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Von der Pflegeversicherung zum
Bundespflegeleistungsgesetz -
Agenda für eine nachhaltige Weiterentwicklung
der Absicherung des Pflegerisikos
PARITÄTISCHES Diskussionspapier
Stand: Februar 2003
1 Die Bruttoausgaben der Hilfe zur Pflege haben sich seit 1998 bei ca. 3 Milliarden i stabilisiert,
jedoch gibt es seit 1999 einen Trend zu höheren Empfängerzahlen beim Bezug von Hilfe zur Pflege
innerhalb der Hilfe in besonderen Lebenslagen
2 Dies ist vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung sowie der Notwendigkeit einer
Dämpfung der Beitragssatzentwicklung zu sehen, was sich auf d ie Rente nhöhe auswirk t. In
vergleichbarer Richtung wirken die Entwicklungen in anderen sozialen Sicherungssystemen.
Einschränkungen im Leistungskatalog der Krankenversicherung oder verm ehrte Zuzahlungen reduzieren
die Alters einkünfte. Hinzu kommt, daß sich die unsteten Erwerbsverläufe sowie die (Langzeit-)
Arbeitslosigke it in den nächsten Jahren und Jahrzehnten auch in der Rentenversicherung auswirken wird
(vgl. Anhang VII).
3 Anhand der Durchschnittszahlen des Statistischen Bundesamtes, Statistisches Jahrbuch 2002,
ergeben sich durchschnittliche Pflegekosten bei stationärer Pflege von 1.460 Euro, vgl. BT-Drucksache
14/5590, S. 85 und 121-126; die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten sind
von den Pflegebedürftigen selbst zu tragen.
-1-
Von der Pflegeversicherung zum Bundespflegeleistungsgesetz -Agenda für eine nachhaltige Weiterentwicklung
der Absicherung des Pflegerisikos
I. Probleme der derzeitigen Regelung:
Die Nachhaltigkeit einer gesetzlich fixierten Sozialleistung bestimmt sich durch denGrad ihrer Zuverlässigkeit; zum einen hinsichtlich ihrer Finanzierungsgrundlagen, zumanderen hinsichtlich ihres tatsächlichen sozialen Problemlösungspotentials angesichtsaktueller und künftiger Problemlagen.
Unter beiden Aspekten kann die Pflegeversicherung das Prädikat der Nachhaltigkeitnicht für sich in Anspruch nehmen.
Mangelnde Nachhaltigkeit hinsichtlich der Leistungshöhe:
1. Die Pflegeversicherung ist angetreten mit dem Ziel, Sozialhilfeabhängigkeitaufgrund von Pflegebedürftigkeit im Alter weitgehend zu vermeiden. Dieses Zielwird nicht erreicht werden. Zwar konnte mit der Einführung der Pflegeversiche-rung eine gewisse Entlastung für die Sozialhilfe erreicht werden, doch mußzugleich davon ausgegangen werden, daß dieser Trend nicht anhält, sondernsich langfristig eher wieder ins Gegenteil verkehrt1. Dafür sprechen die steigen-den Pflegekosten ebenso wie die Tatsache eines nicht gleichermaßen steigen-den Rentenniveaus.2
2. Mit der Pflegeversicherung wurde die Erwartung verbunden, daß sie das Risikoder Pflegebedürftigkeit finanziell weitgehend abdeckt. Bei Leistungen in Höhevon 1.023 Euro bis 1.432 Euro - je nach Pflegestufe - und durchschnittlichenPflegekosten bei stationärer Pflege, die deutlich darüber liegen3, kann davonjedoch keine Rede sein. In der Praxis stellt die finanzielle Leistung der Pflege-versicherung lediglich einen Zuschuß zu den tatsächlichen Pflegekosten dar. Eskann in keiner Weise davon ausgegangen werden, daß sich diese Kosten- /Leistungsschere irgendwann einmal schließen könnte.
4 Bezogen auf 2000 beliefen sich die Verwaltungskosten der Pflegeversicherung auf 802
Million en i. Das sind 5,1 Prozent der Ausgaben der gesetzlichen Pflegeversicherung und entspricht
damit etwa den e ntsp rech enden Ausgaben der gese tzliche n Kra nke nver sicherun g, die 5,8 Prozent der
Ausgaben für Verwaltung verwendet (Datenquelle: Statistisches Bundesamt 2002, Gesund heit .
Ausga ben 19 92 bis 20 00, die Za hlen unte rscheid en sich vo n Anga ben de s BMG S), siehe Anhan g VI.
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Mangelnde Nachhaltigkeit hinsichtlich der Leistungsstruktur und der Förderung derPflegequalität:
3. Die Entwicklung eines bedarfsgerechten Leistungsspektrums wird durch deneingeschränkten Pflegebegriff der Pflegeversicherung massiv behindert. Der derPflegeversicherung zugrunde liegende Begriff der Pflegebedürftigkeit ist einsomatischer und beschränkt sich vor allem auf die Frage, ob ein Mensch nochin der Lage ist, selbst die Mahlzeiten zu sich zu nehmen, sich selbst zu waschenoder anzukleiden. Dementsprechend berücksichtigen die Leistungskomplexeambulanter Pflege lediglich die Befriedigung dieser Bedürfnisse. Mit dem Pfle-geleistungsergänzungsgesetz wurden erstmalig minimale Anreize zur Ent-wicklung weiterer Leistungsangebote gesetzt. Bei stationärer Pflege ist diePflegeversicherung von einer rehabilitativen Förderung der vorhandenen Poten-tiale oder gar von einer Berücksichtigung der besonderen Pflegebedürfnissegeistig behinderter oder demenzkranker Menschen, die immerhin etwa dieHälfte der Menschen in Pflegeeinrichtungen ausmachen, weit entfernt. Hier wirdzwar eine umfassende Pflege und Versorgung erwartet, die Diskrepanz zwi-schen dem bei Leistungszugang und gewünschtem Leistungsumfang zu be-rücksichtigenden Hilfebedarf verhindert jedoch die Entwicklung entsprechenderAngebote.
4. Trotz der mit der Pflegeversicherung einhergehenden Diskussion um Qualitäts-standards hat ihre Einführung nicht zu der gewünschten Verbesserung derPflege geführt. Vielmehr wurde eine fachlich qualifizierte und am Menschenorientierte Pflege durch die bürokratische Praxis der Pflegeversicherung zumTeil erheblich erschwert. Doppelzuständigkeiten, umfangreiche Berichtspflichtund Dokumentationssysteme u.ä. führten zu einer Verlagerung von Ressourcenvon der Pflege in die Verwaltung.4
Mangelnde Nachhaltigkeit in der Struktur der Finanzierung
5. Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten muß die Ausgestaltung der Absicherungdes Pflegerisikos durch eine klassische Sozialversicherung als ein schwer-wiegender Geburtsfehler betrachtet werden, der sowohl die Finanzierungsseiteals auch die einkommensunabhängige Verausgabung betrifft.
Die finanzierungsseitige Orientierung allein an dem Status der Arbeitnehmer-schaft und die paritätische Finanzierung von Arbeitnehmern und Arbeitgebernblenden sowohl die wachsende Bedeutung der Produktivitätsentwicklung für diegesamtgesellschaftliche Wertschöpfung aus, als auch die Tatsache, daß nebenden Arbeitsentgelten andere Einkunftsarten eine wachsende Bedeutung imPortefeuille auch von abhängig Beschäftigten gewinnen.
5 Daten zur Produktivitätsentwicklung und zu ausgewählten volkswirtschaftlichen Kennzahlen
sind im Anhang zu finden.
6 Angaben zur Einkommens- und Vermögenssituation in Deutschland bzw. bei der älteren
Generation finden sich im Anhang. Zusammengefasst ergeben sich folgende Trends: die Vermögen sind
höchst ungleich verteilt. Schon im Mittelfeld sind Verm ögen und Verm ögense inkü nfte v orha nden, die mit
dem Alter ansteigen. Beim Übergang in den beruflichen Ruhestand ist ein Rückgang zu verzeichnen,
dennoch verbleiben der älteren Generation deutlich höhere Vermögenswerte und Verm ögens einkün fte
als vorangegangenen Generationen.
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Vor diesem Hintergrund war die Architektur der Pflegeversicherung bereits beiihrer Einführung vergangenheits- und nicht zukunftsorientiert.5
6. Unter Effizienzgesichtspunkten muß ebenfalls die dem Versicherungsgedankenfolgende einkommensunabhängige Leistungsgewährung kritisiert werden. Sieentspricht nicht einem gesamtgesellschaftlich effizienten Ressourceneinsatz,sondern trägt bei knappen Mitteln erheblich dazu bei, daß weder eine bedarfs-gerechte Leistung erbracht, noch zuverlässig vor Sozialhilfeabhängigkeit imAlter geschützt wird. Die einkommensunabhängige Leistungsgewährung wirdumso fragwürdiger, je weiter die Einkommens- und Vermögensdisparitäten inder Gesellschaft zunehmen.6
II. Lösung:
Um die Absicherung des Pflegerisikos in Richtung größerer Nachhaltigkeit zu ent-wickeln, bedarf es einer grundlegenden Reform, in welcher die jetzige Pflegeversiche-rung durch ein bedarfs- und einkommensorientiertes Pflegeleistungsgesetz abgelöstwird. Dies heißt im wesentlichen:
a) Der Leistungsumfang ist dem Grunde nach bedarfsgerecht auszugestalten. Vordem Hintergrund der aktuellen Fachdiskussion bedeutet dies insbesondere dieBerücksichtigung des besonderen Bedarfes geistig behinderter, psychischkranker und altersdementer Menschen. So ist dem Pflegeleistungsgesetz einganzheitlicher Pflegebegriff zugrunde zu legen, der auch den Bedarf an all-gemeiner Beaufsichtigung und Aktivitäten zum Ausgleich von Kommunikations-beeinträchtigungen in vollem Umfang erfaßt.
b) Die Pflegeleistung ist einkommensorientiert zu erbringen. Die finanzielle Zuwen-dung soll zwar den Bedarf an Pflegeleistungen im Einzelfall in vollem Umfangabdecken, die vorrangige Heranziehung eigenen Einkommens und Vermögensist jedoch zumutbar. Über entsprechende Freibeträge wäre zu beraten.
c) Die Absicherung des Pflegerisikos ist über das allgemeine Steueraufkommen zufinanzieren. Im Vergleich zur derzeitigen Beitragsfinanzierung würde damitveränderten volkswirtschaftlichen Gegebenheiten Rechnung getragen. DieEinnahmenseite würde tendenziell von aktuellen Schwankungen auf demArbeitsmarkt unabhängiger werden. Die Bemessungsgrundlage würde ver-breitert und schließlich würde psychologisch dem Irrtum der Vollkaskoversiche-
7 Anders die Situation bei der gesetzlichen Krankenver sicherung: Zwar besteht ein großer
Reformb edarf, doch hat sich die paritätische Finanzierung der Krankenversicherung insge sam t bewäh rt.
Solidarprinzip, Sachleistungsprinzip und das Prinzip der Mitversicherung der Familie sind wichtige
Elem ente der ges ellschaftlich en Solida rität und wirkungs volle Instrume nte zur Erh altung de r Arbeitsk raft.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Krankenversicherung und Pflegeversicherung liegt darin, dass
das Sachleistungsprinzip der K rank enve rsich erun g bed arfs decken de Le istun gen im K rank heits fall
erm öglicht. Die Vertra gsbezieh ungen zwische n Leistungsanbietern und Krankenkassen dienen einer
gleichmäßigen Versorgung mit qualitätsgesicherten Leistungen.
Anders in der Pflegeversicherung, die sowohl im Rahmen der Geldleistungen als auch im Rahmen der
sog . Sac hleist ung en led igl i c h g e d e c k e lt e Z uschüsse zah l t . Dazu passe n d i f ferenz ier te
Vertragsregelungen nicht. Die Abfederung der Folgen von Pflegebedürftigkeit für einen definierten
(bedürftigen) Personenkreis mittels eines steuerfinanzierten Bundespflegeleistungsgesetzes ermöglicht
E insparungen be im Verwal tungsaufwand sowie bedarfsgerechte Wei terentwick lungen der
Angebotsstrukturen. Die Enquete-Kommission “Demographischer Wandel” (BT-Drs. 14/8800, S. 281ff.)
em pfieh lt in ihrem Schlussbericht zwei Gesta ltungsop tionen zur W eiterentwic klung d er sozialen Dienste
für Menschen mit Hilfe- und Pflegebedarf: Option I - Stärkung der kommunalen Daseinsverantwortung
und Angebotssteuerung und Option II - Steuerung über personengebundene Budgets auf der Grundlage
v o n C a s e - M a n a g e m e n t - S t r u k t u r e n . B e i d e O p t i o ne n s i n d i m R a h m e n e i n e s
Bundespflegeleistungsgesetzes leichter um zuse tzen a ls im derzeitigen System der Pflegeversicherung.
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rung entgegengewirkt.7
d) Die Pflegekassen können aufgelöst werden. Die Zuständigkeit für die Umset-zung des Pflegeleistungsgesetzes kann bei den Trägern der Sozialhilfe liegen.Diese waren vor Einführung der Pflegeversicherung allein zuständig und habenauch heute noch eine aufgrund der unzureichenden Leistungshöhe sich er-gebende Mitzuständigkeit. Die Leistungen des Medizinischen Dienstes derKassen, die im Rahmen der Pflegeversicherung erbracht werden, können aufVertragsbasis abgesichert werden.
Diese administrative Neuregelung ist eine Konsequenz aus der Umsteuerungvon einer Versicherung hin zu einem Leistungsgesetz. Sie ermöglicht dennachhaltigen Abbau des enormen zusätzlichen Verwaltungsaufwands, der mitder Einführung der Pflegeversicherung geschaffen wurde und der sich u.a. ausder Doppelzuständigkeit von Pflegekassen und Sozialhilfeträgern ergibt.
8 So re chnet Die tz in un tersc hiedli chen Modellrechnungen mi t einer Erhöhung der Fallzahlen von
jetzt 1,95 auf 3,17 bzw. 5,88 Millionen im Jahr 2050, je nach Szenario; das DIW rechnet mit 4,72
Million en Pflegeb edürftigen bis 2050; Rothgang rechnet mit bis zu 3,26 Millionen Pflegebedürftigen 2040.
Obwohl alle von dem eingeschränkten Pflegebegriff des derzeitigen Pflegeversicherungsgesetzes
ausgehen, würd e dies in den meisten Fällen min destens eine V erdo pplun g der Beiträ ge be deu ten (V gl.
den Bericht der Enquete-Ko mm ission “Demogra phischer W andel”, BT-Drucks ache 14/8800).
9 Von den ca. 594.000 Menschen in stationärer Pflege erhielten i. J. 2000 ca. 202.000 Menschen
zusätzliche Leistungen der Sozialhilfe (Quelle: BMGS 2002 / Statist. Bundesamt).
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III. Vorteile eines Bundesleistungsgesetzes gegenüber der derzeitigen Regelung
1. Bei Umstellung auf ein Bundesleistungsgesetz würde der Faktor Arbeit um 1,7Prozentpunkte entlastet. Mittelfristig und langfristig wäre die Entlastung wesentlichhöher. Die gesellschaftlichen Kosten einer alternden Gesellschaft würden bei einemBundesleistungsgesetz von allen Steuerzahlern und nicht nur von den Beitragszah-lern getragen. Auch dies ist ein Gebot der Gerechtigkeit.Würde man die Beiträge zur Pflegeversicherung in den nächsten Jahrzehntenbedarfsgerecht erheben, wären alle Versuche zur Begrenzung der Lohnneben-kosten vergeblich. Die Schätzungen hinsichtlich der Zahl der Pflegebedürftigenschwanken außerordentlich stark - je nach Grundannahmen zwischen zwei undfast sechs Millionen im Jahre 20508. Jede Schätzung macht jedoch deutlich, dassdie gesamtgesellschaftlichen Kosten der Pflegebedürftigkeit stark ansteigen wer-den. Vorrangig den Faktor Arbeit mit diesen Kosten zu belasten verschärft diegegenwärtige Problematik um ein Vielfaches.
2. Im Gegensatz zu einer Sozialversicherung ist in einem Bundesleistungsgesetz dieBedarfsorientierung mühelos durchsetzbar.
3. Schon jetzt erhalten mehr als ein Drittel der Pflegebedürftigen in stationärer Unter-bringung zusätzlich Leistungen der Sozialhilfe.9 Ein Bundesleistungsgesetz mitDurchführung bei den Sozialhilfeträgern und in Kooperation mit den Grundsiche-rungsämtern der Kommunen würde endlich wieder Leistungen aus einer Handmöglich machen. Es ist ein wichtiger Beitrag zur Entbürokratisierung.
4. Die Zahl der Pflegebedürftigen ist nicht nur vom durchschnittlichen Gesundheits-zustand der Pflegebedürftigen abhängig, sondern in hohem Maße auch vomsozialen Umfeld: Ob es funktionierende soziale und ambulante Dienste, Senioren-begegnungsstätten, niedrigschwellige und wohnortnahe Hilfs- und Kommunika-tionsangebote sowie neue Formen des betreuten Wohnens für alte Menschen gibt,ist hinsichtlich des Risikos pflegebedürftig zu werden ein wichtiger Faktor. Geradedie Schaffung einer altengerechten Infrastruktur ist aber eine Angelegenheit derkommunalen Selbstverwaltung. Die Durchführungszuständigkeit der Kommunen fürSozialhilfe, Grundsicherung und Pflegegesetz würde Altenpolitik aus einer Handmöglich machen und die Kompetenz der kommunalen Selbstverwaltung für dieDaseinsvorsorge stärken. Das bedeutet unter Umständen auch, dem öffentlichenGesundheitsdienst Aufgaben der Prävention zu übertragen.
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5. Die praktischen Probleme bei der Umsetzung des Bundesverfassungsgerichts-urteils entfallen, da keine Beiträge bezahlt werden.
IV. Finanzpolitische Voraussetzungen und Übertragungsbestimmungen
Eine sofortige Umstellung der Finanzierungszuständigkeit ist nicht empfehlenswert.Immerhin müßten rund 16 Milliarden zusätzlich vom Bund finanziert werden. Zu denkenist an ein allmähliches Abschmelzen der Beitragsfinanzierung und Substitution durchSteuergelder.
Empfehlenswert ist es, den derzeitigen Sozialhilfeanteil der Städte und Landkreisebeizubehalten. Eine solche “Interessenquote” hat den Vorteil, daß die kommunalenKostenträger ein massives Eigeninteresse an einer kostensparenden pflegefreundli-chen Infrastruktur haben müssen - an einer Infrastruktur, die optimale Selbständigkeitund Eigenversorgung so lange wie möglich sichert.
V. Schnittstellenproblematik
Schnittstellen gäbe es - wie jetzt - zur Krankenversicherung und zur Sozialhilfe undAltersgrundsicherung. Mindestens zwei dieser Schnittstellenprobleme (Sozialhilfe,Altersgrundsicherung) sind leichter zu managen als bisher, weil es sich um kommunaleÄmter handelt. Die Schnittstellen zur Krankenversicherung müssen durch gesetz-geberische Klarstellungen (die auch bei Beibehaltung des PflVersG nötig wären)handhabbar gemacht werden.
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Anhang: Statistische Daten und volkswirtschaftliche Kennziffern
I. Zahl der Leistungsempfänger in der sozialen Pflegeversicherung
Pflegestufe I Pflegestufe II Pflegestufe III insgesamt
1995 - - - 1.061.418(100 %)
1996 620.318(40,1 %)
670.147(43,3 %)
256.281(16,6 %)
1.546.746(100 %)
1997 728.235(43,9 %)
676.200(40,7 %)
256.275(15,4 %)
1.660.710(100 %)
1998 804.356(46,3 %)
682.431(39,3 %)
251.331(14,5 %)
1.738.118(100 %)
1999 872.264(47,8 %)
698.846(38,3 %)
255.252(14 %)
1.826.362(100 %)
2000 892.541(49 %)
683.242(37,5 %)
246.321(13,5 %)
1.822.104(100 %)
2001 916.623(49,8 %)
679.472(36,9 %)
243.507(13,2 %)
1.839.602(100 %)
Quelle: BMG 2002
II. Entwicklung der Finanzen der sozialen Pflegeversicherung (Mrd. i)
Einnahmen Ausgaben Differenzen Mittelbestand(Jahresende)
1995 8,41 4,97 3,44 2,87
1996 12,4 10,86 1,18 4,05
1997 15,94 15,14 0,80 4,86
1998 16,00 15,88 0,13 4,99
1999 16,32 16,35 - 0,03 4,95
2000 16,55 16,67 - 0,13 4,82
2001 16,81 16,87 - 0,06 4,76
Quelle: BMG 2002
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III. Hilfe zur Pflege: Zahl der Empfänger(innen) und Höhe der Ausgaben
1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000
Hilfeart Leistungsempfänger(innen) (1000)
ambulant 189 85 68 66 63 58 60
stationär 268 288 217 185 159 189 202
insgesamt 454 373 285 251 222 247 261
Leistungsausgaben (Mio. i)
ambulant 835 546 464 404 415 439 439
stationär 8227 8388 6636 3095 2586 2461 2438
insgesamt 9062 8934 7100 3499 3001 2900 2877
Quelle: BMG 2001 / StaBu 2002
IV. Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen(Soziale Pflegeversicherung)
31.12.2000 31.12.2001
absolut % absolut %
Pflegestufe I 210.883 37,6 218.909 37,9
Pflegestufe II 234.836 41,8 242.779 42,0
Pflegestufe III 115.625 20,6 116.247 20,1
insgesamt 561.344 100 % 577.935 100 %Quelle: BMG 2002
V. Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen(Private Pflegeversicherung)
Gesamtzahl (Stand 31.12.2000) ca. 33.000
Pflegestufe I 23,7 %
Pflegestufe II 45,8 %
Pflegestufe III 30,5 %
Quelle: BMG 2002
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VI. Verwaltungskosten und Gesundheitsausgaben (2000)
Versicherungszweig AusgabenMrd i
Verwaltungs-kosten, Mrd i
%-Anteil Verwal-tungskosten
alle Ausgabenträger 218,435 12,424 5,7
gesetzliche Krankenvers. 124,393 7,266 5,8
soziale Pflegeversicherung 15,638 0,802 5,1
Datenquelle: Statistisches Bundesamt 2002, Gesundheit. Ausgaben 1992 bis 2000
VII. Kennzahlen zur Rentenversicherung und zum Altersaufbau
Durchschnittliche Zahlbeträge der Versichertenrenten, Angaben in i
Jahr Renten insgesamt Altersrenten langjährig Versicherter
Männer Frauen Männer Frauen
West Ost West Ost West Ost West Ost
1994 839 805 415 520 1.071 863 464 575
1995 850 839 438 565 1.075 917 463 600
1996 868 843 454 600 1.077 975 472 624
1997 870 869 447 608 1.095 1.045 459 609
1998 870 860 461 635 1.109 1.026 476 645
1999 877 868 466 668 1.114 1.038 490 655
2000 883 883 461 679 1.111 1.050 482 554
2001 875 869 456 672 1.087 1.018 466 469
Datenquelle:VDR-Schriften, “Rentenversicherung in Zeitreihen”, Bd. 22, 2002
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Altersquotient in Deutschland 1991 bis 1999 und 2010 bis 2030
Jahr Kinderquotient(0-15 Jahre)
Jugendquotient(15-25 Jahre)
Altenquotient(>65 zu 25-65 Jahre)
Hochbetagten-quotient (> 80 zu0-80 Jahre)
1991 29,2 22,9 26,8 5,1
1994 28,6 20,0 27,0 5,5
1997 27,9 19,2 27,6 4,9
1999 27,6 19,6 28,6 4,8
2010*) 24,3 20,5 36,1 6,5
2020*) 23,0 18,2 39,1 8,7
2030*) 24,3 18,3 50,7 9,0
*) Modellrechnungen entnommen BT-Drucksache 14/8800, S. 26, 33 (s. u.)
Datenquelle:Statistisches Bundesamt und Schlussbericht der Enquête-Kommission “Demographischer
Wandel ...”, BT-Drucksache 14/8800, 28.03.2002, S. 26, 33
VIII. Veränderung gesamtwirtschaftlicher Kennzahlen 1994 bis 2001
Bereich 1994 2001 Veränderungin %
Arbeitnehmer in 1.000 33.516 34.810 3,9
Erwerbstätige in 1.000 37.304 38.773 3,9
Produktivität je Erwerbstätigen 47.500 51.100 7,6
Lohnstückkosten je Arbeitnehmer 60,4 62,5 3,5
Lohnkosten je Arbeitnehmer*) 2.390 2.660 11,3
Bruttoverdienst Arbeitnehmer*) 1.940 2.160 11,3
Nettoverdienst Arbeitnehmer*) 1.310 1.370 7,6
Lohnquote in % Volkseinkomm. 73,8 72,3 - 2,0
Datenquelle: Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2002
*) in i pro Monat
-11-
IX: Einige Kennzahlen zu Vermögen und Vermögenseinkünften
Langfristig zunehmende Verbreitung unterschiedlicher Vermögensformenprivater Haushalte in Prozent aller Haushalte, in Westdeutschland 1973 - 1998
Jahr Spar-
guthaben
Bauspar-
guthaben
W ert-
papiere
Termin-
gelder
u.ä.
Lebens-
versiche-
rungen
Imm obi-
lien
Konsum-
schulden
Bau-
schulden
1962 60 12 8 k. A. 41 38 k. A. k. A.
1973 91 35 24 k. A. 76 40 16 22
1983 90 40 30 6 67 45 17 27
1988 88 39 32 5 64 47 20 25
1993 90 42 46 20 68 50 18 27
1998 78 44 k. A. k. A. 57 49 18 27
k. A. = keine Angaben, Daten wurden nicht erhoben
Datenquelle: Lebenslagen in Deutschland. Daten und Fakten. Materialband zum ersten Armuts-
und Reichtumsbericht der Bundesregierung, 2001, Seite 93, Anhangtabelle I.46 (Be-
rechnungen anhand der Einkomm ens- und Verbrauchsstichprobe)
Zusammensetzung und Verteilung des Privatvermögens 1998 in Westdeutsch-land, alle Gelbeträge in i
Zusammensetzung gesamt erstes zweites drittes viertes fünftes
Fünftel de r nach d em N ettoverm ögen g eordne ten Hau shalte
Geldvermögen (ohne LV) 25.510 1.020 8.230 25.360 25.310 67.750
+ Lebensversicherungen 10.840 610 3.530 9.720 11.960 28.530
+ Immobilien 115.500 820 3.890 53.070 163.210 356.470
= Bruttovermögen 151.850 2.450 15.650 88.150 200.480 452.750
- Bau- und Konsumschulden - 22.140 - 4.500 - 4.240 - 27.150 - 33.180 - 41.670
= Nettovermögen 129.710 - 2.050 11.410 61.000 167.300 411.080
Kennzahlen Nettovermögen
Verhä ltnis zum Durch schnitt
des dritten Fün ftels
213 % - 3 % 19 % 100 % 274 % 674 %
Anteil an der Vermögens-
sum me a ller Haus halte
100 % - 0,3 % 1,8 % 9,4 % 25,8 % 63,4 %
Datenquelle: Lebenslagen in Deutschland. Der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundes-
regierung, 2001, S. 45, Tabelle I.10 (Sonderauswe rtung der Einkom mens- un d Ver-
brauchsstichprobe, Ge ldbeträge umgerec hnet auf i-Beträge)
-12-
Verteilung des Vermögens und der Vermögenseinkommen in Abhängigkeitvom verfügbaren Einkommen insgesamt sowie durchschnittlich in Haushalten,in Westdeutschland 1998, alle Geldangaben in i
Summen und Durchschnitte
je Ha ushalt
gesamt erstes zweites drittes viertes fünftes
Fünftel de r nach d em N ettoverm ögen g eordne ten Hau shalte
Anza hl Ha ushalte in Mio 29,29 5,86 5,86 5,86 5,86 5,86
Summen insgesamt
verfügbares Einkomm en Mrd i 977,90 66,57 114,02 164,69 231,26 401,36
Nettovermögen Mrd i 3.800,64 116,88 348,39 613,45 981,07 1.740,80
Vermögenseinkommen M rd i 154,18 2,93 11,80 23,43 40,20 75,83
Ersparnis Mrd i 116,33 - 3,23 3,03 11,24 25,19 80,10
Durch schn itte je Ha usha lt
Einkommen in i 33.390 11.350 19.480 28.120 39.470 68.510
Nettovermögen in i 129.770 19.940 59.460 104.710 167.500 297.110
Vermögenseinkommen in i 5.270 500 2.020 4.000 6.860 12.950
Ersparnis in i 3.970 - 550 520 1.920 4.300 13.670
Datenquelle: Lebenslagen in Deutschland. Der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundes-
regierung, 2001, S. 53, Tabelle I.12 (Sonderauswe rtung der Einkom mens- un d Ver-
brauchsstichprobe, Ge ldbeträge umgerec hnet auf i-Beträge)
Durchschnittliches Nettovermögen je Haushalt, Westdeutschland Änderungenzwischen 1993 und 1998 (alle Geldbeträge in i)
Jahr
sow ie
Änderung
in %
alle
Haus-
halte
Selb-
stän di-
ge
Arbeitnehmerhaushalte (mit Arbeits-
losen) im Alter von ... bis ...
Nichterwerbspersonen
unter
35
von 35
bis 44
von 45
bis 54
ab
55
unter
65
ab 65 Jahren
1-Pers. Mehrp.
1993 123.380 286.070 48.160 106.960 154.920 164.840 106.400 74.550 163.560
1998 129.770 286.480 55.530 102.510 157.170 192.710 114.680 82.570 181.050
Änderung 5,2 % 0,1 % 11,1 % - 4,1 % 1,5 % 16,9 % 7,8 % 10,8 % 10,7 %
Datenquelle: Lebenslagen in Deutschland. Der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundes-
regierung, 2001, S. 53, Tabelle I.12 (Sonderauswe rtung der Einkom mens- un d Ver-
brauchsstichprobe, Ge ldbeträge umgerec hnet auf i-Beträge)