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Jan Böcken, Bernard Braun, Uwe Repschläger (Hrsg.) Gesundheitsmonitor 2012 Bürgerorientierung im Gesundheitswesen Kooperationsprojekt der Bertelsmann Stiftung und der BARMER/GEK

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Jan Böcken, Bernard Braun, Uwe Repschläger (Hrsg.)

Gesundheitsmonitor 2012

Bürgerorientierung im GesundheitswesenKooperationsprojekt der Bertelsmann Stiftung und der BARMER/GEK

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Einleitung

Psychische Probleme der arbeitenden Bevölkerung haben umfangrei-che Implikationen für die Betriebe, das Gesundheitssystem und die Volkswirtschaft (OECD 2012). Die Wiederherstellung der Arbeits-fähigkeit hängt stark von den behandelnden Ärzten und dem jeweili-gen Gesundheitssystem ab, sodass es große Länderunterschiede gibt (ebd.). Im Jahr 2009 entfielen laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS 2011) je nach Krankenkasse zwischen rund neun und elf Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstage auf psychische Ur-sachen.

Unter den psychischen Problemen am Arbeitsplatz sind insbe-sondere Burnout und Mobbing in den Fokus von Öffentlichkeit, Wis-senschaft und Wirtschaft geraten. Eine Teilmenge der von Burnout oder Mobbing betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer lässt sich krankschreiben und ist unproduktiv (Eurofound 2012). Die Komplementärmenge – vielleicht noch nicht ganz am Ende ihrer Kräfte – geht krank, erschöpft und/oder unmotiviert zur Arbeit und ist nicht so produktiv, wie sie es sein könnte (Präsentismus). Bisher wurden vor allem die Zusammenhänge von Burnout und Mobbing mit Fehlzeiten untersucht, die Beziehung zum Präsentismusverhal-ten blieb im Hintergrund. Diese Lücke soll der vorliegende Beitrag schließen.

Präsentismus wird hier als eine Vorstufe zum endgültigen Burn-out gesehen. Dem Burnout folgt dann langfristig die Arbeitsunfähig-keit. Mobbing und andere schlechte Arbeitsbedingungen dürften dies beschleunigen. Ziel der Untersuchung ist es daher, die Zusam-menhänge von Burnout, Mobbing und Präsentismus sowie Präven-

Burnout, Mobbing und Präsentismus – Zusammenhänge und Präventionsmaßnahmen

Melanie Schnee, Joachim Vogt

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tionsmaßnahmen dafür zu analysieren. Dabei erfolgt die Analyse entlang dieser Fragen: • Welche Relevanz haben die Phänomene Mobbing, Burnout und

Präsentismus in der Arbeitswelt? • Welche Arbeitnehmer sind besonders von Mobbing, Burnout und

Präsentismus betroffen? • Welche Arbeitsbedingungen gehen mit Mobbing, Burnout und

Präsentismus einher und sind damit die entscheidenden Gestal-tungspunkte, um psychische Belastungen bei der Arbeit und da-mit Präsentismus zu verringern?

Kausalitäten können in einer Querschnittsbefragung nicht geklärt wer-den. Dennoch dürfte es interessant sein, das Ausmaß und die Zusam-menhänge von Burnout, Mobbing und Präsentismus zu betrachten und erfolgversprechende Präventionsmaßnahmen abzuleiten. Zunächst aber wird der Erkenntnisstand zu Burnout und Mobbing kurz zusam-mengefasst. Präsentismusphänomene waren bereits Thema eines frü-heren Gesundheitsmonitors (Vogt, Badura und Hollmann 2009).

Burnout

Maslach und Jackson (1986) definieren das Burnout-Syndrom anhand der folgenden Phänomene: • Emotionale Erschöpfung, das bedeutet Frustration und das Ge-

fühl, ausgelaugt und erledigt zu sein; Zeitdruck, Überlastung und Überforderung durch die Aufgabe sind die Ursachen.

• Depersonalisierung, das bedeutet, Klienten oder Kunden werden als unpersönliche Objekte behandelt, der/die Ausgebrannte hat eine negative, zynische Einstellung und Interaktionsprobleme; die Ganzheitlichkeit der Aufgabe verhindert oft Distanzregulation (etwa in der Krankenpflege).

• Reduzierte Leistungsfähigkeit, das bedeutet mangelnde Tatkraft, Gefühle der Inkompetenz und Versagensängste.

Umgangssprachlich wird der Begriff »Burnout« eher vage benutzt für Zustände körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung (Mas-lach 1976; Hogh 2011). Rösing (2008) beschreibt das Ausgebranntsein als allgemeine Gereiztheit mit Neigung zu Ärger, geringem Selbst-

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wertgefühl und Selbstvertrauen, negativem Gefühlsleben bis hin zu Depressivität, übertriebener Risikowahrnehmung, Konkurrenzangst, genereller Ängstlichkeit und Unzufriedenheit. Nübling, Stößel und Michaelis (2010) identifizieren fünf wichtige Prädiktoren für Burnout: Mobbing, emotionale Anforderungen der Tätigkeit, Unsicherheit des Arbeitsplatzes und Konflikte zwischen Arbeit und Privatleben; erlebte Sinnhaftigkeit von Arbeit kann vor Burnout schützen.

Burnout wurde bisher vor allem hinsichtlich seiner krankmachen-den Wirkung und der daraus entstehenden Fehlzeiten untersucht. So berichtet die AOK (2012), dass die Fehltage wegen Burnout im Vergleich zu 2004 um fast das Neunfache auf insgesamt 1,8 Millionen angestie-gen sind. Im Jahr 2010 waren knapp 100.000 der gesetzlich krankenver-sicherten Beschäftigten wegen der Diagnose Burnout krankgeschrie-ben. Burnout steigert aber nicht nur den Absentismus, sondern reduziert auch die Leistungsfähigkeit, wenn ausgebrannte oder von Burnout bedrohte Mitarbeiter zur Arbeit gehen (Präsentismus). Zusam-menhänge am Arbeitsplatz sehen Baba et al. (zitiert nach Rau et al. 2010: 28) vor allem mit Rollenüberlastung und Rollenkonflikten, die zunächst mit Stress- und dann mit Burnout-Erleben einhergehen.

Burnout-Erleben wiederum und Arbeitsbedingungen mit zuneh-mendem Zeitdruck, ständiger Erreichbarkeit, Angst vor Jobverlust und wenig Anerkennung sind Prädiktoren von Depression (Rau et al. 2010; BPtK 2010). Ahola et al. (2009: zitiert in OECD 2012) fanden, dass über 50 Prozent der Personen mit schwerem Burnout auch men-tale Diagnosen entwickeln, typischerweise Depressionen. Bei Men-schen, die unter mildem Burnout leiden, trifft dies nur in zehn bis 25 Prozent der Fälle zu.

Mobbing

Mobbing ist systematische, andauernde psychische Schikane von Einzelnen durch Vorgesetzte, Kollegen, Mitarbeiter oder Kunden. Spezifische Definitionen von Mobbing quantifizieren dies auf min-destens einmal pro Woche über einen Zeitraum von mindestens ei-nem halben Jahr (Zapf 1999). Der Prozentsatz von Beschäftigten, die sich zu einem Zeitpunkt gemobbt fühlen, liegt bei fünf Prozent: In der europäischen Erhebung über die Arbeitsbedingungen 2010 ant-worteten rund fünf Prozent der Befragten mit Ja auf die Frage »Wur-

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den Sie im vergangenen Jahr am Arbeitsplatz gemobbt oder schika-niert?« (Eurofound 2012).

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) ließ im Jahr 2000 Mobbingquoten ermitteln. Sie lagen zwischen rund drei Prozent für aktuell während der Befragung Betroffene und rund zwölf Prozent, wenn Befragte hinzugezählt wurden, die sich in der Vergangenheit betroffen gefühlt hatten (Meschkutat, Stackelbeck und Langenhoff 2002). Meschkutat, Stackelbeck und Langenhoff schreiben: »Konsequenzen sind zum Teil weitreichende, individuelle Folgen, aber auch jährliche betriebs- und volkswirtschaftliche Kosten in Milliardenhöhe« (ebd.: 9). Besonders betroffen sind bestimmte Branchen, insbesondere öffentliche Verwaltung, Verteidigungs-, Ver-sicherungs-, Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen mit (Ende 2000) aktuellen Mobbingquoten von etwas über zehn Prozent (Meschkutat, Stackelbeck und Langenhoff 2002).

Viele Autoren sehen einen Zusammenhang zwischen Mobbing und Personalfluktuation: Mobbingopfer denken darüber nach, ihren Arbeitsplatz aufzugeben, und setzen das auch um (Hogh 2011). Ins-besondere drei Gründe wurden für die Kündigungen angegeben: mangelhafte Führung, das Mobbing selbst und gesundheitliche Pro-bleme (ebd.). Der temporäre Verlust von Arbeitskraft (Absentismus) oder der permanente (Kündigung) sind für die Unternehmen sehr kostspielig, besonders in Zeiten des Fachkräftemangels. Untersu-chungen der Produktivitätsverluste aufgrund von mobbingbeding-tem Präsentismusverhalten fehlen in den aktuellen Übersichtsarbei-ten (Steinke und Badura 2011).

Mobbing wurde bisher vor allem im Hinblick auf seine krankma-chende Wirkung und die daraus entstehenden Fehlzeiten untersucht. Die diesem Beitrag zugrunde liegende Hypothese ist, dass Mobbing neben Absentismus aber auch zu Präsentismus führen kann – und dass allen drei Phänomenen durch gut gestaltete Arbeit vorgebeugt werden kann. Dies soll anhand der Gesundheitsmonitordaten über-prüft werden.

Fragestellung

Die bisherige Forschung zu Burnout und Mobbing bezieht sich über-wiegend auf personale Faktoren. Für den vorliegenden Beitrag stehen

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jedoch auch Faktoren im Vordergrund, die der Arbeitgeber im Sinne guter Arbeitsgestaltung beeinflussen kann. Es wurden daher Daten zu Führung, Betriebsklima, Konflikten zwischen Arbeit und Privat-leben sowie Mobbing erhoben. Zusätzlich waren emotionale Anforde-rungen am Arbeitsplatz Teil der Befragung. Sie können zwar selten direkt beeinflusst werden, ihre möglicherweise negativen Auswir-kungen aber durch Personalmaßnahmen wie etwa Coaching oder Supervision abgemildert werden.

Schlechte Führung, ein schlechtes Betriebsklima, Konflikte zwi-schen Arbeits- und Familienleben sowie hohe emotionale Anforde-rungen am Arbeitsplatz sind Stressoren in der Arbeitswelt, die – mit mehr oder weniger aufwendigen Maßnahmen – vermieden oder de-ren negative Wirkungen zumindest abgemildert werden können. Sie werden hier als Prädiktoren für eine Burnoutgefährdung und für Prä-sentismus verstanden. Kommen Mobbingerfahrungen hinzu, kann eine Verstärkung der als Hypothese angenommenen Zusammen-hänge vermutet werden.

Krankheiten, die durch Burnoutgefährdung und Mobbingerfah-rungen begünstigt werden, stehen aber erst am Ende der Entwick-lung. Es wird angenommen, dass beides zunächst mit Präsentismus einhergeht. Menschen, die sich ausgebrannt fühlen, gestehen mög-licherweise sich und anderen ihre Erschöpfung zunächst nicht ein und gehen trotz ihres ungesunden Zustandes zur Arbeit. Menschen, die sich von Vorgesetzten oder Kollegen schikaniert fühlen, möchten womöglich umso mehr zeigen, dass sie leistungsbereit sind und da-zugehören. Mobbing ist zwar zunächst ein vermuteter Prädiktor für Burnout, soll aber auch separat betrachtet werden, da zumindest der Verdacht besteht, dass Mobbing auch direkte Effekte auf das Präsen-tismusverhalten haben könnte.

Methode

Für diesen Beitrag wurden in der Frühjahrsbefragung des Jahres 2012 (20. Befragungswelle) des Gesundheitsmonitors gestaltbare Ar-beitsbedingungen wie Betriebsklima, Mobbing, Führung, Jobsicher-heit und emotionale Arbeitsanforderungen erhoben und ihre Zusam-menhänge mit Burnout und Präsentismus untersucht. Die Fragen wurden in Anlehnung an das Copenhagen Burnout Inventory und

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den Copenhagen Psychosocial Questionnaire (Nübling, Stößel und Michaelis 2010) gestellt.

Burnout

Die Befragten sollten angeben, ob sie sich müde, körperlich erschöpft, emotional erschöpft, ausgelaugt fühlten. Diese vier Fragen wurden in Anlehnung an die Skala »Personal Burnout« des Copenhagen Burn-out Inventory gestellt (Borritz und Kristensen 2004). Die Antworten wurden gemittelt – niedrige Mittelwerte zeigen starkes Burnout an. Als Schwelle für Burnoutgefährdung wird die Mitte der Skala gewählt (ebd).

Mobbing

»Fühlen Sie sich durch Kollegen und Vorgesetzte häufig zu Unrecht kritisiert, schikaniert oder vor anderen bloßgestellt?« Die Antwort-möglichkeiten »immer« und »oft« wurden dabei als starkes Mobbing-erleben zusammengefasst (Nübling et al. 2005), alle anderen Antwor-ten als kein oder geringes Mobbingerleben. Dieses Item wurde Ende der 90er Jahre erstmals in einer großen deutschen Befragung einge-setzt (Dostal, Jansen und Parmentier 2000). Damals war es als Ja-/Nein-Frage formuliert und ergab sieben Prozent Mobbingberichte (Nübling et al. 2005). Mit der hier verwendeten Zweiteilung ergaben sich sechs Prozent.

Präsentismus

Erstmals wurde in den Befragungen des Gesundheitsmonitors vom Frühjahr 2007 (12. Befragungswelle) und Herbst 2008 (15. Befra-gungswelle) der Umfang des Präsentismus durch eine Standardfrage erfasst. Die Befragten geben dabei an, ob sie nie, einmal oder mehr-mals in den letzten zwölf Monaten zur Arbeit gegangen sind, obwohl sie sich richtig krank fühlten. Mehrmals in den letzten zwölf Mona-ten krank zur Arbeit gegangen zu sein wird dabei als Präsentismus gewertet (Steinke und Badura 2011).

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Emotionale Anforderungen

Diese wurden durch ein Item erhoben, und zwar durch die Frage »Bringt Ihre Arbeit Sie in emotional belastende Situationen?«.

Konflikte zwischen Berufs- und Privatleben

Die Befragten sollten angeben, inwieweit Anforderungen der Arbeit Privat- und Familienleben stören, der Zeitaufwand der Arbeit es schwierig macht, Pflichten in der Familie oder im Privatleben nach-zukommen, Dinge, die man zu Hause machen möchte, wegen der Arbeit liegen bleiben, die Arbeit Stress erzeugt, der es schwierig macht, privaten oder familiären Verpflichtungen nachzukommen, oder wegen beruflicher Verpflichtungen Pläne für private oder Fami-lienaktivitäten geändert werden müssen.

Führung

Die Befragten sollten einschätzen, in welchem Maß ihr unmittelba-rer Vorgesetzter für gute Entwicklungsmöglichkeiten der einzelnen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sorgt, der Arbeitszufriedenheit ei-nen hohen Stellenwert beimisst, die Arbeit gut plant und Konflikte gut löst.

Betriebsklima

Die Befragten sollten angeben, inwieweit sie sich an der Arbeitsstelle als Teil einer Gemeinschaft fühlen und ob die Zusammenarbeit zwi-schen den Arbeitskollegen beziehungsweise die Atmosphäre zwi-schen ihnen und den Arbeitskollegen gut ist.

Jobsicherheit

Hier sollten die Befragten angeben, ob sie sich Sorgen machen, dass sie arbeitslos werden, dass neue Technologien sie überflüssig ma-

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chen, dass es schwierig für sie wäre, eine neue Arbeit zu finden, wenn sie arbeitslos würden, oder dass man sie gegen ihren Willen auf eine andere Arbeitsstelle versetzen könnte.

Alle unabhängigen Variablen konnten auf fünfstufigen Likert-Skalen beantwortet werden (Tabelle 1 mit Ausnahme der Frage zum Präsentismus in Zeile 1). Als Indizes für Konflikte zwischen Berufs- und Privatleben, Führung, Betriebsklima und Jobsicherheit wurden Mittelwerte der Antworten auf die jeweils zusammengehörenden Fra-gen gebildet. Hohe Werte zeigen geringe emotionale Anforderungen, wenige Konflikte zwischen Arbeits- und Familienleben, schlechte Führung, schlechtes Betriebsklima und geringe Jobsicherheit an.

Ergebnisse

Insgesamt 1.772 Personen wurden in der Frühjahrsbefragung 2012 befragt. Davon waren zum Zeitpunkt der Befragung 639 voll erwerbs-tätig und 220 mit mindestens 15 Wochenstunden. Erwerbstätige mit geringerem Stundenumfang und Auszubildende wurden nicht be-rücksichtigt, da hier nicht ausgeschlossen werden kann, dass andere Lebensbereiche als die Erwerbstätigkeit in größerem Umfang die psy-chische und physische Gesundheit beeinflussen.

Von diesen Erwerbstätigen berichteten 38 Prozent, dass sie im vo-rangegangenen Jahr zweimal oder öfter zur Arbeit gegangen sind, obwohl sie sich richtig krank gefühlt haben. Präsentismus trat damit im Vergleich zu früheren Befragungen im Gesundheitsmonitor (Vogt, Badura und Hollmann 2009) etwas seltener auf. Burnouterle-ben in sehr hohem Ausmaß wurde von rund einem Prozent der be-fragten Erwerbstätigen berichtet, immerhin knapp 16 Prozent wiesen bei diesem Index aus vier verschiedenen Erschöpfungszuständen hohe Werte auf.

Nimmt man wie Borritz und Kristensen (2004) die Skalenmitte als Schwelle an, sind 31 Prozent der befragten Erwerbstätigen mit mindestens 15 Wochenstunden von Burnout bedroht. Häufige Mob-bingerfahrungen mit Vorgesetzten oder Kollegen gaben sechs Pro-zent der befragten Erwerbstätigen an. Hier wurden die Erwerbstäti-gen ohne Vorgesetzte oder Kollegen ausgeschlossen. Bemerkenswert ist, dass nur 37 Prozent der Befragten aussagten, nie von Mobbing oder Schikane betroffen (gewesen) zu sein.

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Tabelle 1: Merkmale der Befragten

Präsentismus

keinmal 33,5

einmal 28,5

zweimal oder öfter 38,0

Burnout

sehr hoch (1) 1,3

hoch (2) 15,9

mittel (3) 53,7

niedrig (4) 28,1

sehr niedrig (5) 1,0

Mobbing (nur Erwerbstätige mit Vorgesetzten oder Kollegen)

immer (1) 0,5

oft (2) 5,5

manchmal (3) 16,3

selten (4) 40,4

nie (5) 37,2

belastende emotionale Anforderung

immer (1) 2,8

oft (2) 22,3

manchmal (3) 36,2

selten (4) 27,8

nie (5) 8,1

Konflikt zwischen Arbeit und Familienleben

immer (1) 5,0

oft (2) 18,5

manchmal (3) 23,5

selten (4) 32,6

nie (5) 20,4

gute Führung durch den Vorgesetzten

in sehr hohem Maß (1) 4,3

in hohem Maß (2) 25,1

zum Teil (3) 40,3

in geringem Maß (4) 22,1

in sehr geringem Maß (5) 6,9

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Fortsetzung Tabelle 1

gutes Betriebsklima

immer (1) 30,9

oft (2) 54,4

manchmal (3) 12,4

selten (4) 2,0

nie (5) 0,4

Jobsicherheit

in sehr hohem Maß (1) 1,3

in hohem Maß (2) 6,1

zum Teil (3) 26,5

in geringem Maß (4) 46,9

in sehr geringem Maß (5) 19,1

n = 859

Angaben in Prozent der Befragten

Welche Befragten neigen zu Präsentismus, welche leiden unter Burnout oder Mobbing?

Wenn man die Befragten auf ihre soziodemographischen Merkmale überprüft (Tabelle 2), findet man beim Präsentismus keine bedeutsa-men Unterschiede zwischen den Geschlechtern oder Gesunden und chronisch Kranken. Präsentismus ist vor allem ein Phänomen der jüngeren Erwerbstätigen. Hier könnten unsichere Arbeitsverhält-nisse oder offene Karrierechancen eine Rolle spielen, die nicht durch Fehlzeiten beeinträchtigt werden sollen.

Bei der Analyse des sozialen Hintergrundes von Burnout stellt man fest, dass es typische Burnoutgefährdete gibt: Frauen sind häufi-ger betroffen als Männer, Jüngere häufiger als Ältere, Unterschicht-angehörige häufiger als Oberschichtangehörige. Chronisch Kranke sind doppelt so häufig durch Burnout gefährdet wie Gesunde.

Mobbing hingegen trifft keine spezielle Gruppe, die man an sozio-demographischen Merkmalen identifizieren kann. Vielmehr ist Mob-bing ein Phänomen, das gesellschaftlich verbreitet ist und vor allem Minderheiten in sozialen Zusammenhängen trifft: etwa Männer in Frauenberufen, Frauen in Männerberufen, Jüngere in Gruppen mit vorwiegend Älteren, Ältere in Gruppen mit vorwiegend Jüngeren (Erikson und Einarsen 2004).

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Tabelle 2: Präsentismus, Burnoutgefährdung und Mobbingerfahrungen nach sozialen Merkmalen

Merkmal Gruppen Anteile in Prozent

Signifikanz

Präsentismus nach …

Geschlecht männlich (1)weiblich (2)

42,748,8

nicht signifikant

Gesundheitszustand gesund (0)chronisch krank (1)

46,342,2

nicht signifikant

Altersgruppen 18–29 Jahre30–39 Jahre40–49 Jahre50–59 Jahreüber 60 Jahre

54,357,345,237,435,3

*

sozialer Schicht Unterschicht (1)Mittelschicht (2)Oberschicht (3)

43,349,337,5

nicht signifikant

Burnoutgefährdung nach …

Geschlecht männlich (1)weiblich (2)

25,135,8

**

Gesundheitszustand gesund (0)chronisch krank (1)

27,754,5

***

Altersgruppen 18–29 Jahre30–39 Jahre40–49 Jahre50–59 Jahreüber 60 Jahre

41,634,932,325,811,3

***

sozialer Schicht Unterschicht (1)Mittelschicht (2)Oberschicht (3)

41,531,323,1

**

Mobbing nach …

Geschlecht männlich (1)weiblich (2)

5,66,1

nicht signifikant

Gesundheitszustand gesund (0)chronisch krank (1)

5,58,6

nicht signifikant

Altersgruppen 18–29 Jahre30–39 Jahre40–49 Jahre50–59 Jahreüber 60 Jahre

5,69,64,06,72,1

nicht signifikant

sozialer Schicht Unterschicht (1)Mittelschicht (2)Oberschicht (3)

10,84,95,5

nicht signifikant

n = 859; Signifikanz: * p ≤ 0,05, ** p ≤ 0,01, *** p ≤ 0,001

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Welche Arbeitsbedingungen gehen einher mit Mobbing und Burnout?

Aus präventiver Perspektive ist es erst in zweiter Linie sinnvoll zu prü-fen, welche sozialen Gruppen besonders von Mobbing oder Burnout bedroht sind. In erster Linie sollten veränderbare Strukturen und Ar-beitsbedingungen als Stressoren identifiziert werden, die mit Mob-bingerfahrungen und Burnoutgefährdungen für das Personal insge-samt einhergehen und die möglicherweise Präsentismus begünstigen.

Das Regressionsmodell zur Erklärung von Mobbingerfahrungen durch Kollegen oder Vorgesetzte zeigt auf Grundlage der Gesund-

Tabelle 3: Regressionsmodelle zur Erklärung von Mobbing und Burnout aufgrund von Arbeitsbedingungen

Mobbingerfahrungen gehen einher mit berichteten/r/m … (1 = sehr hoch)

Regressions - koeffizient b

Signifikanz

Konflikten zwischen Arbeit und Familie 0,084 *

schlechter Führung –0,178 ***

schlechtem Betriebsklima –0,271 ***

geringer Jobsicherheit 0,073 *

emotionalen Anforderungen am Arbeitsplatz 0,289 ***

chronischer Krankheit –0,048 nicht signifikant

männlichem Geschlecht 0,076 *

geringerem sozialen Status 0,095 **

niedrigerem Alter 0,084 *

R2 = 0,362

Burnoutgefährdung geht einher mit berichteten/r/m … (1 = sehr hoch)

Regressions- koeffizient b

Signifikanz

Konflikten zwischen Arbeit und Familie 0,243 ***

schlechter Führung –0,019 nicht signifikant

schlechtem Betriebsklima –0,027 nicht signifikant

geringer Jobsicherheit 0,129 ***

emotionalen Anforderungen am Arbeitsplatz 0,166 ***

chronischer Krankheit –0,163 ***

weiblichem Geschlecht –0,070 *

geringerem sozialen Status 0,059 nicht signifikant

niedrigerem Alter 0,138 ***

R2 = 0,229

Zu den Ergebnissen und der Interpretation der Vorzeichen der Regressionskoeffizienten sind die Originalskalierungen der Variablen in den Tabellen 1 und 2 zu beachten.

Signifikanz: * p ≤ 0,05, ** p ≤ 0,01, *** p ≤ 0,001

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heitsmonitordaten, dass es drei wichtige Faktoren gibt (Tabelle 3): Be-lastende emotionale Anforderungen am Arbeitsplatz, ein schlechtes Betriebsklima und schlechte Führung gehen einher mit Mobbinger-fahrungen bei der Arbeit. Konflikte zwischen Arbeit und Familienle-ben sowie geringere Jobsicherheit sind zwar signifikante, aber schwä-chere Prädiktoren von Mobbingerleben.

Burnoutgefährdung dagegen hat mit schlechter Führung oder schlechtem Betriebsklima nach den Berichten der Befragten im Ge-sundheitsmonitor wenig zu tun. Sie geht vor allem mit Konflikten zwischen den Anforderungen am Arbeitsplatz und in der Familie einher. Aber auch eine als gering erlebte Jobsicherheit und emotio-nale Belastungen der Tätigkeit sind mit einer höheren Gefährdung durch Burnout verbunden.

Wie wirken Mobbing und Burnout auf Präsentismus?

Im Folgenden werden drei Modelle zur Erklärung des Präsentismus-phänomens vorgestellt: • Bei Modell 1 werden wie bei den vorhergehenden Analysen Ar-

beitsbedingungen plus Mobbingerfahrung und Burnoutgefähr-dung zur Erklärung von Präsentismus herangezogen.

• Bei Modell 2 werden die Effekte von Mobbing und Burnout auf Präsentismus ohne die Arbeitsbedingungen überprüft.

• Bei Modell 3 wird eine besondere Subgruppe betrachtet: Befragte mit gelegentlichen oder seltenen Mobbingerfahrungen.

Zunächst wurde analog zu den vorhergehenden Regressionen über-prüft, mit welchen Arbeitsbedingungen Präsentismusphänomene verstärkt zusammenhängen (Modell 1 in Tabelle 4). Dabei konnten keine direkten signifikanten Zusammenhänge zwischen den gestalt-baren Arbeitsbedingungen und Präsentismus hergestellt werden. In diesem Modell können nur hohe emotionale Anforderungen bei der Arbeit und Burnoutgefährdung als Prädiktor für Präsentismus iden-tifiziert werden. Woran liegt das? Die vorhergehenden Analysen (Ta-belle 3) haben deutlich gezeigt, dass Mobbingerfahrungen und Ge-fährdung durch Burnout mit unterschiedlichen Faktoren kovariieren.

Gemeinsamer Nenner der beiden in Richtung und Signifikanz-niveau sind nur die emotionalen Anforderungen der Arbeit, sodass

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diese allein (und mit Burnouterleben) das Präsentismusverhalten in Modell 1 vorhersagen. Arbeitsbedingungen haben eher indirekte Ef-fekte auf Präsentismus über die Verstärkung von Mobbingereignis-sen und Burnoutgefährdung.

Daher wurde in Modell 2 überprüft, in welchem Ausmaß Mob-bing und Burnout damit einhergehen, dass Erwerbstätige, obwohl sie sich richtig krank fühlen, zur Arbeit gehen (Modell 2 in Tabelle 4). Sicherlich erfüllt die Frage nach der empfundenen Schikane durch Vorgesetzte oder Kollegen nicht die strengen Kriterien, die an objek-tive Mobbingtatbestände gestellt werden, die mindestens über sechs Monate und mindestens einmal pro Woche vorliegen müssen, um als Mobbing zu gelten (Zapf 1999). Dennoch zeigt sich, dass auch scheinbar geringfügige Schikaneerfahrungen bereits signifikante verstärkende Beziehungen zum Präsentismusverhalten aufweisen, und zwar ähnlich deutlich wie eine vorliegende Burnoutgefährdung.

Das beste Modell zur Erklärung des Präsentismus ist aber eines, bei dem diejenigen mit häufigen oder gar keinen Mobbingerfahrun-gen ausgeschlossen werden (Modell 3 in Tabelle 4) und in das nur Personen eingehen, die manchmal oder selten von Schikane berich-ten. Es zeigt

Tabelle 4: Was erklärt Präsentismus?

Odds-Ratio Signifikanz

Modell 1: Präsentismus wird erklärt durch Arbeitsbedingungen, Burnoutgefährdung, Mobbingerfahrungen unter Kontrolle von Soziodemographie.Präsentismus nimmt zu mit berichteten/r/m …

Burnoutgefährdung 0,650 *

Mobbingerfahrung 0,851 nicht signifikant

Konflikten zwischen Arbeit und Familienleben 0,857 nicht signifikant

schlechter Führung 1,134 nicht signifikant

schlechtem Betriebsklima 0,855 nicht signifikant

geringerer Jobsicherheit 1,010 nicht signifikant

hohen emotionalen Anforderungen 0,772 *

weiblichem Geschlecht 1,204 nicht signifikant

niedrigerem Alter 0,881 nicht signifikant

gutem Gesundheitszustand (nicht chronisch krank) 0,882 nicht signifikant

niedrigerer sozialer Schicht 0,962 nicht signifikant

R2 = 0,115

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Fortsetzung Tabelle 4

Odds-Ratio Signifikanz

Modell 2: Präsentismus wird erklärt durch Burnoutgefährdung und Mobbingerfahrungen unter Kontrolle von Soziodemographie.Präsentismus nimmt zu mit berichteten/r/m …

Burnoutgefährdung 0,544 *

Mobbingerfahrung 0,609 *

gutem Gesundheitszustand (nicht chronisch krank) 0,703 nicht signifikant

weiblichem Geschlecht 1,241 nicht signifikant

niedrigerem Alter 0,880 nicht signifikant

niedrigerer sozialer Schicht 0,969 nicht signifikant

R2 = 0,069

Modell 3: Präsentismus wird erklärt durch Arbeitsbedingungen, Burnoutgefährdung, Mobbingerfahrungen unter Kontrolle von Soziodemographie (nur Befragte mit seltenen oder gelegentlichen Mobbingerfahrungen).Präsentismus nimmt zu mit berichteten/r/m …

schlechter Führung 1,556 *

hohen emotionalen Anforderungen 0,603 **

Burnoutgefährdung 0,579 *

Konflikten zwischen Arbeit und Familienleben 0,851 nicht signifikant

geringerer Jobsicherheit 1,079 nicht signifikant

schlechtem Betriebsklima 0,959 nicht signifikant

höherer sozialer Schicht 1,047 nicht signifikant

niedrigerem Alter 0,782 nicht signifikant

weiblichem Geschlecht 1,487 nicht signifikant

gutem Gesundheitszustand (nicht chronisch krank) 0,741 nicht signifikant

R2 = 0,190

Signifikanz: * p ≤ 0,05, ** p ≤ 0,01, *** p ≤ 0,001

sich, dass bei diesem Modell die erklärte Varianz am höchsten ist und dass vor allem schlechte Führung, hohe emotionale Anforderungen und Burnoutgefährdung zu Präsentismus innerhalb dieser besonde-ren Subgruppe beitragen.

Was ist die inhaltliche Bedeutung dieser Analyse? Von dauernden oder häufigen Mobbingereignissen Betroffene sind nicht diejenigen, die zu Präsentismus neigen. Eine mögliche Erklärung könnte sein,

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dass diese Betroffenen an einem Punkt angekommen sind, an dem die Präsentismusphase vorbei ist und nur noch Krankschreibung oder Kündigung – also der Exit (Zapf und Gross 2001) – als Ausweg gesehen wird.

Mobbing umfasst verschiedene Eskalationsstufen: Am Anfang werden gelegentliche Konflikte und unangenehme Spannungen be-richtet (Glasl 1997). Hier neigen nach Zapf und Gross (2001) die Be-troffenen zu »Loyalität« – in den Daten als Präsentismus gut zu er-kennen. Dies könnte abgemildert werden durch eine gute Führung seitens des Arbeitgebers und andere Formen organisierter Unterstüt-zung bei hohen emotionalen Anforderungen. Auch geringere For-men der Schikane oder seltenere Konfliktsituationen – die nach der strengen Definition »einmal pro Woche über sechs Monate« noch kein Mobbing sind – haben also bereits für den Arbeitgeber negative Bezüge, womöglich nicht so sehr in Bezug auf Fehlzeiten, aber nach den Regressionen hinsichtlich des Präsentismus. Daher müssen auch Konflikte, die noch nicht zu systematischem Mobbing geführt haben, ernst genommen und von den Führungskräften frühzeitig bearbeitet werden.

Fazit

Präsentismus ist ein Phänomen, das nicht direkt mit »ungesunden« Arbeitsbedingungen erklärt werden kann. Die Ergebnisse des Ge-sundheitsmonitors weisen vielmehr darauf hin, dass schlechte Ar-beitsbedingungen mit Mobbingerfahrungen und Burnoutgefähr-dungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einhergehen und diese wiederum mit erhöhtem Präsentismus assoziiert sind. Gerade aber die Prävention von Mobbing und Burnout verspricht ein für Mitarbeiter und Arbeitgeber lohnendes Steigern des physischen, psychischen sowie sozialen Wohlbefindens und Verringern des Prä-sentismus.

Insgesamt können die Verbesserung der Führung und des Be-triebsklimas, der Abbau von prekären Arbeitsverhältnissen, die bes-sere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die unterstützte Bewäl-tigung von emotionalen Anforderungen zu einer Arbeitssituation beitragen, in der Mobbing, Burnout und Präsentismus allesamt ver-ringert werden, wenn auch über unterschiedliche Wege.

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Für Führungskräfte als Gestalter von gesunden Arbeitsbedingun-gen und für die Politik, die in der Gesellschaft dafür die Rahmenbe-dingungen setzt, sind Hinweise zur Arbeitsgestaltung wichtig, damit möglichst wenig Präsentismus auftritt. Mit Präsentismus sind hohe Kosten verbunden: Etwa zwei Drittel der gesundheitsbedingten Pro-duktivitätsverluste entfallen darauf (Steinke und Badura 2011). Füh-rungskräfte sehen möglicherweise einseitig personale Faktoren als Gründe für das Fernbleiben oder die Leistungsbeeinträchtigung von Mitarbeitern an.

Dieser Beitrag stellt strukturelle und organisationale Faktoren in den Vordergrund, wie Betriebsklima, Führung, Vereinbarkeit von Be-ruf und Privatleben. Diese Arbeitsbedingungen können den Aus-schlag geben, ob Arbeit als Überlastung erlebt wird oder beanspru-chungsoptimal ausgeführt werden kann. Auf Grundlage der hier präsentierten Ergebnisse scheint die Gestaltung dieser Arbeitsbedin-gungen, die mit Mobbing oder Burnoutgefährdung verbunden sind, ein guter Weg zu sein, um Präsentismus einzugrenzen.

Führungskräfte müssen mehr als bisher für gute Entwicklungs-möglichkeiten der einzelnen Mitarbeiter sorgen, der Arbeitszufrie-denheit einen hohen Stellenwert beimessen, die Arbeit gut planen und Konflikte gut lösen. Damit leisten sie einen gesundheitsförder-lichen Beitrag zur Personal-, Organisations- und Betriebsklimaent-wicklung. Dadurch sind nicht nur zufriedenere und gesündere Mit-arbeiter und Mitarbeiterinnen zu erwarten, sondern auch geldwerte Vorteile durch die Verringerung von Präsentismus (Pennig und Vogt 2007). Die Abfederung von emotionalen Arbeitsbelastungen etwa durch Coaching oder Supervision und die Entschärfung von Konflikten zwischen Privat- und Berufsleben, beispielsweise durch flexible Arbeitszeiten und Kinderbetreuung, scheinen auf Grund-lage der hier präsentierten Ergebnisse ebenfalls wichtige Ansatz-punkte zu sein.

Als politische Aufgabe ist zu sehen, Rahmenbedingungen für eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu schaffen. Ebenso muss überlegt werden, inwieweit die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes nur zulasten der Arbeitnehmer gehen darf, wenn die Angst vor Jobverlust die Burnoutgefährdung erhöht und lang-fristig damit wieder Kosten für die Krankenversicherungen oder den Arbeitgeber in Form von länger erkrankten Mitarbeitern entste-hen.

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