreidesorten, war es aul3erordentlich schwer, sich ein zu- treffendes Bild fiber langfristige, 6konomische Probleme der landwirtschaft- lichen Entwicklung zu machen. Das vorliegende Werk yon Yujiro Hayami und Vernon W. Ruttan, das sich teilweise auf jtingst erschienene Aufs~ttze stiitzt, bringt einen neuen Ansatz. Im ersten Kapitel legen die Autoren das Ziel ihrer Arbeit dar. Sie suchen theoretisch und empirisch die Quellen zu isolieren, die das VCachstum land- wirtschaftlicher Produktion und Produktivitiit bestimmen. Der Erfolg zu- nehmenden Wachstums landwirtschaftlicher Produktivit~t beruht auf der Kapazit~it einer Volkswirtschaft, die notwendigen Technologien zu produ- zieren. Diese permauente Anpassung der landwirtschaftlichen Technologien an die Umwelt wird als Prozel3 aufgefal3t, in welchem die technischen und institutionellen Innovationen dutch eine Verschiebung der Faktorpreise fiir Boden und Arbeit induziert werden. Im Kapitel 2 wird eine Darstellung der lZolle der Landwirtschaft in allgemeinen Wachstumstheorien gegeben. Zun~ichst werden die Stufen- theorien der deutschen historischen Schule yon Marx fiber List bis Schmoller knapp behandelt. Ohne die marxistische Geschichtsphilosophie zu teilen, wiirdigen die Autoren die Marxsche Deutung der Technologie im Entwick- lungsprozel3. Anschliel3end werden die Auffassungen yon Fisher und Clark sowie yon lZostow referiert. Sie setzen sich dann mit den Zwei-Sektoren- Modellen yon Boeke, Jorgenson und Fei/Ranis auseinander. Im Kapitel 3 werden folgende landwirtschaftliche Entwicklungsmodelle a. Erhaltung und Mehrung der Bodenfruchtbarkeit, b. Einflul3 der Stadt (Thtinen), c. Diffusions- modelle und schliel31ich d. hoher Gewinn je Einheit Forschungsaufwand (Schultz) kritisch eingeordnet. Am Ende des Abschnittes entwickeln die Verfasser ihr eigenes ModeU der induzierten Entwicklung. Sie betonen an Hand deutscher, englischer, japanischer und amerikanischer Beispiele ins- besondere den standortspezifischen Charakter biologischer und chemischer Technologien im Gegensatz zu den mehr standortunabhAngigen mechanischen Technologien. In der Landwirtschaft sind die Betriebe in der IZegel zu klein, um die den Faktorpreisverschiebungen entsprechende Technologie selbst produzieren zu k6nnen. Die Technologien, die dem Landwirt die Bewegung yon einem Punkt zum n/ichsten Punkt auf der sakular vorgestellten Produk-

VII. Erzeugung und handle, warenmärkte

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26 * Schrifttum

VII. Erzeugung und Handel, Warenm~rkte

2. Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

Hayami, Yujiro, and Vernon W. Ruttan, A g r i c u l t u r a l D e v e l o p m e n t : A n I n t e r n a t i o n a l P e r s p e c t i v e . Baltimore and London 1971 . The Johns Hopkins Press. XlV, 367 S.

Das Weltern~thrungsproblem hat viele Autoren unterschiedlicher Interessen und Disziplinen zur Stellungnahme gezwungen. Aus den alarmierenden Kassandrarufen zu Beginn der sechziger Jahre und aus den optimistischen Erwartungen am Ende der sechziger Jaahre, nach der Einftihrung neuer, ertragreicher Getreidesorten, war es aul3erordentlich schwer, sich ein zu- treffendes Bild fiber langfristige, 6konomische Probleme der landwirtschaft- lichen Entwicklung zu machen. Das vorliegende Werk yon Yujiro Hayami und Vernon W. Rut tan, das sich teilweise auf jtingst erschienene Aufs~ttze stiitzt, bringt einen neuen Ansatz.

Im ersten Kapitel legen die Autoren das Ziel ihrer Arbeit dar. Sie suchen theoretisch und empirisch die Quellen zu isolieren, die das VCachstum land- wirtschaftlicher Produktion und Produktiviti i t bestimmen. Der Erfolg zu- nehmenden Wachstums landwirtschaftlicher Produktivit~t beruht auf der Kapazit~it einer Volkswirtschaft, die notwendigen Technologien zu produ- zieren. Diese permauente Anpassung der landwirtschaftlichen Technologien an die Umwelt wird als Prozel3 aufgefal3t, in welchem die technischen und institutionellen Innovationen dutch eine Verschiebung der Faktorpreise fiir Boden und Arbeit induziert werden.

Im Kapitel 2 wird eine Darstellung der lZolle der Landwirtschaft in allgemeinen Wachstumstheorien gegeben. Zun~ichst werden die Stufen- theorien der deutschen historischen Schule yon Marx fiber List bis Schmoller knapp behandelt. Ohne die marxistische Geschichtsphilosophie zu teilen, wiirdigen die Autoren die Marxsche Deutung der Technologie im Entwick- lungsprozel3. Anschliel3end werden die Auffassungen yon Fisher und Clark sowie yon lZostow referiert. Sie setzen sich dann mit den Zwei-Sektoren- Modellen yon Boeke, Jorgenson und Fei/Ranis auseinander. Im Kapitel 3 werden folgende landwirtschaftliche Entwicklungsmodelle a. Erhaltung und Mehrung der Bodenfruchtbarkeit, b. Einflul3 der Stadt (Thtinen), c. Diffusions- modelle und schliel31ich d. hoher Gewinn je Einheit Forschungsaufwand (Schultz) kritisch eingeordnet. Am Ende des Abschnittes entwickeln die Verfasser ihr eigenes ModeU der induzierten Entwicklung. Sie betonen an Hand deutscher, englischer, japanischer und amerikanischer Beispiele ins- besondere den standortspezifischen Charakter biologischer und chemischer Technologien im Gegensatz zu den mehr standortunabhAngigen mechanischen Technologien. In der Landwirtschaft sind die Betriebe in der IZegel zu klein, um die den Faktorpreisverschiebungen entsprechende Technologie selbst produzieren zu k6nnen. Die Technologien, die dem Landwirt die Bewegung yon einem Punkt zum n/ichsten Punkt auf der sakular vorgestellten Produk-

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t ionsfunktion erlauben, werden deshalb -con 6ffentlichen und privaten Invest i- t ionen im landwirtschaftl ichen Forschungsbereich best immt. Solange dieser Mechanismus, den die Autoren als einen dialektischen ProzeB zwischen staat- licher Verwaltung, 6ffentlichen und privaten Laborator ien sowie Landwirten bezeichnen, nicht dauerhaft hergestell t ist, t r i t t keine ]3eschleunigung der Agrarprodukt ion ein. Mit anderen Worten: die Agrarforschung selbst ha t keinen unmit telbaren Maxkt-preis. Das fehlende Preisschild muB frfihzeitig yon einer vorausschauenden Verwaltung bei der Allokation yon lZessourcen im 6ffentlichen Sektor angeheftet werden. Das Muster systematischer, ~soziali- sierter~, yore Staat getragener Agrarforschung erblicken die Autoren in der Grtindung der ersten deutschen Versuchsstation in Leipzig-M6ckern im Jahre 1852, die das Modell zur Organisation der Agrarforschung fiir Japan und die USA abgab.

In Kapi te l 4 wird der zentralen Frage nachgegangen, warum in j i ingster Zeit so groBe Unterschiede im Wachstum yon F1Achen- und Arbei tsproduk- tivitAten zwischen IndustrielAndern und EntwicklungslAndern auftraten. Die Ursache wird im unterschiedlichen Zugang zu bodensparenden biologisch- chemischen und arbeitssparenden mechanischen Technologien gesehen. Als geeigneter komplementArer Ind ika tor fiir den Einsatz biologischer Tech- nologien wird in der Analyse die chemische Technologie -- Dtingemittel- verbrauch je ha -- gesehen. Die Ausriistung mi t t ierischer und motorischer Zugkraft je mAnnlicher Arbei tskraf t stellt den komplementAren Indika tor fiir die Einfiihrung mechanischer Technologien dar. Dfingemittelverbrauch und Zugkraft k6nnen unter der plausiblen Annahme proport ionaler Zunahme der iibrigen Produkt ionsmit te l (z. B. Pflanzenschutzmittel, stationAre An- triebsmaschinen) als geeignete Indikatoren dieser universellen Substitutions- prozesse be t rachte t werden.

Ein internationaler ProduktivitAtsvergleich bedarf weiter eines geeigneten Umrechnungsschltissels, um die Wirkung unterschiedlicher Agrarpreise in den einzelnen LAndern auf das naturale Produktionsniveau zu eliminieren. Die in 43 L~ndern produzierten Mengen (ohne Saatgut, Fut ter , Importe) wurden nacheinander mi t den indischen, japanischen und US-amerikanischen 1%lativ- preisen zum Weizenpreis multipliziert , addier t und die hieraus gezogene Kubikwurzel verwandelte die Produkt ion eines Landes in vergleichbare Internat ionale Weizeneinheiten (Anhang, S. 314ff. ). Die Begrfindung ftir die Beriicksichtigung der Preisunterschiede aus nur drei LAndern wird -- neben dem Mangel an zuverlAssigen Preisdaten -- dar in gesehen, dab Indiens Agrar- preiss t ruktur reprAsentativ sein mag ftir ein Land im Anfangsstadium der Entwicklung, wAhrend die Agraxpreisstruktur Japans einem mit t leren und die der USA einem fortgeschrit tenen Stadium entspricht. Der Produktions- anteil Indiens an den 43 LAndern betrAgt etwa 13 vH, Japans 3,7 v H und der der USA 24,6 vH. Da auch andere diinn besiedelte LAnder -- Argentinien, Australien, Kanada und bIeuseeland -- in die Untersuchung einbezogen werden konnten, erh6ht sich der Antei l dieser LAndergruppe mit reichlicher Bodenausstat tung auf 34,8 vH. Die Ergebnisse der Studie sind deshalb bei einer l~bertragung auf die Wel t als Ganzes, in der die dichtbev61kerten,

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relativ bodenarmen L~inder Asiens, Europas und grof3e Teile Afrikas und Lateinamerikas einen h6heren Anteil einnehmen, entsprechend abzuwandeln.

Das AusmaB des Einflusses, den die Reduktion der Unterschiede der gesamten internationalen Agrarpreisstruktur auf drei L~inder hat und damit auf die errechneten, absoluten Produktivit~itsunterschiede ausiibt, l~Bt sich nicht angeben. Die FAO verSffentlicht bedauerlicherweise nur die Indizes der Weltagrarproduktion fiir acht Regionen, obwohl sie gleichfalls yon dem arithmetischen Durchschnitt der relativen Weizenpreise in den einzelnen Regionen und L~ndern ausgeht. Landwirtschaftliche Produktivit~tsunter- suchungen auf Weltbasis werden jedoch in Zukunft sicherlich dadurch er- leichtert, sobald die FAO die 1958 yon G e a r y 1 vorgeschlagene Methode der Berechnung wahrer Kaufkraftparit~ten fiir Agrarprodukte anwendet und fiir die einzelnen Weltregionen und I~nder verSffentlicht.

Gleichfalls erschien es den Autoren notwendig, einen Ma~stab fiir die landwirtschaftliche Wertsch6pfung in den einzelnen L~ndern zu finden. Das Fehlen vollst~indiger Inputdaten wurde auf die Weise gel6st, die wesent- lichen Substitute ffir Boden (Diingemittel) und fiir Arbeit (Zugkraft) in den einzelnen L~indern zu den entsprechenden Angaben in Japan und USA in Beziehung zu setzen. Die erhaltenen Quotienten wurden geometrisch ge- mit tel t und als Prozentsatz mit der oben errechneten Produktion zur Be- st immung der Wertsch6pfung in Internationalen Weizeneinheiten multi- pliziert. Diese umfangreichen Vorarbeiten gestatten einen graphischen Mehr- l~ndervergleich fiir das Jahr I96O, um generelle Einsichten in die absoluten Unterschiede der Fl~chen- und Arbeitsproduktivit~t bei unterschiedlicher relativer Faktorausstat tung zu gewinnen. Ein Streuungsdiagramm stellt den unterschiedlichen Einsatz an Dfingemitteln und an Zugkraft gem~B der relativen Faktorausstat tung fiir die untersuchten L~inder dar. Da auf3erdem graphische Zeitvergleiche von I955 bis I965 durchgefiihrt werden, repr~isen- tieren die Vektoren der Outputs und Inputs typische, historisch belegte Wachstumspfade. Bei Deutung der so markierten Wachstumspfade partieller Produktivit~ten bleibt zu bedenken, dab infolge friiherer Investi t ionen sowohl die Fl~ichen in ihrer Fruchtbarkeit als auch die Arbeitskr~fte in ihrem Aus- bildungsstand im internationalen Vergleich ,inhomogen, sind. Die gemessenen Produktivit~itsunterschiede zwischen Industriel~ndern und Agrarl~indern sind deshalb ohne ad~iquate Korrektur iiberdehnt. Es kommt hinzu, dab der landwirtschaftliche Sektor in den Agrarl~indern noch andere produktive, nicht gemessene Leistungen (Hausbau, Herstellung yon Bekleidung usw.) erbringt, die in den Industriel~ndern weir starker ausgegliedert sind.

Den H6hepunkt der Arbeit bildet Kapitel 5, in dem eine internationale landwirtschaftliche Produktionsfunktion gesch~itzt wird. Die Unterschiede landwirtschaftlicher Arbeitsproduktivit~it werden auf drei Inputkategorien zuriickgefiihrt: a. die Ausstattung mit landwirtschaftlichen Ressourcen

i D. Basu and S. Kawakatsu, FAO Index Numbers of Agricultural Production. Review and Prospects. FAO, *Monthly Bulletin of Agricultural Economics mad Statistics,, Rome, Vol. 2o (x97I), No. 5, S. xff.

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(Arbeitskr~ifte, Bodenfl~ichen, Viehbest;~nde, Umfang der Dauerkulturen und Bew~isserung), b. industrielle Vorleistungen oder technische Inputs (Dtinge- mittel, Maschinen) und c. das im einzelnen Land vorhandene Humankapital . Die Kategorien a. und b. werden in den Gleichungen als k o n v e n t i o n e l l e Inputs und der Einsatz yon Humankapi ta l als n i c h t k o n v e n t i o n e l l e r Inpu t gesch~itzt. Indikatoren fiir Humankapital sowie ~technische Fach- bildung, sind der Anteil der Schuljahrg~inge bis zum Alter von i6 Jahren und die Zahl der Graduierten in den Agrarwissenschaften je ioooo m~innliche landwirtschaftliche Arbeitskr~ifte.

Aus Mangel an Daten konnteu Dauerkulturen und bew~sserte Fl~chen jedoch in die Sch~tzung als erkl~irende Variable nicht einbezogen werden. Vielleicht h~itte ein allgemeiner Gesundheitsindex aus Kindersterblichkeit und Lebenserwartung das statistische Konzept des Humankapitals zus~tzlich pr~izisieren k6nnen, wie es neuerdings Millendorfer und Gaspari 1 bei der Sch~itzung einer allgemeinen Produktionsfunktion ffir die verschiedenen Welt- regionen getan haben.

Bei Verwendung einer Cobb-Douglas-Produktionsfunktion mit nicht be- schr~nktem Homogenit~itsgrad zur Bestimmung der Produktivit~itsunter- schiede ergaben sich folgende Produktionselastizit~iten ftir 37 L~inder: o,4o fiir Arbeit, o, Io fiir Boden, 0,25 fiir Vieh, o,i 5 fiir Dtingemittel, o, io fiir Maschinen, o,4o ffir allgemeine Schulbildung und o,I 5 fiir Forschung uud Beratung. Die Autoren testeten mit Hilfe einer CES-Funktion, ob die Ver- wendung der Cobb-Douglas-Funktion berechtigt sei. Der Test fiel positiv aus.

In welcher Weise die errechneten Produktionselastizit~,tten auch ftir ein- zelne I~nder gelten, wird noch weiterer Untersuchungen bediirfen. Aus Datenmangel mul3te ngmlich eine gleiche Qualit~it der gemessenen Inputs unterstellt werden. Fiir die technischen Inputs kann man gleiche QuaJit~t alyproximativ annehmen. Auf die Probleme beim statistischen Konzept des Humankapitals wurde hingewiesen. Die folgenden Ausftihrungen gelten der Annahme gleicher Qualit~t bei Viehbest~inden. So wurden beispielsweise die l~inderbest~inde Indiens mit demselben Schltissel wie die westdeutschen in GroBvieheinheiten umgerechnet. Die Nettoleistungen je Stiick des Rinder- bestandes betrugen 196o in Indien an Milch 88 kg und an Rindfieisch nur o, 7 kg. Die entsprechenden Leistungen erreichten in Westdeutschland im gleichen Jahr mit 1335 kg Milch das Ffinfzehnfache bzw. mit 71 kg Rind- fleisch das Hundertfache der indischen Ertr~ige. Das Beispiel Indien ist beztiglich des Produktivit~tsunterschiedes der Fleischerzeugung im Vergleich zu Westdeutschland und anderen Entwicklungsl~indern sicherlich ein extremer FaJl. Das gilt aber kaum hinsichtlich der Unterschiede in der Milchleistung. Gemessen in Effizienzeinheiten scheint deshalb die erkl~irende Variable Vieh als Kapitalstock in den Industriel~indern bei Verwendung eines gemeinsamen Umrechnungsschliissels untersch~tzt. Um gleiche produktive Ertr~ge yon

' H. Millendorfer und Ch. Gaspari, Immaterielle und materielle Faktoren der Ent- wicklung. Aus~itze zu eider allgemeinen Produktionsfunktioru ~Zeitschrift fiir National- 8konomie*, Wien u, New York~ Bd. 3 x (i97x), S. 85.

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den Viehbest~nden in den Entwicklungslitndem zu erhalten, sind viel h6here Inputs an Arbeit, Kapital und Technologie erforderlich als die international berechnete Produktionselastizititt der normierten GroBvieheinheit anzeigt.

Die Produktionsfunktion fiir einzelne LAndergruppen getrennt zu be- rechnen, scheiterte, da die Unterschiede in den Daten, insbesondere fiir Humankapi ta l (FuBnote 14, S. 9I), zu klein waren. Die Autoren sind sich deshalb auch nicht absolut schliissig, ob es eine internationale landwirt- schaftliche Produktionsfunktion gibt. Es geht ihnen bei ihrem Bemfihen in erster Linie datum, die Ursachen der ProduktivitXtsunterschiede zu ver- stehen und durch eine solche Messung die Bedeutung der einzelnen Input- kategorien transparenter zu machen.

Bei Zugrundelegung der geschAtzten ProduktionselastizitAten fiir kon- ventionelle und nichtkonventionelle Inputs ergibt sich, dab der Unterschied in der landwirtschaftlichen Arbeitsproduktivit~t zwischen I n d u s t r i e - u n d AgrarlAndern je nach LAndergruppierung zu 85 bis 9o vH erklArt wird. Ffir 1i LAnder werden die Unterschiede in der Arbeitsproduktivit~t zu den USA gleichfalls untersucht.

Kapitel 6 ist der landwirtschaftlichen Entwicklung in Japan und den Vereinigten Staaten yon 188o bis 196o gewidmet. Hier werden eindrucks- volle Argumente und statistische Beweise ffir die yon unterschiedlichen Faktorpreisen und relativen Faktorausstat tungen induzierte StoBrichtung der vornehmlichen Anwendung biologischer Technologien in Japan und der vornehmlichen Anwendung mechanischer Technologien in den Yereinigten Staaten gegeben.

Kapitel 7 bringt einen gedr~tngten l~lberblick zur Geschichte der Wissen- schaft und des Fortschrit ts in der Landwirtschaft. Historische Beispiele demonstrieren, dab biologische Technologien nicht ohne weiteres transferiert werden kSnnen, wenn der Transfer nicht dutch eine standortbezogene For- schung begleitet wird. WAhrend chemische und mechanische Technologien patentfAhig sind, bedfirfen biologische Technologien eines entsprechenden Patentersatzes in der Form yon Sortenschutz-, Saatgut- und K6rgesetzen; ohne sie besteht kein Erfinderschutz und die innovatorische Aktivit/~t zur Entwicklung der Landwirtschaft wird gehemmt.

Im Kapitel 8 erSrtern die Autoren, welchen Beitrag 5konomische, gewinn- orientierte Diffusionsmodelle und soziologische, den Zeit-punkt der Adoption betonende Kommunikationsmodelle zum Verstitndnis der Probleme beim internationalen Transfer yon Technologien leisten. Sie unterscheiden dabei drei Phasen. Die erste ist Materialtransfer, die zweite ist charakterisiert dutch den Transfer yon Bauzeichnungen, Formeln, Biichern und die dritte Phase durch den Transfer yon Kapazitiiten (Fabriken, Wissenschaftler, geistige Kapazit~t zur Anwendung wissenschaftlicher Methoden). Die Be- schreibung der zfichterischen Bearbeitung des lZohrzuckers und der Transfer des Schleppers nach lZuBland und nach Japan spiegelt sehr gut die einzelnen Phasen.

Im Kapitel 9 wird fiber die lZiickwirkungen steigender Reisimporte be- richter, die vom ursprfinglichen Transfer neuer Reissorten nach Taiwan und

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Korea auf den japanischen Reismarkt gelangten. Es werden Parallelen zu den Problemen gezogen, die sich aus der Verwendung hoch ertragreicher Getreide- und Reissorten in den Entwicklungsli~ndern ergeben. Im Kapi te l io werden Anbau-, Angebots-, Er t rags- und Nachfrageelastiziti t ten unter dem Gesichtspunkt analysiert , nachtr~glich die damalige Stagnation in der japani- schen Reisproduktion zu erklAren.

Ein Mangel landwirtschaft l icher Entwicklung wAhrend dieser Zeit wird darin gesehen, daB es nicht gelang, eine Transformation der japanischen Landwir tschaf t in Richtung erh6hter t ierischer Produktion zu vollziehen. Es is t bedauerlich, dab hier und in anderen Abschni t ten keine Hinweise oder keine Analyse des Beitrages gegeben werden konnten, den die japanische Fischerei zur Entwicklung oder den das Meer als sehr e l a s t i s c h e Ressource ffir die Gewinnung yon Nahrungsmit te ln und Diingemitteln fiir die japanische ErnAhrungswirtschaft am Beginn der wirtschaftl ichen Entwicklung geliefert hat. Mit einiger Wahrscheinl ichkei t diirfte der Kapitalkoeffizient zur Steige- rung der Fischereiertr~ge in Japan friiher viel geringer als bei der damals noch nicht erfolgten Steigerung der viehwirtschaftl ichen Produkt ion gewesen sein.

Das Kapi te l I I geht den Ungleichgewichten in der Welt landwir tschaf t nach. Als eine der Ursachen dieses Ungleichgewichtes sehen die Autoren die Agrarprotekt ion in den IndustrielAndern an, die eine Fehlal lokation von lZessourcen darstellt . Auch in den Entwicklungslgndern findet eine relative Fehlal lokat ion dadurch stat t , dab die Invest i t ionen zur Steigerung der Pro- duktivitAt in der Landwir tschaf t zugunsten einer Hebung der Einkommens- str6me fiir den polit isch einfluBreicheren, stitdtischen Mittelstand vernach- lAssigt werden. Sie fordern infolgedessen grundlegende institutionelle lZe- formen der Produktions-, Markt- und Kredi ts t ruktur . Wie schwierig die Aufgabe der Beratung bei einem beabsicht igten Ausgleich der ProduktivitXts- unterschiede zwischen den Weltregionen sein mag, beleuchten zwei Tabellen (S. 276f. ). Der Abstand in den Ertri tgen zwischen dem oberen Dezil und dem unteren Dezil ausgewithlter Faxmergruppen in Indien und den USA weist fast eine gleiche Differenz auf.

Die Autoren argumentieren, daB die wirtschaftl iche Entwicklung nicht ausschlieBlich unter dem Gesichtspunkt s t r ik ter Gerechtigkeit vorangetrieben werden kann, wenn nicht den erzielbaren Produktivi tAtsfortschri t ten eine gleiche Bedeutung zugemessen wird. Oft ftihrte die allzu s tarke Betonung der Gerechtigkeit dazu, dab die notwendigen insti tutionellen Reformen auf- geschoben wurden.

Im Kapi te l 12 werden Organisationskonzepte er6rtert , wie in den Ent - wicklungslAndern dutch ein komplexes Netzwerk yon Hochschulen, For- schungs- und Versuchsstationen landwirtschaft l iche Technologien effizient erzeugt, verbrei te t und eingesetzt werden k6nnen. Die Autoren schildern abschlieBend vergleichend die strukturelle Transformation der englischen, dAnischen und japanischen Landwirtschaft . Hayami und Rut-tan schlieBen optimist isch: Es is t m6glich, die landwirtschaft l iche Entwicklung in der Wel t schneller voranzutreiben, Unabdingbar dafiir ist, dab di_e Landward-

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schaft yon einer vornehmlich auf die nattirlichen lZessourcen gestiitzten Entwicklung mehr zu einer auf die Wissenschaft als Produktionsfaktor basierten Entwicklung fibergeleitet wird. Die Verschiirfung der 6konomischen lZestriktionen, die die vorhandene Faktorausstat tung durch das hohe Be- vSlkerungswachstum gegenwi~rtig in den Entwicklungsliindern erfAhrt, kann nur bei einer anfAnglich sehr kapitalaufwendigen Erh6hung des Produktions- faktors Wissen gemildert werden. Gerade hier muB die technische Hilfe der IndustrielAnder einsetzen.

Wenn die Autoren nur einen Zweck mit ihrem Buch verfolgt hAtten, die Bedeutung der Preisrelationen und des Produktionsfaktors Wissen im Ent- wicklungsprozeB herauszustellen, wie es Friedrich Areboe bereits vor mehr als ftinfzig Jahren feststellte, so hiitte das Buch seinen Zweck erfiillt. Mit bewundernswertem FleiB wurde ein reichhaltiges Zahlenmaterial zusammen- getragen und mit statistischer Meisterschaft und Leidenschaft genutzt. Die Gelehrsamkeit, mit der zahlreiche Modelle und Entwicklungen auf inter- nationaler Ebene gedeutet wurden, machen das Werk zur faszinierenden Lekttire ftir Agrarekonomen, Agrarhistoriker, Nationalekonomen und Admini- stratoren, die sich jenseits des Feuilletons ernsthaft mit den Problemen der Weltern~hrungswirtschaft beschiiftigen wollen. Ein mehr als elf Seiten um- fassender Index gibt dem Buch den Chaxakter eines brauchbaren Lehr- und Arbeitsbandes.

A d o l f W e b e r

3. Industrie

Frid~n, Lennart, Instability in the International Steel Market. A Study of Import and Export Fluctuations. Transl. by Roger Tanner . Stockholm I972. J. Beck- mails Bokferlag. 236 S.

VIII. Verkehr

x. Zusammenfassende und allgemeine DarsteUungen

Jftrgensen, Harald, Entwicklungstendenzen im Mineralelverkekr. Entscheidungshilfen ftir eine problemgereehte Verkehrspolitik. Unter Mitaxb. yon Die te r Aldrup , J t i rgen D r e n k h a h n , Klaus Pingel , Klaus Prahl . (Verkehrswissenschaft- liehe Studien, 2o.) G6ttingen i972. Vandenhoeek & Ruprecht. XII, I69 S.

IX. Geld und Kapital

x. Geld und Wihrung

Clendenning, E. Wayne, The E u r o - D o l l a r M a r k e t . Oxford x97o. Clarendon Press. XI, 235 S.

Die Probleme des Euro-Dollarmarktes besch~ftigen Wissenschaft und Politik nunmehr seit fiber einem Jahrzehnt. W~hrend man in den ersten Jahren nach der Entstehung des Euro-Dollarmarktes (Ende der fiinfziger