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Q u soqaTi~ - sy Schadlings~kunde PflanzenschutzUmweltschutz 49 .Jahrgang Heft11,November1976 Anz.Schadlingskde .,Pflanzenschutz,Umweltschutz49,161-164(1976) ©1976,VerlagPaulParey,BerlinandHamburg ISSN 0340-7330/ASTM-Coden :ASPUCR VogelalsPflanzenschadlingeimAltertum VonK .BONING MiteinerAbbildung Abstract Damagesbybirdsintheantique Damagesbybirdsespeciallyonyoungoronstanding cropsareknownsincetheearlyantique .Causeofthe damageswereessentiallythesamespeciesofbirdswhich arealsoimportantennemiesofthefarmertillto-day : daws,starlings,sparrows,throstles .Fromgreaterbirds whichcouldbedangerousmainlyforthewinter-cornare mentionedcranesandwild-geese .Topreventdamages mostlythesamesimplemethodswereappliedwhich playanimportantpartnotonlytillearlymoderntimes butalsotillto-day .Representationsofdamagesbybirds inarealsensearenotpresent ;atthemostdecorative paintingsandsculpturespermitsomeconclusionsabout observationsinthisdirection. „EswarzurZeitdesFruhuntergangsderPleja- den',derZeitderWeizenaussaatimHerbst .Ein BauerhatteseineSaataufdasBrachfeldausgesatand bewachtees .DakameinzahlloserSchwarmvon schwarzen,schreiendenDohlenandStaren,urndie SaatindenaufgelaufenenFeldernzuzerstoren .Ein KnabefolgteihmmitSteinschleudern ."Anschliellend wirddanninderBabrianischenFabel(Nr . 33) aus dem1 .Jh.n .Chr.dieUberlistungderVogelgeschil- dert,diederBauerdurchVorspiegelungfalscherWei- sungenanseinenBegleitererreichte,sodal3dieVogel denaufsiegeschleudertenSteinennichtentgingen . DieFabelschildertknappandanschaulichdenur- altenKampfdesLandwirtsumdenSchutzseiner SaatenvorVogelfrall .DervielleichtaltesteHinweis aufdieNotwendigkeitderVerhutungvonVogel- schadenandenGetreidesaatenfindetsideinassyri- schenKeilschrifttextenausderZeit HAMMURAPIS (1728-1686 v .Chr .) .Dortzahltnach MEISSNER (6), I,195, dasVerjagenderVogelmitzudenStandard- pflegemal3nahmennachderAussaat.SobalddieAhren schieben,istwiedermitWild-andVogelschadenzu rechnen,denenmandurchFallenandFullangelnzu begegnensuchte.BeikleinerenBetriebenubernahm derPachterdieVerpflichtung,dieGazellenwegzu- fangenanddie„Raben"zuverscheuchen,wahrendin grollenWirtschaftenhiszu10besondereWachter wiederum,wieesheillt,gegendie„Raben"angestellt wurden .UnterdenRabenmogenauchandereRaben- vogelverstandenwordensein. DiezeitlichgesehennachsteErwahnungvonVogel- schadenenthaltderPapyrusAnastasiausderZeitder 19 . DynastieAgyptens (1350-1205 v .Chr.) .Eshan- deltsichdabeinach ERMAN(3) umSchriftenfur Schiiler,denendieNachteileinsbesonderedesBerufes desLandwirtsimVergleichzudenVorteilendes Schreiberberufsdrastischgeschildertwerden .Dabei wirdaufgezahlt,wasdemLandmannallesvorand nachderErntedroht .AufdenFeldernsindesder ,,Wurm",wasimmerdarunterverstandenworden scinmag,dembereitsdieHalftedesKornszum Opferfallt,danndasNilpferd,Mause,Heuschrecken, Weidevieh,DiebeandschlielllichauchnochdieSper- linge,mitdenennach BRAUN(2) vielleichtauch Weberfinkengemeintseinkonnen . InseinerVersdichtung„WerkeandTage"(Vers 467-472) bemerkt HESIOD urn 700 v .Chr .,dal3bei derAussaatdesGetreidesdemSamanneinJiingling folgensoil,urnmitderHackedieVogelzuvertreiben anddenSamenmitErdezubedecken .InderKomo- die„DieVogel"(Vers 578) spricht ARISTOPHANES (um 445-385 v .Chr.)imZusammenhangdamit, dal3dieVogelfurnichtgeniigendeWertschatzung lurchdenMenschensickrachenkonnten,davon,dalI eineWolkevonSperlingenandStarendieSaatenver- nichtenwarden,einSchreckbild,dasseinenZuhbrern inGriechenlandanscheinendgeldufigwar .Mitdem Kampf der BauernmitdenStarensoilsichauchein verlorengegangenesEpos„DieStarenschlacht"be- fafSthaben,das spater sogardem HOMER zugeschrie- benwurde.StareandSperlingewerdenfernervon GAIUSPLINIUSSECUNDUS(24-79 n .Chr .)inseiner Naturgeschichte(XVIII, 45) alsSchadlingevonGe- treide,speziellvonHirseandMannagras(Glyceria) erwahnt,wobeioffenbleibenmull,obhierSchaden anderSaatodervielmehrandenreifendenFeld- iDiePlejadenoderdasSiebengest ihrenFruhuntergangEndeOktoberdie andzurneuenAussaatan . zeigtendurch PflUgen

Vögel als Pflanzenschädlinge im Altertum

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Page 1: Vögel als Pflanzenschädlinge im Altertum

QusoqaT i~-sy Schadlings~kundePflanzenschutz Umweltschutz49. Jahrgang • Heft 11, November 1976

Anz. Schadlingskde ., Pflanzenschutz, Umweltschutz 49, 161-164 (1976)© 1976, Verlag Paul Parey, Berlin and HamburgISSN 0340-7330/ASTM-Coden : ASPUCR

Vogel als Pflanzenschadlinge im Altertum

Von K. BONING

Mit einer Abbildung

AbstractDamages by birds in the antiqueDamages by birds especially on young or on standing

crops are known since the early antique . Cause of thedamages were essentially the same species of birds whichare also important ennemies of the farmer till to-day :daws, starlings, sparrows, throstles . From greater birdswhich could be dangerous mainly for the winter-corn arementioned cranes and wild-geese. To prevent damagesmostly the same simple methods were applied whichplay an important part not only till early modern timesbut also till to-day. Representations of damages by birdsin a real sense are not present ; at the most decorativepaintings and sculptures permit some conclusions aboutobservations in this direction.

„Es war zur Zeit des Fruhuntergangs der Pleja-den', der Zeit der Weizenaussaat im Herbst. EinBauer hatte seine Saat auf das Brachfeld ausgesat andbewachte es. Da kam ein zahlloser Schwarm vonschwarzen, schreienden Dohlen and Staren, urn dieSaat in den aufgelaufenen Feldern zu zerstoren . EinKnabe folgte ihm mit Steinschleudern." Anschliellendwird dann in der Babrianischen Fabel (Nr . 33) ausdem 1 . Jh. n. Chr. die Uberlistung der Vogel geschil-dert, die der Bauer durch Vorspiegelung falscher Wei-sungen an seinen Begleiter erreichte, so dal3 die Vogelden auf sie geschleuderten Steinen nicht entgingen .

Die Fabel schildert knapp and anschaulich den ur-alten Kampf des Landwirts um den Schutz seinerSaaten vor Vogelfrall . Der vielleicht alteste Hinweisauf die Notwendigkeit der Verhutung von Vogel-schaden an den Getreidesaaten findet side in assyri-schen Keilschrifttexten aus der Zeit HAMMURAPIS(1728-1686 v. Chr .) . Dort zahlt nach MEISSNER (6),I, 195, das Verjagen der Vogel mit zu den Standard-pflegemal3nahmen nach der Aussaat. Sobald die Ahrenschieben, ist wieder mit Wild- and Vogelschaden zurechnen, denen man durch Fallen and Fullangeln zubegegnen suchte. Bei kleineren Betrieben ubernahmder Pachter die Verpflichtung, die Gazellen wegzu-fangen and die „Raben" zu verscheuchen, wahrend ingrollen Wirtschaften his zu 10 besondere Wachterwiederum, wie es heillt, gegen die „Raben" angestellt

wurden. Unter den Raben mogen auch andere Raben-vogel verstanden worden sein.

Die zeitlich gesehen nachste Erwahnung von Vogel-schaden enthalt der Papyrus Anastasi aus der Zeit der19 . Dynastie Agyptens (1350-1205 v. Chr.) . Es han-delt sich dabei nach ERMAN (3) um Schriften furSchiiler, denen die Nachteile insbesondere des Berufesdes Landwirts im Vergleich zu den Vorteilen desSchreiberberufs drastisch geschildert werden . Dabeiwird aufgezahlt, was dem Landmann alles vor andnach der Ernte droht. Auf den Feldern sind es der,,Wurm", was immer darunter verstanden wordenscin mag, dem bereits die Halfte des Korns zumOpfer fallt, dann das Nilpferd, Mause, Heuschrecken,Weidevieh, Diebe and schlielllich auch noch die Sper-linge, mit denen nach BRAUN (2) vielleicht auchWeberfinken gemeint sein konnen .

In seiner Versdichtung „Werke and Tage" (Vers467-472) bemerkt HESIOD urn 700 v. Chr., dal3 beider Aussaat des Getreides dem Samann ein Jiinglingfolgen soil, urn mit der Hacke die Vogel zu vertreibenand den Samen mit Erde zu bedecken . In der Komo-die „Die Vogel" (Vers 578) spricht ARISTOPHANES(um 445-385 v. Chr.) im Zusammenhang damit,dal3 die Vogel fur nicht geniigende Wertschatzunglurch den Menschen sick rachen konnten, davon, dalIeine Wolke von Sperlingen and Staren die Saaten ver-nichten warden, ein Schreckbild, das seinen Zuhbrernin Griechenland anscheinend geldufig war . Mit demKampf der Bauern mit den Staren soil sich auch einverloren gegangenes Epos „Die Starenschlacht" be-fafSt haben, das spater sogar dem HOMER zugeschrie-ben wurde. Stare and Sperlinge werden ferner vonGAIUS PLINIUS SECUNDUS (24-79 n. Chr.) in seinerNaturgeschichte (XVIII, 45) als Schadlinge von Ge-treide, speziell von Hirse and Mannagras (Glyceria)erwahnt, wobei offen bleiben mull, ob hier Schadenan der Saat oder vielmehr an den reifenden Feld-

i Die Plejaden oder das Siebengestihren Fruhuntergang Ende Oktober dieand zur neuen Aussaat an .

zeigten durchPflUgen

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bestanden gemeint sind . Schaden durch Sperlingesollen auch DIODOR von Sizilien (1 . Jh. v. Chr.) zu-folge einmal so grog gewesen sein, dag sie ein ganzesVolk, namlich die Meder, zur Auswanderung genotigthaben. Wenn these Nachricht auch wie ahnliche Be-richte uber Volksauswanderungen als Folge von Feld-mauskalamitaten vielleicht nicht wortlich zu nehmenist, so unterstreicht sie dock, welch einschneidendeFolgen eines Massenvorkommens von Sperlingsscha-den im Altertum fur moglich gehalten wurden .Neben Sperlingen and Staten werden wie in der

oben erwahnten Babrianischen Fabel auch Dohlen alsSchadlinge der Getreidesaaten genannt . Das spiegeltrich auch in der Sammlung von Rechtsvorschriften ausspatromischer Zeit, den Digesten, wieder, in denenwie bei Schaden durch Oberschwemmung oder durchFeindeinwirkung vorgeschrieben wird, dag der Be-sitzer eines Landguts dem PHchter Nachlag gewahrensoil, wenn Dohlen oder Stare in ein Saatfeld einfallenand dort Schaden anrichten (Dig . XIX, 2 . 15 .) . Wiesehr man Dohlen in manchen Gegenden fiirchtete,geht auch daraus hervor, dag nach einer Erzahlungvon THEOPOMPOS (geb . urn 377 v. Chr.,) zitiert vonCLAUDIUS AELIANUS (2 . / 3 . Jh. n. Chr.) in semenTiergeschichten XVII, 16, die an der Adria ansassigenVeneter zur Zeit der Aussaat den Vogeln Brot- andKuchenkrumeln ausstreuten, urn sie von den Getreide-feldern fernzuhalten, was allerdings nach den antikenAutoren nicht immer gelang, in welchem Falle mitHungersnoten gerechnet werden mugte . Merkwurdi-gerweise werden Krahen von antiken Autoren alsSchadlinge der Getreidesaaten nicht genannt, obwohlder Unterschied zwischen Dohlen and Krahen imAltertum durchaus bekannt war. Lediglich bei PLINIUsfindet sich die Angabe, dag die Nahrung der Krahenaus Getreidekornern and Feigen besteht (Naturgesch .XI, 201) .

Von grogeren Vogelarten werden hauptsachlichKraniche and Wildganse als Urheber von Schaden anGetreidesaaten erwahnt, z . B. in der Georgica (I,118-121) des VERGIL (70-19 v. Chr .). Bei THEO-PHYLACTOS SIMOKATTES (geb . nach 338 n. Chr.),einem byzantinischen Schriftsteller, wollen in einemseiner Epistel (Nr. 3) Bauern sogar auswandern, weiles besser sei, Felsen zu bebauen als Felder and Hugel,wo man Kraniche zu Nachbarn habe . Ein Bild vomKampf des Landwirts mit den Kranichen bietetwiederum eine Babrianische Fabel (Nr . 13), die voneinem Bauern berichtet, der auf seinem Feide Vogel-schlingen auslegte, urn Kraniche zu fangen, die seineAussaaten vernichten wollten . Bei dieser Gelegenheitfing or auch einen Storch, den or nicht wieder frei-lieg, obwohl dieser auch nach antiker Ansicht als Ver-tilger der mancherorts lHstigen Frosche and Eidechsengeschutzt zu werden verdiente, weil er wohl aufgrundseiner Wut auf die Schadensstifter nach dem Grund-satz: Mitgefangen-Mitgehangen, daher auch der Titeldieser Fabel, verfuhr . In einer weiteren Fabel desBABRIUS (Nr . 26) wird ein Landwirt erwahnt, derzunachst mit Drohgebarden versuchte, Kraniche vonseinem frisch gesaten Weizen abzuhalten . Als sich dasaber nach wiederholter Anwendung als nutzloserwies, ging er dazu uber, sie gezielt mit Steinen zu

K . BONING : Vogel als Pflanzenschadlinge im Altertum

bewerfen, wobei er viele von ihnen verwundete, so-dali sie das Feld verliegen, urn sich in das Land derPygmaen zu begeben, wo ihnen aber auch nach sagen-haften Vorstellungen antiker Dichter and Kiinstlerweitere Auseinandersetzungen bevorstanden .Den Kranichen wurde jedoch wie vielen anderen

Vogelarten nicht nur wegen der gelegentlich empfind-lichen Schaden nachgestellt sondern nicht wenigerwegen ihrer Egbarkeit, obwohl man uber dieSchmackhaftigkeit der in Freiheit lebenden Kranichegeteilter Meinung war . Der Fang diente oftmals derWeiterzucht des Vogels in der Gefangenschaft zurMastung oder auch der Haltung als Hausgenosse,wozu or sich wegen seiner Zutraulichkeit in beson-derer Weise eignete. Die Schaden auf den Getreide-feldern erfolgten hautpsachlich im Herbst beim Ruck-flug der Vogel von ihren Sommeraufenthalten in dieWinterquartiere in Nubien and Abessinien, wahrendder Friihjahrsflug in die nordlichen Verbreitungs-gebiete Ende Februar oder Anfang Marz anscheinendohne erwahnenswerte Schaden verlief and dem Land-wirt allenfalls das Herannahen der warmeren Jahres-zeit ankundigte (WlssowA, G. et al ., 7) .

Dag auch durch Grau- and Saatganse im Winterbetrachtliche Schaden auf den mit Getreide bestelltenFeldern verursacht werden konnten, ergibt sich augerbei VERGIL wiederum aus einer Asopischen Fabel, inder der Kriegszustand zwischen den Bauern and denGansen beschrieben wird. Den Schaden an Getreide-saaten and an reifenden Getreidefeldern gegenuberwerden Vogelschaden an sonstigen Kulturen nur sel-ten erwahnt. So suchten Kraniche neben Getreide-saaten mit Vorliebe auch Ackerbohnensaaten heim .Die Bohnen schmeckten ihnen so gut, dag sie nachdem romischen Dichter QUINTUS ENNIUS (239-169v. Chr.) als Lockspeise zum Fang verwendet werdenkonnten .Uber gelegentlich vorkommende Schaden an Oli-

venbaumen durch Schwarzspechte wird von ARiSTO-TELES (Tiergesch . IX, 67-69) berichtet. Beim Auf-spiiren von Larven sollen sie die BHume mitunter sostark aushohlen, dag sie umsturzen . Die Olivenfri chtekonnen nach PALLADIUS (ca . 364-431 n. Chr .) imSpatjahr durch Drosseln gefressen werden, sobald siesich dunkel verfarben (Historia Lausiaca IX, 373) .Als Arten kommen dabei sowohl Wachholderdrosselnals auch Sing- and Rotdrosseln in Betracht, dieselbenArten, die sich auch in Weinbergen einfinden, auf diewohl eine Bemerkung bei VERGIL (Georgica II, 60)uber Vogelfrag an uberstandigen Weinbeeren zuriick-geht. Auffallig ist, dag der Star nicht als Schadlingan Olivenfriichten and auch nicht an Weintraubenerwahnt wird, obwohl im letzteren Falle bildlidieDarstellungen von solchen Frallschaden durch Stareoder Drosseln nicht selten vorkommen .Die Bekampfung von Schadvogeln erfolgte, wie

bereits z. T. erwahnt, durch Verscheuchen unter Dro-hungen and mit Hilfe von mechanischen and akusti-schen Hilfsmitteln (Klappern and Trommeln), fernerdurch Steinwurf sowie durch Stellen von Vogelfallenand Auslegen von Schlingen in Verbindung mit An-kodern mit Lockspeisen . Fur Drosseln wird auch derFang mit Netzen and mit Leimruten angegeben, aller-

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dings handelt es sich dabei vorwiegend urn Fange zurErbeutung der Vogel fur Speisezwecke, eine Verwen-dung, die sich im Altertum gro&er Beliebtheit erfreute .Das Stellen von Vogelfallen als Abwehrmallnahmezahite nach VERGIL (Georgica I, 269-272) zu denMat nahmen, die auch an Feiertagen erlaubt waren .Neben diesen rationalen Methoden werden in der an-tiken Literatur aber auch magische Praktiken erwahntwie das Vergraben einer Krote in einern verschlosse-nen Gefaf3 in der Mitte oder das Vergraben einernicht naher genannten Pflanze an den 4 Ecken eineszu schiitzenden Feldes, wie man bei PLINIUS (Natur-gesch . XVIII, 45) erfahren kann . Zur Abwehr vonSchaden durch Dohlen wird in Geoponica (XIV, 25)empfohlen, eine Dohle zu fangen, aufzuhangen anddamit ihre Genossen von einem gefahrdeten Grund-stuck abzuschrecken . Die erwahnten Schadvogel sindnicht durch allgemeine Tabus vor Nachstellungen ge-schutzt gewesen . Als Ausnahme sind die Angaben beiPLINIUS (Naturgesch. XI, 106) and bei AELIAN (Tier-gesch . III, 12) anzusehen, dalI Thessalier, Illyrer andLemnier Dohlen schonten, weil sie angeblich Heu-schrecken vertilgen. Vermutlich handelte es sich aberdabei um Rosenstare, von denen von anderer Seiteberichtet wird, daf3 sie als niitzlich gelten, weil sieHeuschrecken vernichten . Ein Wort ware in diesernZusammenhang noch zu sagen uber den Sperling, vondem allerdings nur diejenigen geschutzt waren, die imBereich eines Tempels nisteten . Im iibrigen gait derSperling nach KELLER (5) als Vogel der Aphrodite,wozu ihn seine grofle Vermehrungsfahigkeit be-stimmte, ohne dalI dadurch jedoch seine Verfolgungeingeschrankt wurde .

Relief mit Vogeln an Weinranken in Krater aus spat-romischer Zeit. Gefunden in Teurnia bei Spittal in Karn-ten .

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Bildliche Darstellungen von Vogelschaden inmodernem Sinne sind natiirlich nicht zu erwarten .Doch zeigen manche symbolisch gemeinte Darstellun-gen mitunter sehr realistische Zuge, die auf Beobach-tungen zuruckgehen, die auch fur schadliche Vor-kommnisse in friiherer Zeit Zeugnis ablegen. Das giltinsbesondere fur sich an Weintrauben gutlich tuendeVogel, seien es nun deutlich erkennbare Drosselarten,wie auf einem friiher publizierten antiken Relief ausAugsburg (1) zu erkennen ist oder auf einem hierabgebildeten Relief aus der kelto-romischen SiedlungTeurnia (rom. Tiburnia) bei Spittal in Karnten2, aufdem mehrere Vogel sich befinden, die nach Meinungdes Vogelkenners Stare oder Drosseln sein konnen,da sie zu sehr stilisiert sind, urn eine genauere Deu-tung zuzulassen. Die beiden Vogel in der linkenunteren Ecke konnten vielleicht Wachteln oder Reb-hiihner sein ; dafur sprechen die sehr starken, aller-dings viel zu langen Beine . Der Vogel in der rechtenunteren Ecke kann nach der Halsstellung nur einSchwan sein. Er hat natiirlich nichts mit dem Vogel-frail an den Weinbeeren zu tun, spricht aber fur denSymbolgehalt der gesamten Skulptur 3 .Weitere Darstellungen von Vogeln zusammen mit

Pflanzen oder Fruchten ohne besonderen Symbol-gehalt finden sich auf romischen Wandgemalden vonden vom Vesuvausbruch des Jahres 79 n. Chr. ver-schiitteten Stadten Campagniens . Sic tragen in ersterLinie dekorativen Charakter ; es mogen aber auchhintergrundig reale Beobachtungen der Kunstler vonVogelfrall dabei mitgespielt haben . Das wird nahe-gelegt durch Bilder, auf denen z . B. Wachteln in Zu-sammenhang mit Ahren oder Erdbeeren zwischen Am-seln and Feigen oder Kirschen zwischen nicht naheridentifizierbaren Vogeln wiedergegeben sind . Beispieledieser Art sind in dem groflformatischen Werk vonZAHN (8) mit knnstlerisch wertvollen farbigen Wie-dergaben and in dern umfangreichen Katalog vonHELBIG (4) mit eingehenden Beschreibungen zu finden .

Zusammenfassung

Vogelschaden, insbesondere an Getreidesaaten and anstehendem Getreide, sind seit dem frOhen Altertum be-kannt. Als Urheber der Schaden kommen im wesentlichendieselben Vogelarten in Betracht, die auch heute noch die-selben Schaden verursachen : Dohlen, Stare, Sperlinge,Drosseln . Von gro1eren Vogelarten, die vor allem denWintersaaten gefahrlich werden konnten, werden Kranicheand Wildganse erwahnt . Zur Verhutung der Vogelschadenwurden meist dieselben einfachen Methoden angewandt,die noch bis in die Neuzeit, ja zum Teil noch bis heute eineRolle gespielt haben and spielen . Bildliche Darstellungenvon VOgelschaden im eigentlichen Sinne gibt es im Altertumnicht ; allenfalls lassen dekorative Malereien and Bild-hauerarbeiten gewisse Schluflfolgerungen auf einschlagigeBeobachtungen zu .

Literaturverzeichnis

(1) BONING, K., 1964 : Ein antikes Relief mit einer Dar-stellung von Vogelfrall an Weintrauben. Gesunde Pfl .21, 217-218 .

2 Die Aufnahme stammt von Herrn Dr. Martin Hanf,6703 Limburgerhof, der sie mir dankenswerterweise zurVerfugung gestellt hat .

3 Diese Angaben verdanke ich Herrn Dr . Einhard Bez-zel, Leiter der Vogelschutzwarte, 81 Garmisch-Parten-kirchen .

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HORST ASPOCK : Arthropoden als Cbertrager von Infektionen des Menschen in Mitteleuropa

(2) BRAUN, K., 1933 : fjberblick uber die Geschichte derPflanzenkrankheiten u. Pflanzenschadlinge (bis 1880) .In Sorauer, P . : Handb. d . Pflkrankh. 6 . Aufl . Berlin 1, 1,1-79 .

(3) ERMAN, A., 1923 : Die Literatur der alten Agypter .Leipzig .

(4) HELBIG, W., 1868 : Wandgemalde der vom Vesuv ver-schntteten Stadte Campagniens . Leipzig.

(5) KELLER, 0., 1909: Die antike Tierwelt. II . Leipzig .Nachdruck Hildesheim . 1963 .

(6) MEISSNER, B., 1920 : Babylonien and Assyrien. I . Hei-delberg .

Anz. Schadlingskde ., Pflanzenschutz, Umweltschutz 49, 164-166 (1976)© 1976, Verlag Paul Parey, Berlin and HamburgISSN 0340-7330/ASTM-Coden : ASPUCR

Aus dem Hygiene-Institut der Universitit Wien (Vorstand : Prof. Dr. H. Flamm)

Arthropoden als Ubertrager von Infektionen des Menschenin Mitteleuropa

Von HORST ASPOCKI

AbstractArthropods as vectors of infections of manin Central Europe

A review is given on the current results and problemsconcerning arthropod-borne infections of man in CentralEurope. At present practically only one group of micro-organismus plays a medically significant role : arboviruses .

So far 12 viruses have been isolated in Central Europewhich are transmitted by ticks on one hand and by mos-quitoes on the other hand . Main vectors, main vertebratehosts, evidence of occurrence in Central Europe by isola-tion and pathogenicity for man of each of these twelvearthropod-borne viruses are summarized in two tables .

Malaria and Fleckfieber Bind heute in Mitteleuropaausgerottet, and so begegnet man nicht selten derMeinung, dali Arthropoden in unseren Breiten keineKrankheiten ubertragen. Diese Ansicht, die ubrigenshaufig genug auch von Entomologen, soweit sie sicknicht speziell mit medizinisch-entomologischen Fragenbeschaftigen, vertreten wird, ist indes falsch .

Gewil3, Malaria and Fleckfieber Bind verschwunden,abet an ihrer Stelle werden wir mit pathogenen Agen-tien konfrontiert, fiber deren Vorkommen in Mittel-europa - vorwiegend durch methodische Schwierig-keiten bedingt - noch vor kurzer Zeit kaum etwasbekannt war ; es handelt sich dabei fast ausschlieilichum Arboviren.

Unter dem Begriff Arboviren falit man morpho-logisch, biochemisch and biophysikalisch sehr verschie-dene Viren zusammen (entsprechend der neuen Klassi-fikation der Viren gehoren sie in erster Linie denTogaviren an, aullerdem den Picorna-Viren, Rhab-doviren, Reoviren and Iridoviren), die indes okolo-gisch and epidemiologisch gut charakterisiert and da-mit funktionell klar abgegrenzt werden konnen . JedesArbovirus ist sowohl in bestimmten Arthropoden alsauch in bestimmten Vertebraten vermehrbar . AlsArthropoden-Wirte fungieren beim weitaus uberwie-gendem Teil aller Arboviren entweder Zecken (Ixodi-dae and Argasidae) oder Stechmiicken (Culicidae),

(7) WissowA, G. u. Mitherausgeber 1894 ff . : Paulys RealEncyclopadie der Altertumswissenschaft . Stuttgart . Stich-worter: Drossel, Gans, Krahe, Kranich, Sperling, Star .

(8) ZAHN, W ., 1828-1852 : Die schonsten Ornamente ausPompeji, Herculaneum u . Stabiae . Berlin .

Die antiken Autoren sind im Text mit Angabe ihrer Werkezitiert .

Anschrift des Verfassers : Prof . Dr. Karl Boning, Ossin-gerstralle 45, 8000 Miinchen 70 .

vereinzelt audi SandrnUcken (Phlebotominae), Gnit-zen (Ceratopogonidae) and unter den parasitischenMilben vermutlich einige Spezies der Familie Laelap-tidae. Die Wirbeltierwirte von Arboviren werden inerster Linie durch Saugetiere and Vogel, in sehr selte-nen Fallen durch Reptilien representiert ; der Menschist fur viele dieser Viren empfanglich, manche konnenzu schweren and auch todlich verlaufenden Infek-tionen fiihren. Jedes Arbovirus kreist in der Naturkontinuierlich zwischen Arthropoden and Vertebra-ten. Der Arthropodenwirt (Vektor), in dessen Spei-cheldrusen das Virus vermehrt wind, bbertragt eswahrend der Blutmahlzeit auf den Wirbeltierwirt .Bei diesem kommt es nach einer Vermehrung desVirus in primar affinen Organen innerhalb wenigerTage zu einer Viramie, wahrend der das Virus imBlut kreist and durch den Saugakt von einem Arthro-poden aufgenommen werden kann . Die Viramie wirddurch die Bildung von Antikorpern meist innerhalbweniger Tage beendet, vielfach kann sich jedoch imAnsdilul3 daran eine klinisch ausgepragte Erkrankungentwickeln . Fur den Arthropoden bleibt die Infektionhingegen im wesentlichen ohne Bedeutung, vielfachist audi eine transovarielle oder transstadiale Infekt-kette nachgewiesen worden .

Das erste Arbovirus, das Gelbfieber-Virus wurdezwar bereits um die Jahrhundertwende entdeckt, dochfand man im Verlauf der folgenden Jahrzehnte nureinige wenige weitere durch Arthropoden ubertragenViren, wahrend der weitaus groite Teil erst im Ver-lauf der letzten 20 Jahre entdeckt worden ist. Heutekennen wir auf der Erde rund 400 verschiedene Arbo-viren. In Mitteleuropa wurde das erste Arbovirus imJahre 1949 isoliert, es war das durch Zecken, vorwie-gend Ixodes ricinus, iibertragene Virus der Friih-sommermeningoenzephalitis oder der ,Zeckenenze-phalitis", wie die Erkrankung unkorrekt haufig auch

1 Vortrag, Entomologentagung Giellen, 8. - 12 . 3 . 1976 .