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ist daher davon auszugehen, dass eine mit Wissen des leistenden Dritten erfolgte Geltendmachung des An- spruchs durch das Kind im Außerstreitverfahren den Willen des Dritten zum Ausdruck bringt, den gezahlten Betrag dem Kind nur vorschussweise zur Verfu ¨ gung stel- len zu wollen (RIS-Justiz RS0047353; 4 Ob 146/08m). 3.4. Hier hat nach den Feststellungen eine Kollisions- kuratorin die Unterhaltsanspru ¨ che des Minderja ¨ hrigen (und daneben teilweise fu ¨ r gleiche Zeitra ¨ume der Kl seine Leistungen gegenu ¨ ber dem Bekl) geltend gemacht, sodass die dritte Variante einer vorschussweisen Zurver- fu ¨ gungstellung durch den Kl ausscheidet. Es bestehen auch keine Hinweise darauf, dass der Kl den Bekl be- schenken wollte, sodass lediglich die zweite Variante ver- bleibt. Im Ergebnis besteht daher die Forderung des Kl gegen- u ¨ ber dem Bekl grundsa ¨ tzlich fu ¨ r den gesamten geltend gemachten Zeitraum zu Recht. Das ErstG hat aber keine Feststellung zu den konkre- ten monatlichen Aufwendungen des Kl an „normalem‘‘ Unterhalt fu ¨ r den geltend gemachten Zeitraum ab der Geburt des Kindes 1994 bis 2007 getroffen. Der vom ErstG festgestellte Gesamtbetrag der Aufwendungen von 100.000,– bis 120.000,– entha ¨ lt auch ausdru ¨ ck- lich nicht begehrten Sonderbedarf und ist daher – abge- sehen davon, dass er im Berufungsverfahren beka ¨ mpft wurde – fu ¨ r eine abschließende Beurteilung nicht ausrei- chend. Von o ¨ ffentlichen A ¨ ußerungen des U ¨ bergebers ab- weichende Vereinbarungen / gewo ¨ hnlich vorausge- setzte Eigenschaften von umfassendem Gewa ¨ hr- leistungsausschluss erfasst DOI 10.1007/s00503-011-2157-4 §§ 922 ff ABGB: Ob die Sache dem Vertrag entspricht, ist gem § 922 Abs 2 ABGB auch nach den o ¨ffentlichen (Werbe-)A ¨ uße- rungen des U ¨ bergebers (hier: Internetinserat) zu beurtei- len, die in die Vertragsauslegung miteinfließen. Die Par- teien ko ¨ nnen aber letztlich von o ¨ffentlichen Anku ¨ ndi- gungen des U ¨ bergebers abweichende Vereinbarungen treffen. Ein umfassender Gewa ¨ hrleistungsausschluss erstreckt sich grundsa ¨ tzlich auch auf geheime Ma ¨ ngel und solche Ma ¨ ngel, die normalerweise vorausgesetzte Eigenschaften betreffen. Allerdings sind Verzichtserkla ¨ rungen im Zwei- fel restriktiv auszulegen. In diesem Sinn erstreckt sich ein vertraglicher Gewa ¨ hrleistungsverzicht weder auf arglistig verschwiegene Ma ¨ ngel noch auf das Fehlen zu- gesicherter Eigenschaften. OGH 23. 11. 2010, 8 Ob 7/10b (OLG Graz 19. 11. 2009, 4 R 142/09y; LGZ Graz 19. 6. 2009, 39 Cg 102/08m) Die bekl Geschwister beschlossen nach dem Tod ihrer Mutter, das elterliche Haus, in dem sie zu unterschiedli- chen Zeiten auch selbst gewohnt hatten, zu verkaufen. Sie boten das Haus ab Mitte 2006 zuna ¨ chst mu ¨ ndlich zum Verkauf an. Ein Nachbar war am Kauf des Hauses interessiert, betrachtete es aber dann als „Bruchbude‘‘ und verlor sein Interesse. Er half aber den Bekl, Anfang des Jahres 2007 ein Internetinserat mit Bildern des Hau- ses zu schalten. In der Objektbeschreibung war das Haus als „gemu ¨ tlicher Altbau fu ¨ r Liebhaber (Baujahr 1910)‘‘ bezeichnet und wurde als „sofort bewohnbar, aber sanie- rungsbedu ¨ rftig (keine Zentralheizung)‘‘ dargestellt. Durch dieses Inserat wurde die Kl, eine „gelernte‘‘ Ar- chitektin, auf das Haus aufmerksam. Sie besichtigte es im Februar 2007 und konnte dabei mit Ausnahme des noch vermieteten hintersten no ¨ rdlichen Zimmers im Erd- geschoß alle Ra ¨ ume des Hauses sehen. Die Kl fu ¨ hrte in diesem Umfang noch eine zweite Besichtigung durch, zu der sie eine befreundete Architektin mitnahm. Die Bekl gestatteten der Kl jegliche Art der U ¨ berpru ¨ fung des Hauses. Die Kl legte am 13. 2. 2007 ein schriftliches Kaufanbot u ¨ ber 310.000,–. Die Erstbekl dankte ihr mit Schreiben vom 18. 2. 2007 fu ¨ r das Angebot. Sie infor- mierte die Kl daru ¨ber, dass mehrere Interessenten zur Scha ¨ tzung des Sanierungsaufwands zur Besichtigung mit einem Architekten ka ¨men und dass von ihrer Seite auch ein Anwalt eingeschaltet werde. Der von der Erst- bekl beigezogene nunmehrige Beklagtenvertreter warnte sie, dass bei einem derart alten Haus keine Zusagen be- treffend den Zustand des Hauses abgegeben werden ko ¨nnten. Nach dieser Beratung nahm die Erstbekl – auch im Namen ihrer Geschwister – das Kaufanbot der Kl an, fu ¨ hrte jedoch ausdru ¨ cklich aus: „Betreffend den Zustand des Hauses kann ich keine Zusicherungen abgeben.‘‘ Die Bewohnbarkeit des Hauses war in weiterer Folge kein Thema mehr zwischen den Streitteilen. Fu ¨r den Kaufentschluss der Kl waren insb die Lage und die weite Aussicht sowie die vielen ebenerdig begehbaren Ra ¨ ume, in denen sie ein Atelier fu ¨ r ihre Bildhauerta ¨ tigkeit ein- richten wollte, ausschlaggebend. Die Kl zog nunmehr auch ihrerseits als Vertragserrichter einen Rechtsanwalt bei, dem sie bereits beim ersten Gespra ¨ ch mitteilte, dass das Haus renoviert werden muss bzw renoviert wird. Der Klagevertreter sandte einen ersten Vertragsentwurf an den Beklagtenvertreter, der in seiner Antwort vom 14. 5. 2007 eine Passage zur Gewa ¨ hrleistung a ¨ ndern wollte und folgenden Text vorschlug: „Die kaufende Partei hat das gegensta ¨ ndliche Objekt im Detail besichtigt und gepru ¨ ft und wird von ihr auf jegliche Gewa ¨ hrleistung im Hin- blick auf die Bausubstanz und allfa ¨ llige Bauma ¨ngel ver- zichtet.‘‘ Im Hinblick auf diesen geplanten Gewa ¨ hrleis- tungsausschluss befragte ihr Vertreter die Kl, ob sie alle Ra ¨ umlichkeiten des Hauses gesehen ha ¨ tte. Die Kl wies ihn darauf hin, dass sie einen Raum noch nicht gesehen habe. Deshalb besichtigte sie das Haus neuerlich und nahm dazu wiederum die befreundete Architektin mit. Die Kl sah nun erstmals das no ¨rdliche Zimmer, in dem sie Schimmelbefall und einen insgesamt schlechten Zu- stand feststellte. Sie fand bei dieser Besichtigung im Kel- ler auch eine Pumpe vor, mit der bei starkem Regen ein- gedrungenes Wasser entsorgt werden sollte. Der Dritt- bekl informierte die Kl daru ¨ber, dass von der Familie selbst zahlreiche Sanierungsarbeiten durchgefu ¨ hrt wur- den und andere Kaufinteressenten mit Sanierungskosten von 150.000,- rechnen wu ¨ rden. Mit Schreiben vom 22. 5. 2007 teilte der Vertreter der Kl dem Beklagtenvertreter mit, dass die Feuchtigkeits- scha ¨ den betra ¨ chtlicher als erwartet seien; er ku ¨ ndigte eine Kaufpreisanpassung an. Mit einem weiteren Schrei- ben vom 29. 5. 2007 teilte er dem Beklagtenvertreter un- ter Hinweis auf festgestellte Ma ¨ ngel (Feuchtigkeit und Schimmel an einem tragenden Mauerteil) mit, dass die Sanierungskosten fu ¨r das no ¨ rdliche Zimmer mit 15.000,– zu scha ¨ tzen seien, weshalb er eine Kaufpreis- anpassung auf 295.000,– vorschlage. Gleichzeitig for- mulierte er in diesem Schreiben folgendes Angebot: „In weiterer Folge wu ¨ rde meine Mandantin auf jede Gewa ¨ hr- leistung bezu ¨ glich der Bausubstanz verzichten‘‘. Der Be- klagtenvertreter antwortete mit Schreiben vom 30. 5. 2007, dass iS einer einvernehmlichen Lo ¨sung ein Preis- nachlass gewa ¨ hrt werde, womit aber auch sa ¨ mtliche u ¨ brigen offenen Fragen, wie Dienstbarkeit und Zufahrt, erledigt sein sollten. Zwischen den Rechtsvertretern der Parteien war klar, dass es einen Gewa ¨ hrleistungsverzicht fu ¨ r Ma ¨ ngel an der Bausubstanz des Hauses geben sollte. Beide Vertreter teilten dies ihren jeweiligen Klienten auch ausdru ¨ cklich mit, die damit einverstanden waren, # Springer-Verlag 2011 2011, Heft 5 Mai 306 Rechtsprechung

Von öffentlichen Äußerungen des Übergebers abweichende Vereinbarungen / gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften von umfassendem Gewährleistungsausschluss erfasst

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Page 1: Von öffentlichen Äußerungen des Übergebers abweichende Vereinbarungen / gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften von umfassendem Gewährleistungsausschluss erfasst

ist daher davon auszugehen, dass eine mit Wissen desleistenden Dritten erfolgte Geltendmachung des An-spruchs durch das Kind im Auûerstreitverfahren denWillen des Dritten zum Ausdruck bringt, den gezahltenBetrag dem Kind nur vorschussweise zur VerfuÈ gung stel-len zu wollen (RIS-Justiz RS0047353; 4 Ob 146/08m).

3.4. Hier hat nach den Feststellungen eine Kollisions-kuratorin die UnterhaltsanspruÈ che des MinderjaÈhrigen(und daneben teilweise fuÈ r gleiche ZeitraÈume der Klseine Leistungen gegenuÈ ber dem Bekl) geltend gemacht,sodass die dritte Variante einer vorschussweisen Zurver-fuÈ gungstellung durch den Kl ausscheidet. Es bestehenauch keine Hinweise darauf, dass der Kl den Bekl be-schenken wollte, sodass lediglich die zweite Variante ver-bleibt.

Im Ergebnis besteht daher die Forderung des Kl gegen-uÈ ber dem Bekl grundsaÈtzlich fuÈ r den gesamten geltendgemachten Zeitraum zu Recht.

Das ErstG hat aber keine Feststellung zu den konkre-ten monatlichen Aufwendungen des Kl an ¹normalem`̀Unterhalt fuÈ r den geltend gemachten Zeitraum ab derGeburt des Kindes 1994 bis 2007 getroffen. Der vomErstG festgestellte Gesamtbetrag der Aufwendungenvon ³ 100.000,± bis ³ 120.000,± enthaÈ lt auch ausdruÈ ck-lich nicht begehrten Sonderbedarf und ist daher ± abge-sehen davon, dass er im Berufungsverfahren bekaÈmpftwurde ± fuÈ r eine abschlieûende Beurteilung nicht ausrei-chend.

Von oÈffentlichen AÈ uûerungen des UÈ bergebers ab-weichende Vereinbarungen / gewoÈhnlich vorausge-setzte Eigenschaften von umfassendem GewaÈhr-leistungsausschluss erfasst

DOI 10.1007/s00503-011-2157-4

§§ 922 ff ABGB:Ob die Sache dem Vertrag entspricht, ist gem § 922

Abs 2 ABGB auch nach den oÈffentlichen (Werbe-)AÈ uûe-rungen des UÈ bergebers (hier: Internetinserat) zu beurtei-len, die in die Vertragsauslegung miteinflieûen. Die Par-teien koÈnnen aber letztlich von oÈffentlichen AnkuÈ ndi-gungen des UÈ bergebers abweichende Vereinbarungentreffen.

Ein umfassender GewaÈhrleistungsausschluss erstrecktsich grundsaÈ tzlich auch auf geheime MaÈngel und solcheMaÈngel, die normalerweise vorausgesetzte Eigenschaftenbetreffen. Allerdings sind VerzichtserklaÈrungen im Zwei-fel restriktiv auszulegen. In diesem Sinn erstreckt sichein vertraglicher GewaÈhrleistungsverzicht weder aufarglistig verschwiegene MaÈngel noch auf das Fehlen zu-gesicherter Eigenschaften.

OGH 23. 11. 2010, 8 Ob 7/10b (OLG Graz 19. 11. 2009, 4 R 142/09y; LGZGraz 19. 6. 2009, 39 Cg 102/08m)

Die bekl Geschwister beschlossen nach dem Tod ihrerMutter, das elterliche Haus, in dem sie zu unterschiedli-chen Zeiten auch selbst gewohnt hatten, zu verkaufen.Sie boten das Haus ab Mitte 2006 zunaÈchst muÈ ndlichzum Verkauf an. Ein Nachbar war am Kauf des Hausesinteressiert, betrachtete es aber dann als ¹Bruchbude`̀und verlor sein Interesse. Er half aber den Bekl, Anfangdes Jahres 2007 ein Internetinserat mit Bildern des Hau-ses zu schalten. In der Objektbeschreibung war das Hausals ¹gemuÈ tlicher Altbau fuÈ r Liebhaber (Baujahr 1910)`̀bezeichnet und wurde als ¹sofort bewohnbar, aber sanie-rungsbeduÈ rftig (keine Zentralheizung)`̀ dargestellt.

Durch dieses Inserat wurde die Kl, eine ¹gelernte`̀ Ar-chitektin, auf das Haus aufmerksam. Sie besichtigte esim Februar 2007 und konnte dabei mit Ausnahme desnoch vermieteten hintersten noÈrdlichen Zimmers im Erd-

geschoû alle RaÈume des Hauses sehen. Die Kl fuÈ hrte indiesem Umfang noch eine zweite Besichtigung durch,zu der sie eine befreundete Architektin mitnahm. DieBekl gestatteten der Kl jegliche Art der UÈ berpruÈ fungdes Hauses. Die Kl legte am 13. 2. 2007 ein schriftlichesKaufanbot uÈ ber ³ 310.000,±. Die Erstbekl dankte ihrmit Schreiben vom 18. 2. 2007 fuÈ r das Angebot. Sie infor-mierte die Kl daruÈ ber, dass mehrere Interessenten zurSchaÈ tzung des Sanierungsaufwands zur Besichtigungmit einem Architekten kaÈmen und dass von ihrer Seiteauch ein Anwalt eingeschaltet werde. Der von der Erst-bekl beigezogene nunmehrige Beklagtenvertreter warntesie, dass bei einem derart alten Haus keine Zusagen be-treffend den Zustand des Hauses abgegeben werdenkoÈnnten. Nach dieser Beratung nahm die Erstbekl ± auchim Namen ihrer Geschwister ± das Kaufanbot der Kl an,fuÈ hrte jedoch ausdruÈ cklich aus: ¹Betreffend den Zustanddes Hauses kann ich keine Zusicherungen abgeben.`̀

Die Bewohnbarkeit des Hauses war in weiterer Folgekein Thema mehr zwischen den Streitteilen. FuÈ r denKaufentschluss der Kl waren insb die Lage und die weiteAussicht sowie die vielen ebenerdig begehbaren RaÈume,in denen sie ein Atelier fuÈ r ihre BildhauertaÈ tigkeit ein-richten wollte, ausschlaggebend. Die Kl zog nunmehrauch ihrerseits als Vertragserrichter einen Rechtsanwaltbei, dem sie bereits beim ersten GespraÈch mitteilte, dassdas Haus renoviert werden muss bzw renoviert wird. DerKlagevertreter sandte einen ersten Vertragsentwurf anden Beklagtenvertreter, der in seiner Antwort vom 14. 5.2007 eine Passage zur GewaÈhrleistung aÈndern wollte undfolgenden Text vorschlug: ¹Die kaufende Partei hat dasgegenstaÈndliche Objekt im Detail besichtigt und gepruÈ ftund wird von ihr auf jegliche GewaÈhrleistung im Hin-blick auf die Bausubstanz und allfaÈ llige BaumaÈngel ver-zichtet.`̀ Im Hinblick auf diesen geplanten GewaÈhrleis-tungsausschluss befragte ihr Vertreter die Kl, ob sie alleRaÈumlichkeiten des Hauses gesehen haÈ tte. Die Kl wiesihn darauf hin, dass sie einen Raum noch nicht gesehenhabe. Deshalb besichtigte sie das Haus neuerlich undnahm dazu wiederum die befreundete Architektin mit.Die Kl sah nun erstmals das noÈrdliche Zimmer, in demsie Schimmelbefall und einen insgesamt schlechten Zu-stand feststellte. Sie fand bei dieser Besichtigung im Kel-ler auch eine Pumpe vor, mit der bei starkem Regen ein-gedrungenes Wasser entsorgt werden sollte. Der Dritt-bekl informierte die Kl daruÈ ber, dass von der Familieselbst zahlreiche Sanierungsarbeiten durchgefuÈ hrt wur-den und andere Kaufinteressenten mit Sanierungskostenvon ³ 150.000,- rechnen wuÈ rden.

Mit Schreiben vom 22. 5. 2007 teilte der Vertreter derKl dem Beklagtenvertreter mit, dass die Feuchtigkeits-schaÈden betraÈchtlicher als erwartet seien; er kuÈ ndigteeine Kaufpreisanpassung an. Mit einem weiteren Schrei-ben vom 29. 5. 2007 teilte er dem Beklagtenvertreter un-ter Hinweis auf festgestellte MaÈngel (Feuchtigkeit undSchimmel an einem tragenden Mauerteil) mit, dass dieSanierungskosten fuÈ r das noÈrdliche Zimmer mit³ 15.000,± zu schaÈ tzen seien, weshalb er eine Kaufpreis-anpassung auf ³ 295.000,± vorschlage. Gleichzeitig for-mulierte er in diesem Schreiben folgendes Angebot: ¹Inweiterer Folge wuÈ rde meine Mandantin auf jede GewaÈhr-leistung bezuÈ glich der Bausubstanz verzichten`̀ . Der Be-klagtenvertreter antwortete mit Schreiben vom 30. 5.2007, dass iS einer einvernehmlichen LoÈsung ein Preis-nachlass gewaÈhrt werde, womit aber auch saÈmtlicheuÈ brigen offenen Fragen, wie Dienstbarkeit und Zufahrt,erledigt sein sollten. Zwischen den Rechtsvertretern derParteien war klar, dass es einen GewaÈhrleistungsverzichtfuÈ r MaÈngel an der Bausubstanz des Hauses geben sollte.Beide Vertreter teilten dies ihren jeweiligen Klientenauch ausdruÈ cklich mit, die damit einverstanden waren,

# Springer-Verlag 2011

2011, Heft 5Mai306 Rechtsprechung

Page 2: Von öffentlichen Äußerungen des Übergebers abweichende Vereinbarungen / gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften von umfassendem Gewährleistungsausschluss erfasst

weshalb sie sich letztlich auch auf die Preisreduktion um³ 10.000,± einigten. Die Parteien vereinbarten auch einenVerzicht der Kl auf die Anfechtung des Vertrags wegenIrrtums; auch dies besprach die Kl mit ihrem Rechtsan-walt. Die Endfassung des Kaufvertrags wurde von denParteien am 14. 6. 2007 in einem Notariat unterfertigt,wobei die Rechtsvertreter nicht anwesend waren. Ausunbekannten GruÈ nden wurde der vom Beklagtenvertre-ter vorgeschlagene Passus uÈ ber den Ausschluss der Ge-waÈhrleistung fuÈ r MaÈngel an der Bausubstanz nicht mehrin die Endfassung des schriftlichen Vertrags aufgenom-men. Dessen ungeachtet waren die Parteien einig, dassdie GewaÈhrleistung fuÈ r MaÈngel an der Bausubstanz aus-geschlossen sein sollte.

Punkt 12.2 des Kaufvertrags lautet auszugsweise: ¹DieVertragsteile stellen einvernehmlich und einseitig unwi-derruflich fest, dass die ausbedungenen Gegenleistungendem Gemeinwert der verkauften Sache entsprechen. SieerklaÈren, selbst fuÈ r den Fall des Bestehens eines Missver-haÈ ltnisses zwischen Leistung und Gegenleistung, sich zudiesem GeschaÈft iSd Bestimmung des § 935 ABGB ver-standen zu haben und schlieûen somit die Schadloshal-tung wegen VerkuÈ rzung uÈ ber die HaÈ lfte iSd § 934 ABGBaus. DaruÈ ber hinaus verzichten die Vertragsteile auf eineAnfechtung des Vertrags wegen Irrtums.`̀

Nach Entrichtung des Kaufpreises beauftragte die Kleinen Statiker mit der UÈ berpruÈ fung der TragfaÈhigkeitdes Mauerwerks. Dabei stellte sich heraus, dass sich imHaus Hausschwamm befand. Aufgrund dieses Umstandssowie wegen der vorhandenen Schimmelbildungen unddes Befalls mit holzzerstoÈrenden Insekten war das Hausnicht bewohnbar. Eine bei visueller Besichtigung fest-stellbare starke Schimmelbildung deutet nicht zwangs-laÈufig auf Hausschwamm hin; die Wahrscheinlichkeit,dass aus Schimmelbildung Hausschwamm entsteht, istsehr klein. Es lagen am Haus keine FeuchtigkeitsschaÈdenvor, die auf Hausschwammbefall hingewiesen haÈ tten.DaruÈ ber hinaus war das vierte Zimmer im Obergeschossmangels Standsicherheit der Decken aus statischenGruÈ nden nicht bewohnbar, was sich auch auf die darun-ter liegenden RaÈume auswirkt. Bei ausschlieûlich visuel-ler Betrachtung waren auch diese MaÈngel nicht erkenn-bar. Um sie festzustellen, haÈ tten saÈmtliche BoÈden undDecken geoÈffnet werden muÈ ssen. Die Bekl hatten MaÈngelirgendwelcher Art nicht feststellen koÈnnen.

Mit ihrer Klage begehrte die Kl nach Ausdehnung dieZahlung von ³ 49.620,± an (derzeit bezifferbaren) Sanie-rungskosten, die zur Behebung der durch den Haus-schwamm verursachten MaÈngel erforderlich seien. Dar-uÈ ber hinaus begehrte sie die Feststellung, dass die BeklgegenuÈ ber der Kl zur ungeteilten Hand fuÈ r die Kostender aufgrund des Hausschwamm- und Insektenbefallserforderlichen Sanierung des Hauses haften. Sie stuÈ tztedas Klagebegehren auf GewaÈhrleistung wegen Fehlensder gewoÈhnlich vorausgesetzten Eigenschaft der TragfaÈ-higkeit der Geschossdecke und der zugesicherten Eigen-schaft der sofortigen Beziehbarkeit des Hauses. DaruÈ berhinaus begehrte sie die Vertragsanpassung wegen einesvon den Bekl veranlassten Irrtums uÈ ber die zugesicherteEigenschaft der sofortigen Bewohnbarkeit des Hauses,uÈ ber die mangelnde TragfaÈhigkeit der Deckenkonstruk-tion und die Vermorschung des Verandabodens. Den Beklsei auch List vorzuwerfen, weil sie Kenntnis uÈ ber denBefall des Hauses mit Hausschwamm und mit holzzerstoÈ-renden Insekten gehabt haÈ tten, ohne die Kl daruÈ ber auf-zuklaÈren. Schlieûlich stuÈ tzt die Kl das Klagebegehrenauf Schadenersatz, weil die Bekl ihr gegenuÈ ber schuld-haft AufklaÈrungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichten ver-letzt habe.

Die Bekl wandten dagegen zusammengefasst ein, dassdie Kl auf jede GewaÈhrleistung bezuÈ glich der Bausubstanz

verzichtet habe. Die ± als Architektin sachkundige ± Kl seimehrfach auf die SanierungsbeduÈ rftigkeit des Hauses unddas Vorhandensein verschiedenster MaÈngel hingewiesenworden. Die Bewohnbarkeit des Hauses sei bei den Ver-handlungen kein Thema gewesen. Die Bekl haÈtten keineKenntnis der SchaÈden im Holzbereich gehabt und daherauch keine AufklaÈrungspflichten verletzt.

Das ErstG wies das Klagebegehren ab. Es traf die be-reits zusammengefasst wiedergegebenen Feststellungenund fuÈ hrte rechtlich aus, dass die Parteien einvernehm-lich einen GewaÈhrleistungsausschluss fuÈ r MaÈngel ander Bausubstanz vereinbart haÈ tten.

Das BerG aÈnderte dieses Urteil uÈ ber Berufung der Klteilweise dahin ab, dass es dem Leistungsbegehren statt-gab, das Feststellungsbegehren aber abwies. Zum Leis-tungsbegehren teilte es die Rechtsansicht des ErstG, dassdie Parteien einen GewaÈhrleistungsausschluss fuÈ r MaÈn-gel an der Bausubstanz vereinbart hatten. Dieser sei um-fassend zu verstehen; die Bekl muÈ ssten fuÈ r den Mangelan der TragfaÈhigkeit der Decke und fuÈ r die Gesundheits-gefaÈhrdung durch die Pilzkontamination nicht GewaÈhrleisten, weil diese als gewoÈhnlich vorausgesetzte Eigen-schaften von der allgemeinen Ausschlussvereinbarungmitumfasst seien. Ein vertraglich vereinbarter GewaÈhr-leistungsausschluss erstrecke sich aber nicht auf still-schweigend zugesicherte Eigenschaften. Eine solche seidie im Internetinserat zugesicherte Eigenschaft der so-fortigen Bewohnbarkeit des Hauses. Diese sei spaÈternicht berichtigt und daher zumindest stillschweigendvereinbart worden. Sie sei als Individualabrede gegen-uÈ ber der allgemein formulierten restriktiv auszulegendenAusschlussvereinbarung vorrangig. Die Kl habe zwar nieVerbesserung durch die Bekl gefordert; ihr sei derRechtsbehelf der Verbesserung durch die Bekl im kon-kreten Fall jedoch nicht zumutbar, sodass sie zu Rechtsofort Preisminderung begehre. Die Kosten fuÈ r die Sanie-rung des Obergeschoûes betruÈ gen rund ³ 50.000,±. DieBekl haÈ tten gar nicht bestritten, dass der Preisminde-rungsbetrag die begehrten Sanierungskosten uÈ bersteige.Der geltend gemachte Betrag finde daher sowohl in denfestgestellten Sanierungskosten, als auch im angemesse-nen Preisminderungsbetrag Deckung. Zum selben Er-gebnis gelange man, wenn man die geltend gemachteForderung inhaltlich nicht als Preisminderungsan-spruch, sondern als Verbesserungsanspruch betrachte.Soweit die Kl den Vertrag wegen Irrtums oder List an-fechte, stuÈ nden dem die Feststellungen des ErstG entge-gen, von denen die Berufung aber nicht ausgehe, sodassdie RechtsruÈ ge in diesem Umfang nicht gesetzmaÈûig aus-gefuÈ hrt worden sei. Danach sei das Haus bis zuletzt be-wohnt worden und haÈtten die Bekl MaÈngel nicht feststel-len koÈnnen. Von einer grob fahrlaÈssigen Veranlassungeines Irrtums oder gar einer arglistigen TaÈuschung derKl koÈnne daher keine Rede sein. Der geltend gemachteSchadenersatzanspruch scheitere daran, dass den Beklder Beweis gelungen sei, dass sie kein Verschulden treffe.Das Feststellungsbegehren sei hingegen nicht berechtigt,weil der Kl ungeachtet der Art der geltend gemachtenAnspruchsgrundlage das Feststellungsinteresse fehle.Ihr seien Art und Umfang der MaÈngel bereits grundsaÈ tz-lich bekannt, sie sei bloû uÈ ber die HoÈhe des Anspruchs imUnklaren. Sie habe den vereinbarten Kaufpreis bezahlt,sodass es an ihr liege, die RuÈ ckzahlung eines Minde-rungsbetrags aufgrund eigener EinschaÈ tzung zu begeh-ren.

Gegen den dem Leistungsbegehren stattgebenden Teildieses Urteils richtet sich die Revision der Bekl mitdem Antrag, das Urteil des ErstG wiederherzustellen.

In der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung bean-tragt die Kl, die Revision zuruÈ ckzuweisen bzw ihr nichtFolge zu geben.

2011, Heft 5Mai 307

# Springer-Verlag 2011

Rechtsprechung

Page 3: Von öffentlichen Äußerungen des Übergebers abweichende Vereinbarungen / gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften von umfassendem Gewährleistungsausschluss erfasst

Die Revision ist zulaÈssig, weil der OGH die hier vomBerG aus § 922 Abs 2 ABGB gezogenen SchluÈ sse nichtbilligt; sie ist auch berechtigt.

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehrdas Leistungsbegehren; die Abweisung des Feststel-lungsbegehrens erwuchs mangels Anfechtung in Rechts-kraft. Auch bestreiten die Revisionswerber ausdruÈ cklichnicht die Rechtsansicht des BerG, dass hier von einemKauf in ¹Pausch und Bogen`̀ iSd § 930 ABGB nicht aus-gegangen werden kann; es bedarf damit daher keinerweiteren Auseinandersetzung.

2. Das BerG ist zutreffend davon ausgegangen, dass dieKl ausdruÈ cklich auf eine Anfechtung des Vertrags wegenIrrtums verzichtet hat und ein Irrtum der Kl von denBekl uÈ berdies nicht veranlasst wurde. Mangels Verschul-dens der Bekl kann die Kl ihren Anspruch auch nicht aufdie weiteren geltend gemachten Anspruchsgrundlagender Arglist und des Schadenersatzes stuÈ tzen. Es reichtzu all dem aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Be-gruÈ ndung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen(§ 510 Abs 3 ZPO).

3. Auch die Rechtsauffassung der zweiten Instanz, dassdie Parteien den umfassenden Ausschluss der GewaÈhr-leistung fuÈ r MaÈngel an der Bausubstanz vereinbart ha-ben, wird vom OGH geteilt (§ 510 Abs 3 ZPO). Die inder Revisionsbeantwortung dagegen vorgebrachten Ein-waÈnde uÈ berzeugen nicht: Nach den Feststellungen kannnicht zweifelhaft sein, dass die Parteien in diesem Sinneinig geworden sind und gerade im Hinblick auf diese Ei-nigung auch eine Preisreduktion erzielt haben. Dassdiese Vereinbarung im schriftlichen Vertragstext nichtaufscheint, aÈndert an dieser Einigung nichts; fuÈ r die An-nahme, dass die Parteien nachtraÈglich hievon wieder ab-gehen wollten, bieten Feststellungen und Vorbringen kei-nerlei Anhaltspunkt. Ebenso wenig uÈ berzeugt der Ein-wand der Kl, dass saÈmtliche Vereinbarungen nach derErklaÈrung der Beklagten, das Kaufanbot der Kl (aller-dings unter Ausschluss jeglicher Zusagen uÈ ber die Bau-substanz) anzunehmen, gewaÈhrleistungsrechtlich bedeu-tungslos seien. Den Feststellungen ist vielmehr zu ent-nehmen, dass die Parteien erst nach diesen ErklaÈrungenuÈ ber die Details des GeschaÈ fts zu verhandeln begannenund wesentliche Vereinbarungen erst in dieser Phase ge-troffen wurden.

4. Ein umfassend vereinbarter GewaÈhrleistungsaus-schluss erstreckt sich grundsaÈ tzlich auch auf geheimeMaÈngel und solche MaÈngel, die normalerweise vorausge-setzte Eigenschaften betreffen (1 Ob 711/83; 6 Ob 138/98g; RIS-Justiz RS0018564). Allerdings sind Verzichts-erklaÈrungen im Zweifel restriktiv auszulegen (RIS-JustizRS0018561). In diesem Sinn erstreckt sich ein vertragli-cher GewaÈhrleistungsverzicht nicht auf arglistig ver-schwiegene MaÈngel (SZ 55/31 [= JBl 1984, 432 {Reidin-ger}. Red.]), aber auch nicht auf das Fehlen zugesicherterEigenschaften (RIS-Justiz RS0018523; Reischauer inRummel3 § 929 Rz 2; Binder/Ofner in Schwimann,ABGB3 § 929 Rz 14; P. Bydlinski in KBB3 § 929 Rz 6). Diesgilt nach der Rsp des OGH auch bei schluÈ ssiger Zusage(RIS-Justiz RS0018561 [T2]).

5. Der nach mehrmonatigen Verhandlungen verein-barte Kaufvertrag enthaÈ lt keine Zusicherung der soforti-gen Bewohnbarkeit des Hauses. Diese war auch zu kei-nem Zeitpunkt Thema der umfangreichen Verhandlun-gen. Richtig ist allerdings, dass im Internetinserat derKl davon die Rede ist, dass das Haus ± trotz Sanierungs-beduÈ rftigkeit ± sofort bewohnbar sei. Ebenso trifft es zu,dass nach § 922 Abs 2 ABGB die Frage, ob die Sache demVertrag entspricht, auch nach den oÈffentlichen (Werbe-)AÈ uûerungen des UÈ bergebers zu beurteilen ist und dassdaher die oÈffentlichen Angaben des UÈ bergebers in dieVertragsauslegung miteinflieûen (P. Bydlinski, aaO § 922

Rz 10). § 922 Abs 2 ABGB schlieût aber nicht aus, dassdie Parteien letztlich von oÈffentlichen AnkuÈ ndigungendes UÈ bergebers abweichende Vereinbarungen treffen.Gerade das ist aber hier erfolgt:

6. Die Bekl, die vorher der Kl die Beiziehung einesRechtsanwalts angekuÈ ndigt hatten, fuÈ gten ihrer ErklaÈ-rung, das Kaufanbot der Kl anzunehmen, ausdruÈ cklichden Vorbehalt an, betreffend den Zustand des Hauseskeine Zusicherung abgeben zu koÈnnen. Das darauf fol-gende Verhalten der Streitteile ± auch die Kl zog nun-mehr einen Rechtsanwalt bei und trat in Verhandlungenein ± zeigt deutlich, dass sie beabsichtigten, erst jetzt dieEinzelheiten des GeschaÈ fts im Detail zu verhandeln. Erstim Rahmen dieser Verhandlungen begannen die ParteienGespraÈche uÈ ber die vertragliche Vereinbarung eines Ge-waÈhrleistungsverzichts zu fuÈ hren. Die Frage der Be-wohnbarkeit des Hauses war dabei nach der ErklaÈrungder Bekl, keine Zusicherung uÈ ber den Zustand des Hau-ses abgeben zu koÈnnen, kein Thema mehr.

7. Im Zuge der Verhandlungen wichen die Parteien nunerheblich vom urspruÈ nglichen Inhalt des Angebots ab.Insb vereinbarten sie einen geringeren Kaufpreis, weildie Kl nach einer neuerlichen Besichtigung unter Hin-weis auf den schlechten Zustand des Objekts (Feuchtig-keit und Schimmel an einem tragenden Mauerwerksteil)auf einen Preisnachlass bestand. Sie vermochte diesenWunsch ua auch deswegen gegenuÈ ber den Bekl durchzu-setzen, weil nun auch sie selbst im Zusammenhang mitihrer Forderung nach einem Preisnachlass ausdruÈ cklichanbot, auf jede GewaÈhrleistung bezuÈ glich der Bau-substanz zu verzichten. UÈ ber die Tragweite dieses Ange-bots war sich die Kl nach den Feststellungen im Klaren.Abgesehen davon, dass sie selbst ¹gelernte`̀ Architektinwar, zog sie den ihr uneingeschraÈnkt gestatteten Besich-tigungen des Hauses eine befreundete Architektin bei;zudem war sie vom Drittbekl daruÈ ber informiert worden,dass andere Kaufinteressenten die voraussichtlichen Sa-nierungskosten mit etwa ³ 150.000,± ± dies entsprichtimmerhin in etwa der HaÈ lfte des verhandelten Kaufprei-ses ± geschaÈ tzt hatten. Dennoch bot sie an, als Gegenleis-tung fuÈ r einen Preisnachlass auf jede GewaÈhrleistung be-zuÈ glich der Bausubstanz zu verzichten, wobei sie dieFrage der (sofortigen) Bewohnbarkeit des Hauses nichtmehr thematisierte.

8. Der Revisionswerberin ist daher beizupflichten, dassder im Internet enthaltene Hinweis auf die Bewohnbar-keit des Hauses durch die nachfolgenden Verhandlungenund durch die erzielte Willenseinigung uÈ berholt wurdeund dass daher hier die sofortige Bewohnbarkeit desHauses weder ausdruÈ cklich noch schluÈ ssig (§ 863 ABGB)von den Parteien als Inhalt des Kaufvertrags vereinbartwurde. Auch wenn man trotz der UmstaÈnde des Fallsdie sofortige Bewohnbarkeit des von allen Parteien alssanierungsbeduÈ rftig erachteten Hauses als gewoÈhnlichvorausgesetzte Eigenschaft qualifiziert, so ist sie als sol-che ± wie oben ausgefuÈ hrt ± dennoch vom wirksam ver-einbarten GewaÈhrleistungsausschluss umfasst. Die Klkann im konkreten Fall daher (auch) aus dem Titel derGewaÈhrleistung keine AnspruÈ che gegen die Bekl geltendmachen. Der Revision war Folge zu geben und das Urteilerster Instanz wiederherzustellen.

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1. WaÈre man doch bei der Sitzung des 8. Senats dabeigewesen! Dann koÈnnte man beurteilen, ob in der Ent-scheidung eine moÈgliche Judikaturwende dezent, aberbewusst angedeutet wird, oder ob gar nichts Geheimnis-volles dahintersteckt. Ich spreche damit eine kurze Pas-sage (unter 8.) an, wo der OGH zunaÈchst aufgrund der

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Page 4: Von öffentlichen Äußerungen des Übergebers abweichende Vereinbarungen / gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften von umfassendem Gewährleistungsausschluss erfasst

konkreten SachverhaltsumstaÈnde ± mE ganz zutreffend ±sagt, dass die Parteien die sofortige Bewohnbarkeit desver- und gekauften Hauses weder ausdruÈ cklich nochschluÈ ssig vereinbart haÈ tten. Darauf folgt der Satz: ¹Auchwenn man trotz der UmstaÈnde des Falls die sofortige Be-wohnbarkeit des von allen Parteien als sanierungsbe-duÈ rftig erachteten Hauses als gewoÈhnlich vorausgesetzteEigenschaft qualifiziert, so ist sie als solche ... vom wirk-sam vereinbarten GewaÈhrleistungsausschluss umfasst.`̀

2. An diesen Aussagen ist zumindest ein Aspekt bemer-kenswert; naÈmlich die deutliche Differenzierung zwi-schen (ausdruÈ cklich oder schluÈ ssig) vereinbarten und ge-woÈhnlich vorausgesetzten Eigenschaften, wobei ich dasWort ¹vereinbart`̀ iSv ¹eigens vereinbart`̀ bzw von ¹be-dungen`̀ verstehe (vgl die Formulierungen in den §§ 922und 923 ABGB). WaÈhrend der OGH insoweit bis in diejuÈ ngste Zeit sehr ¹groûzuÈ gig`̀ war und stillschweigendeEigenschaftszusagen (wie die ¹FahrtuÈ chtigkeit`̀ eines ge-brauchten PKW oder die normale Bodenbeschaffenheiteiner bebauten Liegenschaft) auch dann annahm, wenndie WillenserklaÈrungen der Parteien dafuÈ r keinerlei An-halt boten1), erinnert er sich nunmehr dieses zweiten Ge-waÈhrleistungstatbestandes, naÈmlich des Fehlens ¹bloû`̀gewoÈhnlich vorausgesetzter Eigenschaften. Daraus ziehter den ganz zutreffenden Schluss, dass ein ± entspre-chend weit gefasster ± GewaÈhrleistungsausschluss dasFehlen solcher Eigenschaften erfasse. Das muss schondeshalb so sein, weil sonst fuÈ r den Ausschluss nichtsmehr uÈ brig bliebe. Besonders zugesagte EigenschaftenverdraÈngen als speziellere Abreden den allgemeinen Aus-schluss ja jedenfalls.

3. Aufgrund seines Ansatzes ± die sofortige Bewohn-barkeit ist in concreto bestenfalls eine gewoÈhnlich vor-ausgesetzte Eigenschaft ± konnte sich der 8. Senat eineBefassung mit der heiklen Frage ersparen, ob bzw wanndie Annahme der stillschweigenden Vereinbarung be-stimmter Eigenschaften angesichts eines ausdruÈ cklichen(allgemeinen) GewaÈhrleistungsausschlusses uÈ berhauptin Frage kommt. Dass sich der OGH aber nicht abschlie-ûend zur Frage geaÈuûert hat, ob nicht uÈ berhaupt einemangelfreie Leistung vorlag oder ob es sich ¹bloû`̀ umdas Fehlen einer gewoÈhnlich vorausgesetzten Eigen-schaft handelte, ist aus mehreren GruÈ nden bedauerlich;vor allem deshalb, weil die unter 1. woÈrtlich zitierte Pas-sage der BegruÈ ndung suggeriert, dass ein rechtsgeschaÈ ft-licher Ausschluss der GewaÈhrleistungspflicht fuÈ r dasFehlen gewoÈhnlich vorausgesetzter Eigenschaften(auûerhalb des KSchG) jedenfalls wirksam ist (tenden-ziell in diesem Sinn ZoÈchling-Jud in KletecÏka/Schauer,ABGB-ON1.00 [2010] § 929 Rz 13). ME gibt es jedoch kei-nen Grund, solche Ausschlussabreden von vornhereinvon einer SittenwidrigkeitspruÈ fung (vgl dazu OGH 2 Ob189/07v ecolex 2008/36) auszunehmen2). Allerdings muÈ s-sen die den VerkaÈufer belastenden UmstaÈnde, insb dasAusmaû des schlieûlich aufgetretenen Mangels, schonangesichts des § 929 ABGB von groûer IntensitaÈ t sein.

Sofern man hier nicht uÈ berhaupt von einer entspre-chend eingeschraÈnkten Leistungspflicht des VerkaÈufersausgeht, wird Sittenwidrigkeit in concreto aus mehrerenGruÈ nden ausscheiden: Die Wertminderung aufgrund des

unerkannten Hausschwamms ist in Relation zum Kauf-preis bzw zum Gesamtwert der Liegenschaft nicht somassiv3); die KaÈuferin war sachkundig; der Ausschlusserfolgte nicht formularmaÈûig und ging auch nicht vonden VerkaÈufern aus, vielmehr hat die KaÈuferin den Ge-waÈhrleistungsausschluss hinsichtlich der gesamten Bau-substanz gegen Preisnachlass in einem spaÈ teren Stadiumder Verhandlungen offenbar von sich aus angeboten. DasErgebnis des 8. Senats ± keine GewaÈhrleistung ± er-scheint somit jedenfalls uÈ berzeugend. In anderen Kon-stellationen sollte man die (Vor-)Entscheidung, ob man-gelfrei erfuÈ llt wurde oder ob der konkrete ± uU gravie-rende ± Mangel an sich vom vereinbarten GewaÈhrlei-stungsausschluss erfasst ist, wegen der Notwendigkeiteiner Inhalts(nach)kontrolle jedoch nicht offenlassen.

4. Im Rahmen einer solchen SittenwidrigkeitspruÈ fungwaÈre sicherlich auch mitzubeachten, ob und inwieweitein Ausschluss der GewaÈhrleistung mit einer Reduktiondes Preises einhergeht. Auf ein damit zusammenhaÈngen-des Problem weist juÈ ngst Kogler (EvBl 2011/19) hin. Erordnet einen solchen ¹Verzicht`̀ regelmaÈûig als entgeltli-chen ein4) (GewaÈhrleistungsverzicht gegen Preisredukti-on) und nimmt daher Anstoû an der relativen, vom ver-einbarten niedrigeren Kaufpreis ausgehenden Berech-nungsmethode bei Vorliegen von MaÈngeln, die ± angeb-lich ± vom Ausschluss nicht erfasst sind. Auf diese Weisewerde die Mangelhaftigkeit zu Lasten des UÈ bergebersdoppelt beruÈ cksichtigt. Seine Konsequenz duÈ rfte wohlsein, den vereinbarten Ausschluss moÈglichst nicht aufzu-weichen5). TatsaÈchlich wird man fuÈ r die DurchfuÈ hrungder Preisminderung selbst keine Ausnahmen befuÈ rwor-ten koÈnnen. Seinem Anliegen duÈ rfte vielmehr dadurcham besten Rechnung getragen werden, dass man bei derSittenwidrigkeitspruÈ fung genau darauf achtet, ob ± undum wie viel ± sich der UÈ bergeber die GewaÈhrleistungs-freiheit tatsaÈchlich (angemessen) erkauft hat oder nicht.Es sind naÈmlich durchaus auch andere FaÈ lle denkbar;etwa solche, in denen der VerkaÈufer eine Sache von vorn-herein zum angemessenen Preis einer mangelfreien unddennoch ohne GewaÈhrleistung anbietet, worauf sich derKaufinteressent aus welchen GruÈ nden immer einlaÈsst.HaÈufig werden nur geringe MaÈngel einkalkuliert und da-her bloû ein geringer Preisabschlag vorgenommen. Wasaber dann, wenn sich unerwartet nachtraÈglich ganz exor-bitante MaÈngel zeigen?

5. Zum Abschluss noch etwas ganz anderes: Die Haarestehen einem zu Berge, wenn man Vertragsklauseln wiedie hier als Punkt 12.2 ± und als ¹Textbaustein`̀ sicher-lich massenhaft ± verwendete liest. Eigentlich solltenvon Notaren und RechtsanwaÈ lten errichtete VertraÈgefuÈ r Klarheit sorgen und damit die Rechtssicherheit erhoÈ-hen. Mit solchen Klauseln wird aber genau das Gegenteilerreicht: Dem VerkaÈufer wird suggeriert, dass er keineAnfechtung wegen VerkuÈ rzung uÈ ber die HaÈlfte befuÈ rch-ten muss, obwohl die zwingende Anordnung der vertrag-lichen Unabdingbarkeit dieses Anfechtungsrechts (§ 935S 1 HS 1 ABGB) auf diese Weise selbstverstaÈndlich nichtumgangen werden kann. Schon die unwiderruflicheFeststellung eines bestimmten Wertes der Kaufsache istabsurd. Die Parteien koÈnnen hoÈchstens von einem be-

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1) In OGH 9 Ob 50/10h JBl 2010, 40 (P. Bydlinski) = EvBl 2011/19 (Kogler)hatten die Parteien die Frage der Bodenbeschaffenheit mit keinem Wort indie Verhandlungen eingebracht; in OGH 9 Ob 3/09w Zak 2009/210, 133(P. Bydlinski) war nach den besonderen UmstaÈnden des Sachverhalts sogarvollkommen offensichtlich, dass der VerkaÈufer des PKW keinerlei HaftunguÈ bernehmen wollte; auch nicht fuÈ r das etwaige Fehlen von Verkehrs- undBetriebssicherheit.

2) Ein solches VerstaÈndnis des § 929 ABGB (dafuÈ r allein mit Hinweis aufden Wortlaut aber etwa ZoÈchling-Jud in KletecÏka/Schauer, ABGB-ON § 929Rz 13) wuÈ rde nicht zuletzt der Wertung des § 9 KSchG krass zuwiderlaufen;ebenso den Zentralgedanken und dem Gerechtigkeitsgehalt des Instituts derGewaÈhrleistung.

3) Auch wenn der Sachverhalt nicht alle Angaben enthaÈ lt, geht es in etwaum eine Relation von ³ 50.000,± zu ³ 300.000,±.

4) Sicherlich unrichtig ist Koglers Position, wonach es sich dabei umeinen ¹normalen`̀ Verzicht handle. Verzichten kann man nur auf etwas,was man (schon) hat. Vor bzw bei Abschluss des Kaufvertrages (mit Ge-waÈhrleistungsausschlussklausel) hatte der UÈ bernehmer aber ganz offen-sichtlich keine GewaÈhrleistungsrechte. Dieses Argument ist auch dem jahr-zehntealten ± in der vorliegenden Entscheidung wiederholten ± Stehsatz derJudikatur entgegen zu halten, wonach ein Ausschluss der GewaÈhrleistungals Aufgabe von Rechten restriktiv zu interpretieren sei.

5) Kogler fordert den OGH zum UÈ berdenken seiner ¹Umgehung`̀ von Ge-waÈhrleistungsverzichten auf.

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stimmten Wert ausgehen. Diese EinschaÈ tzung kann rich-tig oder falsch sein; und wenn sie nachweislich falschwar, hat die seinerzeitige WissenserklaÈrung keinerleirechtliche Bedeutung mehr. An moÈglicher UnrichtigkeitknuÈ pft nun auch der folgende zweite Satz des Textbau-steins an, der damit einerseits im Widerspruch zum er-sten steht und andererseits inhaltlich unhaltbar bzwrechtlich irrelevant ist: Es reicht eben nicht aus (wasmit der gewaÈhlten Formulierung im ersten Halbsatz ver-mutlich gemeint ist), zu erklaÈren, dass eine (welche?) derin § 935 ABGB genannten Ausnahmen erfuÈ llt ist. Viel-mehr muss ein solcher Ausnahmetatbestand tatsaÈchlichvorliegen (mit grundsaÈ tzlicher Beweislast des dadurchBeguÈ nstigten). Schlieûlich widerspricht der zweite Halb-satz, in dem mit Hinweis auf § 935 ABGB der rechtsge-schaÈftliche Ausschluss der ¹Schadloshaltung`̀ gem § 934ABGB vorgesehen wird, nicht nur dem ersten, da das An-fechtungsrecht in den FaÈ llen des § 935 ABGB ja vonvornherein nicht besteht, ohne dass es einer Vereinba-rung beduÈ rfte; er steht auch in offensichtlichem Gegen-satz zur zwingenden Grundregel am Beginn des § 934ABGB. Und fuÈ r so etwas6) wird rechtsunkundigen Par-teien haÈufig noch ein hohes Vertragserrichtungshonorarverrechnet!

o. Univ.-Prof. Dr. Peter Bydlinski

Richterliches MaÈûigungsrecht bei Schuldbeitritteines Verbrauchers fuÈ r PflegegebuÈ hren gegenuÈ bereinem KrankenhaustraÈger

DOI 10.1007/s00503-011-2166-3

§§ 25c und 25d KSchG:§ 25d KSchG ist auch im VerhaÈ ltnis zwischen einer ju-

ristischen Person oÈffentlichen Rechts und einem Ver-braucher in Ansehung eines zwischen ihnen geschlosse-nen privatrechtlichen Vertrages anzuwenden. Es kanndaher auch die vereinbarte Mithaftung eines Dritten fuÈ rPflegegebuÈ hren gegenuÈ ber dem RechtstraÈger eines Kran-kenhauses zur richterlichen MaÈûigung fuÈ hren.

Die Anwendbarkeit des MaÈûigungsrechts gem § 25dKSchG setzt ein unter BeruÈ cksichtigung aller UmstaÈndeunbilliges MissverhaÈ ltnis der Verbindlichkeit zur Leis-tungsfaÈhigkeit des Interzedenten voraus. Diese Bestim-mung soll Interzedenten nicht grundsaÈ tzlich von be-schwerlichen Verpflichtungen teilweise oder ganz entlas-ten, sondern zielt auf extreme EinzelfaÈ lle ab. Anwen-dungsfaÈ lle sind ruinoÈse Haftungen, die den Interzeden-ten langfristig wirtschaftlich ruinieren oder in eine er-hebliche finanzielle BedraÈngnis bringen. ZusaÈ tzlich zudiesem krassen MissverhaÈ ltnis erfordert § 25d KSchGdas Vorliegen weiterer ± im Gesetz beispielhaft aufge-zaÈhlter ± UmstaÈnde, die schon im Zeitpunkt des Ab-schlusses der Interzessionsvereinbarung so weit vorhan-den waren, dass sie fuÈ r den GlaÈubiger bei entsprechenderAufmerksamkeit bereits erkennbar wurden. Die wirt-schaftlichen VerhaÈ ltnisse im Zeitpunkt der Inanspruch-nahme des Interzedenten sind insoweit beachtlich, alssie den Umfang der MaÈûigung maûgeblich beeinflussen.Die Beweislast fuÈ r das Vorliegen solcher UmstaÈnde undihre Erkennbarkeit trifft den Interzedenten.OGH 18. 1. 2011, 4 Ob 195/10w (OLG Wien 25. 6. 2010, 15 R 6/10b; LGZWien 8. 10. 2009, 16 Cg 118/07a)

Die Bekl ist Akademikerin (Magistra der Sozial- undWirtschaftswissenschaften); sie lebt und arbeitet in Wienund erzielt als Bankangestellte ein monatliches Einkom-men von rund ³ 1.800,± netto. Der Vater der Bekl ist bul-garischer StaatsbuÈ rger und hatte seinen Lebensmittel-punkt in Bulgarien, wo bei ihm im Sommer 2006 eineKrebserkrankung festgestellt wurde. Er reiste am 11. 8.2006 mit seiner Gattin nach Wien. Eine am 30. 8. 2006im AKH Wien durchgefuÈ hrte Endoskopie ergab, dassderzeit keine Lebensgefahr und keine akute Operations-notwendigkeit bestehe. Am 26. 9. 2006 begleitete die Beklihren Vater in das AKH Wien, wo bei dessen Untersu-chung ein stenosierendes Oesophaguskarzinom festge-stellt wurde. Ein Arzt stellte eine ¹Unabweisbarkeitsbe-staÈ tigung`̀ gem § 36 Abs 4 Wr KAG aus, in der festgehal-ten wurde: ¹Kein Schlucken mehr moÈglich, Dehydration,akute OP-Notwendigkeit`̀ . Die Bekl legte diese BestaÈti-gung am selben Tag in der Aufnahmekanzlei des Spitalsvor, wo mit ihr eine Niederschrift durch AusfuÈ llen einesFormblatts aufgenommen wurde. Die Niederschrift hatauszugsweise folgenden Wortlaut:

¹Gegenstand der Niederschrift: PflegegebuÈ hren [...] Ichverpflichte mich zur Bezahlung der fuÈ r die Pflege vonmeinem Vater im Allgemeinen Krankenhaus der StadtWien ab 26. September 2006 auflaufenden PflegegebuÈ hrim Betrag von taÈglich ³ 730,±, sollte der zustaÈndige So-zialversicherungstraÈger bzw KostentraÈger, das ist [un-ausgefuÈ llt] eine KostenuÈ bernahme, aus welchen GruÈ ndenimmer, ablehnen. Ich erlege am 26. 9. 2006 eine Voraus-zahlung von ³ 2.190,± und werde nach ErschoÈpfung die-ses Betrages weitere Vorauszahlungen jeweils fuÈ r einenZeitraum von [unausgefuÈ llt] Tagen im vorhinein leisten.`̀

Die Bekl unterfertigte diese VerpflichtungserklaÈrungin der Annahme, dass ihr Vater sonst nicht operiert wer-de. Am folgenden Tag wurde die Operation vorgenom-men; sie ist als Eingriff der Stufe 8 auf der Skala von1 bis 8 unter den schwersten Eingriffen eingestuft. ImAnschluss an die Operation erhielt der Patient eine In-tensivbetreuung; am 23. 10. 2006 wurde er aus dem Spitalentlassen. Im April 2007 ist der Vater der Bekl an seinerKrebserkrankung verstorben.

Die Kl, die fuÈ r die Spitalsverwaltung zustaÈndige orga-nisatorische Einheit des RechtstraÈgers des behandelndenSpitals, begehrt ± gestuÈ tzt auf die in der Niederschriftvom 26. 9. 2006 enthaltenen VerpflichtungserklaÈrung ±³ 18.150,88 sA an PflegegebuÈ hren, die fuÈ r den Vater derBekl im Zeitraum 26. 9. bis 23. 10. 2006 aufgelaufen sind.Die HoÈhe des Betrags ist unstrittig.

Die Bekl wandte die UnzulaÈssigkeit des ordentlichenRechtswegs ein; zur Einbringung der PflegegebuÈ hrensehe § 54 Wr KAG ein Verwaltungsverfahren vor. In derSache beantragte sie die Abweisung der Klage. Ihr Vatersei wegen eines schweren Krebsleidens als Notfallpatientim Spital behandelt und gepflegt worden. Er habe sichbereits in einem lebensbedrohlichen koÈrperlichen Zu-stand befunden, als er sich in Begleitung der Bekl indas Spital begeben habe und dort stationaÈr aufgenom-men worden sei. Angesichts der Notfallsituation sei dieBekl unter erheblichem Druck gestanden und habe be-fuÈ rchtet, ihr Vater werde nicht behandelt werden, fallssie sich nicht bereit erklaÈre, die auflaufenden Pflegege-buÈ hren zu zahlen. In dieser Situation habe sie die Nieder-schrift unterfertigt. NachtraÈglich habe sich herausge-stellt, dass der Patient aufgrund der Notfallsituationund der ausgestellten UnabweisbarkeitsbestaÈ tigungauch dann im Spital aufgenommen und behandelt wor-den waÈre, wenn die Bekl die Niederschrift nicht unterfer-tigt und keine Vorauszahlung geleistet haÈ tte, weil er alsbeguÈ nstigter Fremder nach dem Wr SHG auch Kranken-hilfe einschlieûlich kostenloser Behandlung und Pflege inKrankenanstalten in Anspruch nehmen haÈtte koÈnnen.

2011, Heft 5Mai310

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6) Ob der Vertragsverfasser daruÈ ber hinaus den Fehler zu vertreten hat,dass der einvernehmlich verabredete Ausschluss der GewaÈhrleistung fuÈ rMaÈngel an der Bausubstanz keinen Eingang in die schlieûlich unterfertigteVertragsurkunde gefunden hat, blieb offen. Da aber festgestellt wurde, dassbeide Parteien bis zuletzt einen entsprechenden Ausschlusswillen hatten, istdem 8. Senat schon wegen des Fehlens eines Formgebots darin Recht zu ge-ben, dass dieser Ausschluss dennoch Vertragsinhalt wurde (bzw blieb).

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